Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!

 
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Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Parité in den Parlamenten:
Ein demokratisches Muss!

Internationaler Frauentag 2018 - Macht_Frau_Politik
Wo stehen wir nach 100 Jahren Frauenwahlrecht?

Veranstaltung der Gleichstellungsstelle der Landeshauptstadt München in
Kooperation mit DGB Frauen München und Stadtbund Münchner Frauenverbände
Münchner Gasteig, Kleiner Konzertsaal am 8. März 2018

Prof. Dr. Silke R. Laskowski, Universität Kassel
E-Mail: Laskowski@uni-kassel.de
Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Worum geht es?

“ Endlich Halbe/Halbe!
Frauen haben ein selbstverständliches Anrecht
auf Teilhabe an politischer und wirtschaftlicher Macht.
Erst wenn das Ziel erreicht ist, sind wir in Deutschland
in guter Verfassung.“

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jutta Limbach (1934-2016), 2014:
Erste und bislang einzige Präsidentin des BVerfG,
Justizsenatorin in Berlin (SPD), Universitätsprofessorin Berlin   2
Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
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Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Bundestag, Landtage, Kommunen
• Bundestag 2017-2021: 30,7 % Frauen, „AfD, FDP,
  CDU/CSU-Effekt“ ; bis 2017: 36,5 % „FDP-Effekt“!
• Länderparlamente: ca. 30 % Frauen
• Ausnahme BW 24,5 %; bis 2016: 18 % Frauen
   •     Wahlrecht ohne Kandidatenlisten, nur Direktmandate!
   •     Größter Gender Pay Gap: 27 %!
• Kommunen: bundesweit ca. 25 % Frauen
 • Landrätinnen: ca. 9,5 %
 • Bürgermeisterinnen: ca. 10 %
 • Oberbürgermeisterinnen: Anteil sinkt
                                                                                               4
„Verfassungsbruch in Permanenz“ (E. Selbert, 1981)
Helene Weber Kolleg/Lukoschat/Belscher, Studie „Frauen führen Kommunen“, i.A.d. BMFSFJ, 2014
Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Dr. jur. Elisabeth Selbert (SPD) 1896-1986
v 1948/49 als SPD-Abg. im Parlamentarischer Rat (PR)
v Mutter des Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz (GG) und der
  „Waschkörbeaktion“ westdeutscher Trümmerfrauen !
v Erst 18.1.1949: Art. 3 Abs. 2 GG „Männer und Frauen
  sind gleichberechtigt“; Widerstand der 61 Männer im PR;
  erst nach Protest von Frauenverbänden/Trümmerfrauen
  wird Grundrecht der Gleichberechtigung von Frauen und
  Männern in GG aufgenommen

 „Die mangelnde Heranziehung von Frauen zu öffentlichen Ämtern
  und ihre geringe Beteiligung in den Parlamenten
  ist doch schlicht Verfassungsbruch in Permanenz.“            5
                                  (Elisabeth Selbert, 1981)
                                                               5
Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
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Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Gleichberechtigte demokratische Teilhabe von
 Frauen durch Wahlen – neue Forderung ?
Nein, in Deutschland seit mehr als 100 Jahren bekannt ....
§ 1911: 1. Int. Frauentag, Clara Zetkin u.a.;Frauendemo, in Berlin 45.000
  Teilnehmerinnen an „Volksversammlungen“, Forderung: Frauenwahlrecht
§ 12.11.1918: Aktives u. passives Wahlrecht von Frauen in Deutschland
  („Novemberrevolution/Rat der Volksbeauftragten“: SPD, USPD)
§ 1919: Wahl Nationalversammlung, Frauenanteil: 9,4 %
§ 1933-1945: NS, faktische Aberkennung des passiven Wahlrechts v. Frauen
§ 1948/49: Parl. Rat: Dr. Elisabeth Selbert, SPD: Art. 3 Abs. 2 GG !
§ 1949-1963: Adenauer, nur Männer inkl. Alt-Nazis, erst 1961 erste Ministerin
§ 1972: BT Frauenanteil 5,8 % (erst 1977: Streichung d. gesetzl. Zustimmungs-
  erfordernisses d. Ehemanns zur Erwerbstätigkeit der Ehefrau)
§ 1991-1993: Komm. GG/1994, Limbach, Hohmann-Dennhardt, Peschel-Gutzeit,7
  Alm-Merck (alle SPD), Süßmuth (CDU): Art. 3 Abs. 2 S. 2 GG = staatl. Förder-
  u. Durchsetzungsgebot (BVerfG 1992); Forderung e. Wahlrechtsänderung ...
Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Gleichberechtigte politische Teilhabe von
Frauen durch Wahlen, 1919

