Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren - Vollzugshilfe für die Überwachung der Bestände und bei Erfolgskontrollen
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2018 | Umwelt-Vollzug Biodiversität Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren Vollzugshilfe für die Überwachung der Bestände und bei Erfolgskontrollen
2018 | Umwelt-Vollzug Biodiversität Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren Vollzugshilfe für die Überwachung der Bestände und bei Erfolgskontrollen Herausgegeben vom Bundesamt für Umwelt BAFU und Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV Bern, 2018
Impressum Rechtliche Bedeutung onsstelle für Amphibien- & Reptilienschutz karch, Neuchâtel), Diese Publikation ist eine Vollzugshilfe des BAFU sowie des BLV Claudio Signer (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen- als Aufsichtsbehörden und richtet sich primär an die kantonalen schaften ZHAW, Wädenswil), Armin Peter (fish consulting, Olten), Vollzugsbehörden. Sie konkretisiert die bundesrechtlichen Thomas Wahli (Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin FIWI, Vorgaben (bzgl. unbestimmten Rechtsbegriffen und Umfang/ Bern), Manuela von Arx (KORA, Bern), Armin Zenker (Fachhoch- Ausübung des Ermessens) und soll eine einheitliche Vollzugs schule Nordwestschweiz FHNW, Muttenz) praxis fördern. Berücksichtigen die Vollzugsbehörden diese Vollzugshilfe, so können sie davon ausgehen, dass sie das Weitere beteiligte Fachpersonen nach Artengruppen Bundesrecht rechtskonform vollziehen; andere Lösungen sind Kleinsäuger: Jürg-Paul Müller, Peter Wandeler; Fledermäuse: zulässig, sofern nachvollziehbar dokumentiert ist, weshalb die Hubert Krättli, Manuel Ruedi; Biber: Christof Angst; Grossraub- Abweichung notwendig ist und wie die Vorgaben zum Artenschutz tiere: Urs Breitenmoser, Andreas Ryser, Fridolin Zimmermann, und zum Tierschutz eingehalten werden. Mirjam Pewsner; übrige Raubtiere: Fabio Bontadina, Sandra Gloor, Darius Weber, Irene Weinberger; Paarhufer: Mark Struch, Herausgeber Christian Willisch; Vögel: Jan von Rönn; Reptilien: Sylvain Bundesamt für Umwelt (BAFU) Ursenbacher; Artengruppen-übergreifend: Iris Marti. Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Zitierung Autor und Projektleiter Gerner T. 2018: Fang, Markierung und Beprobung von freileben- Thomas Gerner, Sektion Wildtiere und Waldbiodiversität, BAFU den Wildtieren. Vollzugshilfe zur Überwachung der Bestände und bei Erfolgskontrollen. Bundesamt für Umwelt, Bern. Begleitung BAFU Umwelt-Vollzug Nr. 1829. 52 S. Francis Cordillot, Sektion Arten und Lebensräume Daniel Hefti, Sektion Lebensraum Gewässer Layout Cavelti AG, Marken. Digital und gedruckt, Gossau Begleitung BLV Heinrich Binder, Leiter Fachbereich Tierversuche Titelbild Ingrid Kohler, Fachbereich Tierversuche Freilassung einer Hausspitzmaus Crocidura russula nach Fang im Rahmen eines Kleinsäugermonitorings. Begleitung Kantone © Martina Reifler-Bächtiger Mirjam Ballmer, Jagd- und Fischereiverwalterkonferenz JFK Doris Bürgi Tschan, Kantonstierärztin, Kanton Solothurn PDF-Download Jörg Gemsch, Konferenz der Beauftragten für Natur- und www.bafu.admin.ch/uv-1829-d Landschaftsschutz KBNL (eine gedruckte Fassung liegt nicht vor) Regula Vogel, Kantonstierärztin, Kanton Zürich Diese Publikation ist auch in französischer und italienischer Methodenliste in Zusammenarbeit mit folgenden Expertinnen Sprache verfügbar. Die Originalsprache ist Deutsch. und Experten Elias Bader (Koordinationsstelle Ost für Fledermausschutz KOF, © BAFU 2018 Zürich), Thomas Briner (Naturmuseum Solothurn), Claude Fischer (Haute école du paysage, d’ingénierie et d’architecture de Genève hepia), Nicole Imesch (Schweizerische Gesellschaft für Wildtierbiologie SGW, Zürich), Lukas Jenni (Schweizerische Vogelwarte, Sempach), Marie-Pierre Ryser (Zentrum für Fisch- und Wildtiermedizin FIWI, Bern), Benedikt Schmidt (Koordinati-
Inhaltsverzeichnis Abstracts5 1 Auftrag und Geltungsbereich 6 1.1 Ausgangslage 6 1.2 Geltungsbereich und Zielsetzung 6 2 Rechtliche Grundlagen 7 2.1 Tierschutzgesetzgebung 7 2.2 Jagdgesetzgebung 7 2.3 Fischereigesetzgebung 8 2.4 Natur- und Heimatschutzgesetzgebung 8 3 Tierschutzkonformer Umgang mit freilebenden 9 Wildtieren: 3 Pfeiler 4 Ethische und weitere Grundsätze bei Planung, 10 Durchführung und Evaluation von Projekten 5 Anerkannte Methoden 12 5.1 Umfang der Liste im Anhang 12 5.2 Schmerz verursachende Eingriffe 12 5.3 Einsatz von narkotisierenden Substanzen 12 6 Aus- und Weiterbildung 14 7 Bewilligung und Kontrolle 15 8 Anhang 16 8.1 Liste der anerkannten Methoden 16 8.2 Fachstellen für Auskünfte und B ewilligungen 43 8.3 Literatur 45
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 5 Abstracts Species protection and wild animal management measures are aimed at retaining Keywords: animal species in their natural environment, supporting them and regulating them. In Wildlife management, order to gain the required information and expertise, wild animals frequently have to capture, marking, sampling, be caught and marked. This enforcement aid describes recognised scientific methods animal protection for capturing, immobilising, marking and taking samples from free-living wild animals, based on current knowledge. Massnahmen des Artenschutzes und Wildtiermanagements zielen darauf ab, Tierarten Stichwörter: in ihrem natürlichen Umfeld zu erhalten, zu fördern oder zu regulieren. Um die dafür not- Wildtiermanagement, Fang, wendigen Informationen und Erkenntnisse zu gewinnen, müssen Wildtiere häufig gefan- Markierung, Probenentnahme, gen und gekennzeichnet werden. Die vorliegende Vollzugshilfe beschreibt anerkannte Tierschutz wildtierbiologische Methoden für Fang, Immobilisation, Markierung und Probenentnah- men bei freilebenden Wildtieren gestützt auf den aktuellen Stand der Kenntnisse. Les mesures de protection des espèces et de gestion de la faune sauvage visent Mots-clés : à conserver, valoriser ou réguler les espèces animales dans leur environnement gestion faune sauvage, naturel. Pour collecter les informations et les connaissances utiles à la réalisation de ce capture, marquage, but, il est nécessaire de capturer et d’identifier régulièrement des animaux sauvages. prélèvement d'échantillon, Cette aide à l’exécution présente des méthodes pour la capture, l’immobilisation et le protection des animaux marquage des animaux sauvages ainsi que pour les prélèvements d’échantillons qui sont reconnues dans le domaine de la biologie de la faune sauvage et basées sur les connaissances les plus actuelles. Le misure volte a proteggere le specie o a gestire la fauna selvatica (gestione delle spe- Parole chiave: cie) mirano in primo luogo a conservare, promuovere o regolare le specie animali nel loro gestione fauna selvatica, ambiente naturale. Al fine di acquisire le informazioni e le conoscenze necessarie a tal cattura, marcatura, fine, spesso occorre catturare e contrassegnare gli animali selvatici. Il presente aiuto prelevamento di campioni, all’esecuzione descrive i metodi biologici riconosciuti per la cattura, l’immobilizzazione, protezione degli animali la marcatura e il prelievo di campioni di animali selvatici in libertà in base allo stato più recente delle conoscenze.