Einsatzmöglichkeiten der Phytotherapie bei Neurodermitis
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Einsatzmöglichkeiten der Phytotherapie bei Neurodermitis Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Naturwissenschaften an der Karl – Franzens – Universität vorgelegt von Sabrina FAIL am Institut für Biologie/Pflanzenwissenschaften Begutachterin Ao. Univ.-Prof. Dr. phil. Maria Müller Graz, 2021 1
Danksagung Ich möchte mich an dieser Stelle herzlichst bei meiner Betreuerin Ao. Univ.-Prof. Dr. phil. Maria Müller bedanken. Sie hat mich stets mit ihrer warmherzigen Art unterstützt und motiviert. Ich habe es sehr geschätzt, dass sie immer volles Verständnis für meine Fragen zeigte und mich in schwierigen Situationen immer ermutigen konnte. Besonders dankbar bin ich auch meiner Familie, die mich während der Studienzeit unterstützt hat. Zusätzlich gilt ein großer Dank meiner Mama und meinen Studienkolleginnen, die sich Zeit genommen haben, um diese vorliegende Diplomarbeit Korrektur zu lesen. 2
Kurzfassung Die chronische Hauterkrankung Neurodermitis, die in Schüben auftritt, ist besonders in den westlichen Industrieländern sehr weit verbreitet. Die Betroffenen klagen oft über einen quälenden Juckreiz und trockene Haut, wodurch sich die Lebensqualität verringert. In der vorliegenden Diplomarbeit werden zunächst der Aufbau und die unterschiedlichen Funktionen der Haut dargestellt. Der Fokus wird anschließend auf Neurodermitis gelegt. Es wird ein detaillierter Einblick über den Verlauf der Hauterkrankung dargelegt und auch die möglichen Auslösefaktoren werden in den Mittelpunkt gestellt. Außerdem werden neben Neurodermitis auch noch weitere Ekzemformen behandelt. Ein weiterer wichtiger Punkt dieser Diplomarbeit beschäftigt sich mit den Behandlungsmöglichkeiten. Hierbei wird der Fokus vor allem auf die Phytotherapie gelegt. Bereits seit hunderten von Jahren bildet die Phytotherapie eine alternative Möglichkeit zur Linderung von Krankheitsbeschwerden. Neben einer kurzen geschichtlichen Einführung zur Phytotherapie, werden Pflanzen vorgestellt, die eine heilende Wirkung auf die juckende und empfindliche Haut zeigen. Als Letztes wird der Fokus auf didaktische Überlegungen im Biologieunterricht gelegt. Das bedeutet, dass verschiedene außerschulische Unterrichtsformen vorgestellt werden, um einen aktiven und interessanten Biologieunterricht halten zu können. Die Intention dieser vorliegenden Arbeit ist es, einerseits die Wirkung von Heilpflanzen bei Krankheiten und andererseits ihren Zusammenhang mit dem Biologieunterricht darzustellen. 3
Abstract The chronic skin disease neurodermatitis, which occurs in episodes, is particularly widespread in western industrialized countries. Those affected often complain of excruciating itching and dry skin, which reduces the quality of life. In the present diploma thesis, the structure and the different functions of the skin are presented. The focus is placed on neurodermatitis. A detailed insight into the course of the skin disease is presented and the possible trigger factors are also placed in the center of this thesis. In addition to neurodermatitis, other forms of eczema are also presented. Another important point of the thesis deals with the treatment options. The main focus here is on phytotherapy. For hundreds of years, phytotherapy has been an alternative way of alleviating the symptoms of illness. In addition to a brief historical introduction to phytotherapy, plants are presented, which have a healing effect on itchy and sensitive skin. Finally, the focus is on didactic considerations in biology lessons. This means that different forms of extracurricular teaching are presented, in order to be able to give an active and interesting biology lesson. The intention of this present work is on the one hand to show the effect of medicinal plants on diseases and on the other hand to show their connection with biology lessons. 4
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ....................................................................................................................... 8 2 Grundlagen der Haut .................................................................................................... 9 2.1 Epidermis ........................................................................................................................ 9 2.2 Dermis ........................................................................................................................... 10 2.3 Subkutis ......................................................................................................................... 11 2.4 Funktionen der Haut ...................................................................................................... 11 2.4.1 Immunabwehr................................................................................................................ 12 2.4.2 Wärmeregulation ........................................................................................................... 12 2.4.3 Sinnesfunktion ............................................................................................................... 13 3 Neurodermitis .............................................................................................................. 13 3.1 Verlauf der chronischen Hauterkrankung ..................................................................... 14 3.2 Symptome der Hauterkrankung .................................................................................... 16 3.2.1 Juckreiz.......................................................................................................................... 17 3.2.2 Hautveränderungen ....................................................................................................... 17 3.3 Mögliche Risikofaktoren für Neurodermitis ................................................................. 19 3.3.1 Falscher Umgang mit Hautpflege und Waschmittel ..................................................... 19 3.3.2 Falsche Kleidung ........................................................................................................... 20 3.3.3 Seelischer Faktor ........................................................................................................... 21 3.4 Ernährung bei Neurodermitis ........................................................................................ 22 3.4.1 Mögliche Schubauslösende Nahrungsmittel ................................................................. 24 4 Therapieformen ........................................................................................................... 