Erfahrungsbericht ERASMUS Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne Wintersemester 2019/2020

Die Seite wird erstellt Gerd Vollmer
 
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Erfahrungsbericht ERASMUS
                          Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne
                               Wintersemester 2019/2020

Ich habe ein unvergessliches Wintersemester 2019/2020 an der Université Paris 1 Panthéon-
Sorbonne verbracht. Allem vorweg: egal für welche Destination ihr euch interessiert, lasst
euch nicht von sprachlichen Anforderungen abschrecken. Für Jura benötigt ihr auf jeder
Sprache gewisses Fachvokabular, das man sich aber super schnell aneignen wird. Außerdem
bieten fast alle Unis vorbereitende oder semesterbegleitende kostenlose Sprachkurse an, oft
auch spezifisch für die Studienfachrichtung. Für die zwischenmenschlichen Kontakte während
des ERASMUS übt man sowieso täglich, beim Bäcker, in der Metro oder abends in der Bar.

Paris

Nach vier Semestern in Heidelberg habe ich mich sehr auf eine größere Stadt gefreut und das
ist Paris zweifelslos: vom trendigen Viertel Le Marais mit den Falaffelläden und süßen kleinen
Shops, über die Studentenbars bei République und die günstigen Mittagsessenoptionen in der
Rue Mouffetard (direkt hinterm Panthéon) ist Paris eine aufregende, wunderschöne Stadt, auf
die sich das gesamte öffentliche Leben Frankreichs konzentriert (hier finden sich alle
renomierten Universitäten Frankreichs, die höchsten Gerichte, der Präsident, das Parlament,
alle großen Orchester, ...). Besonders besticht Paris mit seiner Vielzahl an Museen und
anderen kulturellen Einrichtungen. Für Europäer unter 26 sind die meisten Museen kostenlos
– und unter anderem auch die Aussichtsplattform auf dem Arc de Trioumphe (Pariser
Knotenpunkt mit super Aussicht auf den Eiffelturm).

Trotzdem ist Paris nicht unüberschaubar riesig; man kann viele Strecken zu Fuß zurücklegen
und das macht für mich Paris auch maßgeblich aus: durch die schönen Straßen entlang der
Gebäudefassaden von Hausmann schlendern, die Leute in den Straßencafés beobachten und
immer wieder einen neuen schönen Platz oder ein verstecktes Monument entdecken. Dabei
hat jedes Viertel seinen eigenen Charme, mit eigenen Märkten und verschiedener Geschichte.
Es gibt also endlos viel zu entdecken!

Ein paar weitere meiner Lieblingsorte in Paris:
    • Kuppel des Panthéons + Ausblick auf die Uni, den Eiffelturm, Notre Dame (ebenfalls
       kostenlos für Europäer unter 26)
    • La Caféothèque (bestes Kaffee in Paris)
    • Jozi Café direkt hinterm Panthéon (gemütliches Café für nach der Vorlesung)
    • Shakespeare and Company (wunderschöner alter Buchladen bei Notre Dame)
    • Boulangerie Moderne (5 min vom Panthéon, relativ günstig und wirklich alles, was die
       machen, ist super lecker)
    • Parc des Buttes-Chaumont
    • Bon Bouquet Café (bestes fancy Avocado-Frühstück in ganz Paris)
       (alternativ: La Café Crême, Fringe Coffee Paris, Cuppa Café)
Vorlesungen an der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne

Die Université Paris 1 ist eine der dreizehn Nachfolgeinstitutionen der 1970 aufgespaltenen
Sorbonne, der Universität von Paris. Als Jurastudenten haben wir das Glück, dass die meisten
Vorlesungen in den wunderschönen, alten Gebäuden des Centre Sorbonne und Centre
Panthéon stattfinden. Die befinden sich direkt beim Panthéon, im traditionellen
Studentenviertel Quartier Latein, einen kurzen Spaziergang von der Seine und Notre Dame
entfernt. Auch wenn der Aufbau beider Gebäude ziemlich verwirrend sein kann, bieten die
Vorlesungssäle mit dunklen Holzbänken, wunderschönen Wandgemälden und verzierten
Decken eine einmalige Studienatmosphäre.

Ihr werdet schon vor Beginn des Semesters ein Vorlesungsverzeichnis erhalten. Verlasst euch
aber weder auf die angebotene Kursauswahl noch auf die Zeiten. Es kann – und wird – sich
nämlich alles noch einmal ändern. Man hat jedoch die ersten drei Wochen Zeit, um sich die
letztendlich angebotenen Kurse in Ruhe anzusehen. Falls ihr euch dennoch unsicher seid,
wählt lieber zwei Kurse mehr, die ihr immer noch später abwählen könnt oder deren Prüfung
ihr einfach nicht mitschreibt.

