Hundebande - Resozialisierung auf vier Pfoten! - Ein Interview mit der Initiatorin Manuela Maurer

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       Hundebande – Resozialisierung auf vier Pfoten!
                          Ein Interview mit der Initiatorin Manuela Maurer

Foto: Volker Wenzlawski                                                                            Antijagdtraining Molly mit Pate Denis

Das Projekt „Hundebande“ organisiert       warum macht man das nicht? Da habe            Die Hundebande stellt also eine einzig-
eine Grundausbildung von Welpen zu         ich entschieden, die Sache in die Hand        artige Win-Win-Situation dar: Straffällig
Blindenführhunden durch Strafgefange-      zu nehmen.                                    gewordenen Menschen eröffnet sie eine
ne und Haftentlassene und verbindet so                                                   Perspektive und blinde Menschen erhal-
die Herausforderungen zweier Lebens-       Denn mit der Hundebande möchten wir           ten einen Blindenführhund, der tadellos
welten auf eine neue Art miteinander:      Menschen, die auf die schiefe Bahn ge-        und mit viel Liebe sozialisiert wurde.
Perspektiven für Menschen im Zuge der      kommen sind, einen Weg zurück in die
Resozialisierung und die Bedürfnisse       Gesellschaft ebnen. Das heißt konkret:        Außerdem ist es uns wichtig, auch die
blinder Menschen.                          Im Gefängnis einsitzende Männer und           öffentliche Meinung durch eine viel-
                                           Frauen und ehemalige Strafgefangene           schichtige Presse- und Öffentlichkeits-
BAG-S: Erzählen Sie doch mal, wie es zu    übernehmen Verantwortung für Hunde-           arbeit dahingehend zu verändern, dass
dem Projekt kam und welche Ziele es        welpen. Sie begleiten diese in den ersten     jeder Mensch eine zweite Chance
verfolgt?                                  zwölf Monaten ihres Lebens, um sie auf        verdient.
                                           die Ausbildung als Blindenführhund vor-
Ich war 2009 zu einer Filmpremiere in      zubereiten. Die Strafgefangenen über-         BAG-S: Vielleicht noch kurz ein paar In-
einem Berliner Gefängnis eingeladen.       nehmen Verantwortung, entwickeln              fos zu Ihrer Person ?
Dort wurde ein Film gezeigt, der ein       neues Selbstbewusstsein und erhalten
Ausbildungsprogramm für Blindenführ-       Anerkennung. So helfen sie Menschen,          Ja gerne! Also, ich habe Sozialwesen
hunde in einem New Yorker Gefängnis        die auf einen Blindenführhund angewie-        studiert und den Alltag für Randgrup-
zur Vorlage hatte. Im Zuschauerraum        sen sind und lernen selbst, sich ein struk-   pen früh kennengelernt. Verschiede-
saßen Strafgefangene, Justizsenat, Film-   turiertes, zielgerichtetes und verantwor-     ne Praktika, u.a. in New York in einer
produktion und Schauspieler und am         tungsvolles Leben aufzubauen.                 Langzeittherapieeinrichtung für Drogen-
Ende des Films wurde die Frage gestellt,                                                 abhängige, haben mir gezeigt, wie sehr
BAG-S Informationsdienst Straffälligenhilfe 22. Jg. Heft 2/2014                                                                 5

behördliche Strukturen und gesetzliche     en haben sich sehr zum Positiven entwi-     sehr gut funktionierendes Resozialisie-
Auflagen nötige Resozialisierungsmaß-      ckelt, sind über sich hinausgewachsen,      rungsprogramm!
nahmen einschränken oder gar ver-          haben Vertrauen in ihre eigenen Hand-
hindern. Ein Missstand, den ich auch       lungsfähigkeiten erlangt. Und alle sind     BAG-S: Nun ist mit dem Hamburger Für-
während meines Studiums der Kunstge-       früher als geplant entlassen worden.        sorgeverein auch ein freier Träger am
                                                                                       Projekt beteiligt. Wer bildet diesmal die
                                                                                       Hunde aus?

                                                                                       Aktuell haben die Patenschaften für die
                                                                                       beiden Hunde Molly und Tom vier männ-
                                                                                       liche Bewohner im Wohnheim des Für-
                                                                                       sorgevereins übernommen. Dazu gibt es
                                                                                       aber auch noch einen Paten für die bei-
                                                                                       den Kaninchen Hanni und Nanni. Diese
                                                                                       haben wir in das Programm aufgenom-
                                                                                       men, um von Anfang an den Jagdinstinkt
                                                                                       abzutrainieren, was ein großer Vorteil
                                                                                       für die spätere Ausbildung ist und im
                                                                                       Übrigen eines der Learnings aus der Pi-
                                                                                       lotphase in Hahnöfersand war.