25 4.1 Medikamentöse Behandlungen ..................................................................................... 25 4.1.1 Kortikosteroide .............................................................................................................. 25 4.1.2 Teerpräparate ................................................................................................................. 26 4.2 Alternative Behandlungen ............................................................................................. 27 4.2.1 Medizinische Ölbäder ................................................................................................... 27 4.2.2 Phototherapie ................................................................................................................. 28 4.2.3 Klimatherapie ................................................................................................................ 29 4.2.4 Thalassotherapie ............................................................................................................ 30 4.2.5 Gamma – Linolensäure ................................................................................................. 30 5
5 Weitere Ekzemformen ................................................................................................ 31 5.1 Dyshidrosiformes Ekzem .............................................................................................. 32 5.2 Allergisches Kontaktekzem........................................................................................... 32 5.3 Windelekzem ................................................................................................................. 33 5.4 Seborrhoisches Ekzem .................................................................................................. 34 5.5 Exsikkationsekzem ........................................................................................................ 34 5.6 Mikrobielles Ekzem ...................................................................................................... 35 6 Phytotherapie ............................................................................................................... 36 6.1 Geschichtliche Einführung ............................................................................................ 36 6.2 Pflanzliche Inhaltsstoffe ................................................................................................ 38 6.2.1 Ätherische Öle ............................................................................................................... 38 6.2.2 Alkaloide ....................................................................................................................... 39 6.2.3 Bitterstoffe ..................................................................................................................... 40 6.2.4 Flavonoide ..................................................................................................................... 40 6.2.5 Gerbstoffe ...................................................................................................................... 41 6.2.6 Saponine ........................................................................................................................ 41 6.2.7 Phytamine ...................................................................................................................... 42 6.3 Arzneipflanzen und ihre Zubereitung ........................................................................... 43 6.3.1 Flüssige Arzneipräparate ............................................................................................... 43 6.3.2 Arzneipräparate für die äußere Anwendung ................................................................. 45 6.4 Wirkung von Heilpflanzen bei Neurodermitis .............................................................. 46 6.4.1 Aloe barbadensis ........................................................................................................... 46 6.4.2 Cardiospermum halicacabum ....................................................................................... 47 6.4.3 Solanum dulcamara L. .................................................................................................. 48 6.4.4 Borago officinalis .......................................................................................................... 49 6.4.5 Fumaria officinalis ........................................................................................................ 50 6.4.6 Hypericum perforatum L. .............................................................................................. 51 6.4.7 Matricaria recutita ........................................................................................................ 52 6.4.8 Oenothera biennis ......................................................................................................... 53 6.4.9 Viola tricolor ................................................................................................................. 54 6
7 Didaktische Grundlagen im Biologieunterricht ....................................................... 55 7.1 Geschichte des Biologieunterrichts ............................................................................... 55 7.2 Interesse und Motivation steigern ................................................................................. 56 7.2.1 Interesse an botanischen Themen .................................................................................. 58 7.3 Einsatz von Experimenten im Biologieunterricht ......................................................... 60 7.4 Außerschulische Lernorte.............................................................................................. 61 7.5 Lehrplanbezug ............................................................................................................... 63 8 Arbeitsblätter – Unsere kostbare Natur.................................................................... 64 9 Conclusio ...................................................................................................................... 70 10 Literaturverzeichnis .................................................................................................... 72 11 Internetverzeichnis ...................................................................................................... 74 12 Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ 75 7
