Energie Wirtschaftliche Tagung 2022 Die Kerze brennt von beiden Seiten - Liquiditätssicherung entlang der Lieferkette

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Energie Wirtschaftliche Tagung 2022 Die Kerze brennt von beiden Seiten - Liquiditätssicherung entlang der Lieferkette
RA Dr. Henrik Bremer
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

       Energie Wirtschaftliche Tagung 2022
           Die Kerze brennt von                                         Liquiditätssicherung
              beiden Seiten                                            entlang der Lieferkette

© WIRTSCHAFTSRAT Recht – Bremer Woitag Rechtsanwaltsgesellschaft mbH                 Stand: 29.09.2022   1
Energie Wirtschaftliche Tagung 2022 Die Kerze brennt von beiden Seiten - Liquiditätssicherung entlang der Lieferkette
Energie Wirtschaftliche Tagung 2022
Vortragsstruktur

    Die Kerze brennt von beiden Seiten:
    Liquiditätssicherung entlang der Lieferkette

Teil 1: Absatzseite                                                    Teil 2: Beschaffungsseite

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RA Dr. Henrik Bremer
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

         Teil 1: Absatzseite
           Die Kerze brennt von                                         Liquiditätssicherung
              beiden Seiten                                            entlang der Lieferkette

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Absatzseite
Gliederung

           I. Aktuelle Lage

           II. Herausforderungen Stadtwerke
                  1.   Versorgungsunterbrechung nach § 19 StromGVV
                  2.   Anfechtbarkeit von Endkundenverträgen
                  3.   Insolvenzanfechtung
                  4.   Verdeckte Gewinnausschüttung bei Energielieferungen an zahlungsunfähige Kunden?

           III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze
                  1. Lösungsansatz 1
                  2. Lösungsansatz 2
                  3. Lösungsansatz 3

           IV. Conclusio

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I. Aktuelle Lage

      I.
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I. Aktuelle Lage

    ▪ Durch die extrem hohen Energiepreise kommt es zu einem großen
         Kontrahentenrisiko auf allen Seiten.

    ▪ Auf der Beschaffungsseite entstehen hohe Zusatzkosten für die Ersatzbeschaffung
         insbesondere von Gas → Grund: Russischer Lieferstopp
           • Stadtwerke müssen im OTC Geschäft immer höhere Sicherheiten leisten um
              Strom- und Gasmengen zu handeln.

    ▪ Auf der Verbraucherseite wird damit gerechnet, dass es in den kommenden
         Monaten in 5 bis 15% der Verträge zu einem Zahlungsausfall kommen wird, weil
         die Kunden die hohen Abschlagszahlungen nicht mehr leisten können oder wollen.

    ➢ Es steigen somit auf der einen Seite die Kosten für die Beschaffung von Energie,
         gleichzeitig drohen massive Zahlungsausfälle auf der Seite der Endverbraucher.

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I. Aktuelle Lage

    ▪ Im Ergebnis droht in vielen Fällen die Zahlungsunfähigkeit der Stadtwerke.

    ▪ Jedenfalls wird sich die Finanzlage der Stadtwerke insgesamt drastisch
        verschlechtern.

    ▪ Erste Stadtwerke befinden sich bereits in finanzieller Schieflage.

    ▪ Gas ist ohnehin schwierig → siehe Konsultation BMWK / IDW (Marge / Wert).

    ▪ Wir sind erst am Beginn der Krise, schwierig wird vor allem auch der Weg heraus
        (Warmer kurzer Winter, nachhaltig nachgebende Energiepreise).

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II. Herausforderungen

     II.
                 Herausforderungen Stadtwerk/Endkunde
        1.    Versorgungsunterbrechung nach § 19 StromGVV
        2.    Anfechtbarkeit von Endkundenverträgen
        3.    Insolvenzanfechtung
        4.    Verdeckte Gewinnausschüttung bei Energielieferungen an zahlungsunfähige
              Kunden?

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II. Herausforderungen

    ▪ Aus der Energiekriese ergeben sich gleich mehrere rechtliche Fragestellungen, die
        es hinsichtlich der finanziellen Lage der Stadtwerke zu klären gilt:

    1. Versorgungsunterbrechung nach § 19 StromGVV

    ▪ Bietet sich nicht als nachhaltige Lösung für die Energiekrise und die Krise der
        Stadtwerke an.

    ▪ An rechtlich engen Voraussetzungen geknüpft.

    ▪ Insbesondere muss vor einer Versorgungsunterbrechung ein Angebot für eine
        Abwendungsvereinbarung gemacht werden, § 19 Abs. 5 StromGVV → Dabei
        handelt es sich um eine zinsfreie Ratenzahlungsvereinbarung über die
        Zahlungsrückstände und eine Weiterversorgung auf Vorauszahlungsbasis nach
        § 14 Abs. 1 u. 2 StromGVV.

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II. Herausforderungen

    ▪ Nimmt der Kunde das Angebot an, darf die Versorgung nicht unterbrochen werden
        → Angesichts der weitersteigenden Energiepreise bietet dies weder eine schnelle
        noch langfristige Lösung.

    ▪ Darüber hinaus muss eine Versorgungsunterbrechung verhältnismäßig sein.

    ▪ Es ist nicht höchstrichterlich geklärt, wann eine Versorgungsunterbrechung im
        Winter verhältnismäßig ist. Vielmehr hat sich eine Kasuistik herausgebildet, die
        z. B. im Falle einer Familie mit fünf minderjährigen Kindern eine Stromsperre im
        Winter für unverhältnismäßig hält. Auch in anderen Fällen wurde aufgrund der
        persönlichen Lebensverhältnisse eine Unterbrechung für unverhältnismäßig
        gehalten (Rathmer, EWeRK 2019, 229 (230)).

    ➢ Erhebliche Rechtsunsicherheit.

