Flugzeuge über Zürich - was kommt von oben runter?
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U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 21 LUFT Mögliche Auswirkungen der Flugzeugabgase auf Mensch und Umwelt Flugzeuge über Zürich – was kommt von oben runter? Nicht nur der Fluglärm gibt zu reden, immer wieder rend des Hitzesommers als auch die Be- Inhaltliche Verantwortung: fragen sich Anrainer und Menschen, die neu oder lastungen durch Feinstaub und Stickoxi- Roy Eugster vermehrt überflogen werden: «Gibt es noch andere de während der Heizperioden lagen rund Abteilung Lufthygiene Auswirkungen als den Lärm? Wie sieht es mit den 10 –15 Prozent höher als in den Vorjah- AWEL Amt für Luftschadstoffen aus? Wird vielleicht direkt über mir ren. Die Feinstaub- und Stickoxidkon- Abfall, Wasser, Energie und Luft Kerosin abgelassen oder werden gar Flugzeugtoilet- zentrationen wurden stark durch die 8090 Zürich ten entleert?» Riecht es dann plötzlich intensiv nach langanhaltenden Inversionslagen im Fe- Telefon 043 259 43 57 Diesel oder werden undefinierbare schwarze Flecken bruar, März und Dezember beeinflusst. Fax 043 259 51 78 auf Pflanzen oder Fenstersimsen entdeckt, so denkt Dies überlagerte stark die Auswirkungen roy.eugster@bd.zh.ch der eine oder andere schnell: «Das waren die Flug- der Flugbewegungen. www.luft.zh.ch zeuge!» Aber waren sie es wirklich? Wieviel Stickoxide stammen von und Der Flughafen ist zweifellos ein bedeu- den Flugzeugen? tender Emittent von Luftschadstoffen wie Bei der Verbrennung von Treibstoffen Emanuel Fleuti Stickoxiden und Feinstaub und kann da- wie Kerosin im Flugverkehr oder Benzin Zurich Unique Airport mit direkt zur Ozonbildung beitragen. und Diesel im Strassenverkehr entstehen Abteilung Umweltschutz Die Luftqualität der Region hängt je- Stickoxide (NOx), welche unter anderem 8058 Zürich doch vom gesamten Schadstoffausstoss als NO2-Immissionen (Stickstoffdioxid) Telefon 043 816 22 11 von Flugzeugen, Kraftfahrzeugen und in der Umgebung gemessen werden kön- emanuel.fleuti@uniqueairport.com regionalen Feuerungen ab, die sich ge- nen (siehe Tabelle Seite 24). Über den www.uniqueairport.com genseitig überlagern, sowie von den kli- Daumen gepeilt gilt: Je mehr Flugbewe- matischen Bedingungen. gungen zu verzeichnen sind, desto mehr Das Jahr 2003 wurde von verschiede- NOx-Emissionen und Immissionen wer- nen langandauernden Perioden mit teils den gemessen. sehr hohen Schadstoffgehalten geprägt. Seit Beginn des Monitoring im Jahr Sowohl die Belastung durch Ozon wäh- 1998 am Flughafen sind die Konzentra- LUFT Wohin gehen die Flugzeug-Abgase? Quelle: Unique Airport, Abt. Umweltschutz
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 22 LUFT 1 2 3 6 4 5 8 12 7 9 10 11 14 15 13 16 20 17 18 19 21 22 Ein dichtes Netz von Messstationen rings um den Flughafen erlaubt es, Immissionen von Stickstoffdioxid zu verfolgen und so eine mögliche Mehrbelastung der Bevölkerung durch den Flughafen zu beurteilen (Messpunkte und Monitoring, siehe Tabelle und Kasten rechts). An schwarz markierten Messstellen wird der NO2-Grenzwert überschritten. Quelle: reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA045961) tionen von Stickstoffdioxid an der Mess- ber 2003 bewirkten, dass die Monatsmit- tung bei der Messstation «Landside» station Airside (Nr. 12) um rund 24 % telwerte, verglichen mit der gleichen (13), welche die Schadstoffbelastung auf und an der Station Landside (Nr. 13) um Zeitperiode im Jahr 2002, gar zwischen der Flughafenvorfahrt (Taxis, Busse, Park- rund 