1 Einleitung Meine Diplomarbeit würde ich liebend gerne mit drei Zitaten beginnen. Sie stammen von Sebastian Kneipp (1821 – 1897), Alfred Vogel (1902 – 1996) und dem Mediziner Paracelsus (1493 – 1541). Obwohl alle drei aus unterschiedlichen Jahrhunderten kommen, erkennt man in allen drei Zitaten die Wichtigkeit der Phytotherapie. „Die Natur ist die beste Apotheke.“ (Kneipp) „In der Natur ist uns alles gegeben, was wir zum Schutz und zur Erhaltung der Gesundheit brauchen.“ (Vogel) „Es soll und muß nun der Arzt aus der Natur hervorgehen und in ihr und von ihr lernen, und außer ihr gibt es nichts und alles ist aus und in der Natur.“ (Paracelsus) Mit diesen bekannten Zitaten möchte ich gerne zeigen, dass die Pflanzenheilkunde seit jeher schon eine wichtige Rolle spielt. Paracelsus schätzte sehr die heimischen Pflanzen und versuchte sie richtig bei den unterschiedlichsten Krankheiten anzuwenden. Im Mittelalter legten deshalb Menschen ihre ganze Hoffnung in die heilende Wirkung von Pflanzen. Durch wichtige Vertreter der Phytotherapie, wie z. B. Paracelsus und Hildegard von Bingen, wurden wichtige Erkenntnisse über Pflanzenwirkstoffe an die nächste Generation weitergegeben. Natürlich wurde dieses Wissen über Jahrhunderte immer weiter ausgebaut und so weiß man heute genau, wie Pflanzeninhaltsstoffe im Körper wirken können. In den letzten Jahrzehnten ist die Phytotherapie durch die moderne Schulmedizin in Vergessenheit geraten. Nun langsam wenden sich aber immer mehr Menschen bei harmlosen Krankheiten (z. B Halsweh, Menstruationsbeschwerden, trockener Haut…) wieder der Schulmedizin ab und vertrauen auf die Phytotherapie. Unzählige Studien zeigen, dass eine regelmäßige Anwendung von Salben, Tees und auch Umschlägen zu einer Besserung des Krankheitsbildes führen kann. In der vorliegenden Diplomarbeit wird nach einem kurzen anatomischen Einblick der Haut, der Schwerpunkt auf die Geschichte der Phytotherapie gelegt. Außerdem wurden Pflanzen ausgesucht, die eine wichtige Rolle bei der Linderung von Neurodermitis spielen. Neben der Phytotherapie wird in den letzten Kapiteln der Fokus auch auf den Biologieunterricht gelegt. 8
2 Grundlagen der Haut Bevor der Fokus auf die Hautkrankheit Neurodermitis gelegt wird, wird zunächst ein anatomischer und physiologischer Einblick der Haut dargestellt. Es wird nicht nur ihr Aufbau, sondern auch die wichtigsten Aufgaben näher beschrieben. Die Haut eines erwachsenen Menschen bildet mit bis zu 2m² das größte Organ und stellt mit Hilfe der zahlreichen Sinnes- und Kontaktzellen einen Kontakt zwischen der Umwelt und des Organismus dar. Das bedeutet, dass die Aufgabe der Haut daraus besteht, einen immunologischen und chemischen Schutz vor Umwelteinflüssen zu bilden. Krankheitserreger, wie Viren und Bakterien, stoßen auf eine Barriere und werden am Eindringen in das Körperinnere gehindert (vgl. Fritsch 1990: 3). Des Weiteren ist die Haut aus drei Schichten aufgebaut (siehe Abb.1): Oberhaut (Epidermis), Lederhaut (Dermis) und Unterhaut (Subkutis) (vgl. Sterry 2018: 4) Abbildung 1: Aufbau der Haut (Hertl 2018: 4) 2.1 Epidermis Beim Aufbau der Epidermis, auch Oberhaut genannt, unterscheidet man die folgenden vier Hautschichten. An die Dermis grenzt Stratum basale, darauf folgt Stratum spinosum, Stratum granulosum und den Abschluss als oberste Schicht bildet das Stratum corneum (vgl. Sterry 2018: 5). 9
Als die vorherrschenden Zellen der Epidermis treten die Keratinozyten in den Mittelpunkt. Die Zellpopulation wird im Stratum basale gebildet und wandert von den untersten Hautschichten in die obersten Hautschichten. Im Stratum basale, auch Basalzellschicht genannt, durchlaufen die Keratinozyten eine Zellteilung, wobei eine Tochterzelle in der Zellpopulation verbleibt und die andere Tochterzelle wandert weiter in das Stratum spinosum, wo sie an Zellvolumen stark zunimmt. Die Keratinozyten durchlaufen in den einzelnen Hautschichten eine kontinuierliche Differenzierung und verändern stetig die Form. Das bedeutet, dass in der obersten Schicht, das sogenannte Stratum corneum, keine Keratinozyten mehr zu erkennen sind. Im Laufe ihrer Differenzierung verlieren sie deutlich an Größe und kommen als kernlose Korneozyten im Stratum corneum an. Die nun verhornten Korneozyten bilden die Grundstruktur in der obersten Schicht und dienen als Schutz vor mechanischen Umwelteinflüssen. Das Stratum corneum ist demnach aus Keratin und Hornzellen aufgebaut, die keine Zellorganellen mehr besitzen (vgl. Schürer, Ruzicka 1999: 1) (vgl. Sterry 2018: 5). So findet man an den Hautstellen, die von der Umwelt sehr beansprucht werden, eine starke Verdickung der Hornschicht (vgl. Achenbach 1986: 2). Dem Autor Wolfram Sterry (2018) zu folge, kommt es bei Hauterkrankungen, wie zum Beispiel Psoriasis, zu einer viel schnelleren Proliferation. Neben einer enormen Verdickung des Stratum corneum findet man bei diesem Krankheitsbild auch eine auffällig starke Entwicklung der Zellpopulation an Keratinozyten vor. Bei einer gesunden Haut kann der Prozess der Differenzierung vom Stratum basale bis ins Stratum corneum etwa einen Monat dauern (vgl. Sterry 2018: 5). Des Weiteren gibt es neben den Keratinozyten auch noch weitere wichtige Zellstrukturen in der Epidermis. In der Abbildung 1 ist gut zu erkennen, dass sich in der untersten Schicht der Epidermis die Melanozyten befinden, die das Hautpigment Melanin bilden und mit den in ihrer Umgebung vorkommenden Keratinozyten in Kontakt treten können. Außerdem treten in der Epidermis Langerhans Zellen auf, die die relevantesten Immunzellen darstellen. (vgl. Sterry 2018: 6) 2.2 Dermis Die Dermis, auch Lederhaut oder Korium genannt, ist aus zwei unterschiedlichen Schichten aufgebaut und ist für die Festigkeit der Haut zuständig. Das Stratum papillare weist die meisten Zellen der Dermis auf. In dieser Hautschicht findet man vor allem Abwehrzellen, wie Makrophagen oder Mastzellen, die sich in den Zellzwischenräumen frei bewegen können. Das 10
Stratum papillare ist die oberste Schicht der Dermis und bildet einen wellenförmigen Übergang zu der Epidermis. Darunter liegend findet man das faserreiche Stratum reticulare, das große Mengen an Schweißdrüsen und Talgdrüsen aufweist (vgl. Sterry 2018: 6). 2.3 Subkutis Die Subkutis findet man unter der Dermis und besteht hauptsächlich aus Fettgewebe. Aus diesem Grund ist die Hautschicht für die Wärmeisolation und die Energiespeicherung verantwortlich. Das Fettgewebe variiert je nach Alter, Geschlecht und körperlicher Verfassung. Das bedeutet, dass das Fettgewebe in der Unterhaut – Subkutis – mit voranschreitendem Alter stark abnimmt. Das hat zur Folge, dass die Haut schlaff aussieht und vermehrt Falten bildet. Wie in Abbildung 1 gut zu erkennen ist, findet man in diesem Abschnitt der Haut außerdem Lymphgefäße, zahlreiche Blutgefäße, dicke Nervenfasern und Talgdrüsen. (vgl. Achenbach 1986: 3). 2.4 Funktionen der Haut Die Haut stellt eine Grenzschicht zu der Umwelt dar und schützt uns vor mechanischen Einflüssen. Die unterschiedlichen Hautschichten, wie sie in dem vorigen Kapitel beschrieben wurden, nehmen alle samt wichtige Funktionen ein (siehe Abb. 2). Abbildung 2: Funktionen der Haut (Hertl 2018: 6) 11