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 6 Vorwort Mit Inkrafttreten des revidierten Tierschutzgesetzes wurde 2008 der Schutz der Würde des Tieres gesetzlich verankert. Den Tieren wird mit der Würde ein Eigenwert zugespro- chen, der im Umgang mit ihnen geachtet werden muss. Dieser Schutz geht bedeutend weiter als die zuvor im Gesetz festgehaltene Verpflichtung, im Umgang mit Tieren für deren Wohlergehen zu sorgen und ihnen keine unbegründeten Schmerzen und Schäden zuzufügen. Der Fang und die Manipulation freilebender Wildtiere sind anspruchsvolle Aufgaben, weil sich anders als bei Untersuchungen an Tieren in Gefangenschaft verschiedene Umweltfaktoren nur schwer kontrollieren lassen und Wildtiere oft eine grosse Scheu vor Menschen aufweisen. Entsprechend müssen verschiedene Vorkehrungen für das Wohl- ergehen der Tiere getroffen werden. Die vorliegende Vollzugshilfe legt einen Schwer- punkt auf anerkannte wildtierbiologische Methoden für Fang, Immobilisation, Markierung und Probenentnahmen bei freilebenden Wildtieren gestützt auf den aktuellen Stand der Kenntnisse. Daneben etabliert sie Grundsätze für die Planung und Durchführung von Projekten mit freilebenden Wildtieren und berücksichtigt auch die Aus- und Weiterbil- dung der durchführenden Personen. Die vorliegende Vollzugshilfe wird einen wertvollen Beitrag leisten für den schonenden und verantwortungsvollen Umgang mit freilebenden Wildtieren. Hans Romang Kaspar Jörger Leiter Abteilung Arten, Ökosysteme, Leiter Tierschutz Landschaften Bundesamt für Lebensmittel- Bundesamft für Umwelt (BAFU) sicherheit und Veterinärwesen (BLV)
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 7 1 Auftrag und Geltungsbereich 1.1 Ausgangslage Liste anerkannter wildtierbiologischer Methoden dient als Referenz für zu berücksichtigende Tierschutzaspekte Zweck von Massnahmen des Artenschutzes und Wildtier- bei der Anwendung von Feldmethoden und beantwortet managements ist in erster Linie, Tierarten in ihrem natür- folgende Fragen: lichen Umfeld zu erhalten, zu fördern oder zu regulieren. Um die dafür notwendigen Informationen und Erkennt- • Welche ethischen Grundsätze gelten? nisse zu gewinnen, müssen Wildtiere häufig gefangen • Welche Methoden sollen aufgrund des heutigen Wis- und gekennzeichnet werden. Der Fang und die Markie- sensstandes angewandt werden? rung von Wildtieren spielen beispielsweise in der Natur- • Welche Anforderungen müssen für deren Anwendung schutzarbeit (z. B. Vogelberingung, Monitoring national erfüllt sein? prioritärer Arten), der Förderung geschützter Arten (z. B. Amphibien) oder im kantonalen Huftiermanagement (z. B. Die Vollzugshilfe umfasst Wildtiere aus mehreren Arten- Rothirschmarkierungen) eine bedeutende Rolle. Bei Fang, gruppen, die sich hinsichtlich Anatomie und Physiologie Immobilisation, Markierung sowie bei Probenentnahmen sehr stark unterscheiden. Es ist wichtig, diese Unterschie- bei freilebenden Wildtieren kommt geeigneten Methoden de bei der Beurteilung von Gesuchen zu berücksichtigen. eine besondere Bedeutung zu. Die vorliegende Vollzugs- Das Ziel ist ein fachkundiger und verantwortungsbe- hilfe beschreibt anerkannte wildtierbiologische Methoden wusster Umgang mit freilebenden Wildtieren, so dass für Fang, Immobilisation, Markierung und Probenentnah- den Tieren keine ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden, men bei freilebenden Wildtieren gestützt auf den aktu- Schäden und Ängste zugefügt werden und ihre Würde ellen Stand der Kenntnisse. Insbesondere die Liste der geachtet wird. anerkannten Methoden im Anhang wird entsprechend den Erfordernissen periodisch aktualisiert. Die vorliegende Vollzugshilfe ist abgestimmt auf die Fachinformation Tierversuche mit dem Titel «Tierver- suchsbewilligung bei Untersuchungen, Bestandeserhe- 1.2 Geltungsbereich und Zielsetzung bungen und Forschungsprojekten an Wildtierpopulationen 4.03». Die vorliegende Vollzugshilfe stützt sich einerseits auf Art. 2 Abs. 2ter JSV, welcher besagt, dass das Bundesamt für Umwelt (BAFU) Richtlinien für die Verwendung von Hilfsmitteln und Methoden erlassen kann; zum anderen auf Art. 11 Abs. 2 VBGF, wonach das BAFU im Einver- nehmen mit dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Richtlinien über Markierungs- methoden erlässt, die nicht der Bewilligungspflicht nach Art. 18 TSchG unterstehen. Die Vollzugshilfe beschränkt sich auf den verantwortungsvollen, tierschutzkonformen Umgang mit freilebenden Wildtieren bei Fang, Markie- rung und Beprobung im Rahmen von Projekten zur Über- wachung der Bestände und bei Erfolgskontrollen. Das vorliegende Dokument soll als Beurteilungshilfe für Bewilligungen des BAFU sowie der je nach Gesetzge- bung zuständigen kantonalen Fachstellen dienen. Die
