Bestandsaufnahme des Klimas in Innsbruck
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Teilrechtsfähige Einrichtung des Bundes | zertifiziert nach ISO 9001 Bestandsaufnahme des Klimas in Innsbruck Auftraggeber Landeshauptstadt Innsbruck MA III – Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration MA III – Verkehrsplanung, Umwelt Durchführung Kundenservice Tirol und Vorarlberg Erstellt von Geprüft von Dr. Johannes Vergeiner Dr. Susanne Drechsel Innsbruck, am 27.05.2020 Unser Zeichen: 2019/IN/002992 www.zamg.at 6020 Innsbruck, Fürstenweg 180 Tel +43 (0)512 28 55 98 Fax +43 (0)512 28 56 26 E-Mail: innsbruck@zamg.ac.at
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 2 Inhalt 1 Aufgabenstellung/Einleitung ......................................................................................... 3 2 Stationsbeschreibung .................................................................................................... 4 2.1 Innsbruck-Universität ...............................................................................................................4 2.2 Innsbruck-Flughafen .................................................................................................................4 3 Der Ist-Zustand des Klimas im Raum Innsbruck .............................................................. 7 3.1 Temperatur ...............................................................................................................................7 3.2 Sonnenscheindauer und Strahlung ........................................................................................ 15 3.3 Wind....................................................................................................................................... 17 3.4 Niederschlag, Schnee ............................................................................................................. 21 3.5 Bewölkung ............................................................................................................................. 27 3.6 Vertikale Schichtung .............................................................................................................. 28 4 Die Entwicklung des Klimas im Raum Innsbruck ........................................................... 33 4.1 Temperatur ............................................................................................................................ 33 4.2 Sonnenscheindauer ............................................................................................................... 42 4.3 Niederschlag .......................................................................................................................... 45 5 Fazit ............................................................................................................................ 49 6 Glossar........................................................................................................................ 51 7 Literatur und Quellen .................................................................................................. 52 8 Anhang ....................................................................................................................... 53 8.1 Weitere Abbildungen zum Ist-Zustand des Klimas im Raum Innsbruck ................................ 53 8.2 Weitere Abbildungen zur Entwicklung des Klimas im Raum Innsbruck ................................ 60
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 3 1 Aufgabenstellung/Einleitung Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik wurde durch die Stadt Innsbruck mit der Bestandsaufnahme des Klimas in Innsbruck beauftragt. Im kontinentalen Maßstab liegt der Alpenraum im Überschneidungsbereich zwischen feuchtgemäßigtem Einfluss vom atlantischen Nordwesten, trockenem, winterkaltem und sommerwarmem Einfluss vom kontinentalen Osten sowie winterfeuchtem, sommertrockenem und warmem Einfluss vom mediterranen Süden her. Regional und lokal bestimmt die Anordnung von Tälern und Bergen die Gegebenheiten. Im Raum Innsbruck sind dabei das Inntal und das von Süden einmündende Wipptal von großer Bedeutung. Ziel dieses Berichtes ist es zunächst, den Ist-Zustand des Klimas von Innsbruck über die wesentlichen meteorologischen Einflussgrößen darzulegen. Die Basis dafür ist in der Regel die 30-jährige Klimanormalperiode 1981 – 2010, teilweise wird davon aufgrund von mangelnder Verfügbarkeit bei hochaufgelösten Daten abgegangen. Behandelt werden die Themenbereiche Temperatur und städtische Wärmeinsel, Besonnung, Strömungsverhältnisse, Niederschlag, Schnee und Bewölkung. Ein Fokus liegt auch auf dem Vergleich der Mess-Stellen Innsbruck- Universität und Innsbruck-Flughafen. Damit kann der Einfluss der städtischen Bebauung auf die klimatischen Verhältnisse zumindest punktuell herausgearbeitet werden. Der zweite Teil beschäftigt sich im Kontext des Klimawandels damit, ob und wenn ja, welche systematischen Änderungen an der Mess-Stelle Innsbruck Universität, an der es seit 1877 kontinuierliche Wetteraufzeichnungen gibt, registriert wurden. Es ist geplant, den vorliegenden Bericht durch eine Analyse des künftig zu erwartenden Stadtklimas zu ergänzen. Dies bildet dann die Basis, um notwendige Anpassungsmaßnahmen im städtischen Umfeld frühzeitig zu erkennen und darauf adäquat zu reagieren.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 4 2 Stationsbeschreibung Die beiden Mess-Stellen Innsbruck-Universität (UNI) und Innsbruck-Flughafen (FLH) werden hier kurz beschrieben. Die UNI-Langzeitreihe seit 1877 hat im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Standorte gehabt. Es sprengt den Rahmen dieses Berichtes, diese Standorte alle zu charakterisieren, systematische Veränderungen wurden jedenfalls im Zuge einer Homogenisierung eliminiert. 2.1 Innsbruck-Universität Betreiber ZAMG / ACINN (meteorologisches Institut der Universität Innsbruck) Standort Südseitiger Garten in der Schöpfstraße 45, siehe Abbildung 2-1 Standort Wind 4 m Mast am Dach des Bruno-Sander Hauses (Innrain 52), 35 m über Grund, siehe Abbildung 2-2 2.2 Innsbruck-Flughafen Betreiber ZAMG Standort 20 m südlich des Ostendes der Start- und Landebahn am Flughafen, siehe Abbildung 2-3 Standort Wind 3 m Mast am Dach des Hauses Fürstenweg 180, 25 m über Grund, siehe Abbildung 2-4
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 5 Abbildung 2-1: Wettergarten der Station Innsbruck-Universität Abbildung 2-2: Windmast der Station Innsbruck-Universität
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 6 Abbildung 2-3: Wettergarten der Station Innsbruck-Flughafen Abbildung 2-4: Windmast der Station Innsbruck-Flughafen