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Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
Es geht um…
  Gleichberechtigung und Demokratie
u Repräsentative Demokratie, Art. 20 GG („Volkssouveränität“)
u Gleichberechtigung von Frauen (und Männern),
  Art. 3 Abs. 2 S. 1, S. 2 GG
   u Staatlicher Förder- und Durchsetzungsauftrag, gerichtet auf die
      tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen (und Männern) in
      allen gesellschaftlichen Bereichen (GG-Änd. 1994; BVerfG 1992)

u Parteienfreiheit und demokratische Strukturen, Art. 21 GG

u Kandidatenaufstellung durch Parteien, Chancengleichheit von
  Kandidatinnen (und Kandidaten), Wahlrechtsgrundsätze,
  Art. 38 Abs. 1 GG (passive Wahlgleichheit)
Parité in den Parlamenten: Ein demokratisches Muss!
19. Deutscher Bundestag 2017-2021
CDU/CSU: 33 % (246), 19,9 % (49) Frauen, 80,1 % (197) Männer
  § CDU: 200 Sitze, davon 185 Direktmandate
  § CSU: 46 Sitze= 46 Direktm., 17,4 % (8) Frauen, 82,6 % (38) Männer
SPD: 20,5 % (153), 41,8 % (64) Frauen, 58,2 % (89) Männer
FDP: 10,7 % (80), 23,8 % (19) Frauen, 76,2 % (61) Männer
Grüne: 8,9 % (67), 58,2 % (39) Frauen, 41,8 % (28) Männer
Linke: 9,2 % (69), 53,6 % (37) Frauen, 46,4 % (32) Männer
AfD: 12,6 % (92), 10,8 % (10) Frauen, 89,2 % (82) Männer
   • 2 MdB (Ex-AfD) franktionslos: 1 Frau, 1 Mann
•   709 Abgeordnete: 30,7 % (218) Frauen, jetzt 30,9 % (219), 69,1 % Männer (490)
•   Wahlbeteiligung 76,5 %
•   61,5 Mio Wahlberechtigte, 31,7 Mio Frauen = 51,5 %
•   (29,9 Mio Männer = 48,5 % )                                                     10
• „Verfassungsbruch in Permanenz", Dr. iur. Elisabeth Selbert 1981
Nominierung von Kandidatinnen: BT-Wahl 2017
 • Frauenanteil an insg. 4.828 Kandidatinnen und Kandidaten
   bundesweit: 29 %
 • Frauenanteil auf den 272 Wahllisten von 34 Parteien: 31,7 % =
   1.249 Frauen
   • Besonders wenig Kandidatinnen bei der CSU, so wenig wie vor
     15 Jahren: 22 % (20) Frauen, 78 % (56) Männer
   • Besonders viele bei Bündnis 90/Die Grünen
 • Frauenanteil in Wahlkreisen (Direktmandate): 25 %
 • Problem: Nominierungsverfahren der Parteien im Vorfeld der
   Wahlen („Wahlorganisationsrecht“)
   • Paritätische Satzungsregeln für Kandidatenlisten nur z.T.
     vorhanden: Grüne, Linke, SPD („mind. 40 %“)
                                                                   11
   • Paritätische Satzungsregelungen für Direktmandate fehlen
   • > Paritätische Kandidatenlisten allein nicht ausreichend
BVerfG v. 1.4.2015, 2 BvR 3058/14
 (Nichtannahmebeschluss)

