Föderales Forum - Bundesfinanzministerium

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Analysen und Berichte                                                     Monatsbericht des BMF
                                                                                                  Juli 2021

Föderales Forum

     ● Am 15. Juni 2021 hat das diesjährige Föderale Forum des BMF in digitaler Form stattgefunden.

     ● Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger diskutierte mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundestags,
       der Länder, der Kommunen und der Wissenschaft über föderale Themen.

     ● Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Effizienz der Transferwege der Bundeshilfen an die
       Länder und die Kommunen.

     ● Die Veranstaltung wurde eingeleitet mit einem Vortrag von Prof. Thomas Lenk zur Effizienz
       der bestehenden Transferkanäle aus wissenschaftlicher Sicht. In der anschließenden Diskussi-
       on stellten die Diskutierenden die Anforderungen an die zukünftige Ausgestaltung effizienter
       Transferwege aus ihrer jeweiligen Sicht dar und diskutierten die Ansätze miteinander.

   Einleitung                                              Problemaufriss zur
                                                           Veranstaltung
Am 15. Juni 2021 fand im BMF das zweite Föderale
Forum statt. Das diesjährige Forum beschäftigte         Staatssekretär Dr. Bösinger verdeutlichte in seiner
sich mit der Effizienz der Transferwege der Bundes-     Begrüßungsrede das Ziel der Veranstaltung. Es sei
hilfen an die Länder und Kommunen.                      zu diskutieren, wie dem in der Praxis zunehmend
                                                        festzustellenden politischen Bedürfnis, die Länder
Zu Beginn der Veranstaltung stellte Staatssekre-        und Kommunen bei einzelnen Themen von ge-
tär Dr. Rolf Bösinger zunächst die Herausforde-         samtstaatlichem Interesse zielgerichtet zu unter-
rungen dar, die sich für den Bund hinsichtlich der      stützen, instrumentell effizient und effektiv Rech-
Effizienz der ihm zur Verfügung stehenden Trans­        nung getragen werden könne.
ferwege ergeben. Prof. Thomas Lenk untersuchte
im Anschluss die Effizienz der bestehenden Trans-       Grundgesetzlich würden dem Bund zur zweckbe-
ferwege. Danach diskutierten Vertreterinnen und         zogenen Finanzierung von gesamtstaatlich bedeut-
Vertreter des Bundes, der Länder, der Kommunen          samen Aufgaben oder bundesgesetzlich veranlass-
und der Wissenschaft darüber, wie die Transfer-         ten Finanzierungslasten nur sehr eingeschränkt
wege zukünftig zielgerichteter und effizienter ge-      Transferwege mit unterschiedlichen Verteilungs-
staltet werden können.                                  wirkungen zur Verfügung stehen. Zu nennen seien
                                                        hier vor allem die verfassungsrechtlich geregel-
                                                        ten Gemeinschaftsaufgaben, die Möglichkeit zur
                                                        Gewährung von Finanzhilfen für bedeutsame In-
                                                        vestitionen der Länder und Kommunen sowie die
                                                        Möglichkeit zur Übernahme der Kosten von Geld-
                                                        leistungsgesetzen des Bundes, die von den Ländern
                                                        ausgeführt werden.

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Analysen und Berichte                                                             Monatsbericht des BMF
          Föderales Forum                                                                                 Juli 2021

Aufgrund der nur eingeschränkt bestehenden               keine Möglichkeit, die Umsetzung der vereinbarten
Transferwege sei es in der Vergangenheit jedoch          Maßnahmen verbindlich vorzugeben und entspre-
zum Teil zu praktischen Problemen bei Bundeshil-         chende Nachweise zu verlangen. Darüber hinaus