    ➢ Eine massenhafte Unterbrechung der Versorgung ist politisch nicht gewollt und
        könnte über dies zu erheblichen gesellschaftlichen Verwerfungen führen.

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II. Herausforderungen

    2. Anfechtbarkeit von Endkundenverträgen

    ▪ Anfechtung von Endkundenverträgen nach Zahlungsausfall in Einzelfällen denkbar.

    ▪ In Betracht kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB
        • Eine arglistige Täuschung gem. § 123 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn jemand bei
               einer anderen Person vorsätzlich einen Irrtum hervorruft, um ihn zur Abgabe
               einer Willenserklärung zu veranlassen.

    ▪ Die Täuschung kann durch Vorspiegelung falscher Tatsachen, aber auch durch
        einfaches Verschweigen einer Tatsache hervorgerufen werden.

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II. Herausforderungen

    ▪ In diesem Zusammenhang liegt eine arglistige Täuschung vor, wenn Kunden bei
        Vertragsschluss über die eigene finanzielle Leistungsfähigkeit in dem Wissen
        täuschen, die auflaufenden Kosten nicht tragen zu können (sog.
        Eingehungsbetrug).

    ▪ Alternativ kann sich die Täuschung auf den Willen richten, die entstehenden
        Kosten bezahlen und den Vertrag erfüllen zu wollen.

    ▪ Freilich kommt die Anfechtung wegen Arglist nur für einen Teil der
        Vertragsverhältnisse in Betracht, in denen es zu einem Zahlungsausfall kommt. Es
        scheiden jedenfalls die Vertragsverhältnisse aus, bei denen die Preiserhöhungen
        nach Vertragsschluss erfolgt sind. Auch bei Neuverträgen kann die Anfechtung von
        vornherein ausscheiden, wenn die Kunden ihre Abschlagszahlungen zunächst
        leisten und es erst später zu einem Zahlungsausfall kommt.

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II. Herausforderungen

    ▪ Hinzu kommen praktische Probleme:
       • Beweislast des Versorgers für die arglistige Täuschung

           • Keine Lösung des Finanzierungsproblems

           • Anfechtung einer Vielzahl von Verträgen, für Stadtwerke als öffentliche
               Unternehmen politisch zweifelhaft

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II. Herausforderungen

    3. Insolvenzanfechtung
    ▪ Im Rahmen von Ratenzahlungsvereinbarungen der Stadtwerke mit ihren
        Endkunden stellt sich die Frage, ob sie im Falle der Insolvenz dieser Endkunden
        eine Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. InsO riskieren.

    ▪ Grundsatz: Der Insolvenzverwalter kann Zahlungen eines Schuldners an einen
        Gläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückverlangen, wenn beide
        Seiten zum Zeitpunkt der Zahlungen wussten, dass der Schuldner nicht alle seine
        Gläubiger bezahlen kann, also Zahlungsunfähig ist.

           • Hier relevant: §§ 130, 132 InsO
                  o Anfechtbar ist nach § 130 InsO eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger
                      Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem
                      Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der
                      Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die
                      Zahlungsunfähigkeit kannte.

                  o Im Falle des § 132 InsO sind Geschäfte anfechtbar, die Gläubiger unmittelbar benachteiligen.
                      Auch hier kommt es aber auf die Kenntnis des begünstigten Gläubigers im Zeitpunkt der
                      Vornahme des Geschäfts an.

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II. Herausforderungen

    3. Insolvenzanfechtung

    ▪ Seit der Reform im Jahr 2017 darf jedoch aus dem Abschluss von
        Ratenzahlungsvereinbarungen oder der Gewährung von Zahlungserleichterungen
        nicht mehr hergeleitet werden, dass der Gläubiger Kenntnis von der
        Zahlungsunfähigkeit hatte (Ehmann, GWR 2018, 81).

    ▪ Es gilt umgekehrt die Vermutung, dass der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit nicht
        kannte.

    ▪ Das Risiko einer Insolvenzanfechtung ist somit überschaubar, aber nicht
        ausgeschlossen.

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II. Herausforderungen

    4.         Verdeckte Gewinnausschüttung                            bei   Energielieferungen   an
               zahlungsunfähige Kunden?

    ▪ Eine weitere Frage ist, ob ein Forderungsverzicht von Stadtwerken gegenüber
         ihren Kunden eine verdeckte Gewinnausschüttung im Verhältnis zu ihrer
         Trägerkörperschaft darstellen kann, einerseits für den Fall, dass die Stadtwerke a)
         aufgrund politischen Drucks und andererseits für den Fall, dass sie b) aufgrund
         gesetzlicher Anordnung auf die Beitreibung der Forderungen verzichten.

    ▪ Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. v.
         § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG eine Vermögensminderung oder verhinderte
         Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist , sich auf
         die Höhe des Unterschiedsbetrages gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1
         KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung
         steht. Außerdem muss der zu beurteilende Vorgang geeignet sein, beim
         Gesellschafter einen Beteiligungsertrag i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
         auszulösen.

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II. Herausforderungen

    a) Vermögensminderung /Verhinderte Vermögensmehrung

    ▪ Der Forderungsverzicht stellt unstreitig eine verhinderte Vermögensmehrung dar.
        Sie liegt vor, wenn sich das Vermögen (=Eigenkapital) der Körperschaft – obwohl
        dies bei „normaler“ Behandlung hätte der Fall sein müssen, nicht erhöht hat; die
        Vermögensminderung ist mit Hilfe der Steuerbilanz zu ermitteln, wie sie ohne
        Berücksichtigung der Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 unter Anwendung des
        Maßgeblichkeitsgrundsatzes aufzustellen ist.

    ▪ BFH Urteile vom 14.09.1994, BStBl. 1997 II S. 89, vom 18.12.1996, BFH/NV 1997 S.
        237, und vom 24.03.1998, BFH/NV 1998, S. 1374.