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 7 3 Der Ist-Zustand des Klimas im Raum Innsbruck Unter Klima verstehen wir das Mittel und die Bandbreite meteorologischer Parameter über einen langen Zeitraum. Üblicherweise werden für einen Klimazustand 30 Jahre zusammengefasst. Die nachfolgende Analyse beruht daher auch weitgehend auf der aktuellen Klimanormalperiode 1981 – 2010. Das Augenmerk liegt primär auf dem Gang im Laufe des Jahres und den Unterschiede zwischen der städtischen Station und dem Umland (=Flughafen). Ein Großteil der nachfolgend präsentierten Auswertungen entstand im Rahmen des Interreg- Projektes „3P-Clim“ unter der Leitung der ZAMG (ZAMG, 2015). Auf der Projektwebpage www.alpenklima.eu sind auch Klimakarten zu finden, die ein räumliches Bild der Klimaverhältnisse zeichnen. 3.1 Temperatur Eine Kernproblematik des städtischen Einflusses auf das lokale Klima stellt die Überwärmung gegenüber dem Umland dar, die in der Fachliteratur städtische Wärmeinsel bzw. Urban Heat Island genannt wird. Die Überwärmung ist eine Folge der stärkeren Absorption der Sonneneinstrahlung durch Gebäude und alle versiegelten Flächen. Der damit verbundene Hitzestress führt insbesondere in den Sommermonaten zu Belastungen für den menschlichen Organismus. Betrachten wir zunächst in Abbildung 3-1 die Tagesmitteltemperatur im Jahresverlauf an der Station Innsbruck-Universität. Die schwarze Linie stellt die mittlere Tagesmitteltemperatur1 in der Klimanormalperiode dar, die Bandbreite wird über die 10er- und 90er-Perzentile2 und das Maximum/ Minimum abgedeckt. Die Temperaturkurve hinkt dem Sonnenstand etwa einen Monat hinterher, am kältesten ist es im Jänner, am wärmsten Ende Juli. Die Spannweite reicht von knapp -16 °C (im Tagesmittel!) bis knapp 28 °C. Die Vegetationsperiode ist jener Zeitraum, in dem die Tagesmitteltemperatur über 5 °C liegt. Sie dauert im Raum Innsbruck genau 1 Die Tagesmitteltemperatur wurde hier als Mittel der Höchst- und Tiefsttemperatur eines Tages gebildet 2 Ein 10er Perzentil bedeutet, dass 10 % aller Werte niedriger sind. Von den 30 Werten der Periode 1981 – 2010 für jeden Tag des Jahres sind das also jeweils 3 Werte. Die 30 Tagesmitteltemperaturen werden also von der niedrigsten zur höchsten sortiert, der 4. Wert ist das 10er Perzentil.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 8 8 Monate lang von 11. März bis 11. November. Der Jahresverlauf der Temperatur an der Station Innsbruck-Flughafen ist dem Anhang zu entnehmen. Im Vergleich der beiden Stationen wird die städtische Wärmeinsel (Urban Heat Island – UHI) sichtbar. Da der Flughafen am Stadtrand liegt und auch noch Gebäude bzw. versiegelte Flächen (Rollfeld) im Nahbereich vorhanden sind, ist die tatsächliche städtische Überwärmung sogar noch stärker ausgeprägt, als es durch den Vergleich der beiden Stationen ersichtlich wird. Das räumliche Bild der UHI wird durch die Stadtklimasimulationen mittels MUKLIMO sichtbar und ist dem ZAMG-Bericht „Stadtklimamodellierung für Innsbruck“ zu entnehmen. Wie die Temperaturdifferenzen im Monatsmittel in Tabelle 3-1 belegen, ist der Unterschied im Winter am stärksten und im Herbst am niedrigsten. In den beiden genannten Jahreszeiten gibt es auch einen ausgeprägten Tagesgang der Temperaturdifferenz zwischen Uni und Flughafen, wie Tabelle 3-2 zu entnehmen ist.3 Nachts geben die Baumaterialien die gespeicherte (Heiz-)energie an die Umgebung ab, die Luft in der Stadt bleibt länger warm und der Temperaturunterschied zum Umland ist dann ausgeprägter. Die städtische Überwärmung ist in der kalten Jahreszeit (Winter und Frühling) nachts stärker ausgeprägt, weil die Häuser geheizt werden. Der geringe Temperaturunterschied am Nachmittag im Herbst hängt vermutlich mit dem niedrigen Sonnenstand zusammen. Die nun schon langen Schatten beeinflussen die Station Uni mehr als den frei liegenden Flughafen. 3 Die Auswertung des Tagesganges beruht auf Stundenwerten, diese sind erst ab den 90er Jahren verfügbar. Daher wurde eine 10-Jahresperiode 2001 – 2010 zu Grunde gelegt.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 9 Abbildung 3-1: Verlauf der Temperatur an der Station Innsbruck-Universität an jedem Tag des Jahres auf Basis der Periode 1981 – 2010. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 10 Mitteltemperatur (°C) Differenz (°C) Periode Uni Flh Uni - Flh Jänner -0,2 -1,0 +0,8 Feber 1,8 1,1 +0,7 März 6,4 5,8 +0,6 April 10,5 9,8 +0,7 Mai 15,3 14,7 +0,6 Juni 17,9 17,4 +0,5 Juli 20,0 19,4 +0,6 August 19,4 18,8 +0,6 September 15,5 15,1 +0,4 Oktober 11,1 10,8 +0,3 November 4,8 4,3 +0,5 Dezember 0,6 -0,1 +0,7 JAHR 10,3 9,7 +0,6 Tabelle 3-1: Vergleich der Monats- und Jahresmitteltemperaturen der Stationen Innsbruck-Universität (Uni) und Innsbruck-Flughafen (Flh) auf Basis der Periode 1981 – 2010. Quelle: 3P-Clim/ Eigene Zusammenstellung. Zeit des Tages (MEZ) Periode 1-3 4-6 7 -9 10 - 12 13 - 15 16 - 18 19 - 21 22 - 24 Frühling 0,8 0,7 0,8 0,8 0,6 0,4 0,5 0,7 Sommer 0,7 0,6 0,7 0,7 0,7 0,6 0,5 0,7 Herbst 0,6 0,6 0,7 0,7 0,2 0,2 0,5 0,6 Winter 0,9 0,8 0,9 1,1 0,5 0,5 0,8 0,9 Tabelle 3-2: Mittlere Temperaturdifferenz (°C) der Station Innsbruck-Universität zur Station Innsbruck-Flughafen als Funktion der Tages- und Jahreszeit auf Basis von Stundendaten in der Periode 2001 - 2010. Positive Werte bedeuten, dass die innerstädtische Station wärmer ist. Quelle: ZAMG/ Eigene Auswertung.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 11 Die Unterschiede zwischen dem städtischen Standort (UNI) und dem Umland (FLH) sind auch der Fokus der folgenden drei Abbildungen. Sie zeigen die mittlere Anzahl ausgewählter Klimaindizes, für die Gesamtperiode als Zahlen in der jeweiligen Legende, für die Jahreszeit4 als Balken. Abbildung 3-2 zeigt die mittlere Anzahl an frostfreien Tagen, Sommertagen, heißen Tagen und Tropennächten in der Periode 1981 – 2010. Gerade die letzten drei Klimaindizes sind gute Maßzahlen für den Hitzestress. An der UNI gab es im langjährigen Mittel 63,4 Sommertage5, am FLH hingegen „nur“ 59,1. Heiße Tage kommen in Innsbruck nur spät im Frühling (März – Mai) und im Sommer vor, auch sie sind an der UNI mit 16,5 Tagen deutlich häufiger als am FLH mit 12,4. In Tropennächten, in denen die Temperatur nicht unter 20 °C fällt, ist die nächtliche Erholungsphase stark (negativ) beeinflusst. Sie kamen im Inntal bis vor wenigen Jahrzehnten gar nicht vor und sind - immer noch – sehr selten. Die Anzahl der Sommertage ist ähnlich hoch wie jene in Wien (an der Hohen Warte wurden im Zeitraum 1981 – 2010 im Schnitt 64,1 Sommertage registriert), Graz (an der Universität im Schnitt 63,0 Sommertage) oder Klagenfurt (am Flughafen im Schnitt 62,8 Sommertage). Die städtische Wärmeinsel macht sich aber auch in der kalten Jahreszeit bemerkbar. Als Beispiel kann hier die mittlere Anzahl an Heiztagen herangezogen werden, die in Abbildung 3-3 gezeigt wird. An der UNI gab es im Schnitt 197,3 Heiztage, am Flughafen 205,1. Aber auch die Anzahl von Frosttagen bzw. starken Frosttagen mit Temperaturen unter -10 °C sind an der UNI gegenüber dem FLH deutlich reduziert, wie man Abbildung 3-4 entnehmen kann. Kalte Perioden treten in Innsbruck vorwiegend dann auf, wenn der Alpenraum von Osten her in den Einfluss kontinentaler Luftmassen gerät. Lokal wird die Abkühlung in den bodennahen Schichten verstärkt, wenn der Wind schwach ist und sich länger anhaltende Inversionslagen ausbilden. 4 Für die Jahreszeiten werden jeweils drei ganze Monate zusammengefasst, der Frühling geht beispielsweise von März über April bis einschließlich Mai, dies wird mit MAM abgekürzt. 5 Die Definition aller genannten Klimaindizes findet sich im Abschnitt 5 (Glossar)
