Handbuch der Mundhygiene - Zahn-, Mund- und Zahnersatzpfl ege für Menschen mit Pfl ege- und Unterstützungsbedarf Ein Ratgeber für Pfl egepersonal ...
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Handbuch der Mundhygiene Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf Ein Ratgeber für Pflegepersonal und unterstützende Personen
Einführung Gute Mundhygiene hat einen positiven Einfluss geschränkt sind, sind ein abwehrendes Verhalten auf die allgemeine Gesundheit und trägt ent- bei der Mundhygiene oder Verweigerung der scheidend zum Wohlbefinden und zur Lebens- Nahrungsaufnahme mögliche Warnsignale qualität bei. für orale Erkrankungen. In der Folge hat dies negative Auswirkungen auf die allgemeine Gesunde Zähne und gut sitzende Prothesen stel- Gesundheit. len eine genussvolle Nahrungsaufnahme sicher, sehen ansprechend aus und ermöglichen eine Wenn Menschen nicht in der Lage sind, die gute Aussprache – die besten Voraussetzungen, Zahnpflege selbstständig durchzuführen, über- die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und nehmen Sie als Pflegekraft oder als unterstüt- eine gesunde Ernährung zu gewährleisten. zende Person eine Schlüsselrolle, um die orale Gesundheit des betroffenen Menschen aufrecht- Unzureichende Mundhygiene führt zunächst zuerhalten. zu Erkrankungen der Zähne (Karies) und des Zahnhalteapparates (Parodontitis). Mundgeruch, Zahnfleischbluten, Schmerzen und Schwellungen sind die Folgen. Insbesondere bei Menschen, die in ihren Kommunikationsmöglichkeiten ein-
Einführung Gute Mundhygiene trägt zu Wohlbefinden und Lebensqualität bei. Erkrankungen der Zähne (Karies) und des Zahn- halteapparates (Parodontitis) sind vermeidbar. Bei Pflegebedürftigkeit müssen unterstützende Personen (Pflegekräfte bzw. pflegende Angehö- rige) die Zahn- und Mundpflege teilweise oder vollständig übernehmen. Zähne und Zahnfleisch gesund 1_Einführung
Zahnbelag, Karies und Parodontitis Als Zahnbelag bezeichnet man Bakterien und Klinische Zeichen einer Zahnfleischentzündung Speisereste, die auf der Zahnoberfläche fest (Gingivitis) sind Rötungen, Schwellungen des haften und sich zu einem sogenannten Biofilm Zahnfleisches sowie Zahnfleischbluten. organisieren. Zuckerhaltige Nahrungsmittel Werden jetzt keine Gegenmaßnahmen getroffen, fördern das Wachstum von Bakterien, die Säuren wächst der Zahnbelag (Biofilm) auf der Zahn- ausscheiden und auf diese Weise die Zähne oberfläche in Richtung Zahnwurzel in die Tiefe. zerstören (Karies). Lagern sich in den Biofilm Dadurch kann eine Entzündung des Zahnhalte- Mineralien wie Calcium und Phosphat aus dem apparates (Parodontitis) entstehen. Der Knochen Speichel ein, so bildet sich harter Zahnstein, um die Zähne wird angegriffen und zerstört, es der die Mundhygiene weiter erschwert. bilden sich harte Beläge in der Tiefe der Zahn- fleischtasche. In fortgeschrittenem Stadium wer- Andere Schäden der Zähne können durch Zähne- den die Zähne locker und fallen schließlich aus. knirschen oder ständigen Konsum von säure- haltigen Speisen und Getränken auftreten. Zahnstein und bakterielle Zahnbeläge reizen das Zahnfleisch und führen zu einer Entzündung.
Zahnbelag, Karies und Parodontitis Zahnimplantate müssen besonders gut gepflegt werden, da sie im Ver- Zahnbeläge (Plaque / Biofilm) sind Bakterien gleich zu den eigenen Zähnen fast und Speisereste, die auf der Zahnoberfläche keine natürlichen Schutzmechanis- festhaften. men zur Abwehr der Bakterien ha- ben. Die Entzündung um Implantate Zahnbeläge, Zahnstein, Gingivitis Zahnstein entsteht, wenn sich Mineralien aus herum wird auch als Periimplantitis und Parodontitis dem Speichel in den Biofilm einlagern. bezeichnet. Bei Zufuhr von Zucker produzieren Bakterien Werden Schleimhäute (vor allem Säuren. Diese Säuren zerstören die Zahnober- bei Mundtrockenheit) nicht gepflegt, fläche – Karies. können sich auch diese entzünden – man spricht dann von Mukositis. Zahnbeläge und Zahnstein reizen das Zahnfleisch und verursachen Zahnfleischentzündungen – Gingivitis. Wächst der Zahnbelag in die Tiefe, wird der Knochen und der Zahnhalteapparat angegriffen – Parodontitis. Schreitet die Paro- dontitis voran, kommt es häufig zu Mundgeruch, die Zähne werden locker und fallen schließlich Implantatversorgung mit Periimplantitis und Mukositis aus. Auch Zahnimplantate sowie Schleimhäute benö- tigen besonders gute Pflege, um Entzündungen zu vermeiden. 2_Zahnbelag, Karies und Parodontitis
Risiken I Ungenügende Mundhygiene, Karies und Paro- Bei Rauchern ist die Durchblutung der dontitis erhöhen das Risiko unter anderem für Schleimhaut vermindert und somit auch die Lungenentzündungen, Diabetes oder Herz-Kreis- Abwehrkraft des Zahnfleischs. Häufiger als lauf-Erkrankungen. Einmal, weil Speisereste und bei Nichtrauchern gibt es z. B. nach Zahn- bakterielle Beläge direkt über den Rachen unbe- entfernungen Wundheilungsstörungen sowie merkt in die Lunge gelangen (stille Aspiration). Schleimhautveränderungen, aus denen sich Zum anderen, weil Bakterien über kariöse bzw. Mundkrebs entwickeln kann. zerstörte Zähne, tiefe Zahnfleischtaschen oder Diabetiker zeigen ein erhöhtes Risiko, an Paro- rissige Mundschleimhaut vermehrt in den Blut- dontitis zu erkranken. Umgekehrt erschwert eine kreislauf gelangen. Parodontitis das Einstellen der Blutzuckerwerte. Im Alter ziehen sich der Kieferknochen und das Zahnfleisch auch ohne Entzündung langsam zurück. Zu Beginn liegen nur die Zahnhälse, später immer mehr Zahnwurzeloberflächen frei. Wurzeloberflächen sind anfälliger für Karies als die Zahnkrone, die von Zahnschmelz überzogen ist. So steigt das Kariesrisiko im Alter. Menschen mit Down-Syndrom erkranken genetisch bedingt sehr häufig schon früh an einem rasch fortschreitenden Abbau des Kieferknochens.
