Flugzeuge über Zürich - was kommt von oben runter?

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U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 21                                                                                                   LUFT

Mögliche Auswirkungen der Flugzeugabgase auf Mensch und Umwelt

Flugzeuge über Zürich – was
kommt von oben runter?

Nicht nur der Fluglärm gibt zu reden, immer wieder      rend des Hitzesommers als auch die Be-                    Inhaltliche Verantwortung:
fragen sich Anrainer und Menschen, die neu oder         lastungen durch Feinstaub und Stickoxi-                   Roy Eugster
vermehrt überflogen werden: «Gibt es noch andere        de während der Heizperioden lagen rund                    Abteilung Lufthygiene
Auswirkungen als den Lärm? Wie sieht es mit den         10 –15 Prozent höher als in den Vorjah-                   AWEL Amt für
Luftschadstoffen aus? Wird vielleicht direkt über mir   ren. Die Feinstaub- und Stickoxidkon-                     Abfall, Wasser, Energie und Luft
Kerosin abgelassen oder werden gar Flugzeugtoilet-      zentrationen wurden stark durch die                       8090 Zürich
ten entleert?» Riecht es dann plötzlich intensiv nach   langanhaltenden Inversionslagen im Fe-                    Telefon 043 259 43 57
Diesel oder werden undefinierbare schwarze Flecken      bruar, März und Dezember beeinflusst.                     Fax 043 259 51 78
auf Pflanzen oder Fenstersimsen entdeckt, so denkt      Dies überlagerte stark die Auswirkungen                   roy.eugster@bd.zh.ch
der eine oder andere schnell: «Das waren die Flug-      der Flugbewegungen.                                       www.luft.zh.ch
zeuge!» Aber waren sie es wirklich?
                                                        Wieviel Stickoxide stammen von                            und
Der Flughafen ist zweifellos ein bedeu-                 den Flugzeugen?
tender Emittent von Luftschadstoffen wie                Bei der Verbrennung von Treibstoffen                      Emanuel Fleuti
Stickoxiden und Feinstaub und kann da-                  wie Kerosin im Flugverkehr oder Benzin                    Zurich Unique Airport
mit direkt zur Ozonbildung beitragen.                   und Diesel im Strassenverkehr entstehen                   Abteilung Umweltschutz
Die Luftqualität der Region hängt je-                   Stickoxide (NOx), welche unter anderem                    8058 Zürich
doch vom gesamten Schadstoffausstoss                    als NO2-Immissionen (Stickstoffdioxid)                    Telefon 043 816 22 11
von Flugzeugen, Kraftfahrzeugen und                     in der Umgebung gemessen werden kön-                      emanuel.fleuti@uniqueairport.com
regionalen Feuerungen ab, die sich ge-                  nen (siehe Tabelle Seite 24). Über den                    www.uniqueairport.com
genseitig überlagern, sowie von den kli-                Daumen gepeilt gilt: Je mehr Flugbewe-
matischen Bedingungen.                                  gungen zu verzeichnen sind, desto mehr
   Das Jahr 2003 wurde von verschiede-                  NOx-Emissionen und Immissionen wer-
nen langandauernden Perioden mit teils                  den gemessen.
sehr hohen Schadstoffgehalten geprägt.                     Seit Beginn des Monitoring im Jahr
Sowohl die Belastung durch Ozon wäh-                    1998 am Flughafen sind die Konzentra-
                                                                                                                                     LUFT

Wohin gehen die Flugzeug-Abgase?                                      Quelle: Unique Airport, Abt. Umweltschutz
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 22                                                                                                                   LUFT

