Kinder als Akteure - Agency und Kindheit
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Kinder als Akteure – Agency und Kindheit Bericht über die Jahrestagung der Sektion Soziologie der Kindheit der Deutschen Gesellschaft für Soziologie „Kinder als Akteure – Agency und Kindheit“, 26.-28. September 2013 an der Stiftung Universität Hildesheim Von Laura B. Kayser und Tanja Betz (Goethe-Universität Frankfurt am Main) Kinder als soziale Akteure zu verstehen, die aktiv an der Herstellung gesellschaftlicher Verhältnisse beteiligt sind, ist für die Soziologie der Kindheit bereits seit ihrem Entstehen eine grundlegende Prämisse für Theoriebildung und empirische Forschung. Die Beschäftigung mit der Akteurschaft von Kindern ist damit eines der Kernelemente der neuen sozialwissenschaftlichen Kindheitsforschung, das sich mit seiner Betonung der Handlungsfähigkeit und -kompetenz insbesondere gegen eine Sicht auf Kinder als ausschließlich ‚Werdende‘ richtet, die einen Beitrag zu ihrer Bildung und Entwicklung leisten. Seit einiger Zeit wird das Konzept des Kindes als Akteur jedoch kritisch hinterfragt. Das Konzept wird als zu naturalistisch in der Zuschreibung der Handlungsmächtigkeit kritisiert; es handelt sich oft weniger um ein theoretisch gehaltvolles Konzept als vielmehr um eine programmatische und forschungsethische Haltung mit kinderpolitischer Ausrichtung, welche die Handlungsmacht von Kindern gleichsam voraussetzt wie überhöht. Wenig in den Blick genommen wird indessen die generationale Ordnung, welche die Handlungsfähigkeit von Kindern sowohl erzeugt als auch begrenzt. Vor dem Hintergrund dieser kritischen Bezugnahme und dem Vorhaben, die theoretische und empirische Tragfähigkeit des Agencykonzepts in der Soziologie der Kindheit auszuleuchten, drehten sich die Beiträge auf der Jahrestagung 2013 um die Frage, wie Childhood Agency zu konzeptualisieren ist, wie die „Akteurschaft als Kind“ (Bühler-Niederberger 2011, S. 185, Herv. i. O.) im Rahmen der generationalen Ordnung und damit in seiner sozialen und gesellschaftlichen Bedingtheit gefasst und erforscht werden kann und unter welchen Voraussetzungen es sich damit als ein zukunftsträchtiges Konzept für kindheitssoziologische Fragestellungen erweisen kann. Als gemeinsame Veranstaltung des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik und der Abteilung Allgemeine Pädagogik der Stiftung Universität Hildesheim, der DGS-Sektion Soziologie der Kindheit und dem Kompetenzzentrum Frühe Kindheit Niedersachsen, war das Ziel der Tagung die Auseinandersetzung mit den theoretischen und empirischen Potentialen und Grenzen der Konzepte der Akteurschaft und Agency von Kindern für die Soziologie der Kindheit. Die Beiträge beinhalteten theoretische Vergewisserungen und empirische Arbeiten von WissenschaftlerInnen und Forschungsarbeiten des wissenschaftlichen Nachwuchses aus Deutschland; auch internationale ForscherInnen aus Frankreich, Luxemburg und Indien waren mit Beiträgen beteiligt. Als Keynote-Speaker konnten die beiden Kindheitssoziologinnen Samantha Punch und Allison James aus Großbritannien gewonnen werden. In ihrem Einführungsvortrag stellen Florian Eßer und Wolfgang Schroer die Frage, weshalb die Begriffe „Agency“ und „kindlicher Akteur“ eine so zentrale Bedeutung für die Kindheitsforschung haben und eine Auseinandersetzung damit lohnenswert ist. Sie kritisieren den „great divide“ zwischen mikrosoziologischen Ansätzen und Makro- bzw. Diskursperspektiven sowie den teilweise substantialistischen Akteursbegriff, der alle Kinder als kompetente Akteure versteht und damit kaum Möglichkeiten für eine differenzierte Betrachtung bietet. Sie betonen die Notwendigkeit, sich kritisch und konstruktiv mit der Agency von Kindern in Anbetracht ihrer Positionierung als Kinder auseinanderzusetzen, um letztlich die Frage beantworten zu können: „Welche Agency ergibt sich für Kinder aus der Tatsache, dass sie Kinder sind?