Ein Sommerworkshop zu kollektiver Erinnerung.- 22. August 2021 Bathorn, Germany
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Ein Sommerworkshop zu kollektiver Erinnerung. 13. –- 22. August 2021 Bathorn, Germany www.whatsart gottodowithit.com
EINFÜHRUNG 2 / 12 „What’s art got to do with it? Ein Sommerworkshop zu kollektiver Erinnerung“ ist ein 10-tägiger Workshop, der vom 13.–22. August 2021 im niedersächsischen Bathorn stattfindet. Bis zu 15 lokale und internationale Teilneh- mer*Innen sind eingeladen, sich vor Ort mit der national sozialistischen Geschichte des Emslandes und der Graf- schaft Bentheim auseinanderzusetzen. Hierfür wird ein besonderer Fokus auf die Skulptur „Ein Weg durch das Moor“ von Peter F ischli und David Weiss gelegt, die 1999 im Rahmen des Projektes »kunstwegen« errichtet wurde und sich seitdem in direkter Nähe zum ehemaligen NS-Strafgefangenenlager Bathorn befindet. Während des Sommerworkshops sollen die Organisation »kunstwegen« praktisch bei der Instandhaltung der Skulptur unter- stützt und die Teilnehmer*Innen zu einer theoretischen Auseinandersetzung mit der Skulptur und ihrer Funktion als Erinnerungsort angeregt werden. Dabei steht die titel gebende Frage nach einer kollektiven Erinnerungskultur an der Schnittstelle zu künstlerischer Praxis im Mittelpunkt.
DER ORT UND SEINE GESCHICHTE 3 / 12 Zwischen 1933 – 1945 wurden im Gebiet des heutigen Emslandes und der Grafschaft Bentheim insgesamt 15 sogenannte Emslandlager von den Nationalsozialisten errichtet und betrieben. In den Konzentrations-, Straf- und Kriegsgefangenenlagern wurden in den ersten Jah- ren vor allem „politische Häftlinge“ interniert und zur Arbeit im lokalen Torfabbaugebiet gezwungen. Das groß angelegte Projekt der Bodenkultivierung und Neuland- gewinnung im Emsland war Teil des Plans zur „inneren Kolonisierung“ der Nationalsozialisten und sollte die als rückständig geltende Gegend zu einer wirtschaftlichen Vorzeigeregion machen. Das Lager XIV Bathorn wurde 1938 errichtet und war ursprünglich für 1.000 Häftlinge ausgelegt, nach Kriegsbeginn war es zeitweise jedoch mit bis zu 4.000 Kriegsgefangenen belegt. Schwerst- arbeit, unzureichende Ernährung und die mangelhaften hygienischen Verhältnisse in den überbelegten Baracken forderten zahllose Opfer. Das Lager wurde 1945 von kanadischen Soldaten befreit und zu einem Auffanglager für Geflüchtete und Vertriebene umgebaut. Das offene Museum »kunstwegen« wurde im Jahr 2000 als grenzübergreifendes Projekt zwischen den Niederlanden und der Bundesrepublik Deutschland eröff- net. Auf einer Strecke von über 180 K ilometern befinden sich heute mehr als 80 Skulpturen von internationalen Künstler*Innen. Aufgestellt entlang der Vechte, einem vom deutschen Münsterland bis zum niederländischen IJsselmeer verlaufenden Fluss, verbinden die Skulpturen
4 / 12 und Installationen die Grenzregion. Vor allem die neueren Kunstwerke gehen einen engen Dialog mit den örtlichen Gegebenheiten ein, indem sie Naturphänomene, histori- sche Ereignisse und regionale Eigenheiten aufgreifen und neue künstlerische Akzente im Landschaftsraum setzen. Die Skulptur „Ein Weg durch das Moor“, von Peter F ischli und David Weiss befindet sich in nächster Nähe zum ehemaligen NS-Srafgefangenenlager Bathorn und greift die Geschichte der dort internierten Häftlinge auf.
