"Freie Scholle" Historie Der Steilpfad- die Bauaktivitäten in den Jahren 1926/1927 - "Freie Scholle" Historie
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Seite 1 „Freie Scholle“ Historie Baugenossenschaft „Freie Scholle“ zu Berlin eG 2021 Der Steilpfad – die Bauaktivitäten in den Jahren 1926/1927 Aufnahme von 1928; Blick vom Dach des Gebäudes Erholungsweg 8/12
Seite 2 „Freie Scholle“ Historie Impressum „Freie Scholle“ Historie Der Steilpfad – die Bauaktivitäten in den Jahren 1926 / 1927 Sondermitteilungsblatt der Baugenossenschaft „Freie Scholle“ zu Berlin eG, Schollenhof 7, 13509 Berlin Telefon 43 80 00-0 mail@freiescholle.de www.freiescholle.de Redaktion: Lisa Renger Herausgeber: Der Vorstand der Baugenossenschaft „Freie Scholle“ zu Berlin eG Auflage: 1.800 Stück Gestaltung und Produktion: weberstedt gmbh visuelle kommunikation, Berlin Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Abbildungen ohne Quellenangabe entstammen dem Archiv der „Freien Scholle“.
„Freie Scholle“ Historie Seite 3 Der Steilpfad – die Bauaktivitäten in den Jahren 1926/1927 Das vorliegende Sondermitteilungs- Nach langer Baulandsuche nahm die einem Eigenkapitalanteil (24.700 Mark blatt befasst sich mit den baulichen Genossenschaft im April 1921 das bei 655.000 Mark Gesamtbaukosten Aktivitäten der Baugenossenschaft Kaufangebot von den Tegeler Bauern für Bauteil III) war die Aufnahme von „Freie Scholle“ in den Jahren 1926 / Müller, Nieder und den Ziekow‘schen Hypotheken erforderlich. Als Hypo- 1927. Um diese zeitlich einordnen zu Erben zum Erwerb einer Fläche von thekengeber trat die Wohnungsfürsor- können, sei ein kurzer Rückblick ge- 89.382 qm westlich der Egidystraße gegesellschaft Berlin m. b. H., welche stattet. an. Eine derart große Fläche war na- für Wohnungsbauten Hauszinssteu- türlich nicht in einem Zug zu bebauen. er- und Zusatzhypotheken zu günsti- Die erste Bauphase entlang der Egi- Auch fehlte im Personalbestand der gen Zinssätzen ausgab, an die Seite dystraße erstreckte sich von 1899 „Freien Scholle“ das entsprechende der „Freien Scholle“. Am 29.5.1926 (Erteilung der ersten Baugenehmi- Know-how, um die Baumaßnahmen erhielt die Baugenossenschaft die gung) bis 1910. Die folgenden Jahre umzusetzen. Zur Bewältigung der Nachricht, dass im Jahr 1926 Hypo- waren geprägt von der Suche nach Aufgabe ist daher das Bauland in ein- thekengelder für die „Freie Scholle“ neuem Bauland, der Beschaffung von zelne Bauabschnitte unterteilt und die nur für max. 50 Wohnungen bereitge- finanziellen Mitteln, aber auch vom Planung, Finanzierung und Bebauung stellt werden können. Der Grund lag I. Weltkrieg und den 1920 erfolgten der Gehag als Bauträger übertragen in der Vielzahl der gestellten Förder- Eingemeindungen von großen Teilen worden. Diese Vorgehensweise hat- anträge, die aufgrund der begrenzten der Berliner Randgebiete zu Groß-Ber- te sich schon 1925 mit der Realisie- Mittel nicht alle berücksichtigt werden lin. Hiervon war auch die Gemeinde rung der ersten beiden Bauabschnitte konnten. Dementsprechend wurde Tegel, Kreis Niederbarnim betroffen. (I = Schollenweg 32, 34 – 62 bzw. II = der Hypothekenantrag reduziert und Schollenweg 3 – 31, 33, 63 - 67, Moor- der Bauantrag III erst mal mit nur 50 weg 4/8, 10/14) als praktikabel erwie- Wohneinheiten gestellt. sen. Detailliertere Ausführungen hin- sichtlich des Grunderwerbs und der Die Baugenehmigung Nr. 518 für den Zusammenarbeit mit der Gehag kön- Abschnitt III datiert vom 9.12.1926 nen dem