Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa - Jürgen Rieck Auskunftserteilung über ausländisches Recht
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Jürgen Rieck Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Auskunftserteilung über ausländisches Recht Bundesverwaltungsamt Der zentrale Dienstleister des Bundes
`` Impressum Herausgeber Bundesverwaltungsamt – Bundestelle für Auswanderer und Auslandstätige; Auskunftserteilung über ausländisches Recht – 50728 Köln Telefon: 022899358-4998 Telefax: 02289910358-5108 E-Mail: auswandern@bva.bund.de Internet: www.bundesverwaltungsamt.de www.auswandern.bund.de Titelbild James White (www.sxc.hu) Rechtlicher Hinweis Für die Vollständigkeit und die Richtigkeit der Angaben kann trotz sorgfältiger Recherche keine Haftung übernommen werden. Für den Inhalt oder die Nutzung von Internetseiten Dritter wird ebenfalls keine Haftung übernommen. Der Nachdruck ist nur bei deutlicher Quellenangabe und ohne Vornahme von Änderungen zulässig. Die Übersendung eines Beleg- exemplars ist zwingend erforderlich. Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Gründen der Lesbarkeit auf eine geschlechtsspezifische Sprache weitestgehend verzichtet haben. issn: 2192-3639 © Bundesverwaltungsamt Dezember 2016
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Vorwort Diese zweite Auflage der Informationsschrift will einen Informationsschrift wegen der Komplexität der Materie aktualisierten und vollständigeren Überblick über die in weiterhin, wie schon die erste Ausgabe, auf die Kurzdar- den Staaten Europas geltenden Ehegüterrechte und die stellung der Gesetzesstände beschränken. Die Darstellung Möglichkeit von Eheverträgen einschließlich einschlägiger wird allerdings um einige zusätzliche Staaten erweitert wie Rechtsprechung – soweit bekannt – vermitteln. Albanien, die Russische Föderation und die Türkei. Ferner werden die insoweit wichtigen Grundregeln des Vertragsmuster, die wiedergegeben werden könnten, lie- internationalen Privatrechts (IPR) und der Rechtswahl auf- gen nur beschränkt vor. Diese Rubrik wird in den künfti- gezeigt. Dieser Bereich des IPR und der Rechtswahl wird gen Auflagen erweitert werden. Mitgeteilte Muster sind als durch zahlreiche jüngst ergangene Verordnungen der Empfehlungen zur Vertragsgestaltung und als Bausteine Europäischen Union sowie durch andere völkervertragli- hierfür zu verstehen. Weitere Darstellungen der Praxis und che Vereinbarungen beeinflusst, durch welche nationale Vorschläge bleiben späteren Auflagen vorbehalten. Ebenso Regelungen ganz oder teilweise ersetzt werden. Deshalb die Erweiterung der Länderdarstellungen, die zahlreiche stellt diese Informationsschrift den Länderdarstellungen Details der Vertragsmöglichkeiten und der Praxis der Ehe- eine Übersicht über die supranationalen Regeln voran. verträge. Die hier mitgeteilten Möglichkeiten stellen nur die Grundsätze dar. Alttatbestände, das heißt früher geltende und auf ältere Ehen anzuwendende Regeln können nicht mehr darge- Die nachfolgende Darstellung des Rechtszustandes der stellt werden, weil dies den Umfang dieser Informations- einzelnen Länder entspricht dem bis zum 31.12.2015 vor- schrift ungebührlich erweitern würde. Es muss daher inso- liegenden bzw. bekannten Gesetzesmaterial. Als Quellen weit auf die Literatur verwiesen werden, welche die frühe- dienten außer der bekannten Literatur insbesondere auch ren Rechtszustände beschreibt. das Internet und vor allem dort aufgefundene offizielle Sites. Die Quellen werden im Text benannt. Ist der Islam als Religion eines oder der Ehegatten betei- ligt, so ist zu bedenken, ob ein islamischer Ehevertrag in Nicht behandelt werden können hier Scheidungsverein- Betracht kommt. Die hiermit verbundenen Rechtsfragen barungen. Es handelt sich dabei zwar im weiteren Sinne kommen zu denen, die in dieser Informationsschrift mit- auch um Eheverträge, jedoch würde es den Rahmen die- geteilt sind, hinzu. Allerdings sind in der EU alle Staaten lai- ser Schrift sprengen, wenn diese Materie ebenfalls behan- zistisch verfasst, und kommt den Religionen keine Geset- delt werden müsste. zeskraft zu. Das allerdings kann und darf den Blick dar- auf nicht verstellen, dass es inzwischen sog. Parallelgesell- Diese Informationsschrift kann nur Anregungen geben. In schaften gibt, weil dem religiösen Bedürfnis durch offiziell schwierigen Fällen ist die Hinzuziehung fachlichen Rats nicht anerkannte Ehen abgeholfen wird, die so entstehen- unerlässlich. den nichtehelichen Gemeinschaften jedoch nicht in allen Staaten den Ehen gleichgestellt werden. Es wird deshalb Diese Informationsschrift wird von Zeit zu Zeit dem neues- geraten, insoweit hierzu die Informationsschrift über Isla- ten Stand angepasst werden. Dabei sind der Verfasser und mische Eheverträge einzusehen. das BVA für jegliche Anregungen aus der Praxis dankbar. Sodann behandelt diese Informationsschrift die Rechte der einzelnen Staaten der Übersichtlichkeit halber in alpha- betischer Folge. Dabei muss sich diese zweite Ausgabe der Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 3 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Inhalt 1 Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen...........................................................................6 1.1 Allgemeine Ehewirkungen..............................................................................................................................6 1.2 Güterrecht...............................................................................................................................................................6 1.3 Unterhalt..................................................................................................................................................................6 1.4 Ehescheidung.........................................................................................................................................................8 1.5 Erbrecht....................................................................................................................................................................9 2 Die Einflüsse von völkerrechtlichen Verträgen auf die Gestaltung von Eheverträgen......................................................................... 