Die französischen Juravorlesungen unterscheiden sich sehr von ihren deutschen Pendants: der
Professor liest zwei Stunden (bei doppelten Vorlesungen auch vier Stunden, immerhin mit 15-
minütiger Pause) sein Skript vor, das die Studenten Wort für Wort in ihren Laptops mittippen.
Abgesehen von den monotonen Tastengeräuschen und der Stimme des Profs herrscht
komplette Stille. Kommt man mit dieser Didaktik nicht so gut klar, ist das aber auch nicht
schlimm: die Franzosen sind sehr hilfsbereit und geben auf Nachfrage meist gerne ihre
Mitschriften weiter. In den meisten Fächern kursierten außerdem schon die Mitschriften aus
dem vorherigen Jahr (bei gleichbleibendem Prof kein Problem), sodass ihr der Vorlesung
entweder mit fertigem Skript folgen könnt oder das ganze einfach von zuhause oder in einer
der schöner Pariser Bibliotheken selbst lernt. In jedem Fall müsst ihr euch keine Sorgen wegen
der Abschlussprüfungen machen: für die Erasmus-Studenten gibt es meist eigene Prüfungen
und ihr könnt sogar auswählen, ob ihr diese schriftlich oder mündlich absolvieren wollt. Bei
den Prüfungen wird auswendig gelerntes Wissen abgefragt, man muss also keine Gutachten
o.ä. schreiben. Die Notenskala reicht von 0 bis 20 Punkten, man besteht ab 10 Punkten.

Zusätzlich gibt es noch die TDs, die Travaux dirigés. Das sind Seminare, die jeweils einer
Vorlesung zugeordnet sind. Bei ihnen sind wöchentlich benotete Arbeiten anzufertigen. Am
Semesterende steht dann noch eine dreistündige Klausur an. Uns Erasmus-Studenten wurde
bei den Einführungsveranstaltungen stark davon abgeraten, TDs zu wählen, weil man 1:1 mit
den Franzosen verglichen wird, es also keine Boni für Fremdsprachler gibt. Ich habe keine TDs
belegt und kann deshalb auch nicht beurteilen, wie sehr sie sich auszahlen. Wenn man sich im
Französischen jedoch sehr sicher fühlt und Lust hat, richtig in das französische Rechtssystem
einzudringen, können TDs sicherlich sinnvoll sein.

Ich habe in Paris Leistungen abgelegt, mit denen ich mir meinen großen Schein im Öffentlichen
Recht in Heidelberg anerkennen lasse. Dazu habe ich Droit Constitutionnel 1, Droit de
l’Environnement, Droit International Public und Droit Contentieux Européen besucht. Schaut
einfach, welche Veranstaltungen bei euch angeboten werden und sprecht euch am besten mit
den anderen Erasmus-Leuten ab, dann macht das Lernen am Ende vom Semester einfach
mehr Spaß.
Univerwaltung

Die Verwaltung an der Uni teilt sich im Wesentlichen in die Inscription administrative und die
Inscription pédagogique.

Die administrative Einschreibung meint die allgemeine Anmeldung (v.a. auch das Abholen des
Studentenausweises, den ihr braucht, um in die Vorlesungsgebäude reinzukommen), die im
Centre Pierre-Mendès-France (Centre PMF) stattfindet. Dort habt ihr vor Vorlesungsbeginn
eure Einführungsveranstaltungen mit Sprach- und Methodologiekurs. Also kümmert euch am
besten direkt in dieser Woche um alles. Das Centre PMF ist nämlich an einem ganz anderen
Standort als eure Vorlesungsgebäude. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für die administrative
Anleitung bekommt ihr per Mail oder findet ihr auf der Homepage der Paris 1.

Euer wichtigster Ansprechpartner für die pädagogische Einschreibung ist das Büro des Pôle
des relations extérieures in Raum 311B im Centre Panthéon. Im Mailaustausch mit den super
netten Damen in dem Büro erhaltet ihr eigentlich alles, was ihr sonst noch braucht: kümmert
euch in der ersten Woche direkt um die Ankunftsbestätigung, die ihr dann zurück nach
Heidelberg schickt (ist wichtig für die Berechnung des Eramus-Geldes). Auch das finale
Learning Agreement lasst ihr dort unterschreiben.

Unisport

Die Sorbonne hat ein riesiges, kostenloses Sportangebot, für das man sich zu Beginn des
Semesters anmelden kann. Dazu benötigt man aber eine Bestätigung von einem französischen
Arzt, dass man gesund und fit zum Sporttreiben ist. Lasst euch davon nicht abschrecken: die
Ärzte in Paris kennen das Prozedere und man bekommt einen entsprechenden Wisch meist
ganz unproblematisch. Um einen passenden Arzt in eurer Nähe zu finden, empfehle ich ganz
stark die Seite doctorlib.fr.