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 8 2 Rechtliche Grundlagen 2.1 Tierschutzgesetzgebung a und b JSG). Die Gesetzgebung regelt den Umgang mit Vögeln, Raubtieren, Paarhufern und Hasenartigen sowie Der Geltungsbereich des Tierschutzgesetzes vom mit Biber, Murmeltier und Eichhörnchen (u. a. jagdbare 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455) ist auf Wirbeltiere Arten, Schonzeiten, verbotene Hilfsmittel für die Jagd). festgelegt und in der Tierschutzverordnung vom 23. April Die übrigen Säugetierarten fallen unter die Natur- und 2008 (TSchV; SR 455.1) auf Kopffüsser (Cephalopoda) Heimatschutzgesetzgebung. und Panzerkrebse (Reptantia) erweitert worden (Art. 1 TSchV). Der Vollzug des Tierschutzgesetzes ist den kan- Das BAFU kann für wissenschaftliche Forschung und für tonalen Fachstellen für Tierschutz übertragen, die unter Bestandeserhebungen bei geschützten Arten Ausnah- der Verantwortung des Kantonstierarztes oder der Kan- men von den Schutzbestimmungen des Gesetzes bewilli- tonstierärztin stehen (Art. 33 TSchG). gen. Über die gleiche Berechtigung verfügen die Kantone für jagdbare Arten (Art. 14 Abs. 3 JSG). Die Verordnung Mit Inkrafttreten des revidierten Tierschutzgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere wurde 2008 der Schutz der Würde des Tieres gesetz- und Vögel vom 29. Februar 1988 (Jagdverordnung, JSV; lich verankert (Art. 3 Bst. a TSchG) und die Missachtung SR 922.01) präzisiert zudem, dass das BAFU die Bewil- der Würde als Tierquälerei unter Strafe gestellt (Art. 26 ligungsstelle für den Einsatz von verbotenen Hilfsmitteln TSchG). Die Würde des Tieres wird missachtet, wenn bei jagdbaren und geschützten Tieren bei wissenschaft- eine Belastung nicht durch andere schützenswerte Inte- lichen Untersuchungen und bei Markierungsaktionen ist ressen aufgewogen, also gerechtfertigt werden kann. Als (Art. 3 Abs. 3 JSV). Belastung gilt, wenn einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder wenn es in Angst ver- In Artikel 13 JSV sind die Voraussetzungen für die Zuläs- setzt wird, aber auch wenn es übermässig instrumenta- sigkeit der Markierung von Wildtieren und der dazu lisiert oder erniedrigt wird. Auch tiefgreifende Eingriffe in verwendeten Methoden sowie die dafür notwendigen sein Erscheinungsbild oder seine Fähigkeiten stellen eine Meldungen eingehend geregelt. Das BAFU bezeichnet die Würde-relevante Belastung dar (Art. 3 Bst. a TSchG). Stellen, welche die Markierungsaktionen koordinieren. Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Alle Tiere, die markiert und freigelassen werden, müssen Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder den Koordinationsstellen gemeldet werden. in anderer Weise seine Würde missachten (Art. 4 Abs. 2 TSchG). Der Umgang mit schmerzverursachenden Ein- griffen ist besonders geregelt (Art. 16 TSchG und Art. 15 TSchV), ebenso die Verwendung von Substanzen beim Einfangen von Wildtieren (Art. 88 TSchV) (siehe auch Kap. 5.2 und 5.3). 2.2 Jagdgesetzgebung Das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wild- lebender Säugetiere und Vögel vom 20. Juni 1986 (JSG; SR 922.0) bezweckt unter anderem, die Artenvielfalt und die Lebensräume der einheimischen und ziehenden wildlebenden Säugetiere und Vögel zu erhalten sowie bedrohte Tierarten zu schützen (vgl. Art. 1 Abs. 1 Bst.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 9 2.3 Fischereigesetzgebung se und einzelne Insektenfresser und Nagetiere geschützt. Weitere Arten sind aufgrund Anhang 4 der NHV kantonal Das Bundesgesetz über die Fischerei vom 21. Juni 1991 zu schützen (u. a. Igel, Spitzmäuse und Schläfer). (BGF; SR 923.0) bezweckt unter anderem, die natürliche Artenvielfalt und den Bestand einheimischer Fische und Die zuständigen kantonalen Behörden können für den Krebse sowie deren Lebensräume zu erhalten, zu ver- Fang von geschützten Tieren zu wissenschaftlichen bessern oder nach Möglichkeit wiederherzustellen sowie sowie zu Lehr- und Heilzwecken in bestimmten Gebieten bedrohte Arten und Rassen zu schützen (Art. 1 Abs. 1 eine Ausnahmebewilligung erteilen (Art. 22 NHG). Eine Bst. a und b BGF). Die Gesetzgebung regelt unter ande- Fangbewilligung aufgrund überwiegender Interessen ist rem den Schutz und die Nutzung der Fische und Krebse auch möglich für Massnahmen zur Erhaltung der biolo- (u. a. Schonzeiten, Fangmindestmasse) sowie den Schutz gischen Vielfalt oder für standortgebundene technische der Lebensräume für Fische und Krebse. Eingriffe (Art. 20 Abs. 3 NHV). Die kantonalen Behörden sind gemäss Art. 27 Ab.2 Bst. a NHV verpflichtet, das Die Kantone führen Erhebungen über die Zusammenset- BAFU über die bewilligten Ausnahmen von den Arten- zung der Fisch- und Krebsbestände durch und melden die schutzbestimmungen für Forschung und verwandte Zwe- Ergebnisse jährlich dem BAFU (Art. 11 BGF und Art. 10 cke zu informieren. VBGF). Gemäss Artikel 3 der Verordnung zum Bundesge- setz über die Fischerei vom 24. November 1993 (VBGF; SR 923.01) können die Kantone Sonderfänge durchführen oder durchführen lassen, insbesondere zum Abfischen vor technischen Eingriffen, zur Bekämpfung von Krankheiten, zur Laichgewinnung, zum Abfischen von Aufzuchtgewäs- sern oder für fischereibiologische Erhebungen. Die Ver- ordnung hält in Artikel 11 fest, dass die Kantone dem BAFU verschiedene Angaben mitteilen müssen, bevor sie bei fischereispezifischen Erhebungen Fische oder Krebse markieren (u. a. Zweck der Markierung, Markierungsart, Zahl der Tiere, Organisation der Auswertung). Elektro fischfanggeräte dürfen nur mit Gleichstrom betrieben werden, wobei die Restwelligkeit höchstens 10 Prozent des arithmetischen Mittelwertes der Spannung betragen darf (Art. 11 Abs. 3 VBGF). 2.4 Natur- und Heimatschutzgesetzgebung Das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; SR 451) bezweckt unter anderem, die einheimische Tier- und Pflanzenwelt zu schützen (Art. 1 Bst. d NHG). Die Verordnung über den Natur- und Hei- matschutz vom 16. Januar 1991 (NHV; SR 451.1) führt aus, dass die biologische Vielfalt überwacht werden muss (Art. 27a NHV). Der Geltungsbereich erstreckt sich auf alle Tierarten, welche nicht durch das JSG oder durch das BGF abgedeckt sind. Bei den Wirbeltieren sind gemäss Anhang 3 der NHV alle Amphibien, Reptilien, Fledermäu-
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 10 3 Tierschutzkonformer Umgang mit freilebenden Wildtieren: 3 Pfeiler Der Fang und die Manipulation freilebender Wildtiere sind tion der Eingriffe ist für die Evaluation der Effizienz der anspruchsvolle Aufgaben, weil sich anders als bei Unter- geleisteten Arbeit wertvoll und liefert Hinweise, welche suchungen an Tieren in Gefangenschaft verschiedene Verbesserungen möglich sind. Umweltfaktoren nur schwer kontrollieren lassen. Hinzu kommt, dass Wildtiere oft eine grosse Scheu vor Men- Fang, Markierung oder die Entnahme von Blut oder schen aufweisen. Die Behändigung muss entsprechend Gewebe kann auch verzögerte, negative Auswirkungen gerechtfertigt sein und es müssen verschiedene Vorkeh- auf die Überlebenswahrscheinlichkeit oder die Reproduk- rungen für das Wohlergehen der Tiere getroffen werden. tion haben. Auch müssen Sozialstruktur und Verhalten Werden ein Fang und weitere Massnahmen an Wildtie- der