Materialien zu KARNEVAL DER TIERE - Grande fantaisie zoologique von Camille Saint-Saëns
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Materialien zu KARNEVAL DER TIERE Grande fantaisie zoologique von Camille Saint-Saëns Kinderkonzert Podium für Alle ab 4 Jahren Löwen, Elefanten, Schwäne, Schildkröten, Hühner, Esel, Kängurus und und und. Das Philharmonische Orchester bringt alle Tiere, die man im Zoo findet, ins Podium des Theaters. Wie ein Kuckuck ruft, können alle nachmachen. Doch wie hört sich ein Aquarium an oder wie hüpft ein Känguru musikalisch? Gemeinsam mit Erzähler Karl Heinz Glaser erleben unsere jungen Zuschauer alle Klangmöglichkeiten des Orchesters und gleichzeitig die Artenvielfalt der Tierwelt. SPRECHER Karl Heinz Glaser a.G. DIRIGENT GMD Timo Handschuh Das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm Redaktion Materialsammlung: Daniel Menne, 2012
Theater Ulm - Spielzeit 2012/13 Camille Saint-Saëns: Materialien zu KARNEVAL DER TIERE ZU CAMILLE SAINT-SAËNS Der am 9. Oktober 1835 in Paris geborene Camille Saint-Saëns zeigte schon früh außer- gewöhnliche musikalische Fähigkeiten: Bereits im Alter von zweieinhalb Jahren begann er Klavier zu spielen, ein Jahr später schrieb er sein erstes Klavierstück. Mit fünf Jahren beeindruckte er seine Zuhörer mit der Darbietung einer Beethoven-Sonate. Hochbegabt war der junge Saint-Saëns aber auch auf anderen Gebieten: Mit drei Jahren konnte er lesen, als Siebenjähriger übersetzte er lateinische und griechische Texte, zudem zeigte er ein reges Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften. 1846 debütierte er als Pianist im berühmten Pariser Konzertsaal „Salle Pleyel“ – bei manchen Zeitgenossen galt das „Wunderkind“ als neuer Mozart. 1848 nahm Saint-Saëns ein Orgel- und Kompositionsstudium am Pariser Konservatorium auf und gewann als Organist wie auch als Komponist zahlreiche Preise. Im Jahr 1853 kam es in einem Konzert der Gesellschaft Sainte-Cécile zu einer erfolgreichen Aufführung seiner ersten Sinfonie (Es-Dur, op. 2). Die Bewunderung für Saint-Saëns bei Publikum und Musikkritik wuchs umso mehr, nachdem bekannt wurde, dass diese Komposition das Werk eines gerade Achtzehnjährigen war. Im selben Jahr erhielt Saint-Saëns seine erste Anstellung als Organist. Für fast 25 Jahre sollte er nun an verschiedenen Pariser Kirchen das Organistenamt be- kleiden, unter anderem an einer der bedeutendsten Kirchen der Stadt, der Église de la Madelaine. Besonders hier machte er sich als Improvisator an der Orgel international einen Namen. Zu seinen Bewunderern zählten etwa Clara Schumann oder Anton Rubinstein, die eigens nach Paris kamen, um ihn zu hören. Franz Liszt soll sogar geäußert haben, Saint-Saëns sei der beste Organist der Welt. Neben seiner Tätigkeit als Kirchenmusiker schrieb Saint-Saëns Werke für zahlreiche musika- lische Gattungen, darunter 13 Opern, von denen Samson et Dalila (1877) die erfolgreichste war. Auch trat er weiterhin öffentlich als Pianist auf. Von 1861 bis 1865 unterrichtete er an der École Niedermeyer als Klavierlehrer unter anderem den jungen Gabriel Fauré, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte. 1871 gründete Saint-Saëns die „Société nationale de musique“, die sich der Aufführung zeitgenössischer französischer Musik wid- mete. 1875 heiratete er Marie-Laure Truffot. Zwei Jahre später gab er sein Organistenamt auf, um sich von nun an ganz dem Komponieren widmen zu können. Nach dem Tod seiner beiden Söhne und seiner Mutter sowie der Scheidung von seiner Frau verließ Saint-Saëns 1888 Paris, um von nun an 15 Jahre lang an wechselnden Orten rund um den Erdball zu wohnen, darunter die Kanarischen Inseln und Nord-Afrika. 1904 bezog er zwar wieder eine Wohnung in der französischen Hauptstadt, gab aber sein Wanderleben bis an sein Lebens- ende nicht auf. Saint-Saëns starb am 16. Dezember 1921 in Algier. 2
