Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 - ARD ...
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Media Perspektiven 301 5/2021 Ergebnisse der ARD/ZDF-Programmanalyse 2020 – Teil 2 Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Von Torsten Maurer, Matthias Wagner und Hans-Jürgen Weiß* Die ARD/ZDF-Programmanalyse besteht aus zwei, Dadurch ist es möglich, das relative Gewicht der inhaltlich und methodisch eng miteinander verknüpf- einzelnen Formatgruppen in den Informationsan- ten Teilstudien. In Ausgabe 4/2021 von Media Pers- geboten der Programme direkt miteinander zu ver- pektiven wurden die Befunde der ersten Teilstudie gleichen. zu den Programmstrukturen der sechs reichweite stärksten Fernsehprogramme im Untersuchungsjahr Kurz und knapp 2020 vorgestellt. (1) In der vorliegenden Analyse geht es um die Befunde der zweiten Teilstudie, in deren • Der zweite Teil der Programmanalyse 2020 umfasst die Mittelpunkt die journalistischen Informationsangebote journalistischen Informationsangeboten der vier größten deutschen von vier der sechs Programme – Das Erste, ZDF, TV-Sender im Corona-Krisenjahr. RTL und Sat.1 – stehen. Untersucht wird die inhalt- • 40 Prozent der Informationssendezeit hatten im Jahr 2020 Bezüge liche Vielfalt und gesellschaftliche Relevanz der im zu Corona, mit Spitzentageswerten von über 90 Prozent. Kontext journalistischer Informationssendungen aus- • Dennoch hat sich die Themenstruktur der Informationsangebote in gestrahlten Programmangebote, auf die sich nach den vier untersuchten TV-Programmen kaum verändert. dem deutschen Rundfunkprogrammrecht der Auftrag • Das Erste und ZDF setzen ihren Schwerpunkt weiterhin auf politische des öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunks Themen, RTL und Sat.1 dagegen auf Human-Touch-Themen. bezieht. (2) • Das Erste und ZDF berichten deutlich mehr über Ostdeutschland als die privaten Konkurrenten. Die Inhaltsanalyse der journalistischen Informati- • Internationale Politikberichterstattung abseits der Nachrichten onsangebote wird als Stichprobenerhebung von bleibt eine Domäne der öffentlich-rechtlichen Programme. Programmaufzeichnungen durchgeführt. (3) Ihre empirische Basis sind 28 zufällig ausgewählte Pro- grammtage, die in Form von vier künstlichen Pro- Dabei zeigt sich die herausragende Stellung von Magazine sind grammwochen auf die vier Quartale des Kalender- Magazinformaten in allen vier Programmen. Sie umfangreichstes jahres 2020 verteilt sind. Der Umfang und Stellen- werden mit Abstand am intensivsten für die Auf- Format für wert der journalistischen Informationssendungen in bereitung, Gestaltung und Verbreitung journalis journalistische den Programmangeboten von Das Erste, ZDF, RTL tischer Fernsehinformation genutzt (vgl. Tabelle 1). Fernsehinformation und Sat.1 im Untersuchungsjahr 2020 wurde schon In den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen im Rahmen der – als Jahresvollerhebung durchge- und bei Sat.1 war ihr Anteil an den Informations- führten – Programmstrukturanalyse beschrieben, sendezeiten mit 57 bis 60 Prozent nahezu gleich, (4) die Daten der Stichprobenerhebung weichen da- bei RTL mit 72 Prozent noch höher. An zweiter von nur geringfügig ab (vgl. Abbildung 1): Stelle folgte, ebenfalls in jedem der vier Programme, das Format der Nachrichtensendung. Jeweils etwa Journalistische Sendungen hatten in den beiden ein Fünftel der jeweiligen Informationssendezeit öffentlich-rechtlichen Programmen einen Anteil von von Das Erste, dem ZDF, RTL und Sat.1 wurde für 43 Prozent (Das Erste) bzw. 46 Prozent (ZDF) an der die Ausstrahlung von Fernsehnachrichten verwen- gesamten Sendezeit und standen damit im Gesamt- det. Reportagen und Dokumentationen nahmen zwar spektrum ihrer Programmangebote an erster Stelle. in allen Programmen den dritten Rang ein, jedoch Bei RTL (21 %) rangierten sie mit deutlichem Ab- unterscheiden sie sich relativ deutlich voneinander stand hinter der nonfiktionalen Unterhaltung. Und in den Sendeanteilen, die ihnen eingeräumt wur- bei Sat.1 war zusätzlich noch die fiktionale Unter- den. So war der Anteil dieser Formatgruppe an der haltung umfangreicher als die Fernsehinformation Informationssendezeit von Sat.1 2020 relativ hoch (17 %). (5) (17 % der Informationssendezeit), bei RTL war er dagegen sehr niedrig (5 %). Etwas geringer war die Formatstruktur der journalistischen unterschiedliche Gewichtung im Ersten Programm Informationsangebote (11 %) und im ZDF (16 %). Am Ende der Format- In den Formatanalysen werden die Informationsan- skala stehen Interview- und Talksendungen – ein gebote der vier Programme unabhängig von ihrem Format, das vor allem in den beiden öffentlich- unterschiedlichen Umfang als 100 Prozent definiert. rechtlichen Programmen fest institutionalisiert ist. RTL verwendete es 2020 nicht, Sat.1 nur in gerin- * GöfaK-Medienforschung. gem Umfang.
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 302 Perspektiven 5/2021 Abbildung 1 Umfang und Programmkontext der journalistischen Information 2020 Zeitanteil in %* 43 46 43 44 34 36 21 20 15 11 15 17 Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 1 Rang 2 Rang 3 Rang 1 Rang 2 Rang 3 Das Erste ZDF RTL Sat.1 journalistiche Information fiktionale Unterhaltung nichtfiktionale Unterhaltung * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. Tabelle 1 Formate der journalistischen Informationssendungen Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Sendedauer in Std.:Min./Tag 10:24 11:03 05:04 03:57 davon in % Nachrichtensendungen 21,2 19,2 21,3 17,5 Hauptnachrichten 2,5 3,0 7,2 6,7 Nachrichtenmagazine und Nachtjournale 6,0 4,7 6,0 – Sonstige Nachrichtensendungen 12,2 11,2 0,9 1,2 Integrierte Nachrichtenblöcke 0,5 0,3 7,2 9,6 Magazinsendungen 57,2 56,7 71,9 59,9 Morgen- und Mittagsmagazine 27,6 26,3 41,3 59,4 Sonstige Tageszeit-, Service und Ratgebermagazine 10,3 13,7 – – Boulevardmagazine 8,2 7,5 23,0 – Themenmagazine 9,3 7,3 7,6 0,5 Magazine für Kinder und Jugendliche 1,8 1,9 – – Reportagen, Dokumentationen 11,1 15,7 4,9 16,9 Interview- und Talkformate 8,3 6,3 – 3,0 Sondersendungen 1,8 1,1 1,9 0,7 Sonstige journalistische Formate 0,4 1,0 – 2,0 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der journalistischen Informationssendungen pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. Das Erste und ZDF mit Bei Sat.1 war das gesamte Magazinangebot 2020 dazu waren die Magazinangebote im Ersten und im deutlich vielfältigerer weitgehend identisch mit dem Frühstücksfernse- ZDF nicht nur sehr viel umfangreicher als diejenigen Formatstruktur hen. Auch bei RTL standen die Morgen- und Mit- von RTL und Sat.1. (6) Sie waren vor allem, gemes- tagsmagazine mit Abstand an erster Stelle und wur- sen am Spektrum der Formatgruppen, wesentlich den vor allem durch Boulevardmagazine und einige vielfältiger. wenige Themenmagazine ergänzt. Im Gegensatz