10 % gesunken. Dies passt zu der 30 % und 50 % höher lagen. Diese deut- häuser) misst, um fünf Prozent zurückge- Beobachtung, dass in diesen Jahren die lichen Mehrbelastungen auf einzelne gangen. Dies lässt sich dadurch erklären, Flugbewegungen rückläufig waren. Be- Monate beeinflussten den Jahresmittel- dass die Bautätigkeit in diesem Bereich sonders von 2001 auf 2002 wird dieser wert entsprechend stark. nicht mehr so intensiv war wie 2002. Zusammenhang gut sichtbar. Die gemessenen Stickoxidkonzentra- Obwohl die Flugbewegungen von 2002 tionen können neben der Anzahl Flugbe- Emission ist nicht gleich Immission auf 2003 nicht zugenommen haben wegungen oder den klimatischen Verhält- Für die vom Südanflug betroffene Re- (siehe Tabelle Seite 24), wiesen die Pas- nissen auch von weiteren Faktoren be- gion (Wallisellen, Schwamendingen) kann sivsammler-Messstandorte der Region einflusst werden. Die Wertveränderun- noch keine konkrete Aussage gemacht Flughafen in diesem Zeitraum jedoch gen für 2003 in der Tabelle auf Seite 24 werden, da zu wenig Werte vorliegen.Ver- durchschnittlich eine Erhöhung der zeigen, dass sogar kleinräumig auf dem gleiche mit Messungen während der Sper- Stickstoffdioxid-Konzentration um 10 Gelände des Flughafens nahe zu- rung der Hauptstartpiste 10/28 vom Mai Prozent auf. Dies lag an den klimatischen sammenliegende Messstandorte unter- bis Juli 2000 zeigten jedoch, dass an den Besonderheiten von 2003. Die langan- schiedliche Entwicklungen durchmachen Messstandorten auf dem Gemeindege- haltenden Inversionslagen im Februar können. Im Gegensatz zum Messpunkt biet von Opfikon während der Zeit der und teilweise noch im März und Dezem- «Airside» (12) ist die Schadstoffbelas- vermehrten Überflüge keine Zunahme
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 23 LUFT Gibt es denn einen Unterschied zwi- Mess- Grenz- Das Stickstoff-Monitoring schen Abgasen von Flugzeugen und bei- Standort wertüber- Die Abteilung Lufthygiene des AWEL betreut im art schreitung spielsweise Lastwagen? Eine Untersu- Auftrag der Flughafen Zürich AG seit 1998 zwei chung über Emissionen aus zivilen Flug- Messstationen auf dem Flughafengelände, näm- zeugtriebwerken in Deutschland konnte 1. Höri-Pflanzgarten PS lich die Stationen «Airside» auf dem Flugfeld und trotz intensiven Bemühungen nicht nach- 2. Bachenbülach PS «Landside» bei der Flughafenvorfahrt (Taxis, Busse, weisen, welche Stoffe im Kerosin für den Parkhäuser). Seit 2001 werden als Folge der Bau- typischen «Flughafengeruch» verant- 3. Niederglatt PS konzession «Midfield» des UVEK vom 5. Novem- wortlich sind. ber 1999 zusätzlich eine Station auf dem Terminal Um die Ausbreitung von Triebwerks- 4. Oberglatt PS A und 16 Stationen in den Anrainergemeinden un- abgasen untersuchen zu können, bedient terhalten. Ostluft, die gemeinsame Luftüberwa- man sich beispielsweise sogenannter 5. Niederrüti PS chung der Ostschweizer Kantone und des Fürsten- hochsiedender (ungiftiger) Alkane, wel- 6. Oberrüti PS tums Liechtenstein, betreibt im gleichen Perimeter che in deutlich höheren Konzentrationen fünf Messstandorte, von denen zwei periodisch an als in Automobilabgasen vorkommen. So 7. Kloten-Chaseren PS wechselnden Standorten aufgestellt werden (siehe wurde Undecan, eines dieser Alkane, als Tabelle und Karte links). Leitsubstanz verwendet, um allfällige 8. Kloten-Chloos PS Die drei Stationen im Flughafen und drei in Einflüsse des Luftverkehrs auf die Luft- dessen näherer Umgebung messen die Schad- qualität in der Umgebung des Flugha- 