Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der JKU Linz - am 24. April 2013 111

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Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der JKU Linz - am 24. April 2013 111
Errichtung einer
Medizinischen Fakultät an
      der JKU Linz

        am 24. April 2013

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Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der JKU Linz - am 24. April 2013 111
Medizinische Fakultät der JKU

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Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der JKU Linz - am 24. April 2013 111
Motivation
Österreich braucht einen 4. Medizinischen Universitätsstandort
 Jedes Jahr wird in Österreich rund 7000 jungen Menschen der Zugang zum
Medizinstudium mangels Studienplätze verweigert.

 Wesentliche Potentiale werden bisher nicht gehoben:
      Innovations- und kapitalstarker Wirtschaftsraum Österreich ist prädestiniert für
      deutliche Intensivierung medizinnaher Forschung und Entwicklung
      Bisher ungenutzte Lehr- und Forschungskapazitäten stehen an modern
      ausgestatteten Krankenanstalten zur Verfügung
      Multimediale Lehre ermöglicht innovative Medizinerausbildung (zB digitale Anatomie)
      Etablierung der Versorgungsforschung kann Wirkungsgrad des Einsatzes
      Medizinischer Ressourcen erhöhen.
      Demographische Entwicklung legt Etablierung einer klinischen Altersforschung nahe.

 Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auf hohem österreichischen Niveau
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Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der JKU Linz - am 24. April 2013 111
Warum in Oberösterreich?
•   Im wirtschaftsstarken Norden, dem zweitgrößten Ballungsgebiet Österreichs, fehlt
    bis heute ein medizinischer Universitätsstandort.
•   Die JKU Linz bietet mit ihrer bestehenden Lehr- und Forschungsstruktur (insb.
    Technisch-Naturwissenschaftliche Fakultät mit medizinnaher Forschung) ideale
    Voraussetzungen für die Etablierung einer Medizinischen Fakultät.
•   Ausgezeichnete Spitalslandschaft mit bemerkenswerten Forschungsleistungen (110
    habilitierte Ärzte und Ärztinnen; 184 Neuanträge allein im Jahr 2012 bei der
    Ethikkommission) sichert hohen Wirkungsgrad für den Einsatz von Wissenschafts-
    mitteln.
•   Keine „historischen Altlasten“ – innovative Wege in Lehre und Forschung.
•   Ärztemangel ist regional bereits spürbar. – Ausbildung an der JKU erhöht die
    Chance des Verbleibs der jungen Mediziner(innen) in der Region.
•   Entschlossene und konsequente Zusammenarbeit aller Entscheidungsträger in OÖ
    (Land, Stadt, JKU, Med. Gesellschaft, Krankenanstalten, Ärztekammer)
•   Angebot einer beispiellosen Anschubfinanzierung durch Land und Stadt.              4
Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der JKU Linz - am 24. April 2013 111
Bisheriger Prozess

•   Juni 2012: Einrichtung einer gemischten Kommission aus Vertretern des
    Wissenschaftsministeriums und Vertretern aus OÖ unter der Leitung von GS Mag.
    Friedrich Faulhammer

•   Work in Progess im Rahmen von 6 Verhandlungsrunden: 28.6. 2012, 21.9. 2012,
    13.12. 2012, 12.12. 2013, 5.4. 2013, 23.4. 2013

    Themenschwerpunkte: Rechtsfragen, Standort, Organisationsstruktur, Dienstrecht,
    Forschungskonzept

•   Jänner 2013: Sub-Arbeitsgruppe Finanzen unter der Leitung von MR Dr. Monika
    Hutter

    Themenschwerpunkte: Planungsannahmen, Gesamtkostenschätzung

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Organisationsstruktur – rechtliche Grundlagen

•   Universitätsgesetz 2002
•   Ärztegesetz 1998
•   Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KaKuG)
•   oö. Krankenanstaltengesetz

•   Von BMWF und Oberösterreich gemeinsam in Auftrag gegebenes Gutachten zur
    Frage der Zulässigkeit einer Medizinischen Fakultät – Wirtschaftsuniversität Wien
    (Univ.-Prof. Dr. Potacs / Univ.-Prof. Eberhard)

•   Entwurf Novelle zum UG 2002 zur Zulässigkeit Medizinischer Fakultäten
•   Entwurf Verordnung Klinischer Mehraufwand (KMA-VO)

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Neugründung JK-Universitätskrankenanstalt
       mit Partnerkrankenanstalten

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Vorteile der gewählten Organisationsstruktur

1. Ein KH-Träger ermöglicht ein einheitliches Auftreten nach außen und eine gute
   Positionierung innerhalb des Gesundheitssystems.

2. Hohe Identifikation der Mitarbeiter mit der Med. Fakultät Linz; Stärkung des
   Zugehörigkeitsgefühls zur JK-Universitätskrankenanstalt.

3. Optimale Abstimmung zwischen den einzelnen Unikliniken und der JKU Linz, rasche
   und klare Entscheidungswege.

4. Schlanke und effiziente Gestaltung der Organisationsstruktur (Planungs- und
   Steuerungskompetenz, straffer Personaleinsatz; Optimierung der
   Ressourcenauslastung und des Ressourceneinsatzes).

5. Standardisiertes Vorgehen in Fragen der Leistungsabrechnung, des
   Sekundärleistungszukaufes, des Personalmanagements, etc.an allen 3 Standorten
   der JK-Universitätskrankenanstalt.

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Das Linzer Modell

•   Fakultätsmodell: Einbindung der medizinischen Forschung und Lehre in
    etablierte Universitätsstruktur mit hohem Synergiepotential

•   Innovatives Lehr- und Forschungskonzept in Kooperation mit der Med.
    Universität Graz

•   Schlanke und einheitliche Personalstruktur im klinischen Bereich durch
    innovatives Anstellungsmodell

•   Med. Fakultät Linz als Pilotprojekt für transparente Kostenzuweisung im
    klinischen Bereich: Aufwände für Lehre und Forschung einerseits und für
    Krankenbehandlung andererseits werden übersichtlich und nachvollziehbar
    dargestellt.

•   Kostenplanung gemeinsam mit BMF und BMWF nach dem Prinzip der
    Kostenwahrheit und dem Verursachungsprinzip erarbeitet.

•   Realisierung der Med. Fakultät auf Grundlage ein neuen Verrechnungsmodell für
    den klinischen Mehraufwand (KMA): KMA-Verordnung
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Innovatives und effizientes Lehrkonzept

•   Zeitgemäßes und innovatives Curriculum (zB multimediale Anatomieausbildung,
    JKU-spezifische Schwerpunktsetzung)

•   Interfakultäre Lehre mit starkem Praxisbezug

•   Ausbildung versorgungswirksamer Ärztinnen und Ärzte

•   Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz
     – Die Medizinische Universität Graz unterstützt mit ihrer fachlichen Expertise die
        Gründungsphase der Medizinischen Fakultät an der JKU.
     – Die Medizinische Universität Graz wird jährlich und auf Dauer 120 Studierende, die für
        eine humanmedizinische Ausbildung an der JKU zugelassen werden, vorklinisch
        ausbilden.
     – In Linz sollen mittelfristig bis zu 300 Studienplätze für ein Studium der Humanmedizin
        geschaffen werden. Unter Berücksichtigung von 120 Studienplätzen mit einer
        vorklinischen Ausbildung in Graz soll für bis zu 180 Studierende pro Studienjahr ein
        Vollstudium in Linz (mit vorklinischer Ausbildung) sukzessive etabliert werden.
Wissenschaftliche Schwerpunktbildung

•   Auf Grundlage der bereits bestehenden Forschungskompetenz wird durch die
    Einrichtung von 24 klinischen Lehrstühlen klinische Forschung in der erforderlichen
    Breite gewährleistet.