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II. Herausforderungen

    b) Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und Vorliegen eines
         Beteiligungsertrages

    ▪ Die verhinderte Vermögensmehrung ist auch durch das Gesellschaftsverhältnis
        veranlasst.

    ▪ Eine verhinderte Vermögensmehrung kann nur dann zu einer verdeckten
        Gewinnausschüttung führen, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
        ist. Entscheidend für die Veranlassung ist, ob sie auch bei einem Geschäft mit
        einem Nichtgesellschafter eingetreten wäre. Eine verdeckte Gewinnausschüttung
        liegt demnach immer nur dann vor, wenn ein Gesellschafter einen
        Vermögensvorteil erhält, den ein Nichtgesellschafter nicht erhalten hätte. Dieser
        Zusammenhang wird i. d. R. durch den sog. „Fremdvergleich“ ermittelt; dabei dient
        als Vergleichsmaßstab die Beziehung zwischen einem (gedachten) ordentlichen
        und gewissenhaften Geschäftsleiter und einem fremden Dritten.

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II. Herausforderungen

    ▪ Die staatliche Einflussnahme der Trägerkörperschaft auf die Stadtwerke ist Ursache
        für den Forderungsverzicht gegenüber den Kunden. Nicht staatlich gelenkte
        Unternehmen hätten aufgrund fehlender Einflussnahme des Staates nicht auf
        Abschlagsforderungen verzichtet. Die verhinderte Vermögensmehrung hält einem
        Fremdvergleich nicht stand.

    ▪ BFH Urteil vom 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131; BFH Urteil vom 28.6.2006 –
        I R 108/05, BFH/NV 2007, 107; BFH Urteil vom 22.12.2010 – I R 47/10, BeckRS
        2011, 95131; BFH Urteil vom 24.8.2011 – I R 5/10, BeckRS 2012, 94019.

    ▪ BFH Urteil vom 10.07.1996, BStBl. 1997 II S. 2330 m. w. N.

    ▪ BFH Urteil vom 13.7.1994 – I R 112/93, BStBl. II 1995, 198.

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II. Herausforderungen

    c) Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG
    ▪ Die Ausbuchung der Abschlagsforderungen führt auch zu einer steuerrechtlich
        relevanten Gewinnminderung der Gesellschaft.

    ▪ Eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 KStG kann nur dann erfolgen, wenn sich der
        Vorgang gewinnmindernd ausgewirkt hat; es ist nur das zu korrigieren, was vorher
        zu einer bilanziellen Gewinnminderung geführt hat oder hätte führen können.

    ▪ Der Ausbuchung der Abschlagsforderungen gegenüber den Kunden der Stadtwerke
        führt zu einer direkten Forderungsabschreibung für das jeweilige Wirtschaftsjahr.
        Die direkte Abschreibung hat zur Folge, dass in der Steuerbilanz auf der Aktivseite
        nicht der Nennwert, der Forderungen ausgewiesen wird, sondern der niedrigere
        Teilwert. Der Unterschiedsbetrag wird außerhalb der Steuerbilanz gem. § 8 Abs. 3
        S. 2 KStG hinzugerechnet.

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II. Herausforderungen

    d) Abgrenzung zur offenen Gewinnausschüttung

    ▪ Die verhinderte Vermögensmehrung steht auch in keinem Zusammenhang mit
        einer     offenen      Ausschüttung,    sondern                erfolgt   außerhalb   der
        gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung.

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II. Herausforderungen

    e) Zusatzvoraussetzungen bei beherrschenden Gesellschaftern

    ▪ An Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern werden erhöhte Anforderungen
        gestellt. Verlangt wird, dass klare und eindeutige, zivilrechtlich wirksame im Voraus
        abgeschlossene Vereinbarungen mit dem beherrschenden Gesellschafter vorliegen
        und auch entsprechend dieser Vereinbarungen verfahren wird.

    ▪ Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist insbesondere nur dann anzunehmen, wenn
        eine an sich klare und von Vornherein mit dem beherrschenden Gesellschafter
        abgeschlossene Vereinbarung tatsächlich nicht durchgeführt wird.

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II. Herausforderungen

    ▪ Gemessen hieran wird der Forderungsverzicht aufgrund politischen Drucks eine
        verdeckte Gewinnausschüttung begründen kann.

               ➢ Der         Forderungsverzicht eines beherrschenden Gesellschafters
                      rechtfertigt die Annahme eines nicht durchgeführten Vertrages, wenn die
                      äußeren Umstände des Verzichts den Rückschluss auf das Fehlen einer
                      von Anfang an ernstlich gewollten Verbindlichkeit der Gesellschaft
                      erlauben.

               ➢ Nicht durchgeführte Gewinnausschüttungen an die Trägerkörperschaft
                      sind lediglich dann unschädlich, wenn sie sich zwangsläufig aus der
                      Situation der Gesellschaft ergeben. Nicht erfasst werden hingegen
                      externe Faktoren, welche die Gesellschaft zum Forderungsverzicht
                      gegenüber ihren Kunden bewegen.

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II. Herausforderungen

    f) Zusammenfassung und Ergebnis

    ▪ Ein Forderungsverzicht von Stadtwerken gegenüber ihren Kunden stellt eine
        verdeckte Gewinnausschüttung im Verhältnis zu ihrer Trägerkörperschaft dar,
        sowohl für den Fall, dass die Stadtwerke aufgrund politischen Drucks und auch für
        den Fall, dass sie auf die Beitreibung der Forderungen verzichten.

    ▪ Der Forderungsverzicht stellt eine verhinderte Vermögensmehrung dar, die durch
        das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und sich gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m.
        § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und nicht im Zusammenhang mit einer offenen
        Gewinnausschüttung steht.