9. Rümlang-Müliberg PS stoffbelastungen kontinuierlich, während bei den fens festzustellen. Ergebnisse dieser anderen Standorten ausserhalb des Flughafens Messungen zeigen, dass beispielsweise an 10. Rümlang-Nord PS Passivsammler eingesetzt werden. Diese werden der Frohbühlstrasse in Seebach (rund zwei 11. Flughafen-Terminal A K +13 % über eine bestimmte Zeitdauer der Luft exponiert. Kilometer südsüdwestlich der Piste 16) mit Der resultierende Messwert entspricht der mittle- Undecan-Messwerten von 0,42 µg/m3 kei- 12. Flughafen-Airside K ren Belastung an diesem Standort für die ge- ne erhöhten Belastungen vorliegen. Zum wählte Messdauer. Vergleich: Die Konzentration beträgt 13. Flughafen-Landside K +8 % Insgesamt geben somit sechs kontinuierlich ar- an der städtischen Stampfenbachstrasse beitende Messstationen und 16 Passivsammler- 0,42 µg/m3 und am Bahnhof Wiedikon 14. Kloten-Wilder Mann PS standorte Auskunft über Stickstoffimmissionen im 0,52 µg/m3. Der in Wiedikon leicht er- Umfeld des Flughafens. höhte Wert ist wahrscheinlich auf den 15. Kloten-Bassersdorferstr. PS +13 % dieselbetriebenen Strassenverkehr zu- 16. Kloten-Buchhalden PS men, klar durch den Strassenverkehr ge- rück zu führen. Die Emissionen aus dem prägt (siehe Tabelle neben Karte). Ob- Flugbetrieb üben also keinen massgeb- 17. Opfikon-Soldbachstr. PS +15 % wohl mehr Flugbewegungen einen höhe- lichen Einfluss auf die Immissionssitua- ren Ausstoss an Stickoxiden bedeuten, tion in Zürich-Seebach aus. Es ist kaum 18. Opfikon-Kreuzung PS +83 % werden diese also nicht als Immissionen möglich, dass es dort nach Flughafen 19. Opfikon-Chrüterhüsli PS in der Anrainerregion gemessen, son- oder Kerosin riecht. In unmittelbarer dern verteilen sich wohl grossräumig. Nachbarschaft des Flughafens – in weni- 20. Opfikon-Balsberg K/P +13 % (2002) gen hundert Metern Entfernung – treten Es stinkt. Wer war’s? jedoch tatsächlich erhöhte Konzentratio- 21. Wallisellen-Dietlikonerstr. K Stickoxide kommen kaum in riechbaren nen und damit ein Flughafengeruch auf. Konzentrationen vor. Verbrennungspro- 22. Zürich-Schwamendingen K/P +17 % dukte von Diesel und Kerosin können dagegen schon in winzigen Mengen als PS = Passivsammler (siehe Kasten rechts) Geruch wahrgenommen werden. Ge- Was ist Flugbenzin? K = kontinuierliche Messungen ruchsbelästigungen können jedoch ver- Kerosin – auch als Jet A-1, Flugpetrol oder Petro- P = wechselt Standort periodisch mit anderem Messort schiedenste Ursachen haben. Nur un- leum bezeichnet – ist ein Gemisch von Kohlenwas- Messstandorte in der Region Flughafen und relative mittelbar beim Flughafen ist eine klare serstoffen (C9-C16) und enthält mehr als 500 Ein- Überschreitung des Immissionsgrenzwerts NO2 von Zuordnung zum Flugbetrieb möglich. Im zelsubstanzen. Die Zusammensetzung ist abhän- 30 µg/m3 (2003). weiteren Flughafenumfeld kommt es gig vom Rohöl, vom Raffinationsprozess und vom rasch zu einer Überlagerung mit diver- Mischungsverhältnis einzelner Raffinerieströme. der NO2-Konzentration registriert wurde. sen ähnlich riechenden Stoffen aus der Der Schwefelgehalt des Kerosins liegt bei 0,004- Von den 22 Standorten im NO2-Moni- Verbrennung ähnlicher Produkte. Diese 0,01 Gewichtsprozent (Grenzwert: 0,3), der Ben- toring-Netz liegen heute lediglich noch können von Lastwagenbetrieben, Holz- zolgehalt unter 0,1 Gewichtsprozent. Dem Kerosin sieben Standorte über dem Grenzwert. feuerungen und im Sommer sogar von müssen weitere Additive beigegeben werden. Und diese sind, Terminal A ausgenom- Grillanzündprodukten stammen.
