Jet-Lavage und Zementpenetration Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die Zementeindringtiefe in den spongiösen Knochen.

 
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Jet-Lavage und Zementpenetration Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die Zementeindringtiefe in den spongiösen Knochen.
Aus der
              Orthopädischen Klinik und Poliklinik
               der Ludwig-Maximilians-Universität
          Direktor: Prof. Dr. med. Dipl. Ing. V. Jansson

    Jet-Lavage und Zementpenetration

Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die
  Zementeindringtiefe in den spongiösen
                 Knochen.

                       Dissertation
        zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin
            an der Medizinischen Fakultät der
        Ludwig-Maximilians-Universität zu München

                        vorgelegt von

                    Dominik Pförringer

                        aus München

                             2006
Jet-Lavage und Zementpenetration Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die Zementeindringtiefe in den spongiösen Knochen.
Mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät
                       der Universität München

Berichterstatter:                     Prof. Dr. med. Dr. Ing. W. Plitz

Mitberichterstatter:                  Prof. Dr. med. R. Baumgart

                                      Prof. Dr. med. R. Breul

                                      Prof. Dr. K. E. Kunze

Mitbetreuung durch den
Promovierten Mitarbeiter:             Dr. med. T. Kalteis

Dekan:                                Prof. Dr. med. D. Reinhardt

Tag der mündlichen Prüfung:           5.10.2006
Jet-Lavage und Zementpenetration Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die Zementeindringtiefe in den spongiösen Knochen.
Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS..................................................................... II
I.        EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG ...................................... 1
     A.      FRAGESTELLUNG UND STUDIENZIEL ........................................................ 1
II.          ALLGEMEINES: ................................................................................. 3
     A.  ZEMENT IN DER ENDOPROTHETIK ............................................................ 3
     B.  IDEALE ZEMENTEINDRINGTIEFE .............................................................. 4
     C.  GENERATIONEN DER ZEMENTIERTECHNIK UND BEDEUTUNG DER
     PULSATILEN HOCHDRUCKLAVAGE ................................................................... 4

III.         MATERIAL UND METHODE: ......................................................... 7
     A. HALBAUTOMATISCHE LAVAGE-SYSTEME ................................................... 7
     B. DRUCKBESTIMMUNG GÄNGIGER SYSTEME .................................................. 8
     C. KNOCHENPRÄPARATE ................................................................................. 9
     D SPÜLVORGANG, REINIGUNG DER PRÄPARATE ............................................ 10
     E. PULSATILE LAVAGE MIT REDUKTION DER SPÜLDRUCKSTÄRKE ................ 13
     F ZEMENTIERTECHNIK .................................................................................. 13
     G. COMPUTERTOMOGRAPHISCHE AUSWERTUNG ........................................... 15
     H. STATISTISCHE AUSWERTUNG .................................................................... 17
IV.          ERGEBNISSE: ................................................................................... 19
     A.      DRUCKHÖHEN UND – CHARAKTERISTIKA............................................... 19
     B.      ZEMENTPENETRATIONSTIEFEN .............................................................. 23
V.        DISKUSSION.......................................................................................... 28
VI.          ZUSAMMENFASSUNG.................................................................... 38
ANHANG ........................................................................................................ 46
LITERATURVERZEICHNIS ...................................................................... 40
LEBENSLAUF................................................................................................ 47
DANKSAGUNGEN........................................................................................ 48

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Jet-Lavage und Zementpenetration Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die Zementeindringtiefe in den spongiösen Knochen.
Abbildungsverzeichnis

                                 Abbildungsverzeichnis
ABBILDUNG 1: VERSUCHSAUFBAU ZUR DRUCKMESSUNG.................................8
ABBILDUNG 2: VERSUCHUSAFBAU SPONGIOSASPÜLUNG................................11
ABBILDUNG 3: EINSPANNVORRICHTUNG FÜR PULSATILE HOCHDRUCKLAVAGE
     .................................................................................................................. 12
ABBILDUNG 4: FIXATIONSKÖCHER ZUR ZEMENTIERUNG ................................. 14
ABBILDUNG 5: CT-GRAPHIK ZUR VERMESSUNG ............................................. 16
ABBILDUNG 6: CT – AUSWERTUNG SCHEMATISCH.......................................... 17
ABBILDUNG 7: DRUCKKURVE FÜR SYSTEM A BEI 30% DRUCK....................... 19
ABBILDUNG 8: DRUCKKURVE FÜR SYSTEM A BEI STANDARD OP-DRUCK ..... 20
ABBILDUNG 9: DRUCKKURVE FÜR SYSTEM B .................................................. 20
ABBILDUNG 10: DRUCKKURVE FÜR SYSTEM C................................................ 21
ABBILDUNG 11. DRUCKKURVE FÜR SYSTEM D................................................ 21
ABBILDUNG 12: DRUCKKURVE FÜR SYSTEM E................................................ 22
ABBILDUNG 13 : SYNOPSIS DER SECHS DRUCKGRAPHEN ............................... 23
ABBILDUNG 14: PROZENTUALE FLÄCHENDECKUNG BEI 2MM .......................... 25
ABBILDUNG 15: PROZENTUALE FLÄCHENDECKUNG BEI 3MM .......................... 25
ABBILDUNG 16: ZEMENTPENETRATION NACH DRUCKMINDERUNG .................. 26

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Jet-Lavage und Zementpenetration Der Einfluß der pulsatilen Jet-Lavage auf die Zementeindringtiefe in den spongiösen Knochen.
Einleitung und Problemstellung

I.      Einleitung und Problemstellung

           A. Fragestellung und Studienziel

Moderne apparative medizinische Methoden werden häufig objektiven
wissenschaftlichen Prüfungen unterzogen, um ihren klinischen Nutzen
unter Beweis zu stellen. Die vorliegende Dissertation versucht die
pulsatile Hochdrucklavage einer kritischen Beurteilung zu unterziehen.
Es liegen zahlreiche Arbeiten zu deren Vor- und Nachteilen vor, wobei
hier auf die unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften der im
klinischen Einsatz befindlichen Systeme eingegangen wird und deren
Einfluss auf das Zementierergebnis untersucht wird. Die auf dem Markt
befindlichen Systeme zeigen signifikante physikalische Unterschiede
deren Folgen es darzustellen galt. Ferner interessiert die Frage, ob trotz
einer Verminderung des Lavagedrucks weiterhin ein suffizientes
Zementierergebnis möglich ist. Die vorliegenden Ergebnisse eröffnen
den wissenschaftlichen Ausblick auf nachfolgende Untersuchungen
hinsichtlich der möglichen histopathologischen Gewebsschädigung
durch hohe Lavagedrucke.

Um die aufgezeigten Fragen zu beantworten, wurden in der
vorliegenden in-vitro Studie fünf in Deutschland handelsübliche pulsatile
Lavage-Systeme        hinsichtlich     ihrer    mechanischen   Eigenschaften
verglichen und die bei Anwendung der unterschiedlichen Systeme in
einem       standardisierten         in-vitro    Versuchsmodell     erzielten
Zementierergebnisse analysiert.

Es gibt Arbeiten, welche belegen, daß eine wesentliche Nebenwirkung
der pulsatilen Hochdrucklavage iatrogene Gewebeschäden sind. Daher
wird in der vorliegenden Arbeit unter anderem untersucht, ob zur

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Einleitung und Problemstellung

Vermeidung von iatrogenen Gewebeschäden eine pulsatile Spülung mit
verminderter Druckstärke möglich ist, ohne das Zementierergebnis im
negativen Sinne zu beeinträchtigen.

