GUTE RENTE FÜR ALLE IN SICHT? - IG Metall

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GUTE RENTE FÜR ALLE IN SICHT? - IG Metall
Sopo-Info:
Bundestagswahl
2021

GUTE RENTE FÜR ALLE IN SICHT?
Wahlaussagen der Parteien zu den rentenpolitischen Forderun-
gen der IG Metall
Trotz der Einführung einer Grundrente, Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente, der Halteli-
nie beim Rentenniveau (bis 2025) und der abschlagsfreien Rente nach 45 Versicherungsjahren bleiben
die Weichen in der Rentenpolitik falsch gestellt. Nach geltendem Recht wird das Rentenniveau nach
2025 wieder sinken und die Regelaltersgrenzen werden weiter steigen. Weder Betriebsrenten noch die
privaten Renten werden die Lücken in der gesetzlichen Rentenversicherung schließen können. Zu-
gleich erzeugt der Strukturwandel am Arbeitsmarkt neue Sicherungsrisiken im Alter. Niedrigeinkom-
men, unstete Erwerbsverläufe und Arbeitslosigkeit lassen Altersarmut zur Bedrohung für immer mehr
Menschen werden. Die künftige Bundesregierung ist gefordert, wieder allen eine reale Perspektive auf
ein auskömmliches Leben im Alter zu geben.

Die politischen Debatten in Deutschland zur Ren-        bei guten Arbeits- und Entgeltbedingungen,
tenpolitik werden seit Jahren aus der Perspektive       wodurch Erwerbsminderung vorgebeugt und
der Beitragshöhe geführt: die solidarische Siche-       dank höherer Beitragszahlungen ein entspre-
rung des Einkommens im Alter und bei Erwerbs-           chend höherer Rentenanspruch erworben wird.
minderung darf nicht zu viel kosten. Das ist der fal-   Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Erziehungs- und
sche Ansatz. Es ist Zeit für einen Kurswechsel in       Sorgearbeit, Krankheiten und Qualifizierungszei-
der Alterssicherungspolitik. Nicht möglichst niedri-    ten müssen im Hinblick auf das Alterseinkom-
ge Beitragssätze für Arbeitgeber bei gleichzeitig       men berücksichtigt werden. Schließlich muss
hohen Zusatzbelastungen durch Privatvorsorge für        das Rentenniveau wieder auf die Höhe von etwa
die Beschäftigten, sondern auskömmliche Renten          53 Prozent angehoben werden. Basis der Finan-
sind Sicherungsaufgabe des Sozialstaats.                zierung sind gemeinsame Beiträge von Be-
Das Rentenkonzept der IG Metall setzt entspre-          schäftigen und Arbeitgebern. Insbesondere die
chend beim Menschen an: ein reiches Land kann           nicht beitragsgedeckten Leistungen müssen von
und muss sich ein Rentensystem leisten, dass den        Steuern getragen werden. Jede Verlagerung der
Lebensstandard sichert und sozialen Abstieg             Finanzierung allein auf Beschäftigte lehnt die IG
ebenso verhindert wie Altersarmut. Das beginnt          Metall strikt ab.