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Ein dichtes Netz von Messstationen rings um den Flughafen erlaubt es, Immissionen von Stickstoffdioxid zu verfolgen und so eine mögliche Mehrbelastung der Bevölkerung
durch den Flughafen zu beurteilen (Messpunkte und Monitoring, siehe Tabelle und Kasten rechts). An schwarz markierten Messstellen wird der NO2-Grenzwert überschritten.
                                                                                                                    Quelle: reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA045961)

tionen von Stickstoffdioxid an der Mess-                 ber 2003 bewirkten, dass die Monatsmit-                   tung bei der Messstation «Landside»
station Airside (Nr. 12) um rund 24 %                    telwerte, verglichen mit der gleichen                     (13), welche die Schadstoffbelastung auf
und an der Station Landside (Nr. 13) um                  Zeitperiode im Jahr 2002, gar zwischen                    der Flughafenvorfahrt (Taxis, Busse, Park-
rund 10 % gesunken. Dies passt zu der                    30 % und 50 % höher lagen. Diese deut-                    häuser) misst, um fünf Prozent zurückge-
Beobachtung, dass in diesen Jahren die                   lichen Mehrbelastungen auf einzelne                       gangen. Dies lässt sich dadurch erklären,
Flugbewegungen rückläufig waren. Be-                     Monate beeinflussten den Jahresmittel-                    dass die Bautätigkeit in diesem Bereich
sonders von 2001 auf 2002 wird dieser                    wert entsprechend stark.                                  nicht mehr so intensiv war wie 2002.
Zusammenhang gut sichtbar.                                  Die gemessenen Stickoxidkonzentra-
   Obwohl die Flugbewegungen von 2002                    tionen können neben der Anzahl Flugbe-                    Emission ist nicht gleich Immission
auf 2003 nicht zugenommen haben                          wegungen oder den klimatischen Verhält-                   Für die vom Südanflug betroffene Re-
(siehe Tabelle Seite 24), wiesen die Pas-                nissen auch von weiteren Faktoren be-                     gion (Wallisellen, Schwamendingen) kann
sivsammler-Messstandorte der Region                      einflusst werden. Die Wertveränderun-                     noch keine konkrete Aussage gemacht
Flughafen in diesem Zeitraum jedoch                      gen für 2003 in der Tabelle auf Seite 24                  werden, da zu wenig Werte vorliegen.Ver-
durchschnittlich eine Erhöhung der                       zeigen, dass sogar kleinräumig auf dem                    gleiche mit Messungen während der Sper-
Stickstoffdioxid-Konzentration um 10                     Gelände des Flughafens nahe zu-                           rung der Hauptstartpiste 10/28 vom Mai
Prozent auf. Dies lag an den klimatischen                sammenliegende Messstandorte unter-                       bis Juli 2000 zeigten jedoch, dass an den
Besonderheiten von 2003. Die langan-                     schiedliche Entwicklungen durchmachen                     Messstandorten auf dem Gemeindege-
haltenden Inversionslagen im Februar                     können. Im Gegensatz zum Messpunkt                        biet von Opfikon während der Zeit der
und teilweise noch im März und Dezem-                    «Airside» (12) ist die Schadstoffbelas-                   vermehrten Überflüge keine Zunahme
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 23                                                                                                       LUFT