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 12 Abbildung 3-2: Mittlere Anzahl an frostfreien Tagen, Sommertagen, heißen Tagen und Tropennächten auf Basis der Periode 1981 – 2010. Oben: an der Station Innsbruck-Universität, unten: an der Station Innsbruck-Flughafen. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 13 Abbildung 3-3: Mittlere Anzahl an Heiztagen und Frostwechseltagen auf Basis der Periode 1981 – 2010. Oben: an der Station Innsbruck-Universität, unten: an der Station Innsbruck-Flughafen. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 14 Abbildung 3-4: Mittlere Anzahl an Frosttagen, Eistagen und starken Frosttagen auf Basis der Periode 1981 – 2010. Oben: an der Station Innsbruck-Universität, unten: an der Station Innsbruck-Flughafen. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 15 3.2 Sonnenscheindauer und Strahlung Angetrieben wird die Erwärmung der Talatmosphäre natürlich von der einfallenden Sonneneinstrahlung. Daher wird hier noch die Bandbreite der monatlichen und jährlichen Sonnenscheindauer und die der Globalstrahlung an der UNI gezeigt. Die Sonnenscheindauer ist begrenzt durch die potentielle Dauer am Standort als Funktion des Sonnenstandes, beinhaltet aber auch die Bewölkungsverhältnisse. Wie Abbildung 3-5 nachweist, ist die mittlere monatliche Sonnenscheindauer im Dezember am niedrigsten und im Juli am höchsten. Die Darstellung fasst für die 30 Werte der Periode 1981 -2010 die Summe der monatlichen und jährlichen Sonnenscheindauer in einem sogenannten Boxplot zusammen. Dabei werden jeweils der höchste Wert, das 90er Perzentil6, der Mittelwert, das 10er Perzentil und das Minimum dieser 30 Werte dargestellt. Auffallend ist die starke Bandbreite im April, in dem in den 30 Jahren nur 120 (Minimum) aber auch schon bis zu 300 Sonnenstunden (Maximum) registriert wurden. Im langjährigen Schnitt bekommt Innsbruck zirka 1950 Stunden an Sonne pro Jahr, wie man am Mittelwert im rechten Subplot ablesen kann. Die Globalstrahlung misst die ankommende Energie der Sonne pro Flächeneinheit und wird in Joule/cm2 oder kWh/m2 angegeben. Der Jahresgang der Globalstrahlung wird deshalb primär von der Tageslänge und dem Winkel der einfallenden Strahlung gesteuert. Die Jahr-zu-Jahr Unterschiede entstehen durch unterschiedliche Bewölkungsverhältnisse. Im Jahresschnitt kann der Energieeintrag dadurch immerhin um etwa ein Viertel variieren, wie Abbildung 3-6 entnommen werden kann (Minimum: 1037, Maximum: 1289 J/cm2). Die entsprechende Darstellung für die Station Innsbruck-Flughafen ist im Anhang (Abbildung 8-2) zu finden. Räumlich gesehen hängt das Strahlungsangebot stark von der Exposition des Geländes ab, wie man in Abbildung 3-7 gut erkennen kann. An den nach Süden ausgerichteten Hängen der Nordkette ist die mittlere jährliche Globalstrahlung am höchsten, am Boden des Inntals sind die Werte bei wenig Variation in West-Ostrichtung etwas niedriger, am wenigsten Strahlung bekommen verständlicherweise die Nordhänge ab. 6 Zur Erklärung von Perzentilen siehe Fußnote 2 auf Seite 7.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 16 Abbildung 3-5: Bandbreite der monatlichen und jährlichen Sonnenscheindauer an der Station Innsbruck- Universität auf Basis der Periode 1981 – 2010. Quelle: 3P-Clim. Abbildung 3-6: Bandbreite der monatlichen und jährlichen Globalstrahlung an der Station Innsbruck-Universität auf Basis der Periode 1981 – 2010. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 17 Abbildung 3-7: Mittlere jährliche Globalstrahlung im Raum Innsbruck in der Periode 1981 – 2010. Quelle: Snapshot von der 3P-Clim Webseite www.alpenklima.eu. 3.3 Wind Die Windbedingungen rund um Innsbruck werden von mehreren Faktoren beeinflusst. Der Alpenraum ist zunächst großräumigen Strömungen ausgesetzt. Im Schnitt dominieren Westwindlagen7, atlantische oder polare Luftmassen erreichen Tirol auch öfter von Nordwest oder Nord. Greifen Tiefdrucksysteme weit nach Süden aus, stellt sich vor Frontdurchgang in der Regel Föhn ein. Seltener sind Ostströmungen, die vor allem im Winter trockene und kalte Luft in den Alpenraum bringen. Diese großräumige Anströmung wird jedoch von den lokalen Gegebenheiten maßgeblich modifiziert. In erster Linie ist hier der Talwind zu nennen, aber auch der bereits erwähnte Föhn prägt die Situation im Umfeld von Innsbruck mit und führt zu einem effektiven Luftmassenwechsel, womit auch mit Schadstoffen belastete Luft ausgeräumt werden kann. Deutlich wird dies an den Windrosen von Innsbruck-Universität (Abbildung 3-8 ) und Innsbruck- Flughafen (Abbildung 3-9 ), die die Verteilung der Windrichtung und –geschwindigkeit in der 10- jährigen Periode 2010 bis 2019 zeigen. Die dominanten, gegenüberliegenden Keulen in beiden Abbildungen zeigen den Taleinwind aus östlicher und den Talauswind aus westlicher Richtung. 7 Winde werden in der Meteorologie stets nach ihrer Herkunft bezeichnet. Ein Westwind kommt von Westen und bläst Richtung Osten.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 18 Angetrieben wird das Talwindsystem von Druckunterschieden zwischen dem Alpenvorland und dem Inntal. Wegen des geringeren Luftvolumens kühlt die Luft im Tal in der Nacht rascher ab als im Alpenvorland. Kaltluftabfluss von den Hängen trägt zusätzlich dazu bei. Das führt zu eher stetigem nächtlichen Ausfließen aus dem Inntal. Tagsüber funktioniert das System vereinfacht gesagt genau umgekehrt, weil sich die Luft im Tal rascher erwärmt. Am Tag sind die Temperaturunterschiede gerade im Sommer stärker ausgeprägt, das Einströmen der Luft ins Inntal ist daher im Mittel mit mehr Turbulenz und größeren Windgeschwindigkeiten verbunden. Der Föhn zeigt sich an der Station Innsbruck-Universität am gehäuften Vorkommen von Südwind, der mit hohen Windgeschwindigkeiten einhergeht. Richtung Tiroler Oberland wird die Strömung in Richtung Talachse umgelenkt, am Flughafen zeigt sich der Föhn daher als Südostwind. Interessant ist der direkte Vergleich der Windgeschwindigkeiten an den beiden Stationen bei Talwind, der in Abbildung 3-10 gezeigt wird. Die blauen (roten) Balken zeigen die Häufigkeit des Auftretens der Geschwindigkeits-Kategorie am Flughafen (an der Universität). Sowohl bei Talein- als auch bei Talauswind ist das Auftreten von Wind mit mehr als 4 m/s am Flughafen deutlich häufiger als an der Universität. Und das, obwohl der Wind an der UNI am Dach des Bruno-Sander Hauses und damit über der Höhe der umgebenden Gebäude gemessen wird. Daran erkennt man eine Abschwächung des Windes im Siedlungsgebiet relativ zum weniger verbauten Umland.