                                                                                       BAG-S: Wie kann ich mir insgesamt den
Foto: Volker Wenzlawski                                                    Hund Tom    Ablauf vorstellen? Vom ersten Ankom-
                                                                                       men bis zur Verabschiedung als ausge-
schichte, Psychologie und Philosophie      Das ist ein toller Erfolg. Auch die Hunde   bildeter Blindenführhund?
nicht vergessen konnte und der auch        haben sich gut entwickelt. Charakterlich
während meiner Zeit in der Werbebran-      gab es nicht die geringsten Einwände!       Hier muss ich einmal richtigstellen: Unse-
che haften blieb. Wie ich eingangs schon                                               re Paten aus dem Wohnheim oder auch
erwähnte, war der Kinofilm „Underdogs“     Die Auswertung der Pilotphase war           die Frauen im geschlossenen Vollzug bil-
die Initialzündung für mich, endlich et-   dann sicher genauso wichtig wie die Pi-     den die Hunde nicht zu Führhunden aus!
was selbst in die Hand zu nehmen. Ich      lotphase selbst. An manchen Stellen war     Sie übernehmen die Grunderziehung
gründete Hundebande 2010 und sah
hierin eine einzigartige Gelegenheit,
meine gewonnenen Erfahrungen aus
der Sozialarbeit und der Kommunikati-
onswirtschaft zusammenzuführen, um
hiermit Menschen, die auf die schiefe
Bahn gekommen sind, einen Weg zurück
in die Gesellschaft zu ebnen.

BAG-S: Das Projekt hatte eine neun-
monatige Projektlaufzeit in der JVA
Hahnöfersand? Wie sind die Rückmel-
dungen? Was klappte, was nicht?

Wir haben die Pilotphase im September
2010 im Frauenvollzug Hahnöfersand ge-
startet und ich würde sagen, sie ist gut
gelaufen – es war nichts wie geplant!
Aber das ist ja auch die Herausforderung   Foto: Volker Wenzlawski                                                 Training Gruppe
bei einer solchen Unternehmung. Uns
ging es ja erst mal darum festzustellen,   das Konzept aufgeweicht, an manchen         und, was der wichtigere Teil ist, die So-
mit welchen Schwierigkeiten wir zu tun     Stellen haben sich ganz neue Potentiale     zialisierung der jungen Hunde. Damit be-
haben und ob diese zu überwinden sind.     gezeigt. All die Erfahrungen haben wir      reiten sie sie auf ihre spätere Ausbildung
Letztendlich haben alle durchgehalten,     in die Weiterentwicklung des Konzeptes      zum Führhund vor! Und das ist eine sehr
auf zwei und auf vier Beinen. Die Frau-    aufgenommen und schauen jetzt auf ein       verantwortungsvolle Aufgabe. Damit die
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Hunde sich später angstfrei im Alltag be-    hinter den Mauern verlassen können. Im          gen nicht mitgestalten. Das wollen wir
wegen, müssen sie auf die belebte und        Wohnheim für Haftentlassene integriert          in der Fortsetzung der Hundebande in
unbelebte Umwelt sozialisiert werden.        sich das Außentraining in den normalen          Hahnöfersand aber auch anders organi-
Ihr Lehrplan ist voll mit den unterschied-   Alltag der Haftentlassenen.                     sieren.
lichsten Dingen, Situationen und Wesen:
Menschen vom Baby bis zum Rentner, in        Ist der Hund ein Jahr alt, verlässt er sei-     BAG-S: Wie werden die Inhaftierten/
unterschiedlichster Kleidung und unter-      ne Paten und wird bei gesundheitlicher          Wohnheimbewohner auf die Hunde
schiedlichsten Situationen. Als Blinden-     und charakterlicher Eignung in die Aus-         und ihre Aufgabe und auch auf das Ab-
                                                                                             schiednehmen vorbereitet? Sie sind ja
                                                                                             ggf. noch nie „Frauchen“ oder „Herr-
                                                                                             chen“ gewesen und verbringen nun in
                                                                                             einer Ausnahmesituation 24 Stunden
                                                                                             mit ihrem Hund zusammen.

