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} Winfreid Hermann Deutscher Bundestag Platz der Republik 1 11011 Berlin K (030) 227 – 74518 Bärbel Höhn Thilo Hoppe x x winfried.hermann@bundestag.de baerbel.hoehn@bundestag.de Markus Kurth x thilo.hoppe@bundestag.de x Jürgen Trittin x markus.kurth@bundestag.de juergen.trittin@bundestag.de Berlin, den 30.07.2007 __ Liebe Freundinnen und Freunde, in den letzten Tagen hat es Kritik an der Verabschiedung des Positionspapiers „Grüne Marktwirtschaft“ in der Bundestagsfraktion gegeben. Da wir den Beschluss aus Überzeugung mitgetragen haben, wollen wir Euch unser Abstimmungsverhalten kurz erläutern. __ Trotz der Namensgleichheit handelt es sich nicht um das ursprünglich von einer AutorInnengruppe um Matthias Berninger vorgelegte Papier, sondern um einen vollständig neugefassten und weiterentwickelten Text, in den auch viel aus unserem AutorInnenpapier „Grüne Wirtschaftspolitik: Mehr als nur Markt“ eingeflossen ist. Bei der Überarbeitung wurden zahlreiche Anregungen aus der Fraktion und von der Basis aufgegriffen und Kritikpunkte am ursprünglichen Entwurf ausgeräumt. In „Mehr als Markt“ hatten wir die Orientierung grüner Wirtschaftspolitik an den Zielen ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und internationaler Solidarität betont und „Grüne Marktwirtschaft“ in diesem Sinne als ökologische und soziale Marktwirtschaft definiert. Diese Werteorientierung kommt auch in dem Fraktionsbeschluss zum Ausdruck Klarer als im Ausgangstext wird jetzt die Aufgabe des Staates herausgestrichen, dem Markt Grenzen zu setzen – ökologisch, demokratisch und sozial. Verteilungsgerechtigkeit wird deutlich als Ziel unserer Politik benannt und mit entsprechenden Maßnahmen (Anhebung Spitzensteuersatz, höhere Erbschaftssteuern) unterlegt. Besonders auffällig sind die Änderungen im internationalen Teil, wo Globalisierungskritik und das Erfordernis wirkungsvollerer Regulierung von Handel und Finanzmärkten schärfer herausgearbeitet ..2 Wahlkreisanschrift: Goebenstraße 51, 46045 Oberhausen, K (0208) 443 42 11 , M (0208) 828 78 66, x baerbel.hoehn@wk.bundestag.de
werden. Eine Übersicht über einige besonders markante Verbesserungen des Papiers findet Ihr in der Anlage. Insgesamt erscheint uns der Text eine gute Zusammenfassung wichtiger grüner Vorstellungen in der Wirtschaftspolitik mit ihren vielfältigen Bezügen zur Umwelt- und Verbraucher-, Sozial-, Finanz- und Entwicklungspolitik. Deshalb haben wir dem Papier zugestimmt. Dabei ist uns bewusst, dass ein so breit angelegter Text nie vollständig sein kann und dass die Debatte um „Grüne Marktwirtschaft“ mit der Verabschiedung des Papiers in der Fraktion keineswegs zu Ende ist. Im Vorfeld der BDK sind wir alle aufgefordert, diese Diskussion weiter voran zu treiben. Mit freundlichen Grüßen Winfried Hermann – Bärbel Höhn – Thilo Hoppe – Markus Kurth – Jürgen Trittin ..3
Anhang: 1. Anfängliche Kritikpunkte, die in dem Fraktionsbeschluss „Grüne Marktwirtschaft“ ausgeräumt wurden y Anschein übertriebener Marktgläubigkeit Viele der genannten Probleme und Herausforderungen können vom Markt allein nicht gelöst werden. Sich selbst überlassen sind Märkte sowohl ökologisch als auch in sozialer Hinsicht blind. Das ist der Grund des offensichtlichen Scheiterns der neoliberalen Ideologie und Praxis. (S. 3) Märkte und Wettbewerb sind für uns kein Fetisch. Sie sind, wenn sie funktionieren, wichtige Instrumente zur effizienten Umsetzung politisch gesetzter Ziele. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. (S. 3) Es ist die Aufgabe des Staates dafür zu sorgen, dass Marktversagen verhindert wird. (S. 3) Wenn wir die oben beschriebenen Herausforderungen meistern wollen, müssen wir jenseits von neoliberaler Marktvergötterung und altlinker Überschätzung staatlicher Planungs- und Steuerungsfähigkeit nach den neuen Rahmenbedingungen fragen, die funktionierende Märkte der Zukunft brauchen. (S. 4) Wir wollen einen starken Staat, der die richtigen Rahmenbedingungen für Märkte national und international auch durchsetzen kann. (S. 8) y Missverständliche Formulierung zur „unsichtbaren Hand des Marktes“ Die unsichtbare Hand des Marktes, die in Adam Smiths Metaphorik dafür sorgt, dass sich Eigeninteresse und Allgemeininteresse decken, kann nur funktionieren, wenn staatliche Ordnungssysteme zur Regulierung von Märkten bestehen. y Fehlende Wachstumskritik Grüne Marktwirtschaft ist nicht blindem, rein quantitativem Wachstum verpflichtet. Wir fragen, was wächst und wozu es wächst. Wir fragen, ob das Wachstum zu Lasten der Zukunft geht. Und wir fragen, ob unser Wachstum zu Lasten anderer Länder geht oder nicht. (S. 5) y Ausblenden der Verteilungsgerechtigkeit Grüne Marktwirtschaft ist immer auch soziale Marktwirtschaft. Sie geht von dem Grundsatz aus, dass wirtschaftlicher Fortschritt allen zugute kommen muss und nicht nur einigen wenigen. Deshalb gehört zum Kern grüner Marktwirtschaft neben Zugangschancen zu Arbeit, Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe auch die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstands – und zwar für beide Geschlechter. (S. 4, Übernahme von „Mehr als Markt“) Märkte produzieren sich selbst überlassen keine sozial gerechten Ergebnisse, weil sie neben Wohlstand auch Armut und soziale Ausgrenzung hervorbringen. Der Staat muss hier für einen Rahmen sorgen, der die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich überwindet und ..4
soziale Gerechtigkeit im Sinne der verschiedenen Aspekte eines modernen Gerechtigkeitsbegriffs schafft. (S. 4) Das Prinzip „starke Schultern tragen mehr“ soll durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent, der die kalte Progression für mittlere Einkommen berücksichtigt, gewährleistet werden. So können für eine bessere Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme und von sozialen Infrastrukturen Spielräume geschaffen werden. (S. 34, inhaltliche Übernahme „Mehr als Markt“) Erbschaft- und Schenkungsteuer wollen wir gerechter und diskriminierungsfrei ausgestalten. Große Erbschaften und Schenkungen sollen künftig einen höheren Beitrag zum Allgemeinwohl leisten. (S 35) Ein globaler Ordnungsrahmen fehlt, der geeignet wäre, den Kampf gegen Hunger … effektiv zu unterstützen … und für die gerechte Verteilung der Globalisierungserträge zur sorgen. (S. 36) y Unklare Forderung zum Mindestlohn Deshalb wollen wir eine allgemeine Lohnuntergrenze sowie regional- und branchenspezifisch differenzierte Mindestlöhne, um Lohndumping auf Kosten der Beschäftigten zu verhindern. (S. 5) Erwerbsarbeit braucht auch faire Rahmenbedingungen. Deshalb wollen wir eine allgemeine Lohnuntergrenze sowie regional- und branchenspezifisch differenzierte Mindestlöhne, um Lohndumping auf Kosten der Beschäftigten zu verhindern. Es muss eine Mindestlohn- Kommission eingerichtet werden, um Empfehlungen für Mindestlohnhöhen zu erarbeiten, die dann für verbindlich erklärt werden. Zusätzlich wollen wir die Ausweitung des Arbeitnehmer- Entsendegesetzes auf alle Branchen erreichen und die Hürde für Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen wieder absenken. Damit stellen wir sicher, dass einerseits mit einer Vollzeitbeschäftigung ein existenzsicherndes Einkommen erzielt werden kann. (S. 14) y Fehlende Aussage zur Bürgerversicherung Das Gesundheitssystem