untersuchten Art berücksichtigt werden. Ein Beispiel ren durchgeführt, stehen der respektvolle Umgang sowie ist die Abhängigkeit von Jungtieren von mütterlicher Für- das Vermeiden von unnötigem Stress im Vordergrund. sorge. So kann die Arbeit am Nest bei Vögeln negative Schmerzen, Schäden, Leiden und Ängste müssen soweit Auswirkungen auf die Brut haben. möglich vermieden werden. Aufgrund der Zielsetzung von Projekten im Artenmanagement, das natürliche Verhal- All das führt dazu, dass der Umgang mit freilebenden ten der freilebenden Tiere zu beobachten, kommt einer Wildtieren besondere Anforderungen stellt. Der scho- vorsichtigen Anwendung der Methoden eine zusätzliche nende und verantwortungsvolle Umgang mit freilebenden Bedeutung zu. Nur so kann gewährleistet werden, dass Wildtieren beruht auf drei Pfeilern, namentlich ethischen die Tiere in ihrem Verhalten nicht beeinträchtigt werden Grundsätzen, anerkannten und bewährten Methoden und die Erkenntnisse entsprechend zuverlässig sind. Die sowie der Aus- und Weiterbildung der durchführenden Eigenverantwortung der Durchführenden umfasst die Personen. Die beauftragenden Fachstellen und die Auf- Planung, den direkten Umgang mit den Tieren sowie die tragnehmer tragen die Verantwortung für die tierschutz- Protokollierung und Berichterstattung. Die Dokumenta- konforme Durchführung der Projekte. Abbildung 1 Die 3 Pfeiler eines verantwortungsvollen, tierschutzkonformen Umgangs mit freilebenden Wildtieren Verantwortungsvoller Umgang Ethische Grundsätze Anerkannte Methoden Aus- und Weiterbildung 1 2 3
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 11 4 Ethische und weitere Grundsätze bei Planung, Durchführung und Evaluation von Projekten Die Tierschutzgesetzgebung macht diverse Vorgaben für reagiert man auf diese? den Umgang mit Tieren. So sind Fang und Manipulati- • Die notwendigen Bewilligungen werden eingeholt und on von Tieren so zu planen und durchzuführen, dass die liegen vor der Durchführung vor. Tiere möglichst wenig belastet werden (vgl. Art. 3 Bst. a • Für jeden Einsatz ist eine Leiterin/ein Leiter festzule- TSchG). Für die Planung, Durchführung und Evaluation gen. Es ist sicherzustellen, dass die durchführenden von Projekten mit freilebenden Wildtieren lassen sich fol- Personen die notwendige Ausbildung und Erfahrung gende konkreten Grundsätze ableiten. besitzen. Planung Methodenwahl • Der zu erwartende Nutzen der Untersuchung ist sorg- • Wenn die Fragestellung durch Methoden beantwortet fältig gegenüber den möglichen negativen Auswirkun- werden kann, die gar keine Behändigung erfordern, gen der Behändigung und Manipulation bei den Tieren sind diese vorzuziehen. Die Fachstellen in Anhang 8.2 abzuwägen. erteilen Auskunft zu Alternativen zu Fang, Markierung • Die kleinste notwendige Anzahl Tiere für aussagekräf- und Probenentnahme. tige Resultate ist frühzeitig zu berechnen. Dadurch • Es sind die aus wildtierbiologischen Sicht bewährten lässt sich die Anzahl benötigter Tiere reduzieren. und anerkannten Methoden zu Fang, Immobilisati- • Im Vordergrund stehen das Wohlergehen der zu fan- on, Markierung und Probenentnahmen in Anhang 8.1 genden Tiere sowie die Sicherheit des Fangteams (z. B. anzuwenden. in unwegsamem Gelände). Genaue Überlegungen zu • Bei gleicher Eignung sind jeweils die Methoden zu den Faktoren, die den Erfolg oder Misserfolg des Pro- wählen, welche unter den gegegebenen Umständen jekts ausmachen können, sind nötig. erfahrungsgemäss zur geringsten Belastung führen. • Gegebenheiten, unter denen das Wohl des Tieres und • Bei gleicher Eignung sind selektive Fangmethoden die Sicherheit aller Beteiligten nicht mehr gewährleis- zu bevorzugen, um unerwünschte Fänge (z. B. andere tet sind (z. B. Witterung, extreme Temperaturen, Lawi- Arten oder Jungtiere der Zielart) zu vermeiden. nengefahr), werden vorab besprochen und allenfalls • Besondere Vorkehrungen sind bei chirurgischen Ein- als Abbruchkriterien festgelegt. griffen (Schmerzen und Infektionsgefahr) sowie bei • Zur Anwendung der Methoden im Anhang existieren Methoden mit einem erhöhten Verletzungsrisiko zu vielfältige Erfahrungen. Vor jeder Anwendung wird der treffen. Erfahrungsaustausch mit anderen erfahrenen Perso- nen empfohlen. Durchführung • Die Rahmenbedingungen müssen für den konkreten • Behändigte Tiere sollen immer so rasch wie möglich Anwendungsfall festgelegt werden. Beispiele zu beant- wieder in Freiheit entlassen werden. wortender Fragen sind: Wie lange bleibt ein Tier in der • Eine enge Überwachung der gefangenen Tiere soll mit- Falle? Wie wird die Falle überwacht (z. B. Fallensender, tels ethologischer und/oder physiologischer Indikato- Kamera), und wie oft wird diese kontrolliert? Welche ren erfolgen. Tiere werden gefangen (z. B. trächtige Tiere, Gewichts- • Die Fangaktion soll abgebrochen werden, wenn das limite)? Wie geht man mit Fehlfängen (z. B. andere Art) Verletzungs- oder Unfallrisiko für Tier oder Mensch um? Welche Komplikationen könnten auftreten und wie übermässig ansteigt.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 12 • Die nötigen Vorkehrungen sind zu treffen, damit im Notfall Tiere rasch euthanasiert werden könnten. Indikationen für eine Nottötung sind schwerwiegende Verletzungen, zu erwartende schwere oder langfristige Schmerzen oder Leiden oder eine hohe Wahrschein- lichkeit, dass das Tier stirbt, bevor es wieder einen guten Allgemeinzustand erreicht hat. • Negative Einflüsse auf den Lebensraum, insbesondere Zerstörung von Nestern, Bauten, Laichplätzen, sind zu vermeiden. • Geeignete Biosicherheitsmassnahmen sind zu treffen, um das Risiko einer Verschleppung von Krankheiten (z. B. Krebspest) oder Neozoen (z. B. Schwarzmeer- grundeln) zu vermeiden. Protokollierung und Berichterstattung • Die Dokumentation der Arbeiten ist notwendig für die Evaluation der Effizienz der geleisteten Arbeit sowie die fortlaufende Methodenverbesserung zur Reduktion von Stress oder anderen Belastungen. • Feststellen der Todesursache: Um die Methoden künf- tig verbessern zu können, ist es wichtig im Falle eines Todes die Ursache festzustellen und zu dokumentieren (z. B. durch pathologische Untersuchung). • Neben der obligaten Berichterstattung an die Bewilli- gungsbehörde sollen positive und negative Erfahrun- gen auch mit anderen Fachpersonen ausgetauscht werden (z. B. nicht signifikante Resultate, Schwierig- keiten bei Methodenanwendung, Todesfälle etc.).