                                                                                                                            Analysen und Berichte
fen gekommen. In diesem Zusammenhang verwies             sei eine auf konkrete Bedarfe zugeschnittene Ver-
Staatssekretär Dr. Bösinger auf die in den vergange-     teilung der Mittel auf die Länder verfassungsrecht-
nen Jahren wiederholt erhöhte Quote der Bundes-          lich nicht möglich.
beteiligung an den Kosten der Unterkunft und Hei-
zung (KdU). Die Erhöhungen hätten nicht allein der
Entlastung der Kommunen von den KdU gedient,                 Vortrag zur Effizienz der
sondern auch davon abweichende Kosten der Län-               bestehenden Transferwege
der wie z. B. die Bedarfe für Bildung und Teilhabe
berücksichtigt. Zudem werde dieses Instrument –          Prof. Lenk, Leiter des Instituts für öffentliche Fi-
in Ermangelung anderer Transferwege – vom Bund           nanzen und Public Management an der Univer-
vermehrt genutzt, um die Kommunen allgemein fi-          sität Leipzig, Herausgeber des Jahrbuches für öf-
nanziell zu entlasten beziehungsweise deren Inves-       fentliche Finanzen und Mitglied im Beirat des
titionskraft zu stärken. Zahlungen im Rahmen der         Stabilitätsrats, sprach über das Thema „Wie sollte
KdU würden im Vergleich zu anderen bestehenden           sich ein effizienter Transferweg darstellen? Wie
Transferwegen eine stärkere Fokusierung der Bun-         sind die aktuellen Transferwege zu beurteilen?“1
deshilfen auf strukturschwache Kommunen zu-
lassen. Dieser Transferweg stoße jedoch durch die        Die zahlreichen Änderungen des Grundgesetzes
grundgesetzlichen Bestimmungen zur Bundesauf-            (GG) im Abschnitt des Finanzwesens in den ver-
tragsverwaltung an seine Grenzen, da der Bund die        gangenen Jahren zeigen laut Prof. Lenk die Bedeu-
Kommunen z. B. im Rahmen der Flüchtlingskrise            tung des Themas der effizienten Transferwege auf.
zusätzlich vollständig von ihren flüchtlingsbezo-        So müsse die Frage gestellt werden, ob die gültige
genen KdU entlastet habe. Ab einer Bundesbeteili-        Finanzverfassung den aktuellen bundesstaatlichen
gung von 75 Prozent würden die Länder das Gesetz         Herausforderungen anzupassen sei. Prof. Lenk
im Auftrag des Bundes ausführen.                         legte den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf
                                                         die kommunale Situation. Die Finanzausstattung
Zur Vermeidung des Eintritts einer Bundesauftrags-       der Kommunen liege zwar in der Zuständigkeit der
verwaltung wurde laut Staatssekretär Dr. Bösinger        Länder, aber wie könnte eine zusätzliche Unter-
bei der jährlichen Entlastung der Kommunen in            stützung durch den Bund effizient erfolgen?
Höhe von 5 Mrd. € seit dem Jahr 2018 ein deutlich
höherer Anteil über den Gemeindeanteil an der            Generell sei die Steuerverteilung zwischen den Ge-
Umsatzsteuer und ein geringerer Anteil über die          bietskörperschaften festgelegt. Änderten sich die
KdU entlastet als ursprünglich intendiert. Wegen         Aufgabenverteilung und dadurch auch die Aus-
des wirtschaftskraftbezogenen Verteilungsschlüs-         gabenvolumina, so sehe das Grundgesetz vor, die
sels des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer sei         Umsatzsteuerverteilung zwischen Bund und Län-
gerade dieser Weg mitunter problematisch, da er          dern entsprechend den sogenannten Deckungs-
die bestehenden Disparitäten der kommunalen Fi-          quoten anzupassen. Funktioniere diese Vorgehens-
nanzlage verstärke. Hier könne eine Reform der           weise gut, könne über die Steuerzuordnung zu den
Kommunaleinnahmenstruktur diskutiert werden.             Gebietskörperschaften eine Ausführungskonnexi-
                                                         tät hergestellt werden, d. h. die Ebene, die für eine
Darüber hinaus werde zunehmend der Weg einer
Erhöhung des Umsatzsteueranteils der Länder über
Festbeträge gewählt, um den Ländern die Erfüllung
                                                         1   Prof. Thomas Lenk, „Effiziente Transferwege der Bundesmittel
der aus gesamtstaatlicher Sicht erforderlichen Auf-          im föderalen Gefüge“, abrufbar unter:
gaben zu ermöglichen. Hierbei habe der Bund aber             https://www.bundesfinanzministerium.de/mb/20210721

