Familien in Zeiten der Coronapandemie - Herausforderungen für die Arbeit in Familienzentren - Familienzentrum NRW
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Gefördert durch: Familien in Zeiten der Coronapandemie – Herausforderungen für die Arbeit in Familienzentren Fachkongress: NRW-Familienzentren – Mehr Chancen im neuen Jahrzehnt Hauptvortrag am 28.10.2021 Hanna Lena Maly-Motta, Mariana Grgic, Bärbel Barbarino
… für familienbezogene Infrastrukturen Gesundheits- wesen Kita Hilfen zur Erziehung Schule Frühe Hilfen Familienbildung Familienbildung und und -beratung -beratung Gefördert durch:
Das Öffnungs- und Schließgeschehen im System der öffentlichen Kindertagesbetreuung 1. KiTa-Schließungen 2. KiTa- Corona KiTa-Öffnung Schließungen Notbremse KiTa- Öffnung 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Feb Mar Apr May Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mar Apr May Jun Jul Aug 2020 2021 Es gab immer wieder Phasen, in denen öffentliche Betreuung von Kindern nicht möglich war 4
Besonders Kitas mit einem höheren Anteil an Kindern mit niedrigem sozioökonomischen Status hatten während des zweiten Lockdowns eine geringere Betreuungsauslastung. Viele Kinder aus sozial benachteiligten Familien, die besonders von frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung profitieren können, besuchten ihre Kindertageseinrichtung damit zeitweise gar nicht. Quelle: Autorengruppe Corona-KiTa-Studie, 2021
Spannungsfeld der Arbeit mit Familien im Zuge der Pandemie Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Infektions-/ Kindertageseinrichtungen Gesundheitsschutz (§§ 22, 22a Abs. 2 SGB VIII), und Eindämmung der und der allgemeinen Förderung Verbreitung von COVID-19 der Erziehung in der Familie (§ 16 SGB VIII) Gefördert durch:
Fragestellungen der Corona-KiTa-Studie Arbeit mit Familien, Familien Eltern und Kindern • Wie gelingt die Einhaltung von Schutz- und • Welche Sorgen haben Eltern? Hygienemaßnahmen im Arbeitsalltag, der • Wie kommen Familien mit der enge/persönliche Kontakte voraussetzt? Ausnahmesituation während • Besteht dazu eine hinreichende der Pandemie zurecht? Medienausstattung? • Was hat geholfen, was hat es • Wie gelingt Kooperation, Kommunikation schwerer gemacht? und Aufrechterhaltung der Beziehung zu • Wie geht es den Kindern? Eltern während der Pandemie? • Entstanden zusätzliche Förderbedarfe bei Kindern im Zuge der Pandemie? Gefördert durch: • Wie gelang pädagogische Arbeit unter pandemischen Bedingungen?
Vorstellung der Studie CoKiss- Leitungsbefragung KiBS- Elternbefragung Gefördert durch: Abbildung: Schematische Darstellung der vier Module des Corona-KiTa-Projekts
CoKiss-Leitungsbefragung Hygiene- und Schutzmaßnahmen „Klassische“ Hygienemaßnahmen wie Desinfizieren, Lüften sowie Händewaschen bei Beschäftigten und Kindern, werden von nahezu allen Kitas seit Beginn der Pandemie angewendet. Die Mehrheit schätzt die Umsetzbarkeit als gut ein. Mund-Nasen-Schutz die Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen war seit Oktober 2020 stark verbreitet. Dies gilt insbesondere in Bezug auf das Masketragen durch die Eltern. Reduktion von Kontaktmöglichkeiten seit Dezember 2020 haben rund 90% aller Kitas zudem eine Betreuung in getrennten Gruppen und feste Personalzuweisung je Gruppe eingeführt; etwa 10% der Kitas sehen die Umsetzung dabei aber als schwierig an. Umgang mit Symptomen/Symptomlosigkeit Tägliche Temperaturmessung bei Beschäftigten und Kindern wird eher selten angewandt (in max. 15% der Kitas); seit März/April 2021 testen nahezu alle Kitas die Beschäftigten, mit zunehmend positiver Bewertung der Umsetzbarkeit.