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                                  Mess- Grenz-           Das Stickstoff-Monitoring                             schen Abgasen von Flugzeugen und bei-
         Standort                       wertüber-        Die Abteilung Lufthygiene des AWEL betreut im
                                   art schreitung                                                              spielsweise Lastwagen? Eine Untersu-
                                                         Auftrag der Flughafen Zürich AG seit 1998 zwei        chung über Emissionen aus zivilen Flug-
                                                         Messstationen auf dem Flughafengelände, näm-          zeugtriebwerken in Deutschland konnte
 1. Höri-Pflanzgarten              PS
                                                         lich die Stationen «Airside» auf dem Flugfeld und     trotz intensiven Bemühungen nicht nach-
 2. Bachenbülach                   PS                    «Landside» bei der Flughafenvorfahrt (Taxis, Busse,   weisen, welche Stoffe im Kerosin für den
                                                         Parkhäuser). Seit 2001 werden als Folge der Bau-      typischen «Flughafengeruch» verant-
 3. Niederglatt                    PS                    konzession «Midfield» des UVEK vom 5. Novem-          wortlich sind.
                                                         ber 1999 zusätzlich eine Station auf dem Terminal        Um die Ausbreitung von Triebwerks-
 4. Oberglatt                      PS                    A und 16 Stationen in den Anrainergemeinden un-       abgasen untersuchen zu können, bedient
                                                         terhalten. Ostluft, die gemeinsame Luftüberwa-        man sich beispielsweise sogenannter
 5. Niederrüti                     PS
                                                         chung der Ostschweizer Kantone und des Fürsten-       hochsiedender (ungiftiger) Alkane, wel-
 6. Oberrüti                       PS                    tums Liechtenstein, betreibt im gleichen Perimeter    che in deutlich höheren Konzentrationen
                                                         fünf Messstandorte, von denen zwei periodisch an      als in Automobilabgasen vorkommen. So
 7. Kloten-Chaseren                PS                    wechselnden Standorten aufgestellt werden (siehe      wurde Undecan, eines dieser Alkane, als
                                                         Tabelle und Karte links).                             Leitsubstanz verwendet, um allfällige
 8. Kloten-Chloos                  PS                        Die drei Stationen im Flughafen und drei in       Einflüsse des Luftverkehrs auf die Luft-
                                                         dessen näherer Umgebung messen die Schad-             qualität in der Umgebung des Flugha-
 9. Rümlang-Müliberg               PS                    stoffbelastungen kontinuierlich, während bei den      fens festzustellen. Ergebnisse dieser
                                                         anderen Standorten ausserhalb des Flughafens          Messungen zeigen, dass beispielsweise an
10. Rümlang-Nord                   PS
                                                         Passivsammler eingesetzt werden. Diese werden         der Frohbühlstrasse in Seebach (rund zwei
11. Flughafen-Terminal A            K      +13 %         über eine bestimmte Zeitdauer der Luft exponiert.     Kilometer südsüdwestlich der Piste 16) mit
                                                         Der resultierende Messwert entspricht der mittle-     Undecan-Messwerten von 0,42 µg/m3 kei-
12. Flughafen-Airside               K                    ren Belastung an diesem Standort für die ge-          ne erhöhten Belastungen vorliegen. Zum
                                                         wählte Messdauer.                                     Vergleich: Die Konzentration beträgt
13. Flughafen-Landside              K       +8 %             Insgesamt geben somit sechs kontinuierlich ar-    an der städtischen Stampfenbachstrasse
                                                         beitende Messstationen und 16 Passivsammler-          0,42 µg/m3 und am Bahnhof Wiedikon
14. Kloten-Wilder Mann             PS
                                                         standorte Auskunft über Stickstoffimmissionen im      0,52 µg/m3. Der in Wiedikon leicht er-
                                                         Umfeld des Flughafens.                                höhte Wert ist wahrscheinlich auf den
15. Kloten-Bassersdorferstr.       PS      +13 %
                                                                                                               dieselbetriebenen Strassenverkehr zu-
16. Kloten-Buchhalden              PS                   men, klar durch den Strassenverkehr ge-                rück zu führen. Die Emissionen aus dem
                                                        prägt (siehe Tabelle neben Karte). Ob-                 Flugbetrieb üben also keinen massgeb-
17. Opfikon-Soldbachstr.           PS      +15 %        wohl mehr Flugbewegungen einen höhe-                   lichen Einfluss auf die Immissionssitua-
                                                        ren Ausstoss an Stickoxiden bedeuten,                  tion in Zürich-Seebach aus. Es ist kaum
18. Opfikon-Kreuzung               PS      +83 %
                                                        werden diese also nicht als Immissionen                möglich, dass es dort nach Flughafen
19. Opfikon-Chrüterhüsli           PS                   in der Anrainerregion gemessen, son-                   oder Kerosin riecht. In unmittelbarer
                                                        dern verteilen sich wohl grossräumig.                  Nachbarschaft des Flughafens – in weni-
20. Opfikon-Balsberg               K/P   +13 % (2002)                                                          gen hundert Metern Entfernung – treten
                                                        Es stinkt. Wer war’s?                                  jedoch tatsächlich erhöhte Konzentratio-
21. Wallisellen-Dietlikonerstr.     K                   Stickoxide kommen kaum in riechbaren                   nen und damit ein Flughafengeruch auf.
                                                        Konzentrationen vor. Verbrennungspro-
22. Zürich-Schwamendingen K/P              +17 %
                                                        dukte von Diesel und Kerosin können
                                                        dagegen schon in winzigen Mengen als
PS = Passivsammler (siehe Kasten rechts)                Geruch wahrgenommen werden. Ge-                         Was ist Flugbenzin?
K = kontinuierliche Messungen                           ruchsbelästigungen können jedoch ver-                   Kerosin – auch als Jet A-1, Flugpetrol oder Petro-
P = wechselt Standort periodisch mit anderem Messort    schiedenste Ursachen haben. Nur un-                     leum bezeichnet – ist ein Gemisch von Kohlenwas-
Messstandorte in der Region Flughafen und relative      mittelbar beim Flughafen ist eine klare                 serstoffen (C9-C16) und enthält mehr als 500 Ein-
Überschreitung des Immissionsgrenzwerts NO2 von         Zuordnung zum Flugbetrieb möglich. Im                   zelsubstanzen. Die Zusammensetzung ist abhän-
30 µg/m3 (2003).                                        weiteren Flughafenumfeld kommt es                       gig vom Rohöl, vom Raffinationsprozess und vom
                                                        rasch zu einer Überlagerung mit diver-                  Mischungsverhältnis einzelner Raffinerieströme.
der NO2-Konzentration registriert wurde.                sen ähnlich riechenden Stoffen aus der                  Der Schwefelgehalt des Kerosins liegt bei 0,004-
   Von den 22 Standorten im NO2-Moni-                   Verbrennung ähnlicher Produkte. Diese                   0,01 Gewichtsprozent (Grenzwert: 0,3), der Ben-
toring-Netz liegen heute lediglich noch                 können von Lastwagenbetrieben, Holz-                    zolgehalt unter 0,1 Gewichtsprozent. Dem Kerosin
sieben Standorte über dem Grenzwert.                    feuerungen und im Sommer sogar von                      müssen weitere Additive beigegeben werden.
Und diese sind, Terminal A ausgenom-                    Grillanzündprodukten stammen.
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 24                                                                                                                                      LUFT

