Hundezüchter aus Leidenschaft: Woran erkennt man einen guten Züchter?
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Hundezüchter aus Leidenschaft: Woran erkennt man einen guten Züchter? Pfaffenhofen. Ein kleiner Ort im schönen Baden- Württemberg. Alte Häuser sind umrahmt von, in voller Blüte stehenden, grünen Weinbergen, die Sonne zieht ihre langen Kreise über den Schindeldächern der Stadt und inmitten dieser herrlichen Landidylle hört man die freundlichen Begrüßungsrufe der Hunde, wenn man sich dem Gitterzaun der Weinsteige 8 nähert. Es ist das Haus der Familie Edwards. Eine kalte Schnauze wird gegen die Hand gepresst, ein herzlicher Kuss auf die nackte Haut am Knie gedrückt und ein sanfter Schubs in Richtung Mittelpunkt des gemütlichen Hofes erfolgt durch ein, zwei oder auch fünf Köpfchen. Bevor man zu den Züchtern durchdringt, wird erst das Rudel ausgiebig gestreichelt, begrüßt und ein wenig durch mitgebrachte Leckerlis bestochen. Zwei Möpse, Polly und Joeline, zwei französische Bulldoggen, Tiffy und Luke, ein Schäferhund namens Queen und eine Katze mit Rufnamen Buffy bilden das Rudel, dessen Oberhaupt aus Züchterin Jeanette Edwards besteht. Ihre Hunde und sie leben hier mit ihrem Ehemann James Edwards und ihrem Sohn Jeremy Colin Edwards. Die 35- Jährige Hundemama ist seit 2006 mit dem offiziellen Zwingernamen 'From Patch of Heaven' in das internationale Zuchtbuch eingetragen und seit 2008 Mitglied im Verein der deutschen Rassehunde Brandenburg e.V. Alles begann 2005 als die Familie die französische Bulldogge Tiffy von einem Züchter erwarb und Freunde ihren Mann und sie mit zu einer Hundeausstellung nahmen. Dort trafen sie auf einen Vereinsvorstand, der ihnen nahe legte die junge Hündin auszustellen auf Grund des offensichtlichen Siegerpotenzials. 2006 wurde Tiffy untersucht und die Ergebnisse sprachen für sich. Der erste Wurf, der 'A- Wurf', wurde am 03.01.2007 zur Welt gebracht und der Grundgedanke zur Zucht 'Warum nicht?' erhielt seine Daseinsberechtigung. Jeanette Edwards schreitet voran ins Innere des zweistöckigen Hauses und das Rudel folgt ihr. Zahlreiche, glänzende Pokale säumen den Aufgang des Treppenhauses und stellen die Andenken an erfolgreiche Jahre auf den Ausstellungen dar. Vor dem weißen Gitter im ersten Stock warten die Hunde geduldig bis ihnen der Zutritt in die offene Küche mit angrenzendem Wohn- und Esszimmer gewährt wird. Vor dem Sofa steht eine geräumige Holzkiste, die mit weichen Decken ausgelegt ist und von einer Rotlampe in warmen Schein angestrahlt wird. Es ist eine Liegewiese für die Tiere und der Platz für die Welpen, wenn sie gerade das Licht der Welt erblickt haben. Jeanette schläft in dieser Zeit mehrere Wochen auf dem großen, braunen Familiensofa um jederzeit die Bedürfnisse von Muttertier und Welpen zu stillen. Im Herbst ist es im Hause Edwards wieder soweit, dann soll Mops Polly zum ersten
Mal gedeckt werden. Für Jeanette ist es sehr wichtig, dass Polly sich ihren Deckpartner selbst erwählt. Ähnlich wie bei den Menschen, suchen die Hündinnen sich den biologisch geeignetsten Partner für die Nachkommenschaft aus und haben somit eine Entscheidungsfreiheit inne. „Die Chemie oder viel mehr die Sympathie zwischen den Deckpartnern muss stimmen.