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MEDIZIN Originalarbeit Epidemiologie des akuten Leberversagens Ergebnisse einer populationsbasierten Studie mit Daten von 25 Millionen gesetzlich Versicherten Nina Weiler, Andreas Schlotmann, Andreas Anton Schnitzbauer, Stefan Zeuzem, Martin-Walter Welker D as akute Leberversagen (ALV) ist eine potenziell Zusammenfassung reversible Leberfunktionsstörung, welche durch Ikterus, Koagulopathie (International Normali- Hintergrund: Das akute Leberversagen (ALV) tritt plötzlich auf und ist mit einer ho- zed Ratio [INR] > 1,5) und hepatische Enzephalopathie hen Mortalität vergesellschaftet. Ziel der Studie war es, die Inzidenz des ALV mithil- ohne vorbestehende Lebererkrankung charakterisiert fe der Abrechnungsdaten von 25 Millionen Versicherten der größten gesetzlichen ist (1). Es wird als selten angesehen und ist durch eine Krankenversicherung in Deutschland zu ermitteln. sehr hohe Mortalität gekennzeichnet, wenn keine Methode: Die Analyse schloss alle Versicherten im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis Lebertransplantation (LT) durchgeführt wird (2–4). Da- zum 31. Dezember 2018 ein. Die Kodierung mit den „International Statistical Classi- her ist die ärztliche Kenntnis des Krankheitsbildes fication of Diseases and Related Health Problems”-Codes und der Operationen- wichtig, um Patienten frühzeitig an ein Transplanta- und Prozedurenschlüssel wurden zur Identifikation von Patienten eingesetzt. Zu- tionszentrum weiterzuleiten. Da es keine nationalen sätzlich wurden Alter, Geschlecht, Lebertransplantationen (LT) und Tode gezählt so- Register gibt, ist die genaue Inzidenz mehr oder weni- wie auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Als Validitätsprüfung wurden die ger unbekannt. Bisher gibt es lediglich auf Kohorten- extrapolierten mit den tatsächlich durchgeführten Lebertransplantationen verglichen. studien basierende Schätzungen, während populations- basierte Untersuchungen selten sind (5, 6). Ergebnisse: Die Inzidenz betrug 1,13/100 000 Personenjahre bei 4 652 Fällen. Die Ursachen des ALV umfassen toxische, virale, Frauen waren häufiger betroffen (52 % versus 48 %, p < 0,001). Die Gesamtsterb- autoimmune und – selten – vererbbare Lebererkrankun- lichkeit innerhalb von 3 Monaten lag bei 47 %. Weiterhin wurden 203 Transplanta- gen. In Europa, Nordamerika und Japan sind die häu- tionen in 176 Patienten erfasst. 41 % der Transplantationen wurden bei Männern figsten Ursachen des ALV eine medikamentös-toxische und 59 % bei Frauen vorgenommen (p = 0,137). Die 1-Jahres-Mortalität nach LT lag Leberschädigung („drug induced liver injury“ [DILI]), bei 20 %. Die 203 extrapolierten Transplantationen korrespondierten mit 228 durch- geführten Transplantationen. akute virale Hepatitiden sowie das kryptogene Leber- versagen (2–4). Die Bedeutung der viralen Hepatitiden Schlussfolgerung: Die Inzidenz des ALV war höher als erwartet, mit einer sehr hat in den letzten Jahren, unter anderem durch Impfpro- niedrigen Rate an konsekutiv durchgeführten Lebertransplantationen trotz einer gramme, abgenommen (4). Dennoch, in Entwicklungs- sehr hohen Mortalität. Bei einer Hochrechnung auf die deutsche Bevölkerung ländern bleibt die virale Hepatitis die häufigste Ursache muss beachtet werden, dass die Versicherten der analysierten Krankenkasse kei- (7). Seltene Ursachen weltweit sind die autoimmune ne Stichprobe darstellen. Hepatitis und der Morbus Wilson (8, 9). Bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), der Zitierweise größten Krankenversicherung in Deutschland, waren Weiler N, Schlotmann A, Schnitzbauer AA, Zeuzem S, Welker MW: Mitte 2018 bundesweit etwa 26,5 Millionen Menschen The epidemiology of acute liver failure—results of a population-based study versichert, was ungefähr einem Drittel der deutschen including 25 million state-insured individuals. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 43–50. Bevölkerung entspricht (10, 11). DOI: 10.3238/arztebl.2020.0043 Ziel der Studie war es, mithilfe der Abrechnungsda- ten der AOK die Inzidenz des ALV in Deutschland zu erfassen. Darüber hinaus wurden Ursachen, Geschlech- terverteilung, Verschreibung von Medikamenten vor dem ALV, Mortalität und die konsekutive Durchfüh- rung von Lebertransplantationen untersucht. Methode Studiendesign Das deutsche Gesundheitssystem basiert auf gesetzli- cher und privater Krankenversicherung (12). Der größte Medizinische Klinik 1, Universitätsklinikum Frankfurt: Dr. med. Nina Weiler, Teil der Bevölkerung ist gesetzlich versichert, wobei Prof. Dr. med. Stefan Zeuzem, PD Dr. med. Martin-Walter Welker der gesetzliche Versicherungsschutz durch verschiedene Wissenschaftliches Institut der Allgemeinen Ortskrankenkasse, Berlin: Dr. med. Andreas Schlotmann Krankenversicherungen angeboten wird (13). Wir un- Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Universitätsklinikum Frankfurt: tersuchten die Inzidenz des ALV in Deutschland mithil- Prof. Dr. med. Andreas Anton Schnitzbauer fe der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten, die in Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020 43