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 19 Abbildung 3-8: Geschwindigkeitskodierte Windrichtungsverteilung an der Station Innsbruck-Universität auf Basis von Halbstundenmittelwerten in der Periode 2010 – 2019. Die Summe aller Prozentwerte der Windrichtungen in 10 Grad-Auflösung ergibt 100 %. Quelle: ZAMG/ Eigene Auswertung.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 20 Abbildung 3-9: Geschwindigkeitskodierte Windrichtungsverteilung an der Station Innsbruck-Flughafen auf Basis von Halbstundenmittelwerten in der Periode 2010 – 2019. Die Summe aller Prozentwerte der Windrichtungen in 10 Grad-Auflösung ergibt 100 %. Quelle: ZAMG/ Eigene Auswertung. Abbildung 3-10: Windgeschwindigkeitsverteilung an den Stationen Innsbruck-Flughafen (blau) und Innsbruck- Universität (rot) in den angegebenen Geschwindigkeitsklassen auf Basis von 10-Minutenmittelwerten in der Periode 2010-2019. Quelle: ZAMG/ Eigene Auswertung.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 21 3.4 Niederschlag, Schnee In diesem Abschnitt wird die Verteilung des Niederschlages als Regen bzw. Schnee etwas genauer beleuchtet. Der mit Fronten einhergehende Niederschlag regnet bzw. schneit sich zuerst an den Alpenrändern aus, inneralpin ist es daher klimatologisch gesehen weit trockener. Im Raum Innsbruck nimmt der Niederschlag von Norden nach Süden durch die abschirmende Wirkung der Nordkette markant ab, wenn die Front aus nördlicher Richtung kommt. Im Sommer dominiert jedoch der konvektive Niederschlag, der aus Schauer- und Gewitterzellen rührt, die aufgrund der starken Erwärmung der bodennahen Luftschichten und dem Aufsteigen dieser Luftpakete gebildet werden. Diese Erwärmung findet grundsätzlich an allen von der Sonne beschienenen Flächen statt, im Raum Innsbruck am großflächigsten an der Nordkette mit seinen südexponierten Hängen. Schauer- und Gewitterzellen bilden sich jedoch überall im Alpenraum, ihre Auswirkung ist in der Regel sehr kleinräumig und von Mal zu Mal unterschiedlich. Systematische Unterschiede im besiedelten Stadtgebiet von Innsbruck sind für konvektive Niederschläge zwar nicht auszuschließen (wie zum Beispiel eine Leitwirkung der Nordkette), anhand der aktuellen Datenlage aber nicht ohne weiteres nachzuweisen. Abbildung 3-11 zeigt die Bandbreite der monatlichen und jährlichen Niederschlagsmengen an der Station Innsbruck-Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.20108. Sowohl im Mittel als auch im Minimum und Maximum sind die größeren Niederschlagsmengen in den Monaten Juni, Juli und August erkennbar. Im langjährigen Mittel fallen knapp 900 mm (oder Liter pro m2) als Regen oder Schnee. Aufgrund der räumlichen Nähe schaut die analoge Verteilung an der Station Innsbruck-Flughafen ganz ähnlich aus, sie wird im Anhang als Abbildung 8-3 ausgewiesen. Die Verteilung der täglichen Niederschlagsmengen an der UNI ist Abbildung 3-12 zu entnehmen. Im Schnitt gibt es pro Jahr 27.2 (2.5) Tage mit mindestens 10 (30) mm Niederschlag. Die analoge Verteilung am FLH findet sich als Abbildung 8-4 im Anhang. 8 Die Auswertung von August bis Juli hat den Zweck, ganze Winterperioden zu behalten. Dies ist insbesondere für bei der Betrachtung von Klimaindizes im Zusammenhang mit Schnee und Neuschnee von Vorteil.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 22 Für Bemessungsfragen ist in der Regel die Jährlichkeit des Niederschlages relevant. Diese Auswertung wird in Tabelle 3-3 nur für die UNI präsentiert, da hier der Unsicherheitsbereich aufgrund der längeren Datenreihe als am FLH deutlich geringer ist. Der Erwartungswert des 50- jährlichen Tagesniederschlages beläuft sich auf 81,1 ± 10,6 mm. Vergleichen kann man das mit dem höchsten gemessenen Tageswert in der 126-jährigen Messreihe, der mit 92,2 mm im Zuge einer frühsommerlichen Gewitterlage am 21.05.1999 verzeichnet wurde. Weitere Kennzahlen sind der Tabelle zu entnehmen. Abbildung 3-11: Bandbreite der monatlichen und jährlichen Niederschlagsmengen an der Station Innsbruck- Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 23 Abbildung 3-12: Verteilung der täglichen Niederschlagsmengen in den angegebenen Kategorien an der Station Innsbruck-Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Quelle: 3P-Clim. Wiederkehrzeit Tagesniederschlag 3-Tagesniederschlag (Jahre) 10 62,3 ± 4,6 mm 93,8 ± 8,5 mm 30 75,0 ± 8,3 mm 117,8 ± 18,1 mm 50 81,1 ± 10,6 mm 130,5 ± 24,9 mm 100 89,8 ± 14,5 mm 149,8 ± 36,9 mm Tabelle 3-3: Erwartungswert (return level) samt Unsicherheitsbereich des Tagesniederschlages und der 3-tägigen Niederschlagssumme in den angegebenen Wiederkehrzeiten an der Station Innsbruck-Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Quelle: 3P-Clim. In Tirol ist es von besonderem Interesse, welcher Anteil des Niederschlages im Laufe einer Wintersaison als Schnee fällt. Schneemengen und die Dauer der Schneedecke sind stark von der Höhenlage geprägt. Mit zunehmender Höhe nehmen etwa Neuschnee- und Gesamtschneehöhen enorm zu. Das betrifft das Stadtgebiet von Innsbruck, das sich weit auf die
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 24 Nordkette hinauf erstreckt, aber auch das Siedlungsgebiet selbst (Beispiel: Hungerburg versus Stadtzentrum). Die meisten für Innsbruck schneerelevanten Wetterlagen sind mit einer Nordströmung verbunden, dies führt oft (aber nicht immer) zu einem ausgeprägten Nord-Süd- Gradient, also einer Abnahme der Schneemengen von der Nordkette Richtung Talmitte und weiter nach Süden. Die folgenden Ausführungen fokussieren aber auf die Schneemessungen an der Station Innsbruck-Universität, also am Talboden. Der Verlauf der Schneedecke in der 30-jährigen Klimaperiode 01.08.1980 bis 31.07.2010 an der UNI ist in Abbildung 3-13 dargestellt. Im Schnitt liegt zwischen Ende November und Ende März Schnee, allerdings mit Unterbrechungen. Eine (unterbrechungsfreie) Winterschneedecke stellt sich im Mittel erst Anfang Jänner ein und dauert bis 09. Feber. Der analoge Verlauf am Flughafen ist als Abbildung 8-5 im Anhang zu finden. Die Bandbreite der monatlichen und jährlichen Neuschneemengen an der UNI ist Abbildung 3-15 zu entnehmen. Der Neuschnee fällt überwiegend in der Periode November bis April, in Summe ist es im Schnitt etwa 1 m. Abbildung 8-6 zeigt die gemessenen Neuschneemengen am Flughafen. Am Talboden ist es vergleichsweise selten, dass innerhalb eines Tages größere Neuschneemengen fallen. Mit mehr als 10 cm muss man im Schnitt nur an 2 – 3 Wintertagen rechnen (Abbildung 3-15 ). Als relevante Kennzahlen gibt Tabelle 3-4 die Erwartungswerte der Gesamtschneehöhen und der 1- und 3-Tagessumme der Neuschneemengen an der UNI an. Für eine Wiederkehrzeit von 50 Jahren ist im Stadtgebiet etwa mit einer natürlichen Schneehöhe von 76 ± 17 cm zu rechnen. Vergleichen lässt sich dies mit dem höchsten Messwert in der hier zu Grunde gelegten 81- jährigen Reihe, der 68 cm betrug und am 21. Jänner 1981 beobachtet wurde. Weitere Kennzahlen sind der Tabelle zu entnehmen.