Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft

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Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
Deutsche Umwelthilfe
Klagen für Saubere Luft

                                                                          Kiel

                                                              Oldenburg
                                                                                             Berlin
                                                                         Hannover
                                                                 Bielefeld
                                          Gelsenkirchen           Paderborn
                                        Oberhausen Bochum
                                               Essen      Dortmund                    Halle (Saale)
                                                          Hagen
                                         Düsseldorf Wuppertal
                                            Düren     Köln
                                         Aachen        Bonn
                                                             Limburg
                                                  Wiesbaden Frankfurt
                                                       Mainz     Offenbach
                                                      Darmstadt             Würzburg
                                                          Heilbronn               Nürnberg
                                                       Ludwigsburg   Marbach
                                                                                       Regensburg
                                                                      Backnang
                                                          Stuttgart Esslingen
                                                                                        Passau
                                                                    Reutlingen
                                                                                    München
                                                          Freiburg

Hintergrundpapier | Stand: 29.07.2019
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
2

                                             Inhaltsverzeichnis
                                             Einleitung......................................................................................................3
                                             Klagen – Übersicht......................................................................................9

                                             Aachen.........................................................................................................11
                                             Backnang.................................................................................................... 12
                                             Berlin........................................................................................................... 13
                                             Bielefeld...................................................................................................... 14
                                             Bochum....................................................................................................... 15
                                             Bonn............................................................................................................ 16
                                             Darmstadt................................................................................................... 17
                                             Dortmund.................................................................................................... 18
                                             Düren........................................................................................................... 19
                                             Düsseldorf..................................................................................................20
                                             Essen........................................................................................................... 21
                                             Esslingen....................................................................................................22
                                             Frankfurt am Main.....................................................................................23
                                             Freiburg......................................................................................................24
                                             Gelsenkirchen............................................................................................25
                                             Hagen..........................................................................................................26
                                             Halle (Saale)...............................................................................................27
                                             Hannover.....................................................................................................28
                                             Heilbronn....................................................................................................29
                                             Kiel...............................................................................................................30
                                             Köln............................................................................................................. 31
                                             Limburg.......................................................................................................32
                                             Ludwigsburg ..............................................................................................33
                                             Mainz...........................................................................................................34
                                             Marbach......................................................................................................35
                                             München.....................................................................................................36
                                             Nürnberg....................................................................................................38
                                             Oberhausen................................................................................................39
                                             Offenbach....................................................................................................40
                                             Oldenburg................................................................................................... 41
                                             Paderborn...................................................................................................42
                                             Passau.........................................................................................................43
                                             Regensburg................................................................................................44
                                             Reutlingen...................................................................................................45
                                             Stuttgart......................................................................................................46
                                             Wiesbaden..................................................................................................48
                                             Wuppertal...................................................................................................49
                                             Würzburg....................................................................................................50

    Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                                                                               Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
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Die Luft, die wir atmen, macht                                           im Jahresmittel. Dabei sind nach Einschätzung vieler medizinischer
krank                                                                    Expert*innen die Grenzwerte für Stickstoffdioxid zu schwach angesetzt5.
                                                                         Das Umweltbundesamt (UBA) hat mit einer im März 2018 veröffentlich-
Luftverschmutzung ist nach wie vor eins der größten Umweltprobleme       ten Studie verdeutlicht, dass im Jahr 2014 bereits bei Konzentrationen
unserer Zeit. Trotz europaweit geltender Gesetze und dem Recht auf       deutlich unterhalb des Grenzwertes etwa 6.000 vorzeitige Todesfälle
saubere Luft werden die Grenzwerte für gesundheitsschädliche Luft-       sowie 437.000 der Diabetes-Erkrankungen und 439.000 der Asthmae-
schadstoffe wie Stickstoffdioxid (NO2) oder Feinstaub (PM10 und PM2,5)   rkrankungen der NO2-Belastung der Atemluft zuzurechnen sind selbst
in vielen Städten und Ballungsräumen regelmäßig überschritten. Dies      wenn bei der Ermittlung die in der Regel hohen Werte der verkehrsnahen
belastet die Gesundheit der Bürger*innen und schadet unserer Umwelt      Stationen unbeachtet bleiben. Hauptursache für die hohe Belastung
und dem Klima.                                                           mit NO2 in Städten sind die Emissionen von Diesel-Fahrzeugen, insbe-
                                                                         sondere Pkw mit einem Anteil von durchschnittlich 72,5 Prozent6. Die
Der Air Quality Report 2018 der Europäischen Umweltagentur (EEA)1        EU-Kommission, aber auch Gerichte in Deutschland bekräftigen, dass
zeigt, dass im Jahr 2015 europaweit mehr als 420.000 vorzeitige To-      Maßnahmen wie Verkehrsbeschränkungen für Diesel-Fahrzeuge in
desfälle auf die Folgen der Feinstaubbelastung in der Luft zurückzu-     städtischen Gebieten einen wesentlichen Beitrag zur Problemlösung
führen sind. Hohe NO2-Konzentrationen sind für etwa 79.000 vorzeitige    leisten können. Für Feinstaub sind gesetzlich nicht mehr als 35 Über-
Todesfälle verantwortlich. Schlechte Luftqualität erhöht das Risiko      schreitungstage des Tagesgrenzwertes von 50 µg/m³ im Jahr erlaubt.
für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Krebs. Diese          Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist diese Belastung immer
gesundheitlichen Schäden verursachen volkswirtschaftliche Kosten         noch zu hoch, weil es keine Feinstaubkonzentration gibt, unterhalb derer
zwischen 330 und 940 Milliarden Euro – umgerechnet sind das drei bis     keine schädigende Wirkung zu erwarten ist. Die WHO empfiehlt, dass
neun Prozent des Bruttoinlandproduktes der EU2. Bis zu 95 Prozent der    der Tagesmittelwert von 50 µg/m³ an maximal einem Prozent der Tage
Bewohner*innen europäischer Städte sind Schadstoffkonzentrationen        des Jahres überschritten wird – also an 3 Tagen.
ausgesetzt, die ihrer Gesundheit erheblich schaden3. Hauptquellen sind
Industrie, Verkehr und private Kleinfeuerungsanlagen.
                                                                         Emissions-Kontrollen
Mit dem EU-geförderten Projekt Right to Clean Air (LIFE15 GIE/DE/795
LEGAL ACTIONS) setzt sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH) dafür ein,      Die anhaltende Überschreitung der NO2-Grenzwerte in vielen Städten
die Luftqualität in Europa signifikant zu verbessern, und damit Um-      ist wesentlich auf die hohen realen Stickoxid-(NOx)Emissionen von
welt und Gesundheit der Menschen zu schützen. Zusammen mit der           modernen Diesel-Pkw zurückzuführen. Seit Bekanntwerden des Ab-
tschechischen Organisation Frank Bold Society (FBS) treibt die DUH       gasskandales im September 2015 ist offenkundig, dass dies Fahrzeuge
Maßnahmen zur Luftreinhaltung voran und forciert dafür auch recht-       aller Hersteller betrifft.
liche Schritte auf europäischer und nationaler Ebene, unter anderem
Klagen für saubere Luft in ausgewählten deutschen Städten. In einigen
Verfahren werden wir von der internationalen Nichtregierungsorgani-
sation ClientEarth unterstützt.                                            Im September 2015 haben behördliche Ermittlungen in den USA
                                                                           den Abgasbetrug bei Volkswagen nachgewiesen. Der Versuch
                                                                           der Autokonzerne und der Politik, diesen Skandal als Fehlverhal-
Luftqualität in Deutschland                                                ten eines einzelnen Unternehmens darzustellen, begegnete die
                                                                           Deutsche Umwelthilfe mit eigenen Untersuchungen an Diesel-
Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur (EEA Air Quality Report        Pkw anderer Hersteller. Seit Oktober 2015 veröffentlichte die
2018) starben in Deutschland im Jahr 2015 13.100 Menschen vorzeitig        DUH eigene, alarmierende Abgasmessungen mit bis zu 25-fa-
aufgrund der Luftbelastung mit NO2 und 62.300 aufgrund der Feinstaub-      chen Überschreitungen der Grenzwerte. Anders als in den USA
belastung1. Die vorläufige Auswertung der Luftgüte-Messstationen4          gab es in Deutschland oder Europa keinerlei Anstrengungen, die
im Jahr 2018 zeigt, dass der NO2-Jahresmittelwert von 40 µg/m³ bun-        Einhaltung geltenden Rechts von den Herstellern einzufordern.
desweit an ca. 40 Prozent der verkehrsnahen Messstationen nicht
eingehalten wird. Trauriger Spitzenreiter ist die Station Am Neckartor
in Stuttgart. Der NO2-Jahresmittelwert betrug hier 71 µg/m³ – und        Bereits seit 2007 hatte die DUH Hinweise darauf, dass bei den offi-
damit fast 80 Prozent mehr als der zulässige Grenzwert von 40 µg/m³      ziellen Angaben der Hersteller zu ihren Autos nicht alles mit rech-
                                                                         ten Dingen zuging, den Behörden übermittelt. Das für eine Über-
1	EEA Report No. 12/2018 Air quality in Europa – 2018 report             wachung der Realemissionen zuständige Kraftfahrtbundesamt hat
2	Cost-benefit Analysis of Final Policy Scenarios for the EU Clean       erst nach langem Zögern eigene Messungen in Auftrag gegeben,
  Air Package, March 2014
3	EEA, 2017d Exceedance of air quality limit values in urban             5 https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemittei-
  areas, Indicator CSI 004, European Environment Agency.                   lung/schlechte-luft-macht-krank-einschlaegige-stellungnah-
4	Umweltbundesamt Luftqualität 2017 – Vorläufige Auswertung,               men-zur-debatte/
  Januar 2018                                                            6	Umweltbundesamt/ TREMOD 5.64/ HBEFA 3.3

Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air                                                           Klagen für Saubere Luft – Hintergrundpapier
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
4

    hält jedoch die Ergebnisse dieser Messungen zurück. Daher misst               Luftreinhaltepläne
    die DUH selbst die Emissionen von Pkw nach. Seit Oktober 2015 hat             und Emissionsfaktoren
    die DUH mit dem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) 114 Pkw der Ab-
    gasnorm Euro 6 und Euro 5 unter Realbedingungen auf der Straße                Derzeit geltende Luftreinhaltepläne beruhen zum Teil auf veralteten und
    gemessen. Darunter sind Fahrzeuge mit Diesel, Benzin und Benzin-              zu niedrig eingeschätzten Emissionswerten des Handbuchs für Emissi-
    hybridantrieb. Nur wenige der bisher getesteten Fahrzeuge halten den          onsfaktoren (HBEFA) in der Version 3.2, herausgegeben vom Umwelt-
    Grenzwert auch auf der Straße ein (Übersicht der Messergebnisse:              bundesamt. In der aktualisierten Version 3.3., erschienen im April 2017,
    www.duh.de/eki_messungen/). Messungen bei überwiegend sommerli-               erhöhen sich die Emissionsfaktoren aller Euro 4, 5 und 6 Diesel-Pkw. Bei
    chen Temperaturen zeigten im Durchschnitt niedrigere Emissionen als           den Euro 4 und 5 Fahrzeugen ist je nach Auswahl der Verkehrssituation
    im Winter, weil bei vielen Fahrzeugen eine ordnungsgemäße Abgasrei-           mit einer Erhöhung der Faktoren von bis zu 35 Prozent gegenüber der
    nigung bereits bei Temperaturen unter +19 Grad Celsius deaktiviert wird.      Vorgängerversion zu rechnen, bei Euro 6 Pkw sogar mit einer Verdopp-
    Die höchsten NOx-Emissionen der Abgasstufe Euro 6 wurden bislang              lung7. Die Prognosen zur Grenzwerteinhaltung in den Luftreinhalteplänen
    an einem Diesel Opel Zafira Tourer 1.6 CDTi festgestellt. Dieses Modell       müssen also deutlich korrigiert und die erforderlichen Maßnahmen
    zeigt im Durchschnitt 1.474 mg NOx/km. Der auf dem Prüfstand geltende         entsprechend erweitert werden. Schon bei Berücksichtigung der alten
    Zulassungs-Grenzwert liegt bei 80 mg/km.                                      Emissionsfaktoren kann ohne zusätzliche Maßnahmen in vielen Gebie-
                                                                                  ten nicht von einer Einhaltung der Grenzwerte vor dem Jahr 2021 (wie
    Durch die Abgas-Messungen will die DUH darauf aufmerksam machen,              in Stuttgart) oder 2030 (wie in München) ausgegangen werden. Nach
    dass mehr und vor allem bessere Kontrollen der Abgasreinigung bei             Aktualisierung der Prognosen wird sich schnell zeigen, dass die meisten
    Fahrzeugen dringend notwendig sind, um die Einhaltung der geltenden           Pläne auch weiterhin den Bürger*innen keinen ausreichenden Schutz
    Abgasnormen auf der Straße sicherzustellen. Die DUH veröffentlicht            vor den gesundheitsschädlichen Luftschadstoffen gewähren und somit
    ihre Messungen, informiert die Verbraucher und zeigt mit den extrem           nicht nur gegen die EU-Luftreinhalterichtlinie (2008/50/EG) bzw. ihre
    überhöhten NOx-Emissionen, warum immer noch ein großer Teil der               nationale Umsetzung, sondern auch gegen Artikel 2 Absatz 2 des Grund­
    verkehrsnahen Luftgütemessstellen Überschreitungen der seit 2010              gesetzes (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) verstoßen.
    geltenden Grenzwerte zeigen. Die Messungen weisen aber auch darauf
    hin, dass es möglich ist, „saubere“ Diesel zu produzieren, die auf der
    Straße die Grenzwerte einhalten.
                                                                                  „Wir brauchen ein klares Bekenntnis der Politik,

    Rechtliche Grundlagen                                                         dass sie Ihrer Verantwortung gegenüber den Bür­ge­­
    und Erfolge                                                                   rinnen und Bürgern nachkommt und dass sie durch
    Die rechtliche Grundlage für Klagen auf saubere Luft bilden die Richt-
                                                                                  das Grundgesetz geschützte Recht auf körperliche
    linie 96/62/EG zur Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität vom 27.
    September 1996 und die Richtlinie 2008/50/EG über Luftqualität und            Unversehrtheit nicht weiter mit Füßen tritt. Solange
    saubere Luft für Europa, die am 21. Mai 2008 in Kraft trat. Die Richtlinien
    legen Grenzwerte für die Schadstoffkonzentration in der Außenluft fest.       die Luftschadstoffwerte nicht so schnell wie möglich
    Mit der 39.Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) werden die
    festgelegten Grenzwerte im deutschen Recht verankert. Werden Luftqua-         eingehalten werden, werden wir weiter klagen.“
    litätsgrenzwerte überschritten, sind Städte und Kommunen verpflichtet,
                                                                                  Jürgen Resch – Bundesgeschäftsführer der DUH
    Aktions- bzw. Luftreinhaltepläne zu erstellen. Diese müssen sicher-
    stellen, dass der Zeitraum der Überschreitung so kurz wie möglich ist.