Risiken I Schlechte Mundhygiene und schlechte Mund- gesundheit erhöhen das Risiko für Lungen- entzündungen, Diabetes und Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Schlaganfall Das Risiko für Parodontitis und vor allem für Karies an den Zahnwurzeln steigt im Alter wieder. Menschen mit Down-Syndrom haben ein beson- ders hohes Parodontitisrisiko. Zahnbeläge, Wurzelkaries, Rauchen erhöht das Risiko für Parodontitis, Herz- und Parodontitis Lungen- Gefäß- verschlechtert die Wundheilung, kann die entzündung erkrankungen Mundschleimhaut verändern und begünstigt auf diese Weise Mundkrebs. Zucker- krankheit Gelenk- Frühgeburt erkrankungen Mund- und Allgemeingesundheit Schleimhautveränderung 3_Risiken I
Risiken II Genügend Speichel ist wichtig für gesunde Zähne Bisphosphonate oder andere antiresorptive und eine intakte Mundschleimhaut. Neben der Medikamente bekommen viele ältere Patienten, Spül- und Abwehrfunktion des Speichels lagern insbesondere zur Therapie von Krebserkrankun- sich Mineralien aus dem Speichel in den Zahn- gen, aber auch zur Vorbeugung bei Osteoporose. schmelz ein. Verringert sich der Speichelfluss, Nach Zahnentfernungen bzw. bei Druckstellen steigt das Kariesrisiko. Bei stark reduziertem aufgrund schlecht sitzender Prothesen können Speichelfluss trocknet die Mundschleimhaut sich schwere und langwierige Wundheilungs- aus, wird rissig und schmerzt. Durch rissige störungen entwickeln. Schleimhaut können Bakterien in den Blutkreis- Manche Medikamente gegen Epilepsie lauf gelangen. Viele Medikamente reduzieren (Phenytoinpräparate), Bluthochdruck (Amlodipin) als Nebenwirkung die Speichelproduktion. oder nach Organtransplantationen (Ciclosporin A) Nach Bestrahlungen im Kopf-Halsbereich werden können Zahnfleischwucherungen auslösen. häufig die Speicheldrüsen geschädigt, was eine Häufig lassen sich die Zähne weniger gut reinigen extreme Mundtrockenheit (Xerostomie) zur und es kommt aufgrund der zusätzlichen Folge haben kann. Schmutznischen zu Mundgeruch und Zahn- Blutgerinnungshemmende Medikamente fleischentzündungen. beugen einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt oder einer Thrombose vor. Wird eine Zahnent- fernung notwendig, besteht ein Nachblutungs- risiko. Zahnarzt und Hausarzt wägen ab, ob der Gerinnungshemmer abgesetzt oder zeitweise durch andere Medikamente ersetzt werden kann. Im Einzelfall muss der Patient evtl. stationär in einer Zahnklinik aufgenommen werden.