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II. Herausforderungen

    ▪ Auch die Zusatzanforderungen bei beherrschenden Gesellschaftern liegen vor,
        insbesondere wird bei einem Forderungsverzicht aufgrund politischen Drucks oder
        gesetzlicher Anordnung eine mit dem beherrschenden Gesellschafter
        abgeschlossene Vereinbarung nicht durchgeführt, denn:

               ➢ Der Forderungsverzicht lässt den Rückschluss auf eine von vornherein
                     nicht ernstlich gewollte Verbindlichkeit der Gesellschaft zu.

               ➢ Unschädlich ist ein Forderungsverzicht nur, wenn er sich aus der Situation
                     der Gesellschaft und nicht aufgrund externer Faktoren wie politischer
                     Einflussnahmen oder qua Gesetz ergibt.

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    III.
              Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze
        1. Lösungsansatz 1
        2. Lösungsansatz 2
        3. Lösungsansatz 3

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    1. Lösungsansatz 1

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    a) Rechtliche Einordnung
    ▪ Beim ersten Lösungsansatz handelt es sich rechtlich betrachtet um echtes
        Factoring → Die rechtliche Einordnung des Factoring ist nicht einheitlich, wird
        jedoch regelmäßig als Forderungskauf gem. §§ 433, 453 BGB klassifiziert.

    ▪ Beim Factoring handelt es sich um eine Finanzdienstleistung im Sinne des § 1 Abs.
        1a Nr. 9 Kreditwesengesetz (KWG) → Der Factor muss daher ein von der BaFin
        zugelassenes Finanzdienstleistungsunternehmen sein.

    ▪ Der Factor kauft somit die Forderungen der Stadtwerke. Die Stadtwerke treten auf
        Grundlage eines Rahmenvertrags im Wege der Globalzession alle bestehenden und
        künftigen Forderungen gem. §§ 398 ff. BGB an den Factor ab. Dieser zahlt den
        Stadtwerken einen entsprechenden Kaufpreis, der sich an der Höhe der
        Forderungen, der eigenen Marge und dem Ausfallrisiko des Forderungsportfolios
        richtet.

    ▪ Der Factor übernimmmt beim echten Factoring auch das Delkredere-Risiko von
        den Stadtwerken. Ihm wiederum würde die KFW das Delkredere-Risiko abnehmen,
        damit der Factor sich am Kapitalmarkt refinanzieren kann.

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Absatzseite
III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    b) Praktische Schwierigkeiten

    ▪ Dass die KFW das Haftungsrisiko für den Factor übernimmt, setzt den notwendigen
        politischen Willen voraus.

    ▪ Die Stadtwerke werden zwar auf der Einnahmen-Seite entlastet. Auf der Seite der
        Endkunden ändert sich an der Zahlungsfähigkeit jedoch nichts → Am Ende dürfte
        die KFW für einen erheblichen Teil der ausgefallenen Forderungen einzustehen
        haben.

    ▪ In diesem Lösungsansatz ist vorgesehen, das Forderungsmanagement bei den
        Stadtwerken zu belassen. Im Gegensatz zum bisherigen Marktumfeld bedarf es bei
        einer hohen Anzahl notleidender Verträge und dem fortgesetzten Factoring einer
        Vielzahl    von     Forderungen      eines     wesentlich    umfangreicheren
        Forderungsmanagements.

    ▪ Es ist nicht davon auszugehen, dass kleinere und mittlere Stadtwerke diese
        Herausforderung werden bewältigen können.
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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    c) Umstrukturierung des Forderungsmanagements

    ▪ Es wäre zu empfehlen, das Forderungsmanagement entweder ebenfalls auf den
        Factor zu übertragen, oder diesen Teil des Rechnungswesens an einen externen
        Dienstleister abzugeben.

    ▪ Zu denken wäre entweder daran, dass mehrere Stadtwerke ein eigenes
        Unternehmen hierzu gründen, oder das Rechnungswesen an einen bestehenden
        Dienstleister wie z.B. EEG Energie- Einkaufs- und Service GmbH abzugeben.

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    2. Lösungsansatz 2

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    a) Rechtliche Einordnung

    ▪ Der Lösungsansatz 2 beinhaltet rechtlich zwei Rechtsgeschäfte → Eine Bank oder
        Zweckgesellschaft gewährt den Endkunden ein Darlehen in Höhe von bspw. 2.000
        Euro zu einem niedrigen Zinssatz und löst dafür die Verbindlichkeiten der
        Endkunden bei den Stadtwerken in gleicher Höhe ab.

    ▪ Es handelt sich also einerseits um eine Leistung auf fremde Schuld und
        andererseits um die Gewährung eines Darlehens. Im Falle von Verbrauchern
        handelt es sich im Grundsatz um ein Verbraucherdarlehen im Sinne von § 491 BGB.
        Da es sich bei dem Kreditgeschäft um ein klassisches Bankgeschäft handelt, ist
        hierfür eine Banklizenz nötig, sofern eine Zweckgesellschaft hierfür gegründet
        werden soll, § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG.

    ▪ Auch hier übernimmt die KFW das Haftungsrisiko für die Zweckgesellschaft oder
        Bank, damit diese sich am Markt günstig refinanzieren kann.

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    b) Praktische Schwierigkeiten

    ▪ Auch hier setzt es wieder politischen Willen voraus, dass die KFW das
        Haftungsrisiko übernimmt.

    ▪ Größer ist das bankaufsichtsrechtliche Problem:
           • Geplant ist insbesondere eine Ablöse von Verbindlichkeiten von Endkunden, die selbige
               nicht mehr bedienen können.

           • § 18a Abs. 1 KWG verlangt aber, dass die Kreditinstitute vor Abschluss eines
               Verbraucherdarlehensvertrags die Kreditwürdigkeit des Darlehensnehmers prüfen.