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 24 LUFT Und ist es gefährlich? Flugbewegungen, NOx-Emissionen und NO2-Immissionen Der Geruch kommt daher, dass beim Triebwerkzünden und beim Rollen der Flugbewegungen Anzahl 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Flugzeuge auf dem Flughafenareal das Ke- Linien- und Charterverkehr 251424 270106 290 867 274 054 247 720 247 854 rosin im Gegensatz zum Flugbetrieb nicht Privatluftverkehr/übriger Verkehr 36 461 36 076 34 755 35176 34 434 21538 vollständig verbrannt wird. Bei diesem un- Total 287 885 306182 325 622 309 230 282 154 269 392 vollständigen Verbrennungsprozess ent- Quelle: Unique - Abt. Umweltschutz, 30.01.04 stehen sogenannte polyaromatische Koh- lenwasserstoffe (PAH). Untersuchungen Emissionen In Tonnen NOx 1998 1999 2000 2001 2002 2003 haben gezeigt, dass PAH Lungenkrebs Flugbetrieb 1267 1399 1508 1412 1211 k.A. auslösen können. Gibt es also ein erhöh- Abfertigung 149 155 175 156 144 k.A. tes Risiko rund um den Flughafen? Die Immissionsmessungen in den Flug- Infrastruktur 55 56 129 150 97 k.A. hafenanliegergemeinden Opfikon, Kloten Landseitiger Verkehr 52 49 49 45 38 k.A. und Glattbrugg zeigen, dass die Konzen- Total 1523 1660 1860 1763 1490 k.A. trationen der PAH (v. a. Benzo[a]pyren) Quelle: Unique - Abt. Umweltschutz, 30.01.04 k.A. = keine Angaben zum Zeitpunkt der Verfassung des Artikels in der Luft mit 0,03 bis 0,23 ng/m3 etwas NO2-Immissionen µg/m 3 1998 1999 2000 2001 2002 2003 niedriger sind als diejenigen grössenmäs- sig vergleichbarer europäischer Agglo- Messstandort Airside 37 34 39 34 28 + 0% merationen. Ist die Bevölkerung in die- Messstandort Landside 35 38 38 34 – 5% ser Region dem PAH lebenslang (rech- Messstandort Terminal A 40 38 + 5% nerisch 70 Jahre) ausgesetzt, so beträgt (*) inclusive Immissionen aus Bautätigkeit vom Dock Midfield und vom Airside Center Quelle: AWEL - Abt. Lufthygiene das Lungenkrebsrisiko ungefähr 0,006 %. (**) Zahlen noch nicht vollständig, prozentuale Veränderung gegenüber 2002 (provisorisch) D. h. von 100 000 Personen könnten in- NOx-Immissionen aus verschiedenen Quellen (Luftfahrt, Autoverkehr, Heizungen usw.) überlagern sich derart nert 70 Jahren 6 betroffen sein. Dieses und werden ausserdem noch von den Klimaverhältnissen beeinflusst, dass an den Messpunkten keine eindeu- Risiko ist natürlich nicht Null, man muss tige Korrelation der Flugbewegungen mit den Immissionen möglich ist. es jedoch relativieren. In einzelnen Berufsgattungen ist be- dingt durch die Exposition in den Pro- welche Auswirkungen diese Massnahme Grund der starken horizontalen und ver- duktionsprozessen das Lungenkrebsrisiko auf die Umwelt hat und ob das Kerosin tikalen Verdünnung ist eine Schadstoff- bis zu 1%. Und verglichen mit Konzen- gar den Boden erreicht. belastung am Boden nicht zu erwarten trationen an anderen, städtisch gepräg- Der Treibstoff wird beim Fuel Dum- und konnte bisher auch nicht nachgewie- ten Orten in der Schweiz sind diejenigen ping über zwei Öffnungen an den Flü- sen werden. Trotzdem können die Koh- von Benzo[a]pyren in der Umgebung des geln abgelassen. Das Verfahren dazu ist lenwasserstoffe, da sie nicht verbrannt Flughafens gar deutlich geringer. Am genau festgelegt. So wird das Flugzeug in werden, besonders im Sommer zur Löwenplatz in Luzern etwa wurden ein verkehrsfreies Gebiet geleitet und Ozonbildung beitragen. 