Und ist es gefährlich?                       Flugbewegungen, NOx-Emissionen und NO2-Immissionen
Der Geruch kommt daher, dass beim
Triebwerkzünden und beim Rollen der          Flugbewegungen                Anzahl              1998              1999             2000              2001             2002               2003
Flugzeuge auf dem Flughafenareal das Ke-     Linien- und Charterverkehr                       251424           270106            290 867          274 054           247 720             247 854
rosin im Gegensatz zum Flugbetrieb nicht     Privatluftverkehr/übriger Verkehr                36 461            36 076            34 755           35176             34 434             21538
vollständig verbrannt wird. Bei diesem un-
                                             Total                                           287 885           306182            325 622          309 230           282 154             269 392
vollständigen Verbrennungsprozess ent-
                                             Quelle: Unique - Abt. Umweltschutz, 30.01.04
stehen sogenannte polyaromatische Koh-
lenwasserstoffe (PAH). Untersuchungen        Emissionen          In Tonnen NOx                 1998              1999             2000              2001             2002               2003
haben gezeigt, dass PAH Lungenkrebs          Flugbetrieb                                        1267             1399              1508             1412              1211               k.A.
auslösen können. Gibt es also ein erhöh-
                                             Abfertigung                                         149              155               175              156               144               k.A.
tes Risiko rund um den Flughafen?
   Die Immissionsmessungen in den Flug-      Infrastruktur                                       55                56               129              150                97               k.A.
hafenanliegergemeinden Opfikon, Kloten       Landseitiger Verkehr                                52                49                49               45                38               k.A.
und Glattbrugg zeigen, dass die Konzen-      Total                                              1523             1660              1860             1763              1490               k.A.
trationen der PAH (v. a. Benzo[a]pyren)      Quelle: Unique - Abt. Umweltschutz, 30.01.04 k.A. = keine Angaben zum Zeitpunkt der Verfassung des Artikels
in der Luft mit 0,03 bis 0,23 ng/m3 etwas
                                             NO2-Immissionen µg/m                3
                                                                                               1998             1999              2000              2001             2002               2003
niedriger sind als diejenigen grössenmäs-
sig vergleichbarer europäischer Agglo-       Messstandort Airside                                37                34                39               34                28               + 0%
merationen. Ist die Bevölkerung in die-      Messstandort Landside                                                 35                38               38                34               – 5%
ser Region dem PAH lebenslang (rech-         Messstandort Terminal A                                                                                  40                38               + 5%
nerisch 70 Jahre) ausgesetzt, so beträgt                                                    (*) inclusive Immissionen aus Bautätigkeit vom Dock Midfield und vom Airside Center
                                             Quelle: AWEL - Abt. Lufthygiene
das Lungenkrebsrisiko ungefähr 0,006 %.                                                     (**) Zahlen noch nicht vollständig, prozentuale Veränderung gegenüber 2002 (provisorisch)