                                                                                             Uns ist es sogar lieber, dass sie vorher
                                                                                             noch kein „Herrchen“ oder „Frauchen“
                                                                                             waren – d.h., Vorerfahrung muss keine
                                                                                             mitgebracht werden. Zugangsvoraus-
                                                                                             setzung ist die Bereitschaft, 24 Stunden
                                                                                             am Tag Verantwortung zu übernehmen.
                                                                                             Die Motivation, warum die Männer und
                                                                                             Frauen mitmachen möchten, ist für uns
                                                                                             entscheidend.

                                                                                             Außerdem müssen sie die Bereitschaft
Foto: Volker Wenzlawski                                               Tom – Sozialisierung
                                                                                             mitbringen, nach der Philosophie der
führhund dürfen Hunde weder Angst vor        bildung zum Führhund übernommen                 Führhundschule die Hunde zu erziehen.
Joggern noch vor Menschen im Rollstuhl       und lernt für etwa ein weiteres Dreivier-       Also ausschließlich über positive Beloh-
haben. Sie müssen andere Hunde ken-          teljahr alles, was er braucht, um seinen        nung!
nenlernen, aber auch andere Tiere wie        blinden Partner sicher durchs Leben zu
Pferde oder Schafe auf der Weide – vor       führen.                                         Im Unterricht, der zweimal wöchentlich
allem müssen sie lernen, dass sie nicht                                                      stattfindet, leitet die Trainerin die Paten
jagen dürfen.                                BAG-S: Welche Unterschiede gibt es da           in der Ausbildung an. Sie begleitet die
                                             zur Ausbildung im Strafvollzug?                 Entwicklung sehr eng und gibt indivi-
Im ersten Schritt stellen wir das Pro-                                                       duelle Lernimpulse. Ein Beispiel: Molly
gramm und den Leitfaden, den es ‚ab-         Hinsichtlich der Grunderziehung gibt es         ist von Anfang an angstfrei und unpro-
zuarbeiten’ gibt, vor. Hier machen wir       keine Unterschiede. Der andere, wichti-         blematisch in einen ICE-Zug eingestie-
klar und deutlich, was es heißt, für einen   gere Teil ist die Außensozialisierung der       gen. Tom hingegen wollte das gar nicht.
Welpen die Verantwortung zu überneh-         Hunde. Sie müssen sich das so vorstel-          Taucht so unterschiedliches Verhalten
men, an welche Bedingungen die Teil-         len, dass der Führhund ja später dann zu        auf, muss darauf natürlich entsprechend
nahme geknüpft ist. Sind die Auswahlge-      arbeiten hat, wenn er das Haus verlässt.        reagiert werden. Die Folge: Mit Tom
spräche geführt, übergeben wir im Alter      Deshalb muss er in belebter und unbe-           mussten wir die Übungen anders auf-
von zwölf Wochen die Welpen in die           lebter Umwelt absolut sicher sein. Und          bauen und das Ganze hat mehr Zeit be-
Hände der Paten.                             alles, was der Hund im ersten Lebens-           ansprucht als bei Molly.
                                             jahr nicht kennenlernt, stuft er später im
Sie sind dann sieben Tage die Woche, 24      ungünstigsten Fall als gefährlich ein und       Es gibt also kein festgefahrenes Curricu-
Stunden am Tag für sie verantwortlich;       zeigt sich ängstlich. Das wäre für einen        lum, sondern der Trainingsinhalt richtet
sie erziehen, trainieren und pflegen sie.    Führhund nicht akzeptabel.                      sich sehr nach dem Wesen der Hunde. Es
Geben ihnen Liebe und Fürsorge. Zwei-                                                        ist uns sehr wichtig, hier auch die nöti-
mal die Woche findet dann unter der          Im Wohnheim hat es somit den Vorteil,           ge Zeit aufzubringen. So wird der Hund
Leitung einer professionellen Hundetrai-     dass die Männer die Sozialisierung in ih-       nicht an den Menschen angepasst, son-
nerin Unterricht statt. Das sind wechsel-    ren Alltag integrieren. In der Pilotphase       dern es wird versucht, unter Berücksich-
weise Frau Steffen und ihre Kollegin Frau    in Hahnöfersand hat die Außensoziali-           tigung des Wesens zum Lernerfolg zu
Schwarz. Im geschlossenen Vollzug muss       sierung die Führhundschule übernom-             kommen. Und das finden die Paten äu-
auch dafür Sorge getragen werden, dass       men. Damit konnten die Frauen die für           ßerst spannend und lernen dabei natür-
die Hunde zweimal die Woche die Welt         den Führhund wichtigen Lernerfahrun-
BAG-S Informationsdienst Straffälligenhilfe 22. Jg. Heft 2/2014                                                                        7