MEDIZIN KLINISCHER ASPEKT Das akute Leberversagen ● Definition Das akute Leberversagen (ALV) ist eine potenziell reversible, aber lebensbedrohliche Leberfunktionsstörung, welche durch Ikterus, Koagulopathie und hepatische Enzephalopathie ohne vorbestehende Lebererkrankung charakterisiert ist. ● Ursachen Die häufigsten Ursachen in westlichen Ländern sind Einnahme hepatotoxischer Substanzen und akute Virushepatitiden. Zu den Medikamenten, die häufig mit einem ALV in Verbindung gebracht werden, gehören unter anderem Paracetamol, Phen- procoumon, Ibuprofen, Diclofenac, Amoxicillin, Ciprofloxacin, Levofloxacin, Cotrimoxazol, Nitrofurantoin und Carbamazepin, Phytotherapeutika sowie Nahrungsergänzungsmittel. Drogen wie zum Beispiel Ecstasy oder der Knollenblätterpilz können auch ein ALV auslösen. Bei einem relevanten Anteil der Patienten bleibt die Ursache unklar (kryptogenes ALV). ● Klinisches Erscheinungsbild und Verlauf Die Patienten präsentieren sich mit Ikterus, zunehmender Somnolenz und Verwirrung sowie grobschlägigem Händezittern, dem sogenannten „flapping tremor“, bis hin zum Koma. Laborchemisch zeigen sich eine Erhöhung der Transaminasen, des Bilirubins, des Ammoniaks sowie die International Normalized Ratio > 1,5. Als Komplikationen können andere Organversa- gen, ein Hirnödem oder Blutungen auftreten. ● Therapie Patienten mit ALV sollten stationär überwacht und, soweit möglich, kausal behandelt werden, zum Beispiel mit Acetylcystein bei Paracetamol-Intoxikation. Eine Intensivtherapie ist häufig im Verlauf erforderlich. Die sogenannten King´s-College-Kriterien definieren das Leberversagen mit Indikation zur Lebertransplantation. Dann stellt die Lebertransplantation eine lebensret- tende Maßnahme dar. Patienten sollten daher zeitnah zur Beurteilung in einem Lebertransplantationszentrum vorgestellt werden. Extrakorporale Leberunterstützung („Leberdialyse“) verbessert das Überleben nicht. der größten gesetzlichen Krankenversicherung in Im Detail wurden alle Patienten, welche bei Entlas- Deutschland versichert sind. Die Ergebnisse wurden auf sung mit der Hauptdiagnose K72.0 „akutes und sub- die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Als Validitäts- akutes Leberversagen“ für eine stationäre Behandlung prüfung wurden die extrapolierten LT mit den tatsäch- kodiert wurden, erfasst. Datensets wurden wieder ge- lich in Deutschland durchgeführten LT (nach Abfrage löscht, wenn gleichzeitig folgende Diagnosen ambulant bei Eurotransplant) verglichen. oder stationär kodiert wurden: K72.1 „chronisches Le- Die Studie wurde in Einklang mit der Deklaration berversagen“; K74 „Leberzirrhose“; K70.3 „alkoholi- von Helsinki durchgeführt und vorab durch die hiesige sche Leberzirrhose“; K70.4 „alkoholisches Leberversa- Ethikkommission geprüft und genehmigt. gen“; P78.8 „kongenitale Leberzirrhose“; K76.1 „cirr- hose cardiaque“; K71.7 „toxische Leberkrankheit mit Datenanalyse und Epidemiologie Leberzirrhose“; C22 „bösartige Neubildung der Leber Die Daten wurden prospektiv von der AOK erhoben und der intrahepatischen Gallengänge“; C23 „bösartige und in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Insti- Neubildung der Gallenblase“; C24 „bösartige Neubil- tut der AOK (WIdO) anonymisiert untersucht. Die dung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile der Analyse schloss alle Patienten ein, welche ununterbro- Gallenwege“; C78.7 „sekundäre bösartige Neubildung chen vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2018 der Leber und der intrahepatischen Gallengänge“. Um bei der AOK versichert waren, aber auch Patienten, sicherzustellen, dass nur inzidente Fälle erfasst wurden, welche in dem Zeitraum geboren wurden oder verstor- wurden alle Patienten die zwei- oder mehrfach inner- ben sind. Um Patienten mit ALV zu identifizieren, wur- halb von 3 Monaten mit K72.0 kodiert wurden, nur ein- den die an die AOK übermittelten ICD-10-GM-Codes malig aufgenommen. Die auf die Weise identifizierten, („International Statistical Classification of Diseases inzidenten Fälle wurden unter Anpassung von Ge- and Related Health Problems, 10th revision, German schlecht und Alter auf die Gesamtbevölkerung hochge- Modification“) genutzt. rechnet (Grafik 1). Diese