    Zum Schutz der Gesundheit, der Natur und des Klimas müssen Bund               Europäischer Gerichtshof bestä-
    und Länder eine schnelle Grenzwerteinhaltung durch die Umsetzung              tigt das Recht auf saubere Luft
    wirksamer Maßnahmen sicherstellen. Wo dies nicht geschieht, nutzen
    DUH und andere Organisationen, wie die internationale Nichtregie-             Weil infolge fehlender Maßnahmen oder mangelhafter Durchsetzung
    rungsorganisation ClientEarth und die Frank Bold Society (FBS) das            dieser dennoch Grenzwertüberschreitungen auftreten, unterstützte
    nationale Rechtssystem, um die Versäumnisse der Mitgliedstaaten               die DUH in der Vergangenheit Musterklagen betroffener Bürger*innen.
    zu beheben und das Recht auf saubere Luft juristisch durchzusetzen.           Die Klage eines Anwohners der hochbelasteten Landshuter Allee in
                                                                                  München ging durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof
                                                                                  (EuGH), der am 25. Juli 2008 das einklagbare Recht auf saubere Luft
                                                                                  bestätigte (Aktenzeichen M 1 K 12.1046, Janecek-Fall).

                                                                                  7 http://www.umweltbundesamt.at/en/hbefa/

    Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                                   Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
5

Deutsche Umwelthilfe                                                            27. Februar 2018, dass Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge
erstreitet Klagebefugnis für                                                    – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – bereits
                                                                                heute möglich sind.
Umweltverbände

Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) Leipzig vom              Klagen für saubere Luft
5. September 2013 (Aktenzeichen 4 K 165/12.WI(1)) im Verfahren der
DUH gegen das Land Hessen wegen Überschreitung der Luftqualitäts-               In Zusammenarbeit mit der internationalen NGO ClientEarth reichte
grenzwerte in Darmstadt wurde die Klagebefugnis für Umweltverbände              die DUH im November 2015 weitere Klagen gegen mehrere Landesbe-
wesentlich gestärkt. Dank dieser Entscheidung können klageberechtigte           hörden wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte für NO2 ein.
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen stellvertretend für be-             Betroffen sind die Städte Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf, Essen, Gel-
troffene Bürger*innen die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte im             senkirchen, Aachen, Köln und Bonn. Hier sind Bürger*innen seit Jahren
gesamten Stadtgebiet juristisch erstreiten.                                     zu hoher Luftverschmutzung ausgesetzt. Wegen Überschreitung der
                                                                                NO2-Grenzwerte an allen verkehrsnahen Luftgüte-Messstationen in
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden (Aktenzeichen 4 K 757/11.WI, 4 K               Berlin hat die DUH im Juni 2016 auch hier rechtliche Schritte eingelei-
165/12.WI(1)) erklärte mit Urteil vom 30. Juni 2015, dass finanzielle oder      tet. Im Oktober 2016 hat die DUH das Verfahren gegen die Landeshaupt-
wirtschaftliche Aspekte nicht gelten, um von Maßnahmen zur Einhal-              stadt Mainz wegen anhaltender Überschreitung der NO2-Grenzwerte
tung der Immissionsgrenzwerte abzusehen. Luftreinhaltepläne müssen              wiederaufgenommen. Nach und nach kamen weitere Klagen in
demnach alle Maßnahmen enthalten, die geeignet sind, die Grenzwerte             Städten dazu, in denen einerseits deutliche Überschreitungen der
so schnell wie möglich einzuhalten.                                             zulässigen Belastung herrschten und andererseits keine wirksa-
                                                                                men Luftreinhaltepläne verabschiedet wurden, um die Belastung so
                                                                                schnell wie möglich zu reduzieren. Eine Übersicht über alle Klagen
RechtmäSSigkeit von                                                             der DUH zur Umsetzung effektiver Luftreinhaltemaßnahmen finden
Verkehrs­beschränkungen                                                         Sie in der Tabelle auf den Seiten 9 und 10.

für Diesel-Fahrzeuge                                                            Zusätzlich leitete die DUH Vollstreckungsmaßnahmen in München,
                                                                                Darmstadt, Reutlingen, Stuttgart, Düsseldorf, Wiesbaden und Lim-
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (3 K 7695/15) urteilte am 13. Septem-         burg ein. In diesen Städten gibt es zum Teil seit Jahren rechtskräf-
ber 2016, dass zur schnellstmöglichen Grenzwerteinhaltung Verkehrs-             tige Urteile, die die zuständigen Behörden verpflichten, bestehende
beschränkungen für bestimmte Dieselfahrzeuge rechtlich möglich und              Luftreinhaltepläne fortzuschreiben und Maßnahmen zu verankern,
nicht ausgeschlossen seien. Das Verwaltungsgericht Stuttgart (13 K              die so schnell wie möglich zur Einhaltung der Grenzwerte für NO2
5412/15) ging mit Urteil vom 26. Juli 2017 noch einen Schritt weiter und        führen. Dank dieser Gerichtsentscheidungen wurden bereits erste
wies das Land Baden-Württemberg an, ein ganzjähriges Verkehrsverbot             Maßnahmenpläne beschlossen, die die Einhaltung der Grenzwerte
für Dieselfahrzeuge in Betracht zu ziehen. In einem Grundsatzurteil             zeitnah sicherstellen. Dabei kommen die meisten Pläne auch um Ver-
erklärte das BVerwG Leipzig (BVerwG 7 C 30.17, BVerwG 7 C 26.16) am             kehrsbeschränkungen für Diesel-Fahrzeuge nicht herum. So gilt in
                                                                                Stuttgart seit dem 1. Januar 2019 eine zonale Beschränkung für Diesel-
                                                                                Fahrzeuge unterhalb der Euronorm 5/V im gesamten Stadtgebiet. Auch
                                                                                in Berlin, Mainz und Darmstadt sind Verkehrsbeschränkungen für
                                                                                besonders hoch-emittierende Diesel-Fahrzeuge in Vorbereitung. In
                                                                                Wiesbaden konnte durch ein ehrgeiziges Maßnahmenpaket zur Redu-
                                                                                zierung des motorisierten Individualverkehrs und zur Förderung von
                                                                                ÖPNV und Radverkehr auf Fahrbeschränkungen verzichtet werden.

                                                                                Weitere Klagen für saubere Luft
                                                                                Auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehen sich
                                                                                Umweltverbände dazu gezwungen, die Einhaltung von Luftqualitäts-
                                                                                werten rechtlich durchzusetzen. So klagt ClientEarth bereits seit dem
                                                                                Jahr 2011 gegen das Vereinigte Königreich wegen Nichteinhaltung der
                                                                                NO2-Grenzwerte in 16 britischen Städten und Regionen. Mit Urteil vom
                                                                                19. November 2014 entschied der EuGH (C-404/13), dass die nationalen
In vielen Städten Deutschlands bestätigen Luftmessstationen seit Jahren, dass   Gerichte verpflichtet sind, gegenüber den zuständigen Behörden jede
die Schadstoff-Grenzwerte überschritten werden. Damit die Menschen vor Ort      erforderliche Maßnahme zu erlassen, wenn Luftqualitätsgrenzwerte
endlich gesund leben können, klagt die DUH gegen diese „schmutzigen Städte“.    überschritten werden.

Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air                                                                  Klagen für Saubere Luft – Hintergrundpapier
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
6