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 13 5 Anerkannte Methoden Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten und medizinischen Gründen nicht durchführbar erscheint (Art. untersuchen zu können, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. 15 Abs. 1 TSchV). Es wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Metho- den entwickelt. Diese lassen sich grundsätzlich einteilen in Methoden, die keine Behändigung der Tiere erfordern 5.3 Einsatz von narkotisierenden Substanzen (z. B. Analyse der Exkremente für genetische Untersu- chungen, Verfolgen von Spuren, fotografische Methoden) Narkotisch wirkende Substanzen bedeuten immer eine und Methoden, die Fang und Manipulation beinhalten Belastung des Organismus, welche in einer Stresssituati- (z. B. Besenderung, Entnahme von Gewebeproben). on (wie sie die Behändigung von wildlebenden Tieren dar- stellt) eine Dosierung schwierig macht und bis zum Tod führen kann. Ihr Einsatz erfordert besondere Kenntnisse 5.1 Umfang der Liste im Anhang (Pharmakologie) und stellt besondere Anforderungen an die Durchführung (Narkoseüberwachung). Daher sollten Die vorliegende Vollzugshilfe deckt ausschliesslich wis- die Vor- und Nachteile einer Narkose immer sorgfältig senschaftlich anerkannte Methoden im Artenmanage- abgewogen und mit anderen Immobilisationsmethoden ment ab, bei denen Wildtiere behändigt werden. Bei den verglichen werden. im Anhang 8.1 aufgelisteten Methoden für Fang, Immo- bilisation, Markierung sowie Probenentnahmen bei freile- Des Weiteren ist zu beachten, dass der Einsatz von benden Wildtieren handelt es sich um erprobte Methoden, narkotisch wirkenden Substanzen sowohl nach Heil- die dem aktuellen Stand der Kenntnisse und der tech- mittelgesetzgebung, Tierschutzgesetzgebung wie auch nischen Entwicklung entsprechen. Die Liste beinhaltet: Jagdgesetzgebung streng geregelt ist. Beim Einfangen von Wildtieren dürfen Substanzen nur nach tierärztlicher • Methoden für Fang, Immobilisation, Markierung und Anweisung verwendet werden (Art. 88 Abs. 1 TSchV). Probenentnahmen aufgeteilt nach Artengruppen; Tierarzneimittel sind durch den verschreibenden Tierarzt • Kurzbeschreibung der Methoden; zu kennzeichnen und mit einer Anwendungsanweisung • Angaben zu besonderen Anforderungen; zu versehen (Art. 4 und 5 Tierarzneimittelverordnung, • Literaturangaben für detaillierte Standardarbeitsan- TAMV). Der Einsatz und das Verordnen von Tierarznei- weisungen (standard operating procedures, SOP). mittel sind zu dokumentieren. Für Betäubungsmittel2 im Sinne der Heilmittelgesetzgebung gelten besonders strenge Vorgaben. Ausschliesslich Tierärzte sind befugt, 5.2 Schmerz verursachende Eingriffe Betäubungsmittel zu verschreiben (Art. 24 Abs. 1 Bst. b Heilmittelgesetz, HMG). Schmerz verursachende Eingriffe dürfen nur unter all- gemeiner oder örtlicher Schmerzausschaltung von einer Der Einsatz von Immobilisationsgeräten setzt die nötige fachkundigen Person1 vorgenommen werden (Art. 16 Sachkunde voraus. Diese muss vor allem die notwendi- TSchG). Die Ausnahmen sind in Art. 15 Abs. 2 TSchV auf- gen Kenntnisse hinsichtlich der besonderen Ballistik von geführt. Danach dürfen Tiere, mit Ausnahme der Fische, Injektionsgeschossen, des spezifischen Verhaltens der von fachkundigen Personen ohne Schmerzausschaltung Tiere bei der Immobilisation, der Injektionszonen, der markiert werden. Bei anderen Eingriffen kann von der Wirkungsweise und Gefahren der angewendeten Medi- Schmerzausschaltung nur dann abgesehen werden, wenn diese nach tierärztlichem Urteil unzweckmässig oder aus 2 Die in der Schweiz zur chemischen Immobilisation eingesetzten Substan- zen sind nicht als Betäubungsmittel in der Verordnung des EDI über die 1 Als fachkundig gelten Personen, die sich unter kundiger Anleitung und Verzeichnisse der Betäubungsmittel, psychotropen Stoffe, Vorläuferstoffe Aufsicht die notwendigen Kenntnisse und die praktische Erfahrung mit und Hilfschemikalien (BetmVV-EDI; SR 812.121.11) aufgelistet. Sie zählen einem Eingriff aneignen konnten und diesen regelmässig vornehmen (Art. grösstenteils zu den verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln der Abga- 15 Abs. 3 TSchV). bekategorien A und B.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 14 kamente sowie der Massnahmen hinsichtlich Versorgung des immobilisierten Tieres und bei eventuellen Zwi- schenfällen umfassen. Den veränderten physiologischen Bedürfnissen von Tieren unter Narkose (z. B. fehlender Lidschluss, reduzierte Pansenmotorik, eingeschränkte Thermoregulation) muss Rechnung getragen werden. Die Ausrüstung umfasst nebst den Materialen zur regulären Versorgung des narkotisierten Tieres auch das nötige Material um auf eventuelle Zwischenfälle reagieren zu können. Die Überwachung der Narkose und die Protokol- lierung sind von besonderer Bedeutung. Bei der Wahl und der Applikationsweise des anzuwen- denden Narkotikums, des Gegenmittels und der Sedativa hat der Tierarzt, den aktuellen Stand der Forschung zu berücksichtigen. Bei gleicher Eignung sind Narkotika, die ein Aufheben der Wirkung mittels Gegenmittel erlauben, den nicht reversierbaren Narkotika vorzuziehen. Weil die unterschiedlichen Artengruppen und Arten sehr unter- schiedlich reagieren, werden die Methoden zwar aufge- listet, auf detaillierte Angaben zu Dosierungen etc. wird verzichtet. Dazu ist die im Anhang zitierte Fachliteratur zu konsultieren bzw. sind die ebenfalls im Anhang ange- gebenen Fachstellen zu kontaktieren.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 15 6 Aus- und Weiterbildung Für den schonenden Umgang sind vertiefte Kenntnisse über die Bedürfnisse und biologischen Besonderheiten der Tiere Voraussetzung. Deshalb kommt der Aus- und Weiterbildung der Fachpersonen, die freilebende Wild- tiere behändigen oder Eingriffe an ihnen durchführen, eine zentrale Bedeutung zu. Freilebende Wildtiere fallen in Artengruppen, die sich in vielerlei Hinsicht (z. B. Kör- pergrösse, Anforderungen an die Umgebung, Fluchtver- halten etc.) voneinander unterscheiden. Entsprechend wichtig sind auf die jeweilige Artengruppe abgestimmte Kurse. Die Durchführenden von Managementprojekten müs- sen nachweisen können, dass sie über entsprechende Fachkenntnisse der Biologie der behändigten Tiere, der gesetzlichen Anforderungen und der tierschutzgerechten Ausführung der Massnahmen verfügen. Um die notwen- digen Kenntnisse zu erlangen, werden von den Fachorga- nisationen der einzelnen Artengruppen Kurse angeboten. In Bezug auf die Anforderungen an die Aus- und Weiter- bildung soll zwischen 3 Kategorien von Personen unter- schieden werden, die bei Massnahmen an Wildtieren involviert sein können: Projektleiter, Projektdurchführen- de sowie Helfer. Besonderen Stellenwert hat neben der Ausbildung die praktische Erfahrung. Die den Tieren ent- stehenden Belastungen hängen wesentlich von der Sorg- falt und der Erfahrung der durchführenden Person ab. Zu beachten ist, dass die Durchführung von schmerzver- ursachenden Eingriffen gemäss Tierschutzgesetzgebung (Art. 16 TSchG und Art. 15 TSchV) nur durch fachkundi- ge Personen ausgeführt werden dürfen. Als fachkundig gelten Personen, die sich unter kundiger Anleitung und Aufsicht die notwendigen Kenntnisse und die praktische Erfahrung mit einem Eingriff aneignen konnten und die- sen regelmässig vornehmen (Art. 15 Abs. 3 TSchV).