§ „Strukturelle Benachteiligung von Frauen in der
  Politik“ (Rn. 24)

§ Bezugnahme auf KG Berlin, Beschl. v. 24.11.2014
  – 4 W 55/14

                                                    12
Günther Verheugen, SPD (Ex-FDP), 1980

§ „(...) das krasse Missverhältnis zwischen
  männlicher und weiblicher Repräsentanz in den
  Parlamenten ist ja nicht das Ergebnis einer
  entsprechenden Wahlentscheidung, sondern es
  kommt daher, dass Frauen bei der Aufstellung von
  Wahlbewerbern bereits diskriminiert sind.
§ Dies und die daraus resultierenden Folgen
  widersprechen dem Grundsatz der
  Gleichberechtigung und der Chancengleichheit.“

Dt. Frauenrat (Hrsg.), Mehr Frauen in die Parlamente, Sonderheft 4 1980, S. 15f.   13
Repräsentative Demokratie und
 Volkssouveränität - Rspr. BVerfG
- Der im Demokratiegebot in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG verankerte
  Grundsatz der Volkssouveränität setzt voraus, dass das Volk, d.h. die
  Bürgerinnen und Bürger, „einen effektiven Einfluss auf die Ausübung
  der Staatsgewalt“ hat, und zwar “außer durch Wahlen und
  Abstimmungen, (auch) durch besondere Organe der Gesetzgebung,
  der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung“.
  -„Deren Akte müssen sich daher auf den Willen des Volkes“, d.h. der
  Bürgerinnen und Bürger, zurückführen lassen.
„Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG gestaltet den Grundsatz der Volkssouveränität aus. Er legt fest, daß
 das Volk die Staatsgewalt, deren Träger es ist, außer durch Wahlen und Abstimmungen durch
 besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung
 ausübt. Das setzt voraus, dass das Volk einen effektiven Einfluß auf die Ausübung der
 Staatsgewalt durch diese Organe hat. Deren Akte müssen sich daher auf den Willen
 des Volkes zurückführen lassen …“                BVerfGE 83, 60, 71
BVerfG Urt. v. 17.1.2017, 2 BvB 1/13 (NPD)

§ „Unverzichtbar für ein demokratisches System
  sind die Möglichkeit gleichberechtigter
  Teilnahme aller Bürgerinnen und Bürger am
  Prozess der politischen Willensbildung und
§ die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt
  an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG).“
                                    (LS 3b, Rn. 543)

                                                       15
„… (es ist) die Aufgabe der Wahl, ein Repräsentationsorgan zu
  schaffen, das die wesentlichen politischen Strömungen im Volk
                                                        abbildet.“

                        BVerfGE 95, 335, 369 - „Überhangmandate II“ 1997

Werden die gesellschaftspolitischen Strömungen der
wahlberechtigten Bürgerinnen (51,5 %) derzeit im Parlament
abgebildet?

- NEIN, denn ihre gesellschaftspolitischen Perspektiven,
Prioritäten und Interessen haben mangels Repräsentation kein
Gewicht im Parlament!

- Werden (Gleichstellungs-)Themen, die besonders für Frauen
von Bedeutung sind, vom Parlament aufgegriffen? Wie?
Unterrepräsentanz von Frauen - Auswirkungen
auf die Qualität politischer Entscheidungen
 • Politikwissenschaftliche Erkenntnisse:
 • Subjektiver Erfahrungshintergrund der Abg. maßgeblich
 • Immer wieder mittelbare, strukturell diskriminierende
   politische / gesetzliche Entscheidungen (BVerfG)
 • Pflichtwidriges Unterlassen durch Gesetzgeber seit 68 Jahren:
   Entgeltdiskriminierung von Frauen, 2017 erstmals
   „TransparenzG“: wohl untauglich (Entgeltgleichheitsgrundrecht:
   Art. 3 Abs. 2 GG; Art. 157 AEUV; Art. 23 EU-GRC), Bsp.: Birte
   Meier, Frontal 21 ./. ZDF!
 • Gender Pay Gap ca. 25 %, Tendenz ? (HH 2014: 25 %)
 • Gender Pension Gap 60 %, Altersarmut von Frauen
 • Permanente Unterfinanzierung von Frauenhäusern ... Etc.          17
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Heiner Geißler, CDU, 1980