D. h. von 100 000 Personen könnten in-       NOx-Immissionen aus verschiedenen Quellen (Luftfahrt, Autoverkehr, Heizungen usw.) überlagern sich derart
nert 70 Jahren 6 betroffen sein. Dieses      und werden ausserdem noch von den Klimaverhältnissen beeinflusst, dass an den Messpunkten keine eindeu-
Risiko ist natürlich nicht Null, man muss    tige Korrelation der Flugbewegungen mit den Immissionen möglich ist.
es jedoch relativieren.
   In einzelnen Berufsgattungen ist be-
dingt durch die Exposition in den Pro-       welche Auswirkungen diese Massnahme                                           Grund der starken horizontalen und ver-
duktionsprozessen das Lungenkrebsrisiko      auf die Umwelt hat und ob das Kerosin                                         tikalen Verdünnung ist eine Schadstoff-
bis zu 1%. Und verglichen mit Konzen-        gar den Boden erreicht.                                                       belastung am Boden nicht zu erwarten
trationen an anderen, städtisch gepräg-         Der Treibstoff wird beim Fuel Dum-                                         und konnte bisher auch nicht nachgewie-
ten Orten in der Schweiz sind diejenigen     ping über zwei Öffnungen an den Flü-                                          sen werden. Trotzdem können die Koh-
von Benzo[a]pyren in der Umgebung des        geln abgelassen. Das Verfahren dazu ist                                       lenwasserstoffe, da sie nicht verbrannt
Flughafens gar deutlich geringer. Am         genau festgelegt. So wird das Flugzeug in                                     werden, besonders im Sommer zur
Löwenplatz in Luzern etwa wurden             ein verkehrsfreies Gebiet geleitet und                                        Ozonbildung beitragen.
0,73 ng/m3 gemessen, am Kasernenhof in       pumpt auf einer Höhe von 5000 bis 6000                                           In den letzten drei Jahren kam es im
Zürich 0,50 ng/m3.                           Meter über Grund (mindestens aber                                             Flugsicherungsbereich Zürich nur zu 2
                                             1800 Meter) und bei einer Geschwindig-                                        bis 5 Vorfällen pro Jahr mit einer Ablass-
Kerosinablass über unseren                   keit von 600 bis 700 Kilometern pro                                           menge von 2 bis 80 Tonnen pro Vorfall.
Köpfen?                                      Stunde (mindestens 460 km/h) solange                                          Die im Landeanflug bei Flugzeugen oft
In der Bevölkerung bestehen diffuse          Treibstoff ab, bis das Gewicht eine si-                                       beobachteten Randwirbelschleppen (siehe
Ängste, durch die überfliegenden Flug-       chere Landung zulässt.                                                        Foto mitte rechts) sind eine physikalisch-
zeuge von oben mit Kerosin eingenebelt          Das Ablassen von beispielsweise 60                                         meteorologische Erscheinung und haben
zu werden, durch Kerosinablass, im Fach-     Tonnen Kerosin dauert bei einer MD-11                                         nichts mit Fuel Dumping zu tun. Treib-
jargon Fuel Dumping genannt. Dieser ist      mit einer Ablassleistung von 2,6 Tonnen                                       stoffablass macht auch ökonomisch kei-
jedoch eine Notmassnahme, welche nur         pro Minute rund 23 Minuten. Das betrof-                                       nen Sinn. Ein Fuel Dumping kann rasch
selten vorkommt.                             fene Gebiet kann sich über eine Fläche                                        über 30 000 Franken kosten (oder etwa
   Muss ein Grossraumflugzeug wegen          von bis zu 2000 Quadratkilometern er-                                         130 Franken pro Passagier). Zudem ha-
eines technischen Defektes sofort nach       strecken, und es ergibt sich eine Verdün-                                     ben nur die grossen Langstreckenflug-
dem Start wieder landen, so muss es im       nung des Kerosins zu einer Konzentra-                                         zeuge eine Treibstoffablassvorrichtung
Notverfahren Treibstoff ablassen, weil       tion von 0,12 g/m3 Luft.                                                      (rechts unten). Von den Hauptflugzeug-
das Flugzeug noch schwerer ist, als für         Unter Einwirkung von Sauerstoff und                                        klassen (ohne Subtypen) sind das rund
die Landung zugelassen (siehe Foto           Radikalen wird das Kerosin zu Kohlen-                                         10 Prozent (z. B. MD11; Boeing B747 –
rechts oben). Dabei stellt sich die Frage,   dioxid und Wasserdampf zersetzt. Auf                                          B767 – B777; Airbus A340 – A330).
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 25                                                                                                           LUFT