    Weil die Pläne für mehr als 45 Kommunen in England und Wales
    trotz mehrerer Gerichtsurteile immer noch nicht ausreichten, um die               Acht-Punkte-Sofortprogramm
    Grenzwerte schnellstmöglich einzuhalten, hat ClientEarth erneut Klage                   für saubere Luft
    eingereicht. Aufgrund dieser Bemühungen wurde unter anderem die
    Umweltzone in London Anfang April 2019 verschärft, so dass in die neue
                                                                                1. Verbindliche Zusage der Autokonzerne, nur noch Diesel-
    Ultra Low Emission Zone keine Diesel-Fahrzeuge älter als Euro 6 und
                                                                                   Neuwagen zu verkaufen, die den Euro 6-Grenzwert für NOx
    keine Benzin-Pkw älter als Euro 4 mehr einfahren dürfen.
                                                                                   von 80 mg/km auf der Straße einhalten (gemäß RDE-Abgas-
                                                                                   messung und dies bei Temperaturen bis -15 Grad Celsius).
    2015 reichten fünf von Grenzwertüberschreitungen betroffene Bür-
    gerinnen und Bürger mit Unterstützung durch ClientEarth gegen die
    Hauptstadtregion Brüssel Klage ein. Laut Interimsurteil des Gerichts        2. Verstärkung des Angebots sauberer und effizienter
    erster Instanz Brüssel haben Umweltorganisationen, Bürgerinnen und             Antriebstechnologien bei Neufahrzeugen noch im Jahr
    Bürger das Recht, die Aufnahme adäquater Maßnahmen in den Luftrein-            2019 (Erdgas-, effiziente Benzin-Hybrid- und Elektroantriebe).
    halteplan einzufordern. Im Verfahren reichte das Gericht ein Voraben-
    tscheidungsersuchen beim Europäischen Gerichtshof ein (C-723/17).           3. Verpflichtender Rückruf sämtlicher Euro 5 + 6 Diesel-Fahr-
                                                                                   zeuge zur Hardware-Nachrüstung mit Harnstoff-betriebener
    Der EuGH hat mit seinem Urteil vom 26. Juni 2019 klargestellt, dass            SCR Abgasreinigungsanlage. Sicherstellung der Einhaltung
    einzelne Bürgerinnen und Bürger nationale Gerichte zur Durchset-               des Euro 6-Grenzwerts für NOx von 80 mg/km auf der Straße
    zung der europäischen Luftqualitätsrichtlinie anrufen können. Die-             (RDE) bis -15 Grad Celsius. Falls Hersteller technische Nach-
    se Richtlinie ist laut Urteil strikt umzusetzen, wobei die Werte der           rüstung verweigert, Rückkauf des Schmutz-Diesel-Pkws.
    Stickstoffdioxidbelastung nicht gemittelt werden dürfen, sondern der
    rechtliche Grenzwert von 40 µg NO2/m3 an jeder einzelnen Messstation
                                                                                4. Nachrüstprogramm für alle Euro 5/V + 6/VI leichte
    einzuhalten ist. Ebenso müssen laut Urteil die nationalen Gerichte die
                                                                                   Nutzfahrzeuge (Liefer- und Handwerkerfahrzeuge) auf
    Einhaltung der Aufstellungskriterien von Messstationen überprüfen
                                                                                   aktuelle Euro 6/VI SCR-Technologie.
    können und befugt sein gegenüber den Behörden alle erforderlichen
    Maßnahmen zu treffen um sicherzustellen, dass die Messstationen
    rechtskonform eingerichtet werden. Dabei hebt der EuGH insbesondere         5. Sonderinfrastrukturprogramm für einen „Sauberen
    die Verpflichtung hervor, die Messung an der am stärksten belasteten           ÖPNV“: Verpflichtung und Ertüchtigung der Kommunen,
    Stelle durchzuführen. Damit stärkt der EuGH die Rolle der nationalen           dass bis spätestens 1. Juli 2019 alle ÖPNV-Busse entweder
    Gerichte und bestätigt deren Aufgabe, die praktische Wirksamkeit der           über SCR-Katalysator und Partikelfilter verfügen und die
    europäischen Luftqualitätsrichtlinie – auch durch die Anordnung der            Euro 6 Abgaswerte einhalten oder durch Neufahrzeuge mit
    dafür notwendigen Maßnahmen – zu gewährleisten.8                               Erdgas- oder Elektroantrieb ersetzt werden. Ausbau des An-
                                                                                   gebots an Nahverkehrsleistungen, wie Streckenausweitung,
    2017 reichte ClientEarth zusammen mit der Organisation Cittadini Per           Taktverdichtung und Ausdehnung der Betriebszeiten.
    l’Aria eine Klage gegen die Behörden der Lombardei in Italien auf
    Fortschreibung eines Luftreinhalteplans ein, woraufhin sich die Regi-       6. Einführung einer verbraucherfreundlichen Musterfeststel­
    onalregierung bereit erklärte einen neuen Plan zu erstellen. Die Klage         lungsklage ins deutsche Recht, die dem Verbraucher verbes-
    wurde daraufhin zurückgezogen. Im August 2018 wurde der neue Plan              serte Rechte gegenüber betrügerischen Unternehmen gibt.
    veröffentlicht, der nach Ansicht von ClientEarth und Cittadini Per l’Aria
    nach wie vor unzureichend ist. Zum einen wurde auf eine strategische
                                                                                7. Transparenzzusage der Industrie: Verpflichtung zur Ver-
    Umweltprüfung im Vorfeld der Planerstellung verzichtet. Zum anderen
                                                                                   öffentlichung der RDE-Messwerte aller Fahrzeugmodelle für
    werden die Grenzwerte für PM10 laut Plan erst 2025 eingehalten werden
                                                                                   CO2 und NOx (für den Temperaturbereich -15 Grad Celsius bis
    können. Eine rechtlich vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung blieb aus.
                                                                                   +35 Grad Celsius) und des fahrzeugspezifischen Temperatur-
    In Anbetracht der unzureichenden Planaufstellung, reichten Cittadini
                                                                                   bereichs mit von der Software gesteuerter, ordnungsgemäßer
    Per L’Aria und ClientEarth erneut Klage ein.
                                                                                   Abgasreinigung.

    In Budapest wurde Ende 2018 eine Klage gegen die anhaltende Über-
    schreitung des Jahresmittelwertes für NO2 und PM10 eingereicht.             8. Transparenz der Behörden durch Offenlegung aller
    Diese Klage wurde durch die Clean Air Action Group am Arbeits- und             CO2- und emissionsbezogener Daten durch das Kraftfahrt-
    Verwaltungsgericht der Hauptstadt Budapest erhoben, um die Erstel-             Bundesamt: Die Automobilindustrie stimmt der Veröffentli-
                                                                                   chung aller für die Nachprüfung von CO2- und Abgaswerten
    8	Urteil des Europäischen Gerichtshofs (erste Kammer) vom                      notwendigen Fahrzeugdaten sowie der gefundenen illegalen
      26.06.2019: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf               sowie der für „legal“ erklärten Abschalteinrichtungen aus-
      ?text=&docid=215512&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&di                       drücklich zu.
      r=&occ=first&part=1).

    Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                             Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
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                                                                                                                  Die schnellste Maßnahme zur
                                                                                                                  Einhaltung der Luftqualitätsgrenz-
                                                                                                                  werte sind Diesel-Fahrverbot in den
                                                                                                                  betroffenen Städten.