§ „(...) die Benachteiligungen der Frauen (...) sind
  das Resultat einer Politik,

§ die sich im Wesentlichen am Mann orientiert“

Dt. Frauenrat (Hrsg.), Mehr Frauen in die Parlamente, Sonderheft 4 1980, S.   19
15f.
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Landtag Bayern 2013-2018
CSU (101): 21 Frauen (21 %), 80 Männer (79 %)
SPD (42): 18 Frauen (43%), 24 Männer (57%)
Grüne (18): 9 Frauen (50%), 9 Männer (50%)
FreieWähler (19): 3 Frauen (16 %), 14 Männer (84 %)
   ­ 2013: Wahlbeteiligung 64,5 %
o Landtag insgesamt: 180 Abgeordnete
  – 72% männliche Abgeordnete (126)
  – 28% weibliche Abgeordnete (54) !

   – „Verfassungsbruch in Permanenz“ (Selbert, 1981)
   – Popularklage BayVerfGH, 2016 (überwiegend         21
     Juristinnen, Frauenverbände, Gewerkschaften)
                                                       21
Landtag SH 2017-2022
CDU (25): 3 Frauen (12 %), 22 Männer (88 %)
SPD (21): 10 Frauen (48 %), 11 Männer (52 %)
B 90/ Grüne (10): 5 Frauen (50 %), 5 Männer (50 %)
FDP (9): 2 Frauen (22 %), 7 Männer (78 %)
AfD (5): 1 Frau (20 %), 4 Männer (80 %)
SSW (3): 1 Frau (33 %), 2 Männer (67 %)

• 73 Abgeordnete: 22 Frauen (30 %), 51 Männer (70 %)

• „Verfassungsbruch in Permanenz“ (Selbert, 1981)
                                                       22
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•! CDU 22 % (16) Frauen, 78 % (56) Männer      - B90/Grüne 50% (7) Frauen,
                                                      50 % (7) Männer
•! SPD 35 % (24) Frauen, 65 % (45) Männer
•! FDP 18 % (5) Frauen, 82 % (23) Männer
•! AfD 12,5 % (2) Frauen, 87,5 % (14) Männer

                                                                             ._*
LT Baden-Württemberg 2016 -2021
FDP (12): 8,3 % (1) Frau, 91,7 % (11) Männer
CDU (42): 16,7 % (7) Frauen, 83,3 % (35) Männer
SPD (19): 10,5 % (2) Frauen, 89,5 % (17) Männer
Grüne (47): 46,8 % (22) Frauen, 53,2 % (25) Männer
AFD (23): 13 % (3) Frauen, 87 % (20) Männer

>Spezielles WAHLRECHT: Keine Kandidatenlisten!!

• Landtag, 143 Abgeordnete:
  • 75,5 % (108) Männer
  • 24,5 % (35) Frauen ! (bis 2016: 18 % Frauen)
                                                         24
  • „Verfassungsbruch in Permanenz“ (E. Selbert, 1981)

                                                         24
LT Baden-Württemberg 2012-2016
•   FDP: 100 % Männer
•   CDU: 85 % Männer
•   SPD: 83 % Männer
•   Grüne: 69 % Männer

> Spezielles WAHLRECHT: Keine Kandidatenlisten!
• Landtag insgesamt 138 Abgeordnete:
    • 82 % männliche Abgeordnete (112)
    • 18 % weibliche Abgeordnete (26) !
    • „Verfassungsbruch in Permanenz“ (E. Selbert, 1981)   25