2.4.1 Immunabwehr Die Haut bildet die erste Schutzbarriere gegenüber der Umwelt und schützt den Körper vor möglichen pathogenen Keimen. Das wichtigste ist eine funktionierende Hornschicht mit einem intakten Säureschutzmantel, damit keine Krankheitserreger in die Haut eintreten können. An der Immunabwehr beteiligt ist das angeborene (unspezifisches) Immunsystem und das erworbene (spezifisches) Immunsystem. Beide Systeme sind fest miteinander verbunden und agieren immer in Kombination. Krankheitserreger charakterisieren sich durch eine Vielzahl an unterschiedlichen Merkmalen, wodurch sie von körpereigenen Immunzellen als fremde Zellen entlarvt werden. Treten körperfremde Mikroorganismen in die Haut ein, werden Keratinozyten und auch Langerhans – Zellen aktiv. Die Langerhans – Zellen, die zu den dendritischen Zellen gehören, und weitere Immunzellen (Granulozyten) können durch spezielle Rezeptoren den Erreger erkennen. Obwohl der Körper eventuell vorher noch nicht mit dem Krankheitserreger in Kontakt gekommen ist, können die Immunzellen den Erreger sehr rasch phagozytieren. Das angeborene Immunsystem steht dem Körper sehr rasch zur Verfügung, jedoch hat es eine geringe Spezifität. Das erworbene Immunsystem im Gegensatz, hat eine sehr hohe Anpassungsfähigkeit an den Erreger, aber es muss im Laufe des Lebens erst heranreifen. Aus diesem Grund braucht diese Immunabwehr länger bei der Erkennung eines Krankheitserregers. An dem erworbenen Immunsystem sind vor allem die B- Lymphozyten, deren Aufgabe es ist Antikörper zu bilden, und die T- Lymphozyten beteiligt. Das charakteristische an dieser Immunabwehr ist, dass sich Gedächtniszellen bilden, die bei einem erneuten Kontakt mit dem gleichen Krankheitserreger noch rascher reagieren können. Auf diese Weise entsteht ein verstärkter Schutz gegen bestimmte Erreger (vgl. Sterry 2018: 7 – 8). 2.4.2 Wärmeregulation Das Aufrechterhalten der Körpertemperatur ist eine wichtige Funktion der Haut. Wenn es zu kühl wird, ist der Körper in der Lage die Menge an Blut in der Haut zu reduzieren. Auf diese Weise gelangt weniger Wärme nach außen und die Temperatur bleibt im Körperkern gespeichert. Die gleiche Aufgabe übt die Gänsehaut aus. Durch das Zusammenziehen der Haarmuskeln entstehen an der Hautoberfläche kleine Erhebungen. Dieser Prozess verringert die Wärmeabgabe des Körpers nach außen (vgl. Steinmann 1995: 16). 12
2.4.3 Sinnesfunktion Durch unterschiedliche Rezeptoren, die mit Nervenfasern verbunden sind, können wir Schmerz, Temperatur, Juckreiz und auch Berührungen wahrnehmen. Außerdem ermöglichen uns die Rezeptoren in der Haut, dass wir glatte, warme oder kantige Gegenstände als solche erkennen. Diese Sinnesfunktion kann aber bei Nervenerkrankungen stark eingeschränkt sein (vgl. Achenbach 1986: 10). 3 Neurodermitis Bei Neurodermitis, auch bekannt unter dem Begriff atopisches Ekzem, handelt es sich um eine der häufigsten chronischen Hauterkrankungen, die nicht infektiös ist. Bereits im Kindesalter kann die Hauterkrankung beginnen und durch unerträglichen Juckreiz das Leben der Betroffenen erschweren (vgl. Ring et al. 1998:1). Vor allem in den Kniekehlen (siehe Abb. 3), Armbeugen, Hals und Nacken treten vermehrt die typisch entzündeten Hautveränderungen auf. Es ist zu beobachten, dass besonders die Körperstellen, wo sich am meisten Schweiß bildet, von der chronischen Hauterkrankung betroffen sind. Da Neurodermitis nicht heilbar ist, bleibt den Betroffenen als einzige Möglichkeit, die Symptome durch die richtigen Behandlungsmöglichkeiten zu lindern (vgl. Steinmann 1995: 22, 24). Abbildung 3: Neurodermitis in den Kniekehlen (Sterry 2018: 120) Wenn man nun berücksichtigt, welchen schweren Belastungen die menschliche Haut seit der Geburt ausgesetzt wird, wundert es einem nicht, dass schmerzhafte Ekzeme, wie Neurodermitis, stark zunehmen. Bereits bis zu 20 Prozent der Bevölkerung in den westlichen Industrieländern sind von der chronischen Hauterkrankung betroffen. Menschen mit 13
Neurodermitis leiden zudem meist auch unter Heuschnupfen, allergischem Asthma oder Lebensmittelallergien. Besonders hervorzuheben ist auch, dass Familienmitglieder von Betroffenen ebenfalls häufig an allergischen Krankheiten leiden. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass in dem Fall, wenn beide Elternteile unter Neurodermitis leiden, 60 Prozent der Kinder ebenfalls von der chronischen Hauterkrankung betroffen sind. Ein sehr bedeutender und wichtiger Faktor bei der Entstehung von Neurodermitis ist also eine ererbte Veranlagung. Laut Achenbach (1986) treten bei den meisten Patienten eine Überproduktion eines bestimmten Antikörpers auf. Die sogenannten IgE – Antikörper lassen sich im Blut der Betroffenen in großer Anzahl nachweisen und regen vermehrt andere Immunzellen an, wodurch sich das atopische Ekzem bildet (vgl. Achenbach 1986: 57). Neurodermitis kann in extremen Fällen sehr großflächig Körperstellen einnehmen und der Juckreiz ist kaum auszuhalten. In solchen Fällen, wenn die Haut der Betroffenen stark entzündet ist und sich Blasen bilden, muss man professionelle medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Solch ein starker Schub stellt auch das eigene Immunsystem vor eine große Herausforderung, denn durch die nässende und entzündete Haut können Erreger problemlos in die Hautbarriere eindringen (vgl. Steinmann 1995: 30). 3.1 Verlauf der chronischen Hauterkrankung Wie bereits vorhin erwähnt, kann Neurodermitis bereits im Kleinkindalter entstehen. In acht von zehn Fällen treten die ersten Symptome schon vor dem 5. Lebensjahr auf. Obwohl Neurodermitis oft sehr früh und plötzlich auftaucht, können die Symptome aber nach wenigen Jahren wieder verschwinden. Anders sieht es aus, wenn die Symptome erst im Schulalter beginnen. Laut der Medizinerin Steinmann (1995) leiden die Betroffenen dann bis in das junge Erwachsenenalter an Neurodermitis und die Hauterkrankung bessert sich nur leicht. Treten die ersten Symptome nach dem 20. Lebensjahr auf, kann es passieren, dass die Betroffenen ein Leben lang von den quälenden Symptomen begleitetet werden (vgl. Steinmann 1995: 21). Man muss einen großen Unterschied zwischen den Krankheitsschüben im Kleinkindalter und im Erwachsenenalter machen. Im Säuglingsalter nämlich beginnt Neurodermitis häufig als Milchschorf am Köpfchen des Kleinkindes, wie es in Abbildung 4 zu sehen ist. Neben dem üblen Geruch, der von dem Milchschorf ausgehen kann, quält den Säuglingen die gelblichweißen Krusten am Kopf. Die ersten Anzeichen auf Neurodermitis beginnen erst nach dem 3. Monat und lassen sich demnach durch die dicken Schuppen auf dem Köpfchen, der Bläschen auf den Wangen und dem begleitenden Juckreiz erkennen (vgl. Steinmann 1995: 23) 14
