Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...

Die Seite wird erstellt Devid Henke
 
WEITER LESEN
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
Im Unerwarteten liegt die Chance
Neue Konzepte für neue Situationen

Text: Edda Kurz, Vizepräsidentin

W
                    enn Sie dieses Heft in den        im Rahmen der Nationalen Stadtentwicklungs-
                    Händen halten, dann ist die       politik Pilotprojekte, die angesichts der Co-
                    Wahl zur X. Vertreterver-         vid-19-Pandemie innovative und beispielge-
                    sammlung der Architekten-         bende Lösungen für krisenfeste Stadt- und
kammer Rheinland-Pfalz bereits in vollem Gan-         Quartiersstrukturen erproben sollen. Und auch
ge. Erstmals war eine Online-Wahl möglich, die        auf der Ebene der Gebäude werden neue kon-
vom 22. bis zum 28. Oktober stattgefunden             zeptionelle Ansätze für das Miteinander eben-
hat. Allen denjenigen, die nach wie vor per           so gebraucht wie weiterführende Antworten
Brief wählen, werden in diesen Tagen die              auf die Flächenverschiebung zwischen klassi-
Stimmzettel zugesendet, bis zum 16. Novem-            schen Büro- und Wohngebäuden.
ber, 15 Uhr wird die Wahl abgeschlossen sein.             Fast gleichzeitig brachte die Flutkatastro-
    Der traditionelle Rückblick, in dem die The-      phe im Ahrtal ein Szenario mit sich, das vorher
men der zu Ende gehenden Wahlperiode zu-              in diesem Ausmaß kaum vorstellbar war. Auch

                                                                                                         Foto: Heike Rost, Mainz
sammenfassend dargestellt sind, wurde bereits         hier zeigt sich, dass die bestehenden Instru-
im Septemberheft abgedruckt. An dieser Stel-          mente des Hochwasserschutzes, aber auch die
le möchte ich den Bogen vom Rückblick zum             Renaturierungsmaßnahmen allein nicht ausrei-
Ausblick schlagen. Welche Themen aus dem              chen, um ein zukunftsfähiges Flächenmanage-
wirklich breiten Spektrum werden für uns Mit-         ment abzubilden. Der Begriff des klimaange-
glieder der Architektenkammer in der nächsten         passten Bauens hat eine Dimension angenom-
Wahlperiode weiter wichtig sein, welche sind          men, die weit über die Energieeinsparung im
erledigt oder können in den Hintergrund tre-          Gebäudemaßstab hinausgeht, auf die das The-
ten? Sicherlich ist es richtig, die Liste zu evalu-   ma häufig verkürzt wird. Ebenso wie bei den
ieren, Prioritäten zu setzen, und damit eine          Fragen des hochwasserangepassten Bauens
Agenda aufzustellen. Allerdings haben die letz-       kann die Antwort hier nicht mehr die gleiche
ten anderthalb Jahre für mich gezeigt, wie            sein wie noch vor 20 Jahren. Auch hier muss es
wichtig es ist, trotz aller Arbeitspläne, Themen-     sowohl auf Objektebene wie auch raumplane-
speicher und To-dos schnell, flexibel und spon-       risch neue, tragfähige Ideen und Konzepte ge-
tan zu reagieren, denn die Aufgaben und Fra-          ben. Die Forderung steht im Raum, das Ahrtal
gestellungen für unseren Berufsstand brachen          beim Wiederaufbau zu einer Modellregion zu
unerwartet, dringlich und extrem herein.              entwickeln, die exemplarisch sein kann für eine
    Zunächst war es die Pandemie, die weitrei-        neue Herangehensweise an eine aktuell sich
chende Fragen und Zukunftsaufgaben für uns            verändernde Umwelt.
Planer mit sich brachte, ganz jenseits von dem            Diese Aufgaben stehen an, denn jede neue
unmittelbaren Handlungsbedarf der Digitalisie-        Situation verlangt eine neue Architektur und
rung, technischer Lüftungskonzepte oder Er-           erst im Unerwarteten liegt die Chance, zu neu-
gonomie von Heimarbeitsplätzen. Die tatsäch-          en Ideen und Lösungen zu gelangen.
lichen und die gefühlten Erleichterungen, die             Diese konzeptionellen Überlegungen dürfen
wir alle mit dem Wachsen der Impfzahlen emp-          dabei nicht vergessen lassen, dass gerade in
finden, sollten nicht dazu führen, dass wir die       Krisensituationen die ersten Schritte zählen,
Themen zur Stadtentwicklung, wie ich sie vor          um den Weg in die Zukunft zu ebnen.
ungefähr einem Jahr an dieser Stelle benannt              Ich möchte an dieser Stelle allen Kollegin-
habe, wieder aus den Augen verlieren und uns          nen und Kollegen danken, die unmittelbar und
im Status quo einrichten. Unter dem Schlag-           spontan ihre Hilfsbereitschaft und Mitarbeit er-
wort der Post-Corona-Stadt fördert das Bun-           klärt haben, um den Menschen deren Zuhause
desministerium des Innern, für Bau und Heimat         zerstört wurde, Perspektive zu geben.

DAB 11·21                                                                                                                         25
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
[ DAB REGIONAL ]    KAMMER AKTUELLRHEINLAND-PFALZ

I'm Walkin' – Fachreise Wohnen 2021
Nachhaltigkeit und Wohnen waren das Motto der Fachreise 2021 mit Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen

Text: Annette Müller

E
           in bisschen der jeweiligen Parksitu-
           ation vor Ort geschuldet war es
           schon, hätte aber nicht besser zum
           Thema „Nachhaltigkeit und Woh-
nen“ passen können: Die fünfte Wohnungs-
bau-Fachreise, die die Architektenkammer,
die Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsun-
                                                  Fotos: Kristina Schäfer, Mainz

ternehmen in Rheinland-Pfalz und das Minis-
terium der Finanzen gemeinsam unternah-
men, fand auch zu Fuß statt – beispielsweise
zu Beginn bei einem Rundgang in der Main-
zer Neustadt.
   Nach vier Reisen, die den demografischen
Wandel im Blick hatten, war es auch inhaltlich                                     Rundgang durch die Mainzer-Neustadt, den buntesten der Mainzer Stadtteile
Zeit für eine Neuausrichtung. Das gewohnte
Sommerformat war pandemiebedingt ohnen-                                               Wie nachhaltiges, qualitätsvolles und be-       sammenbrachte: „Die Fachreisen stärken die
hin in den frühen Herbst gerutscht. Am 7. und                                      zahlbares Wohnen gelingen kann, war Kernfra-       Kooperationen der Akteure untereinander und
8. Oktober nahmen dann neben der Finanz-                                           ge der Reise. Denn das Ziel der Landesregie-       stellen herausragende Beispiele für die aktuell
und Bauministerin Doris Ahnen insgesamt 15                                         rung, bis spätestens 2040 klimaneutral zu sein,    wichtigsten Fragen bei den Themen Wohnen
Abgeordnete des rheinland-pfälzischen Land-                                        bedeutet für das Planen, Bauen und Wohnen          und Bauen vor. Die Einhaltung der Klimaziele

                                                                                   „Wir wollen innovative
                                                                                   Lösungen, die Klima-
                                                                                   schutz, Bezahl-
                                                                                   barkeit und bauliche
                                                                                   Qualität verbinden.“
                                                                                   Doris Ahnen
MdLs Philipp Fernis und Dr. Herbert Drumm                                                                                             MdLs Daniel Köbler und Dr. Lea Heidbreder (li+Mi)

tages teil. Manche in ihrem Wahlkreis, manche                                      eine Mammutaufgabe. Zugleich sollen bauliche       ist auch und gerade im Wohnungsbau eine un-
an mehreren der sieben Reisestationen – ins-                                       Qualitäten und bezahlbare Mieten erhalten blei-    serer wichtigsten Aufgaben für die nächsten
gesamt so viele wie noch nie, was vielleicht                                       ben.                                               Jahre. Wir legen im Neubau und in der Sanie-
Ausweis einer Themenwahl ist, die den Nerv                                            Für Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen       rung von Altbauten einen Schwerpunkt auf die
der Zeit traf. Und natürlich waren die kommu-                                      war die Reise wichtg, weil sie einen Fokus auf     Verwendung von langlebigen, nachhaltigen
nal Verantwortlichen, die Bauverwaltung, Ar-                                       die wichtigsten wohnungspolitischen Fragen         und ressourceneffizienten Bauprodukten und
chitektinnen und Architekten, ihre private Bau-                                    setzte und gleichzeitig Architektinnen und Ar-     auf nachhaltige Energieversorgung. Mit dem
herrschaft und die Wohnungsbaugesellschaf-                                         chitekten sowie die Wohnungswirtschaft mit         Klimaschutzsofort-Programm 2022 wird es
ten jeweils dabei.                                                                 Projekten und Bürgerinnen und Bürgern zu-          erstmals eine Bund-Land-Förderung im Be-