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 303 5/2021 Dasselbe gilt für die Formatstruktur der Nachrichten- November 2020 als „Lockdown light“ begann und sendungen. Bei Sat.1 kamen 2020 nur noch die in das danach über das Jahr 2020 hinaus Schritt für Schritt Frühstücksfernsehen integrierten Nachrichtenblöcke verlängert und verschärft wurde. in nennenswertem Umfang dazu (10 % der Informa- tionssendezeit). Bei RTL waren es ebenfalls die in das Dass die Entwicklung der Pandemie, die politischen Morgen- und Mittagsmagazin integrierten Nachrich- Maßnahmen zu ihrer Eindämmung und mehr noch tenblöcke (7 %) sowie das Nachtmagazin (6 %). Das die Debatten und Konflikte, die diese Maßnahmen Formatspektrum der Fernsehnachrichten im Ersten begleiten, im Jahr 2020 im Fokus der Medien stand, und ZDF ist deutlich vielfältiger. Einen besonderen ist offensichtlich. Insofern liegt es nahe, die Aufar- Stellenwert hatten dabei neben den Hauptnachrich- beitung der Corona-Krise im deutschen Fernsehen tensendungen, Nachrichten- und Nachtmagazinen an den Anfang der Berichterstattung über die Ergeb- eigenständige Nachrichtensendungen, die über den nisse der Informationsanalyse im Untersuchungsjahr ganzen Tag verteilt sind. Auf sie entfielen 2020 in den 2020 zu stellen. Hierzu kann auf die Befunde der beiden öffentlich-rechtlichen Programmen 11 bzw. 12 Einzelthemenanalyse zurückgegriffen werden, die Prozent der Informationssendezeit. in der ARD/ZDF-Programmanalyse ergänzend zur Analyse der gesamten Themenstruktur der journa- Sondersendungen Ein Spezialfall ist das Format der Sondersendung, listischen Informationsangebote durchgeführt wird. zur Corona-Krise das im Untersuchungsjahr 2020 eng mit der Fern- Im Rahmen dieser Analyse wurden 2020 einzelne sehberichterstattung über die Corona-Krise ver- Ereignis-, Themen- und Problemkomplexe erfasst, knüpft war und deshalb an dieser Stelle gesondert welche die Fernsehberichterstattung einzelner Zeit- ausgewiesen wird. (7) Es wurde in diesem Jahr von abschnitte oder – wie die Corona-Krise – des ge- allen vier Programmen mehr oder weniger intensiv samten Jahres prägten. (11) Aufgriffskriterium bei genutzt – nicht nur, aber vor allem in der Bericht- dieser Form der Themenanalyse ist, dass es sich erstattung über die Pandemie. Daher ist die Analyse dabei um das Hauptthema oder zumindest um ein von Jahresverlaufsdaten zu diesem Format auch aus- substanzielles Nebenthema des untersuchten Bei- sagekräftiger (8) als der Blick auf die vergleichsweise trags handeln muss. geringen Jahresdurchschnittswerte (zwischen 1 und 2 % der jeweiligen Informationssendezeit). Dass und Das Ergebnis dieser Einzelthemenanalyse bestätigt Umfang der Corona- wie die Pandemie die Nachrichtengebung dieser für das gesamte Informationsaufkommen der vier Berichterstattung Programme prägte, dokumentiert eine als Jahres- untersuchten Programme, was schon im Rahmen vollerhebung durchgeführte Untersuchung von Haupt- der Analyse ihrer Hauptnachrichtensendungen und nachrichtensendungen und Nachrichtenmagazinen Nachrichtenmagazine festgestellt wurde: Die Corona- in Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1. (9) Diese Analysen Krise ragte in einer Weise aus dem Themenspektrum können auf den Gesamtbereich der Fernsehinforma- der journalistischen Informationsangebote im Jahr tion bzw. konkret auf alle journalistischen Informa- 2020 heraus, für die es bisher kein Beispiel gab: 41 tionssendungen in diesen vier Programmen ausge- Prozent der gesamten Informationssendezeit der vier dehnt werden – soweit diese durch die Stichproben- Programme war in irgendeiner Weise mit dem The- erhebung erfasst sind. menkomplex der Corona-Krise verknüpft (vgl. Abbil- dung 2). Das ist etwas weniger als der Vergleichs- Corona-Krise als prägender Teil der wert, der in diesem Jahr für die Hauptnachrichten- Fernsehinformation 2020 sendungen und Nachrichtenmagazine (49 %) ermit- Die Corona-Pandemie, die sich seit Ende 2019 von telt wurde, (12) aber ein Vielfaches im Vergleich zu China aus über die ganze Welt verbreitete, war das den anderen Topthemen des Jahres 2020. Die Bei- bestimmende Thema des Jahres 2020. (10) In träge zum Gesamtkomplex der Klimaproblematik Deutschland haben sich bis Ende 2020 nach Angaben (Energie, Umwelt, Verkehr eingeschlossen) hatten des Robert-Koch-Instituts 1,7 Millionen Menschen mit einen Anteil von 11 Prozent an der Informations- Sars-CoV-2 infiziert, 33 000 sind im Zusammenhang sendezeit der vier Programme. Beiträge zum Prob- mit dem Virus gestorben. Die WHO berichtete Ende lemkomplex Flucht/Migration kamen auf 4 Prozent, Dezember 2020 über 79,2 Millionen Corona-Infektio- Beiträge zur AfD sowie zur Präsidentschaftswahl in nen und 1,8 Millionen Todesfälle weltweit. Doch was den USA jeweils 2 Prozent. mit dem Begriff der „Corona-Krise“ bezeichnet wird, ist weit mehr als ein medizinisches und gesundheits- Anders als in den Hauptnachrichtensendungen und politisches Problem. Vielmehr haben die Pandemie Nachrichtenmagazinen (13) war der Stellenwert der und die Aktivitäten zu ihrer Bewältigung alle nur denk- Corona-Krise im Gesamtspektrum der Informations- baren gesellschaftlichen Systembereiche und die All- angebote der vier Programme allerdings unterschied- tagswelt der davon betroffenen Menschen erfasst. lich (vgl. Abbildung 3). Die beiden öffentlich-recht Zentrale Stichworte hierfür sind in Deutschland der lichen Programme gingen sehr viel intensiver auf erste Lockdown von Ende März bis Anfang Mai 2020 diese Thematik ein (44 % der jeweiligen Informations- und der mehrstufige zweite Lockdown, der Anfang sendezeit) als die beiden privaten Programme (RTL:
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 304 Perspektiven 5/2021 Abbildung 2 fast die gesamte Nachrichtensendezeit ein, danach Topthemen journalistische Information 2020 ging ihr Umfang zeitweise zurück und stieg dann im Zeitanteil in %* Zuge der zweiten Welle wieder an. (14) Obwohl die Stichprobenerhebung der ARD/ZDF-Studie anders als die Jahresvollerhebung der Nachrichtenanalyse nur 28 Tage des Jahres 2020 umfasst, kann anhand der Zufallsverteilung der Stichprobentage über das ge- samte Jahr dieselbe Dynamik der Corona-Bericht- erstattung im Kontext aller journalistischen Informa- 41 tionssendungen der vier Fernsehprogramme nach- gewiesen werden. An den Stichprobentagen Ende März bis Mitte April hatten jeweils über 70 Prozent der gesamten journalistischen Information Bezüge zur Corona-Krise (vgl. Abbildung 4). Anschließend 11 nahm der Anteil der Corona-Berichterstattung bis 4 2 zum Ende des dritten Quartals ab, bevor er Ende des 2 Corona Klima Migration AfD US-Wahl Jahres wieder auf Werte über 45 Prozent anstieg. * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der Das Gewicht der Corona-Krise als „das“ Fernseh- Corona-Krise war journalistischen Informationssendungen pro Tag. thema des Jahres 2020 wird noch deutlicher, wenn „das“ Fernsehthema Quelle: GöfaK Medienforschung. ihr Stellenwert in der aktuellen Information analy- des Jahres siert wird. Der Spitzenwert lag hier bei 92 Prozent Ende März, das heißt an diesen Tagen beschäftigte sich nahezu die gesamte aktuelle Fernsehbericht- Abbildung 3 erstattung mit der Pandemie. Danach ging auch die Anteil der Corona-Berichterstattung aktuelle Corona-Berichterstattung zurück, jedoch lag Zeitanteil in %* sie nur Ende September zeitweise merklich unter der 50-Prozent-Marke. Die Thematisierung der Corona-Krise im Fernsehen Formatstruktur der war 2020 auf alle fernsehjournalistischen Formate Corona-Bericht verteilt, die von den vier Programmen bereitgestellt erstattung: Magazine werden. Und grundsätzlich spiegelt sich in der For- im Vordergrund matstruktur der Corona-Berichterstattung die jewei- 44 45 lige Formatstruktur der Informationsangebote in diesen Programmen wider. Es überrascht daher 33 29 auch nicht, dass die insgesamt umfangreichste For- matgruppe der Magazinsendungen am intensivsten für die Corona-Berichterstattung genutzt wurde. In jedem der vier Programme entfiel mehr als die Hälfte der Corona-Sendezeit auf Beiträge, die in Magazin- Das Erste ZDF RTL Sat.1 sendungen ausgestrahlt wurden (vgl. Tabelle 2). Im * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Einzelnen entspricht das ziemlich genau dem jewei- Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der ligen Anteil, den Magazinsendungen an den Infor- journalistischen Informationssendungen pro Tag. mationsangeboten der vier Programme hatten (vgl. Quelle: GöfaK Medienforschung. Tabelle 1). An erster Stelle standen dabei in allen Programmen die Morgen- und Mittagsmagazine, in denen mehr Sendezeit auf Beiträge zur Corona-Krise 33 %, Sat.1: 29 %). Das bedeutet, dass Das Erste entfiel als in den Nachrichtensendungen. und das ZDF an einem durchschnittlichen Sendetag des Jahres 2020 jeweils fast fünf Stunden über die Unabhängig davon war der Stellenwert der Nach- Auch Nachrichten Pandemie informierten. Bei RTL waren es knapp richtensendungen für die Corona-Berichterstattung gewannen an zwei und bei Sat.1 gut eine Stunde. vor allem in den beiden privaten Programmen größer Bedeutung als für das gesamte Informationsangebot: Etwa ein Dynamik der Corona- Dass die Dynamik der Fernsehberichterstattung über Drittel der Corona-Berichterstattung bestand aus Berichterstattung Corona direkt mit der Entwicklung der Pandemie Nachrichtenbeiträgen, während insgesamt gesehen verknüpft war, hatten bereits die Ergebnisse der bei RTL nur 21 Prozent und bei Sat.1 18 Prozent des Nachrichtenanalyse gezeigt. Die Corona-Nachrich- Informationsangebots im Rahmen von Nachrichten- ten nahmen zu Beginn der ersten Infektionswelle sendungen ausgestrahlt wurde.
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 305 5/2021 Abbildung 4 Anteil der Corona Berichterstattung im Zeitverlauf Zeitanteil in %* 92 84 82 78 7374 74 68 68 66 61 61 62 60 60 58 56 55 53 49 49 50 49 47 51 48 48 48 44 46 46 46 45 35 35 35 35 29 29 31 31 31 32 33 27 22 22 22 20 10 5 7 4 3 00 Corona-Bezug / Journalistische Informationssendungen Corona-Bezug / Aktuelle Berichterstattung * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der journalistischen Informationssendungen bzw. der aktuellen Berichterstattung pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. Tabelle 2 Formate der Corona-Berichterstattung Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Sendedauer in Std.:Min./Tag 04:35 04:55 01:41 01:10 davon in % Nachrichtensendungen 24,8 23,4 32,2 32,1 Hauptnachrichten 2,6 3,4 9,8 12,0 Nachrichtenmagazine und Nachtjournale 7,4 6,1 10,1 – Sonstige Nachrichten 14,1 13,6 0,7 – Integrierte Nachrichtenblöcke 0,7 0,3 11,6 20,1 Magazinsendungen 54,3 54,2 65,5 57,7 Morgen- und Mittagsmagazine 30,6 29,1 33,2 57,7 Sonstige Tageszeit-, Service und Ratgebermagazine 6,4 12,1 – – Boulevardmagazine 7,6 4,8 18,0 – Themenmagazine 9,7 8,0 14,3 – Magazine für Kinder und Jugendliche – 0,2 – – Reportagen, Dokumentationen 3,4 7,2 0,2 3,7 Interview- und Talkformate 12,8 10,5 – 2,5 Sondersendungen 4,0 2,4 2,1 2,2 Sonstige journalistische Formate 0,7 2,3 – 1,8 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der Berichterstattung mit Bezug zu Corona pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung.
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 306 Perspektiven 5/2021 Tabelle 3 Themenstruktur der Corona-Berichterstattung Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Sendedauer in Std.:Min./Tag 04:35 04:55 01:41 01:10 davon in % Politische Themen 49,6 46,6 33,4 30,5 Deutsche Politik 33,3 33,0 25,2 23,4 Internationale Politik 16,3 13,6 8,2 7,1 Nichtpolitische Themen 50,4 53,4 66,6 69,5 Wirtschaft 7,4 8,3 4,2 6,9 Gesellschaft 22,3 20,6 14,6 15,8 Service- und Ratgeberthemen 6,8 8,1 13,5 14,9 Human Touch: Zerstreuungthemen 9,1 12,2 30,0 30,4 Human Touch: Angstthemen 0,4 0,3 2,2 0,3 Sport 4,4 3,9 2,1 1,2 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der Berichterstattung mit Bezug zu Corona pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. Talk- und Interviewformate hatten lediglich bei Das wird. Interessant ist die Beobachtung, dass hinter Erste und dem ZDF mit Anteilen von 13 und 11 Pro- den Mediendaten – ähnlich wie in privaten Gesprä- zent eine Bedeutung – hierzu gehörten beispiels- chen – zwei ganz unterschiedliche Arten der „Corona- weise „Hart aber fair“ und „Anne Will“ in Das Erste Kommunikation“ stehen. Im einen Fall sind Aspekte oder „Markus Lanz“ und „Maybritt Illner“ im ZDF, in der Corona-Krise eindeutig das zentrale Beitrags- denen unter anderem die Diskussionen um Schul- thema: Kennwerte zum Stand und zur Entwicklung schließungen oder die wirtschaftlichen Folgen der der Pandemie, politische Diskussionen und Ent- Pandemie aufgegriffen wurden. Durchgehend weni- scheidungen, Lockdown-Regelungen etc. Im ande- ger als im Durchschnitt wurden klassische Reporta- ren Fall geht es eigentlich um ganz andere Dinge, gen und Dokumentationen für die Corona-Bericht- zum Beispiel um Sport, aber Corona ist (fast) immer erstattung