           • Gem. § 18a Abs. 1 S. 2 KWG darf das Kreditinstitut den Verbraucherdarlehensvertrag nur
               dann abschließen, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass keine
               erheblichen Zweifel an der Kreditwürdigkeit bestehen.

           • Umkehrschluss: Bestehen erhebliche Zweifel,               darf   das   Kreditinstitut   den
               Verbraucherdarlehensvertrag nicht abschließen.

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    ▪ Sollen aber gerade Forderungen abgelöst werden, die seitens der Endkunden nicht
        mehr bedient werden können, ist der Default bereits eingetreten. Liegt ein
        Zahlungsausfall vor, muss die Bonitätsprüfung negativ ausfallen.

    ▪ § 505a Abs. 1 BGB statuiert die zivilrechtliche Pflicht zur Bonitätsprüfung
        wortgleich zum § 18a Abs. 1 KWG und auch ein Verbot, bei einem negativen
        Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung einen Kreditvertrag abzuschließen (BeckOK
        BGB/Möller, 63. Ed. 1.5.2022, BGB § 505a Rn. 5).

    ▪ Die zivilrechtlichen Folgen des Verstoßes regelt § 505d BGB:
           • Insbesondere heißt es in § 505d Abs. 2 BGB: Kann der Darlehensnehmer Pflichten im
               Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag nicht vertragsgemäß erfüllen, so kann der
               Darlehensgeber keine Ansprüche wegen Pflichtverletzung geltend machen, wenn der
               Vertrag bei ordnungsgemäßer Bonitätsprüfung nicht hätte geschlossen werden dürfen.

    ▪ Daran ändert auch das Zwischenschalten einer Zweckgesellschaft nichts, da auch
        dahinter stets ein Kreditinstitut stehen muss, welches gem. KWG zur Kreditvergabe
        berechtigt ist.
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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    c) Gestaltungsmöglichkeit

    ▪ Alternative wäre, den Rechtsrahmen für ein Förderdarlehen zu schaffen, mit dem
        man Endkunden, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können, „fördert“.
        Gemäß § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB gilt ein Förderdarlehen nicht als
        Verbraucherdarlehen.

    ▪ Abs. 2 S. 2 Nr. 5 nimmt Verbraucherdarlehensverträge aus, die mit einem
        begrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem
        Interesse abgeschlossen werden und für den Darlehensnehmer hinsichtlich der
        Bedingungen günstiger sind als es dem marktüblichen Durchschnitt entspricht bzw.
        die den marktüblichen Sollzinssatz nicht überschreiten.

    ▪ Somit können Förderdarlehen vergeben werden, ohne die ansonsten zwingend
        vorgeschriebene Bonitätsprüfung (so auch BTDrucksache 18/11420, S. 4).

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    ▪ Der Darlehensvergabe müssten Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse
        zugrunde liegen. Das sind alle Normen, die der Förderung eines
        gesamtgesellschaftlichen Anliegens dienen, MüKoBGB/Schürnbrand/Weber, 8.
        Aufl. 2019, BGB § 491 Rn. 81 → Hierzu müsste der Gesetzgeber den
        entsprechenden Rechtsrahmen setzen. In diesem Fall wäre eine Kreditvergabe
        möglich.

    ▪ Die Stabilisierung der Stadtwerke sowie die Sicherstellung der Energieversorgung
        der Bevölkerung als Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge ist als im öffentlichen
        Interesse liegend zu betrachten.

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    ▪ Das Tatbestandsmerkmal des begrenzten Personenkreises iSd Abs. 2 S. 2 Nr. 5
        erfordert nicht, dass in der Person des Darlehensnehmers besondere
        Voraussetzungen vorliegen müssten. Die Begrenzung kann auch durch sachliche
        Förderkriterien sichergestellt werden (BeckOK BGB/Möller, 63. Ed. 1.8.2022, BGB §
        491 Rn. 91).

    ▪ Vergleich zu KFW Krediten während Corona: Auch hier wurden Förderdarlehen
        vergeben, um Liquiditätsengpässe zu verhindern. Insofern dürfte eine Finanzierung
        von Energiekosten als Förderdarlehen rechtlich abzubilden sein.

    ▪ Voraussetzung: Politischer Handlungswille zur Schaffung entsprechender
        Förderrichtlinien.

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    3. Lösungsansatz 3

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III. Rechtliche Einschätzung der Lösungsansätze

    a) Einordnung

    ▪ Gleicher Ansatz wie zuvor, nur dass die Hausbanken der Endkunden die
        Darlehensvergabe dezentral übernehmen, anstatt einer zentralen Stelle.

    ▪ Die rechtliche Ordnung bleibt letztlich gleich. Auch die bankaufsichtsrechtliche
        Problematik ändert sich nicht.
          • Ein Umschiffen dieser Problematik ist hier ebenfalls durch eine Ausgestaltung
            als Förderdarlehen möglich.

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Absatzseite
IV. Conclusio

    IV.
                                                        Conclusio

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Absatzseite
IV. Conclusio

    ▪ Lösungsansätze können Beitrag zur Sicherung der Solvenz der Stadtwerke leisten.

    ▪ Sämtliche Ansätze begegnen jedoch praktischen wie rechtlichen Schwierigkeiten,
        die zunächst ausgeräumt werden müssen.

    ▪ Der politische Wille zu deren Umsetzung ist notwendig. Darüber hinaus reduziert
        sich der zeitliche Spielraum für die Umsetzung zunehmend.

    ▪ Zur Lösung der Krise insgesamt können die Ansätze allenfalls einen Beitrag leisten.

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Absatzseite
IV. Conclusio

    ➢ Dass sich ein immer größerer Berg an notleidenden Forderungen auftürmt und
        immer mehr Haushalte zahlungsunfähig werden, wird sich nur durch eine aktive
        staatliche Preispolitik, flankiert durch einen Rettungsschirm für die Stadtwerke
        verhindern lassen.