Theater Ulm - Spielzeit 2012/13 Camille Saint-Saëns: Materialien zu KARNEVAL DER TIERE ALLGEMEINES ZUM WERK Der Karneval der Tiere (Le carnaval des animaux), der den Untertitel Grande fantaisie zoologique trägt, ist Camille Saint-Saëns' wohl bekanntestes Werk. Geschrieben wurde die Gelegenheitsarbeit 1886 für ein Hauskonzert im Freundeskreis und war vom Komponisten ausdrücklich nicht zur Veröffentlichung bestimmt. Saint-Saëns befürchtete, dass die 14 kleinen Sätze mit meist parodistischem Charakter und zahlreichen ironischen Anspielungen auf Werke anderer Komponisten seinem Ruf als ernstzunehmender Künstler schaden könnten. Zudem sah er die Gefahr, dass der Karneval der Tiere in der Öffentlichkeit mehr Beachtung finden könnte als etwa seine Sinfonien oder Opern. Aus diesen Gründen kam es zu Lebzeiten des Komponisten nur zu einigen wenigen Aufführungen im privaten Rahmen. Weitere Darbietungen unterband Saint-Saëns durch ein generelles Aufführungsverbot für den Karneval. Erst ein Jahr nach seinem Tod erschien das Werk 1922 schließlich im Druck. Am 25. Februar desselben Jahres erklang es in Paris zum ersten Mal in der Öffentlichkeit. Es stieß auf positive Resonanz beim Publikum und genießt seitdem ungebrochene Popularität. Was Saint-Saëns vorhersah, hat sich rückblickend bewahrheitet: Sein Name wird bis heute vor allem mit dem Karneval der Tiere in Verbindung gebracht. Der Karneval der Tiere für Kammerorchester besteht aus 14 kurzen Sätzen, denen jeweils ein programmatischer Titel vorangestellt ist. Die meisten dieser Titel sind einer bestimmten Tierart gewidmet, wodurch der Karneval sich einerseits als eine Sammlung von einzelnen Tierporträts präsentiert. Unmittelbar wiederzuerkennen sind die jeweiligen Tiere in den zahl- reichen lautmalerischen Passagen, etwa wenn das Brüllen der Löwen, das „I-A“ der Esel oder der Ruf des Kuckucks erklingt. Gleichzeitig parodiert Saint-Saëns aber auch bekannte Melodien anderer Komponisten wie zum Beispiel Mozart, Rossini, Berlioz und Offenbach – er überlässt es hierbei jedem Hörer selbst, Beziehungen zwischen den Tieren und den je- weiligen Komponisten herzustellen. Was beim Karneval der Tiere nicht zuletzt auffällt, ist die ungewöhnliche Besetzung mancher seiner Sätze, so wird etwa der Elefant im fünften Satz in einem Duo mit Kontrabass und Klavier charakterisiert oder im 13. Satz („Der Schwan“) zwei Klaviere und das Violoncello kombiniert. Auch die Verwendung einer Glasharmonika (heute meist durch ein Glockenspiel oder eine Celesta ersetzt) war Ende des 19. Jahrhunderts alles andere als üblich. Folgende Instrumente sind am Karneval der Tiere beteiligt: Holzblasinstrumente: Flöte (auch Piccoloflöte in Nr. 14), Klarinette (in B und C) Schlaginstrumente: Xylophon, Glasharmonika (oder Glockenspiel oder Celesta) Tasteninstrumente: Klavier I und II Streichinstrumente: Violine I und II, Viola, Violoncello, Kontrabass 3
Theater Ulm - Spielzeit 2012/13 Camille Saint-Saëns: Materialien zu KARNEVAL DER TIERE ZU DEN EINZELNEN SÄTZEN 1. Introduktion und königlicher Marsch der Löwen Die Spannung steigt — trommelwirbelartige Tremoli und Fanfaren in den Klavieren in der Introduktion bereiten den Auftritt der Könige unter den Tieren vor. Gravitätisch schreiten die Löwen in ihrem von den Streichern und den Klavieren gespielten Marsch einher, schnelle Klavierläufe lassen ihr Gebrüll erklingen. 2. Hühner und Hähne Aufregung im Hühnerstall: Wild gackern und picken die Hühner, das "Kikeriki" der Hähne in den Klavieren und der Klarinette versucht vergebens, für Ruhe zu sorgen. 