eingesetzt, vermutlich weil diese am dabei und sei es auch nur am Rand der Thematik, wenigsten geeignet sind, um schnell auf aktuelle um die es in dem Beitrag eigentlich geht. Diese Be- Ereignisse zu reagieren. obachtung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn man sich nicht ausschließlich mit Fernsehnachrich- Auf das gesamte Jahr 2020 bezogen scheint der ten beschäftigt, sondern die Thematisierung der Stellenwert von Sondersendungen für die Corona- Corona-Krise im gesamten Formatspektrum betrach- Berichterstattung gering zu sein. Im Ersten Programm tet, die von den untersuchten Programmen für die haben sie daran einen Anteil von 4 Prozent und bei Vermittlung journalistischer Fernsehinformation ge- den übrigen Programmen von 2 Prozent. Allerdings nutzt wird (vgl. Tabelle 1) – Boulevard- und Rat ist zu beachten, dass ihre Bedeutung in den kriti- gebermagazine zum Beispiel eingeschlossen. schen Phasen der Pandemie ungleich größer war. Tatsächlich unterscheidet sich die Themenstruktur Außerhalb der Multithematische Da die Corona-Pandemie weltweit und national weit der gesamten Corona-Berichterstattung substanziell Nachrichten mehr Struktur der Corona- mehr ist als ein medizinisches und gesundheitspoli- von den Themenschwerpunkten der Nachrichten- nichtpolitische Berichterstattung tisches Problem, sondern – wie sich eindringlich ge- sendungen. Anders als in den Corona-Nachrichten, Corona-Berichte zeigt hat – alle öffentlichen System- und privaten die 2020 in allen vier Programmen stark auf die mit Lebensbereiche durchdringt, (15) ist zu erwarten, der Pandemie verbundene Politik fokussiert waren, dass sich die Multidimensionalität der Corona-Krise (16) hatten nichtpolitische Aspekte der Corona-Krise auch in einer dementsprechend multithematischen in der Summe aller Sendungen und Beiträge zur Medienberichterstattung niederschlägt. Dass das Pandemie ein deutlich größeres Gewicht. In den bei- 2020 tatsächlich der Fall war, kann am Beispiel der den öffentlich-rechtlichen Programmen war der Anteil journalistischen Informationsangebote in den vier der politischen und nichtpolitischen Corona-Bericht- Fernsehprogrammen belegt werden, deren Themen- erstattung in etwa gleich groß (vgl. Tabelle 3). Bei struktur im Rahmen der ARD/ZDF-Studie analysiert RTL und Sat.1 ging es nur in einem Drittel der Coro-
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 307 5/2021 Abbildung 5 Themenstruktur der journalistischen Information Zeitanteil in %* 46 43 Thematisch nicht klassifizierbar 3 3 2 2 9 Sport 7 5 5 Human Touch: Zerstreuungs- und Angstthemen 21 12 12 2 17 Service- und Ratgeberthemen 2 11 8 Wirtschaft und Gesellschaft 15 15 3 2 2 3 3 2 Politische Themen Das Erste ZDF RTL Sat.1 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. na-Sendezeit um politische Themen, zwei Drittel be- delt es sich vorwiegend um Zerstreuungsthemen, zogen sich auf nichtpolitische Aspekte der Krise. insbesondere den alltäglichen Umgang von „Normal- bürgern“ und Prominenten mit der Pandemie. Internationale Politik Die politische Fernsehberichterstattung über die Pan- zur Pandemie fast demie befasste sich vorwiegend mit der Corona-Krise Unabhängig von den an dieser Stelle akzentuierten nur bei ARD und ZDF in Deutschland. Dabei war der Unterschied zwischen systemspezifischen Unterschieden der Fernsehin- den öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen formation zur Corona-Krise ist aus Tabelle 3 auch (ein Drittel vs. ein Viertel der gesamten Corona- abzulesen, dass sich 2020 alle Programme thema- Sendezeit) eher gering. Stark unterschiedlich war tisch multidimensional mit dieser Problematik be- dagegen die Information der Zuschauer über die fassten. Ihre Schwerpunktsetzungen waren zum Teil internationale Corona-Politik, die von den öffent- unterschiedlich. Andererseits waren in allen Pro- lich-rechtlichen Programmen vergleichsweise um- grammen zu allen Themenkategorien der Informa- fangreich, von RTL und Sat.1 nur marginal behandelt tionsanalyse der ARD/ZDF-Studie Beiträge zu finden, wurde. die in einem Zusammenhang mit der Corona-Krise standen. Fokus auf In noch stärkerem Umfang unterscheiden sich die Gesellschaft und öffentlich-rechtlichen und privaten Programme in den Themenschwerpunkte der Wirtschaft bei Akzenten, die sie 2020 in der Berichterstattung über journalistischen Information Öffentlich-Recht nichtpolitische Aspekte der Corona-Krise setzten. In Der enorme Umfang der Corona-Berichterstattung lichen, Human Touch den beiden öffentlich-rechtlichen Programmen fan- führte zwangsläufig dazu, dass sich deren Merk- bei Privatsendern den vor allem gesellschaftliche und außerdem wirt- male auch in der gesamten Themenstruktur der schaftliche Aspekte der Krise die stärkste Beachtung journalistischen Informationsangebote niederschlu- (zusammen knapp 30 % der Corona-Sendezeit). Dabei gen. In welchem Maße die Pandemie die Themen- ging es vor allem um den Gesundheitsnotstand, die struktur des Krisenjahres 2020 geprägt hat, lässt Pflegeproblematik, auf die Pandemie bezogene For- sich durch den Vergleich mit dem Vorjahr einschät- schung, wirtschaftliche Folgen der Pandemie, Aus- zen, das von uns in Anlehnung an Jens Wolling als wirkungen auf das kulturelle Leben etc. Ebenfalls „Normalzeit“ (17) herangezogen wird. mit circa 30 Prozent der Corona-Sendezeit standen bei den privaten Programmen Human-Touch-Themen an Im Jahr 2020 berichteten Das Erste und das ZDF mit Unterschiedliche der ersten Stelle der nichtpolitischen Corona-Bericht- jeweils 15 Prozent der Gesamtsendezeit am um- Themenschwerpunkte erstattung – im Übrigen mit ungefähr den gleichen fangreichsten über politische Themen (vgl. Abbil- in ö.-r. und privaten Prozentanteilen wie der Politikbereich. Hierbei han- dung 5). Auf dem zweiten Rangplatz folgten wirt- Programmen