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 25 Abbildung 3-13: Verlauf der Schneehöhe an der Station Innsbruck-Universität an jedem Tag des Jahres auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Das 10er Perzentil und das Minimum sind ganzjährig Null und daher hier nicht auszumachen.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 26 Abbildung 3-14: Bandbreite der monatlichen und jährlichen Neuschneemengen an der Station Innsbruck- Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Quelle: 3P-Clim. Abbildung 3-15: Verteilung der täglichen Neuschneemengen in den angegebenen Kategorien an der Station Innsbruck-Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Quelle: 3P-Clim.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 27 Wiederkehrzeit Tagessumme 3-Tagessumme Gesamtschneehöhe (Jahre) Neuschnee Neuschnee 10 55 ± 7 cm 35 ± 5 cm 52 ± 7 cm 30 69 ± 13 cm 44 ± 8 cm 66 ± 12 cm 50 76 ± 17 cm 48 ± 10 cm 72 ± 16 cm 100 85 ± 24 cm 54 ± 14 cm 80 ± 22 cm Tabelle 3-4: Erwartungswert (return level) samt Unsicherheitsbereich der Gesamtschneehöhe sowie der täglichen und der 3-tägigen Neuschneesumme in den angegebenen Wiederkehrzeiten an der Station Innsbruck- Universität auf Basis der Periode 01.08.1980 – 31.07.2010. Quelle: 3P-Clim. 3.5 Bewölkung Die Bewölkungsverhältnisse werden dreimal pro Tag von einem Beobachter erfasst. Am Innsbrucker Flughafen wird dies schon lange und verlässlich gemacht. Die mittlere Anzahl von heiteren, bewölkten und nebligen Tagen ist in Abbildung 3-16 dargestellt. Hier sei noch einmal erwähnt, dass die Definitionen der in dieser Arbeit verwendeten Begriffe im Glossar nachzulesen sind. Im Schnitt gibt es gut 39 heitere Tage im Laufe eines Jahres (mit weniger als 20 % Bewölkung), aber knapp 120 bewölkte Tage (mit mehr als 80 % Bewölkung). Interessant ist die jahreszeitliche Verteilung. In der warmen Jahreszeit gibt es weniger heitere, aber auch weniger bewölkte Tage. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es gerade im Sommer öfter einen „halb bedeckten“ Himmel gibt. Das lässt sich durch die starke Einstrahlung und die damit verbundene Quellwolkenbildung erklären. Neblige Tage sind fast ausschließlich dem Herbst und Winter vorbehalten. Im Jahresschnitt weist Innsbruck gut 16 Tage mit Nebel auf. Das ist im Österreichvergleich ein ziemlich niedriger Wert und ist zum Teil dem Föhn zu verdanken, der die Luft im Inntal immer wieder durch trockene (Föhn-)Luft ersetzt.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 28 Abbildung 3-16: Mittlere jahreszeitliche Anzahl von heiteren, bewölkten und nebligen Tagen an der Station Innsbruck-Flughafen auf Basis der Periode 1981 – 2010. Quelle: 3P-Clim. 3.6 Vertikale Schichtung Die Schichtung der Atmosphäre bestimmt alle vertikalen Luftbewegungen und ist damit unter anderem für die Luftqualität von elementarer Bedeutung. Die Datenlage in der Umgebung von Innsbruck ist allerdings begrenzt. Einmal am Tag (in der Früh) wird am Innsbrucker Flughafen eine Radiosonde9 gestartet. Es fehlt aber jegliche Information zu den Verhältnissen an den restlichen Tageszeiten. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Temperatursensoren in der Stadt und Richtung Nordkette samt Patscherkofel, die für eine entsprechende Auswertung mit gewissen Einschränkungen10 verwendet werden können. Dieses Tempis-Profil wurde im Jahr 2019 im Rahmen eines internen Entwicklungsprojektes untersucht (Vergeiner et. al., 2020). Abbildung 3-17 zeigt die Lage der zugehörigen Mess-Stellen. 9 Ein heliumgefüllter Wetterballon mit einer Sonde, die u. a. die Temperatur misst. 10 Eine Rolle spielen unter anderem die Sensorik inklusive Ventilation und Strahlungsschutz, die lokale Lage, die Hangexposition, die städtische Überwärmung und die horizontalen/ vertikalen Distanzen zwischen den Stationen.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 29 Abbildung 3-17: Satellitenfoto mit den Standorten der TEMPIS-Stationen sowie der TAWES im Bereich Innsbruck, der Nordkette und auf dem Patscherkofel (Quelle: Google maps). Die folgende Auswertung fokussiert auf die Häufigkeit von Inversionslagen. Die Inversion, also die Zunahme der Temperatur mit der Höhe, ist ein wichtiger Spezialfall der vertikalen Temperaturverhältnisse. Bei dieser sehr stabilen Schichtung kommt der vertikale Luftaustausch nahezu zum Erliegen. Aber auch der bodennahe (horizontale) Wind ist schwach, weil stärkerer Wind wie zum Beispiel Föhn die Luftmassen durchmischt und damit die Inversion „ausräumt“. Länger anhaltende Inversionslagen sind vor allem in der kalten Jahreszeit anzutreffen und führen in der Regel zu einer Akkumulation von Schadstoffemissionen, also belastenden Umweltbedingungen, zumal dann auch viel geheizt wird.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 30 Tabelle 3-5 zeigt die Häufigkeit von Inversionen von der Talstation Innsbruck Flughafen zur jeweilig angegebenen Station für die Jahre von 1999 bis 2018. Inversionshäufigkeit von Innsbruck Flh zur Station … JAHR Alpen- Hunger- Rastl- See- Patscher- Hafele- O-Dorf zoo burg boden grube kofel kar 1999 60,2 45,6 29,2 23,9 6,2 5,3 2000 61,0 46,7 29,8 25,7 5,6 4,9 2001 62,1 49,4 26,9 21,8 4,4 2002 55,7 46,7 32,6 24,5 5,4 2003 61,2 55,5 35,5 6,7 2004 58,2 49,2 6,5 2005 48,2 30,2 22,1 6,3 5,8 2006 62,3 10,9 2007 5,3 2008 4,0 2009 61,6 61,2 28,7 23,1 3,1 2010 55,5 57,9 24,7 19,6 1,9 2011 64,1 67,8 37,2 31,8 9,3 2012 62,9 65,0 28,5 24,2 5,7 2013 58,3 61,2 26,0 21,5 4,6 2014 59,1 61,3 29,1 24,1 8,9 3,3 2015 60,4 65,5 34,1 28,7 16,4 9,4 2016 53,6 53,3 24,6 20,3 11,6 6,2 2017 55,5 56,8 23,0 19,2 12,1 6,0 2018 59,6 61,5 25,2 20,6 8,3 3,2 Tabelle 3-5: Jährliche prozentuelle Häufigkeit von Inversionen von der Station Innsbruck Flughafen zur jeweiligen Station – aufsteigend nach Stationshöhe geordnet. Die Auswertung basiert auf halbstündigen Temperaturwerten. Stationshöhen sind zu Abbildung 3-17 entnehmen. Werte sind nur dann angegeben, wenn eine Datenverfügbarkeit von 80 % im jeweiligen Jahr erreicht wird. Daraus lassen sich die folgenden Erkenntnisse ableiten: Die Inversionshäufigkeit sinkt mit zunehmender Schichtdicke (=Höhendifferenz zwischen Flughafen und der jeweiligen Station)