Extrapolation wird bei staatli- Um fälschlicherweise mit ALV kodierte Patienten mit chen Statistiken und Analysen des deutschen Gesund- chronischer und alkoholischer Lebererkrankung oder heitssystems angewandt (11). primären und sekundären Karzinomen der Leber auszu- schließen, wurden Nebendiagnosen, welche eine bereits Ursachen und Überleben zuvor bestehende Lebererkrankung anzeigen, genutzt, Die Datensets der Patienten mit ALV wurden benutzt, um die primäre Datenabfrage anzupassen. Der Operatio- um Geschlecht, Alter zum Zeitpunkt der Diagnose und nen- und Prozedurenschlüssel (OPS) wurde genutzt, um Nebendiagnosen (Ursachen des ALV und chronische Patienten mit Evaluation und/oder LT zu identifizieren. Erkrankungen) zu bestimmen. Verschreibungen von 44 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020
MEDIZIN GRAFIK 1 ~25 Millionen AOK-Versicherte Fälle mit der Diagnose K72.0 für eine stationäre Behandlung Fälle mit den Diagnosen K70.3, K70.4, K71.7, K72.1, K74, K76.1, P78.8, C22, C23, C24, C78.7 für eine ambulante oder stationäre Behandlung alle Fälle mit akutem Leberversagen Fälle kodiert mit K72.0 für eine ambulante oder stationäre Behandlung in den letzten 3 Monaten inzidente Fälle mit akutem Leberversagen Extrapolation* inzidente Fälle mit akutem Leberversagen in der Gesamtbevölkerung in Deutschland Untersuchung der Ursachen Patienten mit B15, B16, B17.0, Patienten mit Patienten mit Patienten mit K71.1, K71.2, K71.6, Patienten mit keine B17.1, B17.2, B25.1, B27 E83.0 I82.0 K71.9, T36–T50 mit T39.1, T62 K 75.4 Nebendiagnose Bestimmung der Inzidenz des akuten Leberversagens in Deutschland 2014–2018 AOK – Allgemeine Ortskrankenkasse *Die Extrapolation wurde anhand einer Statistik der Gesamtbevölkerung durchgeführt. Alter und Geschlecht wurden angepasst. Medikamenten innerhalb von drei Monaten vor Kodie- transplant wurde analog der Erhebung bei der AOK rung des Codes K72.0 wurden auf potenziell hepatoto- durchgeführt. Patienten mit gleichzeitig kodierten xische Medikamente, welche als mögliche Ursache des chronischen Lebererkrankungen wurden ausgeschlos- ALV publiziert wurden (2, 14–18), überprüft und mit sen. den Verschreibungen in der Allgemeinbevölkerung verglichen. Die definierten Tagesdosen („defined daily Statistik doses”) wurden nicht berücksichtigt; Patienten mit Inzidenz, Geschlecht, Alter, Nebendiagnosen, Tod und mindestens einer Verschreibung von potenziell hepato- Durchführung einer LT werden als deskriptive Statistik toxischen Medikamenten wurden einmal für ein 3-Mo- präsentiert. Geschlechterverteilung, Mortalität und Ver- nats-Intervall gezählt. schreibung von Medikamenten wurden mit einem Alle Patienten mit ALV wurden auf Kodierung zweiseitigen Binominaltest verglichen (19). Für die Be- mit den folgenden OPS-Codes überprüft: 1–920.24 rechnung wurden exakte Zahlen benutzt, in diesem „vollständige Evaluation, mit Aufnahme eines Patien- Beitrag werden gerundete Zahlen dargestellt. ten auf eine Warteliste zur Lebertransplantation”; 1–920.34 „Re-Evaluation, mit Aufnahme oder Ver- Ergebnisse bleib eines Patienten auf eine(r) Warteliste zur Leber- Epidemiologie transplantation“; 1–920.04 „vollständige Evaluation, Insgesamt wurden im untersuchten Zeitraum, vom ohne Aufnahme eines Patienten auf eine Warteliste zur 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2018, 4 652 Fälle mit Lebertransplantation“; 1–920.14 „teilweise Evaluati- ALV identifiziert (Tabelle 1), resultierend in einer mitt- on, ohne Aufnahme eines Patienten auf eine Warteliste leren Inzidenz von 1,13 pro 100 000 Personenjahre. zur Lebertransplantation“; 1–920.44 „Re-Evaluation, Diese 4 652 Fälle traten bei 4 621 Patienten auf; mit Herausnahme eines Patienten aus einer Warteliste von diesen waren 2 188 Männer, welche somit im Ver- zur Lebertransplantation“; 5–504 „Lebertransplantati- gleich zur Gesamtbevölkerung unterrepräsentiert wa- on“. Mögliche konsekutive Todesfälle wurden als Tod ren (47 %; p = 0,009). Das mediane Alter der Patienten innerhalb von 3 Monaten nach Kodierung der Diagno- mit ALV war 60 Jahre (Spannbreite 0–101). Das ALV se K72.0 oder innerhalb von 12 Monaten nach Kodie- trat am häufigsten in der 9. Dekade auf (Grafik 2), aber rung des OPS 5–504 definiert. Die Abfrage bei Euro- 64 % der Patienten waren jünger als 70 Jahre (20). Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020 45