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Analysen und Berichte                                                              Monatsbericht des BMF
             Föderales Forum                                                                                  Juli 2021

Aufgabe zuständig sei, sei auch für deren Finanzie-          steuern. Die Beteiligung des Bundes an den Aus-
rung verantwortlich.                                         gaben der Kommunen im Rahmen von Geldleis-
                                                             tungsgesetzen ordnete Prof. Lenk insbesondere
Mit Blick auf die Kommunen dokumentierte                     hinsichtlich der Zielgenauigkeit als guten Trans­
Prof. Lenk die Entwicklung der gemeindlichen                 ferweg ein. Direkte Finanzhilfen hingegen sollten
Steuereinnahmen und ging dabei insbesondere auf              als Transferwege trotz ihrer hohen Transparenz im
den in den vergangenen Jahren signifikant gestie-            Volumen eher gesenkt werden, da hier Fehlanreize
genen Gemeindeanteil am Aufkommen der Um-                    vorliegen würden. Auch würden nach Ansicht von
satzsteuer ein. Trotz dieser Entwicklung, die sich           Prof. Lenk zunehmende Finanzhilfen des Bundes
durch zusätzliche Bundeshilfen an die Kommunen               die kommunale Selbstbestimmung und die Staats-
begründet, sieht er die Finanzlage der Kommunen              qualität der Länder aufweichen.
als unzureichend an. Dies leitete er aus dem Inves-
titions- und Ausgabeverhalten der Kommunen in                   In seinem Fazit warb Prof. Lenk dafür, die Aufga-
den letzten Jahren ab, welches er auf Basis der Ent-            benverteilung zwischen Bund, Ländern und Kom-
wicklung der aus VGR-Daten2 konstruierten kom-                  munen regelmäßig zu überprüfen. Hinsichtlich der
munalen Nettoinvestitionen als unzureichend er-                 Normierung der gerechten Verteilungsmaßstäbe
achtet. Zudem dokumentierte Prof. Lenk in seinem                existierten gute Maßstäbe wie die Steuerzuord-
Vortrag die Entwicklung ausgewählter Ausgabepo-                 nung nach dem örtlichen Aufkommen, die Anreize
sitionen auf der kommunalen Ebene und arbeitete                 zur Steuererhebung setze, und die Einwohner-
dabei insbesondere heraus, dass sich ein erhebli-               zahl, die einen allgemeinen Bedarfsindikator dar-
cher Anteil der kommunalen Ausgabendynamik                      stelle. Allerdings sollte hier eine Ergänzung durch
durch Zuwächse der Bruttosozialausgaben erklä-                  wenige weitere Bedarfsindikatoren erfolgen, um
ren lässt.                                                      zur Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse
                                                                beizutragen.
Entsprechend der thematischen Zielsetzung des
Föderalen Forums bewertete Prof. Lenk im wei-
teren Verlauf seines Vortrags ausgewählte Trans­                   Diskussion zur zukünftigen
ferwege der Bundeshilfen an die Kommunen hin-                      Ausgestaltung effizienter
sichtlich der Kriterien Transparenz, Effizienz und
Zielgenauigkeit.
                                                                   Transferwege