0,73 ng/m3 gemessen, am Kasernenhof in pumpt auf einer Höhe von 5000 bis 6000 In den letzten drei Jahren kam es im Zürich 0,50 ng/m3. Meter über Grund (mindestens aber Flugsicherungsbereich Zürich nur zu 2 1800 Meter) und bei einer Geschwindig- bis 5 Vorfällen pro Jahr mit einer Ablass- Kerosinablass über unseren keit von 600 bis 700 Kilometern pro menge von 2 bis 80 Tonnen pro Vorfall. Köpfen? Stunde (mindestens 460 km/h) solange Die im Landeanflug bei Flugzeugen oft In der Bevölkerung bestehen diffuse Treibstoff ab, bis das Gewicht eine si- beobachteten Randwirbelschleppen (siehe Ängste, durch die überfliegenden Flug- chere Landung zulässt. Foto mitte rechts) sind eine physikalisch- zeuge von oben mit Kerosin eingenebelt Das Ablassen von beispielsweise 60 meteorologische Erscheinung und haben zu werden, durch Kerosinablass, im Fach- Tonnen Kerosin dauert bei einer MD-11 nichts mit Fuel Dumping zu tun. Treib- jargon Fuel Dumping genannt. Dieser ist mit einer Ablassleistung von 2,6 Tonnen stoffablass macht auch ökonomisch kei- jedoch eine Notmassnahme, welche nur pro Minute rund 23 Minuten. Das betrof- nen Sinn. Ein Fuel Dumping kann rasch selten vorkommt. fene Gebiet kann sich über eine Fläche über 30 000 Franken kosten (oder etwa Muss ein Grossraumflugzeug wegen von bis zu 2000 Quadratkilometern er- 130 Franken pro Passagier). Zudem ha- eines technischen Defektes sofort nach strecken, und es ergibt sich eine Verdün- ben nur die grossen Langstreckenflug- dem Start wieder landen, so muss es im nung des Kerosins zu einer Konzentra- zeuge eine Treibstoffablassvorrichtung Notverfahren Treibstoff ablassen, weil tion von 0,12 g/m3 Luft. (rechts unten). Von den Hauptflugzeug- das Flugzeug noch schwerer ist, als für Unter Einwirkung von Sauerstoff und klassen (ohne Subtypen) sind das rund die Landung zugelassen (siehe Foto Radikalen wird das Kerosin zu Kohlen- 10 Prozent (z. B. MD11; Boeing B747 – rechts oben). Dabei stellt sich die Frage, dioxid und Wasserdampf zersetzt. Auf B767 – B777; Airbus A340 – A330).
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 25 LUFT Was kommt denn noch alles von oben? Beim Flugverkehr entstehen, wie bei al- len Verbrennungsprozessen, Russ und Schwebestaub (PM10). Beide stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. PM10-Partikel mit einem aerodynami- schen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometern (µm) verhalten sich wie ein Gas und können entsprechend weit ver- frachtet werden. Teilchen, die grösser sind als 10 µm, sinken dagegen schneller zu Boden und werden so aus der Luft entfernt. Gegenüber dem Jahr 2002 ist der Jah- resmittelwert der PM10 im Kanton Zü- rich um rund 10 Prozent gestiegen. Auch Fuel Dumping, der Ablass von Kerosin, ist eine seltene Sache. hier haben die Inversionsmonate, ver- Reproduziert mit Bewilligung von Richard Zeman, Airliners.net glichen mit dem Jahr 2002, zu bis zu 100 Prozent höheren Werten geführt. Eine mikroskopische Untersuchung von Russ an ausgewählten Standorten im Kanton Zürich sollte zeigen, wo überall «Flugzeug-Russ» auftrat. Nachzuweisen ist er an einer für den Flugverkehr typi- schen Grössenverteilung der Russparti- kel. Dies gelang jedoch nur im Trieb- werk-Prüfstand und an der Startpiste West eindeutig. Bei den anderen Stand- orten wurden andere Verteilungsmuster gefunden. Auch Staub- oder Russablage- rungen lassen sich also in den meisten Fällen