                                                                                               und wie angestrengt ich war, weil nichts
                                                                                               lief wie geplant. Ganz zu schweigen von
                                                                                               der wirtschaftlichen Unsicherheit. Wir
                                                                                               hatten mit vielen ungeplanten Ereignis-
                                                                                               sen zu tun. Es stellten sich viele Fragen,
                                                                                               auf die wir nicht vorbereitet waren und
                                                                                               jede Antwort, die wir fanden, generierte
                                                                                               zehn neue Fragen. Heute weiß ich, dass
                                                                                               das normal ist. Ich habe gelernt, dass
                                                                                               man die Realität nicht dem geplanten
                                                                                               Programm anpassen kann. Aber umge-
                                                                                               kehrt wird ein Schuh draus. Wir können
                                                                                               sagen, die Klammer bildet der Hund. Auf
                                                                                               alles, was sich ereignet, muss aber im-
                                                                                               mer situativ reagiert werden. Deshalb
                                                                                               ist es auch unabdingbar, dass das The-
Foto: Volker Wenzlawski                                               Hund Tom mit Pate Nico
                                                                                               ma einerseits von einer professionellen
                                                                                               Führhundschule und andererseits von
lich auch viel über sich selbst und über    nehmendes Programm geworden. Wir                   den Mitarbeitern des Vollzugsdienstes
ihre Umwelt!                                haben mittlerweile zahlreiche Partner              und den Pädagogen des Wohnheims zu
                                            und Unterstützer an der Seite, die die             100 Prozent mitgetragen wird.
Der Abschied ist traurig, keine Frage.      Idee der Hundebande aus voller Über-
Nach neun bzw. zehn Monaten Zusam-          zeugung mittragen. Und wir haben ein               BAG-S: Wenn andere Träger Interesse
menleben mit einem Tier als Sozialpart-     sperriges Thema auf die Agenda der                 haben, an wen können sie sich wen-
ner gibt es ein Band, das geknüpft wur-     Medien gebracht und damit in einen                 den? Welche Voraussetzungen sind un-
de. Eine Beziehung ist da. Deshalb wird     gesellschaftlichen Diskurs. Mittlerweile           bedingt bei einer Umsetzung notwen-
natürlich geweint, wenn der Tag des         arbeiten wir an einem langfristigen Fi-            dig?
Auszuges kommt. Was aber hilft, ist die     nanzierungsmodell und sind dabei, die
Tatsache, dass der Hund für eine sozia-     Hundebande fest in Hamburg zu veran-               Interessenten können sich selbstver-
le Aufgabe vorgesehen ist und die Ver-      kern.                                              ständlich gerne an uns wenden; wir tei-
antwortung weiterträgt - so hat es eine
Teilnehmerin in Hahnöfersand selbst for-
muliert! Andere sind aber trotz der Trau-
rigkeit über den Abschied auch froh, sich
wieder ganz um sich zu kümmern und
damit um all die Themen, die anstehen:
Umschulung, Beschäftigungsverhältnis,
Wohnungssuche etc.

Wichtig ist aber, dass der Abschied be-
gleitet wird. Man kann dann nicht ein-
fach wieder zur alten Tagesordnung
übergehen. In Hahnöfersand war es
damals so, dass nach Auszug der Hunde
zwei Frauen in den offenen Vollzug ver-
legt wurden, eine wurde entlassen, die
vierte ist im Haus mit einem neuen Ar-
beitsbereich gewechselt.                    Foto: Volker Wenzlawski                                                          Hündin Molly