                                                         Erwartete Entwicklung
                                                          offener Forderungen
                                          (kummuliert)
                                          Forderungen

                                                                       Zeit

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RA Dr. Henrik Bremer
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

       Teil 2: Beschaffungsseite
           Die Kerze brennt von                                         Liquiditätssicherung
              beiden Seiten                                            entlang der Lieferkette

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Beschaffungsseite
Gliederung

           I.      Erhöhter Investitionsbedarf
                  1.      Felder
                         a)     E-Mobilität
                         b)     Energiewende
                         c)     Erzeugung (PV-Solar)
                         d)     Instandhaltung
                         e)     Breitband
                  2.      Budgetproblem

           II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung
                  1.   Beschaffungsstrategie der Stadtwerke
                  2.   Aktuelle Herausforderungen bei der Beschaffung
                  3.   Problem: Besicherung
                  4.   OTC-Verträge in der Insolvenz
                  5.   Ausblick in die Zukunft

           III. Conclusio
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Beschaffungsseite
I. Erhöhter Investitionsbedarf

      I.
                                  Erhöhter Investitionsbedarf
        1.      Felder
               a) E-Mobilität
               b) Energiewende
               c)   Erzeugung (PV-Solar)
               d) Instandhaltung
               e) Breitband
        2.      Budgetproblem

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Beschaffungsseite
I. Erhöhter Investitionsbedarf

    1. Felder

    e) Breitband

    ▪ Jüngst verkündete die Landgemeinde Bleicherode aus Vorsorge für die
        Energiekrise, dass sich die Bewohner hinsichtlich des Breitbandausbau gedulden
        müssten
         ➢ Man versuche damit seine Einrichtungen durch die Krise zu bringen
         • Nichtsdestotrotz sind weitere Sitzungen beplant, in denen beschlossen
            werden soll, welcher Anbieter den Ausbau übernehmen wird

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

     II.
                Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung
        1.    Beschaffungsstrategie der Stadtwerke
        2.    Aktuelle Herausforderungen bei der Beschaffung
        3.    Problem: Besicherung
        4.    OTC-Verträge in der Insolvenz
        5.    Ausblick in die Zukunft

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    ▪ Stadtwerke haben nicht nur beim Beschaffen von Gas große Schwierigkeiten,
        sondern auch beim Absichern der entsprechenden Geschäfte. Dies führt zu der
        paradoxen Situation, dass selbst profitable Unternehmen unter Druck geraten
        können.

    1. Beschaffungsstrategie der Stadtwerke

    ▪ Stadtwerke beschaffen vorausschauend, frühzeitig und risikoavers. Oberstes Ziel ist
        die Versorgungssicherheit der Kunden.

    ▪ Energiemengen werden zwei bis drei Jahre im Voraus (Terminmarkt) zu einem
        festen Preis eingekauft, um nicht extremen Schwankungen am Spotmarkt
        ausgesetzt zu sein.
           • Dafür werden mehrheitlich die OTC-Handelsplätze genutzt. Der zentrale Vorteil beim
               OTC-Handel ist die große Flexibilität. So können die Handelspartner beim Over the
               Counter Trading ihr Handelsvolumen, den Zeitraum und ggf. zu hinterlegende
               Sicherheiten frei aushandeln. Dazu kommen in der Regel geringere Kosten.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    ➢ Absicherung einer Transaktion im OTC-Handel:
           • Verkäufer und Käufer vereinbaren, dass 8760 MWh für EUR 700.800 geliefert
               werden (EUR 80,00 je MWh). Beide Parteien vertrauen sich und verzichten
               auch Sicherheiten für das Geschäft. Zu dem vereinbarten Zeitpunkt liefert der
               Verkäufer und der Käufer begleicht monatlich seine Rechnung.

           • Kennen sich Verkäufer und Käufer nicht oder handelt es sich um große
               Handelsvolumen, werden Sicherheiten verlangt. Vertragsannahmen wie oben.
               Wenn der Preis nun bis zum Zeitpunkt der Lieferung auf EUR 110/MWh steigt,
               ändert sich auch der Wert des Geschäfts für beide Vertragsparteien. Für den
               Käufer hat der Vertrag damit einen Wert von +30 Euro/MWh. Für den
               Verkäufer liegt der Wert bei -30 Euro/MWh. Wird der Verkäufer bis zum
               Liefertermin insolvent, so verliert der Käufer 30 Euro für jede MWh. Der
               Verkäufer stellt damit für den Käufer ein „Exposure“ von EUR 30,00 pro MWh
               dar. Unter Exposure werden im Finanzwesen die Verlust- und Gewinnchancen
               eines Investments bezeichnet. Dasselbe gilt umgekehrt für den Verkäufer, falls
               der Preis sinkt. Sollte der Käufer zum Lieferzeitpunkt nicht mehr in der Lage
               sein abzunehmen und zu bezahlte, so müsste er zu einem niedrigeren Preis an
               einen anderen Abnehmer verkaufen.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

           • Um die Exposures, also das Ausfallrisiko des Geschäftspartners abzusichern,
               vereinbaren die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrags, sich gegenseitig
               Sicherheiten zu stellen. Dies können beispielsweise liquide Mittel oder
               Bankgarantien sein. Während der Vertragslaufzeit wird die Preisentwicklung
               beobachtet und entschieden ob zusätzliche Sicherheiten gestellt werden
               müssen oder geleistete Sicherheiten zurückgegeben werden können. In der
               Regel werden dazu alle bestehenden Geschäfte gegeneinander aufgerechnet.

    ▪ Einige Stadtwerke handeln auch an der Börse. Terminhandel an der Börse bedingt
        laufende Sicherheitszahlungen, die das Erfüllungsrisiko der Handelspartner durch
        die zeitliche Differenz absichern (z B. Clearing oder Margin).