Sondermitteilungsblatt „Der und umfasst die Baukörper: Schollenweg“ aus dem Jahre 2014 entnommen werden. • Steilpfad 1/3 Ecke Waidmanns- Die 1926 / 1927 geplanten Baumaß- luster Damm 74 für 3 zweige- nahmen gliedern sich in zwei Teilbe- schossige Vierfamilienhäuser und reiche mit mehreren Einzelbaukörpern • Steilpfad 6/18, 5/25, 24/42, 29/49 und sind als Bauabschnitt III bzw. III a für 39 zweigeschossige Einfamili- bezeichnet. Der Grund für diese Zwei- enhäuser. teilung lag in der Finanzierung. Neben Siegelmarke der Gemeinde Tegel (Liepold) Stempel der Gehag und Unterschrift von Bruno Taut
Seite 4 „Freie Scholle“ Historie Die Baugenehmigung Nr. 671 für den Abschnitt III a trägt das Datum vom 2.3.1927 und erlaubt die Errichtung der Baukörper: • Steilpfad 4 Ecke Waidmannslus- ter Damm 72 für 1 zweigeschos- siges Achtfamilienhaus, • Steilpfad 44/64, 55/75, 70/86 für 31 zweigeschossige Einfamilien- häuser, • Erholungsweg 2/6, 14/18, 20/24 für 3 zweigeschossige Dreifamili- enhäuser und • Erholungsweg 8/12 für 1 zweige- schossiges Zwölffamilienhaus. Lageplan vom 10.6.1926 für den Bauabschnitt III Der Baublock Waidmannsluster Damm nicht mehr geplant. Auf Wunsch des künftigen aus. Daher haben die Planungen von Betreibers, der „Konsum-Genossen- Waidmannsluster Damm Bruno Taut neue Läden am Waid- schaft für Berlin und Umgegend“ wur- 74 Ecke Steilpfad 1/3 mannsluster Damm vorgesehen. Im de dann der Eingang an die Straßen- Baublock Waidmannsluster Damm front des Waidmannsluster Damms Errichtet wurde ein zweigeschossiger 74 Ecke Steilpfad 1/3 war im ersten verlegt und die Seite unter dem Bal- Winkelbau mit Keller und Dachbo- Entwurf das Geschäft mit einer gro- kon geschlossen. Weiterhin wurde die den. Bemerkenswert ist hier, dass es ßen Fensterfront im Bauhausstil mit Lagerfläche zulasten der angrenzen- erstmals gelang, ein Flachdach bei seitlichem Eingang unter dem Balkon den Wohnung (Steilpfad 1) vergrößert. der Genehmigungsbehörde durchzu- setzen. Gemäß der Baubeschreibung entstanden: • 9 Wohnungen mit 2 Zimmer, Kammer, Küche mit 65 qm Wohn- fläche, • 1 Wohnung mit 1 Zimmer, Kam- mer, Küche mit 51 qm Wohn- fläche und • 1 Wohnung mit 1 Zimmer und Kü- che mit 40 qm Wohnfläche sowie • 1 Gewerbeeinheit. Zur Versorgung der neuen Bauge- nossen mit den Dingen des täglichen Bedarfs reichten die vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten in den Ge- Oben die ursprüngliche, unten die für den Konsum abgeänderte Planung schäften an der Egidystraße Ecke
„Freie Scholle“ Historie Seite 5 Im Juli 1927 wurde dann der Mietvertrag zwischen der Baugenossenschaft und dem Konsum mit einer Laufzeit von 10 Jahren geschlossen. Da die Hypothekenmittel der Wohnungsfürsorgegesellschaft nur für den Wohnungsbau vergeben worden waren, übernahm der Konsum eine Hypothek von 20.000 Mark und finanzierte somit den Bau mit. Bis zum 30.6.1936 wurde in dem La- den die 195. Lebensmittelausgabestelle betrieben. Informationen zu den nachfol- genden Betreibern finden sich im Sonder- mitteilungsblatt „Handel und Gewerbe in der ’Freien Scholle‘ “ aus dem Jahr 2015. Aufnahme von 1928; Verbindung der Dachboden- fenster durch ein blaues Band Die Reihenhausblöcke Steil- pfad 5/25, 6/18, 24/42, 29/49 aus dem Bauabschnitt III und Steilpfad 44/62, 55/75, 68/86 aus dem Bauabschnitt III a In den beiden Bauabschnitten sind insge- samt 70 zweigeschossige Einfamilienhäu- ser als Reihenhäuser gebaut worden. Sie haben jeweils eine Breite von 5,20 m und eine Tiefe von 8,50 m. Die Gliederung der Einheiten wird durch eine blockweise Zu- sammenfassung und durch unterschied- lich tiefe Vorgartenbereiche vollzogen. Die Nord- bzw. Südgiebel wurden unterschied- lich gestaltet. Es entstanden pro Einheit Nutzflächen von 66 qm, bestehend aus zwei Zimmer, Kammer, Küche, Bad und Treppenhaus/Flur bei einer vollen Unter- kellerung. Ansichten der Reihenhäuser im Steilpfad