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 308 Perspektiven 5/2021 Tabelle 4 Themenstruktur der journalistischen Information 2020 und 2019 Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Politische Themen 15, 0 15,2 3,3 2,0 (+0,1)1) (+0,7) (+1,3) (+0,4) Wirtschaft und Gesellschaft 12,0 12,4 2,3 2,7 (+0,6) (–1,3) (–0,1) (–0,8) Service- und Ratgeberthemen 4,9 4,8 2,6 2,4 (+0,7) (+0,9) (–0,1) (+0,4) Human Touch: Zerstreuungs- und Angstthemen 6,5 9,0 10,8 7,6 (+1,2) (+1,0) (–1,0) (+0,4) Sport 2,4 2,2 0,4 0,2 (–) (–0,3) (–0,1) (–) Thematisch nicht klassifizierbar 2,6 2,5 1,7 1,6 (+0,1) (+0,2) (–) (+0,2) Gesamt 43,4 46,1 21,1 16,5 (+2,7) (+1,2) (–) (+0,6) * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. 1) In Klammern Abweichungen von der Themenstruktur 2019. Positive Vorzeichen zeigen an, dass der Anteil in der Stichprobenerhebung 2020 höher ist als in der Stichprobenerhebung 2019. Negative Vorzeichen zeigen an, dass der Anteil 2020 niedriger ist als 2019. Quelle: GöfaK Medienforschung. schaftliche und gesellschaftliche Themen (jeweils gleichgeblieben ist. Die übrigen drei Programme ha- 12 %), auf Platz 3 Human-Touch-Themen (Das Erste: ben diesen erhöht. So konnte Das Erste den Umfang 7 %, ZDF: 9 %). Bei RTL und Sat.1 belegten die sämtlicher Themenbereiche ausbauen. Anders ist dies Human-Touch-Themen mit 11 Prozent bzw. 8 Prozent bei RTL, wo die Ausweitung der Politikberichterstat- der Gesamtsendezeit den ersten Rang. Der Stellen- tung bei gleichbleibendem Umfang der journalis wert dieses Themenkomplexes in den beiden Pro- tischen Information zu Lasten sämtlicher anderen grammen wird nochmals klarer, wenn man sich ver- Themenbereiche ging – wie gesagt jedoch nur in ge- deutlicht, dass dies circa die Hälfte der jeweils ge- ringem Umfang. Lässt man die vergleichsweise ge- samten journalistischen Informationsangebote ist. (18) ringe Sportberichterstattung außen vor, so ist beim Im Hinblick auf den zweiten und auch die nachfol- ZDF und bei Sat.1 eine Ausweitung der meisten genden Rangplätze ist die Rangreihe bei RTL und Themen, jedoch ein Absinken beim Themensegment Sat.1 wenig aussagekräftig, da die Anteile allesamt Wirtschaft und Gesellschaft zu beobachten. Worin der zwischen 2 und 3 Prozent lagen und sich somit Grund hierfür zu suchen ist, wird nachfolgend bei der kaum unterscheiden. Betrachtung der einzelnen Themenbereiche unter- sucht. Die thematische Feinstruktur wird hier zu- Die Themenschwerpunkte der vier Programme im nächst für die nichtpolitische und anschließend für Krisenjahr 2020 decken sich mit denjenigen des Jah- die politische Berichterstattung vertiefend analysiert. res 2019. Auch bei den Anteilswerten in den beiden Jahren fallen keine massiven Verschiebungen ins Während politischen Themen grundsätzlich eine ge- Nichtpolitische Auge (vgl. Tabelle 4). Betrachtet man die einzelnen sellschaftliche Relevanz zugemessen werden kann, Information Themenbereiche, so ist eine Steigerung der Anteils- sind diesbezüglich innerhalb des Segments der nicht- werte über alle Sender hinweg allein bei der Politik politischen Themen Abstufungen vorzunehmen. So erkennbar, wobei die größte Erhöhung mit etwas kommt der Sportberichterstattung und den Human- mehr als 1 Prozent bei RTL auf den ersten Blick auch Touch-Themen in diesem Feld sicherlich die geringste moderat erscheint – tatsächlich ist dies für RTL mit gesellschaftliche Relevanz zu, während Ratgeber- einer Steigerung von einer halben auf eine dreiviertel themen und vor allem Sachthemen aus Wirtschaft Stunde täglich ein bedeutender Anstieg. Bei den an- und Gesellschaft eine größere Bedeutung zugespro- deren Themenbereichen gab es ebenfalls kleinere chen werden muss. (19) Verschiebungen, jedoch ist kein einheitlicher Anstieg oder einheitliches Absinken über alle Programme Insgesamt wiesen in den nichtpolitischen Themen Starke Präsenz hinweg zu erkennen. Richtet man den Blick auf die knapp sieben der insgesamt 20 Stunden Sendezeit der Corona-Krise bei einzelnen Programme, gilt es sich nochmals in Erin- Bezüge zu Corona auf, was einem Anteil von 34 Pro- gesellschaftlich nerung zu rufen, dass nur bei RTL der Anteil der jour- zent entspricht. Betrachtet man die einzelnen The- relevanter Bericht nalistischen Information an der Gesamtsendezeit menbereiche, unterschied sich die Berichterstattung erstattung
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 309 5/2021 Abbildung 6 Corona-Bezüge in den Themenbereichen Zeitanteil in %* 36 52 60 68 64 76 64 48 41 32 36 24 Politische Themen Wirtschaft und Service- und Human Touch: Sport Gesamt Gesellschaft Ratgeberthemen Zerstreuungs- und Angstthemen Mit Corona-Bezug Ohne Corona-Bezug * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der jeweiligen Themenbereiche pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. über Wirtschaft und Gesellschaft deutlich von der gering war. Entfielen bei Das Erste und dem ZDF zu- übrigen (vgl. Abbildung 6). Während der Anteil bei mindest jeweils 2 Prozent auf die Sportberichter- den Ratgeber- und Servicethemen sowie dem Sport stattung – und hiervon jeweils etwas mehr als die bei über 30 Prozent und bei den Human-Touch-The- Hälfte auf Fußball – waren es bei RTL und Sat.1 men sogar darunter (24 %) lag, war es im Themen- deutlich unter 1 Prozent. bereich Wirtschaft und Gesellschaft knapp die Hälfte der Sendezeit, die sich mit Aspekten der aktuellen Human Touch war im Jahr 2020, wie zuvor bereits Human-Touch- Notlage beschäftigte. Gerade innerhalb der gesell- erwähnt, der zentrale Themenbereich der privaten Themen dominieren schaftlich relevanten Berichterstattung war also die Programme, während er bei den öffentlich-recht Agenda der Privat- Corona-Krise besonders präsent, während auf dieses lichen Anbietern nur auf Platz 3 der Themenrangliste sender Thema in den Bereichen mit vorwiegend persönlicher vertreten war. Bei Sat.1 machten Human-Touch- Relevanz weniger eingegangen wurde. Sofern dies- Themen knapp die Hälfte (46 %) und bei RTL sogar bezüglich Besonderheiten bei den untersuchten Pro mehr als die Hälfte (51 %) des jeweiligen journalis grammen festzustellen sind, wird darauf bei der tischen Informationsangebots aus. Im Rahmen der nachfolgenden Analyse der thematischen Feinstruk- ARD/ZDF-Programmanalyse wird unterschieden tur eingegangen, die entsprechend der zuvor erwähn- zwischen Zerstreuungsthemen (Prominenz, Schick- ten gesellschaftlichen Bedeutung gegliedert ist, das sale etc.) und Angstthemen (Kriminalität, Unfälle etc.), heißt beginnend mit dem Sport und den Human- wobei den Zerstreuungsthemen in allen Programmen Touch-Themen und abschließend mit dem Themen- ein deutlich höherer Stellenwert zukam: In allen vier bereich Wirtschaft und Gesellschaft. Programmen entfielen zumindest drei Viertel der Human-Touch-Berichterstattung auf Zerstreuungs- Relativ wenig Der Sport kommt im Rahmen der ARD/ZDF-Pro- themen (vgl. Tabelle 5). Innerhalb der Zerstreuungs- Sport im Rahmen grammanalyse zum einen in Form eigenständiger themen ist RTL das einzige Programm, welches das journalistischer Sportsendungen vor, die nicht Gegenstand der vor- Schwergewicht in diesem Bereich auf die Bericht- Information liegenden Informationsanalyse, sondern vielmehr der erstattung über Prominente legte, während sich die Programmstrukturanalyse sind. (20) Zum anderen übrigen Sender zumindest gleichgewichtig auch dem findet sich die Sportberichterstattung aber auch im Alltagsleben und den Einzelschicksalen von Normal- Rahmen journalistischer Informationssendungen, wo- bürgern widmeten. Der Vergleich mit dem Jahre 2019 bei deren Umfang an dieser Stelle vergleichsweise zeigt, dass der Anteil der Zerstreuungs- und Angst-