           ➢ Absicherung einer Transaktion über die Börse:
           Die Vertragsparteien müssen bei Geschäftsabschluss liquide Mittel als Sicherheit
           („Margin“) bei einer Clearingstelle hinterlegen. Bei den meisten Börsen machen
           dies die Marktteilnehmer nicht direkt. Zwischen ihnen und die Clearingstelle tritt
           eine Bank, die über ausreichend Liquidität verfügt („Clearing Bank“) und die
           Sicherheitenstellung organisiert. Hierdurch entsteht beim Abschluss des
           Börsengeschäfts kein Kreditrisiko, es müssen aber zwei Arten von Sicherheiten
           bei Abschluss derartiger Verträge bedient werden:

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

           • „Initial Margin“: Wird bei Abschluss des Geschäfts hinterlegt. Deckt das
               Kreditrisiko ab und kann bei Bedarf während der Laufzeit des Vertrags
               angepasst werden. Dies ist der Fall, wenn der Marktpreis stark zu schwanken
               beginnt. Durch die Zahlungen sollen Preisschwankungen abgefedert werden,
               welche im Falle der Insolvenz eines Marktteilnehmers für die Glattstellung
               seiner Position benötigt wird. Je stärker die Marktschwankungen, desto höher
               die Sicherheitsleistungen.

           ➢ Bsp.: Verkäufer hat vor einem Jahr Energie zu einem Preis von EUR 40/MWh
               verkauft. Die Börse nimmt eine tägliche Preisänderung von +/- EUR 2/MWh
               an. Der Verkäufer muss eine Sicherheit von EUR 2/MWh stellen. Die Volatilität
               der Energiepreise hat in der Zwischenzeit derart zugenommen, dass die Börse
               mit Preisschwankungen von +/- EUR 40/MWh rechnet. Der Verkäufer muss
               nun für das gleiche Geschäft eine „Initial Margin“ von EUR 40/MWh leisten. Er
               muss 20 mal mehr Liquidität aufbringen, um das Geschäft aufrecht erhalten zu
               können.

           • „Variation Margin“: Täglicher Ausgleich der Gewinne und Verluste.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    ▪ Kurzfristiger Mehrbedarf der Stadtwerke wird über Spotmärkte gehandelt. Im
        Spotmarkt handelt es sich um eine zeitnahe Lieferung, der eine unmittelbare
        Bezahlung folgt.

    ➢ Preisbildung: Auf der Erzeugerseite bestimmen die kurzfristigen Erzeugungskosten
        des letzten Kraftwerks, welches die Nachfrage deckt, den Preis. Alle Erzeuger
        erhalten diesen Preis und alle Abnehmer müssen diesen Preis zahlen. Die
        Preiselastizität auf Käuferseite ist sehr gering. Dies bedeutet, dass die Nachfrage
        nur gering auf Preisveränderungen reagiert.

    ➢ Stadtwerke müssen auch bei hohen Preisen am Spotmarkt für ihre Kunden kaufen,
        um diese weiterhin beliefern zu können. Dennoch wirkt sich ein geringerer Bedarf
        durch Effizienzmaßnahmen in der Industrie oder Einsparungen in Haushalten auf
        die Nachfrage aus und wirkt preissenkend.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    2. Aktuelle Herausforderungen bei der Beschaffung

    ▪ OTC-Handel/Termingeschäfte:
       • Bedingt durch die Marktentwicklung drastische Reduzierung der Anzahl der
               Großhandelsanbieter. Im Extremfall nur noch ein Handelspartner
               → Kein Wettbewerb.
           •   Forderung nach Sicherheitsleistungen nun auch hier fast immer.
           •   Kein Angebot von langfristigen Verträgen zu annehmbaren Konditionen.

    ▪ OTC-Handel/Spotmarkt
       • Auf Grund der aktuellen Marktsituation sind die Preise an den Spotmärkten
               auf den höchsten Ständen seit Beginn des Börsenhandels. Entsprechend hohe
               Sicherheitsleistungen. Stark zugenommene Preisvolatilität.
                 ➢ Problem: Durch die Insolvenzen der Billiganbieter rutschen immer mehr
                    Endkunden in die Grundversorgung. Das bedeutet für die Stadtwerke
                    mehr Energieverbrauch als geplant und mehr Einkäufe auf dem
                    Spotmarkt.
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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    ▪ Handel an der Börse/Termingeschäft/Spotmarkt:
       • Hohe Sicherheiten. Steigt der Marktpreis sehr schnell und schwankt dabei
             stark, muss der Verkäufer gleichzeitig per Variation Margin den Verlust des
             Marktwertes ausgleichen als auch Zahlungen für eine Anhebung der Initial
             Margin leisten („Margin Call“).
           • Preisexplosion auch hier.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    ▪ Zusammenfassung:
       • Liquiditätsrisiko im OTC-Handel durch geforderte Sicherheitsleistungen.

           • Liquiditätsrisiko an Börse durch geforderte Sicherheitsleistungen.

           • Sicherheiten die eigentlich zum Schutz der Marktteilnehmer gedacht sind,
               bewirken bei starken Preisschwankungen unter Umständen das Gegenteil,
               nämlich den Ausfall von Vertragsparteien.

           • Kontrahentenausfallrisiko bei Geschäften außerhalb der Börse.

           • Preisänderungsrisiken bei der Beschaffung auf Spotmärkten.

           • Stadtwerke werden auf Spotmarkt gedrängt. Vorteile einer strukturierten
               Beschaffung im Sinne von Preissicherheit für die Endkunden gehen verloren.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    3. Problem: Besicherung

    ▪ Was passiert, wenn Stadtwerke die Sicherheiten nicht mehr bedienen können?
       ➢ Ausschluss aus dem Markt?