12 2.1 Allgemeine Ehewirkungen............................................................................................................................ 12 2.2 Güterrecht............................................................................................................................................................. 12 2.3 Unterhalt................................................................................................................................................................ 14 2.4 Ehescheidung....................................................................................................................................................... 14 2.5 Erbrecht.................................................................................................................................................................. 14 3 Auswirkungen des supranationalen Rechts auf den Ehevertrag...................16 3.1 Einordnungshilfen nach Rechtskreisen.................................................................................................. 16 3.2 Hauptgrundregeln der Rechtskreise.........................................................................................................17 3.3 Unterschiedliche Inhalte der Begriffe..................................................................................................... 21 3.4 Konsequenzen und Handlungsempfehlungen...................................................................................22 4 Vertragsmuster .....................................................................................................................23 4.1 Frankreich reine Gütertrennung................................................................................................................23 4.2 Frankreich Communauté Universelle avec Attribution.................................................................25 4.3 Deutsch-Französischer Wahlgüterstand ...............................................................................................27 4.4 Deutschland Ehevertrag mit modifizierter Zugewinngemeinschaft....................................... 31 4 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa 5 Übersicht über die für Eheverträge wichtigsten Bestimmungen der Staaten...............................................................................................................................35 ALBANIEN......................................................................................................................................................................... 35 BELGIEN............................................................................................................................................................................. 37 BOSNIEN-HERZEGOWINA..................................................................................................................................... 40 BULGARIEN...................................................................................................................................................................... 41 DÄNEMARK......................................................................................................................................................................42 DEUTSCHLAND..............................................................................................................................................................44 ESTLAND........................................................................................................................................................................... 46 FINNLAND........................................................................................................................................................................47 FRANKREICH...................................................................................................................................................................49 GRIECHENLAND.............................................................................................................................................................51 IRLAND...............................................................................................................................................................................52 ITALIEN...............................................................................................................................................................................54 KROATIEN......................................................................................................................................................................... 55 LETTLAND.........................................................................................................................................................................56 LITAUEN.............................................................................................................................................................................58 LUXEMBURG....................................................................................................................................................................59 MALTA................................................................................................................................................................................. 61 NIEDERLANDE................................................................................................................................................................62 NORWEGEN.....................................................................................................................................................................63 ÖSTERREICH................................................................................................................................................................... 