(vgl. Flade 2001: 12). Während des ersten Lebensjahres sind besonders die Hautflächen der Beine und Arme von der Hautkrankheit betroffen. Die Kniekehlen und Armbeugen bleiben bei einem Säugling noch verschont. Laut Höger (2007) könnte aber bei einem Säugling eine Ekzembildung in den Kniekehlen auf das seborrhoisches Ekzem hindeuten (vgl. Höger 2007: 147). Abbildung 4: Milchschorf bei einem Säugling (https://www.ratgeber- hautgesundheit.de/krankheiten/milchschorf/symptome/) Ab dem zweiten Lebensjahr finden wir dann einen Übergang zum Beugenekzem. Das bedeutet, dass bei Kleinkindern vor allem die Kniekehlen, die Armbeugen, der Hals und der Nacken stark betroffen sind. In der Abbildung 5 sieht man deutlich den Unterschied der Verteilung je nach Alter. Ganz links, im Säuglingsalter, kann Neurodermitis am ganzen Körper auftreten und mit den Jahren beschränkt sich die Hautkrankhaut mehr auf die Beugen und Extremitäten. Die Haut bei Kleinkindern zeigt sich oft gerötet und nässt auch manchmal durch die aufgekratzten Bläschen. Aus diesem Grund ziehen Eltern ihren Kindern oft Fäustlinge oder zugenähtes Schlafgewand zum Schlafen an, damit sie sich in der Nacht nicht wundkratzen (vgl. Achenbach 1986: 59). Abbildung 5: Verteilung von Neurodermitis je nach Alter (Sterry 2018: 120) 15
Wenn Jugendliche oder Erwachsene betroffen sind, ist ihre Haut oft sehr trocken und bildet Lichenifikationen (siehe Abb. 6 und 7) aus. Es zeigt sich nämlich, dass bei Kindern das Krankheitsbild sich durch eine stark nässende Haut abzeichnend und bei Erwachsenen tritt vermehrt eine trockene Haut in den Vordergrund. Von Lichenifikation spricht man, wenn sich betroffenen Körperstellen verdicken. Dieses Krankheitsbild ist bei Erwachsenen sehr stark ausgeprägt (vgl. Schürer et al. 1999: 12). Abbildung 7: Lichenifikationen Abbildung 6: Neurodermitis an dem Handgelenk in der Ellenbeuge; stark (Schürer et al. 1999: 14) ausgeprägte Lichenifikation (Cremer, Abeck 2006: 18) Des Weiteren stellte man bei Untersuchungen fest, dass 57 Prozent vor dem ersten und beachtliche 87 Prozent nach dem 6. Lebensjahr Neurodermitis bekommen. Hingegen sind es nur 2 Prozent der Patienten, die nach dem 20. Lebensjahr unter der schmerzhaften Hauterkrankung leiden (vgl. Ring, 1998, zitiert nach Rajka 1989: 51). 3.2 Symptome der Hauterkrankung Die Haut von Neurodermitis Betroffenen reagiert bereits auf alltägliche Umwelteinflüsse sehr sensibel, die gesunde Haut ohne jegliche Probleme überstehen würde. Hitze, Kälte aber auch die falsche Kleidung kann die Haut zusätzlich reizen und die chronische Hauterkrankung verschlechtern. In dem folgenden Kapitel werden die typischen Symptome von Neurodermitis näher beschrieben. 16
3.2.1 Juckreiz Neben der sichtbaren Veränderung der Haut, ist vor allem der Juckreiz eines der Hauptmerkmale von Neurodermitis. Betroffene werden regelrecht gezwungen sich zu kratzen, um den Juckreiz zu lindern. Somit fallen Patienten in eine Spirale, denn das Kratzen der empfindlichen Haut fördert noch mehr die Ausbreitung von Neurodermitis. Die Betroffenen durchleben oft schlaflose Nächte und werden in ihrem Alltag stark eingeschränkt (vgl. Steinmann 1995: 26). Als schnelle Hilfe bei Juckreiz können bereits einfache Hausmittel helfen. So etwa kann man versuchen mit kühlenden Umschlägen dem Juckreiz entgegenzuwirken, indem man mindestens eine viertel Stunde die betreffende Hautstelle kühlt (vgl. Steinmann 1995: 84). Bei extremen Juckreiz werden zur Behandlung Antihistaminika eingesetzt. Sie hemmen das körpereigene Entzündungshormon Histamin (vgl. Steinmann 1995: 88). Weitere Therapieformen bei juckender Haut werden im 4. Kapitel detailliert erklärt. 3.2.2 Hautveränderungen Neben dem Juckreiz spielt auch die Hautveränderung eine große Rolle. Ein häufiges Merkmal bei Neurodermitis ist eine trockene und schuppige Haut. Ebenso entstehen, wie in Abbildung 8 zu sehen ist, gerötete und trockene Haustellen. Dementsprechend fordern die trockenen Hautareale eine richtige Pflege, denn sonst kommt es zu Rissen. Ein weiteres Signal sind Fältchen, die an den schuppigen Hautstellen auftauchen können. Die entstehen durch einen akuten Fett- und Feuchtigkeitsmangel der Haut. Des Weiteren können auch Risse in den Mundwinkel zu beobachten sein (vgl. Steinmann 1995: 28). Abbildung 8: Trockene und gerötete Haut (Höger 2007: 147) 17
Oftmals leiden Betroffene auch unter juckender und geröteter Haut an den Augenlidern, welche anschwellen können. Außerdem wird in einer akuten Phase von Kosmetika abgeraten, welche das Ekzem auf den Augenlidern stark verschlechtern können (siehe Abb. 9). Bei den Erwachsenen sind etwa 20 Prozent der Neurodermitis Patienten von dem Augenekzem betroffen (vgl. Boehncke et al. 2002, zitiert nach Krengel, Kolmel 1996 und Ruzicka, Sundmacher 1999: 58). Abbildung 9: Atopisches Lidekzem (Boehncke 2002: Farbteil ix) Alle Patienten, ganz egal welches Alter sie haben, leiden unter der beeinträchtigten Hautschicht Stratum corneum. Auf Grund einer zu geringen Kalziumkonzentration, die eigentlich vom Stratum basale zum Stratum corneum stark ansteigen sollte, vollzieht sich die Differenzierung der Keratinozyten bei Neurodermitikern unglücklicherweise zu langsam. Dadurch kann die Hautbarriere nicht ihre eigentliche Funktion übernehmen und Erreger von außen können leichter in den Körper eindringen, wie in Abbildung 10 zu sehen ist. Das hat zur Folge, dass der Körper mit einer Entzündung und einer Immunreaktion auf die eingedrungenen Mikroorganismen reagiert. Durch die Aktivierung der Langerhans – Zellen und der trockenen Haut entsteht der Juckreiz. Außerdem sind bei den Betroffenen die Talgdrüsensekretion und Fettsäuren verringert, dadurch erscheint das Hautbild sehr trocken und schuppig. Des Weiteren befinden sich in der Hornschicht bei Neurodermitiker zu wenige Ceramide. Die Lipide Ceramide fungieren wie ein „Mörtel“ zwischen den Zellen und wirken obendrein auch antibakteriell. Durch die veränderte Hornschichtzusammensetzung bei Neurodermitis, braucht man vor allem spezielle Pflegeprodukte, um schmerzhafte Schübe zu vermeiden (vgl. Wenigmann 2017: 451). 18
