Holz - ein natürlicher Werkstoff mit antibakteriellen Eigenschaften? - Annett Milling
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Holz – ein natürlicher Werkstoff mit antibakteriellen Eigenschaften? Vergleichende Untersuchungen zum Überleben von Bakterien auf Holz und Kunststoff mit mikrobiologischen und molekularen Methoden Annett Milling
Roh- und Werkstoff Holz Holzverwendung: • Baustoff (Fundamentpfähle, Bauteile) • Bauhilfsstoff (Schalungen, Gerüste) • Fenster, Türen, Treppen, Fußböden, Möbel • Werkstoff (Sperrholz, Spanplatten) • Chemierohstoff • Energieträger Kernholz Phloem • Schneidunterlagen, Splint Rinde Kambium Küchengeräte • Verpackungs- und Aufbau des Stammes Transportmittel (Kisten, Fässer, Paletten)
Hygienestatus Holz ist unhygienisch stets höhere Keimgehalte auf Holzflächen im Vergleich zu Kunststoff und Metall vor und nach Einsatz von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln Problem: Holz ist porös und hygroskopisch weitgehendes Verbot von Holz im Lebensmittelsektor • Fleischhygiene-Verordnung (FlHV) • Geflügelfleischmindestanforderungen- Verordnung (GFlMindV) • Fleischerzeugnis-Richtlinie 92/5/EWG vom Februar 1992
Hygienestatus Holz ist hygienisch Studie von Ak et al. (1994) Food Research Inst., University of Wisconsin – Madison • Geringere Keimbelastung von Holz- im Vergleich zu Kunststoffbrettchen • Keimreduktion an Holzoberflächen bereits nach wenigen Minuten • Gute Reinigung von Holzbrettchen
Fragestellungen 1. Überleben Testbakterien auf und im Holz, und von welchen Parametern ist ihr Überleben auf dem Holz abhängig? 2. Sind die Bakterien auf und im Holz abgestorben oder nur inaktiviert bzw. in ihren Lebensfunktionen eingeschränkt? 3. Wie wird das Überleben bakterieller Gemeinschaften durch Holz beeinflusst? 4. Sind die Laborergebnisse in die Praxis übertragbar?
Experimentelle Herangehensweise Umfassende systematische Analyse der Interaktionen zwischen Bakterien und Holz durch völlig neue experimentelle Herangehensweise: Analyse: kultivierungsabhängig kultivierungsunabhängig Material: Holz (Pinus silvestris L., Picea abies Karst., Larix decidua Mill., Acer pseudoplatanus L., Fagus silvatica L., Quercus robur L., Populus nigra L.) Kunststoff (Polyethylen (PE)) Materialzustand: Sägespäne, Sägemehl Brettchen Bakterien: Escherichia coli pIE639 (sat3) Enterococcus faecium (vanA) Hühnergülle (bakterielle Gemeinschaft)
Experimentelle Herangehensweise Inokulation mit E. coli Inkubation oder E. faecium Ablösung der Bakterien durch Behandlung im Stomacher- Blender Kultivierungsabhängige Kultivierungsabhängige Kultivierungsunabhängige Analyse Analyse Analyse Plattierung auf Plate Count Extraktion der Gesamt-DNA aus einem Agar mit Antibiotika Bakterienpellet (und Aufreinigung) Bestimmung der Keimzahl PCR-Amplifikation Agarose-Gelelektrophorese Southern Blot Hybridisierung
Bakterienverteilung nach Inokulation Kiefer nach 2 h Polyethylen nach 2 h CLSM-Aufnahmen: Dr. Monika Götz
Überleben von E. coli pIE639 auf Holz und Kunststoff 9 8 7 Titer (log10 CFU/g) 6 0h 5 24 h 48 h 4 96 h 216 h 3 2 1 0 Kiefer Fichte Lärche Ahorn Buche Eiche Pappel PE
Überleben von E. coli pIE639 Kiefer Fichte Lärche Pappel Polyethylen 216 h 216 h 216 h 216 h 216 h 48 h 96 h 48 h 96 h 24 h 96 h 48 h 96 h 24 h 48 h 24 h 48 h 96 h 24 h 24 h 0h 0h 0h 0h 0h M M M M E.coli a) b) c) a) Agarosegel der Roh-DNA b) Southern Blot der Roh-DNA nach Hybridisierung mit sat3 c) Southern Blot der PCR-Produkte nach Hybridisierung mit sat3