26                                                                                                                                                                           DAB 11·21
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
RHEINLAND-PFALZKAMMER AKTUELL                                                                                                        [ DAB REGIONAL ]

reich der Sozialen Wohnraumförderung geben,          ten sich an den Weg durch die nördliche Main-       energetische Sanierung und Aufstockung der
die es uns ermöglichen wird, einen weiteren          zer Neustadt. In Bad Kreuznach folgte ein „So-      zunächst für die Lehrlinge der BASF in den
wichtigen Schritt zur Erreichung der Klimaneu-       larquartier“, das über alles bilanziert nach rund   1950er und 1960er Jahren entstandenen Häu-
tralität zu gehen. Wir wollen innovative Lösun-      30 Jahren CO2-neutral sein will. In Bad Sobern-     ser des Jugenddorfes.
gen, die Klimaschutz, Bezahlbarkeit und bauli-       heim standen mit der „Modernisierung eines             Im Mittelpunkt standen jeweils Fragen nach
che Qualität verbinden.“                             Erbstückes“ das Thema der Grauen Energie –          CO2-Bilanz, Klimaanpassung, Baustoffen, Flä-

Bad Kreuznach, Trier, Landau: Drei von sieben Stationen der Fachreise „Nachhaltigkeit und Wohnen 2021“

   Besucht wurden sehr unterschiedliche Pro-         machmal schon „Goldene Energie“ genannt –           chenverbrauch, Wohnraumförderung und bau-
jekte mit ganz verschiedenen Schwerpunktset-         und die Revitalisierung des Ortskerns auf der       kultureller Qualität. Die Reise sollte einen Bei-
zungen bei Teilaspekte des großen Themas             Agenda. In Trier wurden im Maarviertel ener-        trag zur Diskussion darüber leisten, wie nach-
Nachhaltigkeit. In der Mainzer Neustadt ging         getische Sanierung, die Qualitätsverbesserung       haltiges Wohnen ausgestaltet werden kann.
es zunächst um die verantwortliche Nutzung           der Freiflächen und eine moderate Innenent-         Für Kammerpräsident Gerold Reker waren Pro-

                                                     „Baukultur darf kein
                                                     ,Nice-to-have‘ sein.
                                                     Ohne Baukultur ist
                                                     eine bauliche Entwick-
                                                     lung nicht nachhal-
                                                     tig.“ Gerold Reker
Das NILS-Spatzenhaus in Kaiserslautern                                                                   MdLs Andreas Rahm, Thomas Wansch und
                                                                                                         Christof Reichert
des raren Gutes Boden. So wurden die Gara-           wicklung zusammen gedacht. Am zweiten Tag
gen und Schuppen eines Hinterhofgrundstü-            in Kaiserslautern ging es um soziale Aspekte        jekte zentral, die Klimagerechtigkeit, Bezahl-
ckes durch Maisonettwohnungen ersetzt, in der        der Nachhaltigkeit ebenso wie um „Animal-Ai-        barkeit und baukulturelle Qualität verbinden:
ehemals vollständig versiegelten Fläche kleine       ded Design“ – also das Integrieren der Bedürf-      „Baukultur darf kein ,Nice-to-have‘ sein. Die
Grünzonen geschaffen und der alte Blockrand          nisse von stadtbewohnenden Tieren in den Pla-       Gestaltung der Gebäude und des öffentlichen
zur Straße hin ergänzt. Drei Projekte der Main-      nungsprozess. Auf dem Landesgartenschauge-          Raums hat direkte Auswirkungen darauf, ob
zer Wohnbau in unterschiedlichen Projektpha-         lände in Landau wurde die Konversion eines          sich Menschen in ihrem Umfeld wohlfühlen.
sen von „vollständig bezogen“ über „Rohbau“          ehemaligen Pferdestalls, nachmals Garage, zu        Ohne sie ist eine bauliche Entwicklung nicht
bis zu „archäologische Grabung im Gang“ reih-        Wohnlofts besucht und in Limburgerhof die           nachhaltig“, so Reker.

DAB 11·21                                                                                                                                             27
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
[ DAB REGIONAL ]                KAMMER AKTUELLRHEINLAND-PFALZ

Die Kandidatinnen und Kandidaten
der X. Vertreterversammlung
Nachstehend veröffentlicht der Wahlvorstand die bis zum 24. September 2021, 15:00 Uhr fristgerecht eingegangenen
Kandidaturen mit lfd. Nummer, Name, Vorname, Alter, Wohnort / Niederlassung. Näheres zu den Kandidatinnen und
Kandidaten, vor allem zu deren Motivation, finden Sie auf unserer Homepage: www.diearchitekten.org/kammerwahl

Fachrichtung Innenarchitektur                                           2.  Fassbender, Alexandra, 50, Cochem                                    13. Reitemeier, Martin, 50, Kaiserslautern
Wahlbezirk: Rheinland-Pfalz                                             3.  Holzemer-Thabor, Julia, 57, Koblenz                                  14. Spitzley, Peter, 55, Kaiserslautern
                                                                        4.  König-Lehrmann, Nadya, 44, Koblenz                                   15. Stammwitz-Becker, Jutta, 54, Neustadt
1.    Bremus, Simone, 49, Guntersblum                                   5.  Lenz, Pepita, 31, Koblenz                                            16. Stauder-Buschlinger, Bernadette, 56,Rup-
2.    Holdenried, Eva, 47, Wörrstadt                                    6.  Manns, Michael, 41, Daubach                                              pertsberg
3.    Müller-Biegeler, Oliver, 50, Bad Sobernheim                       7.  Nees, Andreas, 54, Koblenz
4.    Riker, Martin, 63, Mainz                                          8.  Oppeln-Bronikowski von, Bernhard, 52,                                Fachrichtung: Architektur
5.    Seegmüller, Carolin, 48, Landau                                       Koblenz                                                              Wahlbezirk: Rheinhessen
                                                                        9. Rind, Joachim, 63, Koblenz
Fachrichtung: Landschaftsarchitektur                                    10. Schmitz-Pauser, Alexandra, 51, Neuwied                               1.       Dang, Thomas, 60, Mainz
Wahlbezirk: Rheinland-Pfalz                                             11. Ternes, Jens Joachim, 54, Koblenz                                    2.       Gehbauer, Achim, 66, Mainz
                                                                        12. Veres, Michael, 31, Koblenz                                          3.       Hahn, Sabine, 60, Gau-Algesheim
1.    Aichele, Klaus-Dieter, 56, Mainz                                  13. Wolf, Gerlinde, 66, Schwall bei Emmels-                              4.       Hille, Marcus, 56, Mainz
2.    Berger-Syska, Claudia, 44, Mainz                                      hausen                                                               5.       Kurz, Edda, 55, Mainz
3.    Ehrhardt, Birgit, 34, Landau                                                                                                               6.       Sinopoli, Luigi, 56, Alzey
4.    Heckel, Christoph, 59, Trier                                      Fachrichtung: Architektur                                                7.       Sommer, Oliver, 49, Wörrstadt
5.    Jankwitz, Dagmar, 62, Obersimten                                  Wahlbezirk: Pfalz                                                        8.       Tesch, Fabrice, 29, Mainz

Fachrichtung: Stadtplanung                                              1. Arnold, Christoph, 46, Pirmasens                                      Fachrichtung: Architektur
Wahlbezirk: Rheinland-Pfalz                                             2. Becker, Joachim, 63, Neustadt                                         Wahlbezirk: Trier
                                                                        3. Betz, Marc, 48, Landau
1     Karg, Beatrice, 47, Alzey                                         4. Biesenbach, Gudrun, 60, Boechingen                                    1.       Heinrich, Dominik, 56, Trier
2.    Lehrmann, Matthias, 47, Koblenz                                   5. Burghaus, Michael, 49, Kaiserslautern                                 2.       Hofer, Herbert, 54, Trier
3.    Riedel, Peter, 51, Kaiserslautern                                 6. Fischer, Daniela, 52, Lambsheim                                       3.       Hoffmann-Becker, Gisela, 64, Hetzerath
4.    Wüst, Boris, 40, Neustadt                                         7. Grün, Jakob, 32, Kaiserslautern                                       4.       Knieps-Vogelgesang, Kathrin, 42, Trier
                                                                        8. Hook, Tobias, 59, Altrip                                              5.       Maier, Beatrix, 49, Trier
Fachrichtung: Architektur                                               9. Horn, Gerrit, 56, Kaiserslautern                                      6.       Schäfer-Anell, Daniela, 40, Schillingen
Wahlbezirk: Koblenz                                                     10. Knauth, Uwe, 61, Landau                                              7.       Spreier, Daniel, 41, Dreis
                                                                        11. Mack, Kerstin, 62, Neustadt                                          8.       Strobel, Michael, 70, Trier
1. Breidbach, Karl-Heinz, 66, Kottenheim                                12. Mack, Reinhold, 62, Lingenfeld                                       9.       Stüber, Daniel, 54, Trier

