Freiflächensolaranlagen in Hessen | Hinweise zum Thema Naturschutz
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LEA LandesEnergieAgentur Hessen GmbH BÜRGERFORUM ENERGIEWENDE HESSEN Freiflächensolaranlagen in Hessen | Hinweise zum Thema Naturschutz Kurzinformation © Nagola Re Freiflächen-Photovoltaik: Ein weiterer Freiflächen-PV und Naturschutz: Baustein für die Energiewende in Hessen Worum geht es? Photovoltaik hat das Potential, einen erheblichen Im Vergleich zu anderen Technologien zur Ener- Beitrag zur Stromversorgung zu leisten. Das Land gieerzeugung sind die Auswirkungen von Solar- Hessen unterstützt daher die Installation von PV- parks auf Natur und Landschaft begrenzt. Einmal Anlagen auf Dachflächen und weiteren versiegel- errichtet, sind sie statisch und wartungsarm. Den- ten Flächen mit verschiedenen Angeboten. Dazu noch stellen Freiflächensolaranlagen einen Eingriff gehören das Hessische Solarkataster (www.solar- für den Boden, in den Naturraum und eine Verän- kataster.hessen.de) sowie Informationsangebote derung der Landschaft dar. Sie können – je nach der Landesenergieagentur. Trotz dieser Unterstüt- Ausgangssituation - zu einer Beeinträchtigung für zungsangebote ist der PV-Zubau allein auf Dächern Arten bis hin zum Verlust von Lebensräumen, oder und versiegelten Flächen in Hessen nicht ausrei- aber auch zu einer Schaffung von Lebensräumen chend, um die energiepolitischen Ziele zu errei- für seltene Arten führen. In jedem Fall stellt eine chen. Hierfür gibt es verschiedene Gründe (Mieter- Freiflächensolaranlage aus naturschutzrechtlicher Vermieter-Dilemma, Dachstatik, Denkmalschutz, Sicht einen Eingriff dar. Naturschutzfachliche Fra- Renditeerwartungen, etc.). Diese können nur teil- gen spielen somit bei Standortauswahl, Bau, Be- weise und nur mittel- bis langfristig durch staatliche trieb und Folgenutzung eine wichtige Rolle. Eingriffe gelöst werden. Um PV-Freiflächenanlagen in bereits infrastrukturell Freiflächensolaranlagen haben zwar aufgrund des vorbelastete Gebiete zu lenken, beschränkt das Er- Flächenbedarfs und der damit teilweise einherge- neuerbare-Energien-Gesetz die Vergütung für Frei- henden Konkurrenz zu anderen Nutzungen einen flächenanlagen insbesondere auf Flächen neben wesentlichen Nachteil gegenüber Dachanlagen, Autobahnen und Schienen. Seit dem 1.1.2021 kön- allerdings weisen sie auch einige Vorteile auf. Die nen hierfür Streifen von 200 Metern neben diesen Stromentstehungskosten sind hier nur rund halb so Verkehrsflächen genutzt werden. Hessen hat mit hoch, wie bei Dachflächen-PV-Kleinanlagen. der Freiflächensolaranlagenverordnung eine Öff- nungsklausel für die landwirtschaftlich benachtei- ligten Gebiete genutzt (s. dazu auch Kurzinfo Nr. 1 aus dieser Reihe unter Weiterführende Informatio- nen, Seite 4). www.lea-hessen.de
Naturschutzfachliche Anforderungen – Wirkfaktoren und Schutzgüter Freiflächen-PV-Anlagen sind „sonstige Vorhaben“ im Sinne des § 35 Abs. 2 des Baugesetzbuches und regelmäßig nur aufgrund eines Bebauungsplanes zulässig. Die meisten Naturschutzbelange werden im Bauleitplanverfahren geprüft und entschieden. Naturschutzrechtliche Vorgaben © next energy GmbH Der Bau von Freiflächen-PV-Anlagen unterliegt der Eingriffsregelung. Das Bundesnaturschutzgesetz sagt aus, dass Vermeidung und Ausgleich des Ein- griffs im Rahmen der Abwägung zu berücksichti- gen sind (§ 18 Abs. 1 BNatSchG in Verbindung mit § 1a Abs. 3 BauGB). Ein Ausgleich vor Ort ist anzustre- ben. Kommunen und Planungsträger können sich bei der Lösung der Ausgleichsprobleme von der Ökoagentur Hessen beraten lassen. Zusätzlich sind Regelungen von Schutzgebietsver- ordnungen, gesetzlichem Biotopschutz sowie des europäischen Artenschutzes zu beachten. Erste Hinweise auf bestehende Schutzobjekte können Visuelle Wirkung/Landschaftsbild dem „Natureg-Viewer“ sowie der Regional- oder Flächennutzungsplanung und dem kommunalen Naturschutzrechtlich stellen Freiflächen-PV-Anla- Landschaftsplan entnommen werden (s. Seite 4). gen grundsätzlich einen Eingriff in die Landschaft Besondere gesetzliche Vorgaben oder bundesweit dar, den