MEDIZIN TABELLE 1 Inzidenz des akuten Leberversagens in Deutschland 2014–2018 Jahr Frauen Männer Alle Fälle Frauen Männer Gesamt- Inzidenz/100 000 bevölkerung 2014 449 419 867 41 362 080 39 835 457 81 197 537 1,07 2015 499 394 893 41 661 561 40 514 123 82 175 684 1,09 2016 437 388 825 41 824 535 40 697 118 82 521 653 1,00 2017 522 534 1 056 41 948 786 40 843 565 82 792 351 1,28 2018 532 479 1 011 42 052 522 40 966 691 83 019 213 1,22 2014–2018 4 652 1,13*2 *1 alle Fälle mit akutem Leberversagen 2014–2018 *2 mittlere Inzidenz 2014–2018 GRAFIK 2 Fälle/100 000 Personenjahre 3,0 2,82 Frauen Männer 2,66 2,5 2,35 1,99 2,0 1,48 1,5 1,01 1,0 0,86 0 90 0,90 0,82 0,5 0,36 0,31 0,0 0–9 10–19 20–29 30–39 40–49 50–59 60–69 70–79 80–89 90–99 100–109 Alter in Jahren Altersverteilung für die Inzidenz des akuten Leberversagens in Deutschland im Zeitraum 2014 – 2018 Ursachen und Nebendiagnosen Überleben Für die Mehrheit der Patienten mit ALV (56 %) wurde Von 4 621 Patienten starben 2 166 innerhalb von 3 Mo- keine Nebendiagnose kodiert, die zur Bestimmung naten (47 %), 1 071 Männer (49 % der Männer) und der Ursache des Leberversagens herangezogen wer- 1 095 Frauen (45 % der Frauen; p = 0,055). OPS-Codes den konnte (eTabelle). Die bei Patienten mit ALV und für eine Evaluation wurden bei 188 von 4 621 Patienten in der Allgemeinbevölkerung verschriebenen, poten- (4,1 %) kodiert, wobei in diesen 188 Patienten 209 ziell hepatoxischen Medikamente sind in Tabelle 2 Evaluationen mit und ohne Listung kodiert wurden. dargestellt. Weiterhin wurden 203 LT in 176 Patienten identifi- Von 4 621 Patienten mit ALV wurden bei 33 % ein ziert (176/4 621; 3,8 %). Von den 176 Patienten waren Diabetes mellitus, bei 26 % eine koronare Herzer- 73 Männer (41 % versus 59 %; p = 0,137). Das mittlere krankung und bei 25 % bösartige Neubildungen für Alter der transplantierten Patienten betrug 33 Jahre eine ambulante oder stationäre Behandlung kodiert (Spannbreite 0–66). Im ersten Jahr nach Transplanta- (eTabelle). tion verstarben 34 von den 176 Patienten (19,5 %), 46 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020
MEDIZIN TABELLE 2 Verschreibungen hepatotoxischer Medikamente bei Patienten mit akutem Leberversagen (n = 4 621 Patienten) im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung*1 Patienten mit ALV*3 Allgemeinbevölkerung*4 Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung Hepatotoxische Medikamente (n) (% of all) (n) (% of all) (%) (p) Schmerzmittel Ibuprofen*2 310 6,7 7 145 928 8,7 −1,97 < 0,001 Diclofenac 77 1,7 2 177 394 2,6 −0,98 < 0,001 2 Paracetamol* 34 0,7 991 534 1,2 −0,47 0,017 Antibiotika Amoxicillin 122 2,6 2 035 862 2,5 0,17 0,481 Ciprofloxacin 139 3,0 1 031 971 1,3 1,76 < 0,001 Trimethoprim/ Sulfamethoxazol 71 1,5 405 784 0,5 1,04 < 0,001 Levofloxacin 39 0,8 289 716 0,4 0,48 < 0,001 Nitrofurantoin 16 0,3 114 144 0,1 0,21 0,002 andere Medikamente Phenprocoumon 67 1,5 829 865 1,0 0,45 0,006 Carbamazepin 7 0,1 207 871 0,3 −0,11 0,221 Zytostatika-Zubereitungen 87 1,9 101 846 0,1 1,77 < 0,001 Alle 4 621 82 341 288 ALV – akutes Leberversagen *1 Für den Vergleich wurde ein zweiseitiger Binominaltest durchgeführt. *2 Nur Verschreibungen. Freiverkäufliche Medikation ist nicht eingeschlossen. *3 Zahl der Patienten mit ALV mit mindestens einer Verschreibung innerhalb von 3 Monaten vor der Kodierung des ALV. *4 Zahl der Patienten mit mindestens einer Verschreibung wurde im untersuchten Zeitraum 2014–2018 für alle Quartale erfasst. Die mittlere Zahl der Patienten in den Quartalen wird dargestellt. 7 Männer (10 % der Männer) und 27 Frauen (26 % der Die wesentliche Schlussfolgerung unserer Analyse Frauen; p = 0,035). Das mittlere Alter der verstorbenen ist, dass die Inzidenz in Deutschland höher ist, als zu- Patienten betrug 38 Jahre (Spannbreite 1–57). vor geschätzt (23), aber vergleichbar mit den Vereinig- Zur Validitätsprüfung wurden die tatsächlich ten Staaten von Amerika (24), jedoch niedriger als vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2018 durch- kürzlich für Taiwan und Thailand berichtet (5, 22). geführten LT bei Eurotransplant erfragt (Arjan van Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Taiwa- Enckevort, Eurotransplant International Foundation nesische Inzidenz auch das ALV bei akuter alkoholi- [request@eurotransplant.org], persönliche Kommu- scher Hepatitis einschloss, welches vom ALV im enge- nikation via E-Mail, 19. September 2019); 357 Pa- ren Sinne zu unterscheiden ist (25). Eine Übersicht tienten wurden in Deutschland mit der Diagnose über die aktuelle Datenlage gibt Tabelle 4. K72.0 gelistet, inklusive der Patienten mit Listung zur Außerdem wurden LT trotz einer ausgesprochen ho- Re-Transplantation (Tabelle 3). Bei diesen Patienten hen Mortalität nur selten durchgeführt. Zuvor publi- wurden 228 Transplantationen durchgeführt, inklusi- zierte Daten zur Rate an LT in Patienten mit ALV sind ve Re-Transplantationen. selten und spiegeln häufig nur bestimmte Kohorten wieder (26); die Raten variieren zwischen 