Mit den Ergebnissen der experimentellen Arbeit sollen folgende Fragen
beantwortet werden:

1.) Verbessert die pulsatile Hochdrucklavage in-vitro im Vergleich zur
manuellen Spülung signifikant die Zementpenetration in spongiöses
Knochengewebe?
2.) Weisen die fünf untersuchten pulsatilen Hochdruck-lavage-systeme
unterschiedliche Spülcharakteristiken auf?
3.) Ergeben sich als Konsequenz der unterschiedlichen mechanisch-
physikalischen Eigenschaften in-vitro bei Verwendung verschiedener
pulsatiler Lavage-Systeme signifikante Unterschiede hinsichtlich der
erzielten Zementpenetration?
4.) Ist eine Druckminderung an den druckbetriebenen Jet-Lavage-
Systemen unter der Vorstellung einer Verringerung der druckbedingten
Gewebeschäden sinnvoll oder führt dies in-vitro zu ungenügenden
Zementierergebnissen?

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Allgemeines

II.     Allgemeines:

          A. Zement in der Endoprothetik
Sir John Charnley beschrieb 1964 die Bedeutung der Entwicklung des
Polymethylmetacrylat-Knochenzementes für den Fortschritt in der
Endoprothetik. Die erste historische Nennung dessen wird auf 1951
datiert (Kiaer und Jansen 1951). 1958 verwendete Charnley nach
zahlreichen im Labor selbst durchgeführten Experimenten zum ersten
Mal selbsthärtendes PMMA bei einem Eingriff in Manchester. 1960
beschrieb er seine ersten sechs Fälle im British Journal of Bone and
Joint Surgery (Charnley 1960). Er betonte dabei, wie wichtig es sei, den
Zement mittels Daumen in die Tiefe des Femurs zu pressen (wörtlich:
„the dough should be „rammed“ deeply into the femur by thumb
pressure) , wobei der Zement seine Stabilität durch Verstrebung und
Vernetzung, weniger durch reine Adhäsion im Sinne eines Klebstoffes,
erreichen sollte. Charnley vertrat dabei die Auffassung, dass es sich bei
der zementierten Verankerung der Endoprothesen keinesfalls um eine
starre, sondern vielmehr um eine elastische Verbindung handelt. Die
beweglichen Spongiosabälkchen, welche in direktem Kontakt mit der
Zementoberfläche stehen, müssen als System vieler kleiner Federn
gesehen werden (Charnley, 1970).
Während Charnley postulierte, dass man den federnden Charakter
erhalten möge, geht man heutzutage davon aus, dass es zwar nach wie
vor sinnvoll ist, möglichst viel spongiöse Oberfläche zu erhalten, diese
jedoch mittels Knochenzement vollständig auszuhärten (Draenert et al
1999)

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Allgemeines

          B. Ideale Zementeindringtiefe

Die Primärstabilität des Implantats definiert sich über den Grad der
intertrabekulären Verzahnung der Prothese in der Spongiosa. Diese
Verzahnung wird über den Knochenzement optimiert, wobei dessen
Eindringtiefe   als     eine    Funktion    seiner   Viskosität   und     des
Einbringdruckes beschrieben wird (Markolf et al. 1976, Halawa et al.
1978, Krause et al. 1982). Weniger die absolute Eindringtiefe als eine
suffiziente Stabilisierung der spongiösen Wabenstruktur scheint über
Erfolg oder Misserfolg der Zementierung zu entscheiden. Zudem gilt ein
geschlossener, homogener Zementmantel ohne Lücken und Risse als
conditio sine qua non für eine primärstabile, suffizient implantierte und
zementiert verankerte Prothese (Draenert et al 1999).
Walker et al. (1984) forderten eine Eindringtiefe von 2 bis 3mm, um
mindestens eine komplette Ebene, also eine in drei Dimensionen
allumfassende     Schicht       von     einem   Spongiosobälkchen        zum
nächstfolgenden in die Prothesenfixierung miteinzubeziehen. Die
Autoren weisen darauf hin, dass einerseits eine zu geringe (5mm) ein
erhöhtes Risiko der thermischen Gewebeschädigung während der
exothermen Polymerisation des PMMA-Knochenzementes bedinge
(Walker et al 1984).

          C. Generationen der Zementiertechnik und
          Bedeutung der pulsatilen Hochdrucklavage
Halbautomatische pulsatile Lavage-systeme:
Gegenwärtig gibt es keine expliziten gesetzlichen Vorgaben für
Eigenschaften         von      pulsatilen   Lavageinstrumenten.         Daher
unterscheiden sich die auf dem Medizinproduktemarkt angebotenen

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Allgemeines

Systeme für die pulsatile Hochdrucklavage zum Teil erheblich
hinsichtlich maximaler Spüldruckstärken, Pulsfrequenz, Pulskurve und
Pulsdauer. Morgan et al. (2003) konnten hierzu bereits deutliche
Schwankungen hinsichtlich Maximaldruck, Druckkurvenverlauf und
Dauer der Druckplateaus nachweisen (Morgan et al. 2003).

C 1.1.: Zementiergenerationen:
Analog        zur   Weiterentwicklung   von        Implantatdesign   und
Implantatmaterialien sind über die vergangenen Jahrzehnte auch z.T.
erhebliche Veränderungen in der Zementverankerungstechnik der
Implantate festzustellen.
Charnley beschreibt noch die erste Generation der Zementiertechnik, in
der der Zement von Hand angerührt, anschließend zu einem
wurstförmigen Teig geformt wird, der dann mittels der Finger
eingebracht wird (Charnley, 1960).
Als einen wesentlichen Hauptpfeiler der zweiten Generation der
Zementiertechnik werden die Einführung des Markraumstoppers und
der Jet-Lavage gesehen. Ballard et al. fassten 1994 die drei Faktoren
Markraumstopper, Jet Lavage und retrograde Einbringung eines
niedrig-viskösen Zementes zum Komplex der zweiten Generation der
Zementiertechnik zusammen.
In mehreren Studien konnte gezeigt werden (Halawa et al. 1978;
Maloney et al. 1996), dass das Einbringen des Zementes unter hohen
Druckverhältnissen eine deutlich verlängerte Standzeit der Verankerung
nach sich zieht. Es konnte in den darauf folgenden Jahren keine
Einigung erzielt werden, ob diese Innovation unter dem Begriff der
dritten Generation der Zementiertechniken kategorisiert werden durfte
oder lediglich als subtile Weiterentwicklung der zweiten Generation
gesehen werden sollte (Malchau and Herberts, 1996).
All dies führte dazu, dass Malchau et al. 1993 in einer schwedischen
Studie die folgenden Punkte präzise statuierten:

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Allgemeines

   -        Die alte Technik bedeutet: kein Markraumstopper, keine
            Versiegelung, keine Zementkompression, manuelles Anrühren
            des Zementes und keinerlei Reinigung des Markraumes.
   -         Erste Fortschritte beinhalten den Markraumstopper, manuelles
            Anrühren,   Anrauhen   des     Knochenlagers   und   retrogrades
            Einbringen des Zementes wie bei Harris und McGann 1986
            beschrieben
   -        Der aktuelle Stand der Dinge fordert ein Vakuumanrühren des
            Zementes, Anrauhen und Jet-Lavage (Malchau und Herberts
            1996) des Knochenlagers, Versiegelung des Markraumkanales
            mittels Stopper und retrogrades Einbringen des Zementes unter
            erhöhten Druckverhältnissen.
Die Kombination dieser Faktoren wird als die dritte Generation der
Zementiertechnik bezeichnet.

Tabelle 1: Zementiergenerationen

Generation Technische Methoden
        I          -manuelle Zementeinbringung
                   - Knochenlager unpräpariert
       II          -Retrograde Zementeinbringung
                   -Lavage
                   -Markraumstopper
       III         - retrograde Zementeinbringung
                   - high pressure Zementierung
                   - Vakuumzementanmischung
                   - Knochenlagerpräparation
                   - Jet-Lavage
                   - Markraumstopper

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Material und Methode

III.         Material und Methode:

             A. Halbautomatische Lavage-Systeme
Die fünf in der Studie untersuchten halbautomatischen Systeme zur
pulsatilen Hochdrucklavage teilen sich in zwei Gruppen auf: Zwei
Einmal- Produkte zum einmaligen Gebrauch und drei resterilisierbare
Systeme          mit   einmalig   zu    verwendenden    Spülaufsätzen   und
wiederverwendbarem Basisteil.