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 31 In der untersten Schicht (vom Flh zum O-Dorf, gute 50 m Schichtdicke) kommen in über der Hälfte aller Zeiten Inversionen vor. Dabei spielt allerdings auch die West-Ost Erstreckung über kleinräumige Temperaturunterschiede eine Rolle. Anm.: Für die Schicht zwischen der Uni und dem O-Dorf liegt die Inversionshäufigkeit bei 43 %. In der Schicht bis zum Kammniveau kommen Inversionen noch zwischen 3 und 11 % im Jahr vor. Die Station Alpenzoo wurde im Jahr 2006 verlegt und die Temperaturmessung ist nicht homogen, ab 2006 treten deutlich mehr Inversionen auf. Es gibt Jahre mit mehr hochreichenden und Jahre mit einer größeren Anzahl an flachen Inversionen, das hängt u. a. von der Jahreszeit ihres Auftretens ab. Vergleiche dazu die Jahre 2001 und 2002: relativ viele bodennahe Inversionen 2001 und wenige bis zur Hungerburg (>350 m) und umgekehrt im Jahr 2002. In den Jahren 2016 – 2018 gab es in den Schichten zwischen Talboden und Rastlboden relativ wenige Inversionen. Ein Grund dafür mag sein, dass die Tempis-Stationen ab 2016 belüftet und damit weniger überwärmt sind. Abbildung 3-18: Häufigkeit von Inversionen in der Schicht Innsbruck Flughafen – Hungerburg im Zeitraum 1999 bis 2018 inklusive Anteil in den Monaten. Jahresbalken sind nur dann angegeben, wenn eine Datenverfügbarkeit von 80 % erreicht wird.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 32 Die ca. 350 m dicke Schicht Innsbruck Flughafen – Hungerburg ist für eine Stabilitätsauswertung hinsichtlich der Schadstoffbelastung der Innsbrucker Bevölkerung am aussagekräftigsten. Die Häufigkeit von Inversionen in dieser Schicht inklusive monatlichem Anteil daran ist in Abbildung 3-18 dargestellt. Das Mittel über alle Jahre mit mindestens 80 % Datenverfügbarkeit liegt bei 29,1 % und schwankt zwischen 23,0 % im Jahr 2017 und 35,5 % im Jahr 2003. Inversionen kommen in allen Monaten vor, der Schwerpunkt ist zwischen Oktober und Februar zu finden, mit doch deutlich wechselnden Anteilen von Jahr-zu-Jahr. In den letzten drei Jahren (2016 – 2018) war der Inversionsanteil unterdurchschnittlich, ein klarer Trend ist aber nicht ersichtlich. Die Verbindung zwischen stabilen Lagen und hoher Luftbelastung im Inntal ist deutlich. Ausgestoßene Emissionen verbleiben in der Kaltluftschicht und werden dabei nur wenig vermischt. Die Luftbelastung ist bei stabilen Lagen in den untersten Dekametern am höchsten und nimmt mit der Höhe ab. Daher ist die Luftbelastung auch im Winter wesentlich höher als im Sommer. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass im Winter durch den Hausbrand die Emissionen ebenfalls erhöht sind.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 33 4 Die Entwicklung des Klimas im Raum Innsbruck In diesem Kapitel wird die Entwicklung des Klimas für das Stadtgebiet von Innsbruck dargelegt. Basis dafür sind die – vergleichsweise – langen Messreihen der Station Innsbruck-Universität. Die homogenisierte Reihe reicht bis ins Jahr 1877 zurück und umfasst somit einen Zeitraum von 143 Jahren. Die Darstellung des bereits beobachteten Klimawandels sollte klarerweise durch einen auf Klimamodelle gestützten Ausblick sinnvoll ergänzt werden. Eine Klimaprognose ist zwar nicht Teil dieses Auftrages, aber in Planung. Die nachfolgenden Auswertungen behandeln temperatur- und niederschlagsbasierte Klimaindizes sowie die Änderung bei der Sonnenscheindauer. 4.1 Temperatur Der Klimawandel ist zunächst und am direktesten daran festzumachen, dass die Temperaturen aufgrund von anthropogenen Emissionen und davon verursachten erhöhten Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre seit einigen Jahrzehnten steigen und weiter steigen werden. Die Erwärmung ist global wie auch regional zu beobachten und ist im gesamten Alpenraum ähnlich stark ausgeprägt. Die Entwicklung der Jahresmitteltemperaturen an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019 ist in Abbildung 4-1 dargestellt. Die Länge der blauen (roten) Balken zeigt an, um wie viel es im betroffenen Jahr kälter (wärmer) war als im Referenzzeitraum 1981 – 2010. Die dünn-roten vertikalen Striche zeigen Jahre an, in denen keine Jahresmitteltemperatur gebildet werden konnte. Das gleitende Mittel bietet dem Auge ein geglättetes Bild. Zusätzlich wird der Trend der Periode 1961 – 2010 angezeigt, falls dieser auf dem 95 % Niveau signifikant ist. Bis in die 60er Jahre dominieren dekadische Schwankungen, die der (bis dahin dominanten) natürlichen Klimavariabilität zuzuschreiben sind. Der Temperaturanstieg ab den 60er Jahren und die Häufung der höchsten Jahreswerte in Innsbruck seit 2000 sind evident. Der 50-jährige Trend ist mit 2,2 °C sehr ähnlich wie an anderen Tiroler Standorten, die Erwärmung im Alpenraum übersteigt damit die globale ungefähr um den Faktor 2. Die analoge Auswertung für die einzelnen Jahreszeiten ist im Anhang als Abbildung 8-8 zu finden. Die saisonalen Trends für die Periode 1961 – 2010 ergeben sich zu: Winter (DJF)
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 34 +2,4 °C, Frühling (MAM) +2,7 °C, Sommer (JJA) + 2,8 °C und Herbst (SON) +1,0 °C. Basiert die Auswertung auf der Tageshöchst- bzw. der Tagestiefsttemperatur, so ergeben sich ganz ähnliche Trends (nicht gezeigt). Im städtischen Umfeld ist der Hitzestress im Sommer sowohl untertags als auch in der Nacht problematisch. Die Zeitreihen der Anzahl der Sommertage (Tage mit einer Höchsttemperatur von 25 °C oder mehr, Abbildung 4-2) und der Tropennächte (Nächte, in denen die Tiefsttemperatur nicht unter 20 °C fällt, Abbildung 4-3) zeigen die schon stattgefundene Entwicklung in Innsbruck auf. Das räumliche Bild der relevanten Hitzeindikatoren wird im ZAMG-Bericht „Stadtklimamodellierung für Innsbruck“ aufgezeigt. In der Referenzperiode 1981 – 2010 hatte Innsbruck im Mittel 63,5 Sommertage, also gut 2 Monate. Die meisten davon (im Schnitt fast 49) traten im Sommer auf, fast 9 im Frühling und ungefähr 6 im Herbst (nicht gezeigt). Die lineare Trendauswertung zeigt eine markante Zunahme von 1961 bis 2010 von +28,5 Tagen! Allerdings waren die Sommer am Anfang dieses Zeitraumes relativ kalt, der längerfristige Trend unter Einbeziehung der 20er und 40er Jahre mit vielen Sommertagen fällt geringer aus. In Tropennächten ist der Schlafkomfort deutlich negativ beeinflusst. In Innsbruck ist es zwar immer noch selten, dass die Temperatur im Laufe der Nacht nicht unter 20 °C fällt, es wird aber häufiger. Seit 2010 gab es 5 Jahre mit 2 oder 3 Tropennächten, davor war dies in der gesamten Messreihe nur ein einziges Mal (1992) der Fall. Mit den steigenden Temperaturen wird auch die Vegetationsperiode im Raum Innsbruck länger (nicht gezeigt). Primär steigen damit die Anbaumöglichkeiten und Erträge in der Landwirtschaft. Mit dem früheren Blühbeginn geht aber zum Beispiel auch ein früherer Start der für Allergiker relevanten Pollenperioden einher. Der generelle Erwärmungstrend äußert sich auch in einer Abnahme von Kältetagen beziehungsweise -perioden. Festmachen lässt sich dies am Auftreten von Frosttagen (Tage, an denen die Tiefsttemperatur unter 0 °C fällt, Abbildung 4-4) und Eistagen (Temperatur bleibt ganztägig unter 0 °C, Abbildung 4-5).