0 % und Diskussion 23 % (15, 26–29). Im Vergleich zu Kohortenstudien Das akute Leberversagen ist eine schwerwiegende war das mediane Alter der Patienten höher (17, 18), Leberfunktionseinschränkung, deren Inzidenz mehr aber ähnlich zu Patienten in Japan (28) und Patienten oder weniger unbekannt ist (4). In der vorgelegten Stu- mit DILI (30, 31) sowie zu der populationsbasierten, die berichten wir nach Auswertung der dokumentierten taiwanesischen Studie (5). Unter Annahme einer Al- Diagnose- und Behandlungsdaten von ungefähr tersgrenze für LT von 70 Jahren (20) waren die meisten 25 Millionen Versicherten und Hochrechnung auf die Patienten potenzielle Kandidaten für eine Transplanta- Gesamtbevölkerung von 83 Millionen Menschen über tion. Allerdings wurden nur 4,1 % der Patienten evalu- das ALV in Deutschland (10), was – nach unserer iert und 3,8 % der Patienten wurden transplantiert. Die Kenntnis – die bisher größte populationsbasierte Studie niedrige Zahl der Evaluationen kann durch das übliche zum ALV darstellt (5, 21, 22). Abrechnungsverfahren erklärt werden, da Transplanta- Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020 47
MEDIZIN TABELLE 3 schlossen. Allerdings zeigen die Nebendiagnosen ei- ne hohe Rate an anderen Malignomen und auch koro- Bei Eurotransplant zur Lebertransplantation gelistete Patienten narer Herzkrankheit bei Patienten mit ALV. Durch die aus Deutschland mit der Diagnose K72.0 in den Jahren 2014 – 2018, inklusive Patienten mit Re-Listung* Datenabfrage wurde auch das akute alkoholische Le- berversagen ausgeschlossen. Trotzdem wurden die Ergebnis Patienten Diagnosen F10 „psychische und Verhaltensstörung verstorben 82 durch Alkohol“ bei 14,4 % und die alkoholische Le- abgemeldet 38 bererkrankung (ohne alkoholische Leberzirrhose und alkoholisches Leberversagen) bei 4,2 % der Patienten noch auf der Warteliste 9 kodiert. Weiterhin kann für die niedrige Rate an transplantiert 228 Transplantationen auch ein sehr rasches Fortschreiten Alle 357 der Erkrankung zum terminalen Leberversagen und schließlich Tod verantwortlich sein. Im untersuchten * persönliche Kommunikation via E-Mail mit Arjan van Enckevort, Eurotransplant International Foundation Zeitraum verstarben 82 von 357 bei Eurotransplant (request@eurotransplant.org), 19. September 2019 registrierten Patienten mit ALV auf der Warteliste. In- wieweit – struktureller oder regionaler – Zugang zur Transplantation eine Rolle spielt, ist nicht bekannt. tionen als Hauptprozedur kodiert werden. Die Kodie- Für die Behandlung und das Überleben von Patienten rung der Evaluation ist für die Abrechnung nachrangig, mit hepatozellulärem Karzinom wurden kürzlich re- so dass sie möglicherweise als weitere Prozedur gar gionale Unterschiede beim Zugang zur Therapie pu- nicht übermittelt wurde. bliziert (32). Bei der hohen Mortalität ist es schwieriger zu verste- Die Ursachen des ALV zu erfassen, war ein sekun- hen, warum nur so wenige Transplantationen durchge- däres Studienziel. In der Mehrheit der Fälle wurde kei- führt wurden. Kontraindikationen gegen eine Transplan- ne Nebendiagnose kodiert, die zur Bestimmung der tation wie Malignome oder Herzkreislauferkrankungen Ursache des Leberversagens herangezogen werden haben vielleicht zu der niedrigen Rate an Transplantati- kann, und daher war die Rate an kryptogenen Leber- on beigetragen. versagen höher als zuvor berichtet (18, 33, 34). Die Patienten mit primärer und sekundärer Neoplasie Gründe hierfür sind nicht klar. Die Tatsache, dass die der Leber wurden durch das Studiendesign ausge- Abrechnung der Behandlung im Wesentlichen durch TABELLE 4 Synopsis der publizierten, epidemiologischen Daten für das akute Leberversagen (ALV) in den letzten 10 Jahren Autoren Land oder Kohorte oder Studiendesign Personenzahl Inzidenz Region Population (je 100 000 Personenjahre) alle Gründe für das ALV Bretherick et al. 2011 (21) Schottland Menschen einer retrospektive Kohortenstudie, ~5 064 200 0,62 definierten Region Daten von der schottischen inklusive Edinburghs Lebertransplantationseinheit im „Royal Infirmary of Edinburgh“ Ho et al. 2014 (5) Taiwan taiwanesische populationbasierte Studie, Daten 1 000 000 8,02 Bevölkerung stichprobenartig selektiert aus der longitudinalen Krankenversicherungs- datenbank Thanapirom et al. 2019 (22) Thailand thailändische populationbasierte Studie, Daten von ~65 400 000 6,29 Bevölkerung der staatlichen Krankenversicherung „Universal Coverage Scheme“ (76 % aller stationären Aufnahmen der primären, sekundären und tertiären Krankenhäuser aus 77 Provinzen) sogenannte „drug induced liver injury“ Goldberg et al. 2015 (26) Kalifornien, Einwohner aus retrospektive Kohortenstudie, ~2 400 000 0,19 USA Nord-Kalifornien Daten von der Krankenversicherung „Kaiser Permanente Northern California health care“ Shen et al. 2019 (29) China Patienten aus retrospektive Kohortenstudie mit ~1 361 000 000* 23,8 66 Leberzentren vom Extrapolation zu der Bevölkerung des chinesischen Festland chinesischen Festlands * Extrapolation zu der angegebenen Personenzahl 48 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020