Tabelle 2: Untersuchte Hochdrucklavagesysteme

       Untersuchte Hochdrucklavagesysteme
A *OrthoPulse Pulse Lavage (MicroAire Surgical Instruments,
  Charlottesville, VA, USA)
B *Powerpulse Lavage System (Smith&Nephew, Tuttlingen, D)
       #
C          Stryker Interpulse lavage system (Stryker, Newbury, UK)
D *L31 Pulse Lavage (Tawa Surgical, Savannah, GA, USA)
       #
E          Pulsavac (Zimmer, Kiel, D)

Die Einwegprodukte werden mit einer batteriegetriebenen Pumpeinheit
und der dazugehörigen Verkabelung geliefert. Die Mehrwegeinheiten
basieren auf der Nutzung eines Druckluftsystemes, üblicherweise mit 8
bar.
Die Handstücke aller getesteten Systeme ähneln sich dahingehend,
dass der Operateur einen               pistolenförmigen Handgriff mit Abzug
bedient. Der primäre Unterschied wird in Form und Funktionsweise des
Abzugs deutlich. Zwei der getesteten Geräte verfügten hier über ein
gestuftes System im Sinne eines An/Aus Mechanismus, während drei
einen stufenlosen Auslöser aufwiesen. Es sei darauf hingewiesen, dass
System E (Tabelle) über einen zweistufigen Auslöser verfügte, der eine

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Material und Methode

stärkere sowie eine schwächere Spülform ermöglichte. In der Studie
wurde der stärkere der beiden Modi untersucht.
Die Wahl der Spülflüssigkeit bleibt bei allen Systemen dem Operateur
selbst überlassen, da ein universell nutzbarer Flüssigkeitsanschluß
vorliegt.

       B. Druckbestimmung gängiger Systeme
Um     physikalisch-mechanische        Parameter       der     Lavagesysteme
untersuchen zu können, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine
entsprechende      Messvorrichtung     konstruiert.    Hierzu    wurde    eine
Halterungsvorrichtung     mit      einem       in    der     Longitudinalachse
verschieblichen    Schlitten    angefertigt,    um    die    Handstücke   der
ausschließlich axial nach vorne strahlenden Lavagesysteme fixieren
und die Düsenspitzen in definiertem Abstand vor einer Kraftmesszelle
ausrichten zu können (Abb. 1).
Das jeweils zu prüfende Jet Lavage System wurde zum Prüfvorgang
auf dem stufenlos einstellbaren Schlitten so fixiert, dass der zentrale
Bereich des Spülstrahls die Mitte einer Druckabnehmerplatte (8 cm
Durchmesser) der Druckmesszelle exakt traf.

 Abbildung 1: Versuchsaufbau zur Druckmessung

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Material und Methode

Die Messwerte wurden über ein Verstärkersystem (Catman 32,
Hottinger Baldwin Meßtechnik) an einen PC weitergeleitet (Dell ®
Inspiron 4000). Mittels der zugehörigen Software (Catman 4.0,
Hottinger Baldwin Messtechnik) konnten während der pulsatilen
Hochdrucklavage         3200        Einzelmeßwerte       pro    Sekunde           digital
aufgezeichnet und die Spüldruckkurven für die getesteten Systeme in
jedem gewünschten Intervall graphisch dargestellt werden. Dieser für
jedes   der     Systeme       charakteristische     Graph      zeigt   sowohl        die
Impulsfrequenz, als auch deren Kraftspitzen und Spüldruckamplitude
an.
Vor Beginn jeder Messung wurde ein Nullabgleich der Kraftmesszelle
durchgeführt,     um         das     Eigengewicht        der    Aluminiumscheibe
auszutarieren und das Messsystem zu kalibrieren. Im Anschluß wurden
die halbautomatischen Lavagesysteme jeweils dreimal über eine
Lavageperiode          von    ca.     10    sec     gemessen.          Nach        jeder
Mehrfachmessung eines Lavagesystems wurde nach Readjustierung
der Sonde in Höhe und Länge ein erneuter Nullabgleich durchgeführt.
Graphisch ausgewertet wurden jeweils die Mittelwerte von drei
aufeinander     folgenden       Spülintervallen     im    mittleren     Drittel     des
experimentellen Spülvorganges.
Eine Umrechnung von der gemessenen Krafteinheit Newton auf eine
Druckeinheit erübrigte sich hier aufgrund der nicht messbaren
Aufprallfläche des Wasserstrahles.

C. Knochenpräparate
C 1.1 Präparatauswahl
42 humane Femurköpfe wurden im Rahmen von endoprothetischen
Hüfteingriffen gewonnen. Die humanen Präparate wurden nach
Genehmigung        durch       die     lokale     Ethikkommision        und        nach

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Material und Methode

Einverständnis      der   Patienten   verwendet.      Die    endoprothetische
Versorgung erfolgte jeweils aufgrund einer primären Coxarthrose. Das
durchschnittliche Patientenalter lag bei 62 Jahre (54-76 Jahre). 20
Hüftköpfe wurden von männlichen und 22 von weiblichen Patienten
gewonnen. Die Präparate wurden randomisiert einer der sieben
Testgruppen       zugeordnet.   Präparate,    die   in    den   präoperativen
Röntgenaufnahmen oder bei makroskopischer Betrachtung nach
Explantation      Femurkopfnekrosen,      zystische      oder   neoplastische
Veränderungen aufwiesen, wurden verworfen.

C 1.2. Aufbereitung der Knochenpräparate
Mittels oszillierender Säge wurden die Präparate auf Höhe des
Hüftkopfäquators halbiert, so dass ein Mindestdurchmesser der
zementierbaren Resektionsfläche von 5 cm resultierte.
Die Präparate wurden anschließend bei –20° C kryokonserviert.

D. Spülvorgang, Reinigung der Präparate
24 Stunden vor dem Lavage- und Zementiervorgang wurden die Köpfe
bei Zimmertemperatur aufgetaut.
Es sei darauf hingewiesen, daß im Vorfeld auf eine vergleichende
Osteodensimetrie der Präparate verzichtet wurde, die Hüftköpfe aber
anschließend randomisiert und verblindet den Versuchsgruppen
zugeteilt wurden um neutral vergleichbare und reproduzierbare
Ergebnisse sicherzustellen und systemische Fehler auszuschließen.
Die präparierte plane Oberfläche stellt insofern ein idealisiertes Modell
dar, als sie keine bei der Prothesenverankerung standardisiert zu
zementierende       Fläche   darstellt.   Andererseits      ermöglicht     diese
Simplifizierung    der    Ausgangssituation    in     Kombination    mit     der
durchgeführten Randomisierung erst die objektive Vergleichbarkeit des
im Anschluß erzielten Zementierergebnisses. Durch das Ausschalten

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Material und Methode

möglichst vieler unbekannter sowie schwer standardisierbarer Variablen
wie Blutrückfluß, gekrümmter Spongiosaoberflächen etc. richtet sich der
Focus der Ergebnisauswertung auf die einzige Variable: das jeweilige
Spülverfahren.
Die   präparierten      Hüftköpfe    wurden    anschließend    mittels    dreier
Stellschrauben in die in Abbildung 2 dargestellte Halterungsvorrichtung
eingespannt.     Das      Jet-lavagesystem      wurde   an     eine      isotone
Natriumchlorid-Spüllösung            angeschlossen      und       mit      dem
Druckluftschlauch konnektiert. Daraufhin wurde das Handstück des
jeweiligen   Systems      in   die    dafür   vorgesehene     Haltevorrichtung
eingespannt und so adjustiert, dass das Zentrum des Spülstrahls im 90
Grad Winkel auf das Zentrum des eingespannten Knochens auftrifft.
Dabei    wurde    ein     Spülabstand     zwischen   Spüldüsenspitze        und
Knochenoberfläche von 1 cm eingestellt.