3. Maultiere (schnelle Tiere) Wohin laufen die Maultiere? Oder sind sie auf der Flucht? Wir wissen es nicht. In diesem stürmischen, von schnellen Läufen dominierten Satz, der nur mit den zwei Klavieren besetzt ist, werden die sonst eher gemütlichen Tiere von einer ungewöhnlichen Seite gezeigt. 4. Schildkröten Schildkröten sind nicht für ihre virtuosen Tanzkünste bekannt, und so verwundert es weniger als es belustigt, dass in diesem Satz Jaques Offenbachs berühmter Can Can, der seinerzeit als der schnellste Tanz der Welt galt, um ein Vielfaches langsamer erklingt als gewohnt. 5. Der Elefant Das tiefste Streichinstrument, der Kontrabass, intoniert ausgerechnet den Elfentanz aus Hector Berlioz' La Damnation de Faust. Während in dieser „dramatischen Legende“ den Elfen der Tanz im Dreiertakt mit schwebender Leichtigkeit gelingt, wirkt er beim Elefanten des Karnevals eher plump und ungelenk. Die parodistische Absicht Saint-Saëns' ist unüber- hörbar. 6. Kängurus Bekanntlich können Kängurus sich springend zwar sehr schnell fortbewegen, sie können dies aber nur für kurze Zeit. Und so müssen auch die Kängurus des Karnevals der Tiere, die ab- wechselnd über die Tasten der zwei Klaviere springen, nach ihren kurzen Sprints erst einmal wieder zu Atem kommen, bevor sie zu neuen Sprüngen ansetzen. 7. Das Aquarium Während bei heutigen Aufführungen des Karnevals in diesem Satz neben den Streichern, den Klavieren und der Flöte meist ein Glockenspiel oder eine Celesta zum Einsatz kommt, schreibt Saint-Saëns eigentlich eine Glasharmonika vor. Hierbei handelt es sich um ein heute 4
Theater Ulm - Spielzeit 2012/13 Camille Saint-Saëns: Materialien zu KARNEVAL DER TIERE kaum noch gebräuchliches Instrument, bei dem sich drehende ineinandergeschobene Glas- glocken zum Klingen gebracht werden, indem man ihre Ränder mit einem mit Wasser be- feuchteten Finger berührt. Nicht nur, dass auch ein Aquarium aus Glas und Wasser besteht − es ist auch der besondere Klang der Glasharmonika, der zum impressionistischen Charakter dieses Satzes beiträgt. 8. Persönlichkeiten mit langen Ohren Seufzerartige Eselsrufe („I-A“) und kieksende Schreie, beide von den Violinen gespielt, wechseln sich in diesem Satz ab. 9. Der Kuckuck im tiefen Wald Ein choralartiger Klaviersatz versetzt den Hörer in die ruhigen Tiefen des Waldes, aus denen von Zeit zu Zeit der Kuckucksruf der Klarinette herausklingt. 10. Das Vogelhaus In der Volière herrscht ein ständiges Schwirren der Vögel, das durch Tremoli in den Geigen erzeugt wird. In den virtuosen Passagen der Flöte und der Klaviere ist der heitere Gesang verschiedener exotischer Vögel zu hören. 11. Die Pianisten Pianisten beim Karneval der Tiere? Will Saint-Saëns den Zuhörer darauf hinweisen, dass sich ein Pianist auf der Bühne in einer ähnlichen Lage befindet wie ein Tier im Zoo, das den Blicken des neugierigen Publikums mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert ist? Der Komponist treibt seinen Spott über das zeitgenössische Konzertwesen aber noch weiter, indem er die Klaviere nicht etwa hochvirtuose Glanznummern, sondern über weite Strecken nichts anderes als Tonleiterausschnitte spielen lässt, sodass der Eindruck entsteht, man hörte zwei Pianisten beim Absolvieren mechanischer Fingerübungen zu. Ist das Saint-Saëns’ Kommentar zum künstlerischen Niveau der Klaviermusik seiner Zeit? 12. Fossilien Auch tote Tiere treten beim Karneval auf — von Traurigkeit aber keine Spur, wenn die heitere Melodie in den Xylophonen an das Klappern von Knochen erinnern lässt. In diesem Satz kann man zahlreiche Anspielungen auf zum Teil sehr populäre Melodien ausmachen, so erklingen neben französischen Volksliedern nicht nur das Thema aus Mozarts Ah, vous dirai- je, Maman, das auch als Weihnachtslied Morgen kommt der Weihnachtsmann bekannt ist, sondern auch die große Rosina-Arie aus dem Barbier von Sevilla von Rossini und, als iro- nisches Selbstzitat, eine Anspielung auf Saint-Saëns' Danse macabre. 5