Abbildung 10: Unterschied einer intakten Hautbarriere (a) und einer gestörten Hautbarriere (b) (Wenigmann 2017: 451) 3.3 Mögliche Risikofaktoren für Neurodermitis Für Betroffene ist es oft sehr schwer, wenn sie ihren Alltag nach der chronischen Hauterkrankung ausrichten müssen. Für viele Menschen ist es aber die einzige Rettung, um mit der Hauterkrankung leben zu können. Durch die richtige Ernährung und die passende Hautpflege, kann man oft schmerzhafte Schübe vermeiden. 3.3.1 Falscher Umgang mit Hautpflege und Waschmittel Menschen mit Neurodermitis, dessen Haut zu Trockenheit neigt, müssen besonders auf die richtige Hautpflege achtgeben. Wie bereits erwähnt, ist die Haut sehr empfindlich, aber auch sehr schuppig, weswegen eine passende Hautpflege unumgänglich ist. Die oberste Hautschicht besteht aus einer Hornschicht, die sehr stabil ist und den Menschen vor äußeren Einflüssen schützen kann. Zwischen den Hornzellen befinden sich Fette, welche die Schutz- und Barrierefunktion aufrechterhalten. Bei Neurodermitikern hingegen funktioniert das Zusammenspiel leider nicht. Der Hornschicht fehlen die so wichtigen Fette, wodurch Partikel von außen eindringen können und einen schmerzhaften Schub auslösen können. Daraus 19
resultiert ein erhöhter Wasserverlust der Haut, wodurch die Haut bei Neurodermitikern sehr trocken ist. (vgl. Achenbach 1986: 60) (vgl. Abeck, Fölster-Holst 2003: 12). Für Betroffene ist deshalb zu beachten, dass häufiges Duschen mit stark parfümierten Duschzusätzen einen großen Nachteil mit sich bringen kann. Besser wäre es, die Haut mit rückfettenden und feuchtigkeitsspenden Duschzusätzen zu waschen und zu pflegen. Außerdem gilt für Neurodermitiker, dass sie möglichst kurz und mit nicht zu heißem Wasser baden sollten. Zu warmes Wasser dringt bei Neurodermitiker in die oberste Hautschicht ein und lässt die Zellschichten aufquellen (vgl. Illing, Groneuer 1991: 77). Ebenfalls werden Ölbäder empfohlen, wo sich das Öl wie ein Film über die Haut legt, und Feuchtigkeit spendet. Ziel einer richtigen Hautpflege ist es nämlich, die Hautbarriere wieder in ihr Gleichgewicht zu bringen, um so schmerzhafte und juckende Hautausschläge zu vermeiden. Besonders in den beschwerdefreien Phasen, wenn die Haut nicht gerötet ist und juckt, rät Achenbach (1986) die empfindliche Haut mit rückfettenden Produkten zu pflegen (vgl. Achenbach 1986: 60) (vgl. Steinmann 1995: 74). Ein weiterer Punkt, der ein Risikofaktor für die Haut darstellt, ist die Verwendung von zu aggressivem Waschmittel. Parfüme und andere Stoffe, die sich in den Waschmitteln befinden, bleiben in der Wäsche hängen und sorgen so für eine Hautreizung. Laut Flade (2001) tut man auch mit „biologischen“ Waschmittel seiner Haut nichts Gutes. Die sogenannten „biologischen“ Waschmittel enthalten eine große Menge an Enzymen, die ebenfalls Hautrötungen und Juckreiz auslösen können. Es wird empfohlen lieber auf Neutralseife aus dem Reformhaus zurückzugreifen. Außerdem wird strengstens von Weichspülern abgeraten, da die darin enthaltenen Duftstoffe die Haut zu sehr reizen würden. Zusammenfassend kann man sagen, dass man jeglichen Kontakt mit parfümierten Pflegeprodukten und Waschmitteln strengstens vermeiden sollte (vgl. Flade 2001: 79 – 80). 3.3.2 Falsche Kleidung Neurodermitiker müssen ebenfalls beim Kauf der Kleidung auf die richtigen Materialien achten. Laut Flade (2001) sollten Betroffene vor allem auf Textilien, wie Wolle und Kunstfaserstoffe verzichten. Die raue Oberfläche der Kleidung würde die Haut zu sehr reizen, wodurch sich das Hautbild drastisch verschlechtern kann. Ebenfalls wird davon abgeraten als Mutter, Kleidungsstücke aus Wolle zu tragen, wenn das eigene Kind unter Neurodermitis leidet. Durch den engen Kontakt mit dem Kind, können ebenfalls Symptome auftreten (vgl. Flade 2001: 80) 20
Wichtig ist, dass man darauf achtet, dass die Kleidung luftdurchlässig und sanft zu der Haut ist. Der Griff zur falschen Kleidung kann nämlich dazu führen, dass starke Irritationen auftreten. Wiederum erleichtert eine gestörte Hautbarriere das Eindringen vieler Erreger, wie zum Beispiel den Staphylococcus aureus. Dieser bekannte Erreger produziert auf der Haut Giftstoffe, die die Hautzellen schädigen. Aus diesem Grund ist Staphylococcus aureus dafür verantwortlich, dass sich das Hautbild bei Neurodermitis drastisch verschlechtert (vgl. Abeck, Fölster-Holst 2003: 14). Etwa bei 90 Prozent der Neurodermitiker lässt sich Staphylococcus aureus auf der Haut nachweisen. Bei gesunder Haut kommt der Erreger nur bei 5 Prozent vor. (vgl. Wenigmann 2017: 452). Beim Kauf neuer Kleidung sollte man auch auf die richtigen Farben achten. Dunkle Farben können sich bei Patienten mit Neurodermitis negativ auf das Hautbild auswirken. Deswegen wird den Betroffenen empfohlen, sich vor allem weiße bzw. helle Baumwollkleidung zuzulegen. Zusätzlich eignen sich für Neurodermitiker Kleidungsstücke aus Seide und unbehandelter Baumwolle. Flade (2001) rät in ihrem Buch, dass Kleidungsstücke aus Baumwolle mindestens viermal vor dem ersten Tragen zu waschen sind, da in den Textilien Rückstände von Formaldehyd enthalten sein können. Das gleiche sollte man mit färbiger Kleidung machen, da diese oft chemisch vorbehandelt werden (vgl. Flade 2001: 80 – 81) (vgl. Abeck et al. 2003: 15) Ebenfalls gut verträglich für Neurodermitiker ist Seide. Der Stoff kühlt im Sommer und sorgt dafür, dass die empfindliche Haut nicht zu viel schwitzt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man als Betroffener mit der richtigen Kleidung gegen juckende und gereizte Haut entgegenwirken kann (vgl. Flade 2001: 81). 3.3.3 Seelischer Faktor Neurodermitis ist zwar keine psychische Erkrankung, aber mittlerweile ist klar, dass die eigene Psyche in einem sehr engen Kontakt mit der Haut steht und so einen Einfluss auf Neurodermitis hat. So schreibt auch Flade (2001), das Körper und Seele untrennbar sind. Denn durch Ärger, Sorgen und auch Stress werden die typischen Symptome für Neurodermitis verstärkt. Aus diesem Grund sollten Betroffene immer darauf achten, dass sie nicht noch zusätzlich Stress und anderen negativen Belastungen ausgesetzt sind (vgl. Flade 2001: 74). Gerade in der Arbeit kann es oft zu Stress- und Konfliktsituationen kommen, die beim Betroffenen einen starken Juckreiz auslösen können. Für den Neurodermitiker wird es unerträglich und er beginnt sich zu kratzen. Das wiederum verschlechtert das Hautbild und die 21