nicht eindeutig dem Flugverkehr zuordnen, sondern bestehen aus einer Mischung von Partikeln aus unterschied- lichsten Quellen. Randwirbelschleppen beim Landeanflug können leicht mit Fuel Dumping verwechselt werden. Auch so allerlei «exotische» Ablage- Quelle: Unique Airport, Abt. Umweltschutz rungen auf Gartenmöbeln, Fenstersimsen oder Terrassen werden in Flugschneisen und in der Umgebung des Flughafens oft irrtümlich dem Flugverkehr angelastet. Untersuchungen zeigen, dass dies in vie- len Fällen jedoch nicht zutrifft. Verursa- cher können beispielsweise Dieselfahr- zeuge oder unsachgemäss verwendete Cheminées, aber auch Tiere und Pflan- zen sein. Schwarze Punkte z. B. auf Äpfeln er- weisen sich so nach mikroskopischen Untersuchungen als Schorf oder Pilzbe- fall. Ein besonders spektakulärer Fall: Bei geruchsintensiven Ablagerungen in der Ortschaft Lindenthal (D), welche sich in der Anflugzone des Flughafens Stutt- gart befindet, wurde von den Anwohnern Auslassvorrichtung für das Fuel Dumping. Quelle: Unique Airport, Abt. Umweltschutz vermutet, es seien Fäkalien, die aus Flug-
U M W E LT P R A X I S Nr. 37 / Mai 2004 Seite 26 LUFT zeugen abgelassen worden seien. Es han- • Das Monitoring gewährleistet eine sys- • Kerosinablass ist eine Notmassnahme, delte sich um Bienenkot. Verblühte und tematische lufthygienische Überwa- welches als seltenes Ereignis auftritt. abgefallene männliche Kätzchen der chung der Region um den Flughafen. Das Kerosin selbst kann am Boden Erle sehen, wenn sie im Verrottungspro- • Die NO2-Emissionen und -immissio- nicht nachgewiesen werden, aber im zess sind, wie kleine Kotwürmchen aus nen unmittelbar am Flughafen sind Sommer zur Ozonbildung beitragen. und sind auch schon in falschen Verdacht stark gekoppelt an die Anzahl Flugbe- • Ablagerungen auf Gartenmöbeln, geraten. wegungen und allfälligen Bautätigkei- Fenstersimsen oder Terrasse stammen ten vor Ort. Es ist anzunehmen, dass kaum vom Flugbetrieb sondern kön- Fazit für die überflogenen Gebiete bei einem Anstieg des Flugbetriebs nen verschiedene Ursachen haben: • Der Flughafen ist ein grosser Emit- die NO2-Jahresmittelwerte ebenfalls Russ aus Dieselfahrzeugen, biogenen tent von Luftschadstoffen. Deren Ein- steigen. Andere Stickoxid-Emittenten Ursprung (Pflanzen, Insekten, ...) so- fluss lässt sich jedoch hauptsächlich in und die Klimabedingungen können wie unvollständige oder unsachmäs- unmittelbarer Nachbarschaft wahr- den Zusammenhang allerdings über- sige Verbrennung (Missbrauch von nehmen. Bereits im Abstand von rund lagern und das Bild stark verwischen. Cheminées und offenen Feuern als zwei Kilometern werden flughafen- • Bei Geruchswahrnehmungen ist re- private Kehrichtentsorgungsanlage). spezifische Emissionen durch lokal gional nicht immer klar, wer der Ver- • In der Flugschneise kann weiterhin produzierte Schadstoffe (z. B. aus dem ursacher ist. «Flughafengeruch» ist je unbedenklich gegärtnert werden, wenn Strassenverkehr) so stark überlagert, nach Windrichtung nur in wenigen es abgesehen vom Flugbetrieb keine dass sie nicht separat ausgewiesen hundert Metern um den Flughafen anderen Gründe gibt, die dagegen werden können. nachweisbar. sprechen. Die Auswirkungen des Flughafens werden an den Messstandorten vom Strassenverkehr überlagert, aber auch von grossen Bauarbeiten. Quelle: AWEL, Abt. Lufthygiene
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