Genehmigungs- und Anzeigeverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz-Leitfaden
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Impressum H E R AU S G E B E R Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart www.um.baden-wuerttemberg.de R E DA K T I O N Arbeitsgruppe Leitfaden • Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Referat 41 Verwaltung und Recht, Gewerbeaufsicht, Geologie, Bergbau • VertreterInnen der Regierungspräsidien • VertreterInnen der Stadt- und Landkreise G E S TA LT U N G Layoutlounge – Büro für Gestaltung, Brandmair & Bausch GbR, Filderstadt DRUCK Offizin Scheufele Druck und Medien GmbH + Co. KG, Stuttgart Der Druck ist CO2 -kompensiert, gedruckt auf 100 % Recyclingpapier, zertifiziert mit dem Blauen Engel. B I L D M AT E R I A L Titelbild: www.fotolia.de (Fotograf: Artjazz) Mai 2018
Inhaltsverzeichnis I. Ziel des Leitfadens 6 II. Geltungsbereich des Leitfadens 7 III. Immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Vorhaben 8 nach § 4 BImSchG 1. Erforderlichkeit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung 8 1.1 Leistungsgrenzen und Anlagengröße 8 1.2 12-Monate-Grenze 11 1.3 Gewerbliche Nutzung 11 1.4 Labor- oder Technikumsmaßstab 11 1.5 Weitere Ausnahmen von der Genehmigungspflicht 12 1.6 Übergangsvorschrift des § 67 BImSchG 12 2. Genehmigungsarten / sonstige Zulassungen 14 2.1 Neugenehmigung (§§ 4, 10 BImSchG) 14 2.2 Anzeige / Änderungsgenehmigung (§§ 15, 16 BImSchG) 14 2.2.1 Anzeigefreie Änderung 14 2.2.2 Anzeigepflichtige Änderung 15 2.2.3 Genehmigungspflichtige Änderung 16 2.2.4 Wahl zwischen Anzeige und Genehmigung 18 2.3 Verbesserungsgenehmigung (§ 6 Abs. 3 BImSchG) 18 2.4 Teilgenehmigung (§ 8 BImSchG) 19 2.5 Vorbescheid (§ 9 BImSchG) 19 2.6 Vorzeitiger Beginn (§ 8a BImSchG) 20 3. Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung 22 3.1 Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 2 UVwG 22 3.2 Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 25 LVwVfG 23 3.3 Verwaltungsvorschrift Öffentlichkeitsbeteiligung 23 INHALTSVERZEICHNIS 3
4. Genehmigungsverfahren 24 4.1 Allgemeine Verfahrensregeln 24 4.1.1 Zuständige Immissionsschutzbehörde 24 4.1.2 Keine abweichenden Verfahrensregelungen der Länder 24 4.1.3 Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG 24 4.2 Genehmigungsverfahren 31 4.2.1 Beratung des Antragstellers 31 4.2.2 Umweltverträglichkeitsprüfung 33 4.2.2.1 Erforderlichkeit einer UVP 33 4.2.2.1.1 UVP-Pflicht bei Neuvorhaben / Vorprüfung (§§ 6, 7 UVPG) 34 4.2.2.1.2 UVP-Pflicht bei freiwilliger UVP auf Antrag (§ 7 Abs. 3 UVPG) 35 4.2.2.1.3 UVP-Pflicht bei Störfallrisiko (§ 8 UVPG) 37 4.2.2.1.4 UVP-Pflicht bei Änderungsvorhaben (§ 9 UVPG) 37 4.2.2.1.5 UVP-Pflicht bei kumulierenden Vorhaben (§§ 10 ff UVPG) 38 4.2.2.1.6 UVP-Pflicht bei nachträglicher Kumulation (§§ 11, 12 UVPG) 40 4.2.2.1.7 UVP-Pflicht bei Entwicklungs-/ Erprobungsvorhaben (§ 11 UVPG) 42 4.2.2.2 Verfahren zur Durchführung der UVP 43 4.2.3 Antragstellung 44 4.2.4 Vollständigkeitsprüfung 47 4.2.5 Genehmigungsphase 47 4.2.5.1 Behördenbeteiligung 48 4.2.5.2 Öffentlichkeitsbeteiligung 49 4.2.5.2.1 Bekanntmachung 51 4.2.5.2.2 Auslegung der Unterlagen 52 4.2.5.2.3 Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse 52 4.2.5.2.4 Einwendungen Dritter 54 4.2.5.2.5 Erörterungstermin 54 4.3 Entscheidung 55 5. Anzeigeverfahren 58 5.1 Anzeigepflicht 58 5.2 Fristen 58 5.3 Vorphase der Anzeige 60 5.4 Anzeige 60 5.5 Entscheidung 61 4 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
IV. Störfallrelevante nicht genehmigungsbedürftige Vorhaben nach § 22 BImSchG 62 1. Erforderlichkeit einer störfallrechtlichen Genehmigung 62 2. Anzeige einer störfallrelevanten Anlagenerrichtung oder -änderung 63 3. Verfahrensregelungen für das störfallrechtliche Genehmigungsverfahren 63 V. Freier Zugang zu Informationen 64 1. Freier Zugang zu Umweltinformationen nach dem Umweltverwaltungsgesetz 64 Baden-Württemberg 2. Freier Zugang zu allgemeinen Informationen nach dem Informationsfreiheits- 65 gesetz Baden-Württemberg Glossar 66 Anlagen 74 Anlage 1: Antragsunterlagen / Formblätter 1 bis 11 nur elektronisch Anlage 2: Anzeige / Formblätter 1 bis 3 nur elektronisch Anlage 3: Verfahrensübersicht 75 Anlage 4: Ablaufschema UVP 76 Anlage 5: Checkliste Antragsunterlagen nur elektronisch Anlage 6: Checkliste Ausgangszustandsbericht (Stoff- und Mengenrelevanz) nur elektronisch Anlage 7: Checkliste Träger öffentlicher Belange 77 Anlage 8: Checkliste Erörterungstermin 78 Anlage 9: Checkliste Inhalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung 81 INHALTSVERZEICHNIS 5
Ziel und Geltungsbereich des Leitfadens I . Z I E L D E S L E I T FA D E N S Der Leitfaden stellt das immissionsschutzrecht- licher Vorschriften (z. B. Umweltverwaltungs- liche Genehmigungs- und Anzeigeverfahren dar. gesetz, Klimaschutzgesetz) vorgenommen. Neu Er richtet sich in erster Linie an alle Mitarbeiter1 aufgenommen wurden die im Zulassungsverfah- der Vollzugsbehörden des Landes, die für die ren zu berücksichtigenden Verfahrensregelungen Durchführung von immissionsschutzrechtlichen für Betriebsbereiche, die der Störfall-Verordnung Zulassungsverfahren zuständig sind. Er richtet unterliegen. Verfahrensrechtliche Fragen, insbe- sich zur Vorbereitung des Zulassungsverfahrens sondere zur Konzentrationswirkung, zur Beteili- auch an Antragsteller bzw. Betreiber genehmi- gung der Öffentlichkeit und zur Durchführung gungsbedürftiger Anlagen sowie nicht genehmi- einer Umweltverträglichkeitsprüfung, wurden gungsbedürftiger Anlagen, die Betriebsbereich vertieft ausgearbeitet, die Formulare für Geneh- oder Bestandteil eines Betriebsbereichs nach der migungsanträge und Anzeigen aktualisiert und Störfall-Verordnung (12. BImSchV) sind. Checklisten erarbeitet. Ziel des Leitfadens ist es, den Ablauf und die Für das Zulassungsverfahren von Windener- Durchführung der Zulassungsverfahren in einer gieanlagen ist vorrangig der Windenergie- Handlungsanleitung darzustellen und damit bei- erlass Baden-Württemberg vom 9. Mai 2012 zutragen, dass die Verfahren in möglichst kurzer (Az.: 64 - 4583/404) heranzuziehen sowie die Auf- Zeit effizient und rechtssicher abgeschlossen wer- listung der LUBW für die Erstellung von Antrags- den können. Die Immissionsschutzbehörden sol- unterlagen im immissionsschutzrechtlichen Ge- len sich ebenso wie die Antragsteller an der in nehmigungsverfahren für Windenergieanlagen. diesem Leitfaden aufgezeigten Verfahrensweise [Link]2 orientieren. Der Leitfaden ist in elektronischer Form auf der Der Leitfaden wurde auf der Basis der Vor- Internetseite des Umweltministeriums [Link]3 so- gängerversion weiterentwickelt und aktuali- wie bei der Zentralen Stelle für die Vollzugsun- siert. Aktualisierungen wurden insbesondere terstützung der Gewerbeaufsicht (ZSV) beim Re- aufgrund neuer europarechtlicher und bun- gierungspräsidium Tübingen [Link]4 eingestellt. desrechtlicher Vorschriften (z. B. Industrie- Es ist beabsichtigt, die elektronische Fassung des emissions-Richtlinie, Seveso -III-Richtlinie, Um- Leitfadens bei Bedarf zu aktualisieren. welt-Rechtsbehelfsgesetz, Wasserhaushaltsgesetz, UVP-Modernisierungsgesetz, KWK-Kosten- Nutzen-Vergleich-Verordnung) sowie landesrecht- 1 Zur besseren Lesbarkeit wurde der Einfachheit halber nur die männliche Form verwendet. 2 Link: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/documents/10184/61110/Checkliste.pdf/8168b2ff-a217-4c7b-9b78-88e0f6525523 3 Link: http://www.um.baden-wuerttemberg.de/BImschG-Genehmigungsleitfaden 4 Link: http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/17288 6 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
I I . G E LT U N G S B E R E I C H D E S L E I T FA D E N S Der Leitfaden gilt für den Anwendungsbe- mittel- und Pflanzenschutzrecht (abschließende) reich des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Regelungen treffen, haben diese Vorrang vor den (BImSchG). Nach § 2 Abs. 2 BImSchG gelten Anforderungen des BImSchG. So fällt beispiels- die Vorschriften des BImSchG nicht für Anlagen, weise die Gülleausbringung oder die Ausbrin- Geräte, Vorrichtungen sowie Kernbrennstoffe gung von Kompost unter das Düngemittelrecht und sonstige radioaktive Stoffe, die den Vor- und obliegt damit dem Vollzug durch die Land- schriften des Atomgesetzes oder einer hiernach wirtschaftsverwaltung. erlassenen Rechtsverordnung unterliegen, soweit es sich um den Schutz vor den Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung io- nisierender Strahlen handelt. Damit werden die nuklearen Risiken aus dem Geltungsbereich des BImSchG ausgenommen. Im Übrigen gelten die Vorschriften des BImSchG. Gleiches gilt für gen- technische Anlagen. Soweit es um den Schutz vor den spezifischen Gefahren der Gentechnik geht, ist nach § 22 Abs. 2 Gentechnikgesetz allein das Gentechnikrecht einschlägig. Im Übrigen unter- liegen auch gentechnische Anlagen den immissi- onsschutzrechtlichen Regelungen. Die Vorschriften des BImSchG gelten zudem nicht für Flugplätze, soweit nicht Anforderungen für Betriebsbereiche oder der 6. Teil des BImSchG zur Lärmminderungsplanung betroffen sind. Das BImSchG gilt ebenfalls nicht, soweit sich aus wasserrechtlichen Vorschriften des Bundes oder der Länder zum Schutz der Gewässer oder aus Vorschriften des Düngemittel- und Pflanzen- schutzrechts etwas anderes ergibt (§ 2 Abs. 2 Satz 2 BImSchG). Soweit beispielsweise das Dünge- ZIEL UND GELTUNGSBEREICH DES LEITFADENS 7
1. Erforderlichkeit einer immissionsschutz- rechtlichen Genehmigung III. IMMISSIONSSCHUTZRECHTLICH Im Anhang der 4. BImSchV nicht aufgeführte G E N E H M I G U N G S P F L I C H T I G E VO R H A B E N Anlagen sind immissionsschutzrechtlich nicht N AC H § 4 B I m S c h G genehmigungsbedürftig. In diesem Fall sind die Anforderungen an nicht genehmigungsbedürftige 1. E R F O R D E R L I C H K E I T E I N E R I M M I S S I O N S - Anlagen nach den §§ 22 ff BImSchG zu beachten. SCHUTZRECHTLICHEN GENEHMIGUNG Eine Genehmigungspflicht nach dem BImSchG 1.1 L E I S T U N G S G R E N Z E N U N D A N L AG E N - setzt voraus, dass eine Anlage nach § 3 Abs. 5 GRÖSSE BImSchG vorliegt. Daher ist immer zunächst zu Im Anhang 1 der 4. BImSchV wird die Genehmi- klären, ob der immissionsschutzrechtliche Anla- gungspflicht i. d. R. von Leistungsgrenzen (Kapa- genbegriff erfüllt ist. Im Weiteren ist zu klären, zitätsgrenzen) oder einer bestimmten Anlagengrö- ob das Vorhaben unter die im Anhang 1 der 4. ße abhängig gemacht. Erreicht oder überschreitet BImSchV (Verordnung über genehmigungsbe- die Anlage die dort genannten Leistungsgrenzen dürftige Anlagen) aufgeführten Anlagen fällt und oder Anlagengrößen, bedarf sie einer immissions- damit eine immissionsschutzrechtliche Genehmi- schutzrechtlichen Genehmigung. Dabei ist auf gung erforderlich ist. den rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebs- umfang der durch denselben Betreiber betriebe- Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürf- nen Anlage abzustellen (§ 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. tig sind Anlagen, die in besonderem Maße geeig- BImSchV). Es kommt also nicht auf die tatsäch- net sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervor- lich genutzte, sondern auf die im Rahmen der Ge- zurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit nehmigung mögliche Nutzung der installierten oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich Leistung oder Größe an. zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen sowie ortsfeste Abfallentsorgungsanlagen zur La- Genehmigt wird eine Anlage mit einer bestimm- gerung oder Behandlung von Abfällen (§ 4 Abs. 1 ten Leistung (Kapazität) oder einer bestimmten Satz 1 BImSchG). In besonderer Weise umwelt- Anlagengröße (§ 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV). relevant sind dabei Anlagen, die der Industrie- Die Leistung oder Anlagengröße ist insbesondere emissions-Richtlinie (2010 / 75/ EU) unterliegen. anhand der technischen Beschreibung oder der Sie sind im Anhang 1 Spalte d der 4. BImSchV zu beschreibenden verfahrenstechnischen Be- mit dem Buchstaben E gekennzeichnet. Für diese dingungen (z. B. Größe der Nebeneinrichtungen, Anlagen gelten zusätzliche Anforderungen. maximal mögliche Einsatzstoffmenge) objektiv bestimmbar. Grundsätzlich wird daher die Leis- Schutzgüter des BImSchG sind Menschen, Tiere, tung und Anlagengröße unabhängig von den Be- Pflanzen, Boden, Wasser, die Atmosphäre sowie Kul- triebszeiten bestimmt. tur- und sonstige Sachgüter (§ 1 Abs. 1 BImSchG). 8 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
Hinweis: Nebeneinrichtungen gehören nicht zum Kern immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Anlage, sind also für den Betrieb der An- eingebunden. Die erforderliche wasserrecht- lage nicht erforderlich, aber ihm dienlich. liche Genehmigung nach § 60 Abs. 3 Satz 1 Beispiele für Nebeneinrichtungen sind Läger, Nr. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für eine wie Rohstoff- und Brennstoffläger, Radlader, Abwasserbehandlungsanlage mit UVP-Pflicht Förderbänder, Anlagen zur Energieversorgung oder nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Wassergesetz oder Abwasserbehandlungsanlagen. Im Regel- für Baden-Württemberg (WG) wird in der fall wird die Nebeneinrichtung überwiegend immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einer Anlage dienen, weshalb sich das Geneh- konzentriert. migungserfordernis auch auf diese erstreckt. Eine Nebeneinrichtung kann jedoch auch Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass eine mehreren Anlagen zuzuordnen sein. Wird Abwasserbehandlungsanlage keine Nebenein- durch eine Einrichtung eine Vielzahl von ande- richtung der Anlage darstellt, sondern eine ren Anlagen versorgt, verliert sie ihre dienende eigenständige Abwasserbehandlungsanlage Funktion und ist als selbständige Anlage zu be- nach Nr. 6.11 Anhang 1 der IE-Richtlinie ist. trachten und zu genehmigen. In der Praxis ist Die Genehmigung dieser Anlage ist nicht im dies aber der Ausnahmefall. Sofern es sich bei Immissionsschutzrecht geregelt, sondern in der Einrichtung um eine für sich genommen § 60 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Wasserhaushaltsgesetz nicht genehmigungsbedürftige Anlage handelt, (WHG) in Verbindung mit der Industrieklär- ist zu prüfen, welcher genehmigungsbedürfti- anlagen-Zulassungs- und Überwachungsver- gen Anlage sie überwiegend dient. Sie ist dann ordnung (IZÜV). Zuständig ist die höhere bei deren Genehmigung mit zu berücksichti- Wasserbehörde (§ 82 Abs. 2 Nr. 2a WG). gen, mit der Folge, dass eine gewichtige Ände- rung dieser Einrichtung gleichzeitig eine Än- Eigenständige Abwasserbehandlungsanlagen derung der genehmigungsbedürftigen Anlage sind beispielsweise industrielle Kläranlagen, sein kann. denen Abwasser aus mehreren IE-Anlagen des gleichen oder unterschiedlicher Betreiber In der Regel wird eine Abwasserbehandlungs- zugeleitet wird, wenn das Abwasser nicht der anlage, die das Abwasser der Produktions- Kommunalabwasserrichtlinie unterfällt, z. B. anlage reinigt, als Nebeneinrichtung in die in sog. Industrieparks. KAPITEL 1 – ERFORDERLICHKEIT EINER IMMISSIONSSCHUTZRECHTLICHEN GENEHMIGUNG 9
1. Um schädliche Umwelteinwirkungen zu vermei- den, kann es jedoch erforderlich sein Betriebs- zeiten (nicht die Leistung) einzuschränken. Eine hierdurch eintretende Leistungsminderung be- ruht auf organisatorischen Maßnahmen; tech- nisch ändert sich an der Anlage nichts. darauf an, ob die Anlagenteile, Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen selbst genehmigungsbe- dürftig wären. Bei der Prüfung, ob die Leistungs- grenze oder Anlagengröße überschritten ist, sind somit sämtliche Anlagenteile, Verfahrensschritte und Nebeneinrichtungen zu berücksichtigen. Mehrere Anlagen derselben Art, die – für sich Angaben zu Betriebszeiten sind daher für die genommen – die im Anhang 1 der 4. BImSchV Leistungsgrenzen nur dann relevant, wenn sich genannten Leistungsgrenzen oder Anlagengrößen Betriebszeitenänderungen (z. B. 2-Schichtbetrieb nicht erreichen, werden als eine Anlage betrach- wird auf 3-Schichtbetrieb ausgeweitet) auf die tet, wenn sie durch denselben Betreiber betrieben Leistung bzw. die Kapazität des bisher genehmig- werden (§ 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV) und ten Betriebs auswirken. in einem engen räumlichen und betrieblichen Zu- sammenhang stehen, d. h. auf demselben Betriebs- Beispiel 1: gelände liegen, mit gemeinsamen Betriebseinrich- Aus bestimmten Gründen wurde ein 2-Schicht- tungen verbunden sind und einem vergleichbaren betrieb in der Genehmigung festgeschrieben. technischen Zweck dienen („gemeinsame Anlage“ Die Produktion wird auf die Aufnahme eines nach § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV). Die geplanten 3-Schichtbetriebs ausgeweitet. und technisch möglichen Leistungsgrenzen und Anlagengrößen werden in solchen Fällen addiert. Beispiel 2: Überschreitet die Gesamtleistung die in der 4. Abfallbehandlungsanlagen nach Nr. 8.11 des An- BImSchV genannten Grenzen, so besteht für die hangs 1 der 4. BImSchV, bei denen als Leistungs- gemeinsame Anlage eine Genehmigungspflicht. grenze die Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen Es wird eine gemeinsame Genehmigung erteilt. je Tag angegeben ist. Die Leistungsangaben der eingesetzten Maschinen und Aggregate werden Wird eine bestehende bisher noch nicht geneh- von den Herstellern als Stundenkapazitäten ange- migungsbedürftige Anlage erweitert und hier- geben. Deshalb kommt es bei der Ermittlung der bei erstmals die nach Anhang 1 der 4. BImSchV Tageskapazitäten auf die Betriebsstunden an. maßgebende Leistungsgrenze oder Anlagengröße überschritten, bedarf die gesamte Anlage der Ge- Im Übrigen kommt es bei der Betrachtung der nehmigung (§ 1 Abs. 5 der 4. BImSchV). Leistungsgrenzen nicht auf Betriebszeiten an. Anhang 1 der 4. BImSchV unterscheidet in Spalte § 1 Abs. 1 Satz 4 der 4. BImSchV stellt klar, dass b bei der Anlagenbeschreibung folgende Fälle: jede genehmigungsbedürftige Anlage nur einen Betreiber haben kann. Der zu genehmigende Um- • Anlagenbeschreibung durch den Zweck der je- fang erstreckt sich auf alle Anlagenteile und Ver- weiligen Anlage (Beispiel: Nr. 4.3 Anlage „zur fahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind Herstellung von Arzneimitteln)“, und auf alle Nebeneinrichtungen, die mit den • Anlagenbeschreibung durch einen bestimm- Anlagenteilen und Verfahrensschritten in einem ten Vorgang (Beispiel: Nr. 4.1 Anlage zur Her- räumlichen und betriebstechnischen Zusammen- stellung von Stoffen oder Stoffgruppen „durch hang stehen und umweltrelevant sein können (§ 1 chemische, biochemische oder biologische Um- Abs. 2 der 4. BImSchV). Dabei kommt es nicht wandlung“ in industriellem Umfang), 10 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
• Anlagenbeschreibung durch Nennung einer Es handelt sich hier um eine Anlage zur Behand- technischen Einrichtung, auf deren Betrieb lung von Abfällen am Entstehungsort bei der die abzustellen ist (Beispiel: Nr. 1.4 Verbrennungs- 12-Monate-Grenze gilt („Ausnahme von der Aus- motoranlagen oder Gasturbinenanlagen zum nahme“). Antrieb von Arbeitsmaschinen), • Anlagenbeschreibung als ganze Betriebsstät- 1. 3 G E W E R B L I C H E N U T Z U N G te (Beispiel: Nr. 2.1 Steinbrüche, Nr. 3.24 Für bestimmte in § 1 Abs. 1 Satz 3 der 4. BImSchV KFZ-Anlagen, Nr. 4.4.1 Mineralölraffinerien). abschließend genannten Anlagen besteht die Ge- Wird die gesamte Betriebsstätte genannt, reicht nehmigungspflicht nur, soweit sie gewerblichen der Anlagenumfang besonders weit und erfasst Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftli- die gesamte Betriebsstätte. cher Unternehmungen verwendet werden. 1. 2 12 - M O N AT E - G R E N Z E 1. 4 L A B O R - O D E R T E C H N I K U M S M A S S S TA B Soll eine Anlage, die unter den Anhang 1 der Genehmigungsfrei sind Anlagen und Vorhaben, 4. BImSchV fällt, weniger als 12 Monate an dem- soweit sie der Erforschung, Entwicklung oder Er- selben Ort betrieben werden, unterliegt diese probung neuer Einsatzstoffe, Brennstoffe, Erzeug- nicht der Genehmigungspflicht (§ 1 Abs. 1 der nisse oder Verfahren im Labor- oder Technikums- 4. BImSchV). maßstab dienen (§ 1 Abs. 6 der 4. BImSchV). Dies schließt die Herstellung von Erzeugnissen in der Beispiel: für die Erprobung ihrer Eigenschaften durch Drit- Kommt eine mobile Asphaltmischanlage unter te erforderlichen Menge vor der Markteinführung dem Jahr an mehreren Baustellen zum Einsatz, nicht aus. Anlagen im Labor- oder Technikums- besteht keine Genehmigungspflicht, da die An- maßstab dienen dem Zweck, die Betriebsweise lage an jeder Baustelle weniger als 12 Monate einer später zu errichtenden (Groß-) Anlage zu betrieben wird. Es gelten jedoch die materiellen testen bzw. Grundlagen für den Regelbetrieb zu Anforderungen nach §§ 22 ff BImSchG für nicht erarbeiten. Vom Genehmigungserfordernis freige- genehmigungspflichtige Anlagen. So sind bei- stellte Anlagen i.S.d. § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV spielsweise die Anforderungen der TA Lärm von dürfen nur ein vernachlässigbar kleines Gefähr- Brecheranlagen einzuhalten. dungspotential aufweisen, also ein noch geringe- res, als es im Fall einer Genehmigung im verein- Für die in Nr. 8 des Anhangs 1 der 4. BImSchV fachten Verfahren vorausgesetzt wird. genannten Anlagen (Anlagen zur Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Abzugrenzen ist der Labor- oder Technikums- Stoffen), ausgenommen Anlagen zur Behand- maßstab einerseits vom üblichen Umfang einer lung am Entstehungsort, gilt eine Ausnahme von Produktionsanlage (deren Ziel ist die wirtschaftli- der 12-Monate-Grenze. Diese Anlagen sind ge- che Amortisierung durch eine bestimmte Menge, nehmigungspflichtig, auch wenn sie weniger als nicht die Fortentwicklung des Produkts), ande- 12 Monate an demselben Ort betrieben werden rerseits von der Versuchsanlage nach § 2 Abs. 3 (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der 4. BImSchV). der 4. BImSchV, die eine Zwischenstufe zwischen Labor und Produktion darstellt. Deren Privilegie- Beispiel: rung trägt in den dort normierten Grenzen einem Die Einrichtung und der Betrieb von Anlagen zur abgestuften Gefährdungspotential Rechnung. Bauschuttaufbereitung auf Baustellen. KAPITEL 1 – ERFORDERLICHKEIT EINER IMMISSIONSSCHUTZRECHTLICHEN GENEHMIGUNG 11
1. Hinweis: Der Versuch an einer bestehenden Anlage die nicht Labor- oder Technikumsanlage ist, z. B. mit neuen Einsatzstoffen oder neuen Verfah- ren, unterliegt nicht der Regelung in § 1 Abs. 6 der 4. BImSchV. an die Genehmigungsbehörde. Mit der Anzeige müssen Unterlagen vorgelegt werden, die eine Prüfung zulassen, ob die Pflichten des Betreibers gemäß § 5 BImSchG erfüllt sind. Art und Um- fang der vorzulegenden Unterlagen richten sich nach der Komplexität der betriebenen Anlage. Die Anzeige nach § 67 BImSchG hat nicht die 1. 5 W E I T E R E AU S N A H M E N VO N D E R Wirkung einer Genehmigung. § 13 BImSchG, der GENEHMIGUNGSPFLICHT eine Genehmigung voraussetzt, ist daher nicht Nach § 4 Abs. 2 BImSchG bedürfen Anlagen anwendbar (vgl. Kapitel 4.1.3). Genehmigungen des Bergwesens, soweit sie untertägig errichtet und Zulassungen, die nach der Änderung der und betrieben werden, keiner immissionsschutz- 4. BImSchV ggf. nach anderen Gesetzen erforder- rechtlichen Genehmigung. Werden Anlagen des lich sind, sind einzuholen. Bergwesens übertägig errichtet und betrieben, ist demgegenüber eine immissionsschutzrechtliche Wichtig! Genehmigung erforderlich. Keiner immissions- Die Genehmigungsbehörde hat zu prüfen, ob schutzrechtlichen Genehmigung bedürfen des gegebenenfalls eine nachträgliche Anordnung weiteren Tagebaue, d. h. Anlagen, die unmittelbar gemäß § 17 BImSchG erforderlich ist, um die dem Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschät- Einhaltung der Betreiberpflichten sicherzu- zen dienen, nicht jedoch das Ablagern der Boden- stellen. schätze und des Bergematerials. Nach § 1 Abs. 7 der 4. BImSchV bedürfen Anla- Nach dem Wortlaut des § 67 Abs. 2 BImSchG gen zur Lagerung von Stoffen, die eine Behörde regelt die Übergangsvorschrift den Fall, dass die in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zur Ge- Genehmigungsbedürftigkeit durch eine Ände- fahrenabwehr sichergestellt hat, ebenfalls keiner rung der 4. BImSchV eingetreten ist. Tritt die Ge- immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. nehmigungspflicht aufgrund anderer Änderungen ein, z. B. aufgrund einer geänderten und erstmali- 1. 6 Ü B E R G A N G S VO R S C H R I F T gen Einstufung eines Abfallstoffes als gefährlich, DES § 67 BImSchG kann die Übergangsvorschrift des § 67 BImSchG Fällt durch eine Änderung der 4. BImSchV eine nicht herangezogen werden und es ist ein Geneh- bestehende Anlage erstmalig unter die Genehmi- migungsverfahren durchzuführen. gungspflicht (z. B. durch Aufnahme einer neuen Nummer in Anhang 1 der 4. BImschV), greift die Übergangsregelung des § 67 Abs. 2 BImSchG. Nach dieser Regelung ist diese Anlage von der Erstgenehmigung freigestellt. Die Vorschrift dient dem Vertrauensschutz des Anlagenbetreibers, der eine Anlage zulässigerweise ohne immissi- onsschutzrechtliche Genehmigung errichtet hat, weil die Errichtung und das Betreiben damals genehmigungsfrei war. Die Anlage kann weiter betrieben werden, es bedarf jedoch einer Anzeige 12 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
Hinweis zu Kapitel 1.1 bis 1.6: ren. Gleiches gilt für die Abgrenzung der Sollten bezüglich der Einstufung der Geneh- Nebeneinrichtungen, die oftmals nicht ein- migungsbedürftigkeit Zweifel bestehen, ins- fach ist. Auch Zweifel, ob eine Anlage unter besondere mit Blick auf die Leistungsgrenzen, die Industrieemissions-Richtlinie fällt oder die 12-Monate-Regelung, dem Labor- oder ein Betriebsbereich nach der Störfall-Verord- Technikumsmaßstab etc., sind diese Fra- nung vorliegt, sind frühzeitig auszuräumen, gen frühzeitig zwischen dem Antragsteller da in diesen Fällen für das Genehmigungs- und der Immissionsschutzbehörde zu klä- verfahren gesonderte Anforderungen gelten. A B B I L D U N G 1: E R F O R D E R L I C H K E I T E I N E R G E N E H M I G U N G N AC H § 4 B I m S c h G Planung einer Anlage i. S. d. § 3 Abs. 5 BImSchG Anlage ist in Anhang 1 der 4. BImSchV genannt. Leistungsgrenze oder Anlagen- nein größe (= Anlagenbeschreibung Spalte b des keine BImSchG-Genehmigung erforderlich* Anhangs 1) wird erreicht oder überschritten ja ortsfester Betrieb länger als 12 Monate nein (Ausnahme: Anlagen nach Ziff. 8 des keine BImSchG-Genehmigung erforderlich* Anhangs 1 der 4. BImSchV) ja ja Labor- / Technikumsmaßstab keine BImSchG-Genehmigung erforderlich* nein gesetzliche Ausnahme ja keine BImSchG-Genehmigung erforderlich* von der Genehmigungspflicht nein BImSchG-Genehmigung erforderlich * ggf. andere Genehmigungen notwendig KAPITEL 1 – ERFORDERLICHKEIT EINER IMMISSIONSSCHUTZRECHTLICHEN GENEHMIGUNG 13
2. Genehmigungsarten / sonstige Zulassungen 2. GENEHMIGUNGSARTEN / SONSTIGE Hinweis: ZUL ASSUNGEN Von der Befristung der Genehmigung ist die 2 .1 N E U G E N E H M I G U N G (§§ 4 , 10 B I m S c h G) Fristsetzung nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG Die Genehmigung ist nach § 6 BImSchG zu er- zu unterscheiden. teilen, • wenn sichergestellt ist, dass der Antragstel- Sind für die Errichtung und den Betrieb der An- ler seine sich aus § 5 BImSchG und einer auf lage Zulassungen (z. B. Genehmigungen, Erlaub- Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsver- nisse, Bewilligungen, Ausnahmen) auch nach ordnung (z. B. 12., 17. oder 31. BImSchV) erge- anderen Fachgesetzen erforderlich (z. B. Bauge- benden Pflichten erfüllt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BIm- nehmigung), werden diese von der immissions- SchG) und schutzrechtlichen Genehmigung eingeschlossen • andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und (vgl. Kapitel 4.1.3 zur sog. Konzentrationswirkung Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung nach § 13 BImSchG). und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenste- hen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). 2.2 ANZEIGE / ÄNDERUNGSGENEHMIGUNG (§§ 15 , 16 B I m S c h G) Auf Grund der Regelung in § 6 BImSchG, wonach 2 . 2 .1 A N Z E I G E F R E I E Ä N D E R U N G nicht nur immissionsschutzrechtliche Pflichten, Änderungen, die keine Auswirkungen auf die sondern auch andere öffentlich-rechtliche Vor- Schutzgüter haben können, sind immissions- schriften einzuhalten sind, ist der Prüfumfang im schutzrechtlich weder genehmigungsbedürftig Genehmigungsverfahren für die Genehmigungs- noch anzeigepflichtig. Maßstab für die Beurtei- behörde immer auch auf andere Rechtsgebiete lung, ob eine Änderung immissionsschutzrecht- (z. B. Bauplanungsrecht, Baurecht, Wasserrecht lich relevant ist, ist der Genehmigungsstand bzw. und Bodenschutzrecht oder Naturschutzrecht) der Genehmigungsstatus. Zu betrachten ist somit ausgeweitet. Zu prüfen ist daher immer auch, ob die Anlage in ihrem genehmigten Zustand, der die einschlägigen Vorschriften aus diesen Rechts- sich aus der Ausgangsgenehmigung, allen Ände- gebieten eingehalten werden. rungsgenehmigungen einschließlich der diesen Genehmigungen zugrundeliegenden Antragsun- Nach § 12 BImSchG kann die immissionsschutz- terlagen sowie aller Nebenbestimmungen und rechtliche Genehmigung unter Bedingungen er- aller nachträglichen Anordnungen ergibt. Solche teilt und mit Auflagen verbunden werden, sofern „neutralen“ Änderungen können vorliegen, wenn dies erforderlich ist, um die Einhaltung der immis- die Emissionssituation einer Anlage unverändert sionsschutzrechtlichen Pflichten oder die Einhal- bleibt und auch ansonsten, z. B. beim Abfallauf- tung anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften kommen oder beim eingeleiteten Abwasser keine sicherzustellen (z. B. baurechtliche Auflage). Eine Auswirkungen vorliegen. Die Einschätzung, ob Befristung der Genehmigung ist dagegen nur auf eine Änderung Auswirkungen auf die Schutz- Antrag zulässig (§ 12 Abs. 2 BImSchG). güter entfaltet, kann der Betreiber der Anlage grundsätzlich eigenverantwortlich vornehmen. 14 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, Änderungen Die Änderung darf vom Betreiber vorgenommen der Anlage mit der Genehmigungsbehörde zu be- werden, sobald die Genehmigungsbehörde mit- sprechen. Sonstige Genehmigungserfordernisse teilt, dass die Änderung keiner Genehmigung nach anderen Fachgesetzen bleiben unberührt. bedarf (sog. Freistellungserklärung) oder sich die D. h. auch wenn eine immissionsschutzrechtlich Behörde nicht innerhalb eines Monats nach Ein- „neutrale“ Änderung genehmigungs- und anzei- gang der Anzeige geäußert hat (gesetzliche Fik- gefrei ist, kann es sein, dass andere Zulassungen, tion). Sofern weitere Unterlagen für die Beurtei- wie z. B. eine Baugenehmigung, für die Änderung lung erforderlich sind, beginnt die Monatsfrist ab eingeholt werden müssen. Vollständigkeit der Anzeigeunterlagen (Eingang bei der Behörde) zu laufen. Bei einer störfallre- Hinweis: levanten Änderung einer genehmigungsbedürfti- Maßnahmen, die ausschließlich der Instand- gen Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil setzung oder Unterhaltung der Anlage in ihrer eines Betriebsbereichs ist, gilt nach § 15 Abs. 2a genehmigten Form dienen, sind keine Ände- BImSchG eine Frist von zwei Monaten. Eine Fik- rungen (§ 16 Abs. 5 BImSchG). tion tritt in diesen Fällen nicht ein. 2.2.2 ANZEIGEPFLICHTIGE ÄNDERUNG Teilt die Behörde dem Anlagenbetreiber mit, dass Änderungen an der Anlage, die positive oder ne- keine Genehmigung erforderlich ist, liegt darin gative Auswirkungen auf die Schutzgüter haben eine verbindliche Entscheidung ausschließlich können, sind, sofern nicht eine Genehmigungs- darüber, dass die Änderung keiner Genehmigung pflicht vorliegt, anzeigepflichtig (§ 15 BImSchG). bedarf. Diese Entscheidung stellt einen Verwal- Die Anzeige erfolgt bei der Genehmigungsbe- tungsakt dar. hörde. Im Anzeigeverfahren wird ausschließlich geprüft, ob eine Anzeige ausreicht oder ein Ge- Hinweis: nehmigungsverfahren durchgeführt werden muss. Durch die Freistellungserklärung wird die Die der Behörde vorzulegenden Unterlagen müs- Genehmigung nicht geändert. Eine Freistel- sen so aussagekräftig sein, dass der Behörde eine lungserklärung kann daher nicht mit einer Ne- dahingehende Prüfung möglich ist. Der Umfang benbestimmung verbunden werden, da es sich der Anzeigeunterlagen ist von der jeweiligen Än- lediglich um eine Entscheidung über eine for- derung abhängig und kann daher stark variieren. melle Verfahrensfrage handelt. § 12 BImSchG ist nicht anwendbar. Möglich ist aber die Ver- Hinweis: bindung einer Freistellungserklärung mit einer Sind zur Beurteilung der Frage, ob von der Än- nachträglichen Anordnung nach § 17 BIm- derung nachteilige Auswirkungen hervorgerufen SchG. Besteht im Hinblick auf die Änderung werden können, umfangreiche gutachterliche Handlungsbedarf, so kann daher bei Vorliegen Betrachtungen erforderlich, spricht dies dafür, der gesetzlichen Voraussetzungen eine nach- dass über die Änderung in einem Änderungsge- trägliche Anordnung erlassen werden. nehmigungsverfahren entschieden werden muss. KAPITEL 2 – GENEHMIGUNGSARTEN / SONSTIGE ZULASSUNGEN 15
2. Ist die Erforderlichkeit eines Änderungsgeneh- migungsverfahrens förmlich festzustellen (z. B. der Betreiber hält eine Anzeige für ausreichend), ergeht auch hierüber ein Verwaltungsakt mit Rechtsbehelfsbelehrung. Wichtig! sichtlich der Umweltbelange (z. B. Erhöhung der Emissionen, des Abfall- oder Abwasseraufkom- mens, der Stoffmengen) führen kann. Beispiel: In einem Kohlekraftwerk soll eine Rauchgasent- schwefelungsanlage eingebaut werden. Die Ab- Der sog. Freistellungserklärung kommt keine reinigung der Schwefeldioxidemission hat einen Konzentrationswirkung zu. Ist eine Änderung erhöhten Abfallanfall zur Folge. Die Auswirkun- immissionsschutzrechtlich nicht genehmi- gen des Betriebes der Rauchgasentschwefelungs- gungsbedürftig, sind sonstige für die Änderung anlage sind wegen der deutlichen Erhöhung des erforderliche Genehmigungen (z. B. Baugeneh- Abfallanfalls nicht offensichtlich gering. Für das migung) bei den zuständigen Behörden ein- Vorhaben ist ein Änderungsgenehmigungsverfah- zuholen. Die Beantragung von Genehmigun- ren durchzuführen. gen bei anderen Behörden sollte erst erfolgen, nachdem die zuständige Immissionsschutzbe- Ausgenommen von der Genehmigungspflicht hörde mitgeteilt hat, dass für die Änderung sind nach § 16 Abs. 1 Satz 2 BImSchG offensicht- keine immissionsschutzrechtliche Genehmi- lich geringe nachteilige Auswirkungen (offen- gung erforderlich ist oder die gesetzliche Fik- sichtliche Geringfügigkeit), wenn die Erfüllung tion eingetreten ist. der immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ansonsten sicher- 2.2.3 GENEHMIGUNGSPFLICHTIGE ÄNDERUNG gestellt ist. Als nachteilig sind alle Auswirkungen Für Änderungen an einer immissionsschutzrecht- anzusehen, die die vorhandene Situation ungüns- lich genehmigten Anlage ist eine Genehmigung tig verändern. Wenn die Geringfügigkeit erst erforderlich, wenn durch die Änderung nachteilige durch gleichzeitig vorgesehene Schutzmaßnah- Auswirkungen hervorgerufen werden können und men erreicht wird, ist sie als solche nicht offen- diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichtlich. Ob die Schutzmaßnahmen ausreichen, erheblich sein können. Es handelt sich dann um ist stets im Genehmigungsverfahren zu prüfen. eine wesentliche Änderung i. S.d. § 16 BImSchG. Beispiel: Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 2. Hs BImSchG ist eine In einer Anlage werden durch geringfügige Än- Genehmigung stets erforderlich, wenn die Ände- derungen des Verfahrens Emissionsreduzierungen rung für sich genommen die Leistungsgrenzen für Fluor- und Chlorverbindungen möglich. Die oder Anlagengrößen des Anhangs 1 Spalte b der Stickoxidemissionen erhöhen sich, bleiben jedoch 4. BImSchV erreicht. im Rahmen der bisher genehmigten Emissions- werte. Beispiel: Die Kapazität einer Anlage zum Schmelzen von Änderungen, die ausschließlich vorteilhaft für die Aluminium nach Nr. 3.4.1 des Anhangs 1 der Umwelt sind, unterliegen keiner Genehmigungs- 4. BImSchV soll von 50 t /d auf 75 t /d (Änderung pflicht, aber einer Anzeigepflicht. > 20 t /d) erhöht werden. Beispiel: Nachteilig ist jede Änderung, die zu einer Ver- Der Ersatz eines alten Brenners durch einen effi- schlechterung der vorhandenen Situation hin- zienteren Brenner in einem Drehrohrofen. 16 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
Wichtig! Als benachbarte Schutzobjekte definiert der Ge- Eine Änderung ist stets als wesentliche Ände- setzgeber nach § 3 Abs. 5d BImSchG ausschließ- rung einzustufen, wenn das Vorhaben infol- lich oder überwiegend dem Wohnen dienende ge der Änderung einer anderen Nummer des Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Ge- Anhangs 1 der 4. BImSchV zuzuordnen ist. Zu biete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und prüfen ist, ob gegebenenfalls sogar eine Neuge- unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes be- nehmigung erforderlich ist. sonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete. Beispiel: In einer Abfallbehandlungsanlage nach Nr. 8.11.2.3 des Anhangs 1 der 4. BImSchV Der angemessene Sicherheitsabstand zu benach- sollen erstmalig gefährliche Abfälle behandelt barten Schutzobjekten ist anhand störfallspezifi- werden. Die Anlage unterfällt beim erstmaligen scher Faktoren zu ermitteln. Zur Ermittlung des Einsatz gefährlicher Abfälle der Nr. 8.11.2.1. Ein angemessenen Sicherheitsabstands kann bis zur Änderungsgenehmigungsverfahren ist durchzu- Einführung der Technischen Anleitung Abstand führen. Für Verbrennungsanlagen gilt für diesen (TA Abstand) durch den Bund im immissions- Fall die Spezialregelung in § 25 Abs. 3 der 17. schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren der BImSchV. Leitfaden KAS 18 der Kommission für Anlagen- sicherheit „Empfehlungen für Abstände zwischen Störfallbereich: Betriebsbereichen nach der Störfall-Verordnung Die störfallrelevante Änderung (§ 3 Abs. 5b BIm- und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der SchG) einer genehmigungsbedürftigen Anlage, Bauleitplanung – Umsetzung § 50 BImSchG“ als die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Be- Erkenntnisquelle herangezogen werden. triebsbereichs ist, bedarf nach § 16a BImSchG einer Genehmigung, wenn durch die störfallrele- Eine störfallrelevante Änderung einer genehmi- vante Änderung der angemessene Sicherheitsab- gungsbedürftigen Anlage, die Betriebsbereich stand zu benachbarten Schutzobjekten erstmalig oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, kann unterschritten wird, der bereits unterschrittene auch eine Herabstufung eines Betriebsbereichs Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unter- der oberen Klasse (früher: erweiterte Pflichten) schritten wird oder eine erhebliche Gefahrener- in die untere Klasse (früher: Grundpflichten) und höhung ausgelöst wird und die Änderung nicht damit eine Verbesserung der vorhandenen Situ- bereits von einer wesentlichen Änderung nach ation umfassen. Einer Genehmigung bedarf es § 16 BImSchG erfasst ist. nicht, soweit dem Gebot, den angemessenen Si- cherheitsabstand zu wahren, bereits auf der Ebene Der angemessene Sicherheitsabstand ist in § 3 Abs. einer raumbedeutsamen Planung oder Maßnahme 5c BImSchG als Abstand zwischen einem Betriebs- durch verbindliche Vorgaben Rechnung getragen bereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder worden ist (z. B. Flächennutzungsplan, Bebau- Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem ungsplan). benachbarten Schutzobjekt definiert. Mit diesem Abstand sollen die Auswirkungen auf das benach- In baurechtlichen Verfahren haben die Planungs- barte Schutzobjekt, die durch schwere Unfälle (z. B. träger und die Baurechtsbehörden bei raumbe- ein Brand oder eine Explosion größeren Ausmaßes deutsamen Planungen § 50 BImSchG zu beach- oder ein außer Kontrolle geratener Prozess) hervor- ten. Danach haben sie die für eine bestimmte gerufen werden können, begrenzt bzw. ernste Ge- Nutzung vorgesehenen Flächen, z. B. Ausweisung fahren für Mensch und Umwelt vermieden werden. eines Gewerbegebiets für einen chemischen Be- KAPITEL 2 – GENEHMIGUNGSARTEN / SONSTIGE ZULASSUNGEN 17
2. trieb, so anzuordnen, dass schädliche Umweltein- wirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/ EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswir- kungen auf die in § 3 Abs. 5d BImSchG genann- ten benachbarten Gebiete so weit wie möglich vermieden werden. sprüchen, sobald die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unanfechtbar ist (§ 14 BImSchG). Hinweis zu Kapitel 2.2.2 bis 2.2.4: Der Antragsteller sollte frühzeitig Kontakt mit der Genehmigungsbehörde aufnehmen und die geplante Änderung darstellen. Es kann dann über die richtige Verfahrensart entschie- Es empfiehlt sich, dass Betreiber die Planungs- den werden (vgl. Anlage 3 Verfahrensübersicht) absichten in ihrer Umgebung beobachten und und es wird vermieden, dass beispielsweise von ggf. im bauplanungsrechtlichen Verfahren zu den einem Anzeigeverfahren ausgegangen wird, möglichen Auswirkungen heranrückender Bebau- obwohl das Vorhaben genehmigungspflichtig ung auf ihren Betrieb Stellung nehmen. Damit ist. Erörtert werden sollte auch, ob Genehmi- können Konfliktpunkte beim Heranrücken von gungserfordernisse nach anderen Fachgesetzen beispielsweise Wohngebieten an Betriebe frühzei- (z. B. Landesbauordnung) bestehen. tig diskutiert werden. 2 . 2 . 4 WA H L Z W I S C H E N A N Z E I G E U N D 2.3 VERBESSERUNGSGENEHMIGUNG GENEHMIGUNG (§ 6 A b s . 3 B I m S c h G) Im Einzelfall kann es für den Antragsteller von Nach § 6 Abs. 3 BImSchG sind beantragte Än- Vorteil sein, sich anstelle eines Anzeigeverfahrens derungen trotz einer in dem Gebiet bestehenden für ein Genehmigungsverfahren zu entscheiden. Überschreitung von Immissionswerten bei Luft- Eine Anzeige nach § 15 BImSchG entbindet den schadstoffen zu genehmigen, wenn sich infolge Antragsteller nur von der immissionsschutzrecht- der Änderung der Immissionsbeitrag der Anlage lichen Genehmigungspflicht. Andere behördliche deutlich verbessert und die übrigen Vorausset- Entscheidungen könnten jedoch zusätzlich erfor- zungen des § 6 Abs. 3 BImSchG vorliegen. Auf- derlich sein. Insbesondere wird häufig eine Bau- grund dieser Vorschrift können Änderungen in genehmigung einzuholen sein. Werden mehrere Belastungsgebieten (Gebiete, in denen Immissi- behördliche Entscheidungen benötigt, so kann es onswerte zur Luftreinhaltung überschritten sind), im Hinblick auf die im immissionsschutzrechtli- die eigentlich nicht genehmigungsfähig sind, zu- chen Genehmigungsverfahren geltende Konzen- gelassen werden. Hierdurch werden bestehenden trationswirkung (vgl. Kapitel 4.1.3) sinnvoll sein, Betrieben Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet. von der in § 16 Abs. 4 BImSchG eingeräumten Da sich die Regelung nach ihrer Entstehungsge- Wahlmöglichkeit zwischen Anzeige- und Ge- schichte und ihrem Wortlaut auf Immissionswerte nehmigungsverfahren Gebrauch zu machen und zur „Luftreinhaltung“ bezieht, kann der Rechtsge- einen Antrag auf Änderungsgenehmigung zu danke analog auf Geruchsimmissionswerte über- stellen. Im Unterschied zum Genehmigungsver- tragen werden. Eine Analogie auf Lärmrichtwerte fahren kommt dem Anzeigeverfahren keine Kon- ist dagegen nicht möglich. zentrationswirkung zu, d. h. eine erforderliche baurechtliche Genehmigung müsste separat be- Hinweis: antragt werden. Wählt der Antragsteller das förm- Nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 3 BImSchG liche Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung unterfallen ausschließlich Änderungsgenehmi- (§ 19 Abs. 3 BImSchG), so greift zusätzlich auch gungen dieser Vorschrift, nicht dagegen Neu- der Ausschluss von privatrechtlichen Abwehran- genehmigungen und Anzeigen. 18 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
2 . 4 T E I L G E N E H M I G U N G (§ 8 B I m S c h G) 2 . 5 VO R B E S C H E I D (§ 9 B I m S c h G) Eine Teilgenehmigung (§ 8 BImSchG) kann im Der Antragsteller kann einen Vorbescheid über Einzelfall zu einer schnelleren Verwirklichung einzelne Genehmigungsvoraussetzungen oder eines Vorhabens beitragen. Sie eröffnet insbe- den Standort der Anlage beantragen, sofern er sondere die Möglichkeit, Großanlagen, deren ein berechtigtes Interesse nachweisen kann und Errichtung sich über eine längere Zeit erstreckt, die Auswirkungen der Anlage beurteilt werden abschnitts- bzw. stufenweise zu genehmigen (ge- können. Soweit mit dem Vorbescheid einzelne stuftes Verfahren). Mit der Teilgenehmigung kann Genehmigungsvoraussetzungen abschließend der Antragsteller mit dem genehmigten Projekt- beurteilt wurden, ist die Genehmigungsbehörde abschnitt beginnen. Sie unterscheidet sich damit im späteren Genehmigungsverfahren daran ge- von einem Vorbescheid, der dem Antragsteller bunden (gestuftes Verfahren). Der Vorbescheid weder die Errichtung noch den Betrieb der An- gestattet weder die Errichtung noch den Betrieb lage gestattet. der Anlage. Dies ist erst mit der abschließenden Genehmigung möglich. Eine Teilgenehmigung darf nur erteilt werden, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt und Innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt der Un- eine positive vorläufige Gesamtbeurteilung er- anfechtbarkeit des Vorbescheids muss eine Ge- gibt, dass den Genehmigungsvoraussetzungen nehmigung beantragt werden, ansonsten wird der des § 6 BImSchG bezogen auf die Errichtung Vorbescheid unwirksam (§ 9 BImSchG). Diese und den Betrieb der gesamten Anlage keine von Frist kann auf Antrag bis auf vier Jahre verlängert vornherein unüberwindbaren Hindernisse entge- werden. Die Entscheidung über die Verlängerung genstehen. In einer vorläufigen Prognose muss liegt im Ermessen der Behörde. die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ins- gesamt bestätigt werden können. Jedoch muss Ein Vorbescheid darf nur erteilt werden, wenn ein die Detailplanung für die Anlage nicht so weit berechtigtes Interesse vorliegt und eine positive fortgeschritten sein, wie bei einer Antragstellung vorläufige Gesamtbeurteilung ergibt, dass den für das gesamte Vorhaben. Es bietet sich insbeson- Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG dere die Aufteilung in eine Teilgenehmigung zur bezogen auf die Errichtung und den Betrieb der Errichtung der Anlage und eine Teilgenehmigung gesamten Anlage keine von vornherein unüber- zum Betrieb der Anlage an. Die positive vorläu- windbaren Hindernisse entgegenstehen. In einer fige Gesamtbeurteilung ist für die Erteilung der vorläufigen Prognose muss die Genehmigungsfä- Teilgenehmigung von grundlegender Bedeutung. higkeit des Vorhabens insgesamt bestätigt werden Einzelne Fragestellungen dürfen von der Behörde können. Die positive vorläufige Gesamtbeurtei- nicht ausgeklammert werden. Können einzelne lung ist für die Erteilung des Vorbescheids von Fragestellungen nicht positiv beurteilt werden, grundlegender Bedeutung. Einzelne Fragestellun- darf die Teilgenehmigung nicht erteilt werden. gen dürfen von der Behörde nicht ausgeklammert Aufgrund der „Soll“-Vorschrift hat die zuständige werden. Können einzelne Fragestellungen nicht Behörde eine Teilgenehmigung bei Vorliegen der positiv beurteilt werden, darf der Vorbescheid Voraussetzungen zu erteilen, es sei denn es liegt nicht erteilt werden. Aufgrund der „Soll“-Vorschrift ein atypischer Ausnahmefall vor, der der Behörde hat die zuständige Behörde einen Vorbescheid bei Ermessen einräumt. Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilen, es sei denn, es liegt ein atypischer Ausnahmefall vor, der der Behörde Ermessen einräumt. KAPITEL 2 – GENEHMIGUNGSARTEN / SONSTIGE ZULASSUNGEN 19
2. 2 . 6 VO R Z E I T I G E R B E G I N N (§ 8 a B I m S c h G) Zu einer schnellen Verwirklichung unternehme- rischer Investitionen kann die Zulassung des vor- zeitigen Beginns der Errichtung einer Anlage bei- tragen (§ 8a Abs. 1 BImSchG). Der Antragsteller kann dann bereits vor Erteilung der erforderlichen Genehmigung mit der Errichtung der Anlage (z. B. Wichtig! Soweit im Genehmigungsverfahren die Betei- ligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist, sollte vor der Zulassung des vorzeitigen Be- ginns nach § 8a BImSchG die Einwendungs- frist abgelaufen sein. Der Erörterungstermin Erd-, Fundamentierungs-, Bauarbeiten) und mit muss jedoch nur in Ausnahmefällen – bei Be- Maßnahmen zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit deutung für die Prognoseentscheidung – abge- (z. B. Probebetrieb) beginnen. Unter den Voraus- wartet werden. setzungen des § 8a Abs. 3 BImSchG kann im Fall einer beantragten Änderungsgenehmigung auch der vorläufige Betrieb zugelassen werden. Aller- dings muss die grundsätzliche Genehmigungsfä- higkeit des Vorhabens feststehen, ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des An- Hinweis zu Kapitel 2.4 bis 2.6: tragstellers an der Zulassung des vorzeitigen Be- Aufgrund der Verbindlichkeit einer Teilge- ginns bestehen und dieser sich zu Schadensersatz nehmigung, eines Vorbescheids und der Ent- und der Wiederherstellung des ursprünglichen scheidung über die Zulassung des vorzeitigen Zustandes im Falle der Nichtgenehmigung ver- Beginns sowie der erforderlichen positiven pflichten. Aufgrund der „Soll“-Vorschrift hat die vorläufigen Gesamtbeurteilung (§§ 8, 9 BIm- zuständige Behörde den vorzeitigen Beginn bei SchG) bzw. der Feststellung der grundsätzli- Vorliegen der Voraussetzungen zuzulassen, es sei chen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens denn, es liegt ein atypischer Ausnahmefall vor, (§ 8a BImSchG), sind vor der Entscheidung der der Behörde Ermessen einräumt. die Stellungnahmen der Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben be- Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist keine rührt werden (insbesondere Beteiligung der Genehmigung. § 13 BImSchG ist daher nicht an- Baurechtsbehörde im Fall des § 8a BImSchG) wendbar. einzuholen. 20 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
ABBILDUNG 2: GENEHMIGUNG / ANZEIGE Neue Anlage Änderung an bestehender Anlage Keine Genehmigung Anzeige nach Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG § 15 BImSchG erforderlich Neugenehmigung oder § 16a BImSchG erforderlich (im förmlichen, (im förmlichen oder und beschränkt förmlichen vereinfachten Verfahren)* keine Anzeige nach Prüfung ergibt oder vereinfachten § 15 BImSchG Genehmigungs- Verfahren)** erforderlich erfordernis * Teilgenehmigung, Vorbescheid, Zulassung vorzeitigen Beginns möglich. Förmliches Verfahren gem. § 10 BImSchG; vereinfachtes Verfahren gem. § 19 BImSchG. ** Teilgenehmigung, Vorbescheid, Zulassung des vorzeitigen Beginns möglich. Förmliches Verfahren gem. § 16 Abs. 1 BImSchG bzw. § 16a BImSchG; beschränkt förmliches Verfahren KAPITEL 2 – GENEHMIGUNGSARTEN / SONSTIGE ZULASSUNGEN gem. § 16 Abs. 2 BImSchG; vereinfachtes Verfahren gem. § 19 BImSchG. 21
3. Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung 3. FRÜHE ÖFFENTLICHKEITSBETEILIGUNG 3 .1 F R Ü H E Ö F F E N T L I C H K E I T S B E T E I L I G U N G N AC H § 2 U V w G Die landesrechtlichen Vorschriften zur frühen Ist ein Vorhaben UVP-pflichtig, hat der Antrag- Öffentlichkeitsbeteiligung finden im Rahmen des steller nach § 2 Umweltverwaltungsgesetz Ba- immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsver- den-Württemberg (UVwG) verpflichtend eine fahrens Anwendung. Die Sperrwirkung des § 73 frühe Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. BImSchG greift nicht, da die Regelungen zur Adressat der Verpflichtung ist der Antragsteller, frühe Öffentlichkeitsbeteiligung dem immissions- d. h. die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist vom schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zeit- Antragsteller durchzuführen. lich vorgelagert sind. Zeitlich gesehen soll die frühe Öffentlichkeitsbe- Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung soll dazu teiligung vor der Antragstellung erfolgen; wann dienen, Einwände und Anregungen aus der Be- genau entscheidet der Vorhabenträger selbst. Zur völkerung, aber auch von Trägern öffentlicher Be- Art und Weise der Durchführung der Öffent- lange und sonstigen Beteiligten frühzeitig in die lichkeitsbeteiligung werden gesetzlich lediglich Planung eines Vorhabens einbeziehen zu können. Grundanforderungen gestellt. Es soll eine Unter- Durch sie kann der Vorhabenträger Konfliktfel- richtung der Öffentlichkeit sowie die Möglichkeit der schnell erkennen, hierauf z. B. durch Planän- zur Äußerung und Erörterung gewährt werden. derungen reagieren und dadurch spätere Kosten Die Art und Weise der frühen Öffentlichkeits- vermeiden. Durch den frühzeitigen Informations- beteiligung wird eigenverantwortlich vom Vor- austausch soll die Planung optimiert und Trans- habenträger durchgeführt. Nach Abschluss der parenz geschaffen sowie die Akzeptanz gefördert Beteiligung soll der Betreiber das Ergebnis der werden. Gerade akzeptanzfördernde Maßnah- Öffentlichkeit mitteilen (§ 2 Abs. 1 Satz 5 UVwG). men können den Interessenausgleich verbessern, Um die vorgeschriebene Einbeziehung der Ergeb- zeitintensive Gerichtsverfahren vermeiden und nisse in das Zulassungsverfahren zu ermöglichen, damit Kosten senken. Das Ergebnis der frühen bedarf es außerdem der Mitteilung gegenüber der Öffentlichkeitsbeteiligung wird in das Zulas- Immissionsschutzbehörde. sungsverfahren einbezogen. Hinweis: Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung hat auch Der Betreiber ist frühzeitig in der Beratungs- dann zu erfolgen, wenn im nachfolgenden Ge- phase auf die Erforderlichkeit bzw. Möglich- nehmigungsverfahren die Öffentlichkeit auf- keit der Durchführung einer frühen Öffent- grund der Verfahrensart („G“-Verfahren) oder lichkeitsbeteiligung hinzuweisen. aufgrund einer UVP-Pflicht zu beteiligen ist. 22 GENEHMIGUNGS- UND ANZEIGEVERFAHREN NACH DEM BUNDES-IMMISSIONSSCHUTZGESETZ
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