64 POLEN..................................................................................................................................................................................65 PORTUGAL........................................................................................................................................................................67 RUMÄNIEN...................................................................................................................................................................... 68 RUSSISCHE FÖDERATION...................................................................................................................................... 69 SCHWEDEN.......................................................................................................................................................................71 SCHWEIZ............................................................................................................................................................................72 SERBIEN.............................................................................................................................................................................. 73 SLOWAKISCHE REPUBLIK.......................................................................................................................................74 SLOWENIEN..................................................................................................................................................................... 75 SPANIEN.............................................................................................................................................................................76 TSCHECHISCHE REPUBLIK.....................................................................................................................................78 TÜRKEI................................................................................................................................................................................79 UKRAINE........................................................................................................................................................................... 80 UNGARN............................................................................................................................................................................. 81 VEREINIGTES KÖNIGREICH...................................................................................................................................82 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 5 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen 1 Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen Vorrang hat ausdrücklich die Rechtswahl der Eheleute. 1.1 Allgemeine Ehewirkungen Diese können wählen: Für die allgemeinen Ehewirkungen gibt es keine europäi- •• Das Recht des Staates, dessen Angehöriger einer von sche Gemeinschaftsregelung. Insoweit wird es auch noch ihnen ist, oder auf längere Sicht bei der Anwendung der nationalen Kol- lisions- oder Zuständigkeitsnormen bleiben. Allerdings •• das Recht des Staates, in dem zumindest einer von sollte hier noch beachtet werden, welche völkervertragli- ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 16, chen Vereinbarungen (Teil II) zu beachten sind. 18). Die Wahl des Rechts des Lageortes des Vermögens soll künftig unzulässig sein (Art. 22). Bei Eheverträgen ist somit stets zu prüfen, inwieweit die beteiligten Staaten die Rechtswahl oder eine Gerichts- Mangels einer Rechtswahl gilt nach dem Inkrafttreten der standvereinbarung anerkennen oder bestehende völker- VO – unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Ehe- vertragliche Vereinbarungen diese zulassen. leute – unwandelbar das Recht des Staates, in dem die Eheleute nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsa- men gewöhnlichen Aufenthalt begründet haben (Art. 26). 1.2 Güterrecht Es kann nicht durch Umzug, sondern nur durch Rechts- wahlvereinbarung geändert werden. Eine Rückverweisung Am 29.01.2019 werden die Verordnung (EU) 2016/1103 bleibt unbeachtet (Art. 32). des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Ver- stärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, Verträge über das Güterrecht und Rechtswahlvereinbarun- des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und gen müssen mindestens schriftlich getroffen worden sein. Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des eheli- Sieht das Recht des Staates des gemeinsamen gewöhnli- chen Güterstands1 und die Verordnung (EU) 2016/1104 des chen Aufenthalts strengere Formen vor, so sind diese zu Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung der Verstärk- wahren (Art. 25)3 . ten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Voll- streckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher 1.3 Unterhalt Wirkungen eingetragener Partnerschaften2 zwischen den Mitgliedstaaten Belgien, Bulgarien, Tschechische Repub- Seit dem 18.06.2011 ist die VO (EG) Nr. 4/2009 vom lik, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, Kro- 18.12.2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, atien, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen Portugal, Slowenien, Finnland, Schweden und Zypern in und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen4 (UnthVO) Kraft treten. in allen Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme von Däne- mark anwendbar. Für Eheverträge bedeutsam sind lediglich etwaige Rechtswahl, das mangels einer Rechtswahl anzu- 1 Amtsblatt der Europäischen Union L 183 59. Jahrgang 8. Juli 2016, S. 1 ff. 2 Amtsblatt der Europäischen Union L 183 59. Jahrgang 8. Juli 3 Für Deutschland siehe Art. 14 Abs. 4 EGBGB 2016, S. 30 ff. 4 ABl. 2009 L 7/1 v. 10.01.2009 6 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen wendende Recht und Vereinbarungen über die Zuständig- `` Rechtswahl keit der Gerichte und Behörden. Die Ehegatten können entweder speziell bezogen auf Bezüglich dieser Fragen des internationalen Privatrechts ein bestimmtes Verfahren oder generell für ihre Ehe als verweist Art. 15 UnthVO auf das Haager Protokoll Nr. 39 für sich geltend vereinbaren (Art. 8 Abs. 1 HUP): vom 23.11.2007 (HUP)5 , das