Risiken II Trockene Mundschleimhaut schmerzt und wird rissig. Durch rissige Schleimhaut können Bakte- rien in den Körper eindringen. Besonders wichtig ist eine gute Zahn- und Mundpflege bei Menschen, die blutverdünnende Medikamente oder starke Osteoporosemedika- mente einnehmen, um Zahnbehandlungen zu vermeiden. Trockener Mund, eingerissene Prothesendruckstelle und Wundheilungs- Medikamente gegen Epilepsie, Bluthochdruck Mundwinkel störung unter Bisphosphonattherapie oder nach Organtransplantation können Wuche- rungen des Zahnfleisches verursachen. Bluterguss nach Zahnentfernung unter Medikamentenbedingte Deshalb ist bei Personen, die diese blutverdünnenden Medikamenten Zahnfleischwucherungen Medikamente einnehmen müssen, eine konsequente Zahn- und Mund- pflege besonders wichtig. 4_Risiken II
Warnzeichen Befunde Verhalten / Allgemeine Symptome Im Gesicht: • Ausweichen bei Zahn- und Mundpflege • Schwellungen bzw. Asymmetrien • Verweigerung der Zahn- und Mundpflege des Gesichts • Verweigerung von Essen und / oder Trinken • eingeschränkte Mundöffnung • Abwehrhaltung beim Rasieren • rissige Lippen oder Mundwinkel • deutlich verlängerte Nahrungsaufnahme In der Mundhöhle: • harte Nahrungsmittel werden gemieden • Zahnfleischbluten • Kauen nur auf einer Seite • Zahnfleischschwellung • Schluckbeschwerden • stark gelockerte Zähne • ständige Mund- oder Zungenbewegungen • zerstörte Zähne • ständiges Zähneknirschen • Mundgeruch • Unruhe • Zungenbeläge/Borken • plötzliche Verhaltensänderungen z. B. • weiße / rote Flecken auf der Schleimhaut Selbst-/Fremdaggression, insbesondere bei Menschen mit geistiger Behinderung • „wildes Fleisch“ oder eingeschränkter Kommunikation, • scharfe (Bruch-)Kanten an den Prothesen die Schmerzen nicht äußern können • Druckstellen • Beläge auf den Prothesen • Prothesen halten nicht mehr /„schaukeln“
Warnzeichen Bei Beobachtung eines der oben aufgeführten Kriterien sollte der Zahnarzt kontaktiert werden, um die Situation in Augenschein zu nehmen und ggf. notwendige Maßnahmen zu treffen. Zahnfleischschwellung Prothesenbruch Prothesen-Druckstelle Schleimhautveränderung 5_Warnzeichen
Säulen der Prophylaxe: Handlungsempfehlungen Die Zahn- und Mundgesundheit beruht auf 3. Fluoridierung 5 Säulen der Prophylaxe. Fluoride schützen Zähne vor Karies. Für einen guten Kariesschutz sollten regelmäßig zusätz- 1. Regelmäßige Zahnpflege lich Fluoride zugeführt werden, am einfachsten Der Zahnbelag (Plaque / Biofilm) lässt sich nur über die Zahnpasta und fluoridiertes Speisesalz. mechanisch mit Zahnbürsten wirksam entfernen. Der Karieszuwachs kann dadurch um bis zu Mundspüllösungen können unterstützend 70 Prozent verringert werden. eingesetzt werden, ersetzen aber nicht die tägliche Zahnpflege mit Bürste und Zahnpasta. 4. Regelmäßige zahnärztliche Untersuchung Auch Mundduschen entfernen den Biofilm nicht. Die Untersuchung findet idealerweise halb- jährlich in der Zahnarztpraxis statt und kann, 2. Ernährung: selten Süßes, selten Saures, abhängig vom individuellen Erkrankungsrisiko, ausreichend trinken mit einer professionellen Zahnreinigung (PZR) Alle Formen von Zucker werden von Kariesbak- verbunden werden. Bei Immobilität kann auch terien zu zahnschädigenden Säuren umgebaut. eine Untersuchung im Heim oder zu Hause Versteckte Zucker finden sich in Nahrungsmitteln durchgeführt werden. Erkennt man Zahnschäden und Getränken, in denen man sie zunächst nicht oder Schleimhauterkrankungen rechtzeitig, vermutet, z. B. in Ketchup, Senf, Joghurt, Cola. können diese schonend behandelt werden. Aber auch andere Nahrungsmittel und Getränke Unabdingbar ist die regelmäßige zahnärztliche wie Bananen, Müsliriegel oder Apfelsaft und Untersuchung für Patienten mit eingeschränkter andere Fruchtsaftgetränke enthalten reichlich Kommunikation, die Schmerzen nicht oder nur Zucker. Zuviel Fruchtsäure greift ebenfalls unzureichend mitteilen können, z. B. bei dementi- die Zahnoberflächen an. Entscheidend für die ellen Erkrankungen oder geistiger Behinderung. Kariesentstehung ist jedoch nicht die Menge, sondern die Häufigkeit der Zuckeraufnahme. 5. Feuchthalten der Mundschleimhäute Deshalb sollte auf süße Zwischenmahlzeiten Trockene Schleimhaut wird rissig, schmerzt und wie süßes Gebäck, Pralinen oder Bonbons entzündet sich leicht. Daher muss die trockene weitgehend verzichtet werden. Wasser, Mineral- Mundschleimhaut regelmäßig befeuchtet werden, wasser oder ungesüßte Kräuter- und Früchtetees z. B. mit Wasser oder Tee. sind unbedenklich für die Zahngesundheit.