 S. Bremus                      E. Holdenried                O. Müller-Biegeler             M. Riker                      C. Seegmüller                     K.-D. Aichele                    C. Berger-Syska
 Foto: S. Bremus, Guntersblum   Foto: Peter Würmli, Zürich   Foto: Sven Hasselbach, Mainz   Foto: Büro Archikult, Mainz   Foto: Martin Wagenhan, Landau     Foto: Sebastian Pertsch, Mainz   Foto: Bernhard Adam, Kelkheim

28                                                                                                                                                                                                          DAB 11·21
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
RHEINLAND-PFALZKAMMER AKTUELL                                                                                                                                                                                  [ DAB REGIONAL ]

 B. Ehrhardt                           Ch. Heckel                       D. Jankwitz                       B. Karg                             M. Lehrmann                    P. Riedel                         B. Wüst
 Foto: privat                          Foto: Eike Dubois, Trier         Foto: privat                      Foto: privat                        Foto: M. Lehrmann, Koblenz     Foto: BBP Stadtp. Landschaftsp.   Foto: Kathrin Berkel, Neustadt

 K.-H. Breidbach                       A. Fassbender                  J. Holzemer-Thabor                 N. König-Lehrmann                     P. Lenz                      M. Manns                           A. Nees
 Foto: K.-H. Breidbach, Kottenh.       Foto: privat                   Foto: J. Werrmann, Koblenz         Foto: K. Verhoeven, Emmelshausen      Foto: Pepita Lenz, Koblenz   Foto: Ruth Born-Gros, Montabaur    Foto: GOLDBECK Südw., Koblenz

 B. v. Oppeln-Bronikowski J. Rind                                     A. Schmitz-Pauser                  J. J. Ternes                        M. Veres                       G. Wolf                            Ch. Arnold
 Foto: Stefan Veres, Mendig           Foto: Heike Rost, Mainz         Foto: A. Schmitz-Pauser, Neuwied   Foto: Ternes Architekten, Mainz     Foto: Stefan Veres, Mendig     Foto: Herbert Piel, Boppard        Foto: Birgit Müller, Pirmasens

 J. Becker                             M. Betz                         G. Biesenbach                     M. Burghaus                           D. Fischer                   J. Grün                            T. Hook
 Foto: privat                          Foto: Franziska Betz, Landau    Foto: G. Biesenbach, Boechingen   Foto: privat                          Foto: privat                 Foto: ER+R, Kaiserslautern         Foto: Jan Hillnhütter, Schifferstadt

 G. Horn                               U. Knauth                      K. Mack                            R. Mack                             M. Reitemeier                  P. Spitzley                        J. Stammwitz-Becker
 Foto: Barbara Horn, Kaiserslautern    Foto: Heike Rost, Mainz        Foto: Reinhold Mack, Lingenfeld    Foto: Kerstin Mack, Neustadt / W.   Foto: Er+R, Kaiserslautern     Foto: privat                       Foto: privat

DAB 11·21                                                                                                                                                                                                                                   29
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
[ DAB REGIONAL ]                   KAMMER AKTUELLRHEINLAND-PFALZ

 B. Stauder-Buschlinger T. Dang                                     A. Gehbauer                   S. Hahn                       M. Hille              E. Kurz                       L. Sinopoli
 Foto: R. Schmelka, Neustadt / W.      Foto: privat                 Foto: Carola Schmidt, Mainz   Foto: A. Stehle, Wiesbaden    Foto: privat          Foto: Heike Rost, Mainz       Foto: Van d. Hout Fotografie, Alzey

 O. Sommer                             F. Tesch                     D. Heinrich                   H. Hofer                       G. Hoffmann-Becker   K. Knieps-Vogelgesang B. Maier
 Foto: Peter Würmli, Zürich            Foto: privat                 Foto: privat                  Foto: Andreas Goltz, Daun      Foto: privat         Foto: Linda Blatzek, Trier   Foto: privat

                                                                                                                                                Schon bald per
                                                                                                                                                Briefwahl wählen!
                                                                                                                                                Die Briefwahl findet vom
 D. Schäfer-Anell                      D. Spreier                   M. Strobel                    D. Stüber                                     10. - 16. November 2021, 15 Uhr statt.
 Foto: Jennifer Weyland, Saarbrücken   Foto: Paul Valerius, Dreis   Foto: privat                  Foto: Wolfgang Claus, Trier

Strukturumfrage 2021
Auch 2021 wurden die Mitglieder der Architektenkammern aller Länder zu ih-
rer berufspolitischen und wirtschaftlichen Situation im Jahr 2021 befragt

E                                                                                                                                               D
           twa die Hälfte der selbstständigen                                          Ein Drittel der Büroinhaber gab an, dass sie                         er Countdown läuft. Alle, die nicht
           Mitglieder beschäftigen sich zumin-                                     sich seit dem HOAI-Urteil 2020 mit Abschlags-                            online gewählt haben, können ih-
           dest gedanklich mit einer Büroüber-                                     forderungen der Auftraggeber und steigen-                                re Stimme vom 10. bis zum 16.
           gabe. Dreiviertel von Ihnen würden                                      dem Wettbewerb konfrontiert sehen.                                       November, 15 Uhr, per Briefwahl
sich allerdings auch heute wieder selbststän-                                          Die Mehrzahl der im öffentlichen Dienst Be-              abgeben. Die Unterlagen dafür kommen un-
dig machen.                                                                        schäftigten empfinden die Personalsituation                  aufgefordert. Das Ergebnis wird am 16. No-
   Die Mehrheit der Beschäftigten kann Ho-                                         als unzureichend.                                            vember 2021 nach Ablauf der Briefwahlfrist
me-Office, Gleitzeit und Teilzeit in Anspruch                                          Die Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit und net-              für beide Wahlgänge, Online- und Briefwahl,
nehmen. Dreiviertel der Beschäftigten haben                                        te Kollegen sind die wichtigsten Kriterien bei               zusammen festgestellt und anschließend auf
während der Coronoa-Pandemie erstmals oder                                         der Wahl einer Arbeitsstelle.                                der Homepage veröffentlicht. Dort stellen
vermehrt aus dem Home-Office gearbeitet. 40                                            18 Prozent der befragten Kammermitglei-                  sich vorab auch die Kandidatinnen und Kan-
Prozent der angestellten Frauen hat im beruf-                                      der teilte mit, dass BIM in ihrem Büro, Unter-               didaten ihren Wählerinnen und Wählern aus-
lichen Kontext schon einmal Chancen­                                               nehmen oder der Behörde genutzt werde.                       führlich vor.
ungleichheit oder Diskriminierung erlebt.                                                  pwww.diearchitekten.org/umfragen                                   pwww.diearchitekten.org/xvv

30                                                                                                                                                                                                    DAB 11·21
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
RHEINLAND-PFALZBLICK INS LAND                                                                                                    [ DAB REGIONAL ]

3. Brandschutztag Rheinland-Pfalz
Der 3. Brandschutztag Rheinland-Pfalz wurde in mittlerweile schon gewohnter Tradition vom InformationsZentrum
Beton federführend ausgerichtet. Die Architektenkammer war Partnerin der Veranstaltung