lung eines Luftreinhalteplans mit konkreten Maßnahmen und deren             Verkehrsbeschränkungen
schnellstmöglicher Umsetzung durch die Budapester Behörden zu
erwirken. Auch diese Klage wird von ClientEarth unterstützt.                Zentrale Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung der Luftqua-
                                                                            litätsgrenzwerte sind Verkehrsbeschränkungen für Diesel-Fahrzeuge
                                                                            in allen betroffenen Städten. Mit mehr als 70 Prozent verursachen
Vertragsverletzungsverfahren                                                Diesel-Pkw den höchsten Beitrag an NOx-Emissionen im Stadtver-
                                                                            kehr9. Moderne Euro 6 Diesel-Pkw emittieren 30-mal mehr NOx im
Neben den Verfahren betroffener Bürger*innen und NGOs setzt auch            realen Fahrbetrieb als Euro 6 Benzin-Pkw. Deshalb müssen Verkehrs-
die EU-Kommission geltendes Recht auf juristischem Weg durch. Allein        beschränkungen für alle Diesel-Fahrzeuge gelten, die den Euro 6
wegen zu hoher Feinstaubbelastung erhielten 16 Mitgliedstaaten bereits      Grenzwert nachgewiesenermaßen auf der Straße nicht einhalten. Nur
Mahnschreiben. Gegen zwei Mitgliedstaaten – Bulgarien und Polen –           Fahrzeuge, die nachweislich die Grenzwerte ganzjährig auch im Realbe-
hatte die Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)          trieb auf der Straße einhalten, sollen nach Auffassung der DUH zukünftig
eingereicht. Am 5. April 2017 verurteilte dieser die Regierung Bulgariens   die Innenstädte befahren dürfen. Reine Software-Veränderungen bei
(C-488/15) wegen – systematischer und andauernder Überschreitung            Euro 5 und 6 Diesel-Fahrzeugen, wie sie Politik und Autoindustrie beim
– der Feinstaubgrenzwerte und am 22. Februar 2018 die Regierung             Nationalen Forum Diesel am 2. August 2017 beschlossen haben, sind
Polens (C-336/16) aufgrund fehlender Umsetzung von Luftreinhaltemaß-        nach Ansicht der DUH, des Umweltbundesamtes sowie des Verwal-
nahmen. Beide Mitgliedstaaten müssen nun neue Luftreinhaltepläne            tungsgerichts Stuttgart (13 K 5412/15) ungeeignet, um eine ausreichende
vorlegen, die die Einhaltung der geltenden Grenzwerte sicherstellen.        Absenkung der viel zu hohen Belastung der Luft mit NO2 in unseren
Andernfalls kommen auf die Länder erneut/neue Verfahren durch die           Städten sicherzustellen. Dabei ist es technisch möglich, Euro 5+6 Diesel-
EU-Kommission zu, an dessen Ende empfindlich hohe Strafzahlungen            Fahrzeuge durch den Austausch der Abgasreinigungsanlage so sauber
stehen könnten.                                                             zu machen, dass diese Fahrzeuge in die Innenstädte einfahren könnten.
                                                                            Die Kosten für diese Hardware-Lösung belaufen sich auf 1.400 bis 3.300
Gegen Deutschland und acht weitere Mitgliedstaaten (Vereinigtes Kö-         Euro, die nach Ansicht der DUH vollständig vom Hersteller aufgebracht
nigreich, Rumänien, Tschechien, Italien, Frankreich, Ungarn, Slowakei       werden müssten. Ende 2018 hat das Bundesverkehrsministerium nach
und Spanien) laufen ebenfalls Vertragsverletzungsverfahren wegen            langjähriger Verzögerungstaktik endlich die technischen Vorschriften
Nichteinhaltung der NO2-Grenzwerte. Zu Beginn des Jahres 2018 hatte         für die Hardware-Nachrüstung bei Pkw veröffentlicht. Nach der Ent-
die Bundesregierung mit der Benennung weiterer Maßnahmen ver-               scheidung des BVerwG sind Verkehrsbeschränkungen für Fahrzeuge
sucht, den nächsten Schritt des Verfahrens, den Gang vor den EuGH,          der Eurostufe 5 ab September 2019 möglich. Fahrzeuge der Eurostufe
zu verzögern. Da die vorgetragenen Maßnahmen jedoch nicht geeignet          4 und älter können also schon vorher durch Fahrverbote aus den hoch
sind, die Überschreitungsdauer so kurz wie möglich zu halten, hat die       belasteten Bereichen ausgeschlossen werden. Fahrzeuge, die mit einer
EU-Kommission Deutschland wegen anhaltender Überschreitung der              funktionierenden Abgasreinigungsanlage nachgerüstet wurden, sollten
Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid verklagt. Im Falle einer       selbstverständlich von Verkehrsbeschränkungen ausgenommen sein.
Verurteilung drohen Deutschland Strafzahlungen in Milliardenhöhe.
Auch gegen Frankreich, Ungarn, Italien, Rumänien und das Vereinigte
Königreich wurden im Mai 2018 Klagen vor dem EuGH eingereicht.              9	Umweltbundesamt / TREMOD 5.64 / HBEFA 3.3

Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air                                                               Klagen für Saubere Luft – Hintergrundpapier
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
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                                           Weitere MaSSnahmen zur Luftreinhaltung
                        In Verantwortung des Bundes                               In Verantwortung der Kommunen / der Länder

                                                              Verkehrsmaßnahmen

      ½½ Beendigung der Subvention von Dieselkraftstoff durch eine          ½½ Verkehrsbeschränkungen für Diesel-Kraftfahrzeuge (Presse-
           Anpassung der Energiesteuersätze aller Kraftstoffe nach               mitteilung zum Urteil vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf
           Kohlenstoffgehalt                                                     am 13. September 2016: http://l.duh.de/pm130916)
      ½½   Weiterentwicklung der Umweltzonenregelungen und Ein-             ½½   Nachrüstung aller Busse im Nahverkehr mit im Realbetrieb
           führung einer Blauen Plakette zur Kennzeichnung von                   funktionierenden Partikel- und NOx-Minderungssystemen
           Fahrzeugen, die den NOx Grenzwert der Euro 6 Norm Diesel              (SCRT)
           im realen Betrieb einhalten (Hintergrundpapier Blaue Plakette:   ½½   Keine Ausnahmegenehmigungen für Busse ohne wirksame
           http://l.duh.de/hgpblpl)                                              Abgasreinigung in Umweltzonen
      ½½   Nachrüstprogramm für alle Euro 5 und 6 Pkw und leichte Nutz-     ½½   Umstellung der Taxiflotte auf Umwelttaxis mit Gas-, Benzin-
           fahrzeuge (Liefer- und Handwerkerfahrzeuge) auf aktuelle Euro         Hybrid- oder Elektroantrieb
           6/VI SCR-Technologie auf Kosten der Hersteller.                  ½½   Umstellung der städtischen Fuhrparke auf emissionsarme
      ½½   Einführung eines Sonderinvestitionsprogramms für Ausbau und           Fahrzeuge
           100 Prozent elektrischer Verkehr auf der Schiene bis 2030        ½½   Einführung eines Bürgertickets zur Steigerung der Nachfrage
      ½½   Nachrüstprogramm für einen „Sauberen ÖPNV“: Verpflichtung             des ÖPNV
           und Ertüchtigung der Kommunen, dass zeitnah alle ÖPNV-Bus-       ½½   Einführung einer City-Maut (Staffelung nach Emissionsverhal-
           se entweder über SCR-Katalysator und Partikelfilter verfügen          ten), um den motorisierten Individualverkehr zu beschränken
           und die Euro VI-Abgaswerte einhalten oder durch Neufahrzeuge          (Rechtsgutachten City-Maut: http://l.duh.de/rgacitymaut)
           Euro VI mit wirksamer Abgasreinigung oder z.B. Erdgasantrieb     ½½   Tempolimit 30 km/h in hochbelasteten Straßen bei gleichzeiti-
           ersetzt werden.                                                       ger Beibehaltung oder Verbesserung des Verkehrsflusses
      ½½   Mehr Kapazitäten und effektive Strukturen für Marktüberwa-            (www.umweltbundesamt.de/publikationen/wirkungen-von-
           chung mit Emissionsmessungen von Fahrzeugen im Realbe-                tempo-30-an-hauptverkehrsstrassen)
           trieb                                                            ½½   Änderung der Ausschreibungskriterien für einen verbindlichen
                                                                                 Einsatz von Baumaschinen und Diesellokomotiven mit Partikel-
                                                                                 filtern in Städten
                                                                            ½½   Bewirtschaftung und Reduzierung der Parkraummöglichkeiten,
                                                                                 in Verbindung mit einem Ausbau von Park&Ride Plätzen
                                                                            ½½   Einrichtung von Pförtnerampeln, um die Verkehrsmenge an
                                                                                 hochbelasteten Straßen zu regulieren
                                                                            ½½   Ausbau eines flächendeckenden Radverkehrsnetzes im gesam-
                                                                                 ten Stadtgebiet

                                                                  Holzfeuerung

      ½½ Strengere Emissionsgrenzwerte und realitätsnäheres Messver-        ½½ Strengere Anforderungen an Kleinfeuerungsanlagen in belas-
         fahren für Öfen und Heizkessel auf europäischer Ebene voran-          teten Gebieten (auf Grundlage von Landesimmissionsschutz-
         treiben. Verminderung der Messtoleranzen bei wiederkehren-            gesetzen, Ländervorordnungen nach § 47 bzw. 49 BImSchG
         den Messungen für Heizkessel.                                         oder Bebauungsplänen): Verpflichtender Einsatz wirksamer
      ½½ Staatliche Rahmenbedingungen für die energetische Sanierung           Emissionsminderungstechnik bei Holzöfen und -kesseln bis hin
         von Gebäuden und erneuerbarer Wärme verbessern. Zuschuss              zu Nutzungsverboten für bestimmte Anlagentypen.
         für Holzfeuerungsanlangen an Einsatz von wirksamer Emissi-         ½½ Verkürzung der in der 1. BImSchV vorgesehenen Übergangsfris-
         onsminderungstechnik koppeln.                                         ten für alte Feuerungsanlagen.
      ½½ Etablierung von ambitionierten Umweltzeichen für Öfen und          ½½ Informationskampagnen zur richtigen Nutzung von Öfen. Unter-
         Heizkessel.                                                           stützung von Bürger*innen, die von Rauch und Geruch betroffen
                                                                               sind: Bekämpfung von Brennstoffmissbrauch und Durchset-
                                                                               zung von geltendem Recht mit effektiven Kontrollmaßnahmen
                                                                               und Sanktionen.

    Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                            Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
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          Klagen wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte – Übersicht
                    aktueller                                                                Überschreitung
 Stadt                                 Beklagte/-r                         Gericht                          Entscheidung vom
                    Stand                                                                    NO2 (40 μg/m³)
                    Berufungs-                                             OVG Nordrhein-       55 µg/m³     VG Aachen 21.06.2018 (6 K
 Aachen                                Bezirksregierung Köln
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)      2211/15)
                    Verwaltungs-                                           VGH Baden-           49 µg/m³
 Backnang                        Regierungspräsidium Stuttgart
                    verfahren                                              Württemberg           (2018)
                                  Land Berlin
                                                                                                49 µg/m³     VG Berlin 09.10.2018 (VG 10 K
 Berlin             rechtskräftig Senatsverwaltung für Umwelt,             VG Berlin
                                                                                                 (2018)      207.16)
                                  Verkehr und Klimaschutz

                    Verwaltungs-                                           OVG Nordrhein-       42 µg/m³
 Bielefeld                       Bezirksregierung Detmold
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)

                    Verwaltungs-                                           OVG Nordrhein-      49 µg/m³
 Bochum                          Bezirksregierung Arnsberg
                    verfahren                                              Westfalen            (2018)

                    Berufungs-                                             OVG Nordrhein-       50 µg/m³     VG Köln 08.11.2018 (13 K
 Bonn                                  Bezirksregierung Köln
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)      6682/1)

                                                                                                             BVerwG Leipzig
                    Außerge-                                                                                 05.10.2013 (7 C 21.12
                                                                                                72 µg/m³
 Darmstadt          richtliche         Hessisches Ministerium für Umwelt   VG Wiesbaden                      VG 4 K 165/12.WI(1))
                                                                                                 (2017)*
                    Einigung                                                                                 Außergerichtlicher Vergleich
                                                                                                             19.12.2018 (4 K 1755/15.WI)
                    Verwaltungs-                                           OVG Nordrhein-       51 µg/m³
 Dortmund                        Bezirksregierung Arnsberg
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)
                    Verwaltungs-                                           OVG Nordrhein-       57 µg/m³
 Düren                           Bezirksregierung Köln
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)
                                                                                                             VG Düsseldorf
                    Verwaltungs-                                           OVG Nordrhein-       56 µg/m³     13.09.2016 (3 K 7695/15)
 Düsseldorf                      Bezirksregierung Düsseldorf
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)      BVerwG Leipzig
                                                                                                             22.02.2018 (BVerwG 7 C 26.16)
                    Berufungs-                                             OVG Nordrhein-       48 µg/m³     VG Gelsenkirchen 15.11.2018
 Essen                                 Bezirksregierung Düsseldorf
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)      (8 K 5068/15)
                    Verwaltungs-                                           VGH Baden-           45 µg/m³
 Esslingen                       Regierungspräsidium Stuttgart
                    verfahren                                              Württemberg           (2018)
                    Berufungs-                                                                  46 µg/m³     VG Wiesbaden 06.09.2018 (4
 Frankfurt                             Hessisches Ministerium für Umwelt   Hessischer VGH
                    verfahren                                                                    (2018)      K 1613/15.WI)

                    Verwaltungs-                                           VGH Baden-          50 µg/m³
 Freiburg                        Regierungspräsidium Freiburg
                    verfahren                                              Württemberg          (2018)

                    Berufungs-                                             OVG Nordrhein-       46 µg/m³     VG Gelsenkirchen 15.11.2018
 Gelsenkirchen                         Bezirksregierung Münster
                    verfahren                                              Westfalen             (2018)      (8 K 5254/15)

                    Verwaltungs-                                           OVG Nordrhein-      50 µg/m³
 Hagen                           Bezirksregierung Arnsberg
                    verfahren                                              Westfalen            (2018)
                    Verwaltungs- Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft    OVG Sachsen-        40 µg/m³
 Halle (Saale)
                    verfahren    und Energie Sachsen-Anhalt                Anhalt               (2018)
                    Verwaltungs-                                           Niedersächsi-       48 µg/m³
 Hannover                        Stadt Hannover
                    verfahren                                              sches OVG            (2017)*
                    Verwaltungs-                                           VGH Baden-           52 µg/m³
 Heilbronn                       Regierungspräsidium Stuttgart
                    verfahren                                              Württemberg           (2018)

                    Verwaltungs- Ministerium für Energiewende, Landwirt- Schleswig-Hol-        60 µg/m³
 Kiel
                    verfahren    schaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung steinisches OVG      (2018)

Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air                                                       Klagen für Saubere Luft – Hintergrundpapier
Deutsche Umwelthilfe Klagen für Saubere Luft
10