wollen wir auf eine breitere finanzielle Grundlage stellen, indem auch Bezieher hoher Gehälter und Vermögenseinkommen in den Solidarausgleich eingebunden werden. In die grüne Bürgerversicherung werden auch die heute häufig schlecht abgesicherten Selbständigen einbezogen. (S. 14) y Zu wenig Differenzierung bei Privatisierung Die Privatisierung von Teilaufgaben kann sinnvoll sein, es fehlt aber auch nicht an Negativbeispielen. Privatisierung darf nicht bedeuten, dass die Grundverantwortung des Staates für öffentliche Güter aufgegeben wird oder dass Gewinne privatisiert, Verluste aber auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. (S. 7, Übernahme „Mehr als Markt“) y Idealisierung von Freihandel Weder Abschottung noch Freihandelsideologie können als Richtschnur für eine gerechte Entwicklung der Weltwirtschaft dienen. (S. 36, Übernahme „Mehr als Markt“). ..5
Die Entwicklungsländer müssen die Möglichkeit haben, sowohl ihren Agrarsektor vor Dumping-Importen als auch ihre von einem niedrigen Niveau aus wachsenden Industrien vor übermächtiger Konkurrenz zu schützen. (S. 37, modifizierte Übernahme „Mehr als Markt“) Entwicklungsländer wollen wir dabei unterstützen, kurzfristige Kapitalzu- und -abflüsse zu begrenzen, die die Stabilität des einheimischen Finanzsystems bedrohen. (S. 38, Übernahme „Mehr als Markt“) y Fehlende Globalisierungskritik Ein globaler Ordnungsrahmen fehlt, der geeignet wäre, den Kampf gegen Hunger und ökologische Zerstörung effektiv zu unterstützen, die Einhaltung der grundlegender Menschenrechte im Wirtschaftsprozess sicherzustellen und für die gerechte Verteilung der Globalisierungserträge zur sorgen. Ohne einen solchen Ordnungsrahmen wird die internationale Konkurrenz der Standorte zu einem endlosen Dumping-Wettbewerb um die niedrigsten Löhne, die schlechtesten Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen und die geringsten Auflagen für die Umwelt. (S. 36) y Keine Aussage zur Tobinsteuer Für die Finanzierung der Entwicklungsaufgaben und der Bearbeitung globaler Umweltprobleme halten wir eine Flugticketabgabe, die Kerosinsteuer und eine Steuer auf Finanztransaktionen für sinnvoll. (S. 37) 2. Weitere Verbesserungen: Die althergebrachte Doppelstruktur von gesetzlicher und privater Krankenvollversicherung, die es in Europa nur noch in Deutschland gibt, wollen wir überwinden. Das Sonderrecht der privaten Krankenversicherer sich auf „gute“ Risiken zu konzentrieren, ist Risikoselektion unter dem Deckmantel Wettbewerb. (S. 28) Deshalb machen wir uns für einen sozialen Arbeitsmarkt stark. Wir wollen ein verlässliches Segment öffentlich geförderter Beschäftigung für diese Gruppe von etwa 400.000 Langzeitarbeitslosen. (S. 13) Die Dynamik der Ökologisierung unserer Wirtschaft kann und muss beschleunigt werden. Dazu gilt es, ambitionierte ordnungsrechtliche Vorgaben durchsetzen und erprobte marktwirtschaftliche Instrumente weiter zu entwickeln, …(S. 11) Das unübersichtliche, durch Richterrecht geprägte deutsche Arbeitsrecht muss durch die Vorlage eines einheitlichen Arbeitsgesetzbuchs vereinfacht werden, ohne die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einzuschränken. (S. 20f) Mitarbeiter. Bestandteil einer modernen Unternehmenskultur ist es deshalb, MitarbeiterInnen auch über die bestehenden Mitarbeiterrechte hinaus systematisch in Unternehmensentschei- dungen einzubinden und sie am Erfolg teilhaben zu lassen. (S. 7) Der Kostenwettbewerb der vergangenen Jahre, der dazu geführt hat, dass viele unser Land mit einem Standort verwechselt haben, muss zu einem Wettbewerb um Innovationen werden. (S. 6)
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