“ In einer kritischen Betrachtung des Konzepts der Agency von Kindern als einem sowohl analytischen als auch normativen Ansatz, stellen Helga Kelle und Sabine Bollig diesem einen praxistheoretischen Zugang gegenüber. Auf das besondere Potential von Praxistheorien für eine akteurszentrierte Kindheitssoziologie rekurrierend, die mit ihrem ethnomethodologischen Hintergrund einen neutraleren Kompetenzbegriff biete und zudem eine Relationierung der Dimensionen „Kinder als Akteure“ und „Kindheit als Strukturmerkmal“ ermögliche, schlagen sie für die Auseinandersetzung mit Kindern und Kindheit eine praxeologische Dezentrierung des Akteurskonzepts vor, innerhalb derer Agency als ein Element von Praktiken gefasst wird. Sie plädieren für eine „differenzielle Agency-Forschung“, welche die Fremd- und Selbstpositionierungen von Kindern in den Blick
nimmt und sich damit beschäftigt, wie diese in Praktiken enaktiert werden. Dafür müsse jedoch der adultistische Bias der Praxistheorie dekonstruiert werden. Der Vortrag von Anne Wihstutz zum Beitrag einer feministischen ethic of care für die Kindheitssoziologie behandelt die Akteurschaft von Kindern vor dem Hintergrund moralphilosophischer Ansätze aus kinderrechtlicher Perspektive. Sie betont das Wechselverhältnis von Kindern und Kindheit zur Erwachsenenkategorie und spricht sich dafür aus, beide als beings und becomings zu verstehen. Ihr Vortrag richtet sich damit gegen die Vorstellung der Existenz eines autonomen Subjekts bei Erwachsenen und bei Kindern, die zu einer Betonung der Schutzbedürftigkeit von Kindern und damit zu Ungerechtigkeit und verwehrter Partizipation führe. Ihr Vorschlag ist es, die gegenseitigen Abhängigkeiten und damit die relationalen Beziehungen zwischen beiden Positionen stärker zu fokussieren. Dies sei auch für eine Kinderrechtsperspektive relevant, da gerade durch die Infragestellung von Autonomie Anschluss für Handlungsmöglichkeiten entstehe. In ihrem Vortrag beschäftigt sich Doreen Beer mit der Frage, welche Begriffe die Subjekttheorie für die Analyse des Handelns von Kindern bereithält, um ein „Konzept subjektiver Entwicklungslogik“ zu entwerfen, welches Kinder als Gesellschaftswesen und in ihrem biologischen Sein fassen kann. Den Wunsch nach Verfügung über die Welt und die eigene Lebensgestaltung, angetrieben durch ein Bedürfnis nach Handlungsfähigkeit in „Notlagen“, stellt sie ins Zentrum ihrer Auseinandersetzung mit dem Konzept der Handlungsfähigkeit im Rahmen einer Theorie der kritischen Psychologie nach Holzkamp. Diese unterscheide zwischen entwicklungsbedingten und gesellschaftlichen Abhängigkeiten, wobei praktische Erfahrungen der „Unmittelbarkeitsüberwindungen“ für dieses Lernen gesellschaftlicher Zusammenhänge innerhalb sozialer Abhängigkeiten notwendig seien. Allison James setzt sich mit dem Beitrag einer kindheitssoziologischen und kinderzentrierten Perspektive auf Sozialisationskonzepte auseinander. Die Fragen, wie Sozialisation aus der Perspektive von Kindern selbst erlebt wird, wie Kinder selbst (ihre) Kindheit und die generationale Ordnung erleben, stehen dabei im Mittelpunkt. An empirischen Beispielen aus dem „personal life“ von Kindern, zeigt sie in Bezug auf Vorstellungen von Familie, wie Kinder als „active agents“ lernen, wie die Welt funktioniert und welche Rolle sie selbst dabei spielen. In Abgrenzung zu gängigen Vorstellungen und Erwartungen an die Agency von Kindern, beschreibt sie diese als Entscheidung für eine bestimmte Art zu handeln, in alltäglicher Weise. Agency, so James, “can be ‚kind of passive‘ and doesn’t always have to be dramatic or change the world“. Am zweiten Tag startet Meike S. Baaders mit einer historischen Suche nach den „Spuren von Childhood Agency“. Sie zeigt an Beispielen aus der Zeit der Romantik, der Reformpädagogik und der ‚68er‘, dass die Idee von Kindern als Akteuren bereits lange vor der ‚neuen‘ sozialwissenschaftlichen Kindheitsforschung Teil pädagogischer Kindheitskonzepte war. Eine historische Betrachtung generationaler Ordnung könne zeigen, dass diese Ordnung im Verhältnis von Kindern und Erwachsenen immer wieder neu und unterschiedlich ausgehandelt werde. Dabei sei Kindheit noch nie so „vulnerabel, bedroht und riskant“ gezeichnet worden wie in der Entstehungszeit der neueren Kindheitsforschung – ein Umstand, der historisch und gesellschaftlich zu untersuchen sei, so Baader. „Ein ernsthaftes Agency-Problem“ unterstellt Eberhard Raithelhuber in seinem Beitrag der Kindheitssoziologie und setzt damit die kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept fort. Als Alternative für die Beschäftigung mit der Akteurschaft von Kindern schlägt er eine in sozialanthropologischen Ansätzen begründete, relationale Perspektive vor. Wie bereits bei Kelle und Bollig, rückt er Praktiken in den Fokus, eine Perspektive, die Agency (von Kindern) nicht mehr in den Subjekten, sondern in „Prozessen, Situationen, Praktiken und Aktivitäten“ verankert. Forschung müsse dementsprechend bei den Beziehungen anknüpfen, in denen Agency manifest werde. Agency wird dann zu etwas, das nicht im Besitz von Kindern ist, sondern vielmehr durch diese hergestellt wird.
Auch in Florian Eßers Vortrag geht es um das Potential relationaler Zugänge für die Kindheitsforschung, die er als besonders geeignet ansieht, um Kinder und Kindheit in den Blick zu bekommen und die Frage zu klären, welche Agency sich aus dem Kind-Sein der Kinder ergibt. Im Verständnis relationaler Sozialtheorien (wie etwa der Akteur-Netzwerk-Theorie) geht es um Beziehungen zwischen Positionen und wie in diesen Agency entstehen kann. ‚Kind‘ wird zu einer möglichen Identität und aus der Position des Kind-Seins in Relation zu anderen Positionen ergeben sich bestimmte Möglichkeiten zur Realisierung von Agency. Es gehe dabei immer auch um die sozialen Bedingungen des Handelns. Ein solcher Forschungsansatz sei besonders sensibel für Machtverhältnisse und Handlungspotentiale und eigne sich zudem für die Überwindung des Dualismus zwischen Kinder- und Kindheitsforschung. Im Anschluss präsentieren Beatrice Hungerland und Günter Mey in Form eines kurzen ‚Gesprächs‘ die Bedeutung von Martha Muchows Lebensraumstudie für die Entwicklung des Akteurskonzepts in der Kindheitsforschung. Beide schreiben der Studie weiterhin Relevanz für die Beschäftigung mit Kindern zu, die insbesondere darin liege aufzudecken, dass es „das“ Kind nicht gebe, sondern Kindheiten unterschiedlich sein können. Zudem zeige ihre Betrachtung des Raums, in dem das Kind lebt und handelt, von Kindern auf unterschiedliche Weise umlebt werden kann und bei dieser Sinnstiftung durch die Kinder Umdeutungen stattfinden – die Stadt der Arbeiterkinder stellt sich anders dar als die Stadt der Erwachsenen. Dass die Kindheitsforschung in der so genannten ‚minority world‘ in Bezug auf ihre Auseinandersetzung mit der Agency von Kindern viel lernen kann, macht Samantha Punch deutlich. Sie stellt die Frage, wieso sich außerhalb der Kindheitsforschung das Konzept des Kindes als kompetentem Akteur nicht durchsetzen kann: „we know that children are actors, so why is it different with all the others?“ Einen Grund dafür sieht sie in der (zu) starken Betonung und Überhöhung einer Agency von Kindern, ohne diese innerhalb der generationalen Ordnung zu verorten. Childhood agency aber könne, so Punch, nur in ihrer Relation zur generationalen Ordnung verstanden werden. Wie sie anhand von Arbeiten aus dem globalen Süden zu Kindern als sozialen Akteuren zeigt, existieren bereits zahlreiche Ansätze, welche Agency in einer eher relationalen Perspektive entwerfen und diese mit differenzierten Abstufungen als Kontinuum und nicht als binäres Verständnis konzeptualisieren. Für die Kindheitsforschung ergebe sich damit die Notwendigkeit, die sozialen und kulturellen Kontexte