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 16 7 Bewilligung und Kontrolle Für die Bewilligung von Fang, Markierung und Beprobung freilebender Wildtiere sind die Vorgaben der jeweiligen Gesetzgebung (siehe Kap. 2) zu beachten. Angesichts der unterschiedlichen Bewilligungswege wird empfohlen, frühzeitig mit der für die jeweilige Artengruppe zuständi- gen kantonalen Fachstelle Kontakt aufzunehmen. Alle Vorhaben müssen für Kontrollen zugänglich sein. Die für Fang, Markierung und Beprobung freilebender Wild- tiere Verantwortlichen erstatten bei der jeweils zuständi- gen Behörde und im gemäss der jeweiligen Gesetzgebung vorgeschriebenen Umfang (siehe Kap. 2) Bericht über ihre Tätigkeit. Die zuständigen kantonalen Behörden übermit- teln die Berichte im Rahmen der jeweiligen Gesetzgebung an die zuständigen Bundesämter. Das Bundesamt für Umwelt BAFU und das Bundesamt für Lebensmittelsi- cherheit und Veterinärwesen BLV tauschen jährlich ihr Datenmaterial zur Markierung von freilebenden Wildtie- ren aus.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 17 8 Anhang 8.1 Liste der anerkannten Methoden3 Säugetiere Nagetiere (Rodentia) und Insektenfresser (Insectivora) Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Fang MR-01 Grubenfalle Für Insektenfresser und Wühlmäuse: Ein • Kontrolle mind. 4-mal täglich. Barnett & Dutton 1995 oben offener Behälter wird in den Boden • Genügend Futter und Versteckmaterial eingegraben, so dass unachtsame Tiere beigeben. hineinfallen. • Falle vor direkter Sonneneinstrahlung und Niederschlag schützen. MR-02 Kastenfalle Kleinsäuger werden mit einem Köder in • Kontrolle mind. 2-mal täglich. Barnett & Dutton die Kastenfalle gelockt (gebräuchlichster • Genügend Nahrung (Körner, Fleisch) 1995; Fallentyp: Longworth, aus Metall mit und Flüssigkeit (Apfel, getränkte Watte) CSCF 2012; tunnelförmigem Eingang). Der Fang ist sowie Nestmaterial (Heu, Stroh) García-Navas et al. nicht artspezifisch. beigeben. 2015 • Falle vor direkter Sonneneinstrahlung und Niederschlag schützen. MR-03 Handfang Für Igel: Sorgfältiges Ergreifen mit der • Die Tiere so rasch wie möglich Frei et al. 2017 blossen Hand oder mit einem Hand- freilassen oderkurzfristig in geeigneten schuh; keine weiteren Hilfsmittel. Räumen einzeln in Boxen mit einer Grundfläche von mindestens 1 m2 unter- bringen. MR-04 Kastenfalle Für Biber: Durchgangsfalle mit zwei • Kontrolle mind. 2-mal pro Tag (morgens, Schwab 2014; Eingängen und Trittbrett in der Mitte. spätestens 1 Stunde nach Sonnenauf- Campbell-Palmer & gang, und abends). Rosell 2013 • Im Winter bei tiefen Temperaturen häufigere Kontrolle. Immobilisation MR-05 Mechanisch Kleinsäuger (Insektenfresser und • Tier so festhalten, dass die Hand den Wirthner-Bitterlin et Nagetiere) werden aus der Lebendfalle in Kopf umschliesst und die Augen somit al. 2016 einen grossen, durchsichtigen Plastik- abgedeckt sind. Eine Alternative ist das sack überführt. Mit einem festen Ergreifen an der Nackenfalte (Nacken- Arbeitshandschuh ergreift man sie griff). vorsichtig. • Tier nur kurzfristig festhalten. MR-06 Narkose Immobilisation von Kleinsäugern • Kontrolle des Tierverhaltens durch García-Navas et al. (Insektenfresser und Nagetiere) mittels transparenten Plastiksack. 2015; Narkotikum (z. B. Diethyl-Ether, • Nur anzuwenden wenn Chips gesetzt Sikes et al. 2016. Halothan,Isofluran) appliziert auf einem oder Proben bei Tieren entnommen Wattebausch. werden, bei denen die mechanische Immobilisation schlecht durchführbar ist. • Dosierung niedrig ansetzen, damit sich die Tiere rasch erholen. 3 Die Buchstaben in der Methodennummer entsprechen den ersten beiden Buchstaben der jeweiligen Klasse auf Lateinisch (z. B. RE für Reptilia). Einzig bei den Säugetieren ist es eine Kombination aus dem ersten Buchstaben der Klasse sowie dem ersten Buchstaben der Ordnung (z. B. MR für Mammalia / Rodentia).
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 18 Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Markierung MR-07 Ohrmarken Kleine Marken aus rostfreiem Stahl oder • Tierartenspezifische Ohrmarken-Typen Cadieux et al. 2015; Kunststoff mit individueller Kennzeich- und passende Werkzeuge verwenden. Campbell-Palmer & nung werden mit Hilfe einer dafür • Ohrmarke so zentral im Ohr wie möglich Rosell 2013; Schroe- gefertigten Zange am Ohr der Kleinsäu- anbringen, damit diese nicht ausreisst. der 2015 ger angebracht. • Hauptblutgefässe und Hauptknorpel- strukturen sollten nicht tangiert werden. MR-08 Fellschnitt Schnitt der Deckhaare nach bestimmtem Barnett & Dutton 1995 Muster erlaubt Identifikation von einigen wenigen Individuen. MR-09 Mikrochip Mikrochip mittels Applikator subkutan • Bei der Applikationsweise, Grösse und Cadieux, Fauteux et einsetzen. Bei Kleinsäugern (Insekten- Passform sind mögliche negative Gauthier 2015; fresser und Nagetiere) in die Nackenfal- Auswirkungen auf das Tier zu minimie- Campbell-Palmer & te. Bei Bibern im Schulter- oder vorderen ren. Rosell 2013 Brustbereich, möglichst auf der linken • Einmalige Verwendung von Kanülen. Seite. MR-10 Sender Kleine Sender werden in der Regel mit • Gewicht des Senders max. 10 % des Wildlife Radiotelemetry einem Halsband am Individuum befestigt. Körpergewichts. (1998) Die Sender geben aktiv oder passiv ein • Halsband muss gut passen, so dass die Signal ab, welches mit fix installierten Bewegungsfreiheit gewährt ist, das oder mobilen Empfangsantennen geortet Band aber nicht zu locker ist und das werden kann. Tier irgendwo hängen bleibt. Probenentnahme MR-11 Haarprobe Auszupfen kleiner Haarbüschel • Vorsichtige mechanische Immobilisation Wirthner-Bitterlin et (idealerweise am Schwanzansatz) mit der Kleinsäuger. al. 2016 einer sterilisierten Pinzette. • Möglichst wenige Haare auf einmal Die in der Haarwurzel enthaltene Menge nehmen, weil so die Haarwurzeln eher an DNA liegt im Bereich