es auszugleichen gilt. Wie stark der Ein- einheitliche Kriterien gibt es zum Thema Freiflä- griff ist, hängt von der ökologischen Wertigkeit des chen-PV und Naturschutz bislang nicht. Leitfäden Vorzustands, von der Anlage selber (Höhe der Auf- oder Planungshilfen vermitteln gute Praxis in die ständerung, Reflexion) sowie vom Standort (Relief, Fläche. Auch diese sind bei den weiterführenden Topographie, Lage an der Horizontlinie) ab. Informationen beispielhaft aufgeführt. Bislang fehlt ein bundesweit einheitliches Verfah- ren zur Bewertung von Landschaftsbild-Beeinträch- Flächen-Inanspruchnahme/Boden tigungen durch PV-Freiflächenanlagen. Aktuelle Flächen, die bisher für landwirtschaftliche Zwecke Hinweise geben zum Beispiel Veröffentlichungen intensiv genutzt wurden, können mit Freiflächen- des Bundesamts für Naturschutz (BfN), die bei den PV extensiver genutzt werden und somit unter weiterführenden Informationen aufgeführt sind. Umständen auch zu einer gesteigerten Biodiversi- tät beitragen. Gleichzeitig fallen damit Flächen für Zerschneidungswirkung einen Zeitraum von 20 - 30 Jahren aus der landwirt- Die zerschneidende Wirkung von Freiflächen-PV- schaftlichen Nutzung – wenn es nicht gelingt, eine Anlagen wird durch größere Abstände zwischen Doppelnutzung zu etablieren. Modulen minimiert. Auch eingegrünte Zäune mit Mit der Errichtung von Freiflächen-PV sind auch Durchlässen für Klein- und Mittelsäuger tragen Eingriffe in den Boden verbunden. Durch Einsatz dazu bei. Die Einzäunung kann sich auf einige einer bodenkundlichen Baubegleitung können Arten auch positiv auswirken, weil z.B. große Säu- Maßnahmen entwickelt werden, die Verdichtungen getiere, Hunde und Menschen von der Fläche fern und Versiegelungen mindern. gehalten werden. Bei landwirtschaftlich wenig attraktiven Flächen ist zu beachten, dass diese wiederum ökologisch Biodiversität hochwertig sein können und eine PV-Anlage zur Minderung des Biotopwertes führen kann. Eine Zentrales Anliegen aus Sicht des Naturschutzes ist Kompensation nach der Hessischen Kompensati- das Schutzgut Biodiversität. Sorgfältige Untersu- onsverordnung ist dann erforderlich. chungen zu Beginn von Bauleitplan- oder Genehmi- Von zentraler Bedeutung ist daher die frühzeitige gungsverfahren sind unerlässlich. Auf naturschutz- Prüfung eines geeigneten Standortes. fachlich bereits hochwertigen Flächen sollte keine Planung von Freiflächen-PV-Anlagen erfolgen. 2 Freiflächensolaranlagen in Hessen | Hinweise zum Thema Naturschutz
Gute Beispiele aus der Praxis für Maßnah- Planungen und Kommunikation für gute men zur Steigerung der Biodiversität Beispiele Unterhalb von PV-Freiflächenanlagen und um sie Für die frühzeitige und konfliktarme Identifizierung herum können während der Betriebszeit ökolo- geeigneter Standorte können kommunale Planun- gisch wertvolle Flächen entwickelt werden. Die Be- gen, beispielsweise im Rahmen von kommunalen schattung durch die Module schränkt die Entwick- Konzepten, zur Nutzung von (Freiflächen)-Photovol- lungsmöglichkeiten zwar ein, aber daneben gibt es taik hilfreich sein. Dabei sollten neben Natur- und halbschattige und vollsonnige Bereiche, die exten- Landschaftsschutz auch die landwirtschaftlichen siv gepflegt werden können. Aspekte berücksichtigt werden. Im Optimalfall stellt sich ein Mosaik unterschiedli- Auf dem Weg zur baurechtlichen Genehmigung cher Saum- und Grünlandgesellschaften ein. sollte auch der Projektierer frühzeitig die Perspek- Flächen, die bereits vor der Projektrealisierung tiven des Naturschutzes, des Bodenschutzes und Grünlandstandort waren, können durch eine exten- der Landwirtschaft einbeziehen, das ehrenamt- sive Nutzung in artenreichere Wiesen oder Mager- liche Know-how aus der Region nutzen (z.B. Na- weiden entwickelt werden. turschutzbeiräte) und Planungsbüros mit ökologi- Ein weiteres gutes Beispiel für die Entstehung spe- schem Sachverstand einsetzen. zieller Lebensräume für gefährdete Tiere und Pflan- Es empfiehlt sich in einem nächsten Schritt die Er- zen im Zuge der Nutzung als PV-Anlage sind aufge- stellung eines ökologischen