A
              m 21. September 2021 drehte           Anbau blieb dies allerdings unberücksichtigt       im Jahr 2019 fortgeschrieben: Auch im Indus-
              sich für die Teilnehmer des 3.        und die Erweiterung wurde unmittelbar an die       triebau sollten Holzkonstruktionen stärker ge-
              Brandschutztages alles um den         bestehende Wand angefügt, so Sperrle. Zwar         fördert werden. Wiese gab eine kurze Zusam-
              vorbeugenden und den abweh-           konnte der Brand auf eine der beiden Hallen        menfassung der Korrekturen: Im „vereinfach-
renden Brandschutz sowie um das Thema Ret-          begrenzt werden, dennoch hat die Firma noch        ten Verfahren“ sind normalentflammbare
tung. Auf das Grußwort von Roger Lewentz,           immer mit den Auswirkungen zu kämpfen. Der         Baustoffe auch für tragende und aussteifende
Minister des Inneren und für Sport in Rhein-        Grund: Versicherer haben nach einem Brand          Bauteile zulässig, „nicht brennbare“ Baustoffe
land-Pfalz, folgte ein erster Block, in dem über    ein Sonderkündigungsrecht. Der Produzent           können durch Holz ersetzt werden. Regale fal-
die aktuellen Neuerungen im Bau- und im Son-        hatte Glück, ein Versicherungskonsortium er-       len nicht unter die Einbauten, sondern gelten
derbaurecht berichtet wurde.                        klärte sich bereit, ihn weiterhin zu versichern,   als Betriebseinrichtungen. Anders begehbare
    Marc Derichsweiler vom Finanzministerium        dieses machte jedoch Auflagen, die über ein        Regale: Wenn diese als Rettungswege dienen,
beleuchtete Neues in der Landesbauordnung,          behördliches Brand­schutzkonzept weit hinaus-      gehören sie zur Gebäudekonstruktion. Gerade
die durch Gesetz vom 3. Februar 2021 geän-          gingen. Ein weiterer großer Brandschaden ein       dieses Beispiel zeige, dass sich der Industrie-
dert wurde. Ziel sei es gewesen, die Digitalisie-   Jahr später führte indes dazu, dass sich der       bau nicht so leicht typisieren lasse, sodass
rung, den Holzbau und den Mobilfunkausbau           Betrieb nicht mehr 100 prozentig gegen Feu-        auch Wiese fortwährend Kreativität und inge-
zu befeuern sowie die Bescheinigung durch           er versichern konnte. Sperrle mahnte deshalb:      nieurtechnisches Know-How einforderte.
sachverständige Personen zu erleichtern. Um-        „Gerade im Industriebau ist immer eine früh-           Florian Bischoff von der Berufsfeuerwehr
gesetzt wurde dies wie folgt: Ab dem 1. Au-         zeitige Beteiligung des Sachversicherers not-      Koblenz befasste sich mit Ladestationen für
gust soll der elektronische Bauantrag Status        wendig. Oftmals werden hier betriebsartspe-        Elektrofahrzeuge. Als Aufhänger nahm er den
Quo sein (wir berichteten). Um den Holzbau zu       zifischen Forderungen gestellt. Diese müssen       Brand eines E-Fahrzeugs in einer Tiefgarage
stärken sind künftig auch Bauteile, die feuerbe-    umgesetzt werden, um die volle Versiche-           in Kulmbach. Nach der Wiedereröffnung wur-
ständig oder hochfeuerhemmend sein müssen,          rungssumme zu erhalten.“                           de diese für Elektro- und Hybridfahrzeuge ge-
aus brennbaren Stoffen zulässig, sofern sie den         Anschließend sprach der Sachverständige        sperrt. Zu Unrecht, wie Bischoff anhand eines
technischen Baubestimmungen entsprechen.            für vorbeugenden Brandschutz Marcel                ausführlichen Studiums diverser baurechtli-
Bescheinigt eine sachverständige Person, dass       Hommens über das Thema „Brandschutz out            cher Bestimmungen aufzeigen konnte. Das Ri-
die bauaufsichtlichen Anforderungen auch un-        of the box“: ein Plädoyer für Verhältnismäßig-     siko, dass von Elektrofahrzeugen ausgehe,
ter Abweichungen erfüllt sind, dann bedarf es       keit und Kreativität im Brandschutz. Das A und     entspräche außerdem dem von Fahrzeugen
außerdem keiner gesonderten Zulassung mehr          O eines fundierten Brandschutzkonzeptes ist        mit anderen Antriebsarten. Eine höhere
durch die Bauaufsichtsbehörde. Anschließend         laut Hommens die Bestandsaufnahme. Bleibe          Brandlast würde sich ausschließlich aus den
konkretisierte Rainer Fett, ebenfalls aus dem       der Bestand unberücksichtigt, dann sehe das        höheren Kunststoffanteilen in den aktuellen
Finanzministerium, die Neuregelungen in den         Brandschutzkonzept vielleicht auf dem Papier       Fahrzeugmodellen ableiten.
Sonderbauvorschriften.                              gut aus, das Gebäude könne danach aber                 Dr. Mareike Mähler vom Team HF Human
    Das weitere Programm widmete sich ver-          möglicherweise nicht mehr genutzt werden,          Factors der Forschung Beratung Training PartG
stärkt der Praxis. So beschrieb Thorsten Sperr-     weil die Anpassungen zu teuer sind. Außer-         thematisierte schließlich die Mythen von Räu-
le von der Sparkassen Versicherung exempla-         dem seien kreative Lösungen gefragt. Als Bei-      mung und Evakuierung. Sie konnte zeigen,
risch den Brand eines gemäß Industriebau-           spiel führte Hommens eine Versammlungsstät-        dass Menschen beim Hören eines Alarms kei-
richtlinie aus nicht brennbarem Tragewerk           te mit Holzbalkendecke an, die den aktuellen       nesfalls sofort mit der Evakuierung beginnen.
errichteten Galvanikbetriebes. Die Produktion       Brandschutzanforderungen nicht mehr ent-           Auch scheuen sie keinen Rauch. Die Expertin
des Galvanikbetriebes fand in zwei benachbar-       sprach. Die Holzbalkendecke konnte schließ-        konnte aber auch entkräften, dass Menschen
ten Hallen statt, von der eine Feuer fing. Laut     lich durch den Einbau einer Wassernebellösch-      in Gefahrensituationen egoistisch handeln.
Industriebaurichtlinie hätten zwei feuerbestän-     anlage erhalten werden.                            Wichtig bei der Rettung sei es, Führung zu
dige, sich gegenüberstehende, raumabschlie-             Dr.-Ing. Jürgen Wiese, Wissenschaftlicher      übernehmen, klare Informationen und Anwei-
ßende und unabhängig voneinander standsi-           Leiter der Sachverständigenpartnerschaft Half-     sungen zu geben und im Vorfeld Fluchtwege
chere Wände aus nicht brennbaren Baustoffen         kann & Kirchner, widmete sich ausschließlich       deutlich zu kennzeichnen.
als trennendes Element dienen sollen. Beim          der Industriebaurichtlinie. Diese wurde zuletzt                   p Melanie Schulz

DAB 11·21                                                                                                                                         31
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
[ DAB REGIONAL ]     BLICK INS LANDRHEINLAND-PFALZ

Biobaustoffe: Tradition | Innovation
Die dritte Folge der Podcastreihe „Kreislaufwirtschaft“ spannt den Bogen von herkömmlichen ökologischen Baustof-
fen wie Holz, Lehm, Kalk und Stroh zu neuen Biomaterialien beispielsweise aus Pilzen oder Algen

K
Text: Melanie Schulz

             limawandel und Ressourcenknapp-                                         chen, erklärte Herbert Hofer und verwies auf

                                                                                                                                                                                                Foto: René Arnold, Hybrid Plattform/Bureau Arnold GmbH, Berlin
             heit sowie ein anhaltend hoher Be-                                      den Lehmexperten Martin Rauch aus Vorarl-
             darf an neuen Baustoffen befördern                                      berg. Rauch fertigt mit einer eigens entwickel-
             die Suche nach ökologisch nachhal-                                      ten Maschine Stampflehmelemente. Produzier-
tigen Materialien. Welchen Beitrag Tradition                                         te Plattenwerkstoffe können mittlerweile sogar
und Innovation für eine kreislauffähige Material­                                    im Brandschutz eingesetzt werden, präzisierte
wirtschaft am Bau leisten, darüber sprachen als                                      Hofer. Ein weiteres Vorzeigeprojekt gebe es in
Gäste Dr. Ursula Kleefisch-Jobst und Professor                                       Italien: Hier bauten Architekten ganze Lehm-
Sven Pfeiffer mit Kammervorstand Herbert Ho-                                         häuser mithilfe des 3D-Drucks. Hofer resümier-
fer. Das Gespräch moderierte Annette Müller,                                         te: „Ich glaube nicht, dass uns ein Material die
Pressesprecherin der Kammer.                                                         Rettung verschaffen wird. Wir sollten hier viel-
    Dr. Ursula Kleefisch-Jobst ist Generalkura-
torin von Baukunst NRW und Kuratorin der                                                                                                 Prof. Sven Pfeiffer, Professor für Digitales Entwer-
Fritz und Trude Fortmann-Stiftung, die die                                                                                               fen, Planen und Bauen an der Hochschule Bochum
Entwicklung ökologischer und zukunftsfähiger                                                                                             - hier beim dritten Abend „Hybrid Futures“.
Baustoffe und Konstruktionsweisen fördert.
Prof. Sven Pfeiffer arbeitet als Architekt in                                                                                            „Das Interesse der In-
Berlin und hat die Professur für Digitales Ent-
werfen, Planen und Bauen an der Hochschule                                                                                               dustrie an Verbund-
Bochum inne. Zudem forscht er gemeinsam
                                                     Foto: Kristina Schäfer, Mainz