•   Die konkrete Ausgestaltung des Forschungsportfolios erfolgt durch eine sachorientierte
    Berufungspolitik an der JKU.

•   Entwicklung der klinischen Altersforschung als Querschnittsforschungsschwerpunkt
    der Med. Fakultät. – wichtige Inputs von der TN-Fakultät (zB Medizinmechatronik und
    Medizininformatik, Biophysik etc)

•   Etablierung der Versorgungsforschung als international orientierter Schwerpunkt –
    wichtige Inputs von SOWI- und RE-Fakultät (Gesundheitsökonomie, Statistik, empirische
    Sozialforschung, Medizin- und Sozialrecht)

•   Die gewählten Schwerpunkte eignen sich hervorragend für Forschungskooperationen mit
    den bestehenden Medizinischen Universitäten in Österreich und ermöglichen es auch,
    weitere Konsortialpartner für Forschungsprojekte im Ausland zu gewinnen.
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Studienbeginn und Studienplätze

•   Das Studium der Humanmedizin an der JKU – und damit die vorklinische
    Ausbildung in Graz – soll mit dem Studienjahr 2014/2015 beginnen. Faktisch
    startet damit die (klinische) Ausbildung in Linz mit dem Studienjahr 2016/2017.
•   Die 120 vorklinischen Ausbildungsplätze in Graz für in Linz zugelassene
    Studierende werden schrittweise aufgebaut: jeweils 60 Studierende in den
    Studienjahren 2014/2015 und 2015/2016; 120 Studierende ab dem Studienjahr
    2016/2017

•   Mittelfristig sollen in Kooperation mit Graz 300 Studienplätze für ein Studium der
    Humanmedizin in Linz zur Verfügung stehen.

•   Der Vollausbau ist für 2028 geplant. (300 Studierende x 6 Jahre = 1800
    Studierende)

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Gesamtkostenschätzung
                            300 Erststudierende
                             Vollausbau 2028

– Gesamtinvestition                                              168 Mio Euro
            inklusive UST

            inklusive Drittmittelflächen

            inklusive Forschungsgroßgeräte (16 Mio Euro netto)

– Laufender Betrieb (ohne Reinvestitionen)                       46,5 Mio Euro/Jahr
            davon Anteil Erhaltungsaufwand: 3,3 Mio Euro/Jahr

– Reinvestitionen                                                 6,6 Mio Euro/Jahr
            davon Reinvest für Gebäude: 3,8 Mio Euro/Jahr

            davon Reinvest Forschungsgroßgeräte: 2,7 Mio Euro/Jahr ab 2022

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Punktation zur geplanten Kooperation der Medizinischen
     Universität Graz und der Medizinischen Fakultät an der JKU

       Die vorklinische Ausbildung steht im Zentrum einer Kooperation, die Lehre und
Forschung an den beiden Standorten gleichermaßen erfassen soll.

       Ziel und Geschäftsgrundlage ist eine verbindliche und nachhaltige Zusammenarbeit
(ad infinitum Kooperation) auf Basis einer gleichwertigen Partnerschaft

       Die Medizinische Universität Graz unterstützt mit ihrer fachlichen Expertise die
Gründungsphase der Medizinischen Fakultät an der JKU. Bereits in dieser Phase werden die
Forschungskonzepte abgestimmt, um Zweigleisigkeiten zu vermeiden, Ergänzungen zu
finden und Synergien zu nutzen.

       Die Medizinische Universität Graz wird jährlich und auf Dauer 120 Studierende, die
für eine humanmedizinische Ausbildung an der JKU zugelassen werden, vorklinisch
ausbilden.

       Die vorklinische Ausbildung in Graz für die in Linz zugelassenen Studierenden
umfasst 4 Semester. Sie wird in den ersten drei Semestern dem bestehenden Grazer
Curriculum entsprechen. Im 4. Semester sind – in Abstimmung mit der Medizinischen
Universität Graz – individuelle Schwerpunktsetzungen im Curriculum für die in Linz
zugelassenen Studierenden möglich.

       Das Studium der Humanmedizin an der JKU – und damit die vorklinische Ausbildung
in Graz – soll mit dem Studienjahr 2014/2015 beginnen.

       Die 120 vorklinischen Ausbildungsplätze in Graz für in Linz zugelassene Studierende
werden schrittweise aufgebaut: jeweils 60 Studierende in den Studienjahren 2014/2015 und
2015/2016; 120 Studierende (= Vollausbau) ab dem Studienjahr 2016/2017

       Die Studierenden werden in Linz zugelassen und inskribieren in Linz. Die vorklinische
Ausbildung in Graz erfolgt nach dem Modell der Mitbelegung (§ 63 Abs 9 UG 2002).

       Ungeachtet der vorklinischen Ausbildung in Graz sind die an der JKU zugelassenen
Studierenden verpflichtet, ihre Ausbildung nach der Vorklinik in Graz an der JKU
fortzusetzen. Nur auf Basis von Tauschplätzen ist ein Wechsel in das Grazer Studium
möglich.

       In Linz sollen mittelfristig bis zu 300 Studienplätze für ein Studium der Humanmedizin
geschaffen werden. Unter Berücksichtigung von 120 Studienplätzen mit einer vorklinischen
Ausbildung in Graz soll für bis zu 180 Studierende pro Studienjahr ein Vollstudium in Linz
(mit vorklinischer Ausbildung) sukzessive etabliert werden.

       Die Medizinische Universität Graz bietet für die bis zu 180 Studierenden mit
vorklinischer Ausbildung in Linz anatomische und ggf. pathologische
Blocklehrveranstaltungen (insb. Sezierkurse) in Graz an. In Linz soll der Schwerpunkt
dagegen auf einer digitalen Anatomie (ohne anatomischer Leichenlogistik) liegen.

       Die Zulassung zum Studium der Humanmedizin erfolgt nach dem bestehenden
Konzept der Medizinischen Universitäten. Der Aufnahmetest für BewerberInnen um eine
Zulassung an der JKU erfolgt in Linz. Das Aufnahme- und Auswertungsverfahren erfolgt mit
Unterstützung der Medizinischen Universität Graz.

       Selbstverständlich steht es MaturantInnen aus OÖ weiterhin frei, sich an der
Medizinischen Universität Graz oder jeder anderen Medizinischen Universität um einen
Studienplatz zu bewerben. Die Zahl der an der JKU geschaffenen Studienplätze ist davon
unabhängig. Ebenso gelten für die Bewerbung für das Studium an der JKU die analogen
Bedingungen wie an den anderen österreichischen Standorten.

       Die Kosten der vorklinischen Ausbildung von an der JKU zugelassenen Studierenden
durch die Medizinische Universität Graz sollen in der Leistungsvereinbarung der
Medizinischen Universität Graz mit dem BMWF berücksichtigt werden. Ausgehend davon
kommt es zwischen der Medizinischen Universität Graz und der JKU zu keiner
Leistungsverrechnung.

       Die Medizinische Universität Graz und die JKU wollen in Lehre und Forschung auf
allen Ebenen (Vorklinik und Klinik) kooperieren.

       Angesichts von derzeit mehr als 45.000 Studierenden an den Grazer Universitäten
und Hochschulen haben 120 zusätzliche Studienplätze für zwei Jahre (240 Studierende)
keinen signifikanten Einfluss auf die Verfügbarkeit von Wohn- und Heimplätzen in Graz.
Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen
Fakultät der JKU Linz

        Die Medizinische Fakultät wird in ein an der JKU und dem zukünftigen klinischen
Bereich bestehendes Forschungsumfeld eingebettet, das erhebliche Synergiepotentiale
verspricht. Die bestehenden Forschungsaktivitäten stellen eine solide Basis für die
universitäre Verknüpfung von Forschung und Lehre dar.