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 35 In der Referenzperiode 1981 – 2010 wurden im Mittel 95,8 Frosttage registriert, der 50-jährige Trend zeigt eine markante Abnahme von 28,5 Tagen auf. Jahreszeitlich treten Frosttage neben dem Winter (im Mittel 68,5 Tage) etwa gleich oft im Herbst (13,6 Tage) und Frühling (13,7 Tage) auf. Im Sommer gibt es so gut wie keine Frosttage (nicht gezeigt). Seltener ist natürlich ein Eistag, also dass die Temperatur den ganzen Tag über unter dem Gefrierpunkt verbleibt. Im Mittel der Referenzperiode gab es 14,6 Eistage. Auch für diesen Klimaindex zeigt sich eine deutliche Abnahme seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Abnahme im 50-jährigen Trend ist mit 13,9 Tagen fast so groß wie der Mittelwert 1981 – 2010, die Eistage haben sich seit 1961 also nahezu halbiert. So kalte Tage sind überwiegend dem Winter vorbehalten, im Schnitt treten sie noch an 1,1 (0,1) Tagen im Herbst (Frühjahr) auf. Ein Vergleich mit den Entwicklungen in Bregenz bzw. Wien ist in Abbildung 4-6 dargestellt. Die Grafik ist auch auf dem Klimawandelportal der ZAMG zu finden. Es zeigt sich, dass die Tropennächte in der Großstadt Wien in den letzten Jahrzehnten sprunghaft11 angestiegen sind und bereits jetzt ein deutliches Problem darstellen. Aber auch in Bregenz gibt es mehr heiße Nächte als in Innsbruck, der nahe Bodensee dämpft die Auskühlung. Gleichzeitig hat sich die Anzahl an Tagen mit mäßigem Dauerfrost (mit einer Höchsttemperatur unter –5 °C) markant reduziert: In Wien von durchschnittlich acht Tagen pro Jahr zur Mitte des 20. Jahrhunderts auf zuletzt zwei Tage, in Innsbruck von sieben auf einen Tag und in Bregenz von vier auf einen Tag. 11 Hitzeindikatoren sind oft als Schwellenwerte definiert, was zu einem sprunghaften Ansteigen ihrer Anzahl führen kann.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 36 Abbildung 4-1: Abweichung der Jahresmitteltemperatur vom Mittelwert in der Referenzperiode 1981 – 2010 an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019 samt linearem Trend für die Periode 1961 - 2010. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 37 Abbildung 4-2: Anzahl der Sommertage an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019 samt linearem Trend für die Periode 1961 - 2010. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 38 Abbildung 4-3: Anzahl der Tropennächte an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019 samt linearem Trend für die Periode 1961 - 2010. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 39 Abbildung 4-4: Anzahl der Frosttage an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019 samt linearem Trend für die Periode 1961 - 2010. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 40 Abbildung 4-5: Anzahl der Eistage an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019 samt linearem Trend für die Periode 1961 - 2010. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 41 Abbildung 4-6: Entwicklung der jährlichen Anzahl der Tropennächte (links) und der Tage mit mäßigem Dauerfrost (rechts) in Bregenz (oben), Innsbruck- Universität (Mitte) und Wien-Hohe Warte (unten) 1901 – 2019. Dargestellt sind Jahreswerte (Balken) und Mittelwerte der Zeiträume 1901–1930, 1931– 1960, 1961–1990 sowie 1991–2019 (Linien). Fehlende Jahre sind grau hinterlegt.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 42 4.2 Sonnenscheindauer Die Temperatur wird unter anderem von der Sonnenscheindauer beeinflußt. Untertags bringen weniger Wolken eine stärkere Einstrahlung und damit höhere Temperaturen.12 Darüber hinaus hat die Sonne über die Erhöhung der Serotonin-Werte im Körper einen positiven Einfluß auf die menschliche Gefühlslage, die Bildung von Vitamin D wirkt sich positiv auf Knochen, Muskulatur und Immunsystem aus. Bei zu langer bzw. intensiver Einstrahlung können allerdings auch negative Folgen wie Hitzschlag, Sonnenstich oder Hautkrebs auftreten. Abbildung 4-3 zeigt die Entwicklung der jährlichen Sonnenstunden an der Station Innsbruck- Universität im Zeitraum 1906 bis 2019. Die Sonnenscheindauer wurde nicht im Rahmen des Projektes 3P-CLim ausgewertet, die Daten stammen vom Forschungsprojekt HISTALP (Chimani et. al. 2012).13 Es sei noch angemerkt, dass die Bestimmung der Sonnenscheindauer über einen Schwellenwert der einfallenden Strahlung gehandhabt wird, welcher nicht immer gleich definiert wurde. Das wird aber bei der Homogenisierung der Reihen nach Möglichkeit berücksichtigt. Im Mittel der Klimanormalperiode 1981 – 2010 gab es in Innsbruck zirka 1969 Sonnenstunden. Die umgebenden Berge schränken die möglichen Sonnenstunden klarerweise ein. Wenn es (topografisch) möglich ist, kommt die Sonne in Innsbruck aber oft zum Vorschein, was unter anderem am Föhn und den seltenen winterlichen Hochnebelperioden liegt. In der analysierten Trendperiode 1961 – 2010 hat die jährliche Sonnenscheindauer um 124,4 Stunden zugenommen. Dies entspricht einer Zunahme von 6,3 % bezogen auf den Mittelwert der Referenzperiode. Diese Zunahme der Sonnenscheindauer könnte mit der Reduktion der Aerosol-Belastung in dieser Periode zusammenhängen. Aerosole regen die Wolken- bzw. Nebelbildung an, wodurch wiederum die Sonnenscheindauer reduziert wird. Seit ca. 2006 stagniert die Anzahl der Sonnenstunden auf hohem Niveau, wenn man eine dekadische 12 Allerdings ist es auch noch wichtig, wie die nächtlichen Bedingungen sind. Nachts kann es bei weniger Wolken nämlich stark auskühlen. Wolkenarme Perioden sind deshalb im Schnitt nicht immer warm. 13 Abkürzung für Historical Instrumental Climatological Surface Time Series of the Greater Alpine Region. Das Projekt verfolgt das Ziel der Erfassung einer homogenisierten Datenbasis für den Alpenraum sowie die Umgebung in Mitteleuropa.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 43 Mittelbildung zu Grunde legt. Die Klimaerwärmung wird nur zu einem kleinen Teil auf die Sonneneinstrahlung zurück geführt, dies legen schon die letzten 15 Jahre nahe, die trotz Stagnation bei den Sonnenstunden eine starke Temperaturerhöhung gebracht haben.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 44 Abbildung 4-7: Jährliche Sonnenscheindauer an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1906 bis 2019 samt linearem Trend für die Periode 1961 - 2010. Quelle: HISTALP (http://www.zamg.ac.at/histalp/dataset/station.php), eigene Visualisierung.