“ erklärt Jeanette während sie Polly liebevoll über den kleinen beigen Kopf streichelt und diese die Zärtlichkeiten mit einem Kuss auf das Kinn der Züchterin erwidert. Die Entscheidungsfreiheit der Hunde wird auch bei den potenziellen Welpeneltern beachtet. Wenn die Tiere positiv auf die Käufer reagieren, dürfen sie die Hunde mitnehmen, tritt allerdings das Gegenteil ein, entscheidet sich Jeanette gemeinsam mit ihren Welpen gegen einen Verkauf. Jeanette setzt bei der Auswahl der Deckpartner allerdings die gleichen gesundheitlichen Untersuchungen wie bei ihrer Hündin voraus, um eventuelle Gesundheitsrisiken zu minimieren. Das ist eine der Hauptaufgaben eines Züchters. Wenn sich beispielsweise nach einer Verpaarung Krankheiten bei den Welpen feststellen lassen, ist das eine wichtige Information für die Züchter bei der nächsten Deckung. Sie können dann das Wohlbefinden der Tiere verbessern, denn die Zuchtselektion ist das A und O. Da der Beruf des Züchters kein geschützter Beruf ist, gibt es mittlerweile einen breiten Schwarzmarkt, wo unüberlegte Verpaarungen zu Erbkrankheiten führen können. Die Gesundheit der Hunde wird zugunsten eines Schönheitsideals zurückgestellt und eine 'Geiz ist Geil'- Mentalität bei den Käufern gefördert. „Die Leute werden durch Werbeplakate oder Fernsehwerbung auf bestimmte Rassen angesetzt. Sie wollen die Tiere um jeden Preis haben und sind oft nicht bereit auf einen Wurf von einem guten Züchter zu warten.“ sagt die liebevolle Hundemutter verständnislos. Dadurch gibt es viele Trittbrettfahrer, die in die Hundezucht einsteigen um Profit aus den jeweiligen 'Modehunden' zu schlagen. Sie kaufen die Hündinnen billig im Ausland ein, lassen sie schnellstmöglich decken und verkaufen die Tiere ohne Papiere für 800 Euro weiter. Aus diesem Grund ist es für Jeanette ein Muss, dass sich potenzielle Welpeneltern im Vorfeld informieren. „Heutzutage recherchieren die Menschen stundenlang im Internet bevor sie sich ein Smartphone oder ein Auto zulegen, aber bei den Tieren sollte es einfach nur schnell gehen.“ erklärt sie kopfschüttelnd. Sie steht auf, die Hunde folgen ihr, und holt einen prall gefüllten Ordner aus dem Regal neben dem Esstisch. Hier bewahrt sie Gutachten, Ahnentafeln und andere Papiere ihrer Hunde auf. Vor dem Kauf eines Welpen sollten sich Interessenten genau diese Dokumente zeigen lassen. „Ein guter Züchter legt seine Daten immer offen und zeigt den Welpeneltern das Mutter- und/ oder das Vatertier bei einem Besuch. Sie sollten die Hunde kennenlernen, ehe sie sich entscheiden
einen Welpen zu kaufen.“ sagt sie mit Nachdruck. Das Telefon klingelt und die Hunde geben Laut. Jeanette beantwortet den Anruf und beginnt zu lächeln. Ein ehemaliger Käufer möchte einen Rat von ihr. Sie nimmt sich viel Zeit und beantwortet die Fragen in aller Ruhe. Auch das ist ein Merkmal eines guten Züchters: die Kommunikation mit den Welpeneltern auch nach dem Verkauf. Bei Problemen soll der Kontakt zum Züchter gesucht werden. „Als Züchter bist du Ansprechpartner 365 Tage im Jahr.“ erklärt sie entschuldigend nach dem Gespräch. Sie kümmert sich gern um die Probleme der Welpeneltern und erhält dadurch auch Informationen über die Entwicklung der Welpen. Auch bei Urlauben oder Krankheiten übernimmt Jeanette die Betreuung der Hunde. Es entsteht eine familiäre Atmosphäre im Kreis der Mopszüchter und ihrer Kunden. „Wir züchten Familienmitglieder und sie bleiben auch immer Teil unserer Familie.“ sagt sie lächelnd und hat prompt wieder einen ihrer Lieblinge auf dem Schoß sitzen. Die innige Beziehung zwischen Mensch und Tier wird ganz deutlich und steht bei der Zucht im Vordergrund. Im Falle einer gewünschten Rückgabe, gibt es im Vertrag eine Option, die ein Rückkaufrecht für den Züchter für die Hälfte des ursprünglichen Kaufpreises beinhaltet. „Bevor die Hunde in ein Tierheim gegeben werden, nehme ich sie immer lieber zurück.“ erklärt Jeanette. „Und jetzt backen wir Muffins für die Ausstellung morgen.“ beendet sie für heute die kleine Fragerunde und begibt sich in ihre Küche. Sonntagmorgen. 