MEDIZIN die stationäre Hauptdiagnose und Hauptprozedur er- folgt, hat sicherlich dazu beigetragen. Um dennoch Kernaussagen mögliche Ursachen zu ermitteln, wurden Verschrei- bungen von Medikamenten nach möglichen Wirkstof- ● In der bisher größten populationsbasierten Studie zum ALV wurden Abrechnungsda- fen überprüft, welche kürzlich mit dem unklaren ALV ten von 26,5 Millionen Versicherten ausgewertet und auf die Gesamtbevölkerung in Zusammenhang gebracht wurden (2, 14–18). Unse- von 83 Millionen Menschen in Deutschland extrapoliert. re Daten können vielleicht das hepatotoxische Poten- ● Die Inzidenz war mit 1,13/100 000 Personenjahre höher als kürzlich für Deutsch- zial bestimmter Wirkstoffe bestätigen, aber durch die land geschätzt. Komplexität der Einflüsse ist die Analyse schwierig. ● Das mediane Alter der Patienten mit akutem Leberversagen betrug 60 Jahre Die Einnahme freiverkäuflicher Medikamente und (Spannbreite: 0–101 Jahre). auch illegaler Drogen konnte durch das Studiendesign nicht erfasst werden (35, 36). Das muss bei der Inter- ● Trotz der hohen Mortalität von 47 % wurden nur in 3,8 % der Fälle Lebertransplan- pretation der Daten berücksichtigt werden. tationen durchgeführt. Um die Datenabfrage und die Hochrechnung zu ● Die zur Erfassung des ALV herangezogene Diagnose K72.0 unterscheidet nicht überprüfen, verglichen wir die extrapolierte Zahl an zwischen einem akuten und subakuten Leberversagen. LT mit der bei Eurotransplant registrierten Zahl für Deutschland. Die Extrapolation zeigte eine niedrigere Zahl an Transplantationen. Die Differenz könnte möglicherweise Unterschiede im Hinblick auf Be- gleiterkrankungen oder den sozioökonomischen Sta- Die Extrapolation zur Gesamtbevölkerung wurde tus zwischen den AOK-Versicherten und der Allge- unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht meinbevölkerung widerspiegeln (12). Ebenso können analog zu Analysen des Gesundheitssystems durch zeitliche Verschiebungen der Kodierung zum Jahres- staatliche Stellen durchgeführt (11). Bei der Interpre- wechsel in Unterschieden resultieren. Sechs Patienten tation der Ergebnisse muss berücksichtigt werden, wurden bei Eurotransplant in einem anderen Jahr ge- dass neben Alter und Geschlecht auch weitere sozio- listet als transplantiert, fünf Patienten im Folgejahr, demografische Einflussfaktoren die Gesundheit im ein Patient wurde 2015 gelistet und 2018 transplan- Allgemeinen und die Inzidenz von bestimmten Er- tiert. Darüber hinaus wurden 19 Datensets von Patien- krankungen im Besonderen beeinflussen können (5). ten, welche mit der Diagnose K72.0 gelistet wurden, Da sich die AOK-Versicherten möglicherweise in so- ausgeschlossen, da gleichzeitig eine chronische Le- ziodemografischen Merkmalen von denen der deut- bererkrankung kodiert wurde. Dies lässt vermuten, schen Bevölkerung unterscheiden (39), ist trotz Stan- dass bei der Kodierung K72.0 bei Eurotransplant dardisierung der Hochrechnung auf die Gesamtbevöl- nicht immer das ALV im engeren Sinne zugrunde- kerung eine Über- oder Unterschätzung denkbar (40). gelegt wird. Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass die Die Interpretation der Ergebnisse ist durch das Stu- Versichertenpopulationen der Kassen durch die freie diendesign limitiert. Trotz der Bemühungen, Diffe- Kassenwahl kontinuierlichen Veränderungen unter- renzialdiagnosen zum ALV auszuschließen, ist eine worfen ist. fälschliche Kodierung eines ALV mit K72.0 bei der Für die Abrechnung der stationären Behandlungen stationären Abrechnung oder der zur Selektion der sind die stationäre Hauptdiagnose und der Prozedu- Patienten herangezogenen weiteren Diagnosen im renschlüssel ausreichend. Die Analyse der Ursachen stationären und ambulanten Bereich denkbar – ange- des ALV sollte deshalb mit Vorsicht interpretiert wer- deutet durch die hohe Rate an Komorbiditäten oder den. Trotz dieser Einschränkungen bleibt dies die bis- Fettlebern genauso wie unklaren Leberversagen. Die her größte Studie zum akuten Leberversagen, seiner Kodierung wird in Deutschland durch behandelnde Inzidenz und den konsekutiv durchgeführten Leber- Ärzte, aber auch durch Medizin-Controller durchge- transplantationen. führt. Das ALV im engeren Sinne ist jedoch eine Zusammenfassend zeigt die aktuelle