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 19 Fledermäuse (Chiroptera) Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Fang MC-01 Netze Stellnetze (Japannetze oder Puppen- • Netzschleier ständig überwachen und Bader et al. 2017 (Stellnetze / haarnetze) werden zwischen Stangen gefangene Tiere umgehend entnehmen, Netzschleier) aufgespannt. Netzschleier (Japannetze Stellnetze mindestens alle 15 Minuten oder Puppenhaarnetze) werden vor kontrollieren. Quartieröffnungen befestigt. • Stellnetze nicht direkt vor grossen Wochenstubenquartieren (>50 Tiere) aufstellen. MC-02 Kescher Ein Kescher (Stange mit Rahmen, an dem • Permanente Kontrolle von Kescher und Bader et al. 2017 ein Plastikschlauch oder Netz befestigt Auffangbehälter und unmittelbare ist) wird vor die Ausflugöffnung gehalten, Entnahme gefangener Tiere. um ausfliegende Tiere zu fangen. Ausfliegende Tiere rutschen den Plastikschlauch hinunter in einen weichen Auffangbehälter oder fliegen ins Netz, worauf dieses abgesenkt und die Tiere entnommen werden. MC-03 Handfang Behändigung von Tieren in frei zugängli- • Vermeidung der Störung von nicht Bader et al. 2017 chen Quartieren (Dachstöcke, Höhlen) behändigten Tieren in frei zugänglichen oder aus Fledermauskästen, die geöffnet Quartieren. werden können. • Keine Behändigung von Jungtieren jünger als 2 Wochen, von hochträchti- gen und säugenden Tieren, von geschwächten Tieren (ausser zu Rehabilitationszwecken) und von Tieren im Winterschlaf (Ausnahme: offensicht- lich symptomatische Tiere für das Monitoring der Krankheit White Nose Syndrome). • Jungtiere (älter als 2 Wochen) erst nach dem Ausflug der Muttertiere auf die Jagd behändigen, um Störung gering zu halten. MC-04 Harfenfalle In zwei hintereinander positionierten • Kontrolle von Harfenfalle und Auffang- Bader et al. 2017 Metallrahmen sind senkrecht dünne behälter mind. alle 30 Minuten. Fäden gespannt. Fledermäuse, die in die Fäden fliegen, fallen in einen weichen Auffangbehälter aus Stoff. MC-05 Reuse Mehrere hintereinandergestellte, sich • Kontrolle der Reuse mind. alle 30 Bader et al. 2017 verengende und oben geschlossene Minuten. Netztrichter, die in immer kleinere Kammern münden. In der letzten können die Tiere mit einem Handkescher gefangen oder von Hand vom Untergrund gesammelt werden.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 20 Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Immobilisation MC-06 Stoffsack Mechanische Immobilisation in weichen • Tiere einzeln oder nur Tiere der gleichen Bader et al. 2017 Stoffbeuteln. Art in einem Beutel immobilisieren. • Max. Immobilisationszeit in der Regel 30 Minuten, zur Gewinnung von Kotproben max. 2 Stunden. • Keine Immobilisation von Jungtieren, hochträchtigen und säugenden Weibchen oder Tieren im Winterschlaf. • Freilassung ausserhalb von Quartieren nur nachts und in voll flugfähigem Zustand. Markierung MC-07 Fellschnitt Auf einer Fläche von rund 0,5 cm2 wird • Keine Markierung von geschwächten Bader et al. 2017 am Rücken das Fell mit einer kleinen Tieren und von Tieren im Winterschlaf. Schere abgeschnitten. MC-08 Krallenfärbung Schnell trocknender Nagellack wird auf • Keine Markierung von geschwächten Bader et al. 2017 die Zehenkrallen oder die Daumenkralle Tieren oder von Tieren im Winterschlaf. aufgetragen. MC-09 Armspange Armklammern der Beringungszentrale • Keine Markierung von hochträchtigen, Bader et al. 2017 des Naturhistorischen Museums Genf säugenden oder geschwächten Tieren werden mit den Fingern am Unterarm und von Tieren im Winterschlaf. angepasst und zugedrückt. • Grösse der Armspange der Grösse des Tieres anpassen. MC-10 Reflektoren / Mit Hautkleber wird zur kurzfristigen • Keine Markierung von hochträchtigen, Bader et al. 2017 Knicklicht Markierung ein Stück Reflektorband oder säugenden oder geschwächten Tieren ein Knicklicht ins Rückenfell geklebt. oder von Tieren im Winterschlaf. Auch selbstklebendes Reflektorband • Markierung so anbringen, dass sie kann verwendet werden. baldmöglichst nach Funktionserfüllung abfällt. MC-11 Fluoreszieren- Mit einem Sieb wird das Pulver vor der • Reduktion der Störung am Quartier Bader et al. 2017 des UV-Pulver Ausflugöffnung über ausfliegende einflug auf ein Minimum. Fledermäuse gestreut und bleibt im Fell haften. Mittels Schwarzlicht können so markierte Tiere (und ihr Kot) andernorts nachgewiesen werden. MC-12 Mikrochip Subkutanes Einsetzen des Mikrochips • Keine Markierung von hochträchtigen, Bader et al. 2017 zwischen den Schulterblättern mittels säugenden oder geschwächten Tieren Applikator. oder von Tieren im Winterschlaf. • Einmalige Verwendung von Kanülen. MC-13 Sender / Mit Hautkleber wird zur kurzfristigen • Keine Markierung von hochträchtigen, Bader et al. 2017 Datenlogger Markierung ein Sender oder Datenlogger säugenden oder geschwächten Tieren ins Rückenfell oder auf die Rückenhaut oder von Tieren im Winterschlaf. geklebt oder mittels eines Halsbandes • Verwendung des jeweils kleinstmögli- (mit Sollbruchstelle) befestigt. chen Senders / Datenloggers: idealer- weise max. 5 % des Körpergewichtes. • Sender werden so angebracht, dass sie möglichst bald nach Ende der Untersuchung abfallen oder manuell entfernt werden können.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 21 Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Probenentnahme MC-14 Urinprobe Frisch abgesetzter Urin wird mit einer • Keine Probenentnahme von Tieren im Bader et al. 2017 Glas-Mikrokapillare aufgenommen und Winterschlaf. sofort kühlgestellt. MC-15 Kotprobe Zur Gewinnung einer Kotprobe werden • Keine Probenentnahme von Tieren im Bader et al. 2017 Tiere max. 2 Stunden immobilisiert. Winterschlaf. MC-16 Haarprobe Auszupfen weniger Haare (inkl. • Keine Probenentnahme von hochträch- Bader et al. 2017 Haarwurzel) mit einer sterilen Pinzette. tigen oder geschwächten Tieren oder von Tieren im Winterschlaf. MC-17 Flughautprobe Mittels sterilem Stanzer wird der • Entnahme der Probe nahe am Körper. Bader et al. 2017 Fledermaus ein ca. 3mm grosses Stück • Keine Probenentnahme von hochträch- Flughaut entnommen und in Ethanol tigen oder geschwächten Tieren und (98%ig) überführt. von Tieren im Winterschlaf. MC-18 Abstriche Ein Wattetupfer wird mit rotierenden • Keine Probenentnahme von hochträch- Bader et al. 2017 Bewegungen und sanftem Druck über tigen Tieren. Gesicht und Flughäute bewegt und • Bei Arbeiten im (Winter-) Quartier: anschliessend in Ethanol (98%ig) Vermeidung der Störung von Nicht überführt oder eingefroren. Zielindividuen. MC-19 Ektoparasiten Mittels Pinzette (an unbehaarten • Keine Probenentnahme von hochträch- Bader et al. 2017 Körperstellen auch Klebstreifen) werden tigen Tieren oder von Tieren im Parasiten aufgenommen und in Ethanol Winterschlaf. (98%ig) überführt. MC-20 Blutprobe Mit einer 25 Gauge Injektionsnadel wird • Bei gesunden Fledermäusen werden Bader et al. 2017 der aktiven Fledermaus die Vene nahe höchstens 10 %, bei kranken und des Oberschenkels in der Schwanzflug- verletzten oder solchen in unbekanntem haut punktiert und das austretende Blut Zustand höchstens 1 % des Gesamt- mit einer Glas Mikrokapillare aufgefan- blutvolumens abgenommen. gen. Anschliessend wird mit Daumen und • Keine Probenentnahme von hochträch- Zeigefinger 2 Minuten sanft auf die tigen Tieren oder bei Tieren im Einstichstelle gedrückt, um den Blutfluss Winterschlaf. zu stoppen.