PETER FISCHLI UND DAVID WEISS — EIN WEG DURCH DAS MOOR (1999) 5 / 12 Das Werk des schwei zer Künstlerduos Peter F ischli (*1952 Zürich) und David Weiss (*1946 Zürich †2012 ebenda) zeichnet sich durch ein besonderes Interesse am Alltäg- lichen aus. Auf humorvolle Weise greifen sie die banalen Dinge des Lebens in kleinteiligen Installationen, Minia- turen sowie Kurzfilmen und unter Verwendung unter- schiedlichster Materialien auf. Dabei gibt es kaum einen Werkstoff, mit dem sie nicht arbeiten, von Würsten und anderen Essensresten bis hin zu Polyurethan, Gummi, Ton oder Holz. Der Einladung der Gastkuratoren Harald Szeeman und Zdenek Felix von »kunstwegen« folgend, bauten die beiden Künstler 1999 einen 1,2 km langen Holzbohlenweg aus Eichenholz durch das Waldgebiet hinter dem ehe- maligen NS-Strafgefangenenlager Bathorn. Der schmale Weg zeichnet sich durch eine V ielzahl an Kurven und W indungen sowie große Höhenunterschiede zum Boden aus und ist zwischenzeitlich bewusst lückenhaft. Dadurch wird die Begehung gezielt anspruchsvoll gestaltet, sodass eine sehr bewusste und konzentrierte Auseinanderset- zung mit der zurückzulegenden Strecke notwendig wird. Dabei läuft der Rundweg auf kein konkretes Ziel zu. Auf
6 / 12 halber Strecke lichtet sich der Wald kurzzeitig und gibt den Blick auf die Weiten eines heute renaturierten Torf- abbaugebietes frei. Neben der wichtigen Rolle der Natur, die sich konsequent in der Materialität des Kunstwerks widerspiegelt, bei dem ganz bewusst auf Metallstützen oder einen rutschfesten Belag verzichtet wurde, steht vor allem die Geschichte des Ortes und der Umgang mit ihr im Mittelpunkt. Als stiller Begegnungsort bietet die Skulp- tur die Möglichkeit, die Geschichte der Emslandlager und der in ihnen internierten Häftlinge, die sich aufgrund ihrer harten Arbeit im Torfabbau selbst als „Moorsoldaten“ bezeichneten, zu reflektieren und in einen Kontext mit den Wegen und Irrwegen deutscher und europäischer Erinnerungskultur im allgemeinen zu setzen.
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PROGRAMM 8 / 12 Das Programm des Sommerworkshops setzt sich aus drei Schwerpunkten zusammen: Praktisches Arbeiten: Unterstützung der Organisation »kunstwegen« bei der Restaurierung und Instandhaltung der Arbeit „Ein Weg durch das Moor“. Dies umfasst unter anderem das Austauschen kaputter oder vermoderter Holzbohlen sowie Nägel, Schrauben und W inkel. Vorträge & Diskussionen mit Gastsprecher*Innen: Gespräche mit eingeladenen Künstler*Innen, Theoretiker*Innen und Expert*Innen, die sich aus verschiedenen Perspektiven mit den Themen Erinnerungskultur und Kunst im Öffent- lichen Raum befassen. Es soll sich dabei nicht um ein frontales Format handeln sondern vielmehr um eine gemeinsame Diskussion, bei der alle dazu eingeladen sind ihren Standpunkt zu äußern und Fragen zu stellen. Darüber hinaus sind ein Besuch der Gedenkstätte Ester- wegen und weitere intern angeleitete Workshops geplant. Eigenes Projekt: Die titelgebende Frage des Sommerwork- shops „Was hat Kunst damit zu tun?“ spielt auf die Bedeutung von Kunst für eine gesamtgesellschaftliche Erinnerungsarbeit an. Alle Teilnehmer*Innen sind ange- regt, ihre Gedanken hierzu über den Zeitraum des Workshops hinweg festzuhalten und sich auf kreative Weise mit den besprochenen Themen auseinander zusetzen. Entstandene Beiträge, wie beispielsweise Texte, Fotografien oder Zeichnungen, sollen in einer kleinen Abschlusspublikation veröffentlicht werden.