Seite 6 „Freie Scholle“ Historie Steilpfad 1928, Blick vom Erholungsweg Richtung Waidmannsluster Damm Der Baublock Waid- mannsluster Damm 72 Ecke Steilpfad 4 Der Baublock Waidmannsluster Damm 72 Ecke Steilpfad 4 bildet zusammen mit dem gegenüberliegenden Block den Eingangsbereich zum Steilpfad. Durch die Stellung und Form des Bau- körpers mit seiner „negativen“ Eckge- staltung und der Verringerung der Tie- fe der Vorgartenbereiche im Steilpfad Richtung Erholungsweg entsteht eine optische Trichterwirkung. Die acht Wohnungen im zweigeschos- sigen reinen Wohnhaus haben jeweils eine Fläche von 64 qm. Die Nutzungs- einheiten bestehen aus 2½ Zimmern, Küche und Bad. Das Haus ist voll un- terkellert und hat einen Bodenraum über die gesamte Fläche. Die Verbin- dung der Bodenfenster durch ein blau- es Band wie am gegenüberliegenden Block hat Taut hier nicht vorgesehen. Schnitt durch das Gebäude Waidmannsluster Damm 72 Ecke Steilpfad 4
„Freie Scholle“ Historie Seite 7 Die Fassaden dieses Blocks und des gegenüberliegenden sind im April 1955 erneuert worden. Hier wurden Gelder aus speziellen Förderprogram- men des Landes, sogenannten „Sub- stanzerhaltungsdarlehn“, in Anspruch genommen. Die Häuser Erholungs- weg 2/6, 14/18 und 20/24 Die drei Häuserblöcke mit jeweils Waidmannsluster Damm 72 Ecke Steilpfad 4, Aufnahme vom April 1955 drei Einfamilienhäusern entsprechen den im Schollenweg im Jahre 1925 errichteten Bauten. Es gibt kleinere Abweichungen. So ist der Eingangs- anbau bei den Eckhäusern um 20 cm zugunsten der angrenzenden Räume verkleinert worden. Auch die äuße- re Gestaltung wurde modifiziert. Die Ecken sind im Sichtklinkermauerwerk ausgeführt worden. Auch der Ortgang (Schnitt der Dachfläche mit dem auf- gehenden Giebelmauerwerk) ist hier über die Dachfläche geführt worden. Die Mittelhäuser sind in den Aus- maßen und der Raumaufteilung iden- tisch mit den entsprechenden Häu- sern im Schollenweg. Erholungsweg 2/6, 14/18, 20/24, Aufnahme aus dem Jahre 1940 Auf der Abbildung aus dem Jah- re 1940 ist noch der alte historische Zaun zu erkennen. Dieser ist heute nur noch am Grundstück Steilpfad 86 und am Waidmannsluster Damm bzw. im Allmendeweg (Rekonstruktion) vor- handen. Die gegenüberliegende freie Fläche wurde in den Jahren 1954 – 1958 von der Gagfah mit Reihenhäu- sern bebaut und für ca. 25.000 DM pro Hausteil verkauft. Die Baugenehmigungen für die Rei- henhäuser im Steilpfad vom 9.12.1926 bzw. vom 2.3.1927 sahen auch eine Zauneinfassung vor den Reihenhäu- sern vor. Im weiteren Verfahren ist dann im Oktober 1927 darauf verzich- tet worden. Zeichnung für die Zaunanlage im Rahmen der Baugenehmigung