 Abbildung 2: Versuchsaufbau Spongiosaspülung

                                                                             11
Material und Methode

Abbildung 3: Einspannvorrichtung für pulsatile Hochdrucklavage

Jedes Präparat wurde mit insgesamt 500 ml Kochsalzlösung 0,9%
gespült.   Bei    der   Spülung    wurde     der   auf   der     spongiösen
Knochenoberfläche verbliebene Debris nach abgeschlossener Spülung
mittels trockener Kompressen entfernt.
Die Präparate der Kontrollgruppe wurden manuell mittels Blasenspritze
ebenfalls mit jeweils 500 ml Kochsalzlösung gereinigt.

                                                                         12
Material und Methode

              E. Pulsatile Lavage mit Reduktion der
              Spüldruckstärke
Mit   Hilfe    eines   Druckminderers   wurde   in   einer   zusätzlichen
Versuchsreihe der an das System A angeschlossene Luftdruck auf 2,5
bar   gesenkt.     Der    unter   regulären   OP-Umständen      genutzte
Eingangsdruck von 8 bar wurde somit um annähernd 70 Prozent
gesenkt. Um auf einen entscheidenden Teil der eingangs gesetzten
Fragestellung einzugehen war es notwendig sowie sinnvoll eine
signifikant schwächere Spülungsform zu simulieren um deren Effizienz
anschließend kritisch untersuchen zu können. Mit der auf diese Weise
geminderten Spüldruckstärke wurden nachfolgend weitere 6 Präparate
in beschriebener Weise gereinigt.

              F Zementiertechnik
Die zu zementierenden Hüftkopfe wurden durch drei Schrauben in
einem Fixationsköcher eingespannt. Der dafür angefertigte Adapter
besteht aus einem auf einer Platte angebrachten Aluminiumrohr und
drei lateralen Titanschrauben zur Befestigung des Hüftkopfes (Abb. 4).

                                                                      13
Material und Methode

Abbildung 4: Fixationsköcher zur Zementierung

Der Aluminiumköcher mit dem eingespannten und gereinigten Präparat
wurde in einer Universalprüfmaschine (Zwick ® Universalprüfmaschine
Zwick Z010/TN2A,) fixiert. Am oberen, mobilen Teil der Maschine
wurde eine plane Aluminiumscheibe, welche als Stempel diente,
eingesetzt.

Für   die     Versuche    wurde     Polymethylmetacrylat   -Knochenzement
(PMMA) verwendet. Der aus zwei Komponenten – flüssig und fest –
bestehende Palacos 20 ® (Heraeus Kulzer GmbH & Co. KG, Bereich
Kulzer, D-61273 Wehrheim) wurde geöffnet, die zwei Komponenten
anschließend im mitgelieferten Polyethylenköcher in Vakuumtechnik
gemischt,      um      weitgehend    blasenfreie   Mischverhältnisse   und
Homogenität zu erreichen. Die Zementkomponenten wurden dabei
entsprechend den Herstellerangaben bei 20° C Raumtemperatur 30
Sekunden manuell vermengt

                                                                        14
Material und Methode

Tabelle 3: Verarbeitungszeiten für vacuumgemischtes Palacos
Temperatur                20°                        21°
I. Anmischphase           30 sek                     30 sek
II. Wartephase            bis 360 sek                bis 330 sek
III. Applikationsphase    bis 540 sek                bis 500 sek
IV Aushärtephase          bis 900 sek                bis 850 sek
Quelle: Beipackzettel Palacos ® PMMA

Für jedes Präparat wurden 20g Polymethylmethacrylat-Knochenzement
angerührt. Fünf Minuten nach Beginn der Polymerisation wurde
Zementteig mittels Spatel auf die spongiöse Knochenoberfläche
aufgetragen    und     gleichmäßig    verteilt.   Nachfolgend      wurde   die
Prüfmaschine aktiviert und der Knochenzement mit einer Kraft von
3000N, wie von anderen Arbeitsgruppen beschrieben (Breusch et al
2000), in die spongiöse Knochenfläche eingepreßt. Überschüssiger
Knochenzement konnte seitlich der Resektionsfläche entweichen und
wurde manuell entfernt. Der Anpressdruck wurde bis zur vollständigen
Aushärtung und Abkühlung aufrecht erhalten.
Anschließend      wurde    die   Prüfmaschine      in    die       Nullstellung
zurückgefahren, die Präparate vakuumversiegelt, beschriftet und bei –
20° C bis zur computertomographischen Auswertung kryokonserviert.

           G. Computertomographische Auswertung
Die   erreichte    Zementpenetration       wurde     auf       Grundlage   von
Computertomographien ausgewertet.
Die Spiral Computertomographie (CT) wurde an einem Mehrzeilen
Scanner (Somatom Sensation 16,                Siemens Medical Solutions;
Forchheim,    Germany)     ohne      Gantry    Kippung     durchgeführt.   Die
Aufnahmespannung betrug in allen Fällen 120 KV, der effektive

                                                                            15
Material und Methode

Röhrenstrom      120mA..        Für     die   Untersuchungen          wurde    eine
Schichtkollimation von 16 x 1.5 mm mit einem Tischvorschub von 12
mm/ rotation (Rotationszeit: 0.5 sec, Pitch 1) gewählt. Anhand der
Rohdaten wurden für die Bildauswertung axiale Schichten mit einer
Schichtdicke von 1 mm errechnet, wobei ein hochauflösender Filter zur
Anwendung (B80s) kam. Die 1 mm Schichten wurden elektronisch auf
ein PACS (Picture Archiving and Communication System; SIENET
MagicView     VB       33,    release   A,    Siemens,    Erlangen,     Germany)
übertragen.

Die   Auswertung        der     CT-Bilder     erfolgte   verblindet    an     einem
hochauflösenden CRT Monitor (SIMOMED SMM 2183 L, Siemens,
Karlsruhe, Germany). Die Ausmessungen wurden unter Verwendung
der implementierten Bildverarbeitungssoftware (Sienet Magic View, Fa.
Siemens ) durchgeführt.

Abbildung 5: CT-Graphik zur Vermessung

Die für das Ergebnis massgeblich entscheidende Vermessung fand im
Soll versus Ist Schema statt: Es wurde die idealerweise zu 100%
gedeckte Fläche bei einer gewünschten Spongiosapenetrationstiefe
von zwei Millimetern gemessen und diese als idealer Sollwert vermerkt.
Anschließend wurde manuell die tatsächlich vom Knochenzement

                                                                                 16
Material und Methode

ausgefüllte Fläche vermessen und als Istwert aufgezeichnet. Dabei
wurden für jedes Präparat jeweils fünf CT-Schnittebenen in Abständen
von 5 mm vermessen und der Mittelwert der erreichten prozentualen
Zementfläche bei einer angestrebten Zementpenetration bis 2 mm bzw.
3 mm Tiefe für die statistische Auswertung gebildet.

Abbildung 6: CT – Auswertung schematisch

           H. Statistische Auswertung

Um die Zementpenetration jedes Lavagesystems mit der manuellen
Reinigung zu vergleichen wurde der Mann-Whitney Rank Summentest
angewandt.     Der     Kruskal-Wallis-test   diente   der   Evaluation   der
generellen Unterschiede zwischen den fünf Systemen. Die Dunn-
methode wurde auf alle paarweisen Vergleiche zwischen diesen
Gruppen angewandt.. Die Unterschiede in Bezug auf eine Eindringtiefe

                                                                         17
Material und Methode

bis zu 2 bzw. 3 mm. Für jedes Lavagesystem wurden mittels dem
Wilcoxon Signed Rank test auf ihre statistische Relevanz überprüft. Das
Signifikanzniveau wurde bei p
Ergebnisse

IV.             Ergebnisse:

                    A. Druckhöhen und – charakteristika

Es zeigen sich hierbei sechs sehr unterschiedliche, in ihrer Form und
Amplitude system-spezifische Druckkurven (siehe Abbildungen 2-8).
System               D       zeigte         graphisch       wie       numerisch     die   grösste
Maximalauslenkung der Druckaufnehmerplatte von 14 N in der Y-
Achse, während System A bei einem auf 31,25% gesenkten Druck, die
schwächsten Druckwerte von ca. 0,4 N lieferte.