BAG-S: Was hat sich seit dem Projekt-       BAG-S: Wo haben Sie dazugelernt bzw.               len gerne unsere Erfahrungen. Ich bin
start alles so verändert? Ist Ihnen da      wo mussten Sie das Projekt den Be-                 mir auch sicher, dass wir schon viele
etwas Bestimmtes aufgefallen? Hat Sie       dingungen und Anforderungen „anpas-                Impulse gesetzt haben. Die Hamburger
irgendetwas besonders überrascht?           sen“?                                              Hundebande hat noch ca. eineinhalb bis
                                                                                               zwei Jahre Modellcharakter. Dann wer-
Aus einer Idee - inspiriert durch einen     Eine gute Frage! Ich erinnere noch gut             den wir wissenschaftliche Ergebnisse
Kinofilm - ist mittlerweile ein ernstzu-    die ersten acht Wochen der Pilotphase              vorweisen können, die belegen, wie sich
8                                                       BAG-S Informationsdienst Straffälligenhilfe 22. Jg. Heft 2/2014

das Mitwirken in unserem Programm            geschieht dies durch den völlig neuen        BAG-S: Was steht als nächstes an?
auf die Teilnehmer auswirkt. Wenn wir        Bezugsrahmen, den das Projekt bietet:
das einmal abgebildet haben, wollen          Über die Arbeit mit den Hunden können        Die Beispiele der Studenten und auch die
wir uns im nächsten Schritt Gedanken         unsere Paten ein neues Selbst- und Welt-     eigenen Beobachtungen sind überzeu-
machen, wie wir das Thema in andere          bild aufbauen. Das Training verschafft       gende Erfahrungswerte, dennoch sind
Bundesländer übertragen.                     soziale Kontakte und Erfolgserlebnisse.      wir inzwischen an einem Punkt, an dem
                                             Dies ist immer dann der Fall, wenn der       es nicht mehr ausreicht, nur zu behaup-
Jedem, der jetzt schon mal loslegt, wür-     von ihnen trainierte Hund das von ihnen      ten „Tiere sind gut für den Menschen“.
de ich unbedingt empfehlen, sich die         gewünschte Verhalten zeigt. Für Men-         Ab Oktober werden wir deshalb Kern
Kompetenzen an die Seite zu holen, über      schen, die in ihrem bisherigen Leben         eines interdisziplinären Forschungspro-
die er selbst nicht verfügt. Das Thema ist   meistens an den gesellschaftlichen He-       jektes unter der Leitung von Prof. Dr. Nils
zu komplex, als dass man den Anspruch        rausforderungen gescheitert sind, wirkt      Zurawski des Kriminologischen Instituts
haben könnte, alles allein zu bedienen.      sich diese Erfahrung sehr positiv auf das    in Hamburg.
                                             Selbstbild aus. Durch die Verantwortung,
BAG-S: Warum sollten tiergestützte           die die Paten für den Hund übernehmen,       Im November endet die Pilotphase im
Projekte unbedingt mehr in Strafvollzug      können sie ein neues Bewusstsein ent-        Wohnheim des Fürsorgevereins und die
und Straffälligenhilfe Eingang finden?       wickeln und Verhaltensmuster erlernen,       Tendenzen zum Weitermachen sind jetzt
                                             die übertragbar sind auf ihre späteren       schon sichtbar. Das wollen wir auch!

Foto: Volker Wenzlawski 		                                                                 Training Untergründe mit Trainerin und Pate Nico

Ich werde zu dem Thema oft von Studen-       gesellschaftlichen Beziehungen (indem        Wenn wir die Finanzierung planmäßig
ten angeschrieben und weiß dadurch,          sie positives Verhalten äußern, erleben      hinkriegen, können im Frühjahr nächsten
dass es in vielen Strafanstalten teilweise   sie, dass sie auch positives Verhalten       Jahres zwei neue Welpen im Wohnheim
schon jahrelang tolle tiergestützte Pro-     ernten). Ich denke, allein dies sind Grün-   einziehen und gleichzeitig aus demsel-
jekte gibt, die allesamt über gute Erfah-    de genug, sich mit dem Thema stärker         ben Wurf zwei Welpen im geschlosse-
rungen berichten.                            im Strafvollzug zu beschäftigen. Ganz zu     nen Vollzug Hahnöfersand. Das ist mein
                                             schweigen von der Atmosphäre, die sich       Wunschszenario und dies wäre auch aus
Ich habe die Beobachtung gemacht, dass       in einem Haus verändert. Wussten Sie,        wissenschaftlicher Sicht sehr spannend.
unsere Teilnehmer in dem, was sie tun,       dass sich das Stresslevel durch die bloße    (www.hundebande.org)
einen unmittelbaren Sinn erfahren und        Anwesenheit eines Tieres reduziert? Da-
damit ihre oft sehr brüchige Ich-Identität   von profitiert also jeder.                                        Das Interview führte
stärken. Aber auch interaktive soziale                                                                   Eva-Verena Kerwien, BAG-S
Defizite werden aufgearbeitet. Und zwar
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