Seite 8 „Freie Scholle“ Historie Mit den Bauscheinen Nr. 441 und 442 vom 27.10.1927 wurde nun die „Errichtung einer massiven Vorgar- teneinfassung von min. 8 cm Höhe über Terrain“ gestattet. Ebenfalls wurden insgesamt drei Müllhäuser von je 4,86 qm Grundfläche für je vier Kästen genehmigt. Die Hausteile Erholungsweg 14 und 16 haben im Obergeschoss Kriegs- schäden erlitten. Der Wiederaufbau in ursprünglicher Form wurde be- antragt und mit Bauschein Nr. 1951 vom 16.11.1950 auch genehmigt. Auf Wunsch der Nutzer ist jedoch von der ursprünglichen Dachgestaltung abge- wichen worden. Bei der Nr. 14 ist die rückseitige Gaupe bis an die seitliche Hauswand erweitert worden. Bei der Nr. 16 wurde die straßenseitige Gau- Festlegungen für die Vorgarteneinfassung im Steilpfad pe über die gesamte Mittelhausbreite gezogen. Die Veränderungen wollte die Behörde nicht mittragen. Erst im Widerspruchsverfahren konnte sich die „Freie Scholle“ durchsetzen. Eine derartige Erweiterung der Gebäude- kubatur wäre heute sicher nicht mehr genehmigungsfähig. Im April 1955 wurde die äußere Hülle der drei Häuser überholt. Die Bedin- gungen aus der Baugenehmigung Nr. 316 vom 21.4.1955 waren: 1. Der Farbton des Putzes muss sich dem der benachbarten Häuser anpas- sen. 2. An der äußeren Struktur der Fassa- Erholungsweg 14/18, Aufnahme vom April 1951; links die Erweiterung der Gaupe de dürfen keine baulichen Verände- rungen vorgenommen werden. Eine erneute Überarbeitung der äu- ßeren Hülle erfolgte im Jahre 2015. Im Rahmen dieser, mit der Unteren Denkmalschutzbehörde abgestimm- ten Maßnahme, wurden die Fenster entsprechend der historischen Farb- fassung überarbeitet. Teilweise sind bauliche Fehlentwicklungen vergan- gener Jahre (Kunststofffenster) ge- gen denkmalgerechte Holzfenster mit Zustimmung der Nutzer ausgetauscht worden. Erholungsweg 2/6, Aufnahme vom April 1955
„Freie Scholle“ Historie Seite 9 Ausschnitt aus dem Lageplan vom 7.12.1926 Der Block Erholungsweg 8/12 Der Block Erholungsweg 8/12 ist als U-förmiger Bau in zweigeschossiger Bauweise errichtet worden. Er hat drei Aufgänge, von denen pro Etage zwei Wohnungen erschlossen werden. Die zwölf Nutzungseinheiten haben jeweils eine Fläche von 66 qm und bestehen aus 2½ Zimmern, Küche und Bad. Taut hat seinen Entwurf so ausgerich- tet, dass er die Achse der Egidystraße aufnimmt. Eine Variante zu dem ge- bauten Entwurf sah in der Achse einen Durchgang vor. Dieser Entwurf wurde allerdings nicht präferiert. Nicht gebauter Entwurf mit Durchgang Gebauter Entwurf, Ansicht von Süden
Seite 10 „Freie Scholle“ Historie Im Zuge der Realisierung des Wohn- blocks ist auch das Wohnumfeld neu geordnet worden. Die am südlichen Ende der Egidystraße vorhandene kleine Treppe wurde abgerissen und durch eine größere Treppenanlage mit Beleuchtung ersetzt. Diese Maßnah- me stellte das Bindeglied zwischen der „alten Scholle“ und den Neubau- ten dar. Treppenanlage Egidystraße, alte Treppe in gelb dargestellt Im Laufe der Jahre wies die Treppen- anlage Schäden auf. Steine waren lose und Abplatzungen an den Stufen stellten besonders im Winter eine Ge- fahrenquelle dar. So entschloss sich der Vorstand zu einer denkmalgerech- ten Sanierung, welche im März 2007 begann. Leider mussten die Arbeiten nach wenigen Tagen gestoppt wer- den, da sich herausstellte, dass große Teile des Treppenbauwerks auf lan- deseigener Fläche standen. Das Tief- bauamt hatte für die Sanierung kein Geld und so wurde die Treppe erst einmal gesperrt, sogar ein Abriss war im Gespräch. Da es sich hier um ein wichtiges Detail der Baugeschichte der „Freien Scholle“ handelt, bemühte sich der Vorstand um einen Flächen- erwerb. Nach fast zweijährigen Kauf- verhandlungen konnten die Arbeiten im April 2009 wieder aufgenommen werden. Das Landesdenkmalamt übernahm 50 % der Instandsetzungs- kosten. Am 24.6.2009 ist die erneu- erte Treppenanlage feierlich eröffnet worden. Aufnahme von 1930