Abbildung 7: Druckkurve für System A bei 30% Druck
                                              Post-Process Graphik
             Micro Aire 2 5 bar Druck 1cm
  10,0

      8,0

      6,0

      4,0
[N]

      2,0

      0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00                  0,02             0,04                 0,06         0,08
                                                        Zeit [ s ]

                                                                                              19
Ergebnisse

Abbildung 8: Druckkurve für System A bei Standard OP-Druck
                                     Post-Process Graphik
             MicroAire 0 cm
      10,0

       8,0

       6,0

       4,0
[N]

       2,0

       0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00                 0,02     0,04                0,06   0,08
                                              Zeit [ s ]

Abbildung 9: Druckkurve für System B

                                     Post-Process Graphik
             Smith & Nephew 0cm
      10,0

       8,0

       6,0

       4,0
[N]

       2,0

       0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00                 0,02     0,04                0,06   0,08
                                              Zeit [ s ]

                                                                         20
Ergebnisse

Abbildung 10: Druckkurve für System C

                                      Post-Process Graphik
             InterPulse 0 cm
  10,0

      8,0

      6,0

      4,0
[N]

      2,0

      0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00                  0,02      0,04                0,06   0,08
                                                Zeit [ s ]

Abbildung 11. Druckkurve für System D

                                      Post-Process Graphik 6
             Tawa 0cm
  10,0

      8,0

      6,0

      4,0
[N]

      2,0

      0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00                  0,02      0,04                0,06   0,08
                                                Zeit [ s ]

                                                                           21
Ergebnisse

Abbildung 12: Druckkurve für System E

                                  Post-Process Graphik
             Zimmer 0 cm
  10,0

      8,0

      6,0

      4,0
[N]

      2,0

      0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00              0,02     0,04                0,06   0,08
                                           Zeit [ s ]

                                                                      22
Ergebnisse

Abbildung 13 : Synopsis der sechs Druckgraphen

                                               Post-Process Graphik
                      InterPulse 0 cm                   MicroAire 0 cm             Smith & Nephew 0cm

                Micro Aire 2 5 bar Druck 1cm              Tawa 0cm                      Zimmer 0 cm
  10,0

      8,0

      6,0

      4,0
[N]

      2,0

      0,0

      -2,0

      -4,0

      -6,0
         0,00                  0,02              0,04                    0,06           0,08
                                                           Zeit [ s ]

                   B. Zementpenetrationstiefen
Unabhängig von der Art des getesteten Lavage-Systemes war die
flächige Zementpenetration sowohl bis 2 mm, als auch bis 3 mm nach
einer pulsatilen Hochdrucklavage hoch signifikant besser als nach einer
manuellen Spülung der Präparate (je p
Ergebnisse

die mindestens angestrebten 2mm überschreitet, nicht mehr von allen
Systemen gleichmäßig sichergestellt werden kann. So zeigen System C
und E in dem durchgeführten Versuchsmodell bei einer angestrebten
Zieltiefe    von   3mm    signifikant   schlechtere     Ergebnisse        als   die
Vergleichssysteme.
Tabelle 4 zeigt die prozentuale flächige Zementpenetration und
Standardabweichungen        (SD)     nach      vorausgegangener       Jet-lavage
(Systeme A-E) bei einer.geforderten Zementeindringtiefe von 2 mm
bzw.    von    3   mm     nach     manueller     Reinigung      der   Präparate
(Blasenspritze) oder pulsatiler Hochdrucklavage

Tabelle 4: Prozentuale flächige Zementpenetration

                           Blasen-       A        B       C           D         E
                           spritze

 Mittlere prozentuale        78,8       93,3     95,2    95,7     95,9      94,9
 Zementeindringtiefe
         bei 2 mm [%]
Standardabweichung           10,8       13,3     4,67    3,79     3,41      8,49
                              BS         A        B       C           D         E
 Mittlere prozentuale        73,0       91,1     92,3    86,7     92,0      90,8
 Zementeindringtiefe
         bei 3 mm [%]
                     SD      12,4       11,0     10,5    9,09     8,25      6,49

                                                                                    24
Ergebnisse

Abbildung 14: prozentuale Flächendeckung bis 2mm

                  100

                          90

                          80
                                          78,8
                          70
                                                    93,3            95,2        95,7
                          60                                                             95,9        94,9
                          50

                          40

                           30

                           20
                           10           10,8     13,3
                               0                             4,67                                                      Mittlere prozentuale
                                                                           3,79        3,41        8,49
                                                                                                                  Zementeindringtiefe bei 2 mm [%]

                                                                                                          S pü l sy st e m

Abbildung 15: prozentuale Flächendeckung bis 3mm

                                               Prozentuale Flächendeckung bei 3mm

                           100

                               90

                               80
  Prozent Eindringtiefe

                               70              73
                               60
                                                         91,1        92,3        86,7
                                                                                              92
                               50                                                                       90,8
                                40

                                30
                                20

                                   10                   11      10,5
                                         12,4
                                    0                                       9,09
                                                                                        8,25                        Mittlere prozentuale Zementeindringtiefe bei 3 mm [%]
                                        BS                                                          6,49
                                                    A
                                                                B                                                Standardabweichung
                                                                            C
                                                                                        D
                                                                                                    E         Spülsystem

                                                                                                                                                                            25
Ergebnisse

Abbildung 16: Zementpenetration nach Druckminderung

                                                        8 bar                                   2,5 bar

          Mediane                                       93,3                                     65,4
 Zementpenetration
     bei 2 mm [%]
         Standard                                       13,3                                     12,4
  Abweichung (SD)

           Median                                       91,1                                     58,4
 Zementpenetraion
     bei 3 mm [%]
                           SD                           11,0                                     11,0

                                     MicroAire Druckminderungsversuch

                                                                                                     100

                                                                                                     90

                                                                                                     80

                                                                                                     70
                                                                                                           Prozentuale Flächendeckung

                                                                                                     60
                                          93,3

                                                          91,1                                       50

                                                                 65,4
                                                                                                     40

                                                                               58,4
                                                                                                     30

                                                                                                     20

                                                 13,3                   12,4
     median cement intrusion                                                                         10
                                                                  11                  11
     2 mm [%]                   SD
                          median cement
                                                                                                     0
                          intrusion              SD                 8 bar             2,5 bar
                          3     [%]

                                                                                                                                        26
Ergebnisse

Die experimentelle Spülung mittels pulsatiler Lavage mit vermindertem
Druck      führte   zu   einer   signifikanten   Verschlechterung   der
Zementeindringtiefe (p
Diskussion

V.      Diskussion

Zahlreiche klinische und experimentelle Studien konnten zeigen, dass
eine optimierte Zementiertechnik entscheidend zu einer verlängerten
Standzeit von zementierten Endoprothesen beiträgt. [Ballard et al 1994,
Barrack et al 1992, Madey et al 1997, Malchau et 1996, Alho et al
2000]. Ein ausreichend dicker und vollständig geschlossener, d.h. ein
homogener      Zementmantel      ohne       Lücken,   ist    eine   wichtige
Vorraussetzung für eine stabile Fixierung des Implantats und
gewährleistet eine homogene Lastübertragung auf das knöcherne
Lager der Endoprothese. [MacDonald et al 1993, Krause et al 1982,
Maistrelli et al 1995]. Zu dünne oder inhomogene Zementschichten
können zu Schäden oder Brüchen im Zementmantel führen, welche
aseptische Prothesenlockerungen begünstigen. [Jasty et al 1986, Star
et al 1994, Schmalzried et al 1992, Anthony et al 1990].
Die ideale Zementeindringtiefe bzw. Zementmanteldicke wird in der
Literatur kontrovers diskutiert. In aktuellen Arbeiten wird eine
Manteldicke von 2 mm bis 3 mm gefordert, wobei diese Zahlen auf
klinischen,   radiologischen   und      experimentellen      Beobachtungen
basieren [Huiskes et al 1980, Alho et al 2000, Ebramzadeh et al 1994,
Kawate et al 1998].
In der vorliegenden Studie wurden daher Eindringtiefen von 2 mm oder
3 mm als anzupeilender Zielwert gesehen. Übersteigt die Dicke 3 mm,
können durch die exotherme Polymerisationsreaktion der PMMA-
Knochenzemente Hitzenekrosen im umliegenden Knochengewebe
auftreten [Oates et al 1995, Sih et al 1980], wenngleich dieses Risiko
für eine Zementpolymerisation in-vivo angezweifelt wurde [Willert et al
1974, Paul et al 1986 , Tokswick-Larsen et al. 1991].
Breusch et al weisen darauf hin, dass starke Zementschichten ohne
Spongiosainterdigitation   lediglich   zu    vermehrter     Hitzeentwicklung