Überleben von E. coli pIE639 auf Kiefernholz 10 9 8 Titer (log10 CFU/g) 0h 7 4h 6 7h 5 12 h 4 24 h 3 48 h 2 1 0 20 50 100 300 300 Ausgangsholzfeuchte (%) 250 Holzfeuchte (%) 0h 200 4h 7h 150 12 h 100 24 h 48 h 50 0 20 50 100 300 Ausgangsholzfeuchte (%)
Überleben von E. coli und E. faecium auf Kiefernholz und Kunststoff 9 8 7 Titer (log10 CFU/g) 6 0h 4h 5 8h 11 h 4 24 h 48 h 3 168 h 2 1 0 Kiefer Kiefer PE PE + + + + E. coli E. faecium E. coli E. faecium
Experimentelle Herangehensweise Inokulation mit Inkubation Hühnergülle Ablösung der Bakterien durch Behandlung im Stomacher- Blender Kultivierungsabhängige Kultivierungsunabhängige Analyse Analyse Plattierung auf Universal- und Extraktion der Gesamt-DNA aus einem Selektivnährmedien Bakterienpellet und Aufreinigung Bestimmung der Keimzahl PCR-DGGE mit universellen und gruppenspezifischen Primern Bandenextraktion, Klonierung, Sequenzierung
Inokulation verschiedener Hölzer und Kunststoff mit Hühnergülle 6 5 Titer (log 10 CFU/g) 0h 4 1h 24 h 3 72 h 144 h 2 192 h 1 0 Kiefer Lärche Ahorn PE
Inokulation verschiedener Hölzer und Kunststoff mit Hühnergülle 6 5 Titer (log 10 CFU/g) 0h 4 1h 24 h Kiefer 3 72 h 144 h 2 192 h 1 0 total CFU Enterobakterien Streptokokken Enterokokken 6 5 Titer (log 10 CFU/g) 0h 4 1h 24 h 3 72 h Polyethylen 144 h 2 192 h 1 0 total CFU Enterobakterien Streptokokken Enterokokken
Inokulation verschiedener Hölzer und Kunststoff mit Hühnergülle Kiefer Lärche Ahorn Polyethylen 216 h 216 h 216 h 216 h 216 h 216 h 216 h 216 h Gülle 72 h 72 h 72 h 72 h 72 h 72 h 72 h 72 h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h 1h M M A-- C-- B-- DGGE von 16S rDNA-Fragmenten für A: nicht-kult. Gram-pos. Bakterium aus Bakterien (E.coli: 968-1401) dem Hühnerdarm (98,9%) B: Brachybacterium tyrofermentas (99,7%) C: Moraxella sp. (100 %)
Inokulation verschiedener Hölzer und Kunststoff mit Hühnergülle 40 50 60 70 80 90 100 Lärche 1 – 1 h PE 1 – 1 h Lärche 1 – 72 h Ahorn 2- 1 h Kiefer 1 – 216 h Kiefer 2 – 216 h Kiefer 2 – 72 h Kiefer 1 – 72 h Lärche 1 – 216 h Lärche 2 – 216 h Lärche 2 – 1 h Lärche 2 – 72 h Kiefer 1 – 1 h Gülle Ahorn 2 – 72 h PE 2 – 1 h Ahorn 1 – 72 h Ahorn 1 – 1 h Ahorn 1 – 216 h Ahorn 2 – 216 h Kiefer 2 – 1 h PE 1 – 216 h PE 2 – 216 h PE 1 – 72 h PE 2 – 72 h
Charakterisierung der antibakteriellen Wirkung von Holz Physikalische und chemische Erklärungsansätze: Bakterien werden nur durch rein physikalische Kräfte in den Holzporen festgehalten. Ein „scheinbarer Keimabbau“ findet durch eine Verlagerung der Bakterien von der Oberfläche in tiefere Holzschichten statt. Das poröse und hygroskopische Holz entzieht den Bakterien das für ihre Lebensaktivität und Vermehrung benötigte Wasser und tötet diese dadurch ab. Holzinhaltsstoffe wirken antibakteriell.
Überleben von E. coli pIE639 auf Holz und Kunststoff 9 8 7 Titer (log10 CFU/g) 6 0h 5 24 h 48 h 4 96 h 216 h 3 2 1 0 Kiefer Fichte Lärche Ahorn Buche Eiche Pappel PE
Charakterisierung der antibakteriellen Wirkung von Holz Physikalische und chemische Erklärungsansätze: Das poröse und hygroskopische Holz entzieht den Bakterien das für ihre Lebensaktivität und Vermehrung benötigte Wasser und tötet diese dadurch ab. Holzinhaltsstoffe wirken antibakteriell.