        Auf Grundlage dieser bereits bestehenden Forschungskompetenz wird durch die
Einrichtung von 24 klinischen Lehrstühlen klinische Forschung in der erforderlichen Breite
gewährleistet. Die konkrete Ausgestaltung des Forschungsportfolios erfolgt durch eine
sachorientierte Berufungspolitik.

        Bereits bei Gründung der Medizinischen Fakultät sollen im Rahmen der
strategischen Forschungsausrichtung der Querschnittsforschungsbereich „Klinische Alters-
forschung“ und der interfakultäre Forschungsbereich „Versorgungsforschung“ als Schwer-
punkte der Medizinischen Fakultät festgelegt werden.

        Gerade diese beiden Schwerpunkte eignen sich hervorragend für Forschungsko-
operationen mit den bestehenden Medizinischen Universitäten in Österreich und ermög-
lichen es auch, weitere Konsortialpartner für Forschungsprojekte im Ausland zu gewinnen.

        Schon jetzt ist der innovations- und kapitalstarke Wirtschaftsraum Oberösterreich
prädestiniert für medizinnahe Forschung und Entwicklung, ein Umfeld, das durch das
Forschungspotential einer Medizinischen Fakultät mit ihren Schwerpunktbildungen und
Steuerungspotentialen intensiv gestärkt wird.

1. Klinische Altersforschung

1.1. Definition:
        Die klinische Altersforschung beschäftigt sich mit der Pathogenese, Diagnose,
Prognose und Therapie von Erkrankungen des alten Patienten. Themen dabei sind
Krankheiten, die primär im Alter auftreten sowie die besonderen wissenschaftlichen
Fragestellungen in der Betreuung des alten, vielfach multimorbiden Patienten.
        Alter ist natürlich ein dynamischer Begriff, neben dem rein numerischen Alter ist für
medizinische Entscheidungen und Interventionen das biologische Alter von wesentlicher
Bedeutung. Laut WHO spricht man von einem alten Menschen/Patienten ab einem
Lebensalter von über 65 Jahren. Weitere Unterteilungen definieren "junge Alte" (65-85
Jahre) und "alte Alte" (über 85 Jahre).

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz          Seite 1
1.2. Hintergrund:
        Die demographische Entwicklung, die als „Altern“ der Gesellschaft bezeichnet wird,
zählt zu den tiefgreifendsten Umbrüchen der kommenden Jahrzehnte („Strukturwandel des
Alterns“). Die Altersphase ist in eine umfassende sozial-strukturelle Perspektive zu rücken,
wovon der klinische Altersforschungsbereich einen wichtigen Aspekt darstellt. So erfordert
eine adäquate Versorgung der Alterskohorten eine differenzierte Kenntnis physiologischer
Prozesse und ihrer Veränderung im Alter. Notwendig ist ein Verständnis des komplexen
multidimensionalen Gefüges von Krankheiten, Komorbiditäten und ihrer Behandelbarkeit.
Weiters ist auf die altersspezifischen Bedürfnisse in der Diagnostik und Therapie zu
verweisen, denen in der derzeitigen Versorgungsrealität nicht ausreichend Rechnung
getragen wird. Konsequenterweise fand auch – allerdings erst 2003 – die Medizin des Alters
als Querschnittsfach Eingang in die Ausbildungs-Curricula der Bundesrepublik Deutschland.
        Im Gegensatz zur steigenden Bedeutung für die klinische Routinebetreuung belegen
zahlreiche Analysen, dass ältere Patienten in klinischen Studien deutlich unterrepräsentiert
sind. So zeigt beispielsweise eine retrospektive Analyse an 28.766 Patienten aus 55
onkologischen Registrierungsstudien einen Studienanteil von 9% für Patienten mit 75 Jahren
und darüber, während diese Patientengruppe 31% der Gesamtkrankheitspopulation
ausmachte. Dieses Missverhältnis zeigte sich in dieser Auswertung in fast allen
Krankheitssubgruppen.       Einen       noch   differenzierteren    Vergleich   verschiedener
Alterskategorien zeigt die nachfolgende Abbildung aus dieser Analyse (Abb. 1 aus Talarico
et al.; J Clin Oncol 22: 4626, 2004).

        Die EMA (European Medicines Agency, Dokument EMA 425943/2012) beschäftigte
sich 2012 in einem Workshop mit dem Thema einer sicheren und wirksamen Medikation für
eine alternde Bevölkerung. Es wurde auch hier zusammenfassend festgehalten, dass diese

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz           Seite 2
am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe den größten Verbrauch an Medikamenten
hat, jedoch in klinischen Studien unterrepräsentiert ist. Die EMA hat daher eine spezielle
Strategie (Geriatric Medicine Strategy) entwickelt, um sicherzustellen, dass geriatrische
Medikamente von hoher Qualität sind und bei älteren Patienten adäquat (evidence based
medicine) getestet werden.
           Mehrere Analysen der bestehenden medizinischen Forschungsaktivitäten in
Oberösterreich zeigen eine solide Basis für die Entwicklung des Schwerpunktes „Klinische
Altersforschung" an der Medizinischen Fakultät der JKU. Eine Analyse aus dem Jahre 2009
(Studie zur Errichtung der Medizinischen Universität Linz OÖ der Medizinischen Gesellschaft
für Oberösterreich, November 2009, Seite 184) ergab für die vorangegangenen 10 Jahre
7.862 in PubMed zitierte Publikationen von Ärztinnen und Ärzten in Oberösterreich. Davon
war bei 638 Publikationen die Korrespondenzadresse in Oberösterreich angeben, d.h. dies
sind die Arbeiten, welche primär in Oberösterreich konzipiert und durchgeführt wurden. Der
Impact-Faktor dieser Arbeiten beträgt im Durchschnitt 2,32 (0,23 – 28,64). Eine weitere 5-
Jahresanalyse aus dem Jahre 2012 kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Die bestehenden
Forschungsaktivitäten umfassen ein breites Spektrum der medizinischen Forschung und
zeigen eine intensive nationale und internationale Vernetzung. Dabei sind bereits jetzt
Forschungsaktivitäten mit altersmedizinischem Ansatz vorhanden, die natürlich verbreitert
und       intensiviert    werden        müssen.     Diese      Ausgangslage     sichert   die    notwendigen
Voraussetzungen für die Implementierung des geplanten Forschungsschwerpunktes.

1.3. Strukturen und Forschungsinhalte:
           Leitprofessur         für    diesen    Schwerpunkt      ist   eine    Professur      für    klinische
Altersforschung, die im klinischen Bereich in der Universitätsklinik für Neurologie und
Altersmedizin zu verankern ist und interdisziplinär mit anderen Fachdisziplinen wie
Onkologie, Kardiologie, Orthopädie, Urologie etc. diesen Forschungsschwerpunkt koordiniert
und       entwickelt.    Durch         diese   interdisziplinäre   Kooperation    sowie      Miteinbeziehung
vorhandener Versorgungsabteilungen der JK-Uni-KA werden unterkritische Bereiche in
diesem Forschungsschwerpunkt vermieden.
           Um die Schwerpunktbildung in der klinischen Altersforschung auch über die
Universitätsklinik für Neurologie und Altersmedizin hinausgehend breit zu implementieren,
sind Steuerungsmaßnahmen vorgesehen (z.B. themenorientierte Priorisierung, Vergabe von
Forschungsressourcen im Zentrum für klinische Forschung (ZMF)).

