GLOBALER AUSTAUSCH AUS DEM WG-ZIMMER? - Stifterverband

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GLOBALER AUSTAUSCH AUS DEM WG-ZIMMER? - Stifterverband
Diskussionspapier 1

GLOBALER AUSTAUSCH AUS
    DEM WG-ZIMMER?

    Internationale Bildung in Zeiten digitalen Wandels
GLOBALER AUSTAUSCH AUS DEM WG-ZIMMER? - Stifterverband
DIGITALE & INTERNATIONALE BILDUNG                                                  DISKUSSIONSPAPIER 1

GLOBALER AUSTAUSCH AUS DEM
WG-ZIMMER?
Internationale Bildung in Zeiten digitalen Wandels

» Hochschulen haben in der COVID-19-Pandemie Enormes geleistet: In       » Meyer-Guckel, Volker
  den meisten Fällen gelang eine Umstellung auf digitale Lehrformate       Stifterverband
  innerhalb weniger Wochen.
                                                                         » Klier, Julia
» Die internationale Mobilität von Studierenden und Forschenden ist
                                                                           McKinsey & Company
  durch die Pandemie allerdings eingebrochen. 52 Prozent der
  Hochschulen strichen ihre Auslandsangebote ganz oder teilweise.        » Kirchherr, Julian
» Für das Ende der COVID-19-Pandemie zeigen sich drei Trends in der        McKinsey & Company
  internationalen Bildung: Beliebtheit klassischer Auslandsaufenthalte
                                                                         » Winde, Mathias
  ungebrochen, verstärkte Internationalisierung durch Digitalisierung,
                                                                           Stifterverband
  Signifikanz von EdTech-Plattformen steigt.
» 55 Prozent der Erasmusaufenthalte wurden während der Pandemie
  weiterhin regulär durchgeführt, 41 Prozent wurden verkürzt,
  verschoben oder vollständig abgesagt; nur 1,5 Prozent aller
  Erasmus-Studierenden haben einen geplanten Auslandsaufenthalt
  durch eine vollständig digitale Variante ersetzt.
» „International Classrooms“ zur Teilnahme an virtuellen Konfe-
  renzen oder Lehrveranstaltungen aus aller Welt sind mittlerweile
  problemlos durchführbar. Neue technische Lösungen ermöglichen
  Studierenden im Ausland die virtuelle Prüfungsteilnahme an ihren
  Heimathochschulen.
» Digitale „EdTech“-Bildungsplattformen sind während der Pandemie
  teilweise über 50 Prozent gewachsen. Das inhaltliche Angebot
  kommerzieller Bildungsanbieter wird sich künftig auch in
  Deutschland noch stärker dem von Hochschulen annähern.
» Empfehlungen für die Zeit nach der Pandemie: Wiederbelebung der
  Auslandsmobilität durch zusätzliche Plätze für Nachholerinnen und
  Nachholer; Momentum des Digitalisierungsschubs nutzen durch
  beispielsweise digitale Ringvorlesungen; Learning Experience
  Plattformen für Onlinelehre auf- und ausbauen; neue Mobilitäts-
  verbünde mit garantierter Kursanrechnung an jedem beliebigen
  Verbundort schließen.

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    KONTEXT UND METHODIK DIESER STUDIE

    Das vorliegende Diskussionspapier hat der Stifterverband für die
    Deutsche Wissenschaft e.V. in Zusammenarbeit mit McKinsey & Company
    erstellt. Die Daten basieren auf Experteninterviews im Juli und August
    2021 und veröffentlichten Untersuchungen bis zu diesem Zeitpunkt,
    beispielsweise vom DAAD oder dem Statistischen Bundesamt.
    Berücksichtigung fanden auch Erkenntnisse der Future-Skills-Initiative
    des Stifterverbandes sowie Arbeiten vom Hochschulforum Digitalisierung
    und von McKinsey zu diesem Thema.

    Da die Bedeutung von EdTechs im Bildungsmarkt zunimmt, wurde
    analysiert, wie genau sich die EdTech-Startup-Szene in Deutschland und
    in anderen Ländern entwickelt hat.

1. COVID-19-PANDEMIE VERÄNDERT INTERNATIONALE MOBILITÄT
NACHHALTIG

Die COVID-19-Pandemie hat die Hochschulen vor enorme Herausforderungen
gestellt. Lehre, Forschung und Hochschulverwaltung mussten digital gedacht und
umgesetzt werden. In Rekordzeit gelang es, eine funktionierende digitale
Alternative zum analogen Studium anzubieten: In der Regel erfolgte die
Umstellung flächendeckend innerhalb von nur 30 Tagen und wurde von
Studierenden insgesamt als positiv bewertet (Stifterverband/McKinsey 2020).

Die internationale Mobilität von Studierenden und Forschenden war ganz
besonders von der COVID-19-Pandemie betroffen. Im Sommersemester 2020 ging
die Zahl der internationalen Studienanfängerinnen und -anfänger (1. Hochschul-
semester) in Deutschland um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück und
lag nur noch bei 22.830 (Statistisches Bundesamt 2021). Auch das Auswärtige Amt
vermeldete einen überdeutlichen Rückgang der im Ausland beantragten Visa für
einen Studienaufenthalt in Deutschland: 2019 waren es weltweit noch 72.243
Anträge, 2020 nur noch 43.722 — ein Minus von knapp 40 Prozent. Viele
Auslandsvertretungen stellten zeitweise überhaupt keine entsprechenden Visa
mehr aus.

Der Deutsche Akademische Auslandsdienst (DAAD) schätzte im Juni 2020, dass
bereits rund 80.000 ausländische Studierende Deutschland aufgrund der Corona-
krise verlassen hatten. Im Sommersemester 2020 haben laut DAAD 52 Prozent der
Hochschulen Austauschprogramme teilweise oder ganz gestrichen. Auch die Zahl
der deutschen Studierenden und Forschenden, die einen Studien- beziehungs-
weise Forschungsaufenthalt im Ausland wahrnehmen, ging pandemiebedingt
stark zurück (DAAD).

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     YOUNG UNIVERSITIES FOR THE FUTURE OF EUROPE (YUFE)

     In der YUFE-Allianz haben sich zehn forschungsstarke Universitäten und
     vier nicht akademische Partner aus ganz Europa zusammengeschlossen,
     um die innereuropäischen Mobilitätsprogramme für Studierende und
     Forschende noch einmal deutlich weiter zu denken und zu verbessern.
     Geplant ist – wie auch von 40 weiteren von der Europäischen Kommission
     ausgewählten Allianzen – die Gründung einer europäischen Universität,
     in der die Studierenden und Forschenden an allen Partnerhochschulen
     gleichzeitig eingeschrieben sind. Das heißt, dass sie entsprechend an
     allen Hochschulen Kurse belegen können, Prüfungen schreiben und
     anrechnen können sowie auf die zentralen Einrichtungen wie Biblio-
     theken zugreifen können.

     Weitere Informationen zu diesem Projekt unter: https://yufe.eu/

ABBILDUNG 1: ABNAHME DES INTERNATIONALEN AUSTAUSCHES IM HOCHSCHULSEKTOR

Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die Auslandsmobilität

Quelle: DAAD/DZHW, DAAD, Auswärtiges Amt

Wie geht die Entwicklung nach den Erfahrungen der Coronakrise nun weiter? Aus
heutiger Sicht werden vor allem drei Trends die internationale Bildung langfristig
beeinflussen: Auslandssemester in Präsenz werden wieder an Bedeutung gewin-
nen, mit starkem Fokus auf interkulturellen Austausch. Die fachliche Inter-
nationalisierung wird durch die Digitalisierung und damit einhergehenden zusätz-
lichen Formaten gestärkt. Darüber hinaus gewinnen EdTechs an Stellenwert und
werden im Zusammenspiel mit den Hochschulen neue Synergien ermöglichen,
beispielsweise mittels adaptiver Lernprogramme, die den Lehrenden eine Sicht
darauf geben, bei welchen Inhalten eine Vertiefung notwendig ist.

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ABBILDUNG 2: DREI TRENDS PRÄGEN DIE INTERNATIONALE BILDUNG

Quelle: Stifterverband/McKinsey

2. TREND I: KLASSISCHE STUDIENMOBILITÄT WIRD ZURÜCKKEHREN – UND                    » „Nach Corona wird sich die studentische
IMMER WICHTIGER FÜR DIE FACHKRÄFTEREKRUTIERUNG                                       Auslandsmobilität mit hoher Wahrscheinlichkeit
                                                                                     schnell wieder auf das Niveau vor der Pandemie
Der klassische Auslandsaufenthalt wird nach der COVID-19-Pandemie eine               normalisieren, hierfür sprechen alle verfügbaren
Renaissance erleben. Ein Indiz dafür: Trotz einer Bereitschaft von über 50           Daten. Digitale Ergänzungen werden Auslands-
Prozent der europäischen Universitäten, digitale Auslandssemester ihrer Studie-      aufenthalte erwartbar noch attraktiver machen,
renden im Sommersemester 2020 anrechnen zu lassen (European Commission:              zum Beispiel durch die Möglichkeit, digitale
2020), haben zumindest in Deutschland nur 1,5 Prozent aller Erasmusstudie-           Veranstaltungen oder Prüfungen an der
renden ein digitales Auslandssemester angetreten (DAAD/DZHW: 2021). Die              Heimatuniversität während des Auslands-
Gründe hierfür sind individuell, aber viele Studierende möchten lieber „die          semester zu absolvieren. Zudem werden in
besondere Erfahrung“ vor Ort machen und hoffen auf ein baldiges Ende der             Zukunft auch rein digitale Auslandsaufenthalte
Pandemie.                                                                            möglich sein – so wird eine zusätzliche Gruppe
                                                                                     von Studierenden internationale Studien-
Was für deutsche Studierende im Ausland gilt, gilt auch für ausländische Studie-     erfahrungen sammeln können, die bisher vor
rende in Deutschland. Der Studienaufenthalt hierzulande gibt ihnen einen             allem aus organisatorischen oder finanziellen
Einblick in die deutsche Kultur und die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu        Gründen keine Möglichkeit hierzu hatte."
verbessern. Dies ist unter anderem für die Fachkräfterekrutierung von zentraler
                                                                                    Jan Kercher, DAAD
Bedeutung. Insbesondere im MINT-Bereich ist der deutsche Arbeitsmarkt auf
ausländische Studierende angewiesen, die sich nach dem Studium in Deutschland
dazu entscheiden, auch hier den Berufsstart zu wagen. Viele der internationalen
Studierenden sehen ihre Zukunft in Deutschland: 70 Prozent planen nach ihrem
Studienabschluss in Deutschland zu bleiben, 41,1 Prozent können sich sogar
vorstellen, fünf Jahre und länger zu bleiben (SVR: 2017). Wenn weniger auslän-
dische Studierende nach Deutschland kommen, sinkt daher auch die Zahl derer,
die hier ihren Berufsstart wagen.

3. TREND II: FACHLICHE INTERNATIONALISIERUNG DURCH
DIGITALISIERUNG

Hochschulen haben den durch die COVID-19-Pandemie herbeigeführten Digita-
lisierungsschub auch für die Internationalisierung des fachlichen Austauschs

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genutzt. So boten fast drei Viertel der Hochschulen ihren internationalen Studie-
renden die Möglichkeit eines Fernstudiums mit Online-Veranstaltungen an. Auch
die meisten der sich speziell an internationale Studierende richtenden Unter-
stützungsmaßnahmen wie Welcome-Veranstaltungen und/oder Visaberatungen
waren digital zugänglich (DAAD: 2020). Dadurch konnte auf fachlicher Ebene ein
internationaler Austausch sichergestellt werden.

ABBILDUNG 3: EINFLUSS DER COVID-19-PANDEMIE AUF FACHLICHE INTERNATIONALISIERUNG

Fachliche Internationalisierung durch Digitalisierung

Quelle:DAAD, European Commission, nature

Insbesondere beim internationalen Forschungsaustausch war die Umstellung auf
digitale Formate erfolgreich. Noch nie war es so leicht, eine Expertin oder einen
Experten aus Übersee für einen Fachvortrag in eine Vorlesung oder auf eine
Konferenz einzuladen. Die Zahl der internationalen Vorlesungssäle ist gestiegen,
auch die Curricula sind internationaler geworden. Internationale Forschungs-
konferenzen brachen Teilnehmerrekorde. Für Gruppen, die bisher unter-
repräsentiert waren, verbesserten sich durch digitale Angebote die Teilnahme-
möglichkeiten. In einer Nature-Umfrage sprachen sich 74 Prozent aller einbe-
zogenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für eine Fortführung digitaler
Konferenzen nach der COVID-19-Pandemie aus (nature: 2021).

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ABBILDUNG 4: INTERNATIONALE STUDIERENDE IM ERSTEN DIGITALSEMESTER ERLEBEN IHR
STUDIUM MEISTENS ALS FERNSTUDIUM

Hat Ihre Hochschule den internationalen Studierenden, die eigentlich im SS 2020 vor Ort an
Ihrer Hochschule studieren wollten oder bereits eingeschrieben waren, eine oder mehrere
der folgenden Optionen in Bezug auf ihr Studium angeboten? (Prozentualer Anteil;
internationale Studierende, die nicht einreisen konnten)

Quelle: DAAD

Die positiven Erfahrungen mit digitalen Formaten werden Hochschulen mit hoher                » „Studenten haben in der Zukunft die Chance,
Wahrscheinlichkeit dazu bewegen, den Einsatz digitaler Tools zu verstärken.                    Bildung von Anbietern auf der ganzen Welt zu
Denkbar sind beispielsweise „gemischte“ Hörsäle an zwei Standorten mit Inter-                  erhalten. Wenn Deutschland nicht abgehängt
aktion zwischen den Studierendengruppen. Möglich wäre auch in Curricula                        werden möchte, muss ein System geschaffen
Inhalte ausländischer Universitäten einzubauen – quasi Ausland light direkt                    werden, das Innovation in der Bildung
verfügbar im Heimatland. Dabei ermöglicht die Digitalisierung nicht nur ein                    ermöglicht.“
größeres Angebot an fachlicher Expertise – sie erlaubt auch erhebliche                        Khurram Jamil, Area9 Lyceum
Einsparungen bei Zeit, Kosten und natürlichen Ressourcen.

4. TREND III: EDTECH-PLATTFORMEN ETABLIEREN SICH ALS ZUSÄTZLICHER
KANAL DER DIGITALEN INTERNATIONALEN LEHRE

     EDTECH

     Unter dem Begriff EdTechs werden innovative und technologieorientierte
     Unternehmen zusammengefasst, die Lernangebote und Bildungsservices
     anbieten.

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EdTechs profitieren von der COVID-19-Pandemie - digitale Bildung gehört für sie
zum Kerngeschäft. Die Nutzerzahlen von EdTechs, die für jedermann zugängliche
Onlinekurse anbieten, stiegen nach Schätzung von Class Central, einem Such-
portal für Onlinekurse zwischen 2019 und 2020 um 50 Prozent an. Und zwar –
exklusive Zahlen des chinesischen Marktes – von 120 auf 180 Millionen (Class
Central: 2020). Auch das Funding für EdTech-Startups ist in Europa seit 2019
deutlich angestiegen, wobei Deutschland noch hinterherhinkt. Der Rest Europas
(ohne Deutschland) kommt auf ein jährliches Wachstum seit 2019 von etwa 70
Prozent und ein Volumen von rund 1,4 Milliarden US-Dollar alleine in der ersten
Jahreshälfte 2021. Die Wachstumsrate in Deutschland liegt allerdings nur bei 20
Prozent und einem Volumen von 107 Millionen Dollar (Pitchbook: 2021).

Diese Entwicklung lässt sich auch für EdTechs beobachten, die sich hauptsächlich
mit tertiärer Bildung befassen. Einzelne Plattformen, wie beispielsweise
Coursera – auf der Hochschulen Kurse einstellen – konnten ebenfalls ein Jahres-
wachstum von über 50 Prozent verzeichnen (Coursera: 2020). Besonders stark
stieg die Nachfrage in Wachstumsmärkten wie Asien oder Südamerika. Doch auch
in Europa erhöhte sich binnen Jahresfrist die Zahl der Nutzer von Coursera um 48
Prozent auf 13 Millionen in 2020. Genaue Wachstumszahlen ausschließlich für
den deutschen Markt sind nicht verfügbar.

ABBILDUNG 5: NUTZERZAHLEN EINER GROSSEN EDTECH PLATTFORM STEIGT WELTWEIT
RASANT AN

Nutzerwachstum der EdTech-Plattform Coursera – In Millionen, Wachstum p. a. von
2019–2020

Quelle: McKinsey

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Das Angebot von Bildungsplattformen im tertiären Bereich wird immer attrak-
tiver und kann eine Alternative zum Auslandssemester oder zumindest eine
Ergänzung des Studiums darstellen. Coursera bietet inzwischen über 30 vollwer-
tige Abschlüsse von bekannten internationalen Universitäten wie dem Kings
College oder dem Imperial College an. Das ist allerdings eher die Ausnahme als
die Regel. Die Mehrheit der online verfügbaren Kurse ist eigenständig oder
zusammengefasst in sogenannte Nano- oder Micro-Degrees – eine Zusammen-
stellung einiger weniger Kurse, die keinen vollwertigen Hochschul-Abschluss
darstellen. Dennoch: Einige Partnerhochschulen akzeptieren bereits die
Zertifikate der Micro-Degrees und rechnen diese bei einer späteren Immatriku-
lation in einen passenden Studiengang auf die erbrachten Leistungen an (edX:
2021).

    ONLINE-MASTER AN DER UNIVERSITY OF PENNSYLVANIA VIA COURSERA

    Für einen reinen Online-Master, der zwischen 16 und 40 Monaten dauert,
    können sich Studierende über die Plattform Coursera einschreiben. Die
    Universität bietet für das Programm verschiedene Diskussionsforen,
    Gruppenprojekte und Online-Chats an. Studierende nutzen diese Kanäle,
    um sich zum Beispiel zu Lerngruppen zusammenzuschließen und über das
    Programm und andere Themen auszutauschen.

5. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN

Die bisherige Entwicklung in und mit der COVID-19-Pandemie lässt vermuten,        » „Es wird Zeit und Know-How für die Entwicklung
dass sich die Themen Internationalisierung und Digitalisierung künftig stärker      von Inhalten und Formaten für Onlinelehre
überschneiden werden. Um die sich bietenden Möglichkeiten zu nutzen, müssen         benötigt. Hierfür müssen Stellen geschaffen und
Digitalisierung und Internationalisierung in Zukunft gemeinsam gedacht und          halb-professionelle Lösungen vermieden werden,
entsprechende Synergien genutzt werden.                                             da die Bildungsangebote sonst nicht international
                                                                                    wettbewerbsfähig bleiben werden. Wer
Hochschulen sollten den internationalen fachlichen Austausch weiter digita-         zufriedene in- und ausländische Studierende mit
lisieren und diesen Ansatz auch strukturell in Hochschulkooperationen               seinen Inhalten überzeugen möchte, muss
verankern.                                                                          investieren.“
Dadurch kann die Internationalisierung deutlich vertieft werden, von gemein-
                                                                                   Dagmar Willems, DAAD
samen Seminaren und Projektarbeiten mit Studierenden aus dem In- und Ausland
bis hin zur Möglichkeit virtuell an Prüfungen teilzunehmen, um beispielsweise
auch während eines Auslandspraktikums an der Heimathochschule Credits
sammeln zu können. International Classrooms mit Partneruniversitäten sollten
zum Regelfall werden. Dazu gehört auch, dass Heimathochschulen ausländische
Onlinekurse anerkennen. Besonders eignen sich hierfür neue Mobilitätsverbünde,
in denen Studierende gleichzeitig bei allen Mitgliedshochschulen eingeschrieben
sind und ihre Lernleistungen im Verbund automatisch anerkannt bekommen.

Hochschulen sollten sich noch mehr für digitale Innovationen öffnen und über
Kooperationen zum Beispiel mit etablierten EdTechs leistungsfähige Learning
Experience Plattformen (LXP) aufbauen, die beispielsweise adaptive Lern-
inhalte bieten (Inhalte, die sich auf den spezifischen Wissensstand des

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Lernenden anpassen).
Beispiele wie die digitalen Lernplattformen Area9 und Minerva zeigen, dass es
mehr technische Möglichkeiten gibt, als aktuell genutzt werden. Der Fokus liegt
idealerweise auf englischsprachigen Inhalten, damit auch ausländische Studie-
rende angeworben werden können, die dann im besten Fall für ein Präsenz-
semester nach Deutschland kommen und im Anschluss daran hier in den Beruf
einsteigen. Eigene Portale könnten beispielsweise im deutschen „Aushängefach“
Ingenieurwissenschaften von den TU9-Universitäten aufgebaut werden. Auch die
großen EdTech-Portale werden mehr und mehr zu internationalen Aushänge-
schildern für Bildungs- und Forschungsstärke, daher müssen Hochschulen hier
vertreten sein.

Zur Wiederbelebung der Mobilität nach dem Ende der Pandemie sollten
deutsche Hochschulen und ihre Partnerhochschulen im Ausland zusätzliche
Plätze für Auslandssemester an Nachholerinnen und Nachholer vergeben.
Finanzielle Mittel könnten sowohl für die Aufenthalte selbst als auch für den
administrativen Mehraufwand zur Verfügung gestellt werden. Das Angebot sollte
sich sowohl an hiesige Studierende richten, die ins Ausland gehen wollen, als
auch an Bildungsausländer, die nach Deutschland kommen möchten.

Hochschulen und Unternehmen sollten gemeinsam Programme wie ein
„Erasmus on the job“ aufbauen, damit auch Berufseinsteiger Auslands-
erfahrung sammeln können, die während des Studiums keine Gelegenheit
hatten.
Zusätzlich zum neuen EU-Programm „ALMA“, in dem junge Menschen ohne
Ausbildung oder Arbeitsplatz Berufserfahrung im Ausland sammeln sollen, sollte
auch ein „Erasmus on the job“ aufgebaut werden. Diese Möglichkeit, Auslands-
erfahrungen zu sammeln, könnte beispielsweise über ein Auslandspraktikum an
einer ausländischen Zweigstelle des Arbeitgebers oder eines anderen Unter-
nehmens realisiert werden. Über ein finanzielles Förderprogramm werden die
Kosten für die Unternehmen abgefedert. Auch denkbar sind Aufbau- oder
Zusatzstudiengänge im Ausland, die einen Mehrwert für den Arbeitgeber in der
Heimat mit sich bringen. Die Vermittlung könnte eine internationale Plattform
übernehmen und die „Erasmus Young Professionals" bekommen vertraglich die
Zusicherung, dass sie nach Abschluss des Programms in ihren alten Job zurück-
kehren können. Unternehmen haben den Vorteil, dass ihre Angestellten wertvolle
Auslandserfahrungen sammeln, die sich in der langfristigen Karriere auszahlen.

6. LITERATUR

Class Central (2020): By The Numbers: MOOCs in 2020;
https://www.classcentral.com/report/mooc-stats-2020/ (zuletzt abgerufen
27.09.2021)

Coursera (2020): 2020 Impact Report. Abgerufen unter:
https://about.coursera.org/press/wp-content/uploads/2020/09/Coursera-
Impact-Report-2020.pdf (Zuletzt abgerufen 27.09.2021)

DAAD (2020): Corona und die Folgen für die internationale Studierendenmobilität
in Deutschland;
https://static.daad.de/media/daad_de/pdfs_nicht_barrierefrei/der-

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daad/analysen-
studien/daad_2020_corona_und_die_folgen_fuer_die_internationale_studierende
nmobilitaet_in_deutschland.pdf (zuletzt abgerufen 29.09.21)

DAAD/DZHW (2021): Wissenschaft weltoffen 2021

edX (2021): Master’s Degrees on edX. https://www.edx.org/masters (zuletzt
abgerufen 27.09.2021)

European Commission (2020): Survey on the impact of COVID-19 on European
Universities; https://ec.europa.eu/programmes/erasmus-
plus/sites/default/files/coronavirus-eui-impact-results-may2020_en.pdf (zuletzt
abgerufen 29.09.21)

Nature (2021): Scientists want virtual meetings to stay after the COVID
pandemic; https://www.nature.com/articles/d41586-021-00513-1 (zuletzt
abgerufen 29.09.21)

Online Pedagogical Resources for European Universities (OpenU). Abgerufen
unter: https://www.openu-project.eu/ (zuletzt abgerufen 27.09.2021)

Pitchbook (2021): https://pitchbook.com/data (zuletzt abgerufen 01.07.2021)

SVR - Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration
(2017): Vom Hörsaal in den Betrieb? Internationale Studierende beim
Berufseinstieg in Deutschland.

Statistisches Bundesamt (2021): Studierende an Hochschulen, Fachserie 11 Reihe
4.1, Sommersemester 2020; https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-
Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Publikationen/Downloads-
Hochschulen/studierende-hochschulen-endg-
2110410217005.xlsx?__blob=publicationFile (zuletzt abgerufen 29.09.2021)

Stifterverband/McKinsey (2020): Hochschulen, Corona und jetzt?

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Herausgeber
Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
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www.stifterverband.org

Inhaltliche Leitung und Ansprechpartner
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Julia Klier, McKinsey & Company

Projektteam Stifterverband
Volker Meyer-Guckel . Eike Schröder . Felix Süßenbach . Mathias
Winde

Projektteam McKinsey & Company
Sebastian Buck . Solveigh Hieronimus . Julia Klier
Julian Kirchherr . Mathias Keller . Moritz Metzger
Neslihan Sönmez . Frederik Schulze Spüntrup

Redaktion
Kirsten Best-Werbunat, Nadine Gerold

Titelbild
istockphoto/franckreporter

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