Säulen der Prophylaxe: Handlungsempfehlungen 1. Regelmäßige Zahnpflege mit Zahnbürste und Zahnpasta 2. Zahngesunde Ernährung selten Süßes / Saures / Klebriges 3. Fluoride Zahnpasta und fluoridiertes Speisesalz 4. Regelmäßige zahnärztliche Untersuchung Die mit diesem Signet versehenen Produkte Bonusheft! werden als zahnfreundlich bezeichnet. ... und im Alter bzw. in der Pflege ganz wichtig: 5. Feuchthalten der Mundschleimhäute Wasser / Tee Zahn- und Mundgesundheit Mundschleimhaut Untersuchung Zahnärztliche Zahngesunde Zahnpflege Ernährung Fluoride Feuchte 6_Säulen der Prophylaxe: Handlungsempfehlungen
Festlegung des Unterstützungs- bedarfs – Dokumentation Oftmals erschweren motorische Einschrän- Zur Festlegung des Unterstützungsbedarfs kungen die eigenständige Zahn-, Mund- eignet sich zum Beispiel die Mundhygieneplan- und Zahnersatzpflege. Ursachen können eine Pflegeampel. Auf einen Blick sind hier der Mehrfachbehinderung oder Arthrose an Grad der Unterstützung, Fragen zu ggf. vorhan- den Finger- und Handgelenken, Rheuma, denen Prothesen, zusätzliche wichtige Hinweise Lähmungen nach Schlaganfall oder cerebrale als Freitext und die Kontaktdaten des Zahnarztes Bewegungsstörungen nach Hirnschädigungen vermerkt. Dieser Mundhygieneplan erfüllt, z. B. durch Sauerstoffmangel sowie neurologische am Spiegel im Badezimmer angebracht am Erkrankungen wie Morbus Parkinson sein. besten seinen Zweck. Die kleinen und zielgenauen Bewegungen, die für die Zahnpflege notwendig sind, können nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden. Kognitive Einschränkungen wie dementielle Erkrankungen oder geistige Behinderungen verhindern oder erschweren wegen mangelnder Einsicht die gründliche, eigenverantwortliche Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege. Häufig können Anweisungen zur Mundhygiene nicht optimal umgesetzt werden. Menschen mit psychischen Erkrankungen vernachlässigen häufig ihre Zahnpflege und benötigen im Einzelfall motivierende Unter- stützung. Der Unterstützungsbedarf ist daher individuell vom Zahnarzt festzulegen.
Festlegung des Unterstützungsbedarfs – Dokumentation Motorische Einschränkungen (z. B. bei Arthrose, Schlaganfall, Parkinson) erschweren die eigen- ständige Zahn- und Mundpflege. Auch bei Menschen mit Demenz oder Menschen mit psychischen Erkrankungen (z. B. Depression) erfolgt die Mundhygiene oft nicht mehr befriedi- gend. Eingeschränkte Mundhygienefähigkeit Folgen eingeschränkter Mundhygiene bei Arthrose Name Kontaktdaten Zahnärztin/Zahnarzt Oberkiefer Prothese ☐ eigene Zähne ☐ Mund/Zähne/Prothesen reinigen... Unterkiefer Prothese ☐ eigene Zähne ☐ ...nur durch unterstützende Person Prothesen nachts im Mund? Nein ☐ Ja ☐ Bemerkungen ...mit Unterstützung ...selbständig möglich Letzte Aktualisierung (Bonusheft) © Mundhygieneplan/Pflegeampel – LZK BW – Stand 01/2017 Dokumentation des Unterstützungsbedarfs bei der Mundhygiene 7_Festlegung des Unterstützungsbedarfs – Dokumentation
Zahnbürsten Handzahnbürste Zahnzwischenraumbürste (Interdentalbürste) Die Handzahnbürste sollte einen dicken Griff Im Laufe des Alters ziehen sich Kieferknochen haben, damit sie bei motorischen Einschränkun- und Zahnfleisch zurück und zwischen den Zähnen gen gut gehalten werden kann. Mit Griffverstär- bleiben vermehrt Speisereste und Zahnbeläge kern, z. B. aus Moosgummi oder Kunststoff, kann hängen. Diese lassen sich mit Zahnseide oder ggf. der Griff vergrößert werden. Der Bürsten- Zahnzwischenraumbürsten reinigen. Für ältere kopf sollte abgerundet und die Borsten mittel Personen oder wenn die Mundpflege übernommen bis weich sein, damit beim Putzen keine Ver- werden muss, sind Zahnzwischenraumbürsten letzungen auftreten können. Spätestens wenn leichter in der Handhabung. die Borsten sich zur Seite biegen, muss die Die Zahnzwischenraumbürste wird zwischen Bürste erneuert werden. Die Zahnbürste wird die Zähne eingeführt. Die an der Bürste hängen- mit dem Borstenkopf nach oben im Becher den Speisereste und Beläge werden abgespült, gelagert. Grundsätzlich sollte nur mit kleinen bevor der nächste Zahnzwischenraum gereinigt rüttelnden oder kreisenden Bewegungen auf wird. der Stelle mit wenig Druck geputzt werden. Nicht die ganze Zahnreihe mit einer Hin- und Her-Bewegung putzen („Schrubbtechnik“), sondern es wird von Zahn zu Zahn vorgegangen. Elektrische Zahnbürsten Elektrische Zahnbürsten sind in der Handhabung einfacher. Sie haben einen dicken Griff und führen die kleinen Bewegungen am Zahn selbst durch. Auch hier wird Zahn für Zahn geputzt. Sie sind bei motorischen Einschränkungen zu empfehlen.