Nachfolgend werden beispielhaft aktuelle Forschungsfragestellungen benannt:
           Planung und Durchführung von mono- und multizentrischen klinischen Studien der
            Phasen       I-IV,    spezifisch      für   alte    Patienten   (medikamentöse            Therapien,
            Medizinprodukte oder physikalische Therapien)
           Kontrollierte Überprüfung von etablierten Therapien ohne ausreichende Datenlage
            zu älteren Patienten

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                              Seite 3
    Etablierung spezieller Studiendesigns für multimorbide geriatrische Patienten mit
          speziell adaptierten Endpunkten wie Lebensqualität oder ADL-Score (Activities of
          Daily Living)
         Erprobung individualisierter Therapiekonzepte mit Krankheits- und patientenspezi-
          fischen Parametern
         Bearbeitung des Themenkreises der speziellen Pharmakokinetik und Polypharmazie
          beim alten Patienten
         Schaffung von Evidenz für spezielle Screening-Maßnahmen im Alter
         Erforschung von Möglichkeiten für möglichst lange Aktivitäts- und Mobilitätserhal-
          tung

         Im Rahmen der Schwerpunktbildung kommen der Medizininformatik wichtige
Aufgaben zu. Medizinische Versorgung auf qualitativ hohem Niveau ist heute ohne die
systematische Informationserfassung, -aufbereitung und –verarbeitung nicht mehr möglich.
Die zunehmende Bedeutung der Medizininformatik verdeutlichen ihre inhaltlichen Schwerpunkte: Archivierung von
Krankenunterlagen, laufende Dokumentation (KIS und weitere Informationssysteme) im Gesundheitswesen,
mobiles Computing, Standards zur Kommunikation und Interoperabilität, medizinische Bildverarbeitung, pervasive
computing, artificial intelligence & machine learning, Telemedizin, Epidemiologie und Krankheitsprävention. Weitere
Betätigungsfelder sind die Mitwirkung bei der Generierung und dem Einsatz von Registern (z.B. Krebsregister)
sowie wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Berechnungen im Gesundheitswesen. Zudem wird der Stellenwert
der Medizininformatik noch weiter steigen, da ihr zunehmend eine relevante Rolle im Qualitätsmanagement in
Medizin und Gesundheitswesen sowie beim Aufbau wissensbasierter Systeme zukommt. Die Medizininformatik ist
ein sektorenübergreifendes Fach, das einerseits den klinischen und nicht-klinischen Bereich verbindet sowie im
Rahmen einer integrativen Versorgung sowohl für den stationären als auch den ambulanten Bereich zuständig ist.
Von der Entwicklung und Implementierung sektorenübergreifender Leitlinien und einrichtungsübergreifender
Behandlungsprogramme ist eine erhöhte Effizienz der Krankenversorgung zu erwarten. Über die TNF der JKU ist
eine Schnittstelle zum bereits bestehenden naturwissenschaftlichen Institut für Bioinformatik gegeben, die
naturgemäß ein hohes Synergiepotential aufweist. Aufgrund dieses Leistungsspektrums und Aufgabengebietes ist
die Medizininformatik eine zentrale Schnittstelle der JKU für intra- und extrauniversitäre Beziehungen und Belange
im Bereich von Wissenschaft und Forschung.

1.4. Interfakultäre Forschungskooperation

         Neben der Entwicklung medikamentöser Therapien und auch der Adjustierung
etablierter      Diagnose-      und     Therapiemaßnahmen              an    die     Altersspezifika      zählen
medizintechnische Entwicklungen zu den großen Hoffnungsgebieten in der klinischen
Altersforschung. Es seien hier nur beispielhaft apparative Vorrichtungen wie die Prothetik
von Sinnes- und anderen Organen zur Verbesserung der abnehmenden Funktionen im Alter
im Bereich Hören, Sehen, Gleichgewicht, Bewegungsabläufe, Miktionsstörungen oder
Defäkationsstörungen genannt. Hier bieten sich mit den bestehenden Schwerpunkten der
Technisch-Naturwissenschaflichen              Fakultät     (TNF)     der    JKU     und     dem     innovativen
Technikforschungsumfeld in Oberösterreich beträchtliche Synergiechancen zur klinischen
Umsetzung innovativer technischer Entwicklungen.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                               Seite 4
Nachfolgend sind einige wichtige Eckpfeiler an der TNF mit Bezug zur klinischen
Altersforschung herausgehoben:

Medizinmechatronik: Mechatronik ist heute aus einem Großteil aller Medizinprodukte nicht
mehr wegzudenken. Auszugsweise sollen hier einige relevante Zukunftsfelder aufgezeigt
werden:

         "Smart (Intelligent) Instruments“
         Entwicklung technischer Hilfsmittel für Menschen mit Beeinträchtigungen,
         Robotik in der Medizin (maschinengestützte Medizin, Rehabilitation, Service-
          Robotik, etc.),
         Ergometrie in der Medizintechnik

Biophysik: Das Institut für Biophysik der JKU hat sich bereits in medizinnahen
Forschungsbereichen profiliert. Exemplarisch werden folgende Bereiche angeführt:

         Biodiagnostik und –sensorik
         biologische Transportsysteme
         Bionanostrukturen
         individualisierte Medizin bzw. kontrollierte Wirkstofffreisetzung
         Metabolismus
         molekulare Photomedizin
         Proteomics
         virtuelle und reale medizinische Biomodelle
         Lab-on-a-Chip Systeme
         Entwicklung und Optimierung neuartiger Diagnosegeräte und Instrumente

Chemie      und   Kunststoff-Technik:     Auch Chemie & Kunststofftechnik          sind   wichtige
Querschnitts-Kooperationspartner für Medizin und Medizintechnik. Kunststoffe lassen sich
an zahlreiche Anwendungen im Körper – temporär oder auf Dauer – anpassen. Wo Metalle
durch Ionenabgabe korrodieren, können Kunststoffe resistent bleiben. Wichtige medizinische
Entwicklungsbereiche auf diesem Feld sind Stents, keramische Mittelohrimplantate,
Implantate für innere Organe, lasttragende Implantate (Knochen). Zudem liefert sie
grundlegende      Beiträge    für   die   Weiterentwicklung    der   molekularen    Medizin   auf
Medikamentenebene (Wirkstoff-Freisetzung, etc.). Letzteres ist auch von großer Bedeutung
für den Bereich der Genetik, insbesondere auch im Sinne einer individualisierten Medizin.
Der Fachbereich Chemie & Kunststofftechnik ist an der JKU stark verankert und engagiert
sich intensiv im medizinnahen Bereich. Forschungsfelder, in denen bereits jetzt
Drittmittelprojekte durchgeführt werden, sind z.B. Biodiagnostik, Bionanostrukturen,

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz               Seite 5
Biopolymere, Biosensorik, Implantatmaterialien, individualisierte Medizin, kontrollierte
Wirkstofffreisetzung,    Metabolomics,    metal     based   drugs,   molekulare     Photomedizin,
Prosthetik, Proteomics, resorbierbare Materialien, tissue engineering, virtuelle und reale
medizinische Biomodelle.

2. Versorgungsforschung

2.1. Definition:

        Versorgungsforschung ist ein fachübergreifendes Forschungsgebiet, das die
Kranken- und Gesundheitsversorgung sowie ihre Rahmenbedingungen beschreibt und
kausal erklärt. Sie trägt zur Entwicklung wissenschaftlich fundierter Versorgungskonzepte
bei, erforscht deren Umsetzung und evaluiert die Wirksamkeit von Versorgungsstrukturen
und    –prozessen      unter   Alltagsbedingungen    und    ist   damit   in   besonderer   Weise
patientenorientiert.