                                                                         28
Diskussion

während             des      Polymerisationsprozesses                  führen.       Die
Temperaturobergrenze,               bevor           es         zur        zytotoxischen
Koagulationsnekrose des Knochens kommt, wird in der Literatur bei
etwa 47 C über einen Zeitraum von einer Minute beschrieben (Erikson
et al, 1984). Dieser obere Temperaturgrenzwert wird aber in der Regel
erst ab kompakten Zementmanteldicken (ohne Spongiosa) von mehr
als 3 mm erreicht (Sih et al, 1980). Erhaltene Spongiosawaben tragen
in-vivo zum Hitzeabtransport bei und reduzieren dadurch das
Temperaturmaximum. Paul und Bargar stellen die Bedeutung der
Hitzeentwicklung bei der Polymerisation des Zementes hinsichtlich des
Nekroseausmaßes in Zweifel, und sehen in der guten Verzahnung des
Zementes im spongiösen metaphysären Knochenlager den Grund für
die      im         Tierexperiment         beobachteten              bindegewebsfreien
Knochenkontakte           (Paul    und      Bargar        1986).       Die   günstigere
Durchblutungssituation in der Metaphyse mag eine Erklärung dafür
bieten, dass Nekrosen nur bedingt auftreten und ein rasches
Remodeling einsetzen kann. Allerdings scheint in der Diaphyse, wo in
Ermangelung von Spongiosa eine Verzahnung schwieriger ist, die
schlechtere mechanische Verankerungssituation und die größere
Hitzeentwicklung          bei      geringeren        Spongiosaoberflächen            ein
prädisponierender            Faktor         für          die         Formation       von
Bindegewebsinterponaten am Interface zu sein. Diesbezüglich kann
auch die Zerstörung der arteriellen Blutversorgung in der Diaphyse –
auch durch die Markraumpräparation – eine wichtige Rolle spielen.
Obwohl es bis dato keine Übereinstimmung hinsichtlich der optimalen
Zementmanteldicke          gibt,   herrscht       weitgehende         Übereinstimmung
anhand        der    Erfahrungen       aus        experimentellen        und     klinisch
radiologischen        Studien,      dass      eine       Mindesteindringtiefe        des
Knochenzementes von 2 bis 3 mm nicht unterschritten werden sollte
(Embrazadeh et al, 1994, Kawate et al 1998 ,Schmalzried et al 1993).
Embrazadeh           et     al.     korrelierten         radiologisch        gemessene

                                                                                      29
Diskussion

Zementmanteldicken         medial-proximal    mit   dem      Vorliegen    von
radiologischen Lockerungszeichen und zeigten gehäuft radiologisch
darstellbare Lockerungssäume bei Zementmanteldicken unter 2 mm.
Als Schlussfolgerung ihrer Untersuchung postulierten die Autoren 2 bis
5 mm als optimale Zementmanteldicke.
Ähnlich fanden Joshi et al (1998) mehr Osteolysen, wenn die
Zementmanteldicke unter 3 mm lag. (Joshi et al 1998). Zu dünne
Zementmäntel können Defekte und Brüche nach sich ziehen, die das
Risiko einer frühzeitigen aseptischen Lockerungen erhöhen (Huiskes et
al. 1980, Kawate et al. 1998).
Allerdings existiert bis heute keine klare Definition des Zementmantels
im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen knochenfreiem Zement
um    die    Prothese   und     zementversteifter   Knochensubstanz.       Mit
zunehmender Zementpenetration steigt die Festigkeit des Zement-
Knochen Interfaces deutlich an (Askew et al. 1984, Bannister et al.
1988, Halawa et al. 1978 , Krause et al. 1982, MacDonald et al 1993).
Askew et al (1994) postulierten nach in-vitro Tierversuchen eine
optimale Eindringtiefe von 4 mm, welche sich auch durch Erhöhung des
applizierten Druckes in Spongiosaproben guter Knochenqualität nicht
verbessern ließ (Breusch et al 2001).

In der vorliegenden Studie konnte dargestellt werden, dass der Einsatz
der pulsatilen Hochdrucklavage im Vergleich zur manuellen Präparation
mittels Blasenspritze die Zementeindringtiefe in das spongiöse
Knochengewebe hoch signifikant verbessert. Diese Beobachtung steht
unter anderem in Übereinstimmung mit den von Breusch et al. (2000)
beschriebenen Ergebnissen. Die Autoren beschreiben eine signifikant
bessere      Zementpenetration      am    humanen     Leichenfemur       nach
vorausgegangener Jet-Lavage im Vergleich zur Reinigung mittels
Blasenspritze. Zur optimalen Nachuntersuchung wurden in der
beschriebenen     Studie      die   zementierten    Femora    mittels    einer

                                                                           30
Diskussion

Diamantsäge       in   Schichten         geschnitten     und     anschließend
mikroradiographisch nachuntersucht. Hierbei zeigte sich in allen
zementierten Regionen eine gesteigerte Eindringtiefe nach dem Einsatz
der pulsatilen Hochdrucklavage. Im Vorfeld war die Knochendichte
vermessen und verglichen worden um diese als systematischen Fehler
auszuschließen. [Breusch et al. 2000, Breusch et al. 2001, Halawa et al
1978, Krause et al 1982, Maistrelli et al 1995].
In Anbetracht der von Breusch et al. vorgebrachten und in unserer
Studie verifizierten Ergebnisse erscheint die Jet-Lavage im Hinblick auf
das zu erzielende Zementierergebnis auf jeden Fall sinnvoll . Da das
Zementierergebnis einen entscheidenden Faktor in Bezug auf Standzeit
der   Endoprothese       darstellt,    unterstützen    die    Ergebnisse      der
vorliegenden Arbeit die Aussagen anderer Arbeitsgruppen, wonach die
pulsatile Hochdrucklavage als wesentlicher Bestandteil der modernen
Zementiertechnik gesehen werden darf und deren Anwendung ein
optimales Zementierergebnis ermöglicht . Diese Technik ist in der Lage
das spongiöse Knochenlager suffizient zu präparieren, was die mauelle
Spülung in vergleichbarem Maße nicht zu leisten vermag.