Zahnbürsten Bei motorischen Einschränkungen können Griffverstärkungen helfen, die gewohnte Zahn- bürste auch weiterhin einzusetzen. Auch im Fachhandel (Apotheke) sind Zahnbürsten mit konfektionierten und angepassten Griff- verstärkungen erhältlich. Elektrische Zahnbürsten haben konstruktions- bedingt einen dickeren Griff und führen die Putz- bewegungen selbständig durch. Um die im Alter oft vergrößerten Zahnzwischen- Griffverstärkungen aus Kunststoff und Moosgummi (im Bild unten) räume sicher zu reinigen, eignen sich sogenannte Interdentalbürsten. Elektrische Zahnbürsten Interdentalbürsten 8_Zahnbürsten
Spezielle Hilfsmittel Dreikopfzahnbürste Becher mit Nasenaussparung Die Dreikopfzahnbürste eignet sich für Personen, Zum erleichterten Ausspülen in halbliegender bei denen die Zahnpflege vollständig über- Position eignen sich Becher mit einer Nasen- nommen werden muss. Mit einer Bürste können aussparung. gleichzeitig die Außen-, Innen- und Kauflächen gereinigt werden. Auch hier gilt es, nur mit Zahnprothesenbürste kleinen rüttelnden Bewegungen von Zahn zu Zahn Zur Reinigung von Zahnprothesen können vorzugehen und nicht über die gesamte Zahn- Prothesenbürsten eingesetzt werden. reihe zu schrubben. Achtung: Diese Bürsten sind nicht für den Einsatz im Mund geeignet. Absaugzahnbürste Für Personen mit Schluckstörungen und erhöh- tem Aspirationsrisiko ist die Absaugzahnbürste geeignet. Die Zahnbürste ist innen hohl und wird an ein Absauggerät angeschlossen. Über eine Öffnung im Bürstenkopf werden die lockeren Beläge und die Zahnpasta abgesaugt und können somit nicht aspiriert werden. Zungenreiniger Zungenbeläge können Ursache für Mundgeruch sein und mit speziellen Zungenreinigern oder behelfsweise auch nur mit einem Esslöffel entfernt werden. Der Zungenreiniger wird vom Zungenrücken in Richtung Zungenspitze geführt, um die Zungenbeläge abzuschaben. Die Anwendung dieser speziellen Hilfsmittel sollte man sich vom Hauszahnarzt zeigen lassen.
Spezielle Hilfsmittel Dreikopfzahnbürste Absaugzahnbürste Zungenreiniger Trinkbecher mit Nasenausschnitt 9_Spezielle Hilfsmittel
Mundhygiene: Zahnpasta und Mundspüllösungen Zahnpasta Es gibt Mundspüllösungen mit unterschiedlichen Für die allermeisten Fälle sind alle handelsüb- Wirkstoffen. Fluoridhaltige Lösungen dienen der lichen Zahnpasten geeignet. Eine erbsengroße Kariesvorbeugung. Ätherische Öle, zinnfluorid- Menge genügt völlig. Die Zahnpasta sollte Fluo- haltige oder chlorhexidinhaltige Spülungen sind ride und nicht zu viel Putzkörper enthalten (wie für die unterstützende Vorbeugung und Behand- z. B. bei Raucher- oder Zahnsteinzahncreme). lung von Zahnfleischentzündungen geeignet. Freiliegende Zahnhälse oder Wurzeloberflächen, wie sie bei älteren Menschen häufig vorkommen, Speichelersatzmittel sind manchmal beim Putzen empfindlich. Dann Bei Mundtrockenheit können sogenannte Spei- sollten entsprechende Zahnpasten mit der Kenn- chelersatzmittel aus der Apotheke angewandt zeichnung „für empfindliche Zahnhälse geeignet“ werden. Zunächst sollte aber immer versucht verwendet werden. Weitere Empfehlungen gibt werden, trockene und rissige Mundschleimhaut der Zahnarzt. mit „Hausmitteln“ wie Kamillen- oder Salbeitee Es gibt spezielle Zahnpasten mit erhöhtem Fluo- regelmäßig zu befeuchten und so die Beschwer- ridgehalt. Diese sollten aber nur nach Rückspra- den zu lindern. che mit einem Zahnarzt angewendet werden. Mundspüllösungen Unterstützend können alkoholfreie Mundspül- lösungen eingesetzt werden. Sie ersetzen allerdings nicht die mechanische Entfernung der Zahnbeläge mit Bürste und Zahnpasta. Bevor Mundspüllösungen bei pflegebedürftigen Menschen zum Einsatz kommen, sollte sicherge- stellt sein, dass die Spüllösungen auch aus- gespuckt werden können und nicht geschluckt werden.
Mundhygiene: Zahnpasta und Mundspüllösungen Fluoridhaltige Zahnpasta Mundspüllösung Speichelersatzmittel Tee 10_Mundhygiene: Zahnpasta und Mundspüllösungen
Mundhygiene: Zahn- und Mundpflegetechniken Zähne und Zahnzwischenräume Mundschleimhaut Wichtig ist, die Zähne immer mit der gleichen Die Wangeninnenseiten und der Gaumen werden Systematik zu putzen. In der unterstützenden mit feuchten Kompressen (Pflaumentupfer) Mundhygiene hat sich folgende Systematik gereinigt, die um den Finger gewickelt werden bewährt: oder mit einem mit einer Klemme festgehaltenen angefeuchteten Tupfer. Wird Prothesenhaftcreme 1. Außenflächen verwendet, muss diese auch gewissenhaft aus links oben, links unten der Mundhöhle entfernt werden. Speiseöl kann untere Schneidezähne: Lippe mit Finger abhalten dabei helfen. Bei Mundtrockenheit erfolgt die rechts unten, rechts oben Benetzung der Mundschleimhaut mit Kamillen- obere Schneidezähne oder Salbeitee mehrmals täglich. 2. Innenflächen links oben, links unten Lippen untere Schneidzähne: Bürste senkrecht halten Sind die Lippen rissig bzw. trocken, sollten diese rechts unten, rechts oben zuerst mit geeigneten Salben geschmeidig obere Schneidezähne gehalten werden. 3. Kauflächen erst oben, dann unten Ist die Zahnpasta mit der Zahnbürste an allen Zähnen verteilt, kann bei Bedarf mit ent- sprechenden Hilfsmitteln noch die Reinigung der Zahnzwischenräume erfolgen und die Zahn- pasta dabei auch zwischen den Zähnen wirken. Zunge Nach der Zahnpflege erfolgt die Reinigung der Zunge mit einem Zungenreiniger (alter- nativ mit einem einfachen Löffel). Hartnäckige Zungenbeläge (Borken) werden zuvor mit Butter, Margarine oder Speiseöl angelöst (Achtung: nicht bei Schluckstörungen!).