SPRECHER*INNEN 9 / 12 Juliane Bischoff arbeitet derzeit als Kuratorin am NS- Dokumentationszentrum München an der Schnittstelle zwischen Ausstellung und digitaler Vermittlung. Gemein- sam mit Nicolaus Schafhausen und Mirjam Zadoff co-kuratierte sie die Ausstellung „Tell me about yesterday tomorrow“ (2019 – 2020). Zuvor war sie als Kuratorin an der Kunsthalle Wien tätig. Sie ist Herausgeberin der Publikationen „Kate Newby. I can’t nail the days down“ (Sternberg Press, 2019) und verfasst regelmäßig Beiträge für Künstler*Innenpublikationen und Ausstellungskataloge. Alice Creischer ist Konzeptkünstlerin, Kuratorin und Auto- rin. Als eine der Schlüsselfiguren der politischen Kunst bewegung der neunziger Jahre ist Creischer bis heute an einer Vielzahl von kollektiven Projekten, Publikationen und Ausstellungen beteiligt. Sie setzt sich in ihrem Werk vorwiegend mit Themen wie Macht, W irtschaft und Geschichtsschreibung auseinander. Creischer ist zurzeit Professorin an der Kunsthochschule Weißensee in Berlin. Talya Feldman ist Künstlerin und arbeitet mit zeitbasier- ten Medien. Für ihre Installation „The V iolence We’ve W itnessed Carries a Weight on Our Hearts“, die sich mit den Kontinuitäten rechten Terrors in Deutschland befasst, wurde sie 2021 mit dem Dagesh Kunstpreis ausgezeich- net. Sie studiert derzeit im Master an der Hochschule für Bildende Künste, Hamburg.
10 / 12 Alexander Koch ist Kurator, Autor, Galerist, Kulturmediator, Co-Init iator und Leiter der Neuen Auftra ggeb er in Deutschland. Mit ihrem Konzept von Kunst im öffentlichen Auftrag fördern die Neuen Auftraggeber zivilgesellschaft- liche Partizipation und Teilhabe an künstlerischen und kulturellen Entstehungsprozessen. Thomas Niemeyer ist Leiter der Städtischen Galerie Nord- horn und Geschäftsführer von »kunstwegen«. Olu Oguibe ist Dichter, Kulturwissenschaftler, Kurator und Konzeptkünstler. Sein Werk „Das Fremdlinge und Flüchtlinge Monument“ wurde 2017 im Rahmen der Documenta in Kassel ausgestellt. Im selben Jahr erhielt er den Arnold- Bode-Preis der Stadt Kassel.
TEILNAHME 1 1 / 12 Der Workshop richtet sich an interessierte Personen aus allen Bereichen und Interessensgebieten. W ir freuen uns über Teilnehmer*Innen mit unterschiedlichem Kenntnis- stand, die ein grundlegendes Interesse an den Themen Kunst und Erinnerungskultur mitbringen und Lust auf gemeinsames praktisches Arbeiten und den aktiven Aus- tausch mit der Gruppe haben. Interessierte können sich vom 25.06. – 09.07.2021 mit einem Motivationsschreiben inkl. Angaben zu Vorerfahrun- gen und Erwartungen an den Workshop (max. 1 Seite) per Mail an summerworkshop.bathorn@gmail.com anmelden. –— Mindestalter 18 Jahre (keine Altersobergrenze) –— Aus der Region, überregional und international –— Englischkenntnisse erwünscht –— Maximale Teilnehmerzahl: 15 Personen –— Teilnahmegebühr für 10 Tage inkl. Unterkunft und Verpflegung: 300,00€ (Vergünstigungen nach Absprache möglich)
ORGANISATION 12 / 12 Paula Vogt (*1994 Münster) hat Kulturwissenschaft und Skandinavistik an der Berliner Humboldt Universität studiert und 2020 mit einem Bachelor abgeschlossen. Sie hat am Berliner Produktionshaus für Theater, Tanz und Performance HAU Hebbel am Ufer und Goethe Institute New York City Curatorial Residency Ludlow 38 gearbeitet und ist seit 2020 in der Galerie KOW in Berlin tätig. Pia-Marie Remmers (*1992 Lingen) studiert seit 2019 Kunstgeschichte im Master an der Universität W ien. Nach ihrem Freiwilligendienst bei Aktion Sühnezeichen Friedens- dienste 2012 hat sie unter anderem bei den Skulptur Projekten Münster, am Hamburger Bahnhof Museum für Gegenwart Berlin und für das Goethe Institute New York City Curatorial Residency Ludlow 38 gearbeitet. Sie lebt und arbeitet als freie Kuratorin in Berlin. In Kooperation mit Kontakt kunstwegen summerworkshop.bathorn@gmail.com Städtische Galerie Nordhorn +49 (0) 152 321 567 79
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