entzündeten Hautstellen können nicht abheilen. Es bildet sich ein Teufelskreis, aus dem der Betroffene nicht mehr aussteigen kann. Nämlich durch das Verschlechtern des Hautbildes, steigt der seelische Druck. Besonders für Kinder ist es oft eine schwierige Situation, wenn sich das Ekzem im Gesicht oder an den Händen zeigt (vgl. Steinmann 1995: 106). Deswegen ist gerade eine seelische Harmonie zwischen dem betroffenen Kind und den Eltern wichtig. Zu Hause sollte das Kind auf keine Konfliktsituationen treffen, die es seelisch noch weiter beunruhigen könnte. Außerdem sind Eltern dafür zuständig, dass sie vor allem bei jüngeren Kindern das Essverhalten und die Pflegeroutine beobachten. Keine Frage, dass es Kindern natürlich oft schwer fällt auf gewisse Lebensmittel zu verzichten, aber nur durch eine konsequente Lebensform kann man den schmerzhaften Symptomen gegensteuern. Viele Neurodermitiker sehen die einzige Hilfe in einer psychotherapeutischen Behandlung. Das Ziel einer solchen Therapie ist es, die negativen und stressigen Momente näher zu besprechen und deren Ursache zu finden. Im Mittelpunkt der Behandlung stehen spezielle Entspannungstrainings. Nur wenn man belastende Umstände im Leben einschränken kann, kann sich das eigene Hautbild bessern (vgl. Steinmann 1995: 106 - 107). 3.4 Ernährung bei Neurodermitis Bei vielen Betroffenen stellt sich im Laufe der Zeit heraus, dass bestimmte Nahrungsmittel sich negativ auf das Hautbild auswirken. Das bedeutet, dass viele Neurodermitiker auf gewisse Lebensmittel verzichten müssen, um einen schmerzhaften Schub zu vermeiden. Denn laut Flade (2001) steht eine Neurodermitis Erkrankung sehr oft in Zusammenhang mit einer Nahrungsmittelallergie. Eine der häufigsten Allergien im Säuglingsalter ist die Kuhmilchallergie (vgl. Flade 2001: 8 – 9). Nicht nur auf bestimmte Nahrungsmittel müssen Betroffene verzichten, sondern oft verschlechtern auch Tierhaare, Hausstaub oder Chemikalien den Hautzustand (vgl. Flade 2001: 11). Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass erwachsene Neurodermitiker etwa in 10 Prozent der Fälle gleichzeitig eine Nahrungsmittelallergie aufweisen. Bei Kindern ist dieser Prozentsatz deutlich höher, denn etwa die Hälfte der Kinder mit Neurodermitis haben auch eine Nahrungsmittelallergie. Bei Säuglingen ist ganz besonders die Ernährung von großer Bedeutung. Treten in der Familie bereits Allergien auf, ist es wichtig, wenn die Mutter ihr Baby so lange wie möglich stillt. Die Muttermilch bietet wichtige Vorteile, die vor allergischen Reaktionen schützen kann. Zwar schützt stillen nicht vor chronischen Erkrankungen, dennoch 22
sind stillende Säuglinge besser vor Neurodermitis geschützt (vgl. Steinmann 1995: 41) (vgl. Hellermann 2004: 72). Viele Betroffene gehen einer Nahrungsmittelallergie selbst auf den Grund, indem sie verdächtige Nahrungsmittel über Wochen meiden. Entwickelt sich nach Wochen wieder ein schmerzhafter Schub, nachdem sie es wieder zu sich genommen haben, können die Betroffenen davon ausgehen, dass dieses Nahrungsmittel eine tragende Rolle bei Neurodermitis trägt (vgl. Steinmann 1995: 34). Laut Illing und Groneuer (1991) enden aber gerade solche selbst durchgeführten „Neurodermitis – Diäten“ oft in Selbsthilfegruppen und stehen, wie in dem unten angeführten Zitat, dem ganzen sehr kritisch entgegen. Schon die Elimination der klassischen Nahrungsmittelallergene (Kuhmilch, Ei, Fisch) führt bei unsachgemäßer Tageskostengestaltung leicht zu einer eklatanten Unterversorgung mit verschiedenen essenziellen Nährstoffen wie z.B. Calcium, Eisen und Folsäure (Illing, Groneuer 1991: 69). Wenn Betroffene über Wochen sämtliche Milchprodukte von ihrem Speiseplan eliminieren, kann diese spezielle Auslassdiät zu Folge haben, dass sie eine zu geringe Aufnahme von Nährstoffen haben. Deshalb wird empfohlen, nur eine überschaubare Anzahl an Lebensmittel wegzulassen, um keinen Nährstoffmangel hervorzurufen. (vgl. Illing, Groneuer 1991: 69). Im Allgemeinen lässt sich keine Diät zusammenstellen, die allen Neurodermitikern helfen wird. Es ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, ob und welche Lebensmittel Schübe hervorrufen können. Neben einer Lebensmittelallergie kann bei Patienten auch eine Lebensmittelunverträglichkeit auftauchen. Laut Steinmann (1995) finden wir bei einer Allergie und einer Unverträglichkeit ähnliche Symptome, obwohl sich der Prozess im Körper stark unterscheidet. Bei einer Lebensmittelallergie tritt eine Reaktion im Körper auf und bildet anschließend IgE Antikörper. Im Gegensatz zu einer Lebensmittelunverträglichkeit, spielt hier das Abwehrsystem keine Rolle. Wenn eine Unverträglichkeit vorliegt, hat der Körper zu wenig Enzyme, um bestimmte Nahrungsmittelbestandteile (Laktose, Fruktose…) abzubauen. Lebensmittel, die eine Unverträglichkeit hervorrufen können, sind z.B. stark säurehaltige Früchte und Gemüsesorten (vgl. Steinmann 1995: 37). 23
3.4.1 Mögliche Schubauslösende Nahrungsmittel Wie bereits erwähnt, kann die richtige Ernährung sich positiv auf Neurodermitis auswirken. Betroffene sollten aus diesem Grund sehr genau ihr Essverhalten beobachten und eventuell auch Tagebuch führen. Als wissenschaftlich erwiesen zeigt sich, dass besonders säurehaltige Obstsorten, wie z. B. Orangen, Zitronen oder Mandarinen, unverträglich für Neurodermitiker sind. Hier wäre es besser, wenn Betroffene das Obst vor dem Verzehr kochen, weil durch die Hitze Allergene zerstört werden (vgl. Flade 2001: 29). Ebenso sollte man beim Kochen auf die Verwendung von Gewürzen achten. Gewürze, wie etwa Chili, Pfeffer oder auch Curry, können schubauslösend wirken und Neurodermitis verschlechtern. Hingegen können Betroffene ohne Bedenken zu Rosmarin, Oregano oder Basilikum greifen. Außerdem sollte man bei Zimt, Nelkengewürz, Knoblauch, Schnittlauch und auch etwa Petersilie vorsichtig sein. Es zeigt sich, dass nicht alle Betroffenen gleich auf diese Gewürze reagieren (vgl. Flade 2001: 33). Ein weiterer wichtiger Punkt, durch den Neurodermitis stark verschlechtert werden kann, sind Obstsäfte und Limonaden. Für Neurodermitiker wird empfohlen, dass sie das Obst selbst auspressen sollten, weil in den gekauften Säften ausschließlich überreife Früchte verarbeitet werden. Des Weiteren befinden sich in den gekauften Produkten Enzyme, welche den Hautausschlag ebenfalls stark fördern können. Aus diesem Grund wird geraten auf die Säfte aus den Supermärkten zu verzichten. Generell wird Neurodermitikern nahegelegt, dass sie auf Lebensmittel und Getränke mit zu viel Zucker verzichten sollten. Große Mengen an Fabrikzucker können einerseits die Darmflora schädigen, aber auch Blähungen verursachen. Außerdem wirken sich Zucker, Fastfood und auch Fertiggerichte entzündungsfördernd auf den Körper aus (vgl. Flade 2001: 34 – 35) (vgl. Steinmann 1995: 50). Wenn Neurodermitiker den Genuss von bestimmten Produkten, wie z. B scharfe Gewürze und Fertiggerichte, einschränken, können sie einer Verschlechterung des Hautbildes gut entgegenwirken. 24