CoKiss-Leitungsbefragung Nachholbedarf in der Medienausstattung Videokamera 27 9 27 36 • In einigen Einrichtungen fehlt Digitalkamera 7 30 59 4 es an Ausstattung mit wichtigen Medien Tablet 44 14 18 25 • Dies spiegelt die Situation in Smartphone 35 9 18 38 weiten Feldern der Kinder- und Jugendhilfe wieder, in Computer/Laptop 51 48 denen häufig Handlungsbedarf hinsichtlich Internetzugang 34 65 der digitalen Ausstattung besteht (Anbindungs- und Festnetztelefon 15 84 Ausstattungsrückstände)(Fach- verbände für Erziehungshilfen in 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Deutschland 2021) Nicht vorhanden und weiterer Bedarf Vorhanden und weiterer Bedarf Vorhanden und kein weiterer Bedarf Nicht vorhanden und kein weiterer Bedarf Abbildung: Medienausstattung von Kindertageseinrichtungen nach Geräten (in % der Kitas), Datenquelle: DJI, CoKiSS-Leitungsbefragung, ungewichtete Daten, Welle 1 und 2, Datenstand: 17.08.2021, n = 4.366
CoKiss-Leitungsbefragung Kooperation, Kontakt und Beziehungsgestaltung Kommunikationswege beim Kontakt mit Eltern Persönlicher Kontakt unter Beachtung 73 21 6 von Abstand Telefon 68 30 1 • Persönlicher Kontakt zu E-Mail 46 42 12 den Eltern blieb auch während der Pandemie Briefe 16 67 17 wichtig (unter Textnachrichten (z. B. SMS, WhatsApp, etc.) 19 15 67 Einhaltung der Persönlicher Kontakt Schutzmaßnahmen). 7 6 87 ohne ausreichenden Abstand • Kontakte über digitale Selbstgedrehte Videos (z. B. Aufführung eines 5 23 72 Medien (Videochat, Puppentheaters) Videobotschaften) Aufgenommene Videobotschaften 5 22 73 (z. B. Grüße) fanden weniger Videochat 5 22 73 regelmäßig statt. (z. B. Skype, Zoom, etc.) Soziale Netzwerke 3 6 91 (z. B. Facebook, etc.) 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Mindestens 1-2 Mal pro Woche 1-2 Mal im Monat oder seltener Nie Abbildung: Kommunikationsformen der Kindertageseinrichtungen (in % der Kitas, Dezember bis April 2021), Datenquelle: DJI, CoKiSS- Leitungsbefragung, ungewichtete Daten, Welle 1 und 2, Datenstand: 17.08.2021, n = 4.366
Kontakt, Kooperation und Beziehungsgestaltung mit Eltern Auch in der Familienbildung und Familienberatung (Juncke et al., 2021) und in anderen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe (Mairhofer et al., 2020) wurden neue Kontaktformate eingesetzt (z.B. Telefon-, Online- und Chatberatung). Durch strikte Regeln zur Gestaltung sozialer Kontakte fielen aber auch wichtige Möglichkeiten des Beziehungsaufbaus, des Aufbaus einer tragfähigen Arbeitsbeziehung und der Bearbeitung schwieriger Themen weg (Mairhofer et al, 2021). Sozial benachteiligte Familien und Familien mit Migrationshintergrund wurden von Familienbildungs- und -beratungseinrichtungen weniger gut erreicht (Juncke et al., 2021).
CoKiss-Leitungsbefragung Höhere Förderbedarfe bei Kindern • Viele Kita- Leitungen sehen (viel) mehr Förderbedarf bei Kindern als vor dem Ausbruch der Pandemie • Insbesondere in Einrichtungen mit einem höheren Anteil (über 30%) an Kindern mit niedrigem sozio- ökonomischem Status (SES) Abbildung: Förderbedarf nach Bereichen und Kita-Zusammensetzung (in % der Kitas; SES = sozioökonomischer Status): DJI, CoKiSS-Leitungsbefragung, ungewichtete Daten, Welle 1 und 2, Datenstand: 17.08.2021, n = 4.366
CoKiss-Leitungsbefragung Pädagogische Arbeit während der Pandemie Häufige Umsetzung der pädagogischen Kernaufgaben (sprachliche, sozial- emotionale, motorische Förderung) über alle Phasen der Pandemie hinweg (Autorengruppe Corona-KiTa-Studie, 2021). Etwas weniger häufig wurden ergänzende Förderbereiche umgesetzt (MINT-Bildung, musikalisch-künstlerische Bildung, Gesundheitsförderung). Im Zeitraum von Dezember 2020 bis Februar 2021 (während der zweiten Pandemiewelle) wurde beinahe alle Aktivitäten heruntergeschraubt, besonders jedoch die interkulturelle Arbeit, Zusammenarbeit mit Eltern und Vorschularbeit.