Gegenwärtig     werden     auf    dem     Medizinproduktemarkt         zahlreiche
halbautomatische Systeme zur pulsatilen Hochdrucklavage angeboten.
Es sei darauf hingewiesen, dass bis dato keinerlei spezifische
Bestimmungen existieren, die die Wirkungsweise und Effekte dieser
Geräte gesetzlich regeln. Auch werden von den Herstellern kaum
Informationen     zu     deren        physikalischen    Eigenschaften         und
intraoperativen Wirkung bereitgestellt. Morgan et al.. konnten in einer
aktuellen    Veröffentlichung     demonstrieren,       dass    viele    der    im
chirurgischen Einsatz befindlichen Systeme sich erheblich in ihren
mechanischen Eigenschaften unterscheiden. Zum Beispiel reichte die
Maximalkraft der vier von ihnen untersuchten Systeme von 0.16 N bis
1.7 N, wobei der Maximaldruck von 0.03 bis 0.35 N/mm2 variierte. Die

                                                                               31
Diskussion

Pulsfrequenz      der   getesteten    System    schwankte    von    20-29
Impulsen/sec und die Flußrate zwischen 0.3 l/min und 1.32 l/min
[Morgan et al 2003]. Die Autoren vermuten aufgrund der aufgezeigten
Unterschiede der Spüldruckcharakteristika der verschiedenen Systeme,
die teilweise im Bereich von Faktor zehn liegen, divergierende klinische
Ergebnisse beim Einsatz unterschiedlicher Lavagesysteme.
Auch in unserem Versuchsmodell konnten erhebliche Unterschiede in
den Spüldruckcharakteristika aufgezeigt werden..
Obgleich die Druckmessungen des vorliegenden Versuchsaufbaus
zeigen konnten, dass das System E den höchsten Maximaldruck
aufweist, liefert es hinsichtlich Zementpenetration bis zu einer Zieltiefe
von 2mm keine signifikanten Vorteile gegenüber den schwächeren
Systemen.
Diese Erkenntnis legt die Vermutung nahe, dass nicht allein der
Maximaldruck für Erfolg oder Misserfolg des Zementierergebnisses
verantwortlich zu machen ist, sondern wie von Morgan vermutet, die
Druckcharakteristik den entscheidenden Faktor für die Effektivität des
Spülvorganges darzustellen scheint.
In Bezug auf das Zementierergebnis zeigten die fünf getesteten
Lavagesysteme in der vorliegenden Arbeit trotz der durchaus
divergierenden     Druck-    und     Impulscharakteristika   noch   keine
signifikanten Unterschiede bei einer angestrebten Eindringtiefe von
2mm.
Allerdings ergaben sich signifikante Unterschiede bezüglich des
Zementierergebnisses erst bei einer angestrebten Eindringtiefe von 3
mm.
Im Detail zeigte sich bei zwei der geprüften Systeme eine signifikant
schlechtere      Penetrationstiefe    bis   3    mm     gegenüber     den
vorausgegangenen 2 mm. Auf der anderen Seite ergaben sich für die
restlichen drei Systeme keinerlei signifikante Unterschiede zwischen
der 2 mm und der 3 mm Untersuchung, obgleich deren Maximaldrücke

                                                                       32
Diskussion

erheblich divergieren. Dies stützt erneut die Hypothese, dass der
Maximaldruck nicht alleine über den Erfolg des Zementiervorganges
entscheidet. Ziel von weiteren wissenschaftlichen Arbeiten und von
Weiterentwicklungen der gängigen Lavage-Systeme sollte daher sein,
die    Wirkung      der    unterschiedlichen   Druckcharakteristika   zu
berücksichtigen und die optimale Balance zwischen Maximaldruck,
Druckamplitude       und      dem     effektivsten   Druckkurvenverlauf
herauszuarbeiten.

Der kritische und somit entscheidende Punkt bei Verwendung der
Lavage liegt de facto in der gewählten Druckstärke und -charakteristik.
Während Gross et al. und Bhaskar et al beide jeweils in ihren Studien
Maximaldrücke zwischen 0,35 N/mm2 bis 0,48 N/mm2 als Idealwert
zum Wunddebridement empfahlen, existieren für die zementierte
Endoprothetik bis dato keine Druckvorgaben (Gross et al 1971, Bhaskar
et al 1971)
In den Jahren seit Anbeginn der Entwicklung der Jet-Lavage hat sich
die Technik von einem kontinuierlichen Wasserstrahl in Richtung auf
einen pulsierenden Spülfluß mit einer Frequenz von ca. 20 Hz (pulsatile
Lavage) hin entwickelt (Morgan et al. 2003). Bhaskar et al. (1971)
konnten zeigen, dass die zwei unterschiedlichen Phasen dieses
Spülvorgangs dabei essentiel zur Wirksamkeit des Spülvorganges
beitragen. Die Autoren beschreiben eine initiale Kompression des
Gewebes beim Auftreffen des Impulses, gefolgt von einer Phase der
Dekompression während der Spülpausen, die in den Drucktälern
stattfindet. Sie schließen daraus, dass dieser Doppeleffekt zur
effektiven Reinigung beiträgt:
In der Phase der Kompression wird durch den Strahlaufprall das
sogenannte Fremdmaterial (Blut, Fett, Knochendebris) aus der
Spongiosastruktur gelöst. Durch die elastische Erholung des Gewebes
in der darauffolgenden kurzen Ruhepause wird in einem sogenannten

                                                                      33
Diskussion

„rebound-effect“ das vorher gelöste Fremdmaterial ausgeworfen und
somit aus der Spongiosastruktur entfernt (Bhaskar et al. 1971).

Es konnte in früheren Untersuchungen über die Präparation des
spongiösen Knochenlagers bereits vor über zehn Jahren gezeigt
werden,       dass      die     Jet-lavage       im      Vergleich      von       neun
Knochenpräparationsformen ideale Eindringtiefen ermöglichen kann
(Majkowski et al. 1993).
Die Autoren beschreiben, die Effekte neun verschiedener Techniken
der Knochenoberflächenpräparation im Hinblick auf Zementpenetration
und Scherkraftbelastbarkeit am Zement-Knochen-Interface in einem
Standardmodell an boviner Spongiosa untersucht zu haben.
Bei nicht präparierten Knochenoberflächen betrug die durchschnittliche
Eindringtiefe 0,2 mm und die durchschnittliche Scherkraftbelastbarkeit
am Interface 1,9 MPa, somit geringer als die der darunter liegenden
Knochenstrukturen.            Die      Säuberung         durch       Bürsten       und
Oberflächenirrigation ergab durchschnittliche Eindringtiefen von 0,6 bis
1,4 mm und durchschnittliche Scherkraftbelastbarkeiten von 1,5 bis 9,9
MPa. In 50 % der untersuchten Präparate war das Interface weniger
belastbar als die darunterliegenden Knochenstrukturen. Der Einsatz der
Hochdrucklavage resultierte in durchschnittlichen Eindringtiefen von 4,8
bis 7,9 mm und durchschnittliche Scherkraftbelastbarkeiten von 26,5 bis
36,1 MPa, die größer waren als jene der Spongiosastrukturen bei allen
untersuchten        Präparaten.       Hochdrucklavage      war     allein   oder    in
Kombination mit Bürstung gleichwertig effektiv, und diese Effizienz
änderte      sich    nicht    durch    die   Verwendung          pulsierender     oder
kontinuierlicher      Spülung       und   auch   nicht     durch     Alteration    der
Wassertemperatur von 21 auf 37 Grad Celsius.

Aus der statistischen Auswertung geht hervor, dass ein Spüldruck unter
2,5 bar keine suffizienten Spülergebnisse zeigt, um die angestrebte

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Diskussion

Zementpenetration zu ermöglichen. Wenngleich kaum noch generelle
Zweifel an der Effizienz der Knochenspülung mittels Jet-lavage
herrschen,     müssen       jedoch      mögliche        negative      Nebenwirkungen
berücksichtigt werden.
So   verglichen      West    et   al.    (1994)        anhand      von   experimentell
kontaminierten Rattenfemora gängige Hochdruckreinigungssyteme und
konnten      dabei    nachweisen,        dass         die    Hochdruck     Jet-lavage
Knochenstrukturen zerstört und zellulär entleerte Zwischenräume in
den Frakturregionen hinterlässt [West et al 1994]. Vergleichbare
histomorphologische Veränderungen in der Folge eines Hochdruck-
lavage-prozesses       wurden        auch       bei    humanen        Knochenproben
beobachtet [Bhandari et al. 1998, Bhandari et al. 1999]. Unter der
Verwendung von Zellkulturen konnten Bhandari und Schemitsch
zeigen, dass die Hochdrucklavage in der Lage ist die mesenchymalen
Stammzellen in Richtung auf die adipozytäre Linie zu verschieben und
stellten daraufhin die Hypothese auf, dass dies zu einer verzögerten
Frakturheilung führen kann [Bhandari 2002]. An Frakturmodellen im
Tierexperiment wurde die pulsatile Hochdrucklavage mit manueller
Spülung           verglichen,           wobei               erstere        signifikante
Verzögerungserscheinungen bei der Knochenheilung, geschwächte
Knochenneubildung, einen höheren Anteil an devitalisiertem Knochen
und eine gestiegene Anzahl von Pseudarthrosen aufzeigte [Dirschl et
al. 1998, Adili et al. 2002].
Eine Druckminderung an üblicherweise mit 8 bar luftdruckbetriebenen
Jet-Lavage-Systemen          führte       bei         den     vorliegenden     in-vitro
Untersuchungen zu ungenügenden Zementierergebnissen. Weitere
Untersuchungen mit multiplen Druckabsenkungen und begleitenden
histomorphologischen Untersuchungen sollten hier angeschlossen
werden, um festzustellen ob und in welchem Maße eine Minderung in
der klinischen Anwendung sinnvoll ist.