2.2. Hintergrund:

        Die Konzeption der Medizinischen Fakultät der JKU orientiert sich an den
Anforderungen einer in Veränderung begriffenen Struktur des Gesundheitswesens im 21.
Jahrhundert. Eine diesbezüglich kritische Bestandaufnahme erfolgte durch die ÖBIG-Studien
2010 und 2011 („Das österreichische Gesundheitswesen im internationalen Vergleich“), die
insbesondere folgende Herausforderungen benannten:

     Eine der forschungsleitenden Fragestellungen wird die Ausgewogenheit zwischen
      Mittelaufwand und Leistungsergebnissen in der Medizin betreffen, um in Zukunft
      überproportionale Ressourcenintensitäten zu vermeiden bzw. zu reduzieren
     Verbesserung der zur Verfügung stehenden Datengrundlagen für Erhebungen und
      Datenmonitoring, Schulung geeigneter Fachkräfte
     Berücksichtigung neben objektiver Indikatoren auch subjektiver Kennzahlen (z.B.
      selbsteingeschätzter Gesundheitszustand, Patientenzufriedenheit)
     Definition weiterer Performance- bzw. Qualitätsindikatoren (z.B. vermiedene Spitalsfälle
      oder verringerte Mortalität in einer Indikationsgruppe aufgrund eines bestimmten
      Medikamenteneinsatzes)
     Hohe Inanspruchnahme speziell im intramuralen Bereich
     Höhere Aufmerksamkeit bezüglich Public-Health-Aspekten bzw. Funktionen (z.B.
      Gesundheitsdeterminanten, Prävention oder Gesundheitsförderung)
     Stärkere Betonung präventiver Maßnahmen und Aktivitäten

        Die Versorgungsforschung hat sich neben der Grundlagenforschung und der
klinischen Forschung international als dritte Säule der Medizinischen Forschung etabliert, ist
aber bisher in Österreich in dieser Form universitär nicht eigenständig verankert.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                Seite 6
2.3. Strukturen und Forschungsinhalte:

        An der Medizinischen Fakultät werden für den Forschungsbereich der Versorgungs-
forschung ein Lehrstuhl für Versorgungsforschung und ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin
eingerichtet. Die Steuerungsfunktion im Rahmen des Forschungsschwerpunktes ist dem
Lehrstuhl für Versorgungsforschung zugeordnet.
        Die interfakultäre Einbindung dieses Schwerpunktes im Zentrum für Public Health
(siehe auch     2.4.) ermöglicht praxisnahe, patientenorientierte Studiendesigns, optimale
Bedingungen für eine interdisziplinäre Forschung und sichert die extramurale Anbindung
durch das Institut für Allgemeinmedizin.

(Interfakultär) zu bearbeitende Forschungsfelder sind u.a.:

         Bedarfsforschung: Feststellung des objektiven und subjektiven Versorgungsbedarfs
         Inanspruchnahmeforschung: Umfang und Qualität der Inanspruchnahme der
          Leistungen des Gesundheitssystems
         Organisationsbezogene Versorgungsforschung: Analyse und Beschreibung der
          Versorgungsorganisationen
         Versorgungsökonomie:        Ermittlung     der      Kosten     und     des     Nutzens      der
          Versorgungsstrukturen und Prozesse
         Output-Forschung: Analyse von Outcome-Parametern und ihren Einflußfaktoren
         Lebensqualitätsforschung: Erhebung des patient reported outcome
         Erforschung der Umsetzbarkeit präventiver Maßnahmen

Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung:

        Der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin soll neben der Beantwortung fachspezifischer
Forschungsfragen      auch    dazu      beitragen,     dass     das      umfassende      Portfolio    der
Versorgungsforschung auf die spezifischen Bedürfnisse des extramuralen Sektors
umsetzbar gemacht wird, wobei insbesondere die anwendungsbezogene Komponente im
Vordergrund     stehen    soll.     Dazu   können       die    geplanten       allgemeinmedizinischen
Forschungspraxen      einen       wesentlichen     Beitrag    leisten.    So    können       innovative
Versorgungsstrukturen für den extramuralen Bereich erarbeitet und rasch und effizient
umgesetzt werden. Die generierten Lösungsansätze können in kontrollierten Modell- und
Feldversuchen auf ihre Wirksamkeit evaluiert werden und bei nachgewiesener Effizienz
sukzessive regional bzw. überregional ungesetzt werden. Dadurch kann ein fundierter
Beitrag zur Senkung der hohen Inanspruchnahme des stationären Bereichs geleistet
werden.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                       Seite 7
In diesem Rahmen soll auch erforscht werden, inwieweit mit innovativen Ansätzen
(z.B. Kooperationsmodelle zwischen Fakultät und Region, wie z.B. „4 + 1 Modelle“) eine
höhere Attraktivität für die Niederlassung im ländlichen Bereich und damit eine stärkere
Versorgungswirksamkeit zu erzielen ist.

2.4. Interfakultäres Zentrum für Public Health

          Unter dem Begriff Public Health sind all jene Aktivitäten einer Gesellschaft zu
verstehen, die sich mit der Gesunderhaltung, der Gesundheitsförderung und der
Krankheitsvermeidung beschäftigen. Public Health ist also nicht nur eine Aufgabe der
Gesundheitseinrichtungen, sondern ein multidisziplinäres Handlungsfeld. Beiträge aus den
Sozialwissenschaften,           der       Psychologie,           der     Rechtswissenschaften,          der
Wirtschaftswissenschaften und natürlich der Medizin machen Public Health erst möglich.
          An der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät gibt es eine Reihe von
Instituten und Abteilungen, mit denen auf diesem Forschungsfeld eine Zusammenarbeit
geplant       oder   möglich     ist,    z.B.   Institut   für      Volkswirtschaftslehre/Abteilung      für
Gesundheitsökonomie, Institut für Pädagogik und Psychologie, Abteilung für empirische
Sozialforschung; Institut für Angewandte Statistik, Institut für Management Accounting – Non
profit Organisationen.
          Besonders hervorzuheben ist, dass am Institut für Volkswirtschaftslehre der JKU in
den     letzten      Jahren     im      Rahmen      des       vom      FWF     finanzierten     Nationalen
Forschungsnetzwerkes Labor Economics and the Welfare State ein einzigartiger
Individualdatensatz aufgebaut wurde. Diese Daten umfassen das österreichische Geburten-
und    Sterberegister,        Daten     des     Hauptverbandes          der    Sozialversicherungsträger
(Sozioökonomik, Beschäftigungshistorie, …), Daten der Lohnsteuerstatistik sowie Informatio-
nen zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sowohl für den niedergelassenen als
auch für den stationären Bereich. Darüber hinaus übernimmt das Institut die österreichische
Koordination des Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE), der in bisher
5 Wellen interdisziplinäre Information über Alterung von 40.000 EuropäerInnen umfasst. Mit
der vorhandenen Expertise im Umgang mit Massendaten und der breiten Kenntnis in
angewandter Ökonometrie erlaubt diese Datenbasis international kompetitive Analysen
sowohl im Bereich der Gesundheitsökonomie als auch in der Versorgungs- und
Alterungsforschung.
          Die Rechtswissenschaftliche Fakultät kann mit ihren Fachbereichen, wie z.B.
Zivilrecht,    öffentliches    Recht,    Strafrecht,   etc.      eingebunden    werden.       Eine   bereits
fachspezifisch eingerichtete Organisationseinheit ist das Institut für Recht der sozialen
Daseinsvorsorge und Medizinrecht.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                         Seite 8
Nachfolgend werden die Punkte 1-11 der Stellungnahme des BMWF vom Februar 2013
vertieft:

1.   Definition der strategischen Ziele
    Festlegung      der   Forschungs-   und   Handlungsfelder     im   Sinne    einer   dringend
     erforderlichen Ergänzung der bestehenden Forschungsziele an den bestehenden
     Universitäten
    Effizienzsteigerung     der   medizinischen    Forschung     (sowohl      Grundlagen-    wie
     anwendungsorientiert) durch fakultätsübergreifende Kooperationspotentiale
    Bekenntnis zur Einheit von Lehre und Forschung (forschungsorientierte bzw.
     forschungsgeleitete Lehre)
    Fokussierung der Forschung auf den Patienten mit seinen Bedürfnissen (vermehrte
     Berücksichtigung       patientenbezogener      Endpunkte      sowie       des   Parameters
     Lebensqualität)
    Entwicklung der       klinischen Altersforschung als Querschnittsforschungsschwerpunkt
     der medizinischen Fakultät
    Etablierung der Versorgungsforschung als international orientierten Schwerpunkt
    Optimierung von Forschungsressourcen durch Einrichtung eines Zentrums für
     medizinische Forschung (ZMF)
    Erhöhung der Drittmittelforschung
    Effizienzsteigerung durch kooperative interuniversitäre Forschungsprojekte

        Mit dieser Schwerpunktsetzung in Forschung und Lehre wird die Medizinische
Fakultät der Johannes Kepler Universität Linz den im Hochschulplan unter Punkt 3.4 für die
Bereiche Forschung, Lehre, Studierende und Wissenstransfer formulierten Inhalten in
hohem Maße gerecht.

2.   Detaillierte Bestandsaufnahme

Stärken

        Für die Forschung und Lehre im klinischen Bereich stehen in Oberösterreich
bestens ausgestattete moderne Krankenhäuser zur Verfügung (Neubau fertig gestellt: AKH
1998 bis dato; LNK WJ 2001 und LFKK 2007). Bereits jetzt wurde der Prozess für einen
Zusammenschluss der das zukünftige Universitätsklinikum bildenden drei Krankenanstalten
eingeleitet.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz               Seite 9
Obwohl an den Krankenanstalten in OÖ bislang keine universitären Abteilungen
eingerichtet sind, werden hier seit Jahren beachtliche Forschungsleistungen erbracht.
Sowohl nach den Untersuchungen der Medizinischen Gesellschaft (7.862 Publikationen in
peer-reviewed Journals in den letzten 10 Jahren) als auch nach einer aktuellen
Untersuchung, die die letzten 5 Jahre auswertet, entsprechen die bisherigen Publikationen
medizinischer Forschung in Oberösterreich universitärem Niveau und steigen in den letzten
Jahren zahlenmäßig stetig an.
         Weiters existiert bereits jetzt eine beträchtliche nationale und internationale
Vernetzung (erkennbar an der Anzahl der Ko-Autorenschaften). Zahlreiche Abteilungen
betreiben erfolgreiche Kooperationen mit anderen Kliniken in Österreich und sind mit
internationalen universitären und außeruniversitären Kooperationspartnern vernetzt.
         Diese Verankerung in der internationalen scientific community ist v.a. durch die
Publikationstätigkeit von ÄrztInnen aus dem geplanten Universitätsklinikum und den
vorgesehenen Partner-Krankenanstalten gewährleistet und wird auch durch die signifikant
hohe Anzahl von Publikationen im Bereich von Abteilungen, in denen der Abteilungsvorstand
habilitiert ist, unterstrichen.
         Die Sichtbarkeit der medizinischen Forschung in Oberösterreich hängt auch mit der
besonderen Struktur der Ärzteschaft zusammen. So verfügen aktuell die Krankenanstalten in
Oberösterreich über ca. 110 habilitierte sowie – darüber hinaus – weitere 350
wissenschaftlich tätige ÄrztInnen (Kriterium: Publikationen in anerkannten Zeitschriften). Die
vorgesehene Universitätsklinik (bestehend aus LFKK, LNK WJ, AKH Linz) verfügt bereits
jetzt   über   ca.   50    habilitierte   und   150   wissenschaftlich   tätige   ÄrztInnen,   eine
forschungsorientierte Lehre ist im Hinblick auf dieses Personalportfolio in besonderem Maße
gegeben.
Aktuelle Erhebung Jänner 2013

                                                                   Wissenschaftlich
Krankenhaus                               Habilitierte ÄrztInnen
                                                                   tätige ÄrztInnen

KH der Elisabethinen                      16                       61
Klinikum Wels-Grieskirchen                15                       92
LFKK                                      9                        35
Landes-Nervenklinik WJ                    11                       23
AKh Linz                                  27                       92
Barmherzige Schwestern Linz               10                       13
Barmherzige Brüder Linz                   10                       13
LKH Steyr                                 4                        7
LKH Vöcklabruck                           4                        5
KH Ried                                   5                        ca. 8-12
Summe                                     110                      352

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz               Seite 10
Die    Ethikkommission       des         Landes       Oberösterreich        ist    als    Leithethik-Kommission
(Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 10.6.2005) anerkannt.

Im folgenden sind die Neuanträge 2012 dargestellt:

Studien                                    Neuanträge 2012

Leit-Studien nach AMG                      23
Lokale Studien nach AMG                    74
Studien nach MPG                           24
Sonstige Studien                           63
Summe                                      184

Schwächen

           Da bisher die Patientenversorgung in den Krankenhäusern im Vordergrund stand,
hat sich die oberösterreichische Forschungslandschaft vorwiegend aufgrund persönlicher
Initiativen entwickelt.
           Damit einhergehend konnte sich noch keine abgestimmte und koordinierte
Forschungsstruktur entwickeln.
           Auch die Kooperation mit Firmen (z.B. Pharmaindustrie und andere) wurde nicht
systematisch aufgebaut.
           Ebenfalls      wurde          dadurch        die   Fokussierung               auf    einige       wenige
Forschungsschwerpunkte             mit     einer      Bündelung      der     Ressourcen           (z.B.    klinisches
Studienzentrum) noch nicht erreicht.
           Für Forschungsvorhaben im nichtklinischen Bereich sind noch keine adäquaten
Strukturen verfügbar, diese müssen erst sukzessive aufgebaut werden.

3.    Überblick über den nationalen medizinischen Forschungsraum

           Der mehrjährigen Konzeptionsphase zur Begründung einer medizinischen Fakultät
ist   eine    ausführliche    Analyse           des     nationalen    medizinischen            Forschungsraumes
vorausgegangen,           welche         zur       Entscheidung       für         die     unten         ausgeführten
Forschungsschwerpunkte der Fakultät Linz führte (siehe auch Studie zur Errichtung der
Medizinischen Universität Linz OÖ der Medizinischen Gesellschaft, pp 100-116). Eine
aktuelle     Analyse,     abgeschlossen            im    Januar      2013,        bestätigte      die     gewählten
Forschungsschwerpunkte.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                                 Seite 11
Auch in Zukunft soll die weitere Ausgestaltung der Forschungslandschaft unter
Berücksichtigung relevanter internationaler Entwicklungen in Abstimmung mit dem
nationalen        medizinischen     Forschungsraum     erfolgen      (s.         Hochschulplan),    um
Doppelgleisigkeiten und Konkurrenzierungen zu vermeiden.