Studie, basie- schwierige Diagnose, selbst Experten können nicht in rend auf den Gesundheitsdaten von 25 Millionen Ver- allen Fällen eine Ursache ermitteln (34). Ob die Ko- sicherten und mit Hochrechnung auf die Gesamtbe- dierung von K72.0 im Einzelfall auch einen finanziel- völkerung von 83 Millionen Menschen, eine Inzidenz len Vorteil bringt, kann nicht beurteilt werden. Im Üb- des akuten Leberversagens von 1,13 pro 100 000 Per- rigen werden nur minimale Datensets sowie ICD- und sonenjahre in Deutschland. Trotz einer ausgesprochen OPS-Codes an die Krankenkassen weitergeleitet, kli- hohen Mortalität werden potenziell lebensrettende Le- nische und laborchemische Daten sind zur Überprü- bertransplantationen nur selten durchgeführt. Ferner fung der Diagnosen nicht verfügbar (37). Nichtsdes- kann mit dem ICD-Code K72.0 nicht zwischen einem totrotz hat die Nutzung von Abrechnungsdaten einige akuten und einem subakuten Leberversagen unter- besondere Vorteile, da ausnahmslos alle stationären schieden werden. Die präsentierte Inzidenz umfasst Aufenthalte in die Überprüfung eingeschlossen wer- daher beide Formen, die sich aber klinisch hinsichtlich den (38), es gibt keine systematische Verzerrung wie Prognose und konsekutiver Therapie nicht unterschei- bei Kohortenanalysen aus spezialisierten Leberzen- den (1). Die Therapie der Wahl ist die Lebertransplan- tren. tation. Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020 49
MEDIZIN Interessenkonflikt 22. Thanapirom K, Treeprasertsuk S, Soonthornworasiri N, et al.: The inci- Dr. Weiler erhielt für Beratertätigkeiten und Vortragshonorare Gelder dence, etiologies, outcomes, and predictors of mortality of acute liver von Astellas und Novartis. Ihr wurden Reisekosten erstattet von AbbVie, failure in Thailand: a population-base study. BMC Gastroenterol 2019; Astellas, Biotest und Novartis. 19: 18. Prof. Schnitzbauer erhielt Beraterhonorare von Astellas, Novartis, Integra 23. Canbay A, Tacke F, Hadem J, Trautwein C, Gerken G, Manns MP: Life Sciences, TEVA und Chiesi. Von Astellas wurden ihm Reisekosten Acute liver failure: a life-threatening disease. Dtsch Arztebl Int 2011; erstattet. 108: 714–20. Prof. Zeuzem wurde für Beratertätigkeiten honoriert von AbbVie, Gilead, 24. Hoofnagle JH, Carithers RL, Jr., Shapiro C, Ascher N: Fulminant Intercept und Janssen. Er erhielt Honorare für Vortragstätigkeiten von hepatic failure: summary of a workshop. Hepatology 1995; 21: 240–52. AbbVie, Gilead und Merck/MSD. 25. Wendon J, Cordoba J, Dhawan A, et al.: EASL Clinical Practical guidelines on the management of acute (fulminant) liver failure. J PD Welker erhielt für Beratertätigkeiten und Vortragshonorare Gelder von Hepatol 2017; 66: 1047–81. AbbVie, Akcea, Amgen, Bayer, BMS, Gilead, Hexal, Novartis und Roche. Reisekostenerstattung bekam er von AbbVie, Astellas, Bayer, BMS, 26. Goldberg DS, Forde KA, Carbonari DM, et al.: Population-represen- Novartis, Janssen und Roche. tative incidence of drug-induced acute liver failure based on an analysis of an integrated health care system. Gastroenterology 2015; Dr. Schlotmann erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht. 148: 1353–61 e3. 27. Warrillow S, Bailey M, Pilcher D, et al.: Characteristics and outcomes Manuskriptdaten of patients with acute liver failure admitted to Australian and New eingereicht: 30. 1. 2019, revidierte Fassung angenommen: 14. 11. 2019 Zealand intensive care units. Intern Med J 2019; 49: 874–85. Literatur 28. Nakao M, Nakayama N, Uchida Y, et al.: Nationwide survey for acute 1. O‘Grady JG, Schalm SW, Williams R: Acute liver failure: redefining the liver failure and late-onset hepatic failure in Japan. J Gastroenterol syndromes. Lancet 1993; 342: 273–5. 2018; 53: 752–69. 2. Chalasani N, Fontana RJ, Bonkovsky HL, et al.: Causes, clinical fea- 29. Shen T, Liu Y, Shang J, et al.: Incidence and etiology of drug-induced tures, and outcomes from a prospective study of drug-induced liver inju- liver injury in Mainland China. Gastroenterology 2019; 156: 2230–41. ry in the United States. Gastroenterology 2008; 135: 1924–34, 34 e1–4. e11. 3. Koch DG, Tillman H, Durkalski V, Lee WM, Reuben A: Development of 30. Bjornsson ES, Bergmann OM, Bjornsson HK, Kvaran RB, Olafsson a model to predict transplant-free survival of patients with acute liver S: Incidence, presentation, and outcomes in patients with drug- failure. Clin Gastroenterol Hepatol 2016; 14: 1199–206 e2. induced liver injury in the general population of Iceland. Gastroente- rology 2013; 144: 1419–25, 25 e1–3; quiz e19–20. 4. Bernal W, Auzinger G, Dhawan A, Wendon J: Acute liver failure. Lancet 2010; 376: 190–201. 