Im Ergebnis ordnete er den Gemeindeanteil an                Die Diskussion wurde von Prof. Marcel Thum,
der Umsatzsteuer insbesondere hinsichtlich der              dem Vorsitzenden des Wissenschaftlichen Beirats
Kriterien Effizienz und Zielgenauigkeit als geeig-          beim Bundesministerium der Finanzen, mode-
neten Transferweg für Bundesmittel an die Kom-              riert. An der Diskussion nahmen, neben Prof. Lenk
munen ein. Allerdings plädierte Prof. Lenk hier für         und Staatssekretär Dr. Bösinger, MdB3 Bernhard
eine Anpassung der Verteilungskriterien des Ge-             Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der
meindeanteils an der Umsatzsteuer, die bislang              SPD-Bundestagsfraktion, Prof. Dörte Diemert,
nach Art. 106 Abs. 5a GG auf der Grundlage eines            Stadtkämmerin der Stadt Köln, Dr. Andreas Dressel,
orts- und wirtschaftskraftbezogenen Schlüssels              Finanzsenator der Freien und Hansestadt Ham-
basierten. So sollten zukünftig sozioökonomische            burg, MdB Christian Haase, kommunalpolitischer
Merkmale in die Berechnung des Verteilungs-                 Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und
schlüssels aufgenommen werden, um die Ge-                   Peter Strobel, Minister für Finanzen und Europa
samtlage der Gemeinden aufgabenorientierter zu              sowie Minister der Justiz im Saarland, teil.

2 VGR steht für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung.     3    MdB steht für Mitglied des Deutschen Bundestages.

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          Föderales Forum                                                                          Juli 2021

Die Diskussion „Wie können Transferwege zukünf-         oft nur eine Anschubfinanzierung leiste und Fol-
tig effizienter gestaltet werden?“ startete mit ei-     gekosten sowie die Kosten für das zusätzlich be-
ner Bestandsaufnahme der aktuellen Situation der        nötigte Personal bei den Ländern und Kommunen

                                                                                                                Analysen und Berichte
Transferwege der Bundeshilfen zu den Ländern            verblieben. Als Beispiele wurden hier das „Gute-Ki-
und Kommunen und thematisierte auch Best-               ta-Gesetz“ sowie der „Pakt für den Rechtsstaat“ be-
Case- und Worst-Case-Beispiele.                         nannt. Auch müsse berücksichtigt werden, dass
                                                        hier bundespolitische Interessen öffentlichkeits-
Die Diskutierenden waren sich einig, dass die um-       wirksam forciert würden, die in die Länderkom-
fangreichen Bundeshilfen an die Länder und Kom-         petenzen (beispielsweise in den Bereichen Bildung
munen in den vergangenen Jahren notwendig ge-           und Justiz) eingriffen. Die Vertreter des Bundes
wesen waren, da hiermit gesamtgesellschaftlich          hielten dem entgegen, dass es sich bei den geför-
wichtige Investitionen in den Bereichen Bildung,        derten Projekten vielfach um politisch und ge-
sozialer Wohnungsbau und im öffentlichen Perso-         sellschaftlich gewünschte Vorhaben von bundes-
nennahverkehr (ÖPNV) angestoßen und finanziert          weiter Bedeutung handele, bei deren Konzeption
werden konnten.                                         Vertreter der Länder auf politischer Ebene oftmals
                                                        maßgeblich beteiligt gewesen seien. Die Finanzie-
Die Länder- und Kommunalvertreterinnen und              rung dieser Aufgaben obliege im Sinne der verfas-
-vertreter brachten an, dass die finanzielle Situa-     sungsrechtlichen Ausführungskonnexität daher
tion der Kommunen aktuell nicht zufriedenstel-          den Ländern. Zudem sei hier anzumerken, dass die
lend sei. Daher sei auch zukünftig deren Unter-         Länder mit der Neuordnung der Bund-Länder-Fi-
stützung notwendig. Es bestehe auf kommunaler           nanzbeziehungen ab dem Jahr 2020 massiv finan-
Ebene ein Investitionsnachholbedarf, insbesondere       ziell gestärkt worden seien. Hinsichtlich der entste-
in den Bereichen Klima, Digitalisierung, Straßen-       henden Finanzierungsfolgelasten der Kommunen
bau und Schule. Allerdings müsse die Unterstüt-         sei es verfassungsrechtlich Aufgabe der Länder,
zung bedarfsgerecht, schnell und bürokratiearm          entsprechende Finanzmittel an ihre Kommunen
sein.                                                   weiterzugeben.