07:30Uhr. Polly ist aufgeregt. Es ist ihre fünfte Ausstellung an diesem heißen Pfingsttag. Jeanette ist schon früh auf den Beinen und kümmert sich um Proviant für die 1 ½- stündige Fahrt in das malerische Au am Rhein, wo heute die große Freilandausstellung 'Frankreichssiegerschau – die Kultshow' stattfinden wird. Das Treffen mit anderen Züchtern aber vor allem auch das Wiedersehen mit Schwestern-, Bruder- und Elterntieren ist für Jeanette ein Highlight. „Es ist zwar eine sportliche Veranstaltung, die man als Werbefläche für den eigenen Zwinger nutzen kann, aber es geht für uns grundsätzlich nicht ums Gewinnen, sondern um den zwischenmenschlichen Austausch mit den anderen Züchtern und Interessenten.“ erklärt sie lächelnd während eine Flasche Hugo in die Kühlbox zu den Zitronenmuffins wandert. „Wir wollen einen schönen Tag mit Gleichgesinnten verbringen. Es könnte auch ohne die Ausstellung stattfinden, denn letztendlich geht es um die geteilte Leidenschaft.“ fügt sie ihren Worten hinzu und packt neben den diversen Köstlichkeiten Pollys Ausstellungsgeschirr ein, da jeder Hund im Richterring etwas ganz Besonderes trägt. Das Ausstellungsgelände ist gewaltig. Es gibt so viel zu entdecken und bestaunen, dass der Blick von den weißen Pavillons über die Produktstände, wo es allerhand an Zubehör für
den Hund von heute zu erstehen gibt, bis hin zu den Essensständen, die neben Bratwurst und Steak auch Kaffee und Kuchen anbieten, nur so umher schweift. Es ist heiß. Fast 35° im Schatten. Nicht nur die Zweibeiner sind beinahe erdrückt von der schwülen Luft, die ihre Bahnen träge über das Gelände zieht, auch die Hunde laufen mit hechelnden Zungen über den hellen Steinuntergrund. Der erste Weg führt Jeanette zur Anmeldung, wo sie eine Meldenummer für Polly und eine Mappe mit einem leeren Richterbericht erhält. Der zweite Weg führt direkt zu der kleinen Pavillon Gruppe am Ende des Geländes, wo sich nach und nach die Mopszüchter einfinden. Der dritte Weg führt direkt in die Arme der Bekannten und Freunde. Es ist ein herzliches Miteinander, eine eingeschworene Gemeinschaft, eine selbst erwählte Familie, die sich wiedersieht. Sie sind miteinander verbunden, nicht nur durch die familiären Bande, die sie durch die Verpaarungen ihrer Möpse erzeugt haben, sondern vor allem durch die gemeinsame Liebe zu diesen Tieren. „Solche Treffen sind einfach toll! Wir planen das schon lange im Voraus und sind wirklich schon fast wie eine Familie, tauschen uns züchterisch aus und verstehen uns auch privat super! Früher fuhr ich ganz alleine auf Rassehundeausstellungen, da sie eine Möglichkeit darstellen, Kontakt zu anderen Züchtern zu knüpfen. Nun gehe ich schon lange nicht mehr alleine. Wir machen uns den Tag, der normal lange Wartezeiten zwischen dem Richten mit sich bringt, in der Gruppe schön! Die Hunde spielen, wir quatschen, natürlich viel über die Möpse, über Ahnen, über Würfe, aber auch privat. Aber nicht alle sind so, uns vereint natürlich das gemeinsame Zuchtziel!“ erklärt Deckenrüdenbesitzerin Madeleine Appenzeller den Zusammenhalt der Gruppe. Ihre Möpse Chino und Freddie sind Prachtexemplare der Rasse und bestechen durch ihre sportliche Eleganz, was ein wichtiges Kriterium bei der optischen Begutachtung im Ring vor dem Richter darstellt. Überwiegend sind es Frauen, die mit ihren Lieblingen diese Ausstellungen besuchen und ihre Hunde präsentieren. Trotzdem werden sie von ihren Ehepartnern, Kindern oder auch Freunden begleitet und auch sie kümmern sich liebevoll um das Wohl der Tiere, was deutlich wird als die Temperaturen weiter steigen. Kurzerhand begeben sich die Ehemänner in eines der Autos und besorgen zwei kleine Schwimmbecken um die Tiere bei der Hitze mit kühlem Badespaß zu beglücken. Das gutmütige und zutrauliche Wesen der Möpse ist ein Markenzeichen dieser treuen Seelen. Es sind wahre Familienhunde. Jeanette erblickt im angrenzenden Pavillion einen ihrer ehemaligen Welpen. Sofort erkennt der Hund sie anhand ihrer Stimmlage und möchte nur eines: von ihr liebkost werden. Ihr Name ist Dörle und Jeanette hebt sie auf ihre Arme um sie in einer innigen Begrüßung an sich zu drücken. Wie eine Mutter hält sie den kleinen Mops lächelnd fest und ist sichtlich erfreut über die Entwicklung ihres einstigen Schützlings. Petra