Studentenwerk und Mensen

Das Studentenwerk CROUS ist in Paris eine richtige Institution: in der Nähe vom Panthéon und
auch vom Centre PMF gibt es CROUS-Mensen, die zum unschlagbaren Preis von 3,20 € ein
reichhaltiges Mittagessen aus Hauptgericht und verschiedener Vor- und Nachspeisen bieten.
Der Studentenausweis aller Pariser Unis fungiert gleichzeitig als Carte IZLY, auf die man nach
einmaliger online-Registrierung Geld laden kann, um das Essen bargeldlos zu bezahlen. (Hat
man am Ende des Paris-Aufenthalts noch Geld auf der Karte, kann man sich dieses online ganz
einfach zurück auf das eigene Konto überweisen lassen.) Euer Leben in Paris wird so oder so
sehr teuer (v.a. auch weil Lebensmittel generell teurer sind als in Deutschland). Ich kann euch
die CROUS-Mensen deshalb wirklich empfehlen. Am besten ist aus meiner Sicht die CROUS-
Mensa auf dem Campus der cité universitaire (siehe Unterkunft).
Transport

Wenn ihr nicht in Laufnähe der Uni wohnt, werdet ihr um ein Métroabo vermutlich nicht
herumkommen. Auf der Seite der RATP findet ihr die Monatskarte Pass Navigo (70 € / Monat)
und die Carte Imagine-R (350 € für ein ganzes Jahr). Beantragt die Karte am besten schon von
Deutschland aus, da es einige Wochen dauert bis sie fertiggestellt wird und ihr im Idealfall
nicht erst teure Einzeltickets in Paris lösen wollt. Das Métroabo könnt ihr außerdem sehr
günstig mit einem Abo für die Vélib-Fahrräder koppeln.

Unterkunft

Das wohl schwierigste Thema: Wohnungssuche in Paris. Neben dem privaten Wohnungs-
/WG-Markt gibt es die Studentenwohnheime des CROUS sowie private Studentenwohnheime
und die Cité internationale universitaire de Paris (CIUP).

Die Studentenwohnheime des CROUS sind zum Teil relativ neu und gut ausgestattet. Es
kommt aber natürlich immer darauf an, wo das entsprechende Wohnheim gelegen ist und
wann es gebaut / renoviert wurde. Erkundigt euch einfach im Internet.

Bei privaten Studentenwohnheimen hat man oft eine größere Chance einen Platz zu
bekommen, wenn man in deren Profil passt (z.B. als junge Frau in einem katholischen
Mädchenwohnheim). Man findet auch diese über online-Recherchen.

Ich habe in der Cité Universitaire im Maison du Cambodge gewohnt. Allem vorweg: ich kann
jedem nur empfehlen sich für einen Platz zu bewerben. Die Cité ist ein grüner Campus,
bestehend aus 40 internationalen Häusern, einem Gym und zahlreichen Sportangeboten,
mehreren Bibliotheken, einem Hallenbad, einer sensationellen CROUS-Mensa und unfassbar
vielen kulturellen Veranstaltungen von Diskussionsabenden über kostenlose Sprachkurse
natürlich bis hin zu zahlreichen Partys. Außerdem gibt es in den ersten Semesterwochen einen
Welcome-Desk, wo man zu allem Administrativen Hilfe findet (v.a. bei der äußerst
komplizierten Beantragung des Wohngelds). Auch gibt es eine Bankfiliale der BNP Parisbas
und ein Postoffice. Mit dem RER B (eine Art Schnellzug) ist man von der Métrostation Cité
Universitaire in 15 min bei der Uni.
Der einzige Nachteil ist die aufwändige Bewerbung, die für alle deutschen Bewerber über das
Heinrich Heine Haus der Cité U läuft. Bewerbungsfrist ist hier schon der 30. Juni! Da ihr neben
zwei Passbildern, einem deutschen und französischen Motivationsschreiben auch noch ein
Professorengutachten benötigt, solltet ihr euch also relativ früh darum kümmern. Da die Cité
aber der beste Ort ist, um internationale Kontakte zu schließen, und die Infrastruktur der Cité
einfach unschlagbar bleibt, kann ich euch zu einer Bewerbung nur sehr raten.
Das Heinrich Heine Haus nimmt die Hälfte der deutschen Residenten in ihrem eigenen Haus
auf; die andere Hälfte wird auf andere Häuser verteilt. Meiner Beobachtung nach wohnen im
HH-Haus nur Masterstudenten bzw. Studenten ab dem vierten Studienjahr. Ich war in meinem
fünften Semester in Paris und kam so auch direkt ins Maison du Cambodge, einem der größten
Häuser der Cité.
Ich habe im Maison du Cambodge für ein normales Zimmer mit kleinem Bad und Kühlschrank
(Küchen auf dem Flur werden geteilt) 575 € monatlich gezahlt. Die Mietkosten variieren aber
von Haus zu Haus; aussuchen, wo ihr landet, könnt ihr euch aber leider nicht. Egal wo ihr
untergebracht seid, ihr werdet beim Sport, in der Mensa und bei den Veranstaltungen
unfassbar schnell Kontakte schließen und zu dem „normalen“ Erasmus-Aufenthalt noch eine
ganz besondere Erfahrung in der Cité mitnehmen.