                                                                                                                           Was kommt denn noch alles von
                                                                                                                           oben?
                                                                                                                           Beim Flugverkehr entstehen, wie bei al-
                                                                                                                           len Verbrennungsprozessen, Russ und
                                                                                                                           Schwebestaub (PM10). Beide stehen im
                                                                                                                           Verdacht, krebserregend zu sein.
                                                                                                                           PM10-Partikel mit einem aerodynami-
                                                                                                                           schen Durchmesser von weniger als 10
                                                                                                                           Mikrometern (µm) verhalten sich wie ein
                                                                                                                           Gas und können entsprechend weit ver-
                                                                                                                           frachtet werden. Teilchen, die grösser
                                                                                                                           sind als 10 µm, sinken dagegen schneller
                                                                                                                           zu Boden und werden so aus der Luft
                                                                                                                           entfernt.
                                                                                                                               Gegenüber dem Jahr 2002 ist der Jah-
                                                                                                                           resmittelwert der PM10 im Kanton Zü-
                                                                                                                           rich um rund 10 Prozent gestiegen. Auch
Fuel Dumping, der Ablass von Kerosin, ist eine seltene Sache.                                                              hier haben die Inversionsmonate, ver-
                                                           Reproduziert mit Bewilligung von Richard Zeman, Airliners.net   glichen mit dem Jahr 2002, zu bis zu 100
                                                                                                                           Prozent höheren Werten geführt.
                                                                                                                               Eine mikroskopische Untersuchung
                                                                                                                           von Russ an ausgewählten Standorten im
                                                                                                                           Kanton Zürich sollte zeigen, wo überall
                                                                                                                           «Flugzeug-Russ» auftrat. Nachzuweisen
                                                                                                                           ist er an einer für den Flugverkehr typi-
                                                                                                                           schen Grössenverteilung der Russparti-
                                                                                                                           kel. Dies gelang jedoch nur im Trieb-
                                                                                                                           werk-Prüfstand und an der Startpiste
                                                                                                                           West eindeutig. Bei den anderen Stand-
                                                                                                                           orten wurden andere Verteilungsmuster
                                                                                                                           gefunden. Auch Staub- oder Russablage-
                                                                                                                           rungen lassen sich also in den meisten
                                                                                                                           Fällen nicht eindeutig dem Flugverkehr
                                                                                                                           zuordnen, sondern bestehen aus einer
                                                                                                                           Mischung von Partikeln aus unterschied-
                                                                                                                           lichsten Quellen.
Randwirbelschleppen beim Landeanflug können leicht mit Fuel Dumping verwechselt werden.
                                                                                                                               Auch so allerlei «exotische» Ablage-
                                                                              Quelle: Unique Airport, Abt. Umweltschutz
                                                                                                                           rungen auf Gartenmöbeln, Fenstersimsen
                                                                                                                           oder Terrassen werden in Flugschneisen
                                                                                                                           und in der Umgebung des Flughafens oft
                                                                                                                           irrtümlich dem Flugverkehr angelastet.
                                                                                                                           Untersuchungen zeigen, dass dies in vie-
                                                                                                                           len Fällen jedoch nicht zutrifft. Verursa-
                                                                                                                           cher können beispielsweise Dieselfahr-
                                                                                                                           zeuge oder unsachgemäss verwendete
                                                                                                                           Cheminées, aber auch Tiere und Pflan-
                                                                                                                           zen sein.
                                                                                                                               Schwarze Punkte z. B. auf Äpfeln er-
                                                                                                                           weisen sich so nach mikroskopischen
                                                                                                                           Untersuchungen als Schorf oder Pilzbe-
                                                                                                                           fall. Ein besonders spektakulärer Fall:
                                                                                                                           Bei geruchsintensiven Ablagerungen in
                                                                                                                           der Ortschaft Lindenthal (D), welche sich
                                                                                                                           in der Anflugzone des Flughafens Stutt-
                                                                                                                           gart befindet, wurde von den Anwohnern
Auslassvorrichtung für das Fuel Dumping.                                       Quelle: Unique Airport, Abt. Umweltschutz   vermutet, es seien Fäkalien, die aus Flug-
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 26                                                                                                  LUFT