4.       und 5. Konsistente Schwerpunktsetzung – Definition und Benennung der
         Forschungsschwerpunkte

Das Forschungskonzept für die Medizinische Fakultät berücksichtigt das bestehende
Forschungsumfeld um Synergiepotentiale zu heben. Folgende Schwerpunkte wurden
definiert:

     •     Klinische Altersforschung als Querschnittsforschungsbereich
     •     Versorgungsforschung als interfakultärer Forschungsbereich

Eine ausführliche Beschreibung dieser Forschungsschwerpunkte erfolgte oben.

6.       Beschreibung      von    gangbaren      Ansätzen      für         die      Umsetzung      des
         Forschungskonzeptes

Die Umsetzung des Forschungskonzeptes ist durch nachfolgende Punkte gewährleistet:

        Sachgerechte Berufungspolitik unter Berücksichtigung der Forschungsschwerpunkte
        Stufenweiser, qualitätsvoller Ausbau der Fakultät gemäß dem vorgelegten Konzept
        Bereits vorliegendes Kostenabschätzungsmodell mit transparenter Definition des
         klinischen Mehraufwandes
        Gesicherte Anschubfinanzierung durch Stadt und Land
        Unterkritische Bereiche werden durch geeignete Kooperationsmodelle mit den
         Versorgungsabteilungen des Universitätsklinikums bzw. der Partner-Krankenanstalten
         vermieden
        Nutzung der bestehenden Expertise im Unterricht von Medizinstudenten und der
         bereits bestehenden Vernetzung mit den Medizinischen Universitäten Österreichs, da
         die oberösterreichischen Krankenanstalten zu einem großen Teil seit vielen Jahren
         anerkannte und zertifizierte Lehrkrankenhäuser sind
        Berücksichtigung der Forschungsschwerpunkte im Curriculum (forschungsgeleitete
         Lehre)

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                    Seite 12
7.   Konkretes Aufzeigen von realistischen Möglichkeiten für Schnittstellen bzw.
     interdisziplinäre Forschungskooperationen

        Die    Schnittstellen     zur     Sozial-   und      Wirtschaftswissenschaftlichen    sowie
Rechtswissenschaftlichen Fakultät wurden bereits exemplarisch genannt und sind im
Forschungskonzept dargestellt.
        An dieser Stelle sei eine demonstrative Aufzählung einiger Schnittstellen sowie
Kooperationsmöglichkeiten        an     der   TN-Fakultät    angeführt:   Neuronavigation    in   der
Neurochirurgie,       computergesteuerte         Operations-       bzw.   Untersuchungstechniken,
Prothetikversorgung (Übertragung neuronaler Steuerung auf Prothesen), Biostimulatoren,
wie z.B. Vagusnerv-Stimulator, etc. Kunststofftechnik und Prothetikforschung ergänzen
einander ebenfalls. Eine wichtige interdisziplinäre Studien- und Forschungsrichtung aus dem
Bereich der Mechatronik ist die Medizin-Robotik. Diese beschäftigt sich neben der
Exoprothetik insbesondere mit Bewegungsanalyse und –diagnose, aktiven Geh- und
Fahrhilfen, Service Robotern als Pflegehilfe, Hebelhilfen in der Altenpflege, Transport-
systeme für Patienten, Operationsassistenz, etc.
        In diesem Sinne wird auch über die bewährten Strukturen des „Clusterland
Oberösterreich“ eine Vernetzung und wechselseitig aufeinander abgestimmte und sich
ergänzende kooperative Tätigkeit mit anderen, bereits etablierten außeruniversitären
Institutionen von Stadt und Land angestrebt:

    Fachhochschulen Oberösterreich
     Im Gegensatz zur universitären Forschung bewirtschaften die Fachhochschulen Oberösterreichs
     ausschließlich anwendungsorientierte industrielle Bereiche.
                  -   Medizintechnik
                          o     Medizinprodukt-Entwicklung
                          o     REHA-Technik und präventivmedizinische Entwicklungen
                          o     Biomedizinische Mikroskopie
                  -   Medizinische Softwareentwicklung/Bioinformatik, v.a.
                          o     Bildgebende Verfahren
                          o     Medizinische Simulation
                          o     Datenanalyse
                          o     Aufbau semantischer Netzwerke

    BioMed-zet Life Science GmbH
     Als größtes Ausbildungszentrum Europas ist maz (mikrochirurgisches Ausbildungs- und
     Forschungszentrum) weit über Österreich hinaus bekannt.
     Mit der gegenwärtigen Verteilung der medizinischen Universitäten ist maz auf Experten von
     anderen Universitätsstandorten angewiesen. Auch der zweite Bereich der BioMed-zet Life
     Science GmbH – die Zell- und Molekularbiologie – könnte einen großen Nutzen aus einer
     engeren Zusammenarbeit mit der medizinischen Fakultät in Linz ziehen; umgekehrt jedoch auch

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                 Seite 13
die Universität im Bereich der „Alternativmethoden zu Tierversuchen/wissenschaftlicher
     Tierschutz“, in dem BioMed-zet eine Vorreiter-Rolle eingenommen hat.

8.   und    9.   Potentialanalyse      im     Hinblick   auf    nationale       und    internationale
     Forschungskooperationen

Dieses Thema ist unter den Punkten 2 und 11 behandelt.
        Wie ausgeführt, existiert bereits jetzt eine beträchtliche nationale und internationale
Vernetzung (erkennbar an der Anzahl der Ko-Autorenschaften). Zahlreiche Abteilungen
betreiben erfolgreiche Kooperationen mit anderen Kliniken in Österreich und sind mit
internationalen universitären und außeruniversitären Kooperationspartnern vernetzt.

10. Lösungsansätze            für       die       Überwindung             von         unterkritischen
     Forschungsschwerpunkten

        Unterkritische      Bereiche        im     klinischen         Bereich     außerhalb         des
Forschungsschwerpunkts        werden     durch    geeignete      Kooperationsmodelle          mit   den
Versorgungsabteilungen       des    Universitätsklinikums      bzw.     Abteilungen     der    Partner-
Krankenanstalten vermieden. Bei den anderen Forschungsschwerpunkten erfolgt die
Schwerpunktsetzung mit entsprechendem Potenzial.

11. Lösungsansätze für das Erreichen internationaler Sichtbarkeit und Exzellenz in
     den Forschungsschwerpunkten

    Sachorientierte Berufungspolitik („Leuchttürme“)
    Steigerung der Publikationstätigkeit (über das Instrument der Zielvereinbarung und
     eines Anreizsystems)
    Personalentwicklung (mittels geeigneter Karrieremodelle)
    Mittelzuweisungen in Abhängigkeit von der Forschungsleistung
    Ausbau von Kooperationen mit nationalen und internationalen Partnern in den
     Forschungsschwerpunkten

In der Gründungsphase wird die Implementierung des Forschungsschwerpunktes unterstützt
durch
        Univ. Prof. Dr. Holgar Pfaff, Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und
Rehabilitationswissenschaft (IMVR) der Humanwissenschaftlichen und der Medizinischen
Fakultät der Universität zu Köln.
Prof. Pfaff ist der Leiter des Deutschen Netzwerkes für Versorgungsforschung.

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                    Seite 14
Univ.-Prof. Prim. Dr. Josef Thaler, Abteilung Innere Medizin IV, Hämatologie,
Internistische Onkologie und Palliativmedizin, Nephrologie und Dialyse, Klinikum Wels-
Grieskirchen.
Prof. Thaler ist Vorstandmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie,
Präsident der Österreichischen Krebshilfe Oberösterreich, Leiter der kolorektalen Branch und
Vorstandsmitglied der ABCSG, Vizepräsident der Arbeitsgemeinschaft medikamentöse Tumortherapie,
Gründungsmitglied und österreichischer Vertreter der European Investigators on CML. An der JKU
Linz       leitet   er   zusammen   mit   Prof.   Buchegger   die   seit   mehreren   Jahren   angebotenen
Universitätslehrgänge „Clinical Research“, „Advanced Clinical Research“ sowie „Public Health“ und
„Gesundheitsmanagement“.
Im Rahmen seiner Forschungsschwerpunkte setzt sich Prof. Thaler seit vielen Jahren intensiv mit der
klinischen Forschung inklusive spezieller Altersfragestellungen auseinander.