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 45 4.3 Niederschlag Wie viel Niederschlag in einer Region fällt, in welcher Form (Regen/ Schnee) und in welcher Zeit, d.h. mit welcher Intensität, ist für viele Sektoren von großem Interesse. Diese reichen von der Entwässerung und Trinkwasserversorgung über die Land- und Forstwirtschaft bis zu Anpassungsmaßnahmen bei Naturgefahren bzw. im Katastrophenschutz. Die beobachtete Entwicklung der Innsbrucker Niederschlags-Messreihe, die auf der Analyse von Tagesdaten fußt, wird in diesem Abschnitt dargelegt. Abbildung 4-8 zeigt die UNI-Reihe für den Jahresniederschlag. Die Länge der orangen (grünen) Balken zeigt an, um wie viel es im betroffenen Jahr trockener (feuchter) war als im Referenzzeitraum 1981 – 2010. Die dünn-roten vertikalen Striche zeigen Jahre an, in denen kein Jahresmittelniederschlag gebildet werden konnte. Das gleitende Mittel bietet dem Auge ein geglättetes Bild. Insgesamt zeigt sich im Jahresniederschlag von Innsbruck kein zu- oder abnehmender Trend. Das wird auch dadurch deutlich, dass kein statistisch signifikanter Trend in der Periode 1961 – 2010 gefunden wurde. Es dominieren also eine hohe Jahr-zu-Jahr Variabilität und dekadische Schwankungen. Der Alpenraum befindet sich dabei in einer Übergangszone: während es Im Mittelmeerraum deutlich trockener wird, wird es Richtung Skandinavien und Nordpol zusehends feuchter. Der jeweils höchste Tagesniederschlag eines Jahres ist – auf Basis der zu Grunde liegenden Tageswerte – ein Maß dafür, ob die Intensität der Niederschläge zunimmt. Die entsprechende Zeitreihe von Innsbruck bildet Abbildung 4-9 ab. Die Bandbreite reicht von knapp 30 mm als Höchstwert eines Jahres (28,0 im Jahr 1911) bis gut 90 mm (92,2 mm im Jahr 1999). Es ist kein systematischer Trend erkennbar.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 46 Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass kurzzeitige Niederschläge in der Skala von Minuten bis zu einer Stunde intensiver werden (Formayer et al., 2016; Schroeer et. al., 2018).14 Auch die Jahreszeitreihen, die die Anzahl der Tage mit Niederschlag über 10, 20 bzw. 30 mm ausweisen, können einen Hinweis darauf geben, ob sich die Regen- bzw. Schneeintensität verändert. Die Grafiken dazu sind im Anhang als Abbildung 8-9, Abbildung 8-10 und Abbildung 8-11 zu finden. Sie zeigen allesamt die bereits erwähnte hohe Jahr-zu-Jahr Variabilität ohne einen signifikanten zu- oder abnehmenden Trend. Die Analyse von Schneetrends sprengt den Rahmen dieses Berichtes. Allerdings kann festgehalten werden, dass durch das wärmere Klima langfristig ein abnehmender Trend der Schneehöhen besonders in tiefen Lagen beobachtet wird. Die Variabilität von Winter zu Winter ist allerdings sehr hoch und es gibt eine Tendenz, dass je nach vorherrschenden Wetterlagen entweder die Regionen nördlich oder jene südlich des Alpenhauptkammes viel Schnee bekommen. 14 Mit zunehmender Temperatur kann die Luft mehr Wasserdampf halten, und zwar um 7 % pro °C. Durch die Klimaerwärmung steigt damit das Potential, dass auch größere Niederschlagsmengen fallen. Schroeer et. al. (2018) weisen aber auch darauf hin, dass die Abfolge von Wetterlagen im Laufe eines Jahres ein wichtiger Faktor ist.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 47 Abbildung 4-8: Abweichung der Jahresniederschlagsmenge vom Mittelwert in der Referenzperiode 1981 – 2010 an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019, der lineare Trend für die Periode 1961 – 2010 ist nicht signifikant. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 48 Abbildung 4-9: Höchster Tagesniederschlag (mm) in jedem Jahr an der Station Innsbruck-Universität im Zeitraum 1877 bis 2019, der lineare Trend für die Periode 1961 – 2010 ist nicht signifikant. Quelle: 3P-Clim, aktualisiert bis 2019.
ZAMG 2019/IN/002992 Mai 2020 Seite 49 5 Fazit Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik wurde durch die Stadt Innsbruck mit der Bestandsaufnahme des Klimas und seiner bisherigen Entwicklung in Innsbruck beauftragt. Die Analyse beruht auf Messungen an den Stationen Innsbruck-Universität und Innsbruck- Flughafen, für die vertikale Schichtung wurde zudem das Innsbrucker Hangprofil herangezogen. Im Vergleich der beiden Mess-Stellen zeigt sich die städtische Überwärmung, die Temperatur an der Universität ist im langjährigen Mittel um 0,6 °C wärmer als am Flughafen. Da der Flughafen am Stadtrand liegt und auch noch Gebäude bzw. versiegelte Flächen (Rollfeld) im Nahbereich vorhanden sind, ist die tatsächliche städtische Überwärmung sogar noch stärker ausgeprägt, als es durch den Vergleich der beiden Stationen ersichtlich wird. Das räumliche Bild der sogenannten Urban-Heat-Island wird durch die Stadtklimasimulationen mittels MUKLIMO sichtbar und ist dem ZAMG-Bericht „Stadtklimamodellierung für Innsbruck“ zu entnehmen. Weitere Auswertungen zum Ist-Zustand des Klimas im Raum Innsbruck sind dem Kapitel 3 zu entnehmen. Von besonderem Interesse ist die Entwicklung des Klimas, welche im Kapitel 4 dargestellt wird. In Innsbruck ist es in den letzten Jahrzehnten schon um gut 2 °C wärmer geworden.15 Im Sommer sind Hitzeperioden keine Seltenheit mehr. Diese stellen gerade in der Stadt mit dem hohen Versiegelungsgrad eine Herausforderung dar. Eine sinnvolle Anpassungsstrategie ist etwa die Gestaltung von kühlen Plätzen oder zentralen Straßenzügen mit Bepflanzungen, Wasser oder Grünflächen statt Asphalt etc. Sehr warme Nächte (Tropennächte) sind in Innsbruck noch selten (an der Uni im Mittel 0,3 Tropennächte pro Jahr bei 63,4 Sommertagen und 16,5 heißen Tagen), werden aber künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit zunehmen. Auch sie belasten den menschlichen Organismus stark. Andererseits werden die Winter im Zuge der Erwärmung milder. Dadurch sinkt der Heizbedarf, was sich dann auch positiv auf die Luftqualität auswirkt. In der analysierten Trendperiode 1961 – 2010 hat die jährliche 15 Dies stellt übrigens keine Überschreitung der Ziele des Pariser Klimaabkommens dar. Das dort ausgegebene 2-Grad-Ziel (nach Möglichkeit 1,5 °C) gilt global und ist nicht auf regionale Temperaturveränderungen anzuwenden.
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