4 Therapieformen Wie bereits vorher in dem Kapitel erwähnt, kann man mit der richtigen Ernährungsumstellung und der passenden Hautpflege schmerzhafte Schübe vermeiden. Bei einer ausgeprägten Form von Neurodermitis, ersetzten solche Basistherapien, wie das Tragen passender Kleidung, keine ärztlichen Behandlungen. Im folgenden Kapitel werden sowohl medikamentöse als auch alternative Behandlungsformen näher betrachtet. 4.1 Medikamentöse Behandlungen Salben und weitere Präparate werden eingesetzt um störende Symptome, wie den Juckreiz zu lindern. Werden Medikamente vom Arzt richtig verschrieben, können sie ihren größten Nutzen entfalten und helfen so den Betroffenen. Hierbei ist es sehr wichtig, dass das ausgewählte Arzneimittel an den Hautzustand angepasst wird, denn eine falsche galenische Zubereitung des Präparates führt zu keinem Erfolg. Um eine optimale Behandlung zu erreichen, werden vor allem Fettsalben verschrieben, die dafür sorgen, dass das Stratum corneum mit Feuchtigkeit versorgt wird. Wiederum bei nässenden Schüben sollte man eine kortikosteroidhaltige Creme verwenden (vgl. Schürer et al. 1999: 56 – 57). „Zur Therapie der behaarten Hautareale eignen sich Lösungen, während die Anwendung von Lotionen oder Pasten in den intertriginösen Bereichen zu empfehlen ist“ (Schürer et al. 1999: 57). Es zeigt sich deutlich, dass eine richtige Anwendung der medizinischen Präparate ausgesprochen wichtig ist. Ohne Anpassung des Arzneimittels an die Körperlokalisation, kann trotz richtiger Zusammensetzung der Wirkstoffe, kein Therapiererfolg möglich sein (vgl. Schürer et al. 1999: 57). Die richtig abgestimmte Lokaltherapie, soll bei Betroffenen den Juckreiz lindern, die gereizte Haut mit Feuchtigkeit versorgen, Schuppen lösen und den Flüssigkeitsverlust mindern (vgl. Illing, Groneuer 1991: 77). 4.1.1 Kortikosteroide Bei den Kortikosteroiden handelt es sich um Hormone aus der Nebennierenrinde, die zu den wichtigsten Medikamenten in der Bekämpfung von juckender und entzündeter Haut von Neurodermitiker zählt. Es stehen 50 verschiedene Kortikosteroide bei einer Therapie zur Verfügung (vgl. Schürer et al. 1999: 63). Die Behandlung mit Kortikosteroide ist auf keinen Fall eine Routinebehandlung, denn es bedarf die Wirkstärke an den Hautzustand des Patienten 25
anzupassen. So etwa werden bestimmte Kortikosteroide, die sich z. B. in der Fettsalbe Advantan befinden, nur sehr langsam aus dem Stratum corneum freigesetzt. Aus diesem Grund sollte man gewisse Salben mit Kortikosteroide nicht öfter als einmal am Tag anwenden (vgl. Schürer et al. 1999: 59 – 60). Ebenso spielt die Körperlokalisation bei der Anwendung von Kortikosteroide eine große Rolle. Hautareale wie das Gesicht und der Genitalbereich haben im Gegensatz zu den Extremitäten eine hohe Durchlässigkeit (vgl. Abeck et al. 2003: 43). Bei einem juckenden Hautausschlag an Händen oder Füßen werden deswegen vom Arzt Salben mit einer starken Wirkung von Kortikosteroiden verschrieben. Wenn aber das Gesicht oder die Augenlider von Neurodermitis betroffen sind, wird eine kürzere Therapie mit einer schwachen Wirkung an Kortikosteroide verschrieben (vgl. Schürer et al. 1999: 60). Kortikosteroide wirken zwar antiproliferativ, stark entzündungshemmend und verbessern rasch das gerötete Hautbild, aber dennoch bringen sie auch einige nicht reversible Risiken mit sich. Folgende Komplikationen können bei einer Therapie mit Kortikosteroiden auftauchen: Teleangiektasien (erweiterte Blutgefäße), Striae und Verdünnung der Haut. Aus diesem Grund werden bei einer längerfristigen Behandlung mit Kortikosteroide keine starke Dosierung empfohlen. Ebenso wird von einer mehrwöchigen Therapie im Gesichts- und Augenbereich abgeraten. Kortikosteroide können das Hautbild durch Pusteln und Akne drastisch verschlimmern. Glücklicherweise bilden sich die meisten Komplikationen nach Wochen wieder zurück, (vgl. Schürer et al. 1999: 70) aber „manifeste Atrophie und Striae sind dagegen im Allgemeinen nicht reversibel“ (Schürer et al. 1999: 70). Eine Alternative zu den Kortikosteroiden stellt eine Therapie mit Tacrolimus dar, dass ein Produkt des Bodenpilzes Streptomyces tsukubaensis ist und ebenfalls antientzündlich wirkt (vgl. Schürer et al. 1999: 126). 4.1.2 Teerpräparate Dieses Präparat wird schon seit Generationen bei juckenden Hautausschlägen verwendet, weil es eine entzündungshemmende und antipruriginöse Wirkung aufweist. Nachdem der Einsatz von Teerpräparaten in den fünfziger Jahren fast vollständig von Kortikosteroiden ersetzt wurde, kommt die Behandlung mit Teerpräparaten aber wieder langsam zurück. Das Teerpräparat selbst wird aus verschiedenen organischen Stoffen (Steinkohle, Braunkohle) hergestellt (vgl. Schürer et al. 1999: 91). 26
Zu Beginn einer Behandlung verschreibt der Arzt meist eine Salbe mit einem geringen Anteil an Wirkstoff. Wenn diese Salbe von der Haut gut vertragen wird, kann der Teeranteil in den Präparaten bis zu 20 Prozent hoch sein (vgl. Steinmann 1995: 79). Laut Steinmann (1995) sollen Teerpräparate in Zusammenhang mit Zink noch größeren Erfolg bei der Behandlung bringen. Diese Präparate fallen vor allem durch ihre dunkelbraune Färbung auf. Hierbei ist aber zu beachten, dass die Hautstellen unter einem Teer – Zink Präparat viel lichtempfindlicher sind und man anfälliger für einen Sonnenbrand ist (vgl. Steinmann 1995: 80). Weitere Untersuchungen in Bezug auf eine Behandlung mit Teerpräparaten haben ergeben, dass sie möglicherweise Krebs auslösen können (vgl. Abeck, Fölster Holst, 2003: 59). Diese Aussage bestätigen ebenfalls Schürer und Ruzicka (1999) in ihrem Buch. Als einen Hauptgrund für die Karzinomentwicklung wird eine lange Selbstbehandlung mit Teerpräparaten beschrieben. Aus diesem Grund sollte eine Teer – Therapie nur vom Arzt verschrieben werden und nicht an nässenden Hautstellen über einen längeren Zeitraum verwendet werden (vgl. Schürer et al. 1999: 98) (vgl. Steinmann 1995: 80). 4.2 Alternative Behandlungen Ein wichtiger Bestandteil neben den ärztlich verschriebenen Präparaten sind alternative Therapieangebote. 4.2.1 Medizinische Ölbäder Das Ziel dieser Ölbäder besteht darin, dass die Haut gleichermaßen mit dem Öl in Kontakt kommt, um eine Rückfettung der trockenen Haut zu erzielen. Die Präparate bestehen zu mindestens 55 Prozent aus fetten Pflanzenölen, die das Hautbild verbessen sollen (vgl. Schürer et al. 1999: 169). Nicht zu vergessen ist, dass Mediziner eine Unterscheidung bei den Ölbädern machen. Es wird zwischen Spreitungsölbäder und Emulsionsölbädern unterschieden. ➔ Spreitungsölbäder: Bei Verwendung dieses Badezusatzes schwimmt das Öl auf der Wasseroberfläche. Das bedeutet, dass das Öl beim Ein- und Aussteigen aus der Badewanne gleichmäßig am Körper des Betroffenen verteilt wird. Die enthaltenen Lipide verteilen sich an der Wasseroberfläche. (vgl. Schürer et al. 1999: 170). 27
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