Weitere fachliche Expertise haben zugesagt:

             Univ.-Prof. Dr. Michael Koller/Regensburg, Zentrum für Klinische Studien
             Univ. Prof. Dr. Ferdinand Gerlach, Frankfurt
              Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM)
              Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit der Deutschen Bundesregierung
             Univ. Prof. Dr. Antonius Schneider, München
              Leiter der Sektion Forschung der DEGAM
             Univ. Prof. Dr. Antje Bergman, Dresden
              Leiterin der Sektion Studium und Hochschule der DEGAM
             Univ. Prof. Dr. Wilhelm Niebling, Freiburg
              Präsident der Gesellschaft der Hochschullehrer für Allgemeinmedizin in Deutschland

Wissenschaftliche Schwerpunktbildung der Medizinischen Fakultät der JKU Linz                       Seite 15
Unterlage für den 5. April 2013

                            Ärztedichte und Ärztebedarf

Ärztedichte

Die Ärztedichte drückt die Zahl der praktizierenden Allgemeinmedizinerinnen/Allgemein-
mediziner sowie Fachärztinnen/Fachärzte je 1.000 Einwohner aus.

Österreich liegt mit einem Versorgungsgrad von 4,7% über dem EU-Schnitt von 3,5%. Einer
der Gründe dafür ist, dass Österreich ein flächendeckendes, regional sehr gut ausgebautes
Gesundheitssystem mit einer hohen Krankenhausdichte hat. Zudem wird im Vergleich zu
anderen europäischen Ländern in Österreich die Einhaltung der Regelungen des
Krankenanstaltenarbeitszeitgesetzes (KA-AZG) von den Krankenhausträgern konsequent
umgesetzt und vom Arbeitsinspektorat sorgfältig kontrolliert. Die Strukturqualitätskriterien
sehen in Österreich in vielen Fachabteilungen einen rund um die Uhr zu leistenden ärztlichen
Präsenzdienst, welcher entsprechend personalintensiv ist. Weiterhin gilt die Ärztedichte nur
als ein sehr grobes Maß zur Einschätzung der Versorgungssituation, weil sie verschiedene
Aspekte nicht berücksichtigt, wie z.B. etwa die Teilzeitbeschäftigung. Gerade Oberösterreich
weist eine hohe Teilzeitquote bei den Ärztinnnen/Ärzten auf.

Ein Großteil des ärztlichen Personals ist daher für die Einhaltung der medizinischen
Qualitätsstandards unbedingt erforderlich, welche durch die österreichische Gesetzgebung
vorgegeben sind. Würde man dem Beispiel anderer europäischer Länder folgen und die
wöchentliche Arbeitszeit von Ärztinnen/Ärzten weiter herabsetzen, so würde der Bedarf in
Österreich weiter ansteigen.

Im bundesweiten Vergleich liegt Oberösterreich, was die Ärztedichte anbelangt, an vor-
letzter Stelle (s. nachfolgende Abbildung):

Medizinische Fakultät der JKU Linz                                                    Seite 1
Berufsausübende Fachärzte und -ärztinnen auf
                         100.000 Einwohner nach Bundesländern 2011
     Ö                                                         239,9
   Bl d                                           178,5
    OÖ                                            180,4
   Vbg                                             185,3
    Ktn                                              197,0
    NÖ                                                    213,1
  Stmk                                                     221,6
   Sbg                                                            246,4
    Ti r                                                           256,1
  Wi en                                                                                    353,3

           0       50        100        150        200        250          300        350          400
                                        auf 100.000 Einwohner

Datenquelle österreichische Ärztekammer, 4.1.2011

                   Berufsausübende Ärzte und Ärztinnen für Allgemeinmedizin
                        auf 100.000 Einwohner nach Bundesländern 2011

        Ö                                                                          158,7
      Vbg                                                  107,6
       Ti r                                                     121,9
      Bl d                                                                135,9
        OÖ                                                                        155,3
       Sbg                                                                           163,4
       NÖ                                                                             166,9
     Stmk                                                                             169,5
    Wi en                                                                             170,9
     Ktn                                                                              171,2

               0                 50                  100                    150                    200
                                       auf 100.000 Einwohner
   Land OÖ, Abt. Statistik; Daten: Statistik Austria, Österr. Ärzte- u.
   Zahnärztekammer

Datenquelle österreichische Ärztekammer, 4.1.2011

Medizinische Fakultät der JKU Linz                                                                       Seite 2
Ärztebedarf

I. Zehn Ursachen

II. Gegenmaßnahmen

III. Daten und Fakten

   1. Auf Bundesebene

   2. Auf Ebene Oberösterreich

I. Zehn Ursachen für einen wachsenden Ärztebedarf

   1. Die Entwicklung des medizinischen Fortschritts
   Die zunehmende medizinische Leistungsfähigkeit führt zunehmend zu mehr diagno-
   stischen und therapeutischen Maßnahmen.

   2. Zunehmende Spezialisierung in der Medizin

   3. Der demographische Wandel der Bevölkerung
   Der Behandlungsbedarf nimmt in einer immer älter werdenden Gesellschaft deutlich zu.

   4. Demographische Entwicklung der Ärzt/innen
   Der Anteil an Ärztinnen/Ärzten mit einem Alter über 50 Jahren ist bereits sehr hoch (s.
   nachfolgende Abbildung):

Medizinische Fakultät der JKU Linz                                                    Seite 3
Datenquelle: Oberösterreichische Ärztekammer

                                           Anteil österreichischer Ärzte und Ärztinnen, welche bis zu einem bestimmten
                                                               Jahr in Pension gegangen sein werden
                                  70%
                                  65%
                                  60%
                                  55%
    Anteil der Ärzte in Prozent

                                  50%
                                  45%
                                  40%
                                  35%
                                  30%
                                  25%
                                  20%
                                  15%
                                  10%
                                  5%
                                  0%
                                    2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030
                                        Pensionsantrittsalter 65 Jahre          Pensionsantrittsalter 63 Jahre   Pensionsantrittsalter 60 Jahre
                           Land OÖ, Abt. Statistik; Daten: österreischische Ärztekammer 2013

Medizinische Fakultät der JKU Linz                                                                                                                Seite 4
5. Die Feminisierung des Ärzteberufes

   Die Medizin wird zunehmend weiblich. Derzeit sind in Österreich 6 von 10 Turnusärzten
   weiblich. Dieses Faktum erhöht die berufliche Fluktuation und Teilzeitquote. Dieser Trend
   ist auch aus der nachfolgenden Graphik der deutschen Bundesärztekammer erkennbar:

 Die durchschnittliche Arbeitszeit von Frauen ist deutlich niedriger als die von Männern:

   Geleistete Wochenstunden               Ärztinnen                    Ärzte

              unter 21                      14,2%                       3,7%

              21 - 31                       12,1%                       1,6%

              32 - 35                       4,3%                        4,8%

              36 - 39                       9,2%                        7,5%

                40                          23,4%                      23,5%

              41 - 44                       5,0%                        6,4%

           45 und mehr                      31,8%                      52,5%

 Symposium "Demographischer Wandel in Deutschland" der BÄK 27.8.2009, Quelle: Mikrozensus

Medizinische Fakultät der JKU Linz                                                    Seite 5
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