Mundhygiene: Zahn- und Mundpflegetechniken Außenflächen Innenflächen Kauflächen Zahnzwischenräume Zunge Mundschleimhaut 11_Mundhygiene: Zahn- und Mundpflegetechniken
Prothesenpflege Werden herausnehmbare Prothesen getragen, Zur Reinigung von Prothesen können spezielle müssen auch sie gereinigt und gepflegt wer- Prothesenbürsten eingesetzt werden. Achtung: den, da sich auch hier der Biofilm und Zahnstein Diese Zahnprothesenbürsten sind nicht für den ablagern können. Einsatz im Mund geeignet. Ist der Betroffene gewohnt, die Prothesen nachts nicht im Mund zu tragen, sollten die Prothesen nach der Reinigung Herausnehmbare Prothesen können sehr trocken gelagert werden. 2–3mal in der Woche unterschiedlich aussehen. Neben Totalprothe- können die Prothesen zusätzlich für eine halbe sen (=Vollprothesen) zum Ersatz aller Zähne in Stunde in einer Lösung mit Reinigungstabletten einem Kiefer werden Teilprothesen in der Regel desinfiziert und gereinigt werden. nach der Art und Weise eingeteilt, wie sie an den Restzähnen halten. So gibt es z. B. Klammer-, Das Ein- und Ausgliedern der Prothesen, beson- Geschiebe- oder Teleskopprothesen. Daneben dere Reinigungshinweise sowie die Anwendung gibt es vor allem im Zusammenhang mit implan- von Haftcreme zur Verbesserung des Haltes tatgetragenem Zahnersatz noch weitere Verbin- sollten nach Rücksprache mit dem Zahnarzt dungselemente (Kugelköpfe, Stege, Magnete). erfolgen. Ob und welche Art von Prothesen getragen wird, kann der Zahnarzt erklären und ihre Handhabung zeigen.
Prothesenpflege Teilprothese - Klammerprothese - Teleskopprothese Implantatversorgung - mit Steg - Prothese für Stegversor- gung (Unterseite) Vollprothese - Ober- und Unterkiefer - Prothese mit Riegel Prothesenreinigung mit Zahnbürste 12_Prothesenpflege
Pflegeritual Zur Zahn- und Mundpflege ist die Zusammen- Mundpflegemaßnahmen – Reihenfolge stellung eines Mundpflegesets besonders zu empfehlen. • Mundpflegeset herrichten und Handschuhe anziehen Mundpflegeset – Bestandteile • Handtuch auflegen • Anbahnung - Hand-Arm-Schulter-Kopf • Handtuch • ggf. Lippen pflegen • Einmalhandschuhe (unsteril) • ggf. Prothese entnehmen • Zahnpasta auf Zahnbürste • Zähne, Schleimhaut, Zunge reinigen • Mundspülbecher mit Wasser • Mundhöhle genau anschauen • ggf. Taschenlampe/Stirnleuchte (Taschenlampe!) • ggf. Mullkompressen/Pflaumentupfer • ggf. Prothese reinigen/prüfen und bei • ggf. Lippenbalsam Bedarf wieder einsetzen • ggf. Zahnzwischenraumbürste • ggf. Zungenreiniger Aus Gründen der Hygiene müssen immer Einmal- • ggf. Nierenschale handschuhe getragen werden. Materialien und Gegenstände sollten allesamt angefeuchtet sein, bevor sie in die Mundhöhle eingebracht werden. Grundsätzlich ist behutsames Vorgehen geboten. Zum Eigenschutz sollte man die Finger nur in den Eigenaktivität sollte – soweit möglich – gefördert Mundvorhof (zwischen Wange und Zahnreihen) werden. Der Umfang der Unterstützung muss je legen und nicht zwischen die Zahnreihen fassen. nach Bedarf individuell festgelegt werden und kann vom Erinnern an die Zahnpflege bis zur vollständigen Übernahme reichen. Die Zahn- und Mundpflege sollte zweimal am Tag erfolgen, aber nicht zwingend morgens und Erklärvideos mit weiteren Tipps zur abends. Die Wahl des Zeitpunktes sollte vielmehr Mundpflege bei Hochbetagten und die Kooperationsfähigkeit des betroffenen Men- Pflegebedürftigen finden Sie hier: schen berücksichtigen. Als sinnvoll haben sich auch ritualisierte Abläufe im Rahmen anderer Körperpflegemaßnahmen erwiesen, z. B. beim Mann nach der Rasur. Eine aufrechte oder besser noch leicht nach vorn gebeugte Kopf-Körper-Haltung ist für die Zahn- und Mundpflege anzustreben, damit Speisereste und Zahnpasta nicht unbeabsichtigt in die Lunge gelangen können.