jedoch nicht für das Vereinigte Königreich und Irland gilt6. Dänemark seinerseits gehört •• das Recht eines Staates, dem eine der Parteien im jedoch dem Haager Protokoll über das LugÜ an (siehe Zeitpunkt der Rechtswahl angehört; unten II). Dieser Zustand führt dazu, dass für den Fall, dass in einem Ehevertrag Fragen des Unterhalts zwischen den •• das Recht des Staates, in dem eine der Parteien im Ehegatten geregelt werden sollen, zu unterscheiden ist zwi- Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Auf- schen Staaten, die dem HUP angehören, und solchen, die enthalt hat; ihm nicht angehören und solchen Staaten, für welche die UnthVO gilt und solchen, für die sei nicht gilt. •• das Recht, das die Parteien als das auf ihren Güter- stand anzuwendende Recht bestimmt haben, oder 1.3.1 Internationales Privatrecht das tatsächlich darauf angewandte Recht; Für die Mitgliedstaaten, die dem HUP angehören, und das •• das Recht, das die Parteien als das auf ihre Eheschei- sind alle außer dem Vereinigten Königreich und Irland, gel- dung oder Trennung ohne Auflösung der Ehe anzu- ten die folgenden bei etwaigen Eheverträgen über den Ehe- wendende Recht bestimmt haben, oder das tatsäch- gattenunterhalt zu beachtenden Grundsätze. lich auf diese Ehescheidung oder Trennung ange- wandte Recht. `` Grundsätze des Haager Protokolls `` Rahmenbedingungen Zu behandeln ist hier nur der Ehegattenunterhalt, denn der Kindesunterhalt ist jeglicher Vereinbarung durch die Eltern Ein Unterhaltsverzicht kann nur nach dem Recht verein- entzogen, und zwar sowohl hinsichtlich des anzuwen- bart werden, das am gewöhnlichen Aufenthalt des verzich- denden Rechts (Art. 8 Abs. 3 HUP) als auch bezüglich der tenden Ehegatten gilt (Art. 8 Abs. 4 HUP). Das gewählte Zuständigkeiten (Art. 4 Abs. 3 UnthVO). Für den Kindesun- Recht ist nicht anzuwenden, wenn die Anwendung offen- terhalt gelten stets die vorgeschriebenen Anknüpfungen. sichtlich unbillig ist, es sei denn, die Parteien waren voll informiert und sich der Folgen der Wahl bewusst (Art. 8 `` Gesetzliche Anknüpfung Abs. 5 HUP). Das wird es nötig machen, dass jede Partei des Ehevertrags unabhängigen Rechtsrat hatte. Dieser ist auch Mangels einer Rechtswahl ist stets, auch im Verhältnis zu vor dem Hintergrund der folgenden Regeln erforderlich: jedem Staat, der nicht dem HUP angehört (Art. 2 HUP), auf Nach Art. 5 HUP kann ein Ehegatte einwenden, dass ein die Unterhaltspflichten das Recht des Staates anzuwenden, anderes Recht der engeren Verbindung zu der Ehe anzu- in dem der berechtigte Ehegatte seinen gewöhnlichen Auf- wenden sei. Aus diesem Grunde kann ein Interessenwi- enthalt hat (Art. 3 HUP). Wenn dieses Recht auf das Recht derstreit bestehen, der einen gemeinsamen Vertrag eher des Gerichtsstaates zurückverweist, ist dies nicht zu beach- unwahrscheinlich macht. ten (Art. 12 HUP). Das nach Art. 3 HUP bestimmte Recht ist ebenso wie das gültig gewählte Recht nur dann nicht anzu- `` Form wenden, wenn die öffentliche Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts durch die Anwendung des Rechts Nach Art. 8 Abs. 2 HUP genügt die – auch digitale – verletzt würde (Art. 13 HUP). Schriftform. 1.3.2 Verfahrensrecht `` Internationale Zuständigkeit der Gerichte 5 http://www.hcch.net/index_en.php?act=conventions. Die Ehegatten haben die Möglichkeit, nach Art. 4 Abs. 1 text&cid=133 6 http://www.hcch.net/index_en.php?act=status. UnthVO die internationale Zuständigkeit zu vereinbaren. comment&csid=1065&disp=resdn Sie können wählen: Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 7 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen •• ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats, in sei denn, diese Zuständigkeit beruht einzig auf der dem eine der Parteien ihren gewöhnlichen Aufent- Staatsangehörigkeit einer der Parteien. halt hat; •• ein Gericht oder die Gerichte des Mitgliedstaats, des- 1.4 Ehescheidung sen Staatsangehörigkeit eine der Parteien besitzt; Auch wenn es zunächst nicht gerade schön erscheint, im •• hinsichtlich Unterhaltspflichten zwischen Ehegat- Rahmen eines Ehevertrags gleich Vereinbarungen über die ten oder früheren Ehegatten entweder das Gericht, Scheidung zu treffen, darf der Blick nicht durch Tabus ver- das für Streitigkeiten zwischen den Ehegatten oder stellt werden. Schließlich werden die meisten Eheverträge früheren Ehegatten in Ehesachen zuständig ist, oder geschlossen, um die Folgen einer späteren Scheidung zu ein Gericht oder die Gerichte des Mitgliedstaats, in regeln. dem die Ehegatten mindestens ein Jahr lang ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hat- Seit dem 12. 06.2012 gilt zwischen Belgien, Bulgarien, ten. Diese Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, des Abschlusses der Gerichtsstandvereinbarung oder Litauen (seit 21.11.2012), Malta, Österreich, Portugal, Rumä- zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts erfüllt nien, Spanien, Slowenien und Ungarn die Verordnung (EU) sein. Die durch Vereinbarung festgelegte Zustän- Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durch- digkeit ist ausschließlich, sofern die Parteien nichts führung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des anderes vereinbaren. auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (ScheidVO)7. Die VO ist `` Form universell, also gegenüber jedem anderen Staat anzuwen- den (Art. 4 ScheidVO). Nach Art. 4 Abs. 2 UnthVO bedarf die Gerichtsstandverein- barung der Schriftform. Elektronische Übermittlungen, die 1.4.1 Internationales Privatrecht eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermögli- chen, erfüllen die Schriftform. Die Bedeutung der VO liegt in der Rechtswahl. Wird nämlich kein Recht gewählt, so gilt seit dem 21.06.2012 `` Regelzuständigkeit die folgende, die bisherigen Anknüpfungen weitgehend umstoßende Wurde keine Zuständigkeit vereinbart, so sind nach Art. 3 UnthVO zuständig: `` Regelanknüpfung •• das Gericht des Ortes, an dem der Beklagte seinen Die Scheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehe- gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder bandes unterliegen nach Art. 8 ScheidVO •• das Gericht des Ortes, an dem die berechtigte Person •• dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhn- lichen Aufenthalt haben, oder anderenfalls, •• das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf den Personenstand zuständig ist, wenn •• dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern die- Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese ser nicht vor mehr als einem Jahr vor Anrufung des Zuständigkeit begründet sich einzig auf der Staatsan- Gerichts endete und einer der Ehegatten zum Zeit- gehörigkeit einer der Parteien, oder punkt der Anrufung des Gerichts dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder anderenfalls •• das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zustän- dig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfah- ren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es 7 ABl. L 343/16 vom 29.12.2010 8 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen •• dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit `` Form beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen, oder anderenfalls Soweit nicht das Recht eines beteiligten Mitgliedstaates eine strengere Form vorschreibt, genügt die – auch digi- •• dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts. tale – Schriftform. Haben die Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt in `` Rechtswahl verschiedenen teilnehmenden Mitgliedstaaten, so genügt die Form eines dieser Mitgliedstaaten. Das gilt aber nicht, Die Ehegatten können nach Art. 5 ScheidVO als auf die wenn einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt Scheidung ihrer Ehe anwendbares Recht wählen: in einem Drittstaat hat (Art. 7 ScheidVO). Deutschland hat in Art. 46d Abs. 1 EGBGB die notarielle Beurkundung vor- •• das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeit- geschrieben. Erfolgt die Rechtswahl während des laufen- punkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufent- den Verfahrens (vgl. Art. 5 Abs. 3 Rom IIIVO), so kann die halt haben, notarielle Beurkundung gemäß Art. 46d Abs. 2 S. 2 EGBGB i. V. m. § 127a BGB durch die gerichtliche Protokollierung •• das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt nach §§ 159 ff ZPO ersetzt werden. ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen zum Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch 1.4.2 Verfahrensrecht seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, Die ScheidVO enthält keine Regeln zur internationa- •• das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit len Zuständigkeit und zu Zuständigkeitsvereinbarungen. einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl Diese Bestimmungen sind der EuEheVO (VERORDNUNG besitzt, oder (EG) Nr. 2201/2003 DES RATES vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstre- •• das Recht des Staates des angerufenen Gerichts. ckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhe- `` Rahmenbedingungen bung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000)8 zu entnehmen. Das kann hier aber nicht weiter vertieft werden, weil in Die Rechtswahl kann jederzeit vor der Anrufung des den seltensten Fällen das Interesse bestehen wird, bei oder Gerichts erfolgen (Art. 5 Abs. 2), also auch im Ehevertrag. vor der Eheschließung die Zuständigkeit für die Scheidung Für die Gültigkeit der Rechtswahl kommt es nach Art. 6 zu vereinbaren. Das mag zwar bei Trennungs- und Schei- ScheidVO auf das Recht an, das gewählt wurde. Schranke dungsvereinbarungen anders sein, jedoch sehen die Art. ist jedoch das Recht des Staates, in dem der betreffende 3 bis 7 EuEheVO nur sehr beschränkte Möglichkeiten der Ehegatte, der die Ungültigkeit einwendet, im Zeitpunkt der Beeinflussung der internationalen Zuständigkeit in Schei- Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. dungssachen vor. Rück- und Weiterverweisung sind ausgeschlossen (Art. 11 ScheidVO). Die Anwendung des gewählten oder nach der 1.5 Erbrecht Regelanknüpfung anzuwendenden Rechts darf nur wegen Verstoßes gegen den nationalen ordre public unterbleiben In den Staaten, in denen – anders als in den romanisch (Art. 12 ScheidVO). Die Ehegatten können jedoch mit ihrer rechtlichen Ländern – gemeinschaftliche Testamente Rechtswahl einem Mitgliedstaat keine Entscheidung auf- zulässig sind (wie z.B. in Deutschland), wird auch die seit zwingen, die dieser Staat nicht kennt (Art. 13 ScheidVO). dem 17. August 2015 geltende VERORDNUNG DES EURO- PÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen 8 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:200 3:338:0001:0029:DE:PDF Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 9 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeug- gelten, wobei allerdings der Erbvertrag nach dem für beide nisses9 zu beachten sein, wenn mit dem Ehevertrag ein Parteien geltenden oder gewählten Recht gültig sein muss. Erbvertrag verbunden werden soll oder ein gemeinschaft- liches Testament oder auch nur ein Pflichtteilsverzicht. `` Eingriff in das Nationale Recht Diese Neuregelung des Erbrechts auf der Ebene der EU Art. 26 ErbVO bestimmt Kriterien für die Wirksamkeit von wird für Eheverträge in zweierlei Hinsicht von Bedeutung Testamenten und nennt: sein, nämlich für das Internationale Privatrecht und für die Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit. Da nicht •• die Testierfähigkeit der Person, die die Verfügung von in allen Fällen die Verbindung eines Erbvertrags mit einem Todes wegen errichtet; die besonderen Gründe, auf- Ehevertrag in Betracht kommen wird, sollen hier ledig- grund deren die Person, die die Verfügung errichtet, lich die Grundsätze erläutert werden, die für ein Ehegat- nicht zugunsten bestimmter Personen verfügen darf tentestament, einen Erbvertrag oder einen Ehevertrag von oder aufgrund deren eine Person kein Nachlassver- Bedeutung sein können. mögen vom Erblasser erhalten darf; 1.5.1 Internationales Privatrecht •• die Zulässigkeit der Stellvertretung bei der Errich- tung einer Verfügung von Todes wegen; `` Regelanknüpfung •• die Auslegung der Verfügung; Anders als es heute in fast allen Staaten Europas der Fall ist, soll sich künftig die Erbfolge nicht mehr nach dem Hei- •• Täuschung, Nötigung, Irrtum und alle sonstigen Fra- matrecht des Erblassers sondern nach dessen