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 310 Perspektiven 5/2021 Tabelle 5 Human-Touch-Themen Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Human Touch 6,5 9,0 10,8 7,6 Zerstreuungsthemen: Prominenz 2,1 2,6 5,1 2,9 Zerstreuungsthemen: Alltagsleben der „Normalos“ 2,3 3,4 3,0 2,9 Zerstreuungsthemen: Sonstiges 0,9 0,9 1,0 1,1 Angstthemen: Kriminalität 0,6 1,2 1,4 0,4 Angstthemen: Unfälle, Unglücke, Naturkatastrophen 0,6 0,9 0,3 0,3 Sonstige journalistische Themen 34,3 34,6 8,6 7,3 Thematisch nicht klassifizierbar 2,6 2,5 1,7 1,6 Restliches Programm 1) 56,6 53,9 78,9 83,5 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. 1) Sportsendungen, Nonfiktionale Unterhaltung und Reality-TV, Fiktionale Unterhaltung, Sonstige Sendungen, Werbung und Promotion. Quelle: GöfaK Medienforschung. themen bei Das Erste, dem ZDF und Sat.1 leicht an- (Das Erste, ZDF, Sat.1) jeweils um knapp 1 Prozent stieg und nur bei RTL leicht abgenommen hat. ausgeweitet wurden – bei RTL ist der Anteil nahezu identisch mit demjenigen des Vorjahres. Die Auswei- Zerstreuungs- und Aufgegriffen wurde dieser Themenbereich vorwie- tungen sind dabei allein auf eine umfangreichere Angstthemen gend im Rahmen von Magazinsendungen sowie Berichterstattung im Themensegment Gesundheit/ Reportagen und Dokumentationen – auf andere For- Ernährung/Freizeit zurückzuführen, die auch zum mate entfielen nur noch circa 10 Prozent der Sende- überwiegenden Teil Bezüge zu Corona aufwies. Es zeit. Insbesondere den Magazinen kommt mit An- ging hier beispielsweise um individuelle Maßnahmen teilen zwischen 68 (Sat.1) und 93 Prozent (ZDF) die gegen das Corona-Virus, den Umgang mit Depres- herausragende Bedeutung zu, wobei es zumeist nur sionen oder mit verschiedenen Testverfahren sowie wenige Sendungen waren, auf die sich die Bericht- Anleitungen, um während des Home-Office fit zu erstattung konzentrierte. So entstammten nahezu bleiben. In noch stärkerem Maße als bei den Human- zwei Drittel der Zerstreuungs- und Angstthemen beim Touch-Themen wurden die Ratgeberthemen im Rah- ZDF aus vier Magazinsendungen, wozu neben „Volle men von Magazinsendungen ausgestrahlt. Sender- Kanne – Service täglich“ die Sendungen „Dreh- übergreifend stammten fast 90 Prozent aus diesem scheibe“, „Hallo Deutschland“ und „Leute heute“ Sendungsformat, und es waren wiederum einige gehörten. Bei RTL kamen nahezu 80 Prozent aus den wenige Sendungen, in denen das Gros der Bericht- Magazinsendungen „Punkt Zwölf“, „Guten Morgen erstattung zu finden war: beim ZDF wurden nahezu Deutschland“, „Explosiv“ und „Exclusiv“. (21) Das zwei Drittel der Ratgeberthemen im Morgenmagazin Erste strahlte mehr als ein Drittel nur im Rahmen und der Sendung „Volle Kanne – Service täglich“ des Boulevardmagazins „Brisant“ und Sat.1 sogar ausgestrahlt, bei Das Erste 40 Prozent im Rahmen mehr als zwei Drittel allein im Rahmen des Sat.1 des „ARD-Buffet“, bei RTL drei Viertel in den Maga- Frühstücksfernsehens aus. zinsendungen „Guten Morgen Deutschland“ und „Punkt 12“ sowie bei Sat.1 ebenfalls drei Viertel nur Leichter Anstieg bei Ratgeber- und Servicethemen sind in besonderer im „Sat.1 Frühstücksfernsehen“. Ratgeberthemen Weise mit der im Medienstaatsvertrag niedergeleg- ten Anforderung verknüpft, dass die Beratung ein Der Themenbereich Wirtschaft und Gesellschaft lässt Deutlich mehr wesentlicher Teil von Fernsehvollprogrammen sein sich am ehesten mit der Bildungsfunktion von Fern- Wirtschafts- und sollte. (22) Servicethemen, bei denen es sich nahezu sehvollprogrammen verknüpfen. (23) Wie zuvor be- Gesellschaftsthemen ausschließlich um Wetterberichte handelte, hatten reits gesehen, lag dieser Themenbereich bei den öf- in ö.-r. Programmen hierbei die deutlich geringere Bedeutung als Ratge- fentlich-rechtlichen Programmen nach der Politik mit berthemen (vgl. Tabelle 6). Letztere waren vor allem jeweils 12 Prozent der Gesamtsendezeit auf dem in den Bereichen Verbraucher (Finanzen, Recht etc.), zweiten Rangplatz, während die privaten Anbieter ihm Gesundheit/Ernährung/Freizeit sowie Kochen ange- mit 2 Prozent (RTL) bzw. 3 Prozent (Sat.1) weitaus siedelt. Im Vergleich zum Jahr 2019 blieb der Um- weniger Gewicht zumaßen. Auf die Wirtschaft entfiel fang der Servicethemen bei allen Programmen gleich, dabei in den Programmen circa ein Fünftel der Be- während Ratgeberthemen bei drei Programmen richterstattung dieses Teilbereichs. Bei den gesell
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 311 5/2021 Tabelle 6 Service- und Ratgeberthemen Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Ratgeberthemen 3,3 3,6 2,2 2,0 Verbraucherthemen 0,4 0,8 0,6 0,2 Gesundheit, Ernährung, Freizeit 1,7 1,8 1,0 1,0 Kochen, Rezepte 0,5 0,5 0,1 0,2 Sonstige Ratgeberthemen 0,7 0,5 0,5 0,6 Servicethemen 1,6 1,2 0,4 0,4 Wetter 1,6 1,2 0,4 0,4 Sonstige Servicethemen 0,0 0,0 0,0 – Sonstige journalistische Themen 35,9 38,8 16,8 12,5 Thematisch nicht klassifizierbar 2,6 2,5 1,7 1,6 Restliches Programm 1) 56,6 53,9 78,9 83,5 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. 1) Sportsendungen, Nonfiktionale Unterhaltung und Reality-TV, Fiktionale Unterhaltung, Sonstige Sendungen, Werbung und Promotion. Quelle: GöfaK Medienforschung. Tabelle 7 Wirtschafts- und Gesellschaftsthemen Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Wirtschaft 2,5 2,5 0,4 0,5 Gesellschaft 9,5 9,9 1,9 2,2 Soziale Probleme 2,3 2,0 0,9 0,5 Kultur und Medien 3,2 4,1 0,4 1,1 Bildung/Wissenschaft/Forschung 1,7 1,5 0,3 0,1 Natur/Umwelt/Klima 1,8 1,4 0,1 0,1 Sonstige Gesellschaftsthemen 0,5 0,9 0,2 0,4 Sonstige journalistische Themen 28,8 31,2 17,1 12,2 Thematisch nicht klassifizierbar 2,6 2,5 1,7 1,6 Restliches Programm1) 56,6 53,9 78,9 83,5 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. 1) Sportsendungen, Nonfiktionale Unterhaltung und Reality-TV, Fiktionale Unterhaltung, Sonstige Sendungen, Werbung und Promotion. Quelle: GöfaK Medienforschung. schaftlichen Sachthemen waren es die Themen Kultur stiegen, wobei die Verknüpfung mit Corona hier auch und Medien sowie die sozialen Probleme, die in allen besonders hoch war: Insgesamt wies im Bereich vier Programmen gleichermaßen herausragten (vgl. Wirtschaft und Gesellschaft etwa die Hälfte der Be- Tabelle 7). Darüber hinaus wurde bei Das Erste und richterstattung einen Bezug zur Pandemie auf (vgl. dem ZDF vor allem noch über Bildung/Wissenschaft/ Abbildung 6), in der Wirtschaft allein lag der Anteil Forschung sowie Natur/Umwelt/Klima berichtet, wäh- jedoch bei 64 Prozent. Der Teilbereich der gesell- rend diese Themen bei RTL und Sat.1 kaum vorkamen. schaftlichen Sachthemen ist dagegen, verglichen mit 2019, durchweg gesunken. Beim ZDF und bei Sat.1 Enger Bezug Im Vergleich zu 2019 ist die Berichterstattung über waren hierbei die Prozentanteile sämtlicher gesell- zur Pandemie wirtschaftliche Aspekte durchweg geringfügig ge- schaftlicher Teilbereiche niedriger als 2019, bei RTL