KiBS-Elternbefragung Auch Eltern machten sich Sorgen • Aufgrund von Einschränkungen in der Freizeit (geschlossene Sportangebote, Spielplätze, Museen etc.) waren bei Eltern vor allem die Sorgen vor Entwicklungsnachteilen des Kindes in der sozialen Entwicklung erhöht. • Mit zunehmender Öffnung des sozialen Lebens nahmen die Sorgen wieder ab. Gefördert durch: Abbildung: Sorgen von Eltern über Entwicklungsnachteile des Kindes in unterschiedlichen Bereichen: DJI, KiBS-Elternbefragung, ungewichtete Daten, MZP 6-9, Datenstand: 07.09.2021, n = 5 687-4 098
KiBS-Elternbefragung Unterstützungsangebote für Eltern Rund 27 % der Eltern nahmen aufgrund der Belastungen während der Pandemie mindestens ein Unterstützungsangebot in Anspruch (Angebote der Familienbildung oder -förderung, Erziehungsberatung, Beratung in der Kita, SPFH). 22 % der befragten Eltern hätten gerne wenigstens eine der genannten Leistungen genutzt, jedoch war kein Angebot verfügbar. 32 % der Eltern hätten sich gewünscht genauer über die verschiedenen Unterstützungsangebote für Familien, Eltern und Kinder informiert zu werden (z.B. durch den Kinderarzt, die Kindertageseinrichtung). Bei 6 % der Kindern wurde im Zuge der Pandemie ein besonderer Förderbedarf festgestellt.
KiBS-Elternbefragung Wie ging es den Kindern? - Kindliches Wohlbefinden aus Elternsicht • Kinder vermissten nach Einschätzung der Eltern vor allem ihre Freunde und Freundinnen. • Insgesamt kamen Kinder aus Sicht der Eltern aber gut mit der Ausnahme- situation während der Pandemie zurecht. Gefördert durch: Abbildung: Unterschiedliche Indikatoren kindlichen Wohlbefindens über die Zeit: DJI, KiBS-Elternbefragung, ungewichtete Daten, MZP 1-9, Datenstand: 07.09.2021, n = 8 917-4 098
Kindliches Wohlbefinden – Ergebnisse anderer Studien Insgesamt zeigen andere Studien, dass es bei Kindern und Jugendlichen aber auch zu schwerwiegenderen akuten Anpassungsreaktionen während der Pandemie kam: In den ersten Wochen der Pandemie zeigten Kinder und Jugendliche häufig Symptome von Depression und Angst und entwickelten emotionale (z.B. übermäßige Sorge oder Traurigkeit) und psychosomatische Symptome (z.B. unerklärliche Kopfschmerzen oder körperliche Schmerzen) (Schlack et al., 2020) Prävalenz psychischer Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen ist insgesamt deutlich gestiegen (Ravens-Sieberer et al., 2021a, 2021b; Bujard et al., 2021)
Und wie ging es den Eltern? Jede siebte Familie verzeichnete finanzielle Einbußen, Alleinerziehende überpoportional (IfD Allensbach, 2021); Selbständige und Minijobber:innen (häufig Zweitverdienst) besonders betroffen (Bonin et al., 2021) Unterschiedliche Pole des Erlebens: Erschöpfung durch wegbrechende soziale Kontakte und Infrastrukturen vs. Entlastung durch mehr Zeitsouveränität und „Entschleunigung“ im Familienkontext (Andresen et al., 2020; Bujard et al., 2021, Autorengruppen Corona-Kita-Studie 2021) Insgesamt höhere Stressbelastung, Erschöpfung und Gereiztheit mit zunehmender Dauer der Pandemie (IfD Allensbach, 2021; Bujard et al., 2021) vor allem bei jenen Eltern, die besonders stark vom Öffnungs- und Schließgeschehen in den KiTas betroffen waren (Autorengruppe Corona-Kita-Studie 2021)
KiBS-Elternbefragung Elterliches Wohlbefinden • Bei allen Eltern ließ sich über die unterschiedlichen Phasen der Pandemie hinweg ein erhöhtes Stresserleben verzeichnen. • Es bestanden Unterschiede im elterlichen Stresserleben nach der öffentlichen Betreuung des Kindes. Gefördert durch: Abbildung: Subjektives Stresserleben der Eltern über die unterschiedlichen Phasen der Pandemie hinweg, ungewichtete Daten, MZP 1-10, Datenstand: 24.09.2021, n = 8 917-3 746