Pflegeritual Mundpflege – Grundsätzliches • behutsames Vorgehen • Eigenaktivität soweit möglich fördern – Unterstützung je nach Bedarf • wenn möglich zweimal am Tag, nicht zwingend morgens und abends • aufrechte, noch besser leicht nach vorn gebeugte Kopf-Körper-Haltung • Einmalhandschuhe tragen • Materialien und Gegenstände anfeuchten • Kopf ggf. stützen und Wange abhalten Mundpflegeset leicht gebeugte Kopf-Körper-Haltung, Kopf stützen, Wange abhalten 13_Pflegeritual
Vorsicht Bei schwerstpflegebedürftigen Menschen mit As- In jedem Fall sollte bei Unsicherheit und fort- pirationsgefahr (Verschlucken in die Lunge) oder bestehend unbefriedigender Pflegesituation der solchen Menschen, die nur im Bett liegen – sollte Zahnarzt kontaktiert werden. Die Unterlassung das Kopfteil möglichst aufrecht gestellt werden, der Pflegemaßnahmen kann schnell zu einer oder – wenn dies nicht möglich ist, die Zahn- und Verschlechterung der Mundgesundheit und damit Mundpflege in Seitlagerung mit tiefliegendem auch der allgemeinen Gesundheit führen. Mund erfolgen. Der Zugang zur Mundhöhle sollte nicht direkt, sondern im Sinne der Anbahnung durch Aufnah- me des Körperkontaktes zunächst im Bereich der Arme begonnen werden. Umkreisen der Lippen mit dem Finger sowie Einrollen statt „Durchquet- schen“ des Fingers erleichtern den Zugang zum Mund. Der Kieferkontrollgriff hilft, die Mundöff- nung aufrecht zu erhalten. Besteht bei diesen Maßnahmen Unsicherheit, sollte der Zahnarzt um Rat gebeten werden. Öffnet der pflegebedürftige Mensch seine Zahn- reihen nicht, sollten wenigstens die Zahnaußen- flächen gereinigt werden, sodass auch Fluoride in die Mundhöhle gelangen. Bei Abwehrverhalten könnten auch Schmerzen im Bereich der Zähne und der Mundhöhle Ursache sein.
Vorsicht Bei Bettlägerigkeit sollte die Zahn- und Mund- pflege mit möglichst aufrecht gestelltem Kopfteil oder in Seitlagerung erfolgen, um Verschlucken in die Lunge (Aspiration) zu vermeiden. Anbahnung – der Kontakt, zunächst beginnend z. B. an den Armen über die Schulter zum Mund – stellt einen behutsamen Zugang zu schwerst- pflegebedürftigen Menschen dar. Bei Unsicherheit sollte der Zahnarzt kontaktiert werden. 14_Vorsicht
Kinder mit Behinderung Pflegebedürftige Kinder Kinder und Jugendliche mit geistiger und Die Ernährung von Kindern, die mit Behinderung Schwerstmehrfach-Behinderung geboren werden, stellt oft höchste Anforderungen Um die Selbstwirksamkeit zu erhöhen, sollen an Eltern und Unterstützungspersonal. Die Zahn- Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung pflege steht häufig nicht im Fokus der Eltern und je nach ihren individuellen Fähigkeiten darin wird manchmal vernachlässigt. Häufig erhalten unterstützt werden, ihre Zähne selbst zu reinigen. Kinder mit Entwicklungsverzögerungen über den Begleitend muss aber bei jedem Kind unterstüt- Zahndurchbruch hinaus breiige oder auch flüs- zend mit- oder nachgeputzt werden. Dabei sind sige Nahrung und werden lange mit der Flasche viel pädagogisches Geschick und Geduld erfor- ernährt, was sich nachteilig auf das Kieferwachs- derlich. Auch Belohnungssysteme haben sich tum und die Zahngesundheit auswirken kann. bewährt. Wichtig ist, dass das Zähneputzen Insbesondere süße Breie sind oft sehr zuckerhaltig immer nach dem gleichen Ritual abläuft und und klebrig und begünstigen somit Karies. mit derselben Systematik vorgegangen wird (s. Daher müssen, um Karies und Zahnschmerzen Mundhygiene: Zahn- und Mundpflegetechniken). vorzubeugen, schon die ersten Milchzähne regel- Elektrische Zahnbürsten sind häufig sehr gut für mäßig gepflegt werden. Das Kind gewöhnt sich den Patienten, aber auch für die unterstützenden frühzeitig an die Zahnpflege und akzeptiert sie Personen geeignet. Sie übernehmen die feinmo- auch später im Leben. torischen Bewegungen und lassen sich sicher Am besten reinigt man die ersten Zähnchen mit halten. einem angefeuchteten Mulltupfer und später mit Zahnputzuhren oder ein gesungenes oder vorge- einer kindgerechten Zahnbürste. Sie besitzt einen spieltes (Lieblings-)Lied helfen bei der zeitlichen kleinen Bürstenkopf mit weichen Borsten und Überwachung des Zähneputzens. einen breiten Griff. Auch Dreikopfzahnbürsten in der kleineren Aus- führung können hilfreich sein. Ab dem ersten Zahn wird einmal täglich mit einem Hauch fluoridhaltiger Kinderzahnpasta Bei hohem Kariesrisiko können zusätzliche häus- und sonst mit einer fluoridfreien Kinderzahnpasta liche Fluoridierungsmaßnahmen, etwa mit einem geputzt. Gel, in Absprache mit dem Zahnarzt erfolgen. Bei Kindern und Jugendlichen, die über eine Nach Vollendung des zweiten Lebensjahres wird Sonde ernährt werden oder zusätzlich tracheo- eine erbsgroße Menge fluoridhaltiger Kinder- tomiert sind, soll die Zahn- und Mundpflege zahnpasta zweimal täglich verwendet. ebenfalls zweimal täglich durchgeführt werden. Sie haben durch einen erhöhten Speichelfluss Eine Umstellung auf eine Zahncreme für Erwach- häufig eine erhöhte Neigung zur Zahnsteinbil- sene (mit höherem Fluoridgehalt) erfolgt mit dem dung. Dieser muss ebenfalls regelmäßig durch Durchbruch der bleibenden Zähne, in der Regel den Zahnarzt entfernt werden. mit dem Erreichen des Schulalters. Als weitere Fluoridierungsmaßnahme steht die Gabe von Fluoridtabletten zum Lutschen zur Verfügung. Das Aufbringen von Fluoridlacken übernimmt in der Regel der Zahnarzt. Toleriert das Kind eine elektrische Zahnbürs- te, darf ab dem 3. Lebensjahr auch elektrisch geputzt werden. Für pflegebedürftige Kinder müssen individuelle Lösungen zwischen Eltern, Therapeuten und Zahnarzt besprochen werden.