  IG Metall Vorstand, FB Sozialpolitik         www.sopo-info.de                        @sopo_info
GUTE RENTE FÜR ALLE IN SICHT? - IG Metall
bensjahr monatlich aus Steuermitteln Geld in
                                                       einen Fonds fließen, der das Geld anlegt. Zur Hö-
Union, SPD und Grüne wollen die gesetzliche            he des Monatsbeitrags und zur Finanzierung sagt
Rente auf derzeitigem Stand erhalten. Während          das Programm nichts. Die Grünen wollen die
die Union sämtliche Wahlaussagen unter einen           Riester-Rente durch einen öffentlich verwalteten
Finanzierungsvorbehalt stellt, sprechen sich           Bürgerfonds ersetzen, in den alle einzahlen,
SPD und Grüne explizit dafür aus, das bestehen-        wenn sie nicht aktiv widersprechen. Der Bürger-
de Rentenniveau über 2025 hinaus zu stabilisie-        fonds soll auf Garantien verzichten und an den
ren. Die Linke spricht sich für eine deutliche An-     Finanzmärkten investieren. Die SPD setzt auf ein
hebung des Rentenniveaus und gegen einen               standardisiertes Produkt für die private Vorsor-
Ausbau kapitalgedeckter Elemente in der Alters-        ge.
sicherung aus.
                                                       FDP, Union und Grüne folgen in dieser Frage zwar
Ganz im Gegensatz dazu will die FDP mit ihrer          unterschiedlichen Ansätzen, gemeinsam ist
„enkelfitten Aktienrente“ das Umlagesystem             ihnen aber das „Ja“ zu mehr Kapitaldeckung und
einschränken und die Kapitaldeckung aus-               mehr Risiko. Dass die private Vorsorge in
bauen. Dafür soll ein Teil des Beitrages zur ge-       Deutschland gescheitert ist, ist offensichtlich.
setzlichen Rentenversicherung nicht in das Um-         Die Parteien sollten sich endlich von der Illusion
                                                                   befreien, dass die Kapitaldeckung de-
                                                                   mografieresistent wäre. Wenn die Le-
                                                                   benserwartung steigt, muss das ange-
                                                                   sparte Kapital auf mehr Jahre aufge-
                                                                   teilt werden. Die monatlichen Zahlun-
                                                                   gen schrumpfen. Ganz zu schweigen
                                                                   von der Verteilungswirkung: am Ende
                                                                   tragen die Beschäftigten die Beitrags-
lagesystem fließen, sondern in einen Fonds. Vor-       last in diesen Systemen allein.
geschlagen werden zwei Prozent des Bruttoein-          Die IG Metall sieht daher nicht im Ausbau der pri-
kommens. Dieses Geld soll mit der Hoffnung auf         vaten Vorsorge die Perspektive, sondern in einer
hohe Renditen an den Finanzmärkten angelegt            Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung.
werden. Das Konzept ist eine in der Geschichte         Als Ergänzung dazu fordert die IG Metall eine ar-
der Bundesrepublik beispiellose Wette auf hohe         beitgeberfinanzierte Betriebsrente für alle. Be-
Gewinne am Aktienmarkt. Auch Grüne und Union           kenntnisse zur Betriebsrente gibt es bei allen
wollen über unterschiedliche Wege kapitalge-           Parteien. Wie die Verbreitung erhöht und die Fi-
deckte Elemente in der Altersvorsorge aus-             nanzierung gesichert werden kann, dazu fehlen
bauen: So will die Union Kriterien für ein Stan-       konkrete Konzepte. Einzelne Forderungen der IG
dardvorsorgeprodukt für die private Vorsorge           Metall werden allerdings aufgegriffen: So etwa
festlegen, das verpflichtend für alle ist – es sei     Forderungen zur Verbesserung beim Jobwechsel
denn sie widersprechen. Zusätzlich wollen die          (Union), Abschaffung der Doppelverbeitragung
Unionsparteien die Einführung einer sogenann-          (SPD) oder die Stärkung der Arbeitgeberfinanzie-
ten „Generationenrente“ prüfen. Dabei würde für        rung (Linke).
jedes neugeborene Kind bis zu seinem 18. Le-

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Angefeuert von sogenannten „unabhängigen Ex-
                                                             perten“ ist aktuell eine erneute Debatte um das
                                                             Rentenalter entbrannt: da die Menschen immer
                                                             älter würden, müsste auch das Renteneintrittsal-
                                                             ter auf zunächst 68 Jahre weiter angehoben wer-
                                                             den. Tatsache jedoch ist: viele Beschäftigte er-
Höhere Beitragseinnahmen und eine gerechtere                 reichen sogar das frühere Rentenalter 65 nicht
Finanzierung der Tragelasten wären unter ande-               gesund, geschweige denn 67. Für sie wäre eine
rem durch die Erweiterung des Versichertenkrei-              weitere Erhöhung des Rentenalters eine zusätzli-
ses auf Beamte, Freiberufler, Selbstständige und             che Rentenkürzung. Die IG Metall ist vehement
Parlamentarier zu erreichen. Daher fordert die IG            gegen eine Erhöhung des Rentenalters. Im Ge-
Metall die Einführung einer Erwerbstätigenversi-             genteil: bereits die Erhöhung auf 67 war eine der
cherung. Das unterstützen SPD und Linkspartei.               schwerwiegendsten sozialpolitischen Fehlent-
Ähnlich die Grünen, die von einer Bürgerversi-               scheidungen der letzten Jahre. Es braucht viel-
cherung sprechen, in die sie perspektivisch alle             mehr ein realistisch erreichbares Rentenalter so-
einbeziehen wollen. In einem ersten Schritt sol-             wie passgenau und sozial abgesicherte Über-
len unversorgte Selbstständige und Abgeordnete               gänge in den Ruhestand. Die Parteien wissen um
einbezogen werden.                                           die starken gesellschaftlichen Widerstände. Kei-
                                                             ne Partei bekennt sich offen zu einer Erhöhung.
                                                             Jedoch machen Union und vor allem die FDP
Die Absicherung von Geringverdienern, Men-                   deutlich, dass für sie Beitragsstabilität und Kos-
schen mit unsteten Erwerbsverläufen und mit                  tenbegrenzung Priorität genießen. Die aktuelle
Zeiten der Arbeitslosigkeit, ist eine wichtige Auf-          schrittweise Erhöhung des Rentenalters wird le-
gabe. Nötig ist etwa die Aufwertung niedriger Ein-           diglich von der Linken kritisiert.
kommen. Die jetzt eingeführte Grundrente wird
dem nicht gerecht. Die Union hat mit ihren Forde-
rungen zur Verwässerung beigetragen. Für die                 Anknüpfungspunkte für den Kurswechsel hin zu
neue Legislaturperiode macht die Union nur vage              einer guten Rente für alle und einer solidari-
Aussagen, SPD, Grüne und Linke stellen eine                  schen Finanzierung, finden sich nur in Teilen.
Stärkung der Absicherung nach unten in Aussicht              SPD, Grüne und Linke gehen Schritte in Richtung
und die FDP verfolgt mit ihrer Basisrente einen              einer Erwerbstätigenversicherung. SPD, Grüne
Ansatz zur Senkung der Leistungen der gesetzli-              und Linke wollen das Rentenni-
chen Rentenversicherung.                                     veau stabilisieren und die Linke
                                                             es perspektivisch anheben. Uni-
                                                             on, FDP und Grüne setzen ver-
                                                             stärkt auf Kapitaldeckung.