mit der Berliner Biotechnologin und Künstle-
rin Vera Meyer zur baulichen Anwendung von
                                                                                                                                         stoffen aus Pilzen und
Baustoffen aus Pilzen und Pflanzen. Herbert
Hofer arbeitet als freier Architekt in Trier. Sein
                                                                                                                                         Pflanzen ist sehr groß.“
Interesse gilt dem Lehm und weiteren traditi-
onellen Biobaustoffen und deren Potenzial.                                           Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Generalkuratorin von    tigt. Zuletzt stellte er im Metzlerpark in
    Der Sand wird knapp. Sand, aus dem Beton                                         Baukunst NRW                                        Frankfurt am Main einen begehbaren Pavil-
und Glas hergestellt werden. Wer hätte sich                                                                                              lon aus dem ökologischen Baustoff aus. Ein-
das vor wenigen Jahren vorstellen können?                                            „Wir haben erst ange-                               geführt in das Reich der Pilze habe ihn Vera
Und über welche Baustoffe verfügen wir ei-                                                                                               Meyer. Wenn Sven Pfeiffer über Pilze
gentlich, die uns in Fülle zur Verfügung stehen?                                     fangen zu forschen, als                             spricht, dann kommt er nicht umhin, von
Dies wollten auch die Fritz und Trude Fort-                                                                                              diesen zu schwärmen: „Pilze übernehmen in
mann-Stiftung wissen. Auf der Suche nach Ma-                                         wir gesehen haben,                                  der Natur die Funktion einer Müllabfuhr. Da
terialien, die reichlich vorhanden, bislang aber                                                                                         sie nicht wie die Pflanzen Photosynthese
nicht oder kaum genutzt werden, startete sie
eine Ausschreibung. Die eingereichten Ideen
                                                                                     dass es knapp wird.“                                betreiben, müssen sie sich anders ernähren.
                                                                                                                                         Und dies machen sie, indem sie gelöste or-
für Stoffe, die zu Biobaumateria­lien verarbeitet                                                                                        ganische Substanzen aus der Umgebung
werden könnten, reichten von Algen und Salz                                          mehr auf die Vielfalt setzen.“ So sieht Hofer ei-   aufnehmen.“ Pfeiffer weiter: „Ohne die Pilze
über Pferdemist bis hin zu Flusen, berichtete                                        ne Lösung etwa darin, anbaubare Materialien         würden wir in einem riesigen Meer aus Holz
Dr. Ursula Kleefisch-Jobst.                                                          wie Hanf mit Materialien aus der Erde zu kom-       und Blättern untergehen.“
    Aber auch zum Einsatz traditioneller Bio-                                        binieren und diese mit neuen Technologien auf-         Was aus bautechnischer Sicht für den
baustoffe wie Lehm und Stroh wird reichlich                                          zubereiten.                                         Pilz spricht, ist so einiges: Pilze sind biolo-
geforscht. Es geht vor allem darum, diese für                                           Ein Beispiel aus dieser Vielfalt sind die        gisch abbaubar, sie verbrauchen bei der
den Arbeitsalltag auf der Baustelle fit zu ma-                                       Pilze, mit denen sich Prof. Pfeiffer beschäf-       Herstellung keine Energie, und sie haben

32                                                                                                                                                                                DAB 11·21
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
RHEINLAND-PFALZBLICK INS LAND                                                                                                                                         [ DAB REGIONAL ]

sich als teilweise feuerabweisend und schal-                                         biobasiert sind, dann können sie eher wieder         rabweisendes oder schwer brennbares Mate-
labsorbierend erwiesen, ein richtiger „Uni-                                          zersetzt werden“, sagte Kleefisch-Jobst. Den-        rial entwickeln. Gleichzeitig werfe eine solche
versalbaustoff“ eben.                                                                noch sei es auch bei Biostoffen ratsam, die          Verarbeitung natürlich Fragen der Akzeptanz
    Auch die Fritz und Trude Fortmann-Stif-                                          Möglichkeiten einer späteren Trennung von Be-        auf, so dass begleitend eine gesellschaftliche
tung fördert ein Projekt mit Pilzen. Dr. Klee-                                       ginn an mitzudenken, ergänzte Hofer. Hier kä-        Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern
fisch-Jobst findet es dabei besonders span-                                          me es besonders auf die Fügetechniken an. Ein        geführt werden müsse. Daneben sei der Wille
nend, mit lebendem Material zu arbeiten.                                             gutes Beispiel sei etwa der Lehmbau                  zum Experimentieren wichtig. In diesem Sin-
Dies sei schließlich eine sehr alte Vorstellung                                      L’Orangérie in Lyon. Die tragende Innenstruk-        ne sieht Sven Pfeiffer auch den Frankfurter
in der Architektur, beispielsweise mit Bäu-                                          tur wurde hier aus Holz umgesetzt, die Außen-        Pavillon als Experiment, bei dem es insbeson-
men, die noch im Wachstum begriffen sind,                                            wände bestehen aus großformatigen, vorge-            dere darum ging, das Material einmal über ei-
zu bauen. Hier stellen sich für die Kuratorin                                        fertigten Lehmbausteinen. Beide Elemente sei-        nen längeren Zeitraum der Witterung auszu-
die Fragen: Wie kann man das Wachsen der                                             en nicht miteinander verbunden, sie stützten         setzen – und dies mit vollem Erfolg. „Die Pilze
Pflanzen für das Bauwerk einsetzen? Und                                              sich aber gegenseitig.                               haben trotz Starkregens sehr gut durchgehal-
kann man es irgendwann stoppen, um dann                                                  Doch zurück zu den Pilzen. Ein weiterer          ten“, erzählt er. Zudem habe man sehr viel po-
ein finales Baumaterial zu erhalten? Eine Vi-                                        und wichtiger Aspekt der nachwachsenden,             sitiven Zuspruch von den Besucherinnen und
sion, die bei Prof. Pfeiffer auf offene Ohren                                                                                             Besuchern erhalten. Die haptisch sehr ange-
stößt. Nur der spannt die Flügel noch etwas                                                                                               nehmen Pilzpaneele hätten gerade bei Kin-
weiter und stellt sich gleich einen Innenraum                                                                                             dern starke emotionale Reaktionen ausgelöst.
vor, „der auf seine Umwelt reagiert und sich                                                                                                  Das ästhetische Moment spiele auch bei den
vielleicht sogar selbst heilen kann.“                                                                                                     Projekten der Stiftung eine große Rolle, warf Dr.
    Eines ist auf jeden Fall klar: der Pilz kann                                                                                          Kleefisch-Jobst ein. So gingen viele Einreichun-
nichts alleine. Er braucht immer Nahrung, die                                                                                             gen auf Künstler oder Kunsthochschulen zu-
er zersetzen kann. Zudem sind Pilze die einzi-                                                                                            rück, die sich ganz explizit auch mit solchen Ma-
gen Organismen, die Lignocellulose abbauen                                                                                                terialfragen beschäftigten. Daher werde auch
können, fuhr Professor Pfeiffer fort. Häufig                                                                                              erforscht, wie Roboter dazu befähigt werden
                                                     Foto: Kristina Schäfer, Mainz

würden Abfallprodukte aus der Agrarwirtschaft                                                                                             können, dreidimensionale Formen zu weben.
wie zerschredderte Buchen oder Birken als Trä-                                                                                                Vom Experiment zur Serienreife ist es je-
germaterial verwendet. Man könne den Pilz                                                                                                 doch immer ein langer Weg, weshalb tragfähi-
aber auch auf Abfällen aus der Bauwirtschaft                                                                                              ge Projekte von der Fritz und Trude Fort-
wachsen lassen.                                                                                                                           mann-Stiftung eine Anschlussförderung erhal-
    Das Trägermaterial spielt auch in den Pro-                                       Herbert Hofer, Vorstandsmitglied und freier Archi-   ten. Schließlich dränge die Zeit, da man erst
jekten der Fritz und Trude Fortmann-Stiftung                                         tekt in Trier                                        angefangen habe zu forschen, als herkömmli-
eine Rolle. So berichtete Dr. Ursula Klee-                                                                                                che Materialien knapp wurden. Was fehle, sei
fisch-Jobst von einem Vorhaben, bei dem das                                          „Ich glaube nicht, dass                              Vernetzung. Es werde in Deutschland an den
aus den Panzern von Meerestieren oder Insek-                                                                                              Universitäten und in den Forschungseinrichtun-
ten gewonnene Chitosan auf Weidengeflecht                                            uns ein Material die                                 gen viel, aber unverbunden geforscht. Mit dem
aufgebracht werden soll.                                                                                                                  Wissen der anderen könnten jedoch schneller
    Dass man sich zugleich die Eigenschaften                                         Rettung verschaffen                                  Wissenssprünge gemacht werden. Auch Sven
von verschiedenen Stoffen zu Nutze macht,                                                                                                 Pfeiffer forderte mehr Schnittstellen zwischen
ist nicht neu. Schließlich wird auch im Lehm-
bau von alters her mit Zusätzen wie Stroh,
                                                                                     wird. Wir sollten eher                               Grundlagen- und angewandter Forschung so-
                                                                                                                                          wie zum „science citizen“. Das Interesse der In-
Kuhdung oder Kalk gearbeitet, warf Herbert
Hofer ein. Professor Pfeiffer griff das Beispie-
                                                                                     auf die Vielfalt setzen.“                            dustrie an Materialien aus Pilzen und Pflanzen
                                                                                                                                          sei sehr groß, dennoch befinde man sich noch
le auf und mutmaßte, dass die Stabilisierung,                                                                                             weitgehend in der Grundlagenforschung. Pfeif-
die der Lehm brauche, möglicherweise auch                                            biologischen Materialien ist deren robotische        fer: „In zehn Jahren können wir optimistisch
der Pilz liefern könne. Grundsätzlich könne der                                      Verarbeitung. Bei dieser geht es vor allem da-       gesehen über erste Bauwerke sprechen.“ Her-
Pilz, so Pfeiffer, eine „sehr, sehr innige Verbin-                                   rum, das Materialverhalten zu kalibrieren. Wie       bert Hofer wünschte sich abschließend, dass
dung“ mit anderen Werkstoffen eingehen, da                                           kann man also Eigenschaften unterschiedli-           biobasiert hält, was es verspricht, und sich die
dieser mit seinen Hyphen in das andere Mate-                                         cher Pilze erzeugen oder fördern? Und welche         neuen Materialien tatsächlich wieder in den
rial hineinwachse.                                                                   Rolle spielt dabei die Gentechnik? Professor         Kreislauf überführen lassen.
    Bleibt also die Frage nach der ökologischen                                      Pfeiffer will auch diese Möglichkeiten nutzen.           pwww.diearchitekten.org/kreislaufwirt-
Qualität solcher Komposite. „Wenn alle Stoffe                                        So könne man mit deren Hilfe speziell wasse-         schaft