    ▪ Staatliche Hilfen
        • Für die Unternehmen die an der Börse (z.B. EEX) handeln, besteht bereits ein
               Rettungsschirm. Auch kommunale Energieversorger sind antragsberechtigt,
               wenngleich eine für Stadtwerke – als Nettokäufer an der Börse – sehr
               relevante Einschränkung besteht.
           •   Für den außerbörslichen OTC-Handel existiert bislang kein Rettungsschirm.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    ▪ Forderungen zur Vermeidung von Insolvenzen:
       • Bürgschaftsprogramm zur Stabilisierung des OTC-Handels, insbesondre auf
               Grund Besicherungsforderungen.

           • Erleichterter Zugang zum Marging-Programm der KfW-Bank.

           • Hilfsprogramm der KfW muss auch das für die Käuferseite relevante Risiko aus
               sinkenden Preisen abdecken.

           • Liquiditätshilfen, evtl. eigenkapitalstärkende Maßnahmen.

           • Insolvenzmoratorium.

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    4. OTC-Verträge in der Insolvenz

    ▪ Netting-Klausel: Durch Netting wird erreicht, dass im Insolvenzfall alle noch
        laufenden und unter einem Rahmenvertrag zusammengefassten Geschäfte
        gemeinsam beendet, bewertet und zu einem Betrag verrechnet („genettet“)
        werden. Ziel: Verrechneten Geschäfte sollen nicht dem Wahlrecht des
        Insolvenzverwalters unterliegen. Der Insolvenzverwalter könnte ansonsten bei
        Anwendbarkeit von § 103 InsO auf die Erfüllung ihm günstiger, laufender
        Geschäfte bestehen und hinsichtlich ungünstiger Geschäfte auf die Quote
        verweisen (so genanntes „Cherry-Picking“).

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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    Ausgangssituation vor B‘s Insolvenz (tagesaktuelle Bewertung der offenen Geschäfte;
    hypothetische Forderung bei angenommener vorzeitiger Beendigung):

                                            A‘s Forderung aus Deal 1: 10 Mio €

                      A                                                                                                                                    B

                                            B‘s Forderung aus Deal 2: 13 Mio €

© WIRTSCHAFTSRAT Recht – Bremer Woitag Rechtsanwaltsgesellschaft mbH    Quelle: Fried in Schwintowski/Scholz/Schuler, OTC-Verträge in der Insolvenz, Rn. 515
                                                                                                                                                               59
Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    Situation ohne vertragliches oder gesetzliches Netting nach B‘s Insolvenz
    (Insolvenzverwalter macht von Wahlrecht Gebrauch):

                                            A‘s Forderung aus Deal 1: 1 Mio €
                                      (bei Reduzierung der eigentlichen Forderung
                                         von 10 Mio € auf Quote von z.B. 10%)

                      A                                                                                                                                         B

                                                   B‘s Forderung: 13 Mio €

                                               Netto-Forderung B‘s: 12 Mio €

© WIRTSCHAFTSRAT Recht – Bremer Woitag Rechtsanwaltsgesellschaft mbH         Quelle: Fried in Schwintowski/Scholz/Schuler, OTC-Verträge in der Insolvenz, Rn. 515
                                                                                                                                                                    60
Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    Situation mit Netting nach B‘s Insolvenz:

                                                   A‘s Forderung: 10 Mio €

                      A                                                                                                                                         B

                                                   B‘s Forderung: 13 Mio €

                                       Netto-Forderung B‘s nach Netting: 3 Mio €

© WIRTSCHAFTSRAT Recht – Bremer Woitag Rechtsanwaltsgesellschaft mbH         Quelle: Fried in Schwintowski/Scholz/Schuler, OTC-Verträge in der Insolvenz, Rn. 515
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Beschaffungsseite
II. Herausforderungen der Stadtwerke bei der Beschaffung

    5. Ausblick in die Zukunft

    ▪ Da zu Spitzenzeiten des Strombedarfs oft Gaswerke den Preis am Day-Ahead-
        Markt bestimmen, ist damit zu rechnen, dass geringe Gasimporte im Winter zu
        Gas- als auch Strompreisen führen werden, die neue Rekorde brechen.

    ➢ Folgende Risiken können die Knappheitssituation verstärken:
       • langer und kalter Winter,
       • verringertes Angebot von LNG wegen steigender Nachfrage in Asien,
       • keine Reduktion der Gasnachfrage in Europa,
       • vollständiger Lieferstopp von russischem Gas,
       • geringe Verfügbarkeit der französischen Kernkraft.

    ▪ Was passiert, falls Knappheitssituation nicht eintritt, Stadtwerke sich allerdings mit
        teurer Energie ausreichend eingedeckt haben?

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III. Conclusio

    III.
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Beschaffungsseite
III. Conclusio

    ▪ Der Anlass für die gefährliche Situation ist nicht der tatsächliche Gasmangel.
        Stattdessen geht es um große Geldsummen, die Strom- und Gashändler täglich hin-
        und herüberweisen. Je höher die Energiepreise steigen, desto höher sind diese
        Summen. Immer mehr Konzernen fehlt schlich das Geld um an dem
        Handelsgeschehen teilnehmen zu können. Der norwegische Energiekonzern
        Equinor warnt, dass es im europäischen Energiehandel um eine Summe von 1,5
        Billionen Dollar gehen könnte.

    ▪ Finanzielle Unterstützungsmaßnahmen müssen möglichst weit oben in der
        Lieferkette ansetzte um die Konsequenzen der Preisweitergabe zumindest zu
        begrenzen.

    ▪ Es sollte eine Überprüfung stattfinden, ob die gesellschaftsrechtliche Struktur des
        Unternehmens krisenfest ist (auch noch „nach der Krise“).

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www.wr-recht.de
                                                                          info@wr-recht.de

                                                                      Standort Hamburg
                                                                        Bleichenbrücke 11
                                                                          20354 Hamburg

                                                                       Tel.: 040 / 350036-0

                                                                                   Hinweise
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