31. Andrade RJ, Lucena MI, Fernandez MC, et al.: Drug-induced liver injury: an analysis of 461 incidences submitted to the Spanish registry 5. Ho CM, Lee CH, Wang JY, Lee PH, Lai HS, Hu RH: Nationwide longi- over a 10-year period. Gastroenterology 2005; 129: 512–21. tudinal analysis of acute liver failure in taiwan. Medicine (Baltimore) 2014; 93: e35. 32. Goutte N, Sogni P, Bendersky N, Barbare JC, Falissard B, Farges O: 6. Reuben A, Tillman H, Fontana RJ, et al.: Outcomes in adults with acute Geographical variations in incidence, management and survival of hepa- liver failure between 1998 and 2013: An Observational Cohort Study. tocellular carcinoma in a Western country. J Hepatol 2017; 66: 537–44. 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Clin Gastroenterol Hepatol 2012; 10: Dr. med. Nina Weiler 664–9 e2. Universitätsklinikum Frankfurt, Medizinische Klinik 1 17. Wei G, Bergquist A, Broome U, et al.: Acute liver failure in Sweden: Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main etiology and outcome. J Intern Med 2007; 262: 393–401. nina.weiler@kgu.de 18. Escorsell A, Mas A, de la Mata M: Acute liver failure in Spain: analysis Zitierweise of 267 cases. Liver Transpl 2007; 13: 1389–95. Weiler N, Schlotmann A, Schnitzbauer AA, Zeuzem S, Welker MW: 19. Sachs L: Angewandte Statistik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag The epidemiology of acute liver failure—results of a population-based 2004; p. LXXVI, 889. study including 25 million state-insured individuals. 20. Sharpton SR, Feng S, Hameed B, Yao F, Lai JC: Combined Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 43–50. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0043 effects of recipient age and model for end-stage liver disease score on liver transplantation outcomes. Transplantation 2014; 98: ►Die englische Version des Artikels ist online abrufbar unter: 557–62. www.aerzteblatt-international.de 21. Bretherick AD, Craig DG, Masterton G, et al.: Acute liver failure in Zusatzmaterial Scotland between 1992 and 2009; incidence, aetiology and outcome. eTabelle: QJM 2011; 104: 945–56. www.aerzteblatt.de/20m0043 oder über QR-Code 50 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020
MEDIZIN Zusatzmaterial zu: Epidemiologie des akuten Leberversagens Ergebnisse einer populationsbasierten Studie mit Daten von 25 Millionen gesetzlich Versicherten Nina Weiler, Andreas Schlotmann, Andreas Anton Schnitzbauer, Stefan Zeuzem, Martin-Walter Welker Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 43–50. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0043 eTABELLE Nebendiagnosen der Patienten mit ALV für eine ambulante oder stationäre Behandlung im untersuchten Zeitraum nach ICD-10-G Nebendiagnosen*1 Patienten mit ALV Patienten mit ALV, Diagnose und Diagnose und LT (n) (% aller Patienten (n) (% der Patienten mit mit ALV)*2 ALV und Diagnose) Lebererkrankungen*3 B15 Akute Virushepatitis A 118 2,6 3 2,8 B16 Akute Virushepatitis B 244 5,3 4 1,6 B17.0 Akute Virushepatitis D 7 0,2 0 – B17.1 Akute Virushepatitis C 64 1,4 0 – B17.2 Akute Virushepatitis E 162 3,5 11 6,5 B25.1 Hepatitis durch Zytomegalieviren 23 0,5 4 17,3 B27 Infektiöse Mononukleose 96 2,1 26 26,5 E83.0 Störungen des Kupferstoffwechsels 26 0,6 11 44,4 (Wilson-Krankheit) I82.0 Budd-Chiari-Syndrom 48 1,0 11 22,5 K70 Alkoholische Leberkrankheit (ohne K70.3, K70.4) 196 4,2 0 – K71 Toxische Leberkrankheit (ohne K71.7) 946 20,5 56 6,0 K75.4 Autoimmune Hepatitis 352 7,6 27 7,6 K76.0 Fettleber 843 18,2 23 2,7 T36-T50 Vergiftung durch Arzneimittel, Drogen, 277 6,0 11 4,0 biologisch aktive Substanzen (ohne T39.1) T39.1 Vergiftung durch 4-Aminophenol-Derivative*4 176 3,8 4 2,0 T62.0 Toxische Wirkung durch verzehrte Pilze 96 2,1 7 7,5 Allgemeinerkrankungen C00–C99 Bösartige Neubildungen (ohne C22, C23, 1 143 24,7 35 3,0 C24, C78.7) E10-E14 Diabetes mellitus 1 524 33,0 42 2,8 F10 Psychische Verhaltenstörungen durch Alkohol 668 14,5 15 2,3 I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 1 212 26,2 7 0,6 J44 Chronisch obstruktive Lungenkrankheit 970 21,0 16 1,6 *1 Mehrfachnennungen möglich *2 Insgesamt 4 621 Patienten *3 2 574 Patienten ohne die kodierten Nebendiagnosen B15, B16, B17.0, B17.1, B17.2, B25.1, B27, E83.0, I82.0, K71, K75.4, T36-T50 mit T39.1, T62.0; die Diagnosen K70 und K76.0 werden nicht als Diagnosen eines ALV im engeren Sinne angesehen. *4 inklusive Paracetamol, Phenacetin ist in Deutschland nicht mehr als Arzneimittel zugelassen ALV, akutes Leberversagen; ICD-10-GM, Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM); LT, Lebertransplantation Deutsches Ärzteblatt | Jg. 117 | Heft 4 | 24. Januar 2020 | Zusatzmaterial I
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