Charakterisierung der antibakteriellen Wirkung von Holz Holzart Alkohol- Ether- Holzart Ethanol- Benzol- Extrakte Extrakt Extrakte [%] [%] [%] Europ. 2,34 0,78 Tanne 2 Fichte Kiefer 3,32 1,92 Fichte 2,5 Kiefer-Splint 3,47 - Lärche 4,5 Kiefer-Kern 5,88 - Kiefer 9 Hainbuche 1,99 - Rotbuche 1,5 Gemeine 1,20 0,31 Esche 3 Buche Spitzahorn 2,02 0,45 Ahorn 3 Bergahorn 2,45 - Pappel 3,5 Eiche - 0,72 Birke 3,5 Eiche-Splint 2,4 - Erle 5 Eiche-Kern 4,4 - Nussbaum 5 Linde 10 Robinie 11 Eiche 12 Extraktstoffgehalte einiger Laub- und Nadelholzarten (Fengel und Grosser 1975, Dix und Marutzky 1987, Kubel et al. 1988, Lange et al. 1989, Lange 1995)
Charakterisierung der antibakteriellen Wirkung von Holz ÜN–Kultur + Extrakt Holzspäne Inkubation, ÜN, 37°C + Wasser + Tetrazoliumchlorid Inkubation, 30 min, 37°C Heißwasser- extraktion OD-Messung (2 h, 80°C) TA K F L B P E W 1 5 10 109 CFU/ml 108 CFU/ml
Wirkung von Heißwasserextrakten auf E. coli pIE639 1,2 1 0,8 OD595nm 0,6 0,4 0,2 0 te he he el e re r r z se fe ol ur pp ch äu rc uc ie nh as sä Pa Fi Lä ns K B W er in i nn nn K r- Ta Ta fe ie % % K 10 5 Inokulation: 109 CFU/ml
Wirkung von Heißwasserextrakten auf E. faecium 0,12 0,1 0,08 OD595nm 0,06 0,04 0,02 0 te he he el e re r r z se fe ol ur pp ch äu rc uc ie nh as sä Pa Fi Lä ns K B W er in i nn nn K r- Ta Ta fe ie % % K 10 5 Inokulation: 106 CFU/ml
Charakterisierung der antibakteriellen Wirkung 10 9 8 7 Titer (log10 CFU/g) 6 0h 24 h 5 48 h 4 72 h 3 2 1 0 Kiefer Kiefer nach Buche Buche nach Leaching Leaching
Zusammenfassung Die hygienischen Eigenschaften von Holz können nicht universell eingeschätzt, sondern müssen differenziert beurteilt werden. Die hygienischen Eigenschaften von Holz hängen hauptsächlich von der Holzart selbst ab, aber auch von anderen Faktoren wie der Art und Konzentration der Bakterien, der Holzfeuchte, den Umgebungstemperaturen und der relativen Luftfeuchte. Für Kiefern- und Eichenholz konnten eindeutig antibakterielle Eigenschaften nachgewiesen werden hygienischer Vorteil gegenüber anderen Holzarten und Kunststoff. Die Entwicklung der DNA-Gehalte auf den Holz- und Kunststoffspänen korrelierte mit den ermittelten Keimzahlen. Die antibakterielle Wirkung von Kiefernholz wurde kultivierungs- unabhängig bestätigt.
Zusammenfassung Die DGGE-Profile machten eine Dynamik in der Struktur der bakteriellen Gemeinschaft der Hühnergülle besonders auf Kiefernholz- und Kunststoffspänen während der Inkubation deutlich. Die Ergebnisse, die in den Untersuchungen zum Überleben von Bakterien auf Holzspänen gewonnen wurden, waren tendenziell auf das Überleben von Bakterien auf kompakten Flächen übertragbar. Neben der hygroskopischen Wirkung von Holz konnte auch die Beteiligung von Holzinhaltsstoffen an der antibakteriellen Wirkung nachgewiesen werden.
Ausblick Auch in der Praxis konnten die guten hygienischen Eigenschaften von Produkten aus Kiefernholz bestätigt werden.
Danksagung Heinrich Wilms Fa. Gustav Wilms Holzverpackungen, Bad Essen-Barkhausen Dr. Helmut Steinkamp Deutsches Institut für Lebensmitteltechnik e.V., Quakenbrück PD Dr. Kornelia Smalla, BBA, Braunschweig Dr. Rolf Kehr, BBA, Braunschweig Arbeitsgruppe Smalla
Pinus sylvestris L. (Gemeine Kiefer)
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