zeugen abgelassen worden seien. Es han-              •   Das Monitoring gewährleistet eine sys-           •   Kerosinablass ist eine Notmassnahme,
delte sich um Bienenkot. Verblühte und                   tematische lufthygienische Überwa-                   welches als seltenes Ereignis auftritt.
abgefallene männliche Kätzchen der                       chung der Region um den Flughafen.                   Das Kerosin selbst kann am Boden
Erle sehen, wenn sie im Verrottungspro-              •   Die NO2-Emissionen und -immissio-                    nicht nachgewiesen werden, aber im
zess sind, wie kleine Kotwürmchen aus                    nen unmittelbar am Flughafen sind                    Sommer zur Ozonbildung beitragen.
und sind auch schon in falschen Verdacht                 stark gekoppelt an die Anzahl Flugbe-            •   Ablagerungen auf Gartenmöbeln,
geraten.                                                 wegungen und allfälligen Bautätigkei-                Fenstersimsen oder Terrasse stammen
                                                         ten vor Ort. Es ist anzunehmen, dass                 kaum vom Flugbetrieb sondern kön-
Fazit für die überflogenen Gebiete                       bei einem Anstieg des Flugbetriebs                   nen verschiedene Ursachen haben:
•   Der Flughafen ist ein grosser Emit-                  die NO2-Jahresmittelwerte ebenfalls                  Russ aus Dieselfahrzeugen, biogenen
    tent von Luftschadstoffen. Deren Ein-                steigen. Andere Stickoxid-Emittenten                 Ursprung (Pflanzen, Insekten, ...) so-
    fluss lässt sich jedoch hauptsächlich in             und die Klimabedingungen können                      wie unvollständige oder unsachmäs-
    unmittelbarer Nachbarschaft wahr-                    den Zusammenhang allerdings über-                    sige Verbrennung (Missbrauch von
    nehmen. Bereits im Abstand von rund                  lagern und das Bild stark verwischen.                Cheminées und offenen Feuern als
    zwei Kilometern werden flughafen-                •   Bei Geruchswahrnehmungen ist re-                     private Kehrichtentsorgungsanlage).
    spezifische Emissionen durch lokal                   gional nicht immer klar, wer der Ver-            •   In der Flugschneise kann weiterhin
    produzierte Schadstoffe (z. B. aus dem               ursacher ist. «Flughafengeruch» ist je               unbedenklich gegärtnert werden, wenn
    Strassenverkehr) so stark überlagert,                nach Windrichtung nur in wenigen                     es abgesehen vom Flugbetrieb keine
    dass sie nicht separat ausgewiesen                   hundert Metern um den Flughafen                      anderen Gründe gibt, die dagegen
    werden können.                                       nachweisbar.                                         sprechen.

Die Auswirkungen des Flughafens werden an den Messstandorten vom Strassenverkehr überlagert, aber auch von grossen Bauarbeiten.
                                                                                                                                  Quelle: AWEL, Abt. Lufthygiene
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