Wohngeld der CAF

Gute Neuigkeiten: der französische Staat übernimmt ca. 1/5 eurer monatlichen Kosten für die
Wohnungsmiete. Hierfür könnt ihr Wohngeld (aide au logement) bei der CAF (Caisse
d'Allocations Familiales) beantragen. Dazu braucht ihr ein französisches Bankkonto und eine
Bestätigung eures Mietvertrags in Paris. Teilweise wird auch eine internationale
Geburtsurkunde verlangt.
Der ganze Antrag ist sehr kompliziert – am besten sucht ihr euch Hilfe beim Ausfüllen des
online-Formulars (siehe Welcome Desk auf der Cité U; man kann auch einen persönlichen
Termin bei einem CAF-Büro verabreden). Auch wenn es einige Monate dauert, bis ihr die erste
Zahlung erhaltet, bekommt ihr das Geld rückwirkend bis zu dem Monat, in dem ihr den Antrag
gestellt habt. Kümmert euch also am besten direkt am Anfang darum!

Geld und Streiks – die lästige Seite Paris‘

Paris ist eine der teuersten Städte der Welt: die Mieten sind hoch, das Métroticket kostet
relativ viel, Fortgehen ist teuer. Kennt man sich aber erst mal ein wenig aus, lässt sich das
Leben ganz gut gestalten. Meiden sollte man unbedingt die teuren City-Supermärkte. Ich kann
v.a. Lidl empfehlen, der zwar keine besonders große Auswahl hat, aber zumindest ähnliche
Preise wie in normalen deutschen Supermärkten. In der Rue Mouffetard und auch bei
République findet man einige Bars, in denen ein Bier 5-6 € kostet und auch fürs Essengehen
mit Freunden stößt man dank Google Maps schnell auf bezahlbare Küchen.

Das nervigste für mich war der Generalstreik von November bis Januar, bei dem das gesamte
öffentliche Leben in Frankreich lahmgelegt wurde und unser tägliches Leben von überfüllten
Bussen, die einen nicht mehr mitgenommen haben, geprägt war. Bei etwas Glück werdet ihr
etwas in ähnlichem Ausmaß nicht erleben; allerdings streiken die Métros meiner Erfahrung
nach mindestens zwei bis drei Tage im Monat. Die Pariser nehmen das relativ gelassen und
zumindest die beiden autonom fahrenden Métrolinien sind weiter in Betrieb.

Anstrengend ist auch die französische Bürokratie. Stellt euch auf lange Wartezeiten und
mehrmaliges Nachfragen ein. Irgendwann klappt es aber meistens – also einfach hartnäckig
bleiben.
Tipps zum guten Start in Paris

   •   Nehmt am besten schon einige Passbilder von Deutschland mit. Ihr werdet sie in den
       ersten Wochen nämlich für alles mögliche benötigen (u.a. Métrokarte,
       Studentenausweis, Sportausweis, Bibausweis, etc.)
   •   Métrokarte von Deutschland aus beantragen (siehe Transport).
   •   In der ersten Woche in Paris:
           o Studentenausweis im Centre PMF abholen.
           o Ankunftsbestätigung von der Uni unterschrieben lassen (Raum 311B Centre
               Panthéon).
           o Bestätigung des Mietvertrags vom Vermieter ausstellen lassen.
           o Französisches Bankkonto eröffnen.
           o Eventuell französische Handynummer holen (hilfreich für Überweisungen vom
               französischen Bankkonto aus).
           o Am besten direkt das Wohngeld bei der CAF beantragen.

Falls ihr noch Fragen habt oder euch unsicher über eure Entscheidung für Paris seid, könnt ihr
mich gerne per Mail kontaktieren:
m.soellner@stud.uni-heidelberg.de

In jedem Fall wünsche ich euch ein unvergessliches Auslandssemester, das ihr in vollen Zügen
genießen könnt!

Magdalena Söllner
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