Gesamtkonzepts. Die- schichtete Steinhaufen. ses kann sich beispielsweise aus drei Planungs- Auf dem Gelände eines Solarparks können Einfüh- ebenen zusammensetzen: (Quelle: Leitfaden rungen von Erdkabel (z.B. an Trafostationen) mit Baden-Württemberg, s. Weiterführende Informa- Steinhügeln einfach und problemlos geschützt wer- tionen) den. Diese künstlichen Steinhügel stellen optimale • Zielplan: Festlegung von Biotoptypen sowie Leit- Lebensräume für Reptilien dar. Neben den Reptili- und Zielarten/Flora und Fauna für die Freifläche en können ebenso Wildbienen und Hummeln Un- und für die Umgebung (Biotopverbund). terschlupf finden. Mit der Zeit sammelt sich Humus • Maßnahmenplan: Beschreibung konkreter Ein- in den Ritzen an und die Steinhaufen werden von zelmaßnahmen und technischer Details zu Bau- speziellen Pflanzen besiedelt. Durch den Blüten- ausführung, Anlage und Ansiedlung/Förderung reichtum dieser Pflanzen werden Schmetterlinge von Biotoptypen und Leit- und Zielarten. und andere Insekten angelockt, die den Reptilien • Pflegeplan: Er sichert die Dauerhaftigkeit der ge- wiederum als Nahrung dienen. troffenen Maßnahmen durch Flächenmanage- Reisig- und Totholzhaufen sind weitere wertvolle ment nach Fertigstellung der Anlage. Strukturen, die auf Solarparkflächen nicht fehlen sollten. Asthaufen dienen als Verstecke und Sonnenplätze für Reptilien wie Ringelnatter, Mauereidechse und Blindschleiche. Auch Amphibien und Säugetiere wie Igel und Marder finden darin Rückzugs- und Überwinterungsplätze. Fazit: • Eine lokale Aufwertung der biologischen Vielfalt ist in vielen Fällen realisierbar, hängt aber stark von der Vornutzung, dem Standort und der baulichen Aus- führung der Anlage ab. • Das Landschaftsbild wird in der Regel beeinträch- © next energy GmbH tigt. Das Maß hängt von Topographie und der Größe der Anlage ab. • Frühzeitige Kommunikation, nachhaltige Konzepte und Planungen öffnen Türen für ein verträgliches Miteinander von Freiflächen-PV und Naturschutz. Freiflächensolaranlagen in Hessen | Hinweise zum Thema Naturschutz | 3
Weiterführende Informationen Die Hessische LandesEnergieAgentur widmet sich im Rahmen des Programms Bürgerforum Energie- wende Hessen in einer Online-Veranstaltungsreihe vertieft dem Thema Freiflächen-Photovoltaik. Fol- gende Veranstaltungen haben stattgefunden: Online-Seminar zum Thema Freiflächensolar- Online-Seminar zum Thema Freiflächen- anlagen auf benachteiligten Flächen: solaranlagen und Naturschutz: Veranstaltung vom 30. Juni 2020: https://www. Veranstaltung vom 1. Dezember 2020: https:// energieland.hessen.de/webinar-freiflaechen-pv www.energieland.hessen.de/webinar-freiflae- chen-pv-naturschutz BFEH-Kurzinformation, Nr. 1: Freiflächensolar- Naturschutzinformationssystem des Landes Hes- anlagen in Hessen – Hinweise zu Vergütung und sen (Natureg-Viewer): Planung: energieland.hessen.de umwelt.hessen.de Internetangebot des Hessisches Ministeriums für Bodenschutz für Bauausführende, Hrsg. Hessi- Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbrau- sches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Land- cherschutz zur Eingriffsregelung: wirtschaft und Verbraucherschutz: umwelt.hessen.de umwelt.hessen.de Leitfaden Planen und Bauen im Einklang mit der Freiflächensolaranlagen – Handlungsleitfaden, Natur und was leistet die Hessische Ökoagentur? Hrsg.: Ministerium für Umwelt, Klima und Ener- giewirtschaft Baden-Württemberg: umwelt.hessen.de um.baden-wuerttemberg.de Studie Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne): Solarparks – Gewinne für die Biodiversität: bne-online.de Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Planung und Installation mit Mehrwert für den Naturschutz, Hrsg.: Stefan Heiland: Klima- und Naturschutz: Hand in Hand. Heft 6, Berlin 2019: bfn.de Kontakt LEA LandesEnergieAgentur Hessen GmbH Florian Voigt Naturschutzfachliche Bewertungsmethoden von Mainzer Straße 11 Freiflächenphotovoltaikanlagen: Microsoft Word – Endbericht_final_07.doc, BfN-Skripten 247, 2009: 65189 Wiesbaden lea@lea-hessen.de bfn.de www.lea-hessen.de
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