DAB 11·21                                                                                                                                                                             33
Im Unerwarteten liegt die Chance - Neue Konzepte für neue Situationen - Architektenkammer ...
[ DAB REGIONAL ]     BLICK INS LANDRHEINLAND-PFALZ

Städtischer Raum – aber wie?
Aktuelle Maßnahmen zur Aufwertung des öffentlichen Raumes waren der Ausgangspunkt für das 4. Mainzer
Architekturquartett am 16. September

C
           orona-Krise, Lockdown und Klima-
           wandel haben die Diskussion um
           nachhaltige und resiliente Stadt­
           entwicklung neu entfacht, so die
Sprecherin der veranstaltenden Mainzer

                                                                                                           Foto: Kristina Schäfer, Mainz
Kammergruppe Ina Seddig in ihrem Gruß-                                            v.l.n.r.: Tobias Mann,
wort vor rund 90 Gästen.                                                          Henriette von Hel-
   Die zur Diskussion stehenden Mainzer                                           born, Prof. Christa
Projekte Bahnhofstraße – Münsterplatz –                                           Reicher, Prof. Dr.
Große Langgasse sollten beispielgebend für                                        Christian Holz-Rau
folgende sein, schlug Prof. Christa Reicher,
RWTH Aachen, vor. Einheitliche Materialien                                        städten ausgehandelt wird. Dreh- und Angel-                 Die Frage nach Ressourcenschonung bei
und Ausstattungen könnten der Stadt ein re-                                       punkt müsse es sein, den fließenden und den              Projekten und einem notwendigen Partizipa-
gionaltypisches Gesicht verleihen. Generell                                       ruhenden Verkehr aus den Innenstädten he-                tionsschub in den Planungsprozessen stellte
sagte sie aber „Konzepte müssen radikaler                                         raus zu bringen. Der Aspekt der Gesundheit               die lokale Vertreterin des Podiums, Henriette
aufgestellt werden, aber den Politikern fehlt                                     für das Arbeiten und Wohnen in der Stadt                 von Hellborn, SWR-Kulturredakteurin und
es an Mut“. Mit der Stadt als Reallabor, in der                                   habe auch in Paris schlussendlich bei der Po-            Filmemacherin. Die Bürger sollten entschei-
man Dinge wie das Sperren ganzer Straßen-                                         litik überzeugt.                                         den, was sie brauchten. Reicher bestätigte,
züge erprobe, könne man Qualitäten der Ver-                                           Tobias Mann, Landschaftsarchitekt aus                dass Partizipation vor allem die Akzeptanz
änderung unter Mitnahme der Zivilgesell-                                          Fulda, lobte ebenso die Qualität in der Um-              bei Maßnahmen fördere, aber: „Beteiligung
schaft erkennen.                                                                  setzung der Mainzer Projekte. Jedoch sei die             muss mit Fachexpertise gekoppelt sein.“
   Prof. Dr. Christian Holz-Rau, TU Dort-                                         Struktur der Stadt nach wie vor zu stark auf             Mehr zur Veranstaltung unter:
mund, stellte die Frage in den Vordergrund,                                       das Auto ausgerichtet. „Mainz ist laut“ und                         pwww.diearchitekten.org/mainz
wie die Verteilung der Flächen in den Innen-                                      auf dem Münsterplatz sei viel zu viel Verkehr.                                        pBärbel Zimmer

Architektur und Schule                                                                                                                        IMPRESSUM
                                                                                                                                              Architektenkammer Rheinland-Pfalz

A
                                                                                                                                              Hindenburgplatz 6, 55118 Mainz,
                                                                                                                                              Telefon: 06131 9960-0, Fax: 06131 6149-26
              rchitektur stärker in den Schulun-                                                                                              zentrale@akrp.de, www.diearchitekten.org
              terricht einzubringen, ist ein wich-                                                                                            Verantwortlich:
                                                                                                                                              Hauptgeschäftsführerin Dr. Elena Wiezorek,
              tiges Ziel zur Förderung der Bau-
                                                                                                                                              Mainz ­Geschäftsführerin Annette Müller, Mainz
              kultur. Lehrkräfte sind dafür die
                                                                                                                                              Verlag, Vertrieb, Anzeigen:
besten Katalysatoren. In Kooperation mit dem                                                                                                  Solutions by HANDELSBLATT MEDIA GROUP
Pädagogischen Landesinstitut Rheinland-Pfalz                                                                                                  GmbH, Anschrift wie Verlag.
bietet die Architektenkammer jetzt anerkannte                                                                                                 Verantwortlich für den Anzeigenteil:
                                                                                                                                              Dagmar Schaafs, Telefon 0211 54227-684,
Lehrerfortbildungen mit dem Referenten Dr. Dr.                                                                                                E-Mail d.schaafs@planetc.co.
                                                     Foto: Bärbel Zimmer, Mainz

Arne Winkelmann an, der sich auf Architektur                                                                                                  Druckerei: Bechtle Graphische Betriebe u.
im Unterricht spezialisiert hat. Los ging es im                                                                                               ­Verlagsgesellschaft GmbH & Co. KG,
September und Oktober mit zwei Terminen zu                                                                                                     Zeppelinstraße 116, 73730 Esslingen

„Expressionismus – gebaute Emotionen“ und                                                                                                     Das DABregional wird allen Mitgliedern der
                                                                                                                                              ­Architektenkammer Rheinland-Pfalz zugestellt.
„Wohnen in den 1920er Jahren“. Die Inhalte                                                                                                     Der Bezug des DABregional ist durch den
passen zum Lehrplan und bieten direkt ver-                                        Expressionistisches Bühnenbild: ein praktischer              ­Mitgliederbeitrag abgegolten.
wertbares Material für den Unterricht.                                            Workshop gehört zum Tagesprogramm.

34                                                                                                                                                                                       DAB 11·21
RHEINLAND-PFALZWETTBEWERB                                                                                                    [ DAB REGIONAL ]

                                                      Erweiterung einer Grundschule in Bitburg
Visualisierungen: die jew.eiligen Entwurfsverfasser

                                                       1. Preis: H III S, harder stumpfl schramm,        2. Preis: LECKERT | Architekten BDA mit          3. Preis: hammeskrause architekten partner-
                                                       freie architekten, Stuttgart mit Eurich.Gula      Dittmann + Komplizen Landschaftsarchi-           gesellschaft freier architekten, Stuttgart mit
                                                       Landschaftsarchitektur, Wendlingen                tektur, beide Frankfurt am Main                  Stötzer Landschaftsarchitekten, Freiburg