              Klagen wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte – Übersicht
                          aktueller                                                                                Überschreitung
      Stadt                                  Beklagte/-r                                         Gericht                          Entscheidung vom
                          Stand                                                                                    NO2 (40 μg/m³)
                          Berufungs-                                                             OVG Nordrhein-       59 µg/m³       VG Köln 08.11.2018 (13 K
      Köln                             Bezirksregierung Köln
                          verfahren                                                              Westfalen             (2018)        6684/15)
                          Voll-
                          streckungs- Hessisches Ministerium für Umwelt                                               58 µg/m³       VG Wiesbaden
      Limburg                                                                                    Hessischer VGH
                                                                                                                       (2017)*       30.06.2015 (4 K 97/15.WI(2))
                          verfahren10
                          Verwaltungs-                                                           VGH Baden-           51 µg/m³
      Ludwigsburg                      Regierungspräsidium Stuttgart
                          verfahren                                                              Württemberg            (2018)
                                                                                                                      47 µg/m³       VG Mainz 24.10.2018 (3 K
      Mainz               rechtskräftig Landeshauptstadt Mainz                                   VG Mainz
                                                                                                                        (2018)       988/16.MZ)
                          Verwaltungs-                                                           VGH Baden-           55 µg/m³
      Marbach                          Regierungspräsidium Stuttgart
                          verfahren-                                                             Württemberg           (2016)**
                                                                                                                                     EuGH
                                                                                                                                     25.07.2008 (M 1 K 12.1046)
                                                                                                                                     VG München
                          Voll-                                                                                                      09.10.2012 (22 BV 12.2450)
                          streckungs-                                                                                 66 µg/m³       VG München Beschluss
      München                                Bay. Staatsministerium für Umwelt                   Bayerischer VGH
                                                                                                                       (2018)        29.06.2016 (M 1 V 15.5203)
                          verfahren10                                                                                                BayVGH Beschluss
                                                                                                                                     16.02.2017 (22 C 16.1427)
                                                                                                                                     Zwangsgeldfestsetzung
                                                                                                                                     (M 19 X 17.3931)
                          Verwaltungs-                                                           Bayerischer
      Nürnberg                               Regierung von Mittelfranken                                        46 µg/m³ (2018)
                          verfahren                                                              VGH
                          Verwaltungs-                                                           OVG Nordrhein-
      Oberhausen                             Bezirksregierung Düsseldorf                                        47 µg/m³ (2018)
                          verfahren                                                              Westfalen
                          Verwaltungs-                                                                             48 µg/m³     VG Wiesbaden
      Offenbach                              Hessisches Ministerium für Umwelt                   Hessischer VGH
                          verfahren                                                                                 (2017)*     30.06.2015 (4 K 1178/13.WI(V))
                          Verwaltungs-                                                           Niedersächsi-
      Oldenburg                              Stadt Oldenburg                                                    48 µg/m³ (2018)
                          verfahren                                                              sches OVG
                          Verwaltungs-                                                           OVG Nordrhein-    45 µg/m³
      Paderborn                              Bezirksregierung Detmold
                          verfahren                                                              Westfalen           (2018)
                          Verwaltungs-                                                           Bayerischer
      Passau                           Regierung von Niederbayern                                                  56 µg/m³ (2018)
                          verfahren                                                              VGH
                                                                                                                     56 µg/m³
                          Verwaltungs-                                                           Bayerischer
      Regensburg                       Regierung der Oberpfalz                                                        (2018),
                          verfahren                                                              VGH
                                                                                                                     modelliert
                                                                                                                                     VG Sigmaringen
                                                                                                                                     22.10.2014 (1 K 154/12)
                          Berufungs-                                                                                  53 µg/m³       VG Sigmaringen Beschluss
      Reutlingen                             Regierungspräsidium Tübingen                        BVerwG Leipzig
                          verfahren                                                                                    (2018)        24.11.2016 (1 K 5134/15)
                                                                                                                                     VGH Baden-Württemberg
                                                                                                                                     vom 16.04.2019 (10 S 1977/18)
                                                                                                                                     VG Stuttgart
                                                                                                                      71 µg/m³       19.07.2017 (13 K 5412/15)
      Stuttgart           rechtskräftig Regierungspräsidium Stuttgart                            VG Stuttgart
                                                                                                                       (2018)        BVerwG Leipzig
                                                                                                                                     22.02.2018 (BVerwG 7 C 30.17)
                                                                                                                                     VG Wiesbaden
                          Verwaltungs-                                                                                48 µg/m³       10.10.2011 (4 K 757/11.WI)
      Wiesbaden                        Hessisches Ministerium für Umwelt                         VG Wiesbaden
                          verfahren                                                                                    (2018)        Verfahren am VG Wiesbaden
                                                                                                                                     am 13.02.2019 eingestellt
                          Verwaltungs- Land Nordrhein-Westfalen /                                OVG Nordrhein-       50 µg/m³
      Wuppertal
                          verfahren    Bezirksregierung Düsseldorf                               Westfalen              (2018)
                          Verwaltungs- Freistaat Bayern /                                        Bayerischer          55 µg/m³
      Würzburg
                          verfahren    Regierung von Unterfranken                                VGH                   (2017)*
      * 2018er Messwerte für voraussichtlich höchstbelastete Messstation noch nicht veröffentlicht

      ** seit 2017 nicht mehr gemessen

     10 Wo bereits vollstreckbare Titel/rechtskräftige Urteile bestehen, diese aber nicht umgesetzt werden, hat die DUH einen Antrag auf
        Androhung eines Zwangsgeldes gestellt.

     Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                                           Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
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                                                                                                                                                                      com
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                                                                                                                                                     otos
           Aachen

                                                                                                                                                © rcf
Wie dreckig ist die Luft?
An beiden Verkehrsmessstationen (2018: Wilhelmstraße 43 µg/m³ und
Adalbertsteinweg 46 µg/m³) in Aachen werden die Jahresmittelwerte für                            Aachen - Wilhelmstraße
Stickstoffdioxid seit Jahren überschritten. Die Emissionen sind haupt-             NO2-Überschreitungen des Jahresmielwertes in µg/m³
sächlich dem Verkehr zuzuordnen (Anteil an NOx-Emissionen 72,2%).           100
                                                                                                                                Grenzwert: 40
Darunter haben Pkw (35,3%) und schwere Nutzfahrzeuge und Busse               80
(47,2%) den größten Anteil. Daneben spielen nicht genehmigungsbe-
                                                                             60
dürftige Feuerungsanlagen für die NOx-Emissionen eine Rolle (22,5%).
Es gibt zahlreiche weitere städtische Messstationen, die an vielen Orten     40
der Stadt teilweise noch deutlichere Grenzwert-Überschreitungen
                                                                             20
belegen. Diese Daten werden jedoch nur unregelmäßig veröffentlicht.
                                                                              0
                                                                                  2011   2012   2013   2014     2015     2016      2017     2018

Was sind die rechtlichen
Grundlagen und Schritte?
Obwohl die Wirksamkeit einer grünen Umweltzone durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV)
geprüft und ein Minderungspotential von bis zu 16 Prozent bei PM10-Emissionen und 14 Prozent bei NO2-Emissionen abgeschätzt wurde, setzte sich
die Stadt intensiv gegen diese Maßnahme ein. Das sogenannte „Aachener Konzept ohne Umweltzone“ führte jedoch nicht zu einer Reduktion der
Schadstoffbelastung. Die 1. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Aachen trat zum 1. September 2015 in Kraft, sah jedoch nur eine Umweltzone
für einen vergleichsweise kleinen Teil der Stadt vor. Am 6. Februar 2015 beantragte die DUH, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die
erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte enthält. Weil mit der vorliegenden Fortschreibung
mit einer Grenzwerteinhaltung erst deutlich nach 2020 zu rechnen ist, legte die DUH am 17. November 2015 Klage ein. Am 8. Juni 2018 hat das
VG Aachen in dieser Sache verhandelt und die Bezirksregierung Köln dazu verurteilt, Diesel-Fahrverbote unverzüglich in ihren Luftreinhalteplan
aufzunehmen und bis zum 1. Januar 2019 umzusetzen. Am 1. Januar 2019 ist die Fortschreibung des Luftreinhalteplans erneut ohne Fahrbeschrän-
kungen für Diesel-Fahrzeuge in Kraft getreten. Für die Verhandlung der Berufung wurde zu Erörterungsterminen im Mai 2019 geladen und ein
Verhandlungstermin im Sommer 2019 festgelegt.

Was kann die Stadt tun?
Neben den bereits vorgeschlagenen Maßnahmen muss sich die Luftreinhalteplanung in Aachen auf folgende Bereiche konzentrieren. Die zum 1.
Februar 2016 in Kraft getretene Umweltzone endet am Außenring und deckt nicht den kompletten Überschreitungsbereich (Haaren, Eilendorf),
bzw. den Talkessel ab. Diese Umweltzone sollte ausgeweitet werden, um ihre volle Wirkung entfalten zu können. Der Zustand der Busflotte im
öffentlichen Nahverkehr ist ausgesprochen unbefriedigend: 2014 entsprachen nur 60 Prozent der ASEAG-Flotte Fahrzeuge der Schadstoffklasse
Euro 5 und Euro 6 und lediglich 80 Prozent der Busse waren mit Rußpartikelfilter ausgestattet. Viele Busse fahren weiterhin ohne grüne Plakette
durch das Stadtgebiet, weil die Stadt Ausnahmegenehmigungen erteilt, die eigentlich nur zur Abdeckung von Spitzenverkehrsleistungen im Schü-
lerverkehr gelten. Eine Nachrüstung aller in Aachen verkehrender ÖPNV- und Reisebusse mit einem im Realbetrieb funktionierenden Partikel-
und NOx-Filtersystem (SCRT) kann die von diesen Fahrzeugen ausgehende Luftbelastung kurzfristig massiv verringern. Mittlerweile hat sich die
Stadt dazu bereit erklärt, ihre Busflotte bis zum 1.April 2019 mit SCRT-Abgasreinigungssystemen nachzurüsten. Diese Maßnahme wird aus Mitteln
des Sofortprogramms für Saubere Luft gefördert, das aufgrund drohender Verkehrsbeschränkungen durch die Bundesregierung initiiert wurde.

Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air                                                            Klagen für Saubere Luft – Hintergrundpapier
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             Backnang

                                                                                                                                                  nuel
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     Wie dreckig ist die Luft?
     An der Eugen-Adolff-Straße wurde im Jahr 2016 eine Spot-Messstation installiert, um die NO2-Belastung zu messen. Der Jahresmittelwert
     betrug damals 56 μg NO2/m³ und lag im Jahr 2017 immer noch bei 53 μg NO2/m³. Eine Ursachenanalyse des LUBW ergibt, dass der Beitrag des
     Straßenverkehrs an der NO2-Belastung bei 71 Prozent liegt.

     Was sind die rechtlichen Grundlagen und Schritte?
     Obwohl der Grenzwert für NO2 im Jahresmittel von 40 μg/m³ deutlich überschritten wurde, ist kein Luftreinhalteplan für Backnang geplant. Auch
     außerhalb der Luftreinhalteplanung gibt es keine konkreten Projekte, lediglich die Absicht, Projekte zur Förderung aus dem Fonds „Nachhaltige
     Mobilität für die Stadt“ anzumelden. Aufgrund dieser Untätigkeit hat die DUH am 29. März 2018 Klage gegen das Land Baden-Württemberg ein-
     gereicht. Aufgrund dieser Klage hat die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg die Erstellung eines Luftreinhalteplans angekündigt und
     im April 2019 einen Entwurf veröffentlicht.

                                                      Backnang - Eugen-Adolff-Straße
                                            NO2-Überschreitungen des Jahresmielwertes in µg/m³
                            100
                                                                                                          Grenzwert: 40
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                             60

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     Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                           Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
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                                                                                                                                                                         File: wiki/Ber ode httpgert)
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                                                                                                                                                                 ikipe sa/3 : Fot
                                                                                                                                                                                    galc
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                                                                                                                                                            de.w ses/by- erändert
            Berlin

                                                                                                                                                                           rg/
                                                                                                                                                               cen .de (v
                                                                                                                                                      ns.o w.foto-tw
                                                                                                                                                          rg/li
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Wie dreckig ist die Luft?
Der Jahresmittelwert für NO2 wird nach wie vor an fast allen verkehrsnahen Messstationen überschritten. Die wichtigsten Quellen für NOx sind
der Straßenverkehr (39%), gefolgt von Emissionen genehmigungsbedürftiger Anlagen (34%) und Emissionen aus Heizungsanlagen (15%). Neben
den sechs verkehrsnahen stationären Messcontainern, überwacht die Berliner Senatsverwaltung die Luftqualität noch durch sogenannten Pas-
sivsammler an etwa 30 Standorten. Durch weitere Passivsammler-Messungen der TU Berlin sowie ein Modell der Senatsverwaltung ist entlang
des Hauptstraßennetzes eine flächendeckende NO2-Belastung oberhalb des Grenzwertes nachgewiesen.

Was sind die rechtlichen Grundlagen und Schritte?
Der Senat hat den aktuell geltenden Luftreinhalteplan 2011 – 2017 am 18. Juni 2013 beschlossen. Obwohl in der Vergangenheit bereits Luftrein-
haltemaßnahmen umgesetzt wurden, hat sich die NO2-Belastung sowohl an verkehrsnahen, innerstädtischen als auch am Stadtrand gelegenen
Messstellen der letzten zehn Jahre kaum verändert. Die Messwerte an verkehrsreichen Straßen liegen deutlich über dem EU-Grenzwert. Die DUH
hat daher am 2. Juni 2016 Klage beim Verwaltungsgericht Berlin eingelegt. Am 9. Oktober 2018 hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden,
dass Fahrbeschränkungen für Diesel-Fahrzeuge bis Abgasnorm Euro 5 zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte bis
zum 31. März 2019 in den Luftreinhalteplan aufgenommen und umgesetzt werden müssen. Dabei hat das Verwaltungsgericht 11 Straßenabschnitte
genannt, an denen diese Fahrbeschränkungen alternativlos sind und Prüfaufträge für mehr als 100 weitere Straßenabschnitte ausgesprochen.
Dieses Urteil ist rechtskräftig. Die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr hat im April einen neuen Entwurf des Luftreinhalteplans
veröffentlicht. Dieser entspricht jedoch nicht den Vorgaben des rechtskräftigen Urteils, weshalb die DUH Anfang Juni einen Vollstreckungsantrag
gegen das Land Berlin eingereicht hat.

                                                           Berlin
                                     NO2 Überschreitungen des Jahresmielwertes in µg/m³
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                                                                                              Grenzwert: 40
                                    80

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                                      2011       2012         2013   2014     2015     2016       2017       2018

                                          Karl-Marx-Str. 76          Hardenbergplatz          Mariendorfer Damm
                                          Silbersteinstr.            Schildhornstr.

Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air                                                           Klagen für Saubere Luft – Hintergrundpapier
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                                                                                                                                                               tolia
                                                                                                                                                           s/Fo
                                                                                                                                                       Foto
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             Bielefeld

     Wie dreckig ist die Luft?
     Die Belastung an der Stapenhorststraße konnte während der letzten Jahre deutlich reduziert werden. Im Jahr 2015 kam eine neue Messstati-
     on „Bielefeld Innenstadt“ hinzu, die nach wie vor eine Belastung deutlich oberhalb des NO2-Grenzwertes aufweist. Durch Modellierungen des
     Landesamtes wurden weitere Belastungsschwerpunkte an der Kreuzstraße (51 μg/m³) und an der August-Bebel-Straße (42 μg/m³) festgestellt.

     Was sind die rechtlichen Grundlagen und Schritte?
     Der aktuell gültige Luftreinhalteplan stammt aus dem Jahr 2014 und basiert noch auf der die Belastung deutlich unterschätzenden HBEFA Version
     3.1. Daher sind die Prognosen auch deutlich zu optimistisch. Eine Grenzwerteinhaltung ohne weitere Maßnahmen wurden bereits für das Jahr
     2015 vorhergesagt. Sämtliche Maßnahmen, die im Luftreinhalteplan 2014 beschlossen wurden, sind bereits umgesetzt, so dass sich hier keine
     weitere Reduktion der Schadstoffbelastung erwarten lässt. Eine Fortschreibung des veralteten Luftreinhalteplans ist angekündigt, jedoch stark
     verzögert. Laut einer Anfrage der Grünen im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz, fand die letzte Projektgruppensitzung zur Fortschreibung
     des Luftreinhalteplans im Mai 2017 statt. Daher hat die DUH im Dezember 2018 Klage gegen das Land NRW eingereicht. Anfang Juli 2019 wurde
     ein Entwurf zur Fortschreibung des Luftreinhalteplan zur Öffentlichkeitsbeteiligung ausgelegt.

     Was tut die Stadt?
     Um die Belastung zu senken, wird der direkt an der Messstation Bielefeld Innenstadt liegende Jahnplatz umgestaltet. Damit einhergehen soll eine
     Verringerung des motorisierten Individualverkehrs um ein Drittel einhergehen. Maßnahmen, die die Belastung flächendeckend senken, sind bisher
     nicht angekündigt. Gerade die neuen Modellierungen zeigen jedoch, dass Maßnahmen nötig sind, die nicht nur einzelne Straßenzüge betreffen,
     sondern die Verkehrsbelastung in der gesamten Stadt reduzieren.

                                                                 Bielefeld
                                             NO2-Überschreitungen des Jahresmielwertes in µg/m³
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                                        80

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                                                   Innenstadt         Herforder Str. 86            Stapenhoststr. 42

     Hintergrundpapier – Klagen für Saubere Luft                                                             Deutsche Umwelthilfe e.V. – Right to Clean Air
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