Theater Ulm - Spielzeit 2012/13 Camille Saint-Saëns: Materialien zu KARNEVAL DER TIERE 13. Der Schwan Über die sanft wogenden Wellen in den Klavieren gleitet ein prachtvoller Schwan in Gestalt einer weit ausschwingenden Cellokantilene dahin. Dieser Satz ist der einzige aus dem Karne- val der Tiere, den Saint-Saëns zu Lebzeiten zur Veröffentlichung freigab. Der Ballettchoreo- graph Michel Fokine schrieb für die Primaballerina Anna Pawlowa zu dieser Musik das berühmte Tanzsolo „Der sterbende Schwan“. 14. Grand Finale Beim großbesetzten Finale des Karnevals haben fast alle Tiere noch einmal einen kurzen Auftritt, um sich mit einem heiteren, tänzerischen Kehraus zu verabschieden. BUCH-TIPPS Gerd Albrecht: Musikinstrumente und wie man sie spielt. Ein Führer durch das Orchester für kleine und große Leute. Mit CD. Zürich 1993. Man kann das Schlaginstrumentarium auch mit einer Zauberküche vergleichen. Wie ein guter Koch seine Gewürze mit feiner Zunge abstimmt, nachdem er sie mit geschickter Hand verteilt hat, so kann der findige Schlagzeuger in seiner Zauberküche die schönsten Leckerbissen für unsere Ohren zubereiten. – Bildreich führt Gerd Albrecht kleine und große Leser spielerisch und informativ zugleich durch das Orchester. Frank P. Bär: WAS IST WAS, Band 116: Musikinstrumente. Nürnberg 2010. Welche Musikinstrumente gibt es? Wie funktionieren sie? Wie entsteht eine Geige und warum ist eine Stradivari so teuer? Juliane Linker: Musikalische Meisterwerke für Kinder: Camille Saint-Saëns. Der Karneval der Tiere. Handlungsorientierte Lernstationen zu einer zoologischen Fantasie. Ab Klasse 3. Augs- burg 2011. Durch die Beschäftigung mit den abwechslungsreichen Aufträgen der Arbeitsblätter werden Kinder befähigt, Musik zu erleben, zu gliedern und gestalterisch mit ihr umzugehen. Sie lernen zudem die verschiedensten Orchesterinstrumente kennen und erleben deren erstaunliche Ausdrucksmöglichkeiten. Marko Simsa, Doris Eisenburger: Der Karneval der Tiere. Eine Geschichte zur Musik von Camille Saint-Saëns. Mit Begleit-CD. Wien 2002. Nicht nur die beiden Affenkinder sind schon ganz aufgeregt, auch die anderen Tiere freuen sich ganz besonders auf diesen Tag - denn heute wird der Karneval der Tiere gefeiert. Elefanten, Löwen, Kängurus ... alle sind sie da! Es wird musiziert, getanzt und einige Tiere führen sogar Kunststücke vor. Für gute Unterhaltung ist also bestens gesorgt! 6
Theater Ulm - Spielzeit 2012/13 Camille Saint-Saëns: Materialien zu KARNEVAL DER TIERE Michael Stegemann: Camille Saint-Saëns. Reinbek bei Hamburg 1998. Monographie zum Komponisten mit zahlreichen Abbildungen. CD-Tipps Camille Saint-Saëns: Der Karneval der Tiere. Tiergeschichten mit Musik. Sir Peter Ustinov, Anthony & Joseph Paratore, Münchner Kammerorchester, Karl Anton Rickenbacher u.a. (Deutsche Grammophon Junior-Klassik) Prokofieff: Peter und der Wolf. Saint-Saëns: Der Karneval der Tiere. Text: Loriot. Karlheinz Böhm, Anfons & Aloys Kontarsky, Wiener Philharmoniker, Karl Böhm (Deutsche Grammo- phon) WEBLINKS http://www.komponisten.at/komponisten/189.html Kurzer Lebenslauf von Camille Saint-Saëns und weiterführende Links zu CDs, Noten und Musikdownloads. http://petrucci.mus.auth.gr/imglnks/usimg/a/a4/IMSLP75692-PMLP06099-saint-saens_- _carnaval__partitura_.pdf Gemeinfreies PDF der vollständigen Partitur. http://www.lehrmittelboutique.net/download/alle-downloads-mainmenu- 26/doc_download/1085-03-karneval-der-tiere.html Unterrichtsmaterialien zum Karneval der Tiere. 7
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