                                                           25
Landtag Thüringen 2014-2019
• CDU (34): 11 Frauen (32 %), 23 Männer (68 %)
• Linke (28): 14 Frauen (50 %), 14 Männer (50 %)
• SPD (12): 6 Frauen (50 %), 6 Männer (50 %)
• AfD (8): 2 Frauen (25 %), 6 Männer (75 %)
• B 90/ Grüne (6): 3 Frauen (50 %), 3 Männer (50 %)

• 88 Abgeordnete: 36 Frauen (41 %), 52 Männer (59 %)

„Verfassungsbruch in Permanenz“ (Selbert, 1981)        26
Stichwort: Demokratie
  > Bsp.: LT Thüringen, Homepage 2017 ...
• “Thüringen – Kernland des deutschen Parlamentarismus“
• „In Thüringen tagte die erste frei gewählte
  Volksvertretung Deutschlands: Am 2. Februar 1817 trat
  der Landtag des Großherzogtums Sachsen-Weimar-
  Eisenach zusammen.“
• http://www.thueringer-landtag.de/landtag/landtag-zentrum-der-demokratie/landtag-
  mit-tradition/index.aspx

• ... Volk ???: Volksvertretung ???: Nur Männer
  (Frauenwahlrecht: 1918); Demokratie ??? ... ???
                                                                                     27
Demokratie ?...
• ... dient der Selbstbestimmung des Volkes
• ... dient der Selbstbestimmung der Bürgerinnen
  und Bürger
• ...Ist Selbstbestimmung der Bürgerinnen
  gesichert durch männliche Parlamente?
• ... Wäre Selbstbestimmung der Bürger gesichert
  durch weibliche Parlamente?

                                                   28
Wahlrecht entscheidend!
• ... für die personelle Besetzung des Parlaments
  („Kandidatenaufstellung“),
• ....für tatsächliche Repräsentanz der
  (Wahl-)Bürgerinnen und Bürger im Parlament
  („Volk“),
• ... für gleichberechtigte demokratische Teilhabe
  der (Wahl-)Bürgerinnen und Bürger an
  staatlicher Herrschaft („effektive
  Einflussnahme“, BVerfG)