zu beachten, innerhalb derer Agency situiert ist. Dazu müssten, wie sie im Gegensatz zu Allison James betont, auch die Erwachsenen wieder in den Blick der Kindheitssoziologie kommen. Über die besondere Herausforderung der Feldforschung mit und zur Agency von Kindern der bengalischen Mittelschicht in Kalkutta spricht Hia Sen. In einer Art Rückschau beschreibt sie ihre Erfahrungen und Emotionen beim Versuch, im Handeln der von ihr beforschten Kinder so etwas wie Agency zu finden. Dass sich dies für sie schwierig gestaltet, begründet sie mit ihrem durch die ‚Subaltern Studies‘ geprägten Verständnis von Agency – die widerständige und revolutionäre Praxis ließ sich indessen bei den ‚verhätschelten‘ (mollycoddled) Kindern ihres Samples nicht finden. Den Grund für ihre Schwierigkeiten, sieht Sen in ihren ‚falschen‘ Vorstellungen dessen, was Agency sein muss, die mehr mit ihr als Forscherin zu tun hätten als mit ihren Forschungssubjekten. Aus dieser Erfahrung heraus formuliert sie die Notwendigkeit sich vorab bewusst zu machen: „whose agency do we look at?“ Über einen empirischen Zugang stellt Claudia Dreke die Möglichkeiten bildanalytischer Methoden nach Bohnsack für die Erforschung von Agency in den Institutionen der Kindheit dar. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von Bildern im Rahmen von Dokumentationen in Kindertageseinrichtungen, stellt sie die Frage, was von den Erwachsenen als interessant und adäquat für die Dokumentation und Darstellung der eigenen Einrichtung erachtet wird. Am Beispiel ausgewählter Fotografien kann sie die impliziten Setzungen in Bezug auf Kindheitsbilder und erwünschte Formen kindlicher Agency herausarbeiten, welche in den Bildern als perspektivische Normierung enthalten sind. Für die Weiterentwicklung des Agency-Konzepts schlägt sie dementsprechend vor, dieses aus einer empirischen Analyse heraus zu konzeptualisieren. Elena Bütow behandelt die Möglichkeiten und Grenzen eines ethnographischen Blicks für die Betrachtung von Körperpraktiken von Kindern. Anhand von Aufnahmen aus ihrem Promotionsprojekt verdeutlicht sie, wie die
Körper von Kindern im urbanen Raum sowohl Handlungen von Kindern ermöglichen als auch begrenzen und damit ebenfalls Teil der Herstellung generationaler Ordnung sein können. Sie reflektiert insbesondere die Bedeutung ihrer Methodik, der Video-Ethnographie von Stadtteilbegehungen, für die Analyse ihrer Daten sowie ihre eigene Rolle als erwachsene Forscherin in der Erhebungssituation. Den Umgang der Kinder mit der Materialität des urbanen Raumes, stellt sie dabei besonders heraus und machte deutlich, wie lohnend ein körpertheoretischer Blick auf Kinder und Kindheit für ein erweitertes Verständnis von Agency in der Kindheitsforschung sein kann. Eine handlungstheoretische Ausformulierung des Agency-Konzepts entwarfen Friederike Heinzel und Torsten Eckermann in ihrem Beitrag „Wie Kinder und ihre Peers Schule machen“ am Beispiel einer Untersuchung von Peer-Interaktionen im Grundschulunterricht. Wie zuvor bereits Eßer, Kelle, Bollig und Raithelhuber, orientieren sie sich an der Akteur-Netzwerk-Theorie, um die Frage zu beantworten, wie SchülerInnensubjekte „durch Adressierung hervorgebracht“ und wie hierdurch „Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder erweitert“ wird. An empirischem Material heben sie die Kinder als schulische Akteure hervor, die sich durch Adressierungen selbst zu Akteuren machen, indem sie die schulische Ordnung zitieren und praktizieren. Dabei weisen sie sich untereinander unterschiedlich viel Handlungsfähigkeit zu und folgen damit auch in ihren Peer-Beziehungen der Logik der Schule. Pierrine Robin und Timo Ackermann beschäftigen im Kontext des Kinderschutzes mit der Erwachsenenperspektive auf Kindheit und Agency mittels einer Analyse von Akten des Jugendamts. Dabei können sie unterschiedliche Formen von Agency rekonstruieren – vom Kind als „object of care“ bis zum Kind „als Akteur“, die sie wiederum in Unterformen ausdifferenzieren. Insgesamt, so arbeiten sie heraus, tauchen die Kinder selbst und ihre „Stimme“ in den Akten kaum auf. Auch wurden sie eher als hilfsbedürftige denn als kompetente Akteure ihres Lebens konstruiert. Als Gegenentwurf zum dominanten Verständnis von Agency, das Agency nur in Fällen widerständigen und abweichenden Handelns realisiert sieht, rekurrieren Doris Bühler-Niederberger und Christina Huf auf das theoretische Konzept der „Komplizenschaft“ von Kindern, das auch die Rolle von Kindern in der (Re)Produktion von (generationaler und struktureller) Ordnung als Form der Agency begreift. Im Sinne einer „kompetenten Gefügigkeit“ können unter dieser Prämisse auch Gehorsam, Fügsamkeit und Komplizenschaft als Akteurschaft verstanden werden, die bislang aus der Analyse ausgeschlossen sind. Eine solche „Komplizenschaft“ von Kindern sei dabei immer das Resultat struktureller Voraussetzungen (Aufrechterhalten einer generationalen Ordnung) und den Bedürfnissen des Kindes. Am Beispiel der vergleichenden Arbeiten von Huf in Grundschulsettings in Deutschland und Großbritannien, entwickeln sie eine Heuristik der Agency innerhalb schulischer Strukturen, in der sie zeigen, wie unterschiedliche generationale Ordnungen für Kinder zu verschiedenen Möglichkeiten der Agency führen. Im abschließenden Vortrag beschäftigt sich Frederick de Moll über einen quantitativen Zugang mit der Agency von Kindern im Prozess der Reproduktion sozialer Ungleichheit. Er legt in seiner Analyse den Fokus auf den Aspekt des ungleichen Kinderlebens in Relation zu sozialstrukturellen Bedingungen des Aufwachsens und, ähnlich den Referentinnen vor ihm, auf die Rolle von Kindern als Akteuren in der Reproduktion sozialer Ordnung. Auf Basis einer Befragung von Grundschulkindern beleuchtet er den Zusammenhang zwischen den Freizeitaktivitäten der Kinder und ihrer Handlungsfähigkeit in der Schule. Mit seiner Rekonstruktion latenter Profile unterschiedlicher „Aktivitätentypen“ zeigt er dabei, wie die soziale Position von Kindern für ihre (schulbezogene) Agency relevant wird. Er macht deutlich, dass einer Beschäftigung mit Agency auch sozialstrukturelle Bedeutsamkeit zukommt und deren Bedeutung für die Handlungsmöglichkeiten und – einschränkungen von Kindern empirisch erforscht werden muss. Die Bandbreite der Beiträge der Tagung bot viele interessante Anregungen für die Weiterentwicklung des Konzepts der Agency in der Soziologie der Kindheit. Sie lenkte den Blick auf die Praktiken und Kontexte innerhalb derer die Akteurschaft ‚als Kind‘ stattfindet und machte deutlich, wie lohnend eine differenzierte Auseinandersetzung mit den vielfältigen Formen der Agency von Kindern für die Kindheitsforschung sein kann.
Dass die Agency von Kindern hierfür auch in ihren alltäglichen Ausprägungen und Herstellungsprozessen Beachtung finden sollte, wurde dabei besonders deutlich. Insbesondere die Beiträge mit empirischem Material boten vielfältige Anregungen. Als bedeutsam stellte sich zudem die generationale Ordnung als der strukturelle Rahmen für eine Konzeptualisierung der Akteurschaft von Kindern heraus, die allerdings auch in ihrem Zusammenwirken mit anderen strukturellen Dimensionen wie der sozialstrukturellen Ordnung untersucht werden muss. Dass Kinder und Kindheit immer in Relation zu Erwachsenen und Erwachsenheit gedacht werden müssen, war in allen Beiträgen angelegt. Inwiefern dies dazu führen wird, dass zukünftig Erwachsene und das Konzept der ‚adulthood‘ vermehrt in den Blick der KindheitsforscherInnen kommen werden, blieb offen. Man darf auf jeden Fall gespannt sein auf die weitere Auseinandersetzung mit dem Agency-Konzept in der Kindheitssoziologie und auf die internationale Publikation, die es ausgehend von den Diskussionen auf der Tagung geben soll.
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