„Freie Scholle“ Historie Seite 11 Nachdem die Kriegsschäden am densanierung und Abdichtung des Wohnblock Erholungsweg 8/12 im Kellermauerwerks erfolgte unter Be- Jahre 1951 beseitigt waren, ist die achtung der Denkmalschutzbelange Fassade des Blocks 1955 erneu- im Jahr 2011. ert worden. Eine nochmalige Fassa- Aufnahme vom Kriegsschaden, September 1951 Die Kriegsschäden und der Wiederaufbau im Steilpfad Am Freitag, den 26.11.1943 traf es die Wohnungen wieder instandgesetzt. dann neue Wohn- und Architektur- „Freie Scholle“ mit voller Härte. Bei Weitere im Steilpfad, Moränen- und vorstellungen zum Tragen. So verab- einem Nachtangriff britischer Bomber Erholungsweg folgten. Ab 1951 galt schiedete sich die Baugenossenschaft auf Industrieanlagen in Tegel wurden das 1. Wohnungsbaugesetz auch im Kampweg von der Zweigeschos- 98 Heimstätten der Baugenossen- in Berlin. Die Ära des sozialen Woh- sigkeit. In der Egidystraße setzten schaft total zerstört und weitere 30 nungsbaus begann. Allerdings waren sich Abrissmaßnahmen vor einer Re- Wohnungen unbewohnbar gemacht. damit auch Einschränkungen verbun- konstruktion durch. 1955 fand der Wie- Die größten Schäden waren im südli- den. Regelungen bezüglich der Woh- deraufbau mit den Bauten in der Egidy- chen Teil der Siedlung zu verzeichnen. nungsgrößen, der Ausstattungen, der straße seinen Abschluss. Danach sind Es traf die Egidystraße, den Erholungs- Mietpreise und der Wohnungsvergabe bis zum Ende der 50er Jahre nur noch weg, den Moränenweg und den Steil- mussten beachtet werden. Bis 1953 Instandsetzungsarbeiten (Fassade/ pfad. Bei weiteren Bombenangriffen geschahen die Wiederaufbaumaß- Dächer) mit der Finanzierung durch am 5.12.1944, 28.2.1945, 18.3.1945 nahmen im Rahmen der historischen „Substanzerhaltungsdarlehn“ durch- und 20.3.1945 wurden weitere 41 Struktur. In den Folgejahren kamen geführt worden. Wohnungen zerstört. Neben den ins- gesamt 169 unbenutzbaren Wohnun- gen gab es noch zahlreiche Beschä- digungen an der Bausubstanz. Erste Maßnahmen waren die Sicherung der Gebäude und die Schuttbeseitigung. Wohnungen, welche noch bewohnt waren, aber Schäden aufwiesen, hat- ten bei der Instandsetzung Priorität. Baugenossen packten an, wurden jedoch aufgrund der Materialknapp- heit, auch bedingt durch die Ber- lin-Blockade, gebremst. Gleich nach der Währungsreform 1949 konnte mit ERP-Krediten aus dem Marshallplan der Wiederaufbau begonnen werden. Später kamen noch Mittel aus dem Notstandsprogramm der Stadt Berlin hinzu. Gestartet wurde 1950 im ers- ten Wiederaufbaujahr mit der Erfas- sung, Bestätigung und Registrierung der Schäden durch das Bezirksamt, Stadtplanungsamt. Im Allmendeweg und Talsandweg wurden die ersten 27
Seite 12 „Freie Scholle“ Historie Zur fachlichen Umsetzung und Be- treuung der diversen Baumaßnahmen beauftragte die „Freie Scholle“ den Ar- chitekten Richard Adam. Da sich die Wiederaufbauarbeiten über mehrere Jahre erstreckten, verlegte Adam sein Büro gleich in einen Raum des Regie- betriebes. So war auch kurzfristig eine ständige Kontrolle und Beratung vor Ort gewährleistet. Die größten Schäden im Steilpfad befanden sich im südlichen Bereich. Total zerstört waren die Wohnein- und 49. Original gestaltete Südgiebel „Freien Scholle“ zum Einzug erlangen. heiten Steilpfad 56/62 und 68/80. bestehen nur noch an den Häusern Eine finanzielle Beteiligung an den Schwere Schäden waren u. a. im 18 und 86. Ebenfalls wurde bei den Umbau- bzw. Sanierungskosten durch Steilpfad 67/75 zu verzeichnen. Hier Reihenhauseinheiten Steilpfad 21/25, die