Klimaänderungen im Raum Vaihingen - Eine Zusammenstellung klimarelevanter Daten von 1988 bis 2020 aus der Umgebung von Vaihingen an der Enz
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Klimaänderungen im Raum Vaihingen Eine Zusammenstellung klimarelevanter Daten von 1988 bis 2020 aus der Umgebung von Vaihingen an der Enz
Impressum: Erstellt von: Dr. rer. nat. Bernhard Link Ruländerstr. 3 71665 Vaihingen an der Enz Mai 2021 Titelseite: Hitzegeschädigte Buchen im Gewann Bruderhaus zwischen Roßwag und Großglattbach Foto: Bernhard Link
Klimaänderungen im Raum Vaihingen 1. Einführung ........................................................................................................ 1 2. Datengrundlage und Auswertemodus ..................................................................... 2 3. Temperaturparameter im Raum Vaihingen von 1988 bis 2020.................................... 3 4. Niederschläge im Raum Vaihingen zwischen 1988 und 2020 ....................................... 8 5. Grundwasser und Grundwasserneubildung im Raum Vaihingen .............................. 12 6. Badewasserqualität im Oberen und Unteren Seewaldsee ......................................... 17 7. Wasserabfluss am Pegel Vaihingen zwischen 1995 und 2020..................................... 19 8. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen ........................................................... 24 9. Danksagung ..................................................................................................... 27 1. Einführung Durch die gestiegene Verbrennung von fossi- Region um Vaihingen bemerkbar machen. len Energieträgern ist in den letzten Jahrzehn- Subjektive Eindrücke über besonders heiße o- ten der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre der trockene Sommer werden zwar zunehmend kontinuierlich angestiegen. Während in den geäußert, aber einzelne Wetterereignisse kön- 1960er Jahren in der Schule noch gelehrt nen trügerisch sein und einen objektiven Trend wurde, dass der CO2-Gehalt in der Luft relativ verdecken. Daher sollten für eine Beantwor- konstant 280 ppm betrage (er lag damals tat- tung dieser Frage objektive Messungen über sächlich schon bei ca. 320 ppm), hat er inzwi- längere Zeiträume herangezogen werden. Die schen über 400 ppm erreicht. Entsprechend hat Klimaforscher arbeiten in Zeiträumen von 30 sich wegen des Treibhauseffekts von Kohlen- Jahren. Ihnen sind die langfristigen Trends dioxid die Temperatur der Atmosphäre aufge- wichtig, was bedeutet, dass es auch in einem heizt. Diese Energiezufuhr hat inzwischen langfristigen Erwärmungstrend immer wieder weltweit zu Klimaveränderungen geführt, die Ausreißer nach oben oder unten geben kann. zunehmend zu einer Bedrohung der menschli- Dabei ist Klima nicht mit dem Wetter zu ver- chen Existenz und seiner Umwelt werden. wechseln. Beim Wetter handelt es um kurzfris- tige Zeiträume von wenigen Tagen. Dabei stellt sich die Frage, in wie fern sich diese Klimaänderungen auch in der direkten Seite 1
2. Datengrundlage und Auswertemodus Als Grundlage für die Temperatur- und Wet- Baden-Württemberg (LUBW). Zwischen dem terdaten dieser Auswertung dienen die Auf- Deutschen Wetterdienst (DWD) und den Was- zeichnungen, die seit 1988 an der Messstation serwirtschaftsverwaltungen der Ländern Ba- des Deutschen Wetterdienstes in Sachsenheim den-Württemberg, Bayern, Hessen und Rhein- (Stations-Nr. 4349) erhoben wurden. Da aus land-Pfalz existiert seit über zwanzig Jahren Mühlacker die Wetterdaten erst ab 2007 voll- ein gemeinsames Projekt mit dem Namen ständig vorliegen und die Daten aus der Mess- KLIWA (Klimaveränderung und Konsequen- station Vaihingen nicht unentgeltlich bereitge- zen für die Wasserwirtschaft), das zum Ziel stellt werden, fiel die Wahl auf Sachsenheim. hat, die Auswirkungen der bisherigen und Außerdem liegt die Wetterstation in Sachsen- künftigen Klimaveränderung auf den Wasser- heim auf einer Höhe von 248 m über dem Mee- haushalt der Flussgebiete in Süddeutschland resspiegel in Zentrumsnähe von Sachsenheim zu ermitteln bzw. abzuschätzen und soweit er- und dürfte damit insgesamt die Wettersituation forderlich wasserwirtschaftliche Handlungs- im Siedlungsgebiet von Vaihingen und seinen empfehlungen abzuleiten. Teilorten (zwischen 200 und ca. 300 