Kinder mit Behinderung Kinderzahnbürste mit kleinem Bürstenkopf, weichen Borsten, breitem Griff altersentsprechende Zahnpastamenge Zahnputzuhr zeigt, wie lange geputzt werden muss Nachputzen Meist muss bei Kindern oder Jugendlichen mit geistiger oder mehrfacher Behinde- rung nachgeputzt werden. 15_Kinder mit Behinderung
Zahnärztliche Untersuchung, Notfall Zahnärztliche Untersuchungen sollten min- destens 2-mal im Jahr erfolgen – abhängig von der Pflegesituation und nach Absprache mit dem Hauszahnarzt zu Hause, in der Pflege- bzw. Wohneinrichtung oder in der Praxis. So können die Zahn- und Mundpflegemaßnahmen regelmä- ßig überprüft und ggf. angepasst werden und die Aktualisierung des Bonusheftes ist gewährleistet. Im Rahmen der zahnärztlichen Untersuchung können die Zähne, die Mundhöhle und der Zahn- ersatz zudem gereinigt werden. Auch zahnlose Menschen, Menschen, die über eine Magensonde ernährt werden oder Menschen im Wachkoma sollten vom Zahnarzt gesehen werden. Beson- dere Aufmerksamkeit benötigen Menschen, die Schmerzen nicht (mehr) äußern – aber spüren – können. Der Zahnarzt stellt den notwendigen Behand- lungsbedarf fest und führt die Therapiemaß- nahmen, soweit medizinisch vertretbar, in der Häuslichkeit, sonst in der Praxis durch. In sel- tenen Fällen kann eine Behandlung in Narkose notwendig sein. Mitzubringen bzw. bereitzustellen sind die elek- tronische Gesundheitskarte (Versichertenkarte), Medikamentenliste, ggf. eine Vollmacht oder Betreuungsurkunde, Kontaktdaten des Haus- Erklärvideos mit weiteren Tipps zur arztes und ggf. des Bevollmächtigten. Mundpflege bei Hochbetagten und Pflegebedürftigen finden Sie hier: Bei der Suche nach einer Zahnärztin/einem Zahnarzt bieten die Zahnärztekammern Unter- stützung an.
Zahnärztliche Untersuchung, Notfall Untersuchungen durch den Zahnarzt sollten mindestens 2x / Jahr erfolgen. So ist auch die Aktualisierung des Bonusheftes gewährleistet. Im Rahmen der Untersuchung können auch die Zähne, die Mundhöhle und der Zahnersatz gereinigt werden. Auch zahnlose Patienten oder Patienten, die über Magensonde ernährt werden, sollten vom Zahnarzt gesehen werden. Notfall Notarzt: 112 Zuständiger Arzt: Zuständiger Zahnarzt: Zahnärztlicher Notdienst: Verhalten in besonderen Situationen Prothese bleibt im • Notruf wählen Rachen stecken • Erste-Hilfe-Maßnahmen, bis Notarzt da Schwellungen im • kühlen Gesichtsbereich • sofort Zahnarzt verständigen Ausgeschlagener bzw. • Zahn in Zahnrettungsbox legen abgebrochener Zahn • wenn keine Zahnrettungsbox vorhanden ist, Zahn in fettarmer gekühlter H-Milch lagern oder alternativ Zahn zum Feuchthalten in Kunststoff-Folie (Gefrierbeutel usw.) einwickeln • sofort Zahnarzt aufsuchen Zerbrochene Prothese, • Prothese nicht mehr einsetzen abgebrochene Klammer oder • Zahnarzt verständigen sichtbarer Riss in der Prothese 16_Zahnärztliche Untersuchung, Notfall
Impressum Herausgeber Bundeszahnärztekammer (BZÄK); www.bzaek.de in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder speziellem medizinischen Behandlungsbedarf (AG ZMB) und der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) Autoren Dr. Guido Elsäßer und Dr. Elmar Ludwig, LZK Baden-Württemberg sowie die Ausschüsse Alterszahnheilkunde und Zahnärztliche Betreuung von Menschen mit Behinderung der BZÄK Redaktion und Gesamtbearbeitung Dr. Sebastian Ziller MPH, BZÄK Fotos G. Elsäßer, E. Ludwig, LZK B-W, proDente, BZÄK/Camera Medica, Fotolia, Atmos Medizin- technik, BZÄK / S. Ziller Gestaltung Verb, Agentur für Kommunikationsdesign GmbH, Berlin und Essen Druck Satztechnik Meißen GmbH © Bundeszahnärztekammer, Berlin, 2017
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