                               D
                                                                  ie Integrierte Grundschule Süd in     fiel der Jury. Hieraus resultierten „angemes-    gel im Westen. Im Süden führt eine Freitrep-
                                                                  Bitburg soll wegen der steigenden     sene Baufluchten und städtebauliche Anknüp-      pe bis zur Terrasse der Mensa, in deren Unter-
                                                                  Schülerzahlen um einen Ergän-         fungspunkte“ sowohl zum Schulhaus als auch       geschoss sich die Sporthalle befindet. Der
                                                                  zungsbau mit weiteren Klassenräu-     zu den umliegenden Straßen und Nebenge-          Eingang befindet sich im Südosten.
                                                      men, zugehörigen Nebenräumen und um eine          bäuden. Des Weiteren gutierten die Jury den
                                                      Mensa erweitert werden. Auch die in die Jahre     schönen Blickbezug zur St. Peter Kirche vom      3. Preis
                                                      gekommene Sporthalle soll durch eine Einein-      Schulhof aus sowie die Idee der Inseln, die      Mit dem dritten Preis wurde der Entwurf von
                                                      halbfachhalle mit Mehrzwecknutzung ersetzt        rings um den wertvollen Baumbestand ange-        hammeskrause architekten part. ges. mbB
                                                      werden. Beides, Erweiterung und Sporthalle,       ordnet werden. Auch das zentral gelegene Fo-     aus Stuttgart mit Stötzer Landschaftsarchi-
                                                      sind innerhalb des Wettbewerbsgebietes frei       yer, von dem aus alle Funktionseinheiten er-     tekten aus Freiburg prämiert. Die Jury würdig-
                                                      positionierbar. Der Verbindungsbau zwischen       reicht werden können, sowie die im Entwurf       te insbesondere den neuen Baukörper, der pa-
                                                      Schule und Sporthalle kann erhalten bleiben       vorgeschlagene Holzbauweise fanden An-           rallel zur leicht geschwungenen Schule und
                                                      oder entfallen. Außerdem müssen die Freian-       klang beim Preisgericht.                         zum Kirchweg angelegt ist und damit den Be-
                                                      lagen des Schulgeländes kindgerecht mitge-                                                         stand stärke.
                                                      staltet werden. Die Erschließung soll vollstän-   2. Preis
                                                      dig barrierefrei erfolgen.                        Der zweitplatzierte Entwurf von LECKERT |        Anerkennungen
                                                                                                        Architekten BDA mit Dittmann + Komplizen         Daneben würdigte das Preisgericht die Arbei-
                                                      1. Preis                                          Landschaftsarchitektur, beide aus Frankfurt      ten von TUSKER.STRÖHLE Freie Architekten
                                                      Den ersten Preis erhielten H III S, harder        a. M., stellt den Schulhof „mit seinem schönen   BDA mit Wiedemann + Schweizer Land-
                                                      stumpfl schramm, freie Architekten aus Stutt-     Baumbestand“ in den Mittelpunkt. Der groß-       schaftsarchitektur (Stuttgart), von mvm +
                                                      gart gemeinsam mit dem Büro Eurich.Gula           zügige Pausenhof öffnet sich nach Norden         starke architekten mit clubL94 Landschaftsar-
                                                      Landschaftsarchitektur aus Wendlingen. Be-        und gibt den Blick auf die Stadt Bitburg frei.   chitekten (Köln) sowie von MOSAIK Architek-
                                                      sonders der „präzise modellierte, kräftige“       Er spannt sich auf zwischen dem alten Schul-     ten mit Walter Jöris, Landschaftsarchitekt
                                                      Baukörper mit Knicken und Einschnitten ge-        gebäude im Osten und einem schmalen Rie-         (Hannover).       p Melanie Schulz

                                                      DAB 11·21                                                                                                                                     35
Cybersicherheit im Planungsbüro

E
           in Begriff der allen bekannt ist und                                        Die Schwachstelle liegt hierbei zum einen in   verzichtet werden – eine deutliche Erleichte-
           doch oft plakativ erscheint: Cybersi-                                   der Nutzung privater Endgeräte, auf denen kei-     rung im Arbeitsprozess. Man kann schnelle und
           cherheit. Ein schnelllebiges Geschäft                                   ne regelmäßigen Browser-Updates erfolgen,          zielgerichtete Entscheidungen treffen, was viel
           – das Internet. Wie können wir uns                                      zum anderen an der fehlerhaften Erstellung von     Zeit spart. Dieser Vorteil überwiegt den Nach-
schützen, wenn wir online agieren? Welche                                          Daten-Backups durch die Unternehmen. Beide         teil, dass man von diesen Nachrichten und
Spuren hinterlassen wir und welche Einfallsto-                                     Risiken entstehen grundsätzlich bei der Nut-       Kommentaren kein E-Mail-Back-up hat. Die Da-
re gibt es, durch die wir angreifbar werden? Si-                                   zung von Informations- und Kommunikations-         ten sind sehr voluminös und das Speichern ex-
cherheitsfragen in Privathaushalten wie auch in                                    technik und sind kein BIM spezifisches Merk-       trem kompliziert. „Dennoch, die Kommunikati-
Planungsbüros waren Thema beim Diskussions­                                        mal, generell auch keines von Fremdsoftware.       on ist so effizient, dass wir nicht mehr darauf
abend Cybersicherheit am 14. September                                             Im Gegenteil sind professionelle Arbeitsplatt-     verzichten möchten und sollten wir darauf mal
2021, zu dem Kammerpräsident Gerold Reker                                          formen, wie BIM-Anwendungen, in der Regel          zwei Tage nicht zugreifen können, hat man im-
im Zentrum Baukultur begrüßte. Erste Antwor-                                       sicherer als private Systeme, da dort professio­   mer noch genug andere Arbeit zu erledigen bis
ten gaben anschließend Dr. Vladimirs Petrovs,                                      nelle Backups erstellt, betreut und gesichert      es wieder funktioniert“, so Pilot. Auch für die
Fachgebiet Cyberversicherungen bei VHV Ver-                                        werden.                                            Zusammenarbeit in der Cloud und im System
sicherungen, Andreas Pilot, Architekt und                                              „Mit der Nutzung von BIM-Anwendungen,          gibt es vordefinierte Regeln, an die man sich
BIM-Manager aus Darmstadt, und Tobias                                              werden Daten in Cloud-Systemen gespeichert,        halten muss. „Es gibt Server für ein Backup,
Schneberger, mann+schneberger Architekten                                          aber auch lokal auf dem eigenen Server im          diese laufen permanent mit und sollte es einen
BDA aus Mainz.                                                                     Büro – eine Mischform also“, erörtert Andreas      Angriff geben, kann relativ schnell herausge-
                                                                                   Pilot. Zudem zeigt BIM meist nur ein Referenz-     funden werden, wann das war und der Zustand

„BIM perfekt
       ist
                                                                                   modell, also das Zwischenergebnis eines Pro-
                                                                                   jekts. Der Stand wird kommuniziert, wurde
                                                                                   aber vorher lokal abgespeichert. Die Daten sind
                                                                                                                                      einige Stunden vorher wiederhergestellt wer-
                                                                                                                                      den. Das beruhigt ungemein“, beschreibt Tobi-
                                                                                                                                      as Schneberger.
geeignet, um alle                                                                  also trotzdem noch im Büro verfügbar. Ein wei-         Die Vorteile überwiegen also bei weitem die

Details
                                                                                   terer großer Vorteil von BIM: Die gesamte Kom-     Risiken und wenn man erst einmal mit BIM ar-
           anschaulich                                                             munikation ist gebündelt für alle Beteiligten
                                                                                   einsehbar. Kommentare und Beurteilungen
                                                                                                                                      beitet, wird man parallel nicht mehr alle Infor-
                                                                                                                                      mationen in einem klassischen Planwerk doku-
zu präsentieren und                                                                können am Plan bzw. Modell abgeben werden,         mentieren wollen, so die einhellige Meinung

Veränderun-
                                                                                   auf E-Mail Korrespondenz kann daher gänzlich       der Experten im Gespräch.           p Gina Reif

gen schnell einzu-
pflegen.“
Andreas Pilot, Architekt und BIM-Manager

Durch neue Tools, wie beispielsweise das Buil-
ding Information Modelling (BIM) in Architek-
turbüros, entstehen vielfältige Möglichkeiten
fachlicher Vernetzung. Das ist positiv für die
Planungsabläufe, erfordert aber von allen Be-
                                                   Foto: Kristina Schäfer, Mainz

teiligten ein neues Verantwortungsbewusst-
sein. Laut Petrovs gibt es zwei Faktoren, die
das allgemeine Risiko erhöhen, unbemerkt an-
gegriffen zu werden. Erstens, das Verarbeiten
digitaler Daten durch die Mitarbeiter, zweitens
der Austausch dieser Daten im Netz.                                                Diskussion im Brückenturm

36                                                                                                                                                                         DAB 11·21
Stadtraum trifft Bühne
Szenografie nach allen Regeln der Kunst
                                                                                 Die Handlung eines Theaterstücks bestimmt
                                                                                 die Nutzung im Raum, wie aber funktioniert
                                                                                 die Raumplanung in der Öffentlichkeit, so
                                                                                 ganz ohne Plot? Statt eines städtebaulichen
                                                                                 Plans, wirft Oliver Langbein, Mitbegründer
                                                                                 des office for subversive architecture (osa),
                                                                                 einen Blick auf Themen und Geschichten, die
                                                 Foto: Kristina Schäfer, Mainz