m) besser beschreiben als die Daten der Messstation Vai- Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Bade- hingen selbst, die in Höhenlage (282 m über wasserqualität des Oberen und Unteren See- dem Meeresspiegel) beim Stromberggymna- waldsees wurden vom Landesgesundheitsamt sium liegt. Die Entfernung zwischen Vaihin- Baden-Württemberg und vom Gesundheitsamt gen und Sachsenheim beträgt auf der Luftlinie im Landratsamt Ludwigsburg übermittelt. ca. 8,5 km. Beide Orte sind hauptsächlich in Daten zu den Pegelständen bzw. den Durch- Hanglage bebaut und somit luftklimatisch ei- flüssen an der Enz in Vaihingen wurden vom nigermaßen vergleichbar. Regierungspräsidiums Stuttgart, Außenstelle Die Daten der Wetterstation Sachsenheim ste- Heilbronn, bereitgestellt. Die Pegelstation in hen über den Serverdienst https://open- Vaihingen wurde am 01.11.1994 in Betrieb ge- data.dwd.de des Deutschen Wetterdienstes nommen, so dass hier erst ab diesem Datum kostenlos zur Verfügung. Zur Auswertung Aufzeichnungen vorliegen. wurden sie in eine Excel-Datei übertragen und Soweit Mittel- oder Summenwerte zu einzel- dann entsprechend aufbereitet. Eine Zusam- nen Parametern nicht bei den übermittelten menstellung der jährlichen Niederschläge an Daten vorlagen, wurden sie aus den jeweiligen der Wetterstation in Vaihingen wurde von der Tages- oder Monatswerten selbst errechnet. Stadtverwaltung Vaihingen übermittelt. Trendlinien wurden als Regressionsgeraden Verschiedene Daten zum Grundwasser und über die Methode der kleinsten Fehlerquadrate Grundwasserneubildung finden sich im Inter- erstellt; das Bestimmtheitsmaß (R²) ist in den netauftritt der Landesanstalt für Umwelt Abbildungen mit angegeben. Seite 2
3. Temperaturparameter im Raum Vaihingen von 1988 bis 2020 Die Jahresmittelwerte der Lufttemperatur, Trotz der Unterschiede von Jahr zu Jahr lässt gemessen in 2 m Höhe, wurden als arithmeti- sich insgesamt ein kontinuierlicher Anstieg zu sches Mittel aus den jeweiligen Tagesmittel- höheren Temperaturen erkennen; im Durch- werten berechnet. Sie lagen in Sachsenheim in schnitt haben die Jahresmittelwerte in den den Jahren 1988 bis 2020 zwischen 8,78 °C letzten 33 Jahren um knapp 1°C zugenommen (1996) und 11,97 °C (2018). Sie zeigen das- ( selbe Muster wie die Jahresmittelwerte von Baden-Württemberg insgesamt (flächenbezo- Die gleitenden Mittelwerte wurden über 10 Jahre er- rechnet gener Mittelwert), übersteigen diese Werte aber aufgrund der geringeren Höhenlage von Abb. 2, grüne Linie). Sachsenheim (248 m ü. NN) im Vergleich zum Landesdurchschnitt insgesamt um ca. 1,4 °C (siehe Abb. 1). Abb. 1: Jahresmittelwerte der Temperatur in Baden-Württemberg und an der Wetterstation Sachsen- heim Die gleitenden Mittelwerte wurden über 10 Jahre errechnet Seite 3
Abb. 2: Jährliche Mittelwerte, Maximal- und Minimalwerte der Temperatur an der Wetterstation Sachsenheim Die Temperaturmaxima in den jeweiligen einer größeren Unsicherheit behaftet ist (Abb. Jahren variierten zwischen 32,5°C (1995) und 2, blaue Linie). 38,7°C (2015). Dabei ist ein deutlicher Trend In Abb. 3 sind die Mittelwerte der Temperatur zu höheren Temperaturen erkennbar; im Mittel getrennt nach Sommerhalbjahr (Mai bis Okto- stiegen die Maximaltemperaturen im Untersu- ber) und Winterhalbjahr (November bis April) chungszeitraum um 2,4 °C an ( aufgetragen, die gleichzeitig eingetragenen Die gleitenden Mittelwerte wurden über 10 Jahre Jahresmittelwerte beziehen sich im Unter- errechnet schied zu Abb. 2, rote Linie). Die gleitenden Mittelwerte wurden über 10 Jahre er- Bei den Temperaturminima schwanken die rechnet jährlichen Werte beträchtlich; mit -19,6 °C trat Abb. 2 auf die Zeiträume von November des im Jahr 2005 die niedrigste Temperatur auf, im Vorjahres bis zum Oktober des Folgejahres. Jahr 2020 betrug die tiefste Temperatur dage- Dabei zeigt sich insgesamt über den gesamten gen nur -6,5 °C. Im Durchschnitt ist auch hier Zeitraum von 1988 bis 2020 bei den mittleren zwischen 1988 und 2020 ein Anstieg um Temperaturen im Sommer eine stärkere Zu- knapp 1°C zu verzeichnen, wobei dieser An- nahme (1,1°C) ab als im Winter (0,6°C). Ins- stieg aufgrund der starken Schwankungen mit gesamt ist also die Klimaänderung in den Som- mermonaten bei uns deutlich stärker ausge- prägt. Abb. 3: Durchschnittliche