gewöhnli- gen in Bezug auf Willensmängel oder Testierwil- chem Aufenthalt richten. Nur ausnahmsweise soll auf eine len der Person, die die Verfügung errichtet. Die ein- andere Rechtsordnung abgestellt werden dürfen, mit der mal erworbene Testierfähigkeit wird durch einen der Erblasser am nächsten verbunden ist (Art. 21 ErbVO). späteren Wechsel des anzuwendenden Rechts nicht Das soll gemäß Art. 20 ErbVO auch gegenüber Drittstaaten berührt. gelten. Das anwendbare Recht (auch das gewählte) gilt für den gesamten Nachlass (Art. 23 ErbVO) mit der Folge, dass `` Form des Testaments die Nachlassspaltung Geschichte ist. Art. 27 ErbVO enthält keine wesentliche Änderung des bis- `` Rechtswahl her geltenden Zustands. Gültig ist ein Testament, das dem Recht entspricht: Abweichend von Art. 21 ErbVO kann der Erblasser aber in der Form eines Testamentes – maßgebend ist das gewählte •• des Staates, in dem die Verfügung errichtet oder der Recht – bestimmen, dass er nach seinem Heimatrecht oder Erbvertrag geschlossen wurde; bei mehrfacher Staatsnagehörigkeit nach einem seiner Heimatrechte beerbt werden will (Art. 22 ErbVO). •• eines Staates, dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes `` Testamente wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entwe- der im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung bzw. Diese unterliegen nach Art. 24 ErbVO dem Recht, das auf des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt den Nachlass anzuwenden wäre, wenn der Erblasser im des Todes angehörte; Zeitpunkt der Errichtung des Testaments verstorben wäre. Jedoch kann der Erblasser auch im Testament das Recht •• eines Staates, in dem der Erblasser oder mindestens wählen, das auf seinen Nachlass angewendet werden soll. eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes Dieselben Regeln sollen nach Art. 25 ErbVO für Erbverträge wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entwe- der im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder 9 ABl.2012 L 201/107 v. 27.07.2012 10 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse der Verordnungen der Europäischen Union auf die Gestaltung von Eheverträgen des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt des Todes den Wohnsitz hatte; •• des Staates, in dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entwe- der im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder des Abschlusses des Erbvertrags oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder •• des Staates, in dem sich unbewegliches Vermögen befindet, soweit es sich um dieses handelt. 1.5.2 Internationale Zuständig- keit für das Nachlassverfahren `` Regelzuständigkeit Nach Art. 3 ErbVO bleibt die innerstaatliche Regelung der Zuständigkeit von der Anwendung der VO unberührt. `` Zuständigkeitsvereinbarung Haben die Parteien im Vertrag das Recht eines Mitglied- staates gewählt, so können sie auch bestimmen, dass für das Nachlassverfahren die Gerichte des Staates des gewähl- ten Rechts zuständig sein sollen. Die weiteren Spezialfra- gen der Zuständigkeit (Art. 7 bis 20 ErbVO) sollen hier nicht vertieft werden, weil diese Materie im Verhältnis zu eini- gen der Mitgliedstaaten nicht anwendbar sein werden und noch viele Einzelfragen ungeklärt sind. `` Zusammenfassende Empfehlung Die vorstehend erläuterten Regeln sind sehr komplex und übersteigen oft den Erwartungshorizont, den künftige Ehe- leute mit einem Ehevertrag verbinden. Die Eheleute und deren Berater sollten deshalb in erster Linie daran denken, dass in der heute sehr mobilen Zeit im Laufe des Lebens Wohnsitze in verschiedenen Staaten in Betracht kommen können, die möglicher Weise dazu führen, dass für ihr ehe- liches Vermögen, den Unterhalt und das Erbrecht uner- wartete Regeln gelten. Eine Rechtswahl bietet sich daher an, um zu sichern, dass für alle Ehewirkungen ein einheit- liches Recht gilt. Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 11 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse von völkerrechtlichen Verträgen auf die Gestaltung von Eheverträgen 2 Die Einflüsse von völkerrechtlichen Verträgen auf die Gestaltung von Eheverträgen `` Anwendbares Recht 2.1 Allgemeine Ehewirkungen Die vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen den Ehe- Hier sind in erster Linie die Menschrechtsvereinbarungen gatten richten sich nach dem Recht, das die Ehegatten in und Antidiskriminierungsabkommen zu nennen: ihrem Ehevertrag vor der Ehe bestimmen (Art. 3 Abk). Die Ehegatten können wählen: •• UN-Übereinkommen v. 28. 9.1954 über die Rechts- stellung der Staatenlosen10; •• Das Heimatrecht eines der Ehegatten im Zeitpunkt des Abschlusses; •• Genfer Flüchtlingskonvention v. 28.7.195111; •• das Recht eines der Staaten, in denen sich ein Ehe- •• Genfer Protokoll v. 31.1.196712; gatte im Zeitpunkt des Abschluss des Vertrags aufhält; •• UN Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom •• das Rechts des neuen Aufenthaltsstaats. 20.11.198913. Das gewählte Recht gilt für die gesamten Eigentumsver- hältnisse. Jedoch können die Ehegatten auf Immobilien die 2.2 Güterrecht Anwendung des Rechts der Lex rei sitae vereinbaren. Hier sollte beachtet werden, dass dies den Grundsätzen des EU 2.2.1 Haager Übereinkommen Rechts, das die Anknüpfung an den Lageort zurückdrängt16, widerspricht. Das Abkommen vom 17.7.1905 gilt seit dem 23.8.1987 nicht mehr14. Wurde kein Recht gewählt, so richtet sich das eheliche Güterrecht gemäß Art. 4 Abk. nach dem Recht des Staates, Dem Haager Übereinkommen vom 14.3.1978 über das auf in dem die Ehegatten ihren ersten gemeinsamen ehelichen Güterstände anzuwendende Recht15 ist Deutschland nicht Wohnsitz nach der Eheschließung nehmen. Jedoch ist das beigetreten. Es gilt nur im Verhältnis zwischen Frankreich, gemeinsame Heimatrecht der Parteien anzuwenden, wenn Niederlande und Luxemburg. Allerdings ist das Abkom- der Staat des ersten gemeinsamen Aufenthalts einen Vor- men nach Art. 2 universell anwendbar, also auch auf Aus- behalt nach Art. 5 erklärt hat, oder der Staat nicht dem länder in den Ländern seines Geltungsbereichs. Ankommen angehört oder die Ehegatten keinen gemein- samen Aufenthalt nehmen. Sonst gilt das Recht der engs- ten Verbundenheit. Die