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Diskussion

Es sei darauf hingewiesen, daß es sich bei den beschriebenen
Versuchen aus mehreren Aspekten heraus um idealisierte Modelle
handelt.
Die      Untersuchungsreihen          wurden     an      humanen       Femurköpfen
durchgeführt. Außer bei der Implantation von Wagner Hüftkappen wird
selten ein Zementiervorgang an diesen anatomischen Strukturen
durchgeführt. Allerdings erlaubte die Verwendung von intraoperativ
gewonnenen Hüftköpfen die Untersuchung des Zementierergebnisses
an einem in ausreichender Menge erhältlichem, humanen Präparat mit
großflächiger spongiöser Knochenstruktur.
Die sofortige Tiefkühlung nach Asservation der Femurköpfe konnte den
Erhalt       der    spongiösen        Struktur    gewährleisten          und    eine
Gewebeveränderung, die bei Kadaverstudien möglich ist, verhindern.
Weiterhin wird die Übertragbarkeit der in-vitro Studie auf das
intraoperative Zementierergebnis dadurch eingeschränkt, dass in-vivo
das Zementierergebnis durch die Perfusion, Fettmark und Debris
negativ beeinflusst wird.
Des      weiteren    gilt   es   zu     beachten,        dass   ein    physiologisch
vaskularisierter Knochen in vivo ohne Blutleere bei Spongiosaeröffnung
eine Blutung sowie den Austritt von Fettmark aufweist. Hierdurch kann
der   hineindrängende        Knochenzement          in    seinem      penetrierenden
Vordringen gebremst, wenn nicht gar minimal zurückdrängt werden.
Auch dieses Argument kann hier nur durch die Konsequenz der
durchgeführten Versuchsreihe mit dem Versuch einer weitestgehenden
Standardisierung entkräftet werden.
Zudem wies Breusch 2001 nach, daß bei in vivo Versuchen am Schaf
„mikroskopisch nur vereinzelt dünne Blutlamellen randständig und den
Spongiosatrabekeln          anliegend     nachgewiesen“         werden      konnten
[Breusch et al. 2001] und konstatierte 2000, daß die Beobachtung des
Blutrückflusses nicht Ziel derartiger Untersuchungsreihen sein darf,
sondern zugunsten der Standardisierung und Simplifizierung der

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Diskussion

Untersuchungsreihe vernachlässigt werden darf, sofern man auf den
Fakt hinweis, daß das in-vivo Zementierergebnis unter ansonsten
identischen Umständen, weniger tiefe Penetration zeigen würde
[Breusch et al. 2000].
Auch sind die Komponenten des Blut- und Fettmarkaustrittes auf die zu
zementierende Knochenoberfläche schwer simulierbar, zumal die
nötigen klinischen Referenzwerte fehlen.
Aber erst durch diese Idealisierung des in-vitro Modells und das
dadurch      mögliche    Ausschalten   nur   unzureichend   kalkulierbarer
Einflussfaktoren war eine objektiv vergleichende Beurteilung zwischen
den unterschiedlichen Spüldruckcharakteristika der einzelnen Systeme
und deren daraus resultierendem Zementierergebnis möglich.

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Zusammenfassung

VI.     Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurden fünf verschiedene halbautomatische
Systeme        für   die   pulsatile   Hochdrucklavage          hinsichtlich   der
mechanischen         Spülcharakteristika    und   deren    Einfluss     auf    das
Zementierergebnis in-vitro untersucht.
Ziel der Studie war es daher, die fünf Systeme zuerst einer objektiven,
vergleichbaren, digitalen Druckmessung zu unterziehen, um sie
anschließend praktisch am humanen Knochenpräparat zu testen.
Im ersten Schritt der Untersuchung wurden die unterschiedlichen
Spüldrucke digital vermessen und aufgezeichnet .
Im zweiten Teil wurden 36 humane Knochenpräparate standardisiert
manuell bzw. mit Hilfe von unterschiedlichen Lavagesystemen gereinigt
und nachfolgend PMMA-Knochenzement standardisiert eingebracht.
Die    verblindete      Auswertung     im    Hinblick     auf     die    erreichte
Zementpenetrationstiefe erfolgte computertomographisch.

In dem durchgeführten Versuchsmodell konnte das Zementierergebnis
durch die Anwendung der pulsatilen Jet-Lavage im Vergleich zur
manuellen Spülung mittels Blasenspritze signifikant verbessert werden.
Dies spiegelt sich konkret in folgenden vier Punkten wider, welche
unsere eingangs gestellten Fragen beantworten:
1.) Es konnte gezeigt werden, dass die fünf Systeme unterschiedliche
Spülcharakteristiken im Sinne von Amplitude und Impulsfrequenz
zeigen und in ihren mechanischen Spülcharakteristika teils deutlich
differieren.
2.) Des weiteren ergab sich, dass die pulsatile Hochdrucklavage in-vitro
im    Vergleich      zur   manuellen       Spülung   hoch        signifikant   die
Zementpenetration in spongiöses Knochengewebe verbessert und als
wesentlicher Bestandteil der modernen Zementiertechnik angesehen
werden darf.

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Zusammenfassung

3.)        Aufgrund         unterschiedlicher       mechanisch-physikalischer
Eigenschaften ergeben sich in-vitro bei Verwendung verschiedener
pulsatiler Lavage-Systeme signifikante Unterschiede hinsichtlich der
erzielten Zementpenetration ab einer Zieltiefe von 3 mm.
4.)   Eine       Druckminderung     auf     2,5   bar   führt    in   der     in-vitro
Versuchsanordnung zu ungenügenden Zementierergebnissen.

Die Technik der Jet-Lavage wurde in der vorliegenden Untersuchung
eingehend behandelt und auf Effektivität geprüft, wobei sich keine
eindeutige Erfolgsliste der getesteten Systeme erstellen lässt. Es
lassen sich signifikante Unterschiede in Bezug auf eine geforderte
Eindringtiefe von 3mm feststellen. Die Untersuchung worauf diese im
Detail zurückzuführen sind würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Weiterführende Arbeiten können aber zeigen, inwiefern eine Alteration
der Spüldruckcharakteristiken und –plateaus das Zementierergebnis
weiterhin optmieren können. Eine Minderung des Eingangsdruckes
führte zu signifikant schlechterer Zementpenetration und stellt somit
keine erstrebenswerte Alternative dar. Diese Studie kann den
Herstellern und Anwendern von pulsatilen Hochdrucklavage-systemen
somit eine Hilfestellung offerieren, die technischen Eigenschaften im
Sinne      der    optisch   dargestellten    Druckkurven        und   die   daraus
resultierenden klinischen Ergebnisse der Systeme im Rahmen der
gezeigten PMMA-penetrationstiefen begreiflich zu machen. Das Ziel bei
der Weiterentwicklung von pulsatilen Lavagesystemen sollte sein, den
Einfluss     der      unterschiedlichen      Druckcharakteristika       auf      das
Reinigungsergebnis, aber auch hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen
eingehender zu untersuchen und somit die angebotenen Systeme zu
optimieren.

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Literaturverzeichnis

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