                                                                                 in der Stadt erzählt werden und ließ das Pu-
                                                                                 blikum am 30. September 2021 beim The-            Klima und
                                                                                 menabend „Szenografie – auf der Bühne und
                                                                                 im Stadtraum“ daran teilhaben. Die alltägli-      Biodiversität
                                                                                 chen Veränderungen im Stadtraum bieten ein
(Theater-)Atmosphäre im Brückenturm                                              riesiges Potential. „Es ist möglich, die Ge-      Artensterben und Klimaerwärmung
                                                                                 schichte zu entdecken, wenn man möchte.           zwingen uns zum Umdenken und zum

D
                                                                                 Und wenn es keine gibt, dann gelingt es ei-       Handeln. Welchen Beitrag können priva-
            ie Ausstellung „Geschichten Raum                                     nem wenigstens manchmal, eine Bühne zu            te Wohnungs- und Hauseigentümer da-
            geben“ zum 50-jährigen Schaf-                                        bauen.“ Einige Projekte sind temporär, man-       bei leisten? Der Vortragsabend vermit-
            fensjubiläums von Bühnenbildner                                      che bleiben dauerhaft – man arbeitet mit dem      telt einen Überblick über Maßnahmen für
            Gerd Friedrich bot einen beein-                                      was da ist. Im Gegensatz zum Bühnenbild,          Bauwerk und Freiraum, zeigt gute Bei-
druckenden Rahmen für das September-Pro-                                         welches durch den Inhalt der Literatur ge-        spielprojekte und beleuchtet deren Wirt-
gramm im Zentrum Baukultur. Sie gewährte                                         prägt wird und in den meisten Fällen eher         schaftlichkeit.
Einblicke hinter die Kulissen, zeigte Skizzen,                                   kurzlebig ist.
Kostüme und fertige Bühnenbilder. Zur Eröff-                                         Es gibt aber auch Gemeinsamkeiten, so ist     Wann? Am 4. November 2021, in Ko-
nung am 9. September 2021 honorierte Doris                                       beispielsweise im szenografischen Bau – auf       operation mit der Landesbausparkasse
Ahnen das Lebenswerk des Künstlers vor                                           der Bühne wie auch im öffentlichen Raum –         Südwest (LBS).
knapp 100 Besuchern neben dem Brücken-                                           oft mehr möglich, als in der Architektur mit
turm. Am 23. September 2021 stand die                                            ihren DIN-Normen. „Dennoch“, so Thomas
Übersetzung skandinavischer Literatur in                                         Dörfler, Bühnenbildner am Pfalztheater in Kai-
Bühnenarchitektur auf deutschen Bühnen im                                        serslautern, „braucht es auch für die Ausstat-
Mittelpunkt. Staatssekretär Prof. Dr. Jürgen                                     tung eines Theaterstücks oft ein großes Ver-
Hardeck begrüßte hierzu am Gesprächsabend                                        handlungsgeschick, um Richtlinien und Regu-
den freien Regisseur Alexander May, Reinhard                                     larien angemessen in den gestalterischen
Hinzpeter, Regisseur und Leiter des Freien
Schauspiel Ensembles Frankfurt, sowie Kul-
                                                                                 Prozess einfließen zu lassen.“ Die Architektur
                                                                                 partiell mal nicht so ernst zu nehmen? Von
                                                                                                                                  Bodenpolitik
turjournalistin Shirin Sojitrawalla.                                             dieser Möglichkeit macht jeder auf seine Wei-    In Anbetracht der Nachfrage nach
                                                                                 se Gebrauch. Gerd Friedrich steuert seinen       Wohnraum auf dem Immobilienmarkt,
„Der öffentliche                                                                 Teil – im Rahmen eines „Kunst am Bau“-Pro-       bei gleichzeitiger Knappheit von bezahl-

Raum erzählt sein
                                                                                 jekts – nun auch im öffentlichen Raum bei        barem Wohnraum, stellt sich die Frage,
                                                                                 und ist froh, sich diese Freiheit nach 50 Jah-   wie verfügbares Bauland gerecht, ge-
                                                                                 ren Bühnenarbeit endlich nehmen zu können.       meinwohlorientiert und nachhaltig ver-
Stück selbst, man muss                                                               Schön zu sehen, dass die Gestaltung von
                                                                                 Architektur, Bühnenbild und Stadtraum zwar
                                                                                                                                  teilt und bewirtschaftet werden kann.

es nur sehen wollen.“                                                            von sehr unterschiedlichen Bedürfnisse ge-
                                                                                 prägt wird, aber dennoch einige Schnittmen-
                                                                                                                                  Antworten auf diese und andere Fragen
                                                                                                                                  gibt es beim Gesprächsabend am
                                                                                 gen existieren. Fantasie und Tatkraft sind je-   25. November 2021.
Oliver Langbein, osa – office for subversive
architecture                                                                     denfalls in allen drei Bereichen gefragt!
                                                                                                                    p Gina Reif

DAB 11·21                                                                                                                                                               37
[ DAB REGIONAL ]   FORTBILDUNGRHEINLAND-PFALZ

Weiterbildungsveranstaltungen bis Ende November
Informationen zu den Seminaren: Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Daniela Allgayer, Telefon (06131) 99 60-43,
E-Mail: allgayer@akrp.de. Seminarinhalte, AGBs und Anmeldemöglichkeit: www.diearchitekten.org/fortbildung
Aufgrund der aktuellen Situation kann es zu Abweichungen im Seminarprogramm kommen. Bitte informieren Sie sich
auf unserer Homepage

Termin             Ort           Thema                                                                 Nummer /       Gebühren
                                                                                                       Unterrichts-
                                                                                                       einheiten

09.11.2021         Höhr-         Synergien wecken – Teamentwicklung und Teamführung                    21072          Mitglieder: 180 €
                   Grenzhausen   Dipl.-Ing. Lothar E. Keck, Kommunikationstrainer, Köln                8 UE           Gäste: 215 €

10.11.2021         WEBINAR       Abnahme von Bauleistungen: Mängel sicher erkennen und                 21531          AIP: 80 €
                                 beurteilen                                                            8 UE
                                 Seminar für Absolventen in der Praxis
                                 Dipl.-Ing. Gunter Hankammer, Beratender Ingenieur und
                                 ö.b.u.v. Sachverständiger, Hamburg

12.11.2021         WEBINAR       Gebäudeintegrierte Photovoltaik                                       21073          Mitglieder: 150 €
                                 Prof. Dr.-Ing. Thomas Stark, Architekt, Konstanz                      8 UE           Gäste: 185 €

15.11.2021         WEBINAR       Vermeidung von Schimmel – richtiges Wärmedämm- und                    21074          Mitglieder: 150 €
                                 Lüftungskonzept                                                       8 UE           Gäste: 185 €
                                 Dipl.-Ing. Stefan Horschler, Architekt, Hannover

16. / 17.11.2021   WEBINAR       Barrierefreier Wohnungsbau – Warum, für wen und wieviel?              21075          Mitglieder: 150 €
jeweils                          Dipl.-Ing. (FH) Lutz Engelhardt, Sachverständiger für Barriere-       8 UE           Gäste: 185 €
9-13 Uhr                         freies Bauen sowie für Immobilienbewertung, Nordhausen

16.11.2021         WEBINAR       Städtebauliche Erneuerung – Grundlagen, Verfahren,                    21532          AIP: 80 €
                                 Umsetzung, Förderung                                                  8 UE           Mitglieder: 150 €
                                 Dr. Volker Spangenberger-Kerle, Baudirektor, Leiter Bereich Stad-                    Gäste: 185 €
                                 tentwicklung, Stadtverwaltung Ludwigshafen

18.11.2021         WEBINAR       Bauleitung, leiten statt leiden!                                      21076          Mitglieder: 150 €
                                 Dipl.-Ing. Jürgen Steineke, Berlin                                    8 UE           Gäste: 185 €

18.11.2021         WEBINAR       Lichtplanung – Qualitätsmerkmale der Architekturbeleuchtung           21533          AIP: 80 €
                                 Seminar für Absolventen in der Praxis                                 8 UE
                                 Dipl.-Ing. Ralf Schoofs, Innenarchitekt, Düsseldorf

22. - 25.11.2021   Mainz         BIM Vertiefung: Modul 3 Informationskoordination                      21130          Mitglieder: 1400 €
                                 Referententeam                                                        32 UE          Gäste: 1800 €

30.11.2021         Mainz         Beratertag für Büroinhaber                                            21078          ab 85 €
                                 Für Mitglieder und AIPs der Architektenkammer Rheinland-Pfalz
                                 Hansjörg Selinger, Architekt und Wirtschaftsingenieur, Rottweil

30.11.2021         WEBINAR       Kostenplanung nach DIN 276 – Grundlagen und Anwendung                   21534        AIP: 80 €
                                 Seminar für Absolventen in der Praxis                                   8 UE
                                 Univ.-Prof. Dr.-Ing., Dipl.-Wirtsch.-Ing. Wolfdietrich Kalusche, Archi-
                                 tekt, Cottbus

38                                                                                                                                 DAB 11·21
Sie können auch lesen