und Frank Hunn haben die kleine Mopsdame aus Jeanette's D- Wurf erworben und kümmern sich seitdem aufopferungsvoll um Dörle. Sie war ein Geburtstagsgeschenk für den Hausherren, da dieser schon immer eine Schwäche für diese Rasse besaß, obwohl das Ehepaar sich eigentlich der Cavalier- Zucht verschrieben hat. Endlich geht es los und die Züchter werden aufgefordert sich mit ihren Hunden in Ring Drei einzufinden. Polly erhält ihre rote Ausstellungsleine und stellt sich mit Jeanette unter der Meldenummer 106 vor. Zuerst werden die Tiere präsentiert, d.h. der Züchter führt den Mops an der Leine im Kreis, so dass der Richter einen Blick auf den Gang des Tieres werfen kann um eventuelle Missstände zu prüfen. Es gibt verschiedene Altersklassen, in denen sich die Hunde nach der Reihe vorstellen. Begonnen wird mit der Babyklasse, dann folgt die Jüngsten Kategorie, Jugend, Junghund und eine offene Klasse, wo sich alle Hunde ab 15 bzw. 18 Monaten je nach Rasse präsentieren. Polly gehört noch zur Klasse Jugend und macht einen äußerst professionellen Eindruck an der Leine. Im Anschluss bleiben die Züchter mit den Hunden in der Mitte des Rings stehen und der Richter beurteilt die optischen Gesichtspunkte, u.A.: das Haarkleid, das Gebiss und schließlich das Gesamterscheinungsbild des Tieres. Das Hecheln der Möpse wird plötzlich lauter, Erschöpfung macht sich auf Grund der intensiven Mittagssonne breit, so dass man sich etwas einfallen lassen muss, um die Tiere vor der direkten Einstrahlung zu schützen. Kurzzeitig herrscht Ratlosigkeit und die Ehepartner der Züchterinnen bringen feuchte Handtücher um die Möpse mit Erfrischung zu versorgen. Schließlich erreicht der Held des Tages unter tosendem Applaus den Ring Drei und trägt einen großen Sonnenschirm in die Mitte des Platzes um den Tieren jetzt bei der Präsentation etwas Schatten zu spenden. Eine liebevolle Umsorgung nicht nur durch die Besitzer, sondern auch durch das gesamte Team der Veranstaltung. Das Wohl der Hunde steht auch hier im Vordergrund und wird besonders durch das rücksichtsvolle, herzliche und geduldige Verhalten der Züchter überaus deutlich. Zurück am Pavillon der Mopsgruppe beginnt der gemütliche Teil dieser Veranstaltung und es wird reichlich Kuchen verteilt. Ein Thema scheint heute besonders im Mittelpunkt zu stehen: das Mopsorakel. Madeleine Appenzellers Möpse, Chino und Freddie, wurden für die kommende Fußballweltmeisterschaft als neue Tierorakel ausgewählt. Die sportlichen Möpse hatten es den Mitarbeitern der Südwestpresse vom ersten Moment an angetan. „Vor allem haben sie einfach Spaß dabei und es gibt viele Leckerchen während sie vor den Spielen der deutschen Mannschaft tippen. Gedreht wurde bei uns im Garten, d.h. in ihrem Revier. Die Südwestpresse stellt die Videos auf deren Homepage und auf ihrer Facebookseite online. Wir
sind gespannt, ob noch andere Medien auf das Mopsorakel aufmerksam werden.“ erklärt Madeleine stolz. Auch wenn bei der Ausstellung noch lange kein Ende in Sicht ist, will sich Familie Edwards für heute verabschieden. Ähnlich wie bei der herzlichen Begrüßung erfolgt eine freundliche Abschiedszeremonie. Jeanette muss sich allerdings nicht nur von ihren Freunden verabschieden, auch ihr ehemaliger Schützling Dörle bekommt einen extra langen Abschiedskuss und offenbart dadurch das große Geheimnis eines Züchters: „Freude und Leid liegen beim Züchter so dicht beieinander. Man muss diese Tätigkeit mit Herzblut, Leib und Seele betreiben, denn damit haben wir uns den Tieren verschrieben.“ © Alle Rechte vorbehalten.
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