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 312 Perspektiven 5/2021 Tabelle 8 Berichterstattung über deutsche und internationale Politik Durchschnittlicher Zeitumfang pro Tag in Std.:Min.* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Politik 3:36 3:39 0:47 0:29 Deutsche Politik 2:11 2:26 0:35 0:22 Internationale Politik 1:25 1:13 0:12 0:07 Sonstige journalistische Themen 6:11 6:48 3:52 3:05 Thematisch nicht klassifizierbar 0:37 0:36 0:25 0:23 Restliches Programm1) 13:36 12:57 18:56 20:03 Gesamt 24:00 24:00 24:00 24:00 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. 1) Sportsendungen, Nonfiktionale Unterhaltung und Reality-TV, Fiktionale Unterhaltung, Sonstige Sendungen, Werbung und Promotion. Quelle: GöfaK Medienforschung. stieg allein der Teilbereich der sozialen Probleme. dreiviertel Stunde bei RTL und einer halben Stunde Auch bei Das Erste stieg dieser Teilbereich und zudem bei Sat.1. Diese sehr unterschiedlichen Umfänge bei das Themengebiet Bildung/Wissenschaft/Forschung. den öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen Hierbei handelt es sich um jene beiden Themenseg- haben zwangsläufig Auswirkungen auf die Möglich- mente, die sich in besonderem Maße mit Corona keiten, über bestimmte politische Themen berichten beschäftigen. So waren die Bezugnahmen in den zu können. Bereichen Natur/Umwelt/Klima sowie Kultur und Medien vergleichsweise niedrig, während die An- Deutlich wird dies bereits, wenn man die Verteilung Internationale Politik teile im Bereich Bildung/Wissenschaft/Forschung so- von deutscher und internationaler Politik in den Blick bei RTL und Sat.1 wie dem der sozialen Probleme deutlich höher aus- nimmt (vgl. Abbildung 7). Die Programme setzten alle- abseits der fielen. Zu finden waren im erstgenannten Bereich samt ihren Schwerpunkt auf die deutsche Politik, wo- Nachrichten kaum zum Beispiel Berichte zur Impfstoffentwicklung oder bei diese Schwerpunktbildung bei Sat.1 und RTL stär- beachtet zur technischen Ausstattung, die Schulkindern für ker ausgeprägt war als bei Das Erste und dem ZDF. das Homeschooling bereitgestellt wurde. Zu den so- Diese stärkere Schwerpunktsetzung der Privaten in zialen Problemen wurden unter anderem die Berichte Verbindung mit deren insgesamt geringerem Umfang zur Entwicklung der Infektionszahlen gerechnet. Das politischer Information führt dazu, dass internationale Spektrum an Formaten, aus denen die Berichterstat- Politik nur sehr wenig Beachtung fand: Bei RTL sind es tung über wirtschaftliche und gesellschaftliche The- zwölf und bei Sat.1 sieben Minuten an einem durch- men stammte, ist deutlich höher als bei den Human- schnittlichen Tag. Beim ZDF und Das Erste waren die- Touch- und den Ratgeber- bzw. Servicethemen. Hier se Werte ungleich höher (ZDF: 73 Minuten, Das Erste: kam ebenfalls den Magazinsendungen der größte 85 Minuten). Bei RTL und Sat.1 kam die internationale Stellenwert zu, aber auch Nachrichtensendungen Politikberichterstattung dabei nahezu ausschließlich sowie Reportagen und Dokumentationen hatten in aus Nachrichtensendungen: „RTL aktuell“, „Sat.1 allen Programmen ihre Bedeutung. Nachrichten“ sowie den jeweils integrierten Nach- richtensendungen im Frühstücksfernsehen. Internati- Politische Information onale Politik abseits der aktuellen Nachrichtenbericht- Große quantitative Im Hinblick auf die Untersuchung spezifischer Merk- erstattung wurde somit praktisch nicht ausgestrahlt. Unterschiede male der politischen Berichterstattung sind die zwischen ö.-r. und quantitativen Ausgangsbedingungen der Programme Der Umfang allein der deutschen Politikbericht Pandemie führte privaten Programmen höchst unterschiedlich. Bei Das Erste und dem ZDF erstattung betrug bei Das Erste und dem ZDF deutlich zur Verknüpfung bildete 2020 die Politik den Schwerpunkt der journa- über zwei Stunden am Tag (Das Erste: 2 Stunden von Sach- und listischen Information mit rund 15 Prozent der Ge- 11 Minuten; ZDF: 2 Stunden 36 Minuten), bei RTL Strukturthemen samtsendezeit. Dies bedeutet, dass an einem durch- und Sat.1 war es jeweils circa eine halbe Stunde (RTL: schnittlichen Tag über dreieinhalb Stunden über Po- 35 Minuten, Sat.1: 22 Minuten). Verglichen mit dem litik berichtet wurde (vgl. Tabelle 8 und Abbildung 5). Jahr 2019 hat damit lediglich das Erste etwas weni- Bei den privaten Anbietern lag der Umfang der poli ger über deutsche Politik berichtet, bei den übrigen tischen Berichterstattung weit hinter derjenigen über Programmen sind diesbezüglich Steigerungen fest- Human-Touch-Themen zurück und kommt auf An- zustellen. Der Vergleich mit 2019 zeigt zudem eine teile von 3 Prozent (RTL) bzw. 2 Prozent (Sat.1). Dies Besonderheit im Hinblick auf das Vorkommen der entspricht an einem durchschnittlichen Tag einer drei zentralen politikwissenschaftlichen Kategorien
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 313 5/2021 Abbildung 7 Berichterstattung über deutsche und internationale Politik Zeitanteil in %* 46 43 3 3 28 Thematisch nicht 26 klassifizierbar 21 2 Sonstige journalistische 17 Themen 2 6 5 16 Internationale Politik 13 9 10 1 2 21 Deutsche Politik Das Erste ZDF RTL Sat.1 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. Abbildung 8 Sachthemen, Strukturen und Prozesse in der Berichterstattung Politik Zeitanteil in %* 46 43 3 Thematisch nicht klassifizierbar 3 Sonstige journalistische Themen 28 26 Internationale Politik 21 2 17 Deutsche Politik: Strukturen 2 und Prozesse (Politics/Polity) 6 5 16 1 Deutsche Politik: Sachthemen 1 3 13 3 sowie Strukturen und Prozesse 6 6 1 2 1 1 Deutsche Politik: Sachthemen Das Erste ZDF RTL Sat.1 (Policy) * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. „policies“ (Berichterstattung über politische Sach- tung liegt üblicherweise auf dem inhaltlichen Aspekt themen, wie z. B. Gesundheitspolitik), „politics“ (po- und so war es auch 2020: zwischen 60 (ZDF) und 75 litische Prozesse, wie z. B. Wahlkämpfe) und „polities“ Prozent (RTL) der deutschen Politikberichterstattung (politische Strukturen, wie z. B. Föderalismus). Das beschäftigten sich allein mit Sachfragen (vgl. Abbil- Schwergewicht der deutschen Politikberichterstat- dung 8). Verglichen mit 2019 nahmen aber Berichte,