Ehegatten können jedoch ihren Güterstand nach Art. 6 während der Ehe einem anderen als dem ursprünglich anwendbaren Recht unterstellen, nämlich entweder: 10 BGBl. 1976 II S. 474 11 BGBl 1953 II, 559 12 BGBl. 1969 II, 1293 13 BGBl. 1997 II, 774 14 BGBL. 1986 II, 505 15 http://www.hcch.net/index_en.php?act=conventions. text&cid=87 16 EU ErbVO, EU-GüterrechtsVO 12 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse von völkerrechtlichen Verträgen auf die Gestaltung von Eheverträgen •• dem Heimatrecht eines von ihnen oder `` Unterschiede •• dem Recht des Staates, in dem einer von ihnen seinen Warum braucht man eigentlich diesen Güterstand und Aufenthalt hat. Diese Wahl gilt für das gesamte Ver- vereinbart nicht einfach die deutsche (modifizierte) Zuge- mögen. Für Immobilien kann jedoch das Recht des winngemeinschaft? Das liegt an den grundlegenden Unter- Lageortes gewählt werden. schieden in den beiden Rechtssystemen. Das gewählte Recht ist nach Art. 7 nicht wandelbar sondern Nicht nur der Primärgüterstand (siehe oben Teil 1), der bleibt so lange gültig, bis eine neue Rechtswahl getroffen zahlreiche Verbote enthält, sondern auch der grundle- wird. Hingegen ist das auf Grund Anknüpfung an den ers- gende Unterschied in der Bedeutung des Worts „Gemein- ten gemeinsamen Aufenthalt geltende Recht nach Art. 7 schaft“ erzwingen eine eigenständige gesetzliche Regelung. Abs. 2 wandelbar und ändert sich, wenn die Eheleute in das Gemeinschaft heißt in Frankreich wirklich gemeinsam, in Land der gemeinsamen Staatsangehörigkeit übersiedeln Deutschland aber nur getrennt mit Ausgleichspflicht. oder einen mindestens 10 Jahre dauernden neuen Auf- enthalt begründen. Dieser Wechsel gilt jedoch nur für die In Frankreich gilt als gesetzlicher Güterstand die Errun- Zukunft (Art. 8). genschaftsgemeinschaft. Bei dieser wird das während der Ehe hinzuerworbene Vermögen („Errungenschaften“) zum Die Wirkung des Güterstandes im Verhältnis zu Dritten gemeinsamen Vermögen (d.h. ungeteilten Vermögen) der richtet sich nach dem Recht, das gemäß diesem Überein- Ehepartner. kommen auf die Güterrechtsverhältnisse der Ehegatten anwendbar ist, jedoch können die Staaten Publizitätsvor- Im Gegensatz dazu bedeutet der Begriff der Zugewinnge- schriften erlassen (Art. 9). meinschaft nach den Regeln des deutschen BGB weder, dass alle während der Ehe oder eingetragenen Lebenspart- Die Fähigkeit eines Ehegatten, der Rechtswahl zuzustim- nerschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches men, entscheidet sich nach dem gewählten Recht (Art. 10). Vermögen beider Ehegatten oder Lebenspartner werden, Die Rechtswahl soll ausdrücklich sein, kann sich jedoch noch, dass erworbenes Vermögen beiden Ehepartnern aus dem Zusammenhang der Ehevertragsklauseln ergeben automatisch zur Hälfte gehört. (Art. 11). `` Folge `` Form Ehepaare und eingetragene Lebenspartner, für die deut- Der Ehevertrag kann entweder nach dem Recht geschlos- sches oder französisches Güterrecht gilt (und das sind sen werden, welches das Güterrecht bestimmt oder nach grundsätzlich alle und nicht nur Franzosen und Deut- dem Recht des Ortes des Vertragsschlusses. Er muss min- sche, also z.B. auch ein Spanier und eine Italienerin, die destens schriftlich abgefasst sein und von beiden Ehegat- in Deutschland oder in Frankreich leben), können daher ten unterzeichnet sein (Art. 12). künftig einen Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit französischen Besonderheiten wählen. Die Vereinbarung 2.2.2 Deutsch-französischer Wahlgüterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft erfolgt durch Ehever- trag. Der neue Wahlgüterstand ist in § 1519 BGB (reine Ver- Am 1. Mai 2013 ist der deutsch-französische Vertrag über weisungsnorm) geregelt. den Wahlgüterstand17 in Kraft getreten18, den die bei- den Länder in einem bilateralen Abkommen Anfang 2010 `` Wirkung beschlossen haben. Mit diesem Wahlgüterstand gibt es künftig ein Rechtsinstitut, das bei bi-nationalen Ehen zwi- Grundsatz ist das deutsche Modell der Zugewinngemein- schen einem deutschen und einem französischen Staats- schaft: Während der Ehe bleiben die Vermögen der Ehe- angehörigen mögliche Probleme im Rechtsverkehr (zum partner bzw. der eingetragenen Lebenspartner getrennt. Beispiel beim Erwerb von Immobilien) vermeidet. Erst bei Beendigung des Güterstandes etwa durch Tod oder Scheidung wird der bis dahin während der Ehe oder ein- getragenen Lebenspartnerschaft erwirtschaftete Zugewinn 17 BGBl. 2012 II, 178, 180 zwischen ihnen ausgeglichen. 18 BGBl. 2013 II, 431 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 13 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse von völkerrechtlichen Verträgen auf die Gestaltung von Eheverträgen Unterschiede ergeben sich dann aber insbesondere aus 2.3 Unterhalt abweichenden Bewertungszeitpunkten und den Regelun- gen über die (Nicht-) Berücksichtigung bestimmter Gegen- Das Haager Übereinkommen vom 02.10.1973 über das stände im Anfangs- und/oder Endvermögen. So wird bei- Unterhaltspflichten anzuwendende Recht19 ist im Verhält- spielsweise bei Immobilienvermögen, das ein Ehegatte nis der EU Mitglieder nach Art. 69 EuUnthVO verdrängt, mit in die Ehe gebracht hat (Teil des Anfangsvermögens), somit nur noch im Verhältnis zu Albanien, Japan und der der Wert angesetzt, den die Immobilien bei Beendigung Türkei anwendbar. Es wird hier wegen der geringen Bedeu- des Güterstandes haben. Der deutsche Regelfall ist die tung davon abgesehen, auf die Bestimmungen diese Über- Bewertung im Zeitpunkt des Anfalls mit dem Zuschlag der einkommen weiter einzugehen. Vor allem deshalb, weil Indexverluste. dieses Übereinkommen keine Rechtswahl vorsieht und das bereits oben erläuterte Haager Protokoll universell Tritt während der Ehe eine Wertsteigerung ein, stellt dies anwendbar ist. bezogen auf den Zugewinnausgleich für den Ehegatten, der Eigentümer der Immobilie ist, einen erheblichen Vor- teil gegenüber dem deutschen Recht dar. Auch ein nach 2.4 Ehescheidung Begründung des Güterstandes erworbenes Schmerzens- geld wird – anders als beim gesetzlichen deutschen Güter- Abkommen, die Vereinbarungen zulassen, bestehen nicht. stand – dem Anfangsvermögen zugerechnet, d. h. der Das Haager