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 22 Hasenartige (Lagomorpha) Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Fang ML-01 Kastenfalle Gitterfalle mit 1 Tür. • Fallen erst abends fängisch stellen und Alves et al. 2007 spätestens bei Sonnenaufgang kontrollieren, um Stress zu minimieren. • Sofern möglich die Fänge im Winter und nicht in Fortpflanzungsperiode durchführen. ML-02 Stellnetz Einrichten einer Linie von stehenden • Die Tiere so rasch als möglich aus dem Nodari 2006 Netzen. Die Tiere werden in Richtung Netz befreien und in einer Holzkiste Netze getrieben. Behändigung unmittel- unterbringen. bar nach dem Fang. Immobilisation ML-03 Mechanisch Festhalten von Hand. • Augen verbinden. Fischer 2015; Fischer • Tier gestreckt halten, damit es sich 2016 nicht ruckartig überdehnt; Hinterpfoten mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfin- ger festhalten (Zeigefinger zwischen den Pfoten). ML-04 Kurzfristige In einer ganz lichtdichten aber Luft • Lichtdichte Kiste an einem ruhigen Ort Fischer 2015; Fischer Unterbringung durchlässigen Kiste halten, die nur wenig platzieren. 2016 Raum bietet, damit das Tier sich darin • Tier nur kurzfristig unterbringen. nicht drehen kann (Holzkiste). Markierung ML-05 Mikrochip Subkutane Applikation eines Mikrochips • Bei der Applikationsweise, Grösse Campbell-Palmer & im Schulterbereich. und Passform sind mögliche negative Rosell 2013 Auswirkungen auf das Tier zu minimieren. • Einmalige Verwendung von Kanülen. ML-06 Ohrmarke Ohrmarken aus Plastik oder Aluminium • Tierartenspezifische Ohrmarken-Typen zur individuellen Erkennung der und passende Werkzeuge verwenden. Individuen werden in der Ohrmitte • Hauptblutgefässe und Hauptknorpel- angebracht. strukturen sollten nicht tangiert werden. • Desinfizierung. ML-07 Sender Telemetrie- (GPS, VHF) und andere • Art-, alter- und geschlechtsspezifische technische Einheiten, welche mittels Anpassung der Weite und des Gewichts Halsband am Tier befestigt werden zur des Halsbands, max. 3 % des Körper Feststellung des Standorts des Tiers, gewichts. allenfalls weiterer Parameter. • Tiergerechte Form und Material des Halsbands; genügend anziehen, damit sich kein Unterkiefer oder Lauf darin verfängt. • Falls möglich Halsbänder mit Soll- bruchstelle verwenden.
Fang, Markierung und Beprobung von freilebenden Wildtieren © BAFU 2018 23 Raubtiere (Carnivora)4 Nr. Methode Kurzbeschrieb Anforderungen Literatur Fang MP-01 Kastenfalle Für Luchs und Wildkatze: Kasten aus • Keine Gitterfallen, da Verletzungsgefahr Breitenmoser, Ryser & Holz mit Falltüre (beim Luchs beidseitig zu hoch. Ryser-Degiorgis 2014 Falltüren) werden auf Forststrassen oder • Permanente Überwachung mittels Pfaden platziert. Ausgelöst durch Faden GSM-Sender (Funktionalität wird oder über Wippe. Kleine, verschliessbare täglich überprüft); SMS-Alarm an Öffnungen in Türen erlauben Kontroll- mehrere Personen, Kontrolleur bei blick und Narkotisierung mittels Blasrohr. Alarm rasch vor Ort (Freilassen von Grösse und Art der Kastenfalle ist Fehlfängen), Fangteam so rasch wie artspezifisch. Evtl. olfaktorische möglich vor Ort. Anlockung. • Automatische Kontrolle des Alarms 2-mal pro Tag, Kontrolle der Kastenfalle 2-mal wöchentlich sowie jeweils nach Schneefall. MP-02 Kastenfalle Für Rotfuchs, Dachs, Fischotter und • Kontrolle mind. 2-mal pro Tag (Morgen, Debrot 1982; Marchesi kleine Musteliden: Falle aus Holz, Metall Abend), für kleine Marderartige 1989; Meia 1994; oder Gitter mit 1–2 Türen. häufiger. Ferrari 1997 • An ungestörtem und geschütztem Ort platzieren. • Selektive / ferngesteuerte Auslösung prüfen. • Verletzungsgefahr durch optimierte, tierartenspezifische Bauweise minimieren. MP-03 Tellereisen EZ Für Wolf: Tellereisen mit Gummi • Permanente Überwachung aus geringer Breitenmoser, Ryser & Grip Trap gepolsterten Bügeln. Pfote wird Distanz. Ryser-Degiorgis 2014 zwischen den Bügeln oberhalb des • Falle gibt dem Widerstand des Vorderfusswurzelgelenks festgehalten. gefangenen Tiers nach, Tier kann sich Falle wird nicht fixiert, sondern mit zurückziehen. Schleppanker und Alarm- sowie • Erfüllt AIHTS-Anforderungen, Peilsender ausgerüstet. grundsätzlich Verletzungsrisiko sehr klein. MP-04 Fussschlinge Für Luchs, Rotfuchs und andere • Permanente Überwachung (evtl. mittels Breitenmoser, Ryser & mittelgrosse Raubtiere: Fallenrohr mit VHF-Sender). Ryser-Degiorgis 2014 einer Feder, die die Stahlkabelschlinge • Fang-Team muss in Kürze vor Ort sein. schliesst, und einem davon getrennten • Dem Bewegungsspielraum (ca. 5 m) des Trittbrett, das als Wurfmechanismus Tieres wird Rechnung getragen, so dass dient und die Schlinge um den Fuss wirft, es nicht in gefährliche Lage gerät. wenn ein Tier auf das Trittbrett tritt. • Verletzungsgefahr durch optimierte, 2 bis 4 mit Kabeln festgebundene tierartenspezifische Bauweise Fussschlingen werden in unmittelbarer minimieren. Nähe eines gerissenen Beutetieres • Vorteile: Geringe Verletzungsgefahr. gesetzt. Artspezifisch, Fehlfänge sehr selten. MP-05 Tellereisen Für Rotfuchs und Dachs: Tellereisen mit • Permanente Überwachung. Meia 1994 Gummi-gepolsterten Bügeln oder • An einem stabilen, aber leicht Eisenstück, welches das komplette biegsamen Ort befestigen, idealerweise Schliessen verhindert. Pfote wird ein kleiner Baum (Ø 5–10 cm). zwischen den Bügeln oberhalb des • Den Fang von Jungtieren und anderen Vorderfusswurzelgelenks festgehalten. Arten vermeiden. • Verletzungsgefahr durch optimierte, tierartenspezifische Bauweise minimieren. 4 Für die Abkürzung der Methodennummer wurde die englische Bezeichnung «predators» herangezogen, entsprechend MP. MC wird bereits für die Chiroptera verwendet.
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