Die Unterstützung des Bundes für die Kommunen
habe aus gesamtstaatlicher Sicht wesentliche Pro-           Ausführungs- und Entscheidungskonnexität
bleme adressiert, solle nach Bundessicht aber eine          Konnexität ist ein Prinzip im Staatsrecht,
Ausnahme bleiben, da nach der Finanzverfassung              das bestimmt, welche Gebietskörperschaft
die finanzielle Ausstattung der Kommunen Auf-               die Ausgabenverantwortung für eine staatli-
gabe der Länder sei. So habe zur Entlastung der             che Aufgabe trägt. Bei der Ausführungskon-
Kommunen das GG immer wieder angepasst wer-                 nexität ist die Finanzierungsverantwortung
den müssen. Zudem sei es das Kennzeichen und die            an die Durchführungskompetenz gekoppelt,
Stärke des Föderalismus, dass Probleme vor Ort ge-          d. h., es trägt diejenige Gebietskörperschaft
löst werden könnten.                                        die Ausgabelast, die für die Wahrnehmung
                                                            der Aufgabe zuständig ist. Dieses Prinzip gilt
Im Anschluss an diese generellen Themen entwi-              im Verhältnis zwischen Bund und Ländern.
ckelte sich im weiteren Verlauf eine Diskussion             Die Entscheidungskonnexität bedeutet, dass
hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung von Un-            die Finanzierungsverantwortung mit der Ent-
terstützungsleistungen des Bundes.                          scheidungskompetenz verknüpft wird. Daher
                                                            muss hier die Gebietskörperschaft die Aus-
So wurde von den Ländervertretern bemängelt, dass           gabelast tragen, die die Aufgabe – gesetzlich
der Bund bei seinen Unterstützungsmaßnahmen                 oder untergesetzlich – regelt.

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Ein anderes Thema der Diskussion waren die bü-              Fazit
rokratischen Anforderungen, welche die Finanzhil-
fen des Bundes zum Teil insbesondere an die kom-         Die Bundesregierung hat die Länder und Kommu-
munale Ebene stellen. Anhand konkreter Beispiele         nen in den vergangenen Jahren umfangreich un-
wie dem „DigitalPakt Schule“ oder dem „Kommu-            terstützt. Da die Unterstützung auch konkret an die
nalinvestitionsförderungsfonds“ wurde vonsei-            kommunale Ebene adressiert war, musste für deren
ten der Länder berichtet, dass es aufgrund fehlen-       Realisierung wiederholt das GG angepasst werden.
der Planungskapazitäten insbesondere in kleinen
und finanzschwachen Kommunen Probleme dabei              Zu der insgesamt sehr guten Finanzsituation der
gebe, die geltenden Förderkriterien zu erfüllen. Aus     Länder und Kommunen vor der Corona-Pandemie
kommunaler Sicht wurden jedoch gerade die Pro-           hat der Bund in den vergangenen Jahren erheblich
gramme nach dem Kommunalinvestitionsgesetz               beigetragen. So konnten in vielen Bereichen Pro-
als Positivbeispiel für eine „gut funktionierende“       jekte umgesetzt werden wie z. B. im sozialen Be-
Finanzhilfe hervorgehoben. Aus Sicht des Bundes          reich, im Bildungsbereich, im ÖPNV oder im sozi-
wurde in der Diskussion angeführt, dass der Bund         alen Wohnungsbau.
eine gewisse Kontrolle über seine zur Verfügung
gestellten Mittel behalten müsse. Hierfür müssten        Im zweistufigen Staatsaufbau sind und bleiben die
die Voraussetzungen trotz Entbürokratisierung er-        Länder für eine aufgabengerechte Finanzausstat-
halten werden. Die Vertreter des Bundes zeigten          tung ihrer Kommunen verantwortlich. Allerdings
sich offen dafür, dass Bund und Länder die Mög-          hat der Bund in den vergangenen Jahren zusätz-
lichkeiten prüfen könnten, um die bürokratischen         liche Mittel für wichtige kommunale Belange mit
Anforderungen zu senken und die Kommunen in              gesamtstaatlicher Bedeutung bereitgestellt und
ihren Planungsvorhaben zu unterstützen.                  sich insoweit zu seiner Mitverantwortung für die
                                                         Kommunalfinanzen bekannt. Dabei ist auch zu
Einigkeit bestand darüber, dass die Verantwortung        beachten, dass trotz der insgesamt positiven Ent-
für öffentliche Aufgaben den einzelnen Gebiets-          wicklung der Kommunalfinanzen weiterhin be-
körperschaften zuzuordnen sein müsse. Die Bürge-         trächtliche finanzielle Disparitäten zwischen den
rinnen und Bürger müssten erkennen können, wer           Kommunen bestehen. Daher steht nach wie vor die
z. B. für die Kinderbetreuungseinrichtungen zu-          Altschuldenproblematik der Kommunen auf der
ständig sei.                                             politischen Agenda.