Torsten Maurer/Matthias Wagner/Hans-Jürgen Weiß Media 314 Perspektiven 5/2021 Tabelle 9 Sachthemen in der Berichterstattung über deutsche Politik Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Deutsche Politik: Sachthemen 8,1 9,2 2,2 1,4 Gesundheitspolitik 2,6 3,7 1,0 0,6 Innere Sicherheit, Justiz- und Ausländerpolitik 1,1 1,3 0,4 0,2 Wirschaftspolitik 1,1 1,0 0,1 0,2 Verkehrs-, Energiepolitik und Klimaschutz 0,5 0,8 0,2 0,1 Bildungspolitik 0,6 0,5 0,2 0,1 Deutsche Europapolitik 0,5 0,3 0,0 0,0 Sonstige Themenbereiche 1,7 1,6 0,3 0,2 Deutsche Politik: Nur Strukturen und Prozesse 1,0 0,9 0,2 0,1 Internationale Politik 5,9 5,1 0,9 0,5 Sonstige journalistische Themen 25,8 28,4 16,1 12,9 Thematisch nicht klassifizierbar 2,6 2,5 1,7 1,6 Restliches Programm1) 56,6 53,9 78,9 83,5 Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: 24 Stunden pro Tag. 1) Sportsendungen, Nonfiktionale Unterhaltung und Reality-TV, Fiktionale Unterhaltung, Sonstige Sendungen, Werbung und Promotion. Quelle: GöfaK Medienforschung. die Sachthemen sowie Strukturen und Prozesse zeigen sich dann auch die zuvor erwähnten Folgen verbanden, mehr Raum ein. Die prozentualen Ver- der ungleichen Politikumfänge der Sender. Rechnet änderungen waren diesbezüglich nicht groß, in ihrer man bei den Programmen – in Anlehnung an Brosius/ Tendenz aber bei allen Programmen zu beobachten. Zubayr (25) – jeweils die drei umfangreichsten Sach- Die tiefergehende Analyse der Einzelthemen zeigt themen zusammen und betrachtet, wieviel abschlie- die Verbindung zur besonderen Krisensituation: So ßend überhaupt noch für andere Themen verblieb, handelte es sich hier besonders häufig um Berichte, so waren dies bei Das Erste und dem ZDF knapp in denen das inhaltliche Thema des Infektionsschut- über 50 Minuten am Tag, bei RTL neun und bei Sat.1 zes bzw. der Pandemiebekämpfung mit den Stärken gerade einmal sechs Minuten. Die Konzentration der und Schwächen des föderalen Systems verknüpft Berichterstattung insbesondere in Krisenzeiten ließ wurde. hier somit kaum noch Raum für eine vielfältige poli- tische Information. Deutlich mehr Und auch der Blick auf die behandelten Sachthemen Berichte über verdeutlicht die besondere Themenlage des Jahres Nachfolgend wird das Sendungsumfeld der Politik- Höhere Formatvielfalt Gesundheits-, (vgl. Tabelle 9). Nachdem im letzten Jahr noch am berichterstattung genauer betrachtet, das heißt es der politischen Wirtschafts- und umfangreichsten über Verkehrs-, Energiepolitik und wird der Frage nachgegangen, welchen Beitrag die Berichterstattung in Bildungspolitik Klimaschutz sowie Innere Sicherheit, Justiz und Formatgruppen und auch einzelne Sendungen zur Das Erste und ZDF Ausländerpolitik berichtet wurde, sind dies 2020 die politischen Berichterstattung leisteten. Hier zeigt sich Themen, die – neben der deutschen Europapolitik – zunächst die prozentual weitaus größere Bedeutung stagnierten oder zum Teil deutlich gesunken sind. der Nachrichtensendungen in der politischen Informa- Wurde beispielsweise 2019 in allen vier Program- tionsgebung der privaten Programme (vgl. Tabelle 10 men zusammen noch etwas über eine Stunde über und Abbildung 9). Bei RTL wurden 66 Prozent und Verkehrs-, Energiepolitik und Klimaschutz berichtet, bei Sat.1 77 Prozent der Politikberichterstattung im waren es 2020 nur noch 22 Minuten. (24) Dagegen Rahmen von Nachrichtensendungen ausgestrahlt – wurde die Berichterstattung über die Gesundheits-, umgerechnet auf einen Sendetag sind dies bei RTL Wirtschafts- und auch Bildungspolitik immens aus- 31 von insgesamt 47 Minuten und bei Sat.1 22 von geweitet: Die beiden letztgenannten Themenbereiche 29 Minuten. Nahezu der gesamte verbleibende Teil kamen im Vorjahr auf verschwindend geringe Anteils- der Politik kam aus Magazinen – allein auf die werte, und auch die Gesundheitspolitik lag bei einem Sondersendungen entfielen noch Anteile von 2 Pro- Anteil von gerade einmal 1 Prozent bei Das Erste zent (Sat.1) bzw. 3 Prozent (RTL), was bei dem gerin- und nochmals weniger bei den übrigen Program- gen Umfang von Politik insgesamt aber nur 1 Minute men. Im Zuge der Analyse der Sachthemenanteile an einem durchschnittlichen Tag war. Bei den öffent-
Informationsprofile von Das Erste, ZDF, RTL und Sat.1 Media Perspektiven 315 5/2021 Tabelle 10 Formate der Politikberichterstattung Zeitanteil in %* Das Erste ZDF RTL Sat.1 Sendedauer in Std.:Min./Tag 3:36 3:39 0:47 0:29 davon in % Nachrichtensendungen 39,3 35,1 65,6 77,4 Magazinsendungen 35,7 34,0 31,4 20,3 Reportagen, Dokumentationen 5,5 13,4 – – Interview- und Talkformate 16,4 13,7 – – Sondersendungen 3,1 2,1 3,0 2,3 Übertragungen – 1,7 – – Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 * S tichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Berechnungsbasis: Zeitumfang der Politikbericht erstattung pro Tag. Quelle: GöfaK Medienforschung. Abbildung 9 Formate der Politikberichterstattung Durchschnittlicher Zeitumfang pro Tag in Std.: Min.* 3:36 3:39 0:07 0:05 0:35 0:30 Übertragungen 0:12 0:29 Sondersendungen 1:20 Interview- und Talkformate 1:14 Reportagen, Dokumentationen 0:47 Magazinsendungen 1:22 1:17 0:15 0:29 0:06 0:31 0:22 Nachrichtensendungen Das Erste ZDF RTL Sat.1 * Stichprobenerhebung 2020: vier künstliche Programmwochen. Quelle: GöfaK Medienforschung. lich-rechtlichen Anbietern hielt sich der Anteil der zwischen 1 und 3 Prozent bzw. bis zu sieben Minu- Nachrichten- und Magazinsendungen jeweils unge- ten an einem durchschnittlichen Programmtag. Bei fähr die Waage, und vor allem fanden sich hier neben Sat.1 und RTL stieg die Bedeutung der Magazinsen- den Sondersendungen auch Reportagen und Doku- dungen etwas zu Lasten der Nachrichten. Tatsäch- mentationen sowie Interview- und Talkformate, in lich sank hierbei aber nicht der Umfang der nach- denen Politik zum Gegenstand der Berichterstattung richtlichen Politikberichterstattung. sondern der Um- gemacht wurde (vgl. Tabelle 10 und Abbildung 9). fang in den Magazinsendungen wurde etwas aus- geweitet – ein Befund, der bei der anschließenden Nur geringe Verglichen mit 2019 gab es – neben dem Umstand, Betrachtung der Themenstruktur der Magazinsen- Veränderungen bei dass in beachtlichem Maße Sondersendungen vor- dungen nochmals aufgegriffen wird. Dass es sich den Anteilen der kamen – in den öffentlich-rechtlichen Programmen bei den privaten Anbietern um relativ wenige Maga- Politikformate nur geringfügige Anteilsveränderungen im Bereich zinsendungen handelte, die in diesem Zusammen-
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