Gesungener Glaube - Markgrafenkirchen

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Gesungener Glaube - Markgrafenkirchen
Gesungener Glaube
„Sing mit“ am Sonntag Kantate, den 19. Mai 2019 in St. Marien zum Gesees
Texte von Pfarrer Hans Peetz zu den Liedern
1. Schmückt das Fest mit Maien
Ein Pfingstlied, das den Mai besingt: „Schmückt das Fest mit Maien“. Grüne Zweige
von den Bäumen und Büschen, die jetzt ausgeschlagen haben. So wie die
Menschen in Jerusalem am Palmsonntag Palmzweige abgerissen und auf dem
Boden ausgebreitet haben, als Jesus auf einem Esel in die Stadt einritt, so sollen wir
an Pfingsten dem Heiligen Geist den Weg bereiten. Im Mai gibt es dafür genügend
Grünzeug, zum Beispiel die Birken, die die Eingangstüren säumen.
                                 Den Einzug des Heiligen Geistes feiern. In den
                                 Kirchen der Markgrafenzeit kann man die
                                 Dreieinigkeit Gottes, die Trinität wiederentdecken.
                                 wunderbar geschaffen hat und uns erhält; der jetzt
                                 draußen Obst und Getreide wachsen lässt, und der
                                 dem Menschen die Kreativität und Geschicklichkeit
                                 gegeben hat, eine Kirche so kunstvoll zu bauen und
                                 auszugestalten. Am Altar blickt er als gütiger Vater
                                 aus den Wolken herunter und hält zugleich die
                                 Weltkugel in Händen. Jesus Christus, wahrer
                                 Mensch und wahrer Gott, ist überall gegenwärtig:
                                 am Vortragekreuz als Gekreuzigter, hinter dem die
                                 Ostersonne schon aufleuchtet; er ist der Sieger
                                 über den Tod, das Lamm Gottes, das der Welt
                                 Sünde trägt und uns den Himmel aufschließt. Der
                                 Heilige Geist kommt bei uns oft zu kurz. In diesen
                                 Kirchen schwebt er in Gestalt der Taube aus dem
                                 Kanzeldeckel auf den Prediger, im Altar verbindet
                                 er Christus und den Vater.
                                 Der Liederdichter Benjamin Schmolck ruft 1715, in
                                 der Zeit, als diese Kirche barock ausgestaltet
                                 wurde, auf, dem Heiligen Geist die Bahn zu
                                 bereiten, damit sein Schein uns mit Licht und Heil
                                 erfüllen. Der helle Schein, der Strahlenkranz der
                                 Herrlichkeit Gottes umgibt auch die Taube. Sein
                                 Lichtschein soll Herz und Verstand erfüllen. Ja,
                                 auch den Verstand. Es ist die Zeit der Aufklärung,
                                 die dem Aberglauben ein Ende machen will. Und
                                 das Herz soll hell und licht werden, wenn unser
                                 Kummer gestillt wird. Hier in der Kirche, hier im
                                 Gottesdienst. Bunt und aussagekräftig wie die
                                 Bilder und Figuren ist die Sprache: Tröster der
                                 Betrübten, Siegel der Geliebten, Geist voll Rat und
                                 Tat, starker Gottesfinger, Friedensüberbringer, Licht
                                 auf unserm Pfad.
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In diesem Haus bekommen wir Nahrung für die Seele, dass wir, wie es in der letzten
Strophe heißt, „im Guten grünen als ein fruchtbar Land“. Das Ziel aber, auf das wir
zugehen und auf das für die Menschen damals alles zulief, sind die „grünen
Himmelsmaien“, die „ewig uns erfreuen.“

2. Herr, für dein Wort sei hoch gepreist
Gott spricht zu uns. Christus hat Worte des ewigen Lebens. Worte, die uns hier auf
Erden „Kraft, Rat und Trost in aller Not“ geben; Worte, die uns ewige Seligkeit
schenken. Die Verkündigung des Wortes Gottes steht im Zentrum dieser Kirche –
auch dort, wo es keinen Kanzelaltar gibt. Hier nimmt Jesus den Platz in der Mitte des
Altars ein, Jesus als Lehrender. Er erklärt seinen Jüngern Gott und die Welt. Eine
Hand zeigt nach oben, die andere nach unten. Und sie lauschen wissbegierig,
ehrfurchtsvoll, mit der Hand auf dem Herzen, weil diese Worte zu Herzen gehen und
nicht bei einem Ohr hinein und dem anderen wieder hinaus. Manche schauen
verwundert, staunend, vielleicht zweifelnd. Auch das gehört dazu. Einer, der ganz
vorne dran ist, zeigt mit dem Finger auf Jesus: Ja, du hast Worte des ewigen Lebens.
Und wie bei der Taufe Jesu kommt der Heilige Geist herab, als die Stimme vom
Himmel ertönt: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Bei der
Verklärung aus dem Berg Tabor heißt es dann noch: „den sollt ihr hören“.
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Der Altar dieser Kirche, im Jahr 1673 geschnitzt von dem Bayreuther Hofbildhauer
Johann Brenck und bemalt von dem ebenfalls in Bayreuth tätigen Konrad Fuchs,
enthält eine Besonderheit. In der Predella, dem Teil, direkt über dem Altartisch, ist
nicht nur, wie üblich, die Einsetzung des Abendmahls zu sehen, sondern rechts und
links daneben auf zwei Bildern die vier Evangelisten mit ihren Symbolen: Matthäus
mit dem Engel, Markus mit dem Löwen, Lukas mit dem Stier und Johannes mit dem
Adler. Besonders Markus schaut sehr nachdenklich mit großen Augen. Und
Johannes scheint schon in anderen Sphären zu schweben. Er blickt ins Licht. Auf
dem Buch des Lukas ist das „Gloria in excelsis deo“, das „Allein Gott in der Höh sei
Ehr“ aus der Weihnachtsgeschichte zu lesen. „Gott Vater, lass zu deiner Ehr dein
Wort sich weit ausbreiten“, beginnt die letzte Strophe unseres Liedes.
Die vielen Bilder, die Figuren, die Engel, die bunten Farben, das viele Gold dient
nicht zur Ablenkung. All das verkündigt mit. Die Gemälde an den Brüstungen
erzählen die biblische Geschichte. Bilder prägen sich besonders tief ein. Wir kennen
das. Nicht nur die Kamele bei der Brautwerbung um Rebekka, die aussehen wie
Saurier. Gemeindeglieder aus Gesees und den umliegenden Dörfern haben die
Bilder gestiftet und mit ihrem Namen versehen lassen, die Bilder die vom Leiden,
Sterben und Auferstehen Christi erzählen. Da hat jeder seine Lieblingsgeschichten,
seine Bibelverse, die ihr und ihm besonders wichtig geworden sind, Und die immer
wieder neu zu sprechen beginnen.

3.    Ich bin getauft auf deinen Namen
Der Taufengel steht in der Mitte der Kirche, groß und nicht zu übersehen, mit seinen
goldenen Flügeln, seinem goldenen Gewand, den goldenen Haaren. Hierher gehört
er, denn die Taufe soll uns jedes Mal vor Augen geführt werden, wenn wir hierher
kommen. Sie ist eben nicht nur Eintrittskarte und Zulassungsbedingung, wie sie in
mittelalterlichen Kirchen verstanden wird, wenn der Taufstein im Eingangsbereich
steht oder draußen in einer eigenen Taufkapelle. Unserem Reformator, Martin
Luther, hat es Trost und Gewissheit gegeben, wenn er wieder einmal verzweifelt war
über sich selbst, wenn er depressiv wurde oder auf böse Gedanken kam. Dann sagte
er es sich selbst vor: „Ich bin getauft“. Genauso wie es Johann Jakob Rambach 1735
dichtete, zweihundert Jahre später.
Ganz im Sinne Luthers, wenn es in der vierten Strophe heißt; „Mein treuer Gott, auf
deiner Seite bleibt dieser Bund wohl feste stehn“. Das ist der Trost in der Anfechtung:
Gott hat in der Taufe Ja zu mir gesagt, noch ehe ich irgend etwas leisten konnte. Und
dieses Ja gilt, auch wenn ich ins Zweifeln gerate oder schwach werde. Im Lied klingt
das etwas moralisch: „Wenn aber ich ihn überschreite, so lass mich nicht verloren
gehen“. Der Taufstein vor den Augen der Gemeinde ist auch eine Ermahnung: Lebt
so wie es sich für getaufte Kinder Gottes gehört, für Kindes des Lichtes. Und wenn
es daneben geht, gibt es die Chance für einen Neuanfang.
Der Geseeser Taufengeln aber hat gar nichts Mahnendes, keinen erhobenen
Zeigefinger. Er bzw. sie schaut nur freundlich und hält uns die große blaue Schale
hin, blau wie der Himmel, blau wie die Wolken, auf denen er steht. Auch wenn der
Taufengel nicht an einem Seil von der Kirchendecke herab gelassen wurde, wie in
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manchen Kirchen, auch dieser kommt direkt vom Himmel zu uns und bringt die
Himmelsgabe, das Wasser des Lebens. Denn nicht nur das Blau ist die Farbe des
Himmels, auch das glänzende Gold, wie schon im Mittelalter als glänzender
Goldgrund.
Lassen wir uns vom Taufengel erinnern und singen und sagen: Ich bin getauft auf
deinen Namen, Gott Vater, Sohn und Heilger Geist.
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4.    Schmücke dich, o liebe Seele
Viele Kirchen, die in der Markgrafenzeit neu gebaut oder im Inneren neu ausgestaltet
wurden, haben einen Kanzelaltar. Der verbindet die Feier des Heiligen Abendmahls
mit der Predigt. In beidem kommt Jesus Christus zu uns und schenkt uns das Heil.
Auch der Altar von Gesees verbindet die Verkündigung und das Abendmahl. Nur
dass hier in der Mitte nicht die Kanzel und der Prediger steht, der das Wort Gottes
verkünden soll, sondern Christus, der selbst das Wort Gottes ist.

Das Bild von der Einsetzung des Abendmahls am Gründonnerstag erklärt, warum es
sich nach evangelischem Verständnis um ein Sakrament handelt. Zweierlei ist dafür
notwendig: Dass Jesus es selbst eingesetzt und angeordnet hat: „dies tut zu meinem
Gedächtnis“. Und dass es ein äußeres Zeichen, ein Element gibt, etwas Handfestes:
Brot und Wein. Von ihnen sagt Jesus: das ist mein Blut, das ist mein Leib. Auf dem
Bild reicht Jesus seinen Jüngern den großen Kelch: „trinket alle daraus“. Das war
den Evangelischen besonders wichtig, dass alle aus dem Kelch trinken dürfen. Auf
dem Tisch ist noch das Passalamm zu sehen, das zu diesem festlichen Abendessen
gehörte (der große Bratentopf mit Deckel steht noch unter dem Tisch). Zu einem
Festsaal gehört auch die barocke Figur in der Ecke das Zimmers. Der arme
Johannes aber, der Lieblingsjünger, der aufgrund eines Missverständnisses meist an
der Brust Jesu döst, ist hier ganz hinunter gerutscht in Jesu Schoß.
Das Abendmahl wurde meist in Form der Wandelkommunion gefeiert. Man empfing
auf der rechten Seite (von uns aus gesehen) das Brot, ging hinten herum und bekam
auf der anderen Seite den Wein. Auf der Rückwand des Altars konnte man hier die
Inschrift lesen: „welcher nun unwürdig von diesem Brot isset und von dem Kelch des
Herrn trinket, der ist schuldig an dem Leib und Blut des Herrn“. Jetzt, zwischen Brot
und Wein, mag diese Warnung zu spät kommen. Aber man war ja vorher bei der
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Beichte gewesen. Denn Abendmahl und Beichte gehörten untrennbar zusammen, so
dass man heute noch von der Konfirmation als „Kinnabeicht“ spricht.
Dieses Abendmahlsverständnis kommt auch im Lied „Schmücke dich, o liebe Seele“
zum Ausdruck.

5.    Ein reines Herz, Herr, schaff in mir
„Lass mich würdiglich genießen diese deine Himmelsspeise, mir zum Heil und dir
zum Preise. Jesu wahres Brot des Lebens, hilf, dass ich doch nicht vergebens oder
mir vielleicht zum Schaden sei zu deinem Tisch geladen“, haben wir gesungen. Ja,
das Abendmahl war eine ernste Sache. Aber am Beichtstuhl blühen die Blumen. Und
auf den beiden Bildern tut sich der Himmel auf.
                                             Viele evangelische Kirchen bis ins 19.
                                             Jahrhundert hinein haben einen
                                             Beichtstuhl, auch die in Gesees – die
                                             besitzt einen besonders schönen. Die
                                             Einzelbeichte gehörte unabdingbar zur
                                             Vorbereitung auf das Abendmahl.
                                             Aber auch sonst drehte sich fast alles
                                             um die Sündenvergebung. Petrus hat
                                             die Schlüssel zum Himmel. Wenn die
                                             Sünden vergeben werden, geht die
                                             Himmelstür auf. Luther zählte die
                                             Beichte zweitweise zu den
                                             Sakramenten. Jesus hatte sie ja selbst
                                             angeordnet: Wem ihr die Sünden
                                             vergebt, denen sind sie vergeben.
                                             Allerdings fehlt das äußere Zeichen
                                             wie bei Taufe und Abendmahl.
                                             Bei der Beichte saß in früheren Zeit
                                             der Pfarrer auf einem Stuhl, die
                                             Beichtenden traten vor ihn hin oder
                                             knieten. Später kam ein zweiter Stuhl
                                             dazu, so dass beiden nebeneinander
                                             sitzen konnten, auf Augenhöhe.
Genauso wie hier, wenn eine Bank in einem Kasten an die Stelle der Stühle trat.
Manchmal war der Kasten auch verschlossen mit Gittern nach außen. Aber nie gab
es ein Gitter zwischen Pfarrer und Gemeindeglied. Man konnte einander in die
Augen schauen. Später wurde die Einzelbeichte aus Gründen der Diskretion
abgeschafft bzw. aus dem Kirchenraum in die Seelsorge verpflanzt.
Dass es sich aber eigentlich um eine fröhliche Sache handelt, wenn ein Mensch von
all seinen Sünden entlastet wird, das zeigt dieser Beichtstuhl: Zwei große
Blumenvasen mit ganz verschiedenen bunten Blumen und Blüten an der Brüstung,
Blumen an der Decke. Außergewöhnlich auf der Rückwand das Motiv der
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Himmelfahrt des Propheten Elia und der Verklärung Christi aus dem Berg Tabor, die
sonst an Kirchendecken oder Altären zu sehen sind, hier am Beichtstuhl. Der Himmel
geht auf und, das himmlische Licht leuchtet, und wir sollen auf Christus hören, wie es
im Lied heißt: „Auf dich lass meine Sinne gehen, lass sie nach dem, was droben,
stehn“

6.    Nun danket alle Gott
„Lob, Ehr und Preis sei Gott“, mit drei Worten wird in der dritten Strophe von „Nun
danket alle Gott“ ausgedrückt, was das Hauptthema dieser Kirchen ist. Nicht nur
Johann Sebastian Bach hat es als Widmung seinen Werken vorangestellt, auch viele
seiner Kollegen in der Barockzeit. Nicht nur die Kirchenmusik dient diesem Zweck,
auch die Bilder, die Figuren, die Architektur dient dem. Und die Engel verkünden es
im Himmel und auf Erden: die Ehre Gottes. „Soli Deo gloria“, Allein Gott die Ehre,
das ist nicht nur das Motto des Sonntags Kantate.

Das „Lob, Ehr und Preis sei Gott“ gilt dem dreieinigen Gott, „dem Vater und dem
Sohne und Gott dem Heilgen Geist im höchsten Himmelsthrone“. Viele der Lieder
sind trinitarisch aufgebaut, so wie die ersten Strophen des Taufliedes, das wir
gesungen haben. Oder das „Allein Gott in der Höh sei Ehr, von dem wir als Glorialied
im Gottesdienst fast immer nur die erste Strophe singen. Oder die Lieder haben eine
trinitarische Schlusstrophe, wie das „Nun danket alle Gott“, das wir am Ende des
Jahres singen, am Sylvester, „ihm, dem dreiein`gen Gott, wie es im Anfang war und
ist und bleiben wird so jetzt und immerdar.
Dieses Lob, Ehr und Preis sollen wir verkünden – wieder in dreifacher Weise: mit
Herzen, Mund und Händen. Der Aufforderung zum Gotteslob folgt wie in den
Psalmen die Begründung. Wie bei einer Laudatio, einer Lobrede auf einen
Menschen, ist die Begründung das Entscheidende. In unserem Lied heißt sie: „der
uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut bis hierher hat getan“.
Gottes Ehre liegt in dem, was er uns Gutes getan hat. Das verkündigt diese Kirche.
Vor allem das Gute, das Gott uns in Jesus Christus getan hat. Das erzählen die
Bilder an den Emporen, das preisen die Engel, darauf weist Johannes der Täufer hin
und auch schon Mose.
Dazwischen, zwischen dem „Nun danket alle Gott“ und dem „Lob, Ehr und Preis sei
Gott“ ist noch genügend Platz für unsere Bitten. Sie betreffen unser irdisches Leben
und das große Ziel. So dichtet einer im Jahr 1636, mitten in der Katastrophe des 30-
jährigen Krieges „Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich
Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gand erhalten fort und fort und uns
aus aller Not, erlösen hier und dort.“ Schöner kann man es nicht sagen und singen.
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