Ein gutes und aktuelles Beispiel für die Unter-          Der Austausch im Rahmen des Föderalen Forums
stützung der Kommunen durch den Bund sei die             hat einmal mehr gezeigt, dass dem Bund zur fi-
Kompensation der Gewerbesteuereinnahmen                  nanziellen Unterstützung der Länder und Kom-
der Kommunen, da hier die Auswirkungen der               munen Transferwege nur eingeschränkt und mit
COVID-19-Pandemie sehr zeitnah und zielgenau             unterschiedlichen, nicht immer passenden Vertei-
abgefedert worden seien. Begrüßt wurde auch, dass        lungswirkungen zur Verfügung stehen, sodass Re-
der Bund die Grundsicherung im Alter und bei Er-         formüberlegungen auch mit Blick auf die Struk-
werbsminderung vollständig und die KdU bis zu            tur der Kommunaleinnahmen durchaus angestellt
74 Prozent übernommen habe, da die Kommunen              werden könnten. Prof. Lenk arbeitete im Rahmen
hier mit gesamtgesellschaftlichen Aufgaben belas-        seines Vortrages insbesondere die Verteilungs-
tet seien. Auch würden hier insbesondere struktur-       kriterien des Gemeindeanteils an der Umsatz-
schwache Kommunen entlastet werden.                      steuer als reformwürdig heraus. Im Hinblick auf

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Analysen und Berichte                                                   Monatsbericht des BMF
          Föderales Forum                                                                       Juli 2021

das Ziel einer möglichst unbürokratischen Mittel-     Insgesamt bestand bei der Diskussion im Rahmen
zuweisung muss bei zweckgebundenen Finanzhil-         des Föderalen Forums Einigkeit darüber, dass die
fen bedacht werden, dass der Bund die Möglich-        Verantwortung für öffentliche Aufgaben für die

                                                                                                            Analysen und Berichte
keit haben muss, die Umsetzung der vereinbarten       Bürgerinnen und Bürger wieder transparenter wer-
Maßnahmen verbindlich vorzugeben und entspre-         den müsse. So betonte Staatssekretär Dr. Bösinger
chende Nachweise zu verlangen. Um es insbeson-        in seinem Schlusswort, dass die Vielzahl der in-
dere strukturschwachen Kommunen zu ermög-             nerstaatlichen Transfers die föderale Kompetenz­
lichen, die Investitionsförderungen schnell und       regelung grundsätzlich nicht infrage stellen dürfe.
wirksam zu nutzen, sollten Beratungsangebote für      Eine Stärke des Föderalismus sei es, dass Probleme
Kommunen zur Inanspruchnahme von Förderpro-           vor Ort gelöst werden. Dies sollte auch so bleiben.
grammen angedacht werden.

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