KiBS-Elternbefragung Höheres Maß sozialer Isolation 100% 90% 80% 77% 70% 65% 63% • Freizeitangebote, non- 60% 54% formale 50% 46% Bildungsmöglichkeiten 40% 35% 37% und Kontakte des 30% nahen Sozialraums, die 23% Entlastung für Familien 20% schaffen können waren 10% phasenweise nicht 0% möglich. Treffen drinnen Treffen draußen Treffen drinnen Treffen draußen November 2020 Anfang Januar bis Anfang Februar 2021 Regelmäßig Selten bis Nie Abbildung: Treffen mit anderen Familien unterschieden nach draußen und drinnen, ungewichtete Daten, MZP 1 und MZP 3 im Vergleich, Datenstand: 24.09.2021, n = 8 918-7 263
Herausforderungen für die Arbeit in Familienzentren - Fazit Merklich gestiegene Belastungen bei Kindern, Eltern und Familien, aber auch positives Erleben (unterschiedliche Pole des Erlebens). Mehrzahl hat die bisherigen pandemiebedingten Einschränkungen relativ gut bewältigt, Langfristfolgen sind allerdings wenig abschätzbar. Stärkere Belastungen bei sozial benachteiligten Familien. Pandemie offenbart schon länger bestehende Herausforderungen der Familien-, Sozial- und Bildungspolitik unter dem Brennglas (BMFSFJ, 2021; Fegert et al., 2021).
Was ist in Zukunft wichtig? Informations- und Unterstützungsbedarf besteht grundsätzlich bei allen Eltern, wie schon eine Studie 2005 herausgefunden hat (vgl. Tschöpe-Scheffler 2005). Der Wunsch von Eltern, genauer über unterschiedliche Unterstützungsangebote informiert zu werden ist damit nicht neu, wird aber durch die Pandemie noch einmal verdeutlicht. Vernetzung mit anderen Fachstellen weiterhin im Blick behalten und stärken. Angebote bündeln, um Eltern umfassend bedarfsgerecht unterstützen und beraten zu können. Digitalisierungsschub Beseitigung von Anbindungs- und Ausstattungsrückständen, Ausbau digitaler Kompetenzen bei Kindern, Eltern und Personal.
Was ist in Zukunft wichtig? Familienzentren weiterhin als zentrale Anlaufstellen und Bildungsorte für Familien im Sozialraum stärken Begegnungen und Erfahrungsaustausch ermöglichen Information über Angebote vor Ort Multiprofessionelle Zusammenarbeit Ausweitung/Stärkung von Förderangeboten vor gestiegenem Förderbedarf der Kinder
Familien entlasten und stärken, mehr Bildungsgerechtigkeit schaffen Offenhalten von Bildungseinrichtungen und Ermöglichen des Präsenzbetriebs unter Berücksichtigung geeigneter Schutzmaßnahmen (Leopoldina, 2021) Wichtige Maßnahmen, die das Offenhalten von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen ermöglichen: Corona-Schutzimpfung als wichtiger Schlüssel im Kampf gegen die Pandemie. Strikte Kontaktbegrenzungen durch die Trennung der Kindergruppen und die feste Zuweisung des pädagogischen Personals zu ihren Gruppen reduzieren das Infektionsrisiko für Kinder und Beschäftigte. Personal von Kitas in sozial belasteten Quartieren sollte vorrangig geimpft werden und priorisiert Zugang zu möglicherweise notwendigen Auffrischungsimpfungen erhalten, damit vor allem für Kinder sozialbenachteiligter Familien keine Betreuungslücken entstehen (vgl. https://corona-kita-studie.de/aktuelles/der-soziooekonomische- hintergrund-von-kindern-sowie-gruppentrennungen-in-kitas-wirken-sich-messbar-auf-infektionsgeschehen-aus )
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So finden Sie uns: https://corona-kita-studie.de/ Zu weiteren Themen (z.B. zur Impfquote des pädagogischen Personals in Kindertageseinrichtungen) informieren wir in unseren Monats- und Quartalsberichten, die alle abrufbar sind unter: https://corona-kita-studie.de/ergebnisse#berichte
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