Übereinkommen vom 12.06.1902 zur Regelung andere Ehegatte profitiert hiervon im Rahmen des Zuge- des Geltungsbereichs der Gesetze und der Gerichtsbar- winnausgleichs nicht. keit auf dem Gebiet der Ehescheidung und der Trennung von Tisch und Bett20 gilt für Deutschland nicht mehr und `` Form ist nun endgültig durch die genannte EU-Scheidungs-VO verdrängt. Nach Art. 3 des Abkommens wird der Wahlgüterstand durch Ehevertrag begründet. Eine bestimmte Form ist Das Niederlassungsabkommen zwischen dem deutschen nicht vorgeschrieben, so dass die Form sich nach dem Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17.02.192921 steht Recht des Landes richtet, in dem die Ehegatten den Vertrag der Anwendung des Aufenthaltsrechts auf im Geltungsbe- schließen. reich der EU-Scheidungs-VO lebende Iraner nicht entge- gen, da dies Regeln auf alle Ausländer angewendet werden `` Zugang (Art. 8 Abs. 3 S. 2). Aus denselben Gründen werden jedoch Ehegatten, die beide Iraner sind, durch Vereinbarung ein Den Wahlgüterstand können nach Art. 1 alle Ehegatten anderes Recht als ihr Heimatrecht oder das Aufenthalts- vereinbaren, deren Güterstand einem der Vertragsstaaten recht wählen können. unterliegt. Das schließt ein: 2 Deutsche in Frankreich oder Deutschland, 2 Franzosen in Frankreich oder Deutschland aber auch alle gemischtnationalen Ehen in Deutschland 2.5 Erbrecht oder Frankreich. Neben der bereits oben in Teil I Nr. 5 erläuterten EU- `` Modellcharakter Erbrechts-VO ist noch das Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfü- Nach Art. 21 des Abkommens steht dieses Abkommen dem gungen anzuwendende Recht zu beachten22. Dessen Gel- Beitritt anderer Staaten offen. Es wäre ein erster Schritt tung ist durch die EU-Erbrechts-VO nicht berührt, jedoch in ein europäisches grenzüberschreitendes einheitliches haben die Bestimmungen der EU-Erbrechts-VO Vorrang Güterrecht. Zu einem solchen führt auch die EU VO nicht. 19 BGBl. 1986 II, 825,837 20 RGBl. 1904 II, 231 21 RGBl. 1930 II, 1006 22 BGBl. 1965 II, 1145 14 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Die Einflüsse von völkerrechtlichen Verträgen auf die Gestaltung von Eheverträgen (Art. 75 EU Erbrechts-VO). Auch das Übereinkommens vom 19. November 1934 zwischen Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden mit Bestimmungen des Inter- nationalen Privatrechts über Rechtsnachfolge von Todes wegen, Testamente und Nachlassverwaltung in der geän- derten Fassung der zwischenstaatlichen Vereinbarung zwi- schen diesen Staaten vom 1. Juni 2012 kann zwischen die- sen Staaten weiter angewendet werden23 . 23 Siehe hierzu in deutscher Sprache http://ec.europa.eu/civiljusti- ce/publications/docs/report_conflits_ dane-mark.pdf Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige 15 www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa Auswirkungen des supranationalen Rechts auf den Ehevertrag 3 Auswirkungen des supranationalen Rechts auf den Ehevertrag Die Ehegatten haben nunmehr eine im Vergleich zur frühe- ten, für die der Ehevertrag ebenfalls gelten soll, sorg- ren Rechtslage größere Freiheit, in einem Vertrag nicht nur fältig zu prüfen, und unter anwendbare Rechte sondern auch internationale Zustän- digkeiten zu wählen und zu vereinbaren24. So können sie •• Nr. 2 auf unterschiedliche Begrifflichkeiten für den Ehegattenunterhalt – nicht für den Kindesunter- hinzuweisen. halt – sowohl das anwendbare Recht als auch die internati- onale Zuständigkeit der Gerichte vereinbaren. Bei der Wahl des anwendbaren Rechts können sie auch bestimmen, dass 3.1 Einordnungshilfen nach das auf die güterrechtlichen Verhältnisse oder das auf die Rehescheidung anzuwendende oder angewendete Recht Rechtskreisen auch für den Unterhalt maßgeblich sein soll. Es lassen sich inhaltlich vergleichbare Regeln für mehrere Staaten definieren, je nach dem, zu welchem Rechtskreis sie Es lässt sich somit für alle drei Bereiche ein einheitliches gehören. Hinweis: Es ist stets notwendig, die Bestimmun- Recht vereinbaren. Ob dies auch sinnvoll oder anzustreben gen im Einzelnen zu prüfen. Dennoch folgt die Rechtspre- ist, muss einer ausführlichen und künftig wohl getrenn- chung meist dem für den Rechtskreis bekannten Schema. ten für jeden Ehegatten unabhängigen Beratung überlas- sen bleiben. `` Französischer Rechtskreis Nicht alle Staaten Europas kennen den Erbvertrag oder Dazu gehören alle Staaten, deren Zivilgesetzbuch auf dem gemeinschaftliche Testamente. Die Verbindung eines Erb- Code Napoléon beruht: Das sind: Frankreich (F), Italien vertrags mit einem Ehevertrag ist deshalb nicht in allen (I), Spanien (Esp), Belgien (B), Luxemburg (L), Portugal (P), Fällen möglich. Es wird daher in jedem Einzelfall zu prü- Rumänien (RO). fen sein, welche Vertragslösungen ausländische beteiligte Rechte zulassen. `` Angelsächsischer Rechtskreis Über diese Grenzen hinaus sollte jedoch stets beachtet wer- Diesem gehören an: England und Wales, Nordirland, Irland, den, dass die Ehewirkungen in den EU Staaten nicht har- beschränkt Schottland. monisiert sind und dass deshalb bei Eheverträgen, die grenzüberschreitend gültig sein sollen, stets zu prüfen ist, `` Nordischer Rechtskreis ob der andere Staat die beabsichtigte Regelung zulässt. Diesem gehören an: Dänemark, Finnland, Island, Norwe- Weit gefährlicher sind jedoch für die Ehegatten und deren gen, Schweden. Berater die Unterschiede in den Begriffsbestimmungen, die rechtsvergleichend gelten. Deshalb wird nachstehend `` Ehemals sozialistischer Rechtskreis versucht, unter Diesem gehören an: Die baltischen Staaten, Polen, •• Nr. 1 einen natürlich nur groben Überblick über die Tschechei, Slowakei, Slowenien, Kroatien, Bulgarien. Vertragsmöglichkeiten zu geben, der nicht ersparen soll und kann, die Rechtslage in den einzelnen Staa- `` Deutschsprachiger Rechtskreis Ihm gehören an: Deutschland, Österreich, Schweiz und 24 Siehe hierzu vertiefend Rieck, Möglichkeiten und Risiken der Griechenland. Rechtswahl bei der Gestaltung von Ehevereinbarungen, NJW 2014 S. 257 ff 16 Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Auswanderer und Auslandstätige www.bundesverwaltungsamt.de | www.auswandern.bund.de
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