                                                     29
Zwingende Notwendigkeit gesetzlicher
Paritätsregelungen - Wahlrechtsänderung
§ Paritätisches Wahlrecht als Bedingung der
  repräsentativen Demokratie
§ Gesetzliche Verpflichtung aller Parteien:
  § Paritätische Kandidatenlisten, Zurückweisung bei
    Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorgaben
  § Paritätische Nominierung in Wahlkreisen
    (Direktmandate),
     Ø Nominierung von Duos = Kandidatin und Kandidat,
       die gemeinsam gewählt werden (1. Stimme) oder in
       Kombination (2 Stimmen: 1 Kandidatin, 1 Kandidat
       – unterschiedliche Parteizugehörigkeit mgl., vgl. LT-
       Drs. Bbg 6/8210 v. 21.2.2018)
                                                               30
     Ø uU zuvor Wahlkreisreform
Verfassungsrechtliche Zulässigkeit und
  Gebotenheit: Paritätisches Wahlrecht
• „Verfassungsrechtlich legitimierte Gründe“ – BVerfG 2014
• Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
• Abwägung kollidierender Verfassungsgüter
• „Maßgeblich für die Frage der weiteren Beibehaltung,
  Abschaffung oder Wiedereinführung (oder Einführung einer
  Wahlregelung) sind allein die aktuellen Verhältnisse“
Ø Der aktuelle 19. BT spricht für Stagnation und „Roll back“, Verfestigung
 männerdominierter Strukturen; nach 69 Jahren gesetzliche Regelung
 zur Herstellung von Chancengleichheit von Kandidatinnen in
 Nominierungsverfahren und Herstellung effektiver demokratischer
 Einflussnahme von Bürgerinnen zwingend geboten
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• BVerfG v. 16.02.2014 - 2 BvE 2/13 - 3 %-Sperrklausel, Rn. 57
• LVerfG SH 2010, LVerfG 3/09, Rn. 99 („Reform d. Wahlrechts“)
Vorbild Frankreich, Parité-Gesetz 2000/2001
§ Gesetz schreibt vor:
§ Strikte paritätische Besetzung von Kandidatenlisten durch
   Parteien, sonst Zurückweisung der Liste (keine Teilnahme an der
   Wahl)
§ Paritätische Besetzung der Wahlkreise (Abweichung: 2 %),
   finanzielle Sanktionen bei Zuwiderhandlung
§ Seit 2015: Nominierung von „Binomen“ in Wahlkreisen
   vorgeschrieben = Duos von Frau und Mann, bei
   Departementwahlen (Kreistagswahlen); gewählt wird ein Duo
   (Frau und Mann); zuvor Reform der Wahlkreise
§ Anstieg des Frauenanteils in allen Parlamenten, zuletzt auch in
   Nationalversammlung (nur Wahlkreise) knapp 40 % (weil die
   erfolgreiche Macron-Partei ca. 50 % Frauen und Männer
   nominierte); Anstieg der Wahlbeteiligung                          32
§ Wie fing alles an? 1996, mit 10 Politikerinnen (5 linke, 5
  konservative) und einem öffentlichen Manifest !
Wie weiter?
• Bayern:
  • GesetzE SPD-Fraktion 2017, PK am 05.12.2017 „Eckpunkte“,
    1. Stufe: paritätische Kandidatenlisten
  • Entscheidung des BayVerfGH Sommer 2018 (Popularklage, Vf. 15-
    VII-16, Paritätisches Wahlrecht)
• Brandenburg: MUSTER-GESETZENTWURF!
  • GesetzE Fraktion B90/DIE GRÜNEN „Inklusives Parité-Gesetz“,
    LT-Drs. 6/8210 vom 21.2.2018, im Plenum am 8.3.2018
• Thüringen: Rot-Rot-Grüner GesetzE ?
• Bund: Art. 41 Abs. 2 GG, Wahlprüfbeschwerde (WP 224/17)
  • Außerordentlicher Rechtsbehelf (2-stufig)
  • Frist: 24.11.2017
  • 1. Stufe: BT, Einspruch am 24.11.2017 eingelegt !
  • 2. Stufe BVerfG: prüft das gesamte Wahlverfahren, mittelbare
    Normenkontrolle (Wahlrecht), Verstoß gegen GG, insb.            33
    Wahlrechtsgrundsätze (Art. 38 GG)
Annegret Kramp-Karrenbauer,
Generalsekretärin CDU, FAZ vom 1.3.2018

§ Kritisiert Frauenanteil im 19. BT als „viel zu gering“
§ Fordert Diskussion über Wahlrechtsreform
§ Betont paritätisches Wahlrecht nach Vorbild
  Frankreichs,
§ insb. paritätische Kandidatenliste,
§ aber auch Direktmandate Wahlkreise
§ Spricht von „Paritätsgesetz“!
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Rita Süßmuth, CDU, Interview 2017
§ „Schluss mit den Tripelschritten:
§ Wir Frauen müssen aufhören, uns mit der Forderung von
  25 oder 30-%-Beteiligung an Mandaten zufriedenzugeben.
§ Wir können wissenschaftlich nachweisen: Wo keine Quote
  besteht, bleibt es bei einem geringen Frauenanteil, sowohl
  an Mandaten als auch an Führungspositionen. Das gilt für
  die Wirtschaft genauso wie für die Wissenschaft.
§ Ich habe die Parite-Forderung für Wahllisten selber vor
  kurzem unterschrieben. Was wir brauchen ist das
  Reißverschlussprinzip: also Mann-Frau-Frau-Mann.
§ Wir müssen endlich aus dieser Bettelei herauskommen:
  Ach gebt uns doch wenigsten 25 bis 30 Prozent!               35
§ Nein: wir wollen die Gleichbehandlung mit 50 Prozent.“
Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit !

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