Baugenossenschaft war gegeben, wurden auf den alten Fundamenten 37, 45/49 und 52/54 bei der Beseiti- allerdings nur bis zur Höhe der Preise die neuen Wohnungen errichtet. Um gung der Schäden die Trauflinie ange- vom Stand 17.10.1936. Die darüber eine bessere räumliche Ausnutzbar- hoben. Die entsprechenden Geneh- hinausgehenden Baukosten stellten keit zu erhalten, ist von der ursprüng- migungen datieren vom 31.7.1950. einen verlorenen Baukostenzuschuss lichen Dachform abgewichen worden. Da das Geld für die Sanierung aller der neuen Nutzer dar. Über diesen Die Trauflinie ist über die gesamte beschädigten Häuser nicht zur Ver- Weg sind die Häuser Steilpfad 23/25, Breite angehoben worden, sodass im fügung stand, war die Eigeninitiative 37, 42, 45, 46, 47/49 und 52/54 wie- ersten Obergeschoss keine Dach- der Baugenossen gefragt. Es wurde der dem Wohnungsmarkt zugeführt schrägen mehr entstanden. Die früher die Möglichkeit des Selbstausbaus worden. Durch individuelle Planungen am Südgiebel der Nummer 75 vorhan- eröffnet. Baugenossen konnten unter der neuen Nutzer kam es teilweise zu den gewesenen Fensteröffnungen sind finanzieller Beteiligung und mit Ge- Abweichungen in den Grundrissen. nicht wieder aufgenommen worden, nehmigung des Wohnungsamtes und so auch an den Häusern Steilpfad 25 der Bauaufsicht die Zustimmung der Steilpfad 62/80; Bild des Baugenossen Paul Lempert
„Freie Scholle“ Historie Seite 13
Seite 14 „Freie Scholle“ Historie
„Freie Scholle“ Historie Seite 15
Seite 16 „Freie Scholle“ Historie Aufnahme vom Mai 1953, links Brandschaden Steilpfad 67/75 Steilpfad 67/75, Aufnahme vom Juni 1955 Wiederaufbau Steilpfad 72/80, Aufnahme vom Juni 1953
„Freie Scholle“ Historie Seite 17 Bei dem heutigen Block Steilpfad 72/80 ist beim Wiederaufbau von der ursprünglichen Kubatur abgewichen worden. Die insgesamt 11 zerstör- ten Reihenhauseinheiten sind durch ein Gruppenhaus mit fünf Aufgängen ersetzt worden. Es entstanden acht Zweizimmerwohnungen mit je 50 qm (Steilpfad 78/80) und zwölf Einzim- merwohnungen mit je 35 qm (Steil- pfad 72/76), jeweils mit Küche, Bad und Flur. Der Neubau erhielt ein Sat- teldach, war voll unterkellert und hatte eine Gebäudetiefe von 9,10 m bzw. 10,00 m. Die Baugenehmigung datiert vom 22.7.1952. Aufgrund der noch nicht geklärten Finanzierung verzöger- te sich der Baubeginn allerdings noch um einige Monate. Die Bauarbeiten begannen am 11.5.1953 und schon am 22.7.1953 Grundriss Steilpfad 76/78 konnte Richtfest gefeiert werden. Das Bezirksamt Reinickendorf war durch den Baugenossen und Stadtrat für Bau- und Wohnungswesen, Erich Schley vertreten. Einzugstermin war der 1.12.1953. Artikel aus dem Tagesspiegel vom 4.3.1953 Richtfest vom 22.07.1953, Bezirksstadtrat Schley als Festredner
Seite 18 „Freie Scholle“ Historie Alle Wohnungen erhielten in einem Blechbadewanne sowie eine Steingut- einem weiß gefliesten Wandspiegel. Raum einen gesetzten Kachelofen mit toilette mit Sitz und Deckel. Im Erd- Die Erdgeschosswohnungen hatten Wärmeröhre, die übrigen Zimmer wur- geschoss erhielten die Toiletten einen einen jeweils der Wohnung zugeord- den mit einem transportablen kerami- Druckspüler, in den Obergeschossen neten Garten. Abgegrenzt wurden die schen Dauerbrandofen ausgestattet. einen Spülkasten. Zur Küchenausstat- einzelnen Hausgärten untereinander Im Bad befand sich ein Kohlebadeofen tung gehörte ein Stufen-Spülausguß und zum Wirtschaftsweg hin durch mit Standbrause, eine frei stehende und ein Kombi-Kohle-Gasherd mit Hecken.
„Freie Scholle“ Historie Seite 19 Auch die Kunst kam nicht zu kurz. Über jedem Eingang wurde ein far- biges Tonrelief angebracht. Leider war die Freude nur von kurzer Dauer. Durch Frostschäden ist die Mehrzahl zerstört worden. Lediglich drei Reliefs konnten gerettet werden. Sie wurden 1956 unter dem Balkon des Häuser- blocks Waidmannsluster Damm 74 Ecke Steilpfad 1 angebracht. Erhalten sind noch die Bilder: „Schwäne“, ehe- mals Steilpfad 72, „Badende“, ehe- mals Steilpfad 78 und „Frühling“, ehe- mals Moränenweg 42. Die zerstörten Kunstwerke sind durch witterungsbe- ständigere Werke aus gebranntem Ton von den Baugenossen und Künstlern Toni und Leopold Koch ersetzt wor- den. Steilpfad 72, Aufnahme vom Februar 1954
Seite 20 „Freie Scholle“ Historie Steilpfad 1, „Die Schwäne“, ehemals Steilpfad 72 (Liepold) Steilpfad 1, „Die Badende“, ehemals Steilpfad 78 (Liepold)
„Freie Scholle“ Historie Seite 21 Zur Kennzeichnung der Gebäude, Zum Schluss des Wiederaufbaupro- welche im Wiederaufbauprogramm gramms in der „Freien Scholle“ war instandgesetzt worden sind, war der 1955 ein zusätzlicher Wohnungsbe- Bauherr verpflichtet, eine entspre- stand von 90 Einheiten auf selber chende Aufbauplakette am Bauwerk Grundstücksfläche zu verzeichnen ge- anzubringen. Diese Kennzeichnungen wesen. sind noch heute am Eingang Steilpfad 73/75 vorhanden. Eingangsbereich Steilpfad 73/75 (Liepold)
Seite 22 „Freie Scholle“ Historie Die nächste bauliche Veränderung 2-Zimmer-Dachgeschosswohnungen Das Richtfest am 3.7.1991 konn- fand 1990 am Block Steilpfad 72/80 im sozialen Wohnungsbau (1. Förde- te nicht nur für den Block im Steil- statt. Mit Baugenehmigung vom rungsweg). Um eine bessere Raumhö- pfad, sondern auch für die Dachge- 14.5.1990 wurde der Ausbau des he zu erhalten, wurden die Dächer um schossausbauten in der Egidystraße 1, Dachgeschosses genehmigt. Der Ar- ca. einen halben Meter angehoben. Im 2, 3/5, 27/31 und 33 gefeiert werden. chitekt Horst Pasch mit seiner Mit- Zuge dieser Maßnahme sind auch die Festredner vor ca. 150 Gästen war ne- arbeiterin Eva Büttner zeichneten für Fassaden mit einem Vollwärmeschutz ben dem Vorstandsmitglied Arno Rohr den Entwurf verantwortlich. Errich- versehen worden. Baubeginn war der auch der Bezirksbürgermeister Detlef tet wurden zwei 3-Zimmer und drei 19.7.1990. Dzembritzki. Eine äußere „Runderneuerung“ der baulichen Hülle ist in den Jahren 2003 (Steilpfad 55/75), 2005 (Steilpfad 5/25, 29/49) und 2006 (Steilpfad 6/18, 24/54, 82/86) vorgenommen worden. Zur Verbesserung der Wohnqualität sind dann im Jahre 2007 nach einem Entwurf der Architektin Eva Büttner die Balkonanbauten am Block Steil- pfad 72/80 errichtet worden. Balkonanbauten am Block Steilpfad 72/80 (Liepold)
„Freie Scholle“ Historie Seite 23 Das Straßenland und die Straßenbenennung Um die 1926/1927 gewünschten Bau- derte der Bezirk zusätzlich noch Flä- bunden und machte die Vorschläge, genehmigungen zu erhalten, war es chen der Fließwiesen und leider auch Straße 32 = Aufstiegsweg und Straße notwendig, Flächen an die Stadt Berlin eine Fläche östlich des Grundstücks 33 = Erholungsweg. Auf Wunsch der abzutreten. Ohne eine entsprechende Erholungsweg 2. Hierbei handelte Bezirksverwaltung sollten die künfti- vertragliche Regelung galten die zur es sich um ein Areal von 3.451 qm, gen Straßennamen nochmals in et- Bebauung vorgesehenen Flächen als welches sich gut für eine Bebauung was geänderter Form vorgeschlagen nicht erschlossen und hatten somit geeignet hätte. werden (Protokoll der gemeinsamen erst mal keine Baulandqualität. Eine Sitzung vom 14.2.1929). Am Vor- Übertragung hatte kostenfrei für die Wie allgemein üblich, erhielten die schlag Erholungsweg hielt man fest, Stadt zu erfolgen. In mehreren Ver- projektierten Straßen zunächst eine der Vorschlag Aufstiegsweg ist in Auf- handlungen versuchte die Baugenos- Nummer. So wurde der heutige Steil- stieg-Straße abgewandelt worden. Mit senschaft die Quadratmeterzahl so pfad zur „Straße 32“ und der Erho- Verfügung vom 4.8.1930 hat dann der gering wie möglich zu halten. Leider lungsweg zur „Straße 33“. Das Be- Polizeipräsident die Straßennamen in blieb der Bezirk hart und nutzte sei- zirksamt Reinickendorf ergriff 1928 die der heute bestehenden Form bekannt- ne stärkere Position aus. Neben der Initiative zur Umbenennung der Num- gegeben. Dies blieb nicht ohne einen Abtretung der notwendigen Erschlie- mernstraßen. Die Baugenossenschaft entsprechenden Kommentar der Bau- ßungsflächen für den Straßenbau for- wurde in diesen Prozess mit einge- genossen im Mitteilungsblatt. Schlussbetrachtung Dieses Sondermitteilungsblatt soll einen weiteren Baustein zur wech- selvollen Baugeschichte der Bauge- nossenschaft „Freie Scholle“ darstel- len. Die hier beschriebene Bauphase 1926/1927 hat eine besondere Bedeu- tung, da hier erstmalig der Durchbruch vom konservativen Baustil (Satteldach mit Ziegeleindeckung) hin zum Flach- dach geschafft wurde. Diese moderne Variante verfolgte Taut in seinen wei- teren Entwürfen für die „Freie Scholle“ konsequent weiter. Erst 1937, mit dem Bau der Häuser im Talsandweg, muss- te diese für die Nationalsozialisten zu modern gewesene Bauform zurückge- nommen werden. Die Blöcke erhielten ein Walmdach mit Ziegeleindeckung. Heinz Liepold Mitteilungsblatt Nr. 6 vom Oktober 1930
„Freie Scholle“ Historie Ansichtskarten vom Steilpfad Ansichtskarte von 1928; Blick vom Erholungsweg Richtung Waidmannsluster Damm. Links Steilpfad 86 (Liepold) Ansichtskarte von ca. 1937; Blick vom Waidmannsluster Damm Richtung Steilpfad (Liepold) Ansichtskarte von 1941; Blick aus dem Steilpfad Richtung Waidmannsluster Damm (Liepold)
Sie können auch lesen