  IMPRESSUM
  IG Metall, Wilhelm-Leuschner-Str. 79, 60329 Frankfurt, vertreten durch den Vorstand, 1. Vorsitzender: Jörg Hofmann,
  V.i.S.d.P / Verantwortlich nach § 55 Abs. 2 RStV: Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Redakti-
  on FB Sozialpolitik: Christoph Ehlscheid, Katharina Grabietz, Jan-Paul Grüner, Stefanie Janczyk, Sebastian Kramer

  www.sopo-info.de               @sopo_info
Rentenpolitik: Das meinen die Parteien zu wesentlichen Forderungen der IG Metall
IG METALL                     UNION                              SPD                                 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN             DIE LINKE                         FDP
Erwerbstätigenversicherung    Selbstständige ohne Absiche-       Alle in die gesetzliche Renten-     Gesetzliche Rentenversiche-         Erwerbstätigenversicherung      Ablehnung
                              rung in gesetzlicher Rentenver-    versicherung, Sondersysteme         rung schrittweise in Bürgerver-
                              sicherung                          überwinden                          sicherung umwandeln
                                                                                                                                                                                      
                                                                                                                 
Stärkung der gesetzlichen     Keine Stärkung oder Schwä-         Stabilisierung des Rentenni-        Stabilisierung des Rentenni-      Stärkung der gesetzlichen         Schwächung der gesetzlichen
Rente und Anhebung des        chung, aber Kassensturz nach       veaus, keine Anhebung               veaus, keine Anhebung             Rente                             Rente zugunsten Aktienmarkt-
Rentenniveaus auf etwa 53%    Wahl und vorrangiges Ziel der
                                                                                                                                                                        rente
                              Beitragssatzstabilität
                                                                                                                                                                                     
                                            
Private Vorsorge              Vorsorge durch Standardpro-        Riester entbürokratisieren, frei-   Vorsorge im Bürgerfonds aus       Riester abwickeln, eingesparte    Schwerpunkt auf Ausbau der
                              dukt aus Einkommen der Be-         williges Standardprodukt ein-       Einkommen der Beschäftigten       Zulagen in gesetzliche Rente,     privaten Vorsorge
                              schäftigten für alle, mit Wider-   führen                              für alle, mit Widerspruchsmög-    keine Kapitaldeckung
                              spruchsmöglichkeit                                                     lichkeit
                                                                                                                                                                                      
                                                                                                                 
Arbeitgeberfinanzierte Be-    Einige Verbesserungen              Einige Verbesserungen               Betriebe sollen Finanzierungs-    Überwiegend arbeitgeberfinan-     Reine Beitragszusage, Einbe-
triebsrente für alle                                                                                 beitrag leisten. „Kleine Unter-   zierte Betriebsrente durch ver-   zug ganzer Belegschaften in
                                                                                                     nehmen“ sollen nur noch reine
                                                                                                   Beitragszusage anbieten
                                                                                                                                       bindliche tarifvertragliche Re-
                                                                                                                                       gelungen
                                                                                                                                                                         Entgeltumwandlung (Opt-Out
                                                                                                                                                                         für den Einzelnen)

                                                                                                                                                                                     
Gesicherte Altersübergänge,   Ja zur Rente mit 67                Ja zur Rente mit 67                 Ja zur Rente mit 67               Nein zur Rente mit 67             Flexibilisierung des Rentenal-
ATZ verbessern,                                                                                                                                                          ters (führt zu Anhebung bzw.
Ja zur Rente mit 63 und
                                                                                                                                                                     Rentenkürzung)
Nein zu Rente ab 67
                                                                                                                                                                                       
Armutsvermeidung:             Nur vage Aussagen                  Status quo Grundrente               Garantierente                     Solidarische Mindestrente         Reduzierung der Leistungen der
niedrige Einkommen aufwer-                                                                           (anderes Konzept)                 (etwas anderer Ansatz)            gesetzlichen Rente,
ten
                                                                                                                                                                       Basisrente

                                                                                                                                                                                     
Verbesserungen für Er-        Verbesserungen für Bestands-       Vage Verbesserungen für             Keine Aussage                     Zugang erleichtern, Zurech-       Sehr vage Aussage
werbsgeminderte: Zugang       rentner bei Zurechnungszeiten      Erwerbsgeminderte                                                     nungszeiten rauf, Abschläge
erleichtern, Zurechnungs-
                                                                                                                                      weg
                                                                                                                                                                                       
zeiten rauf, Abschläge weg
                                                                                                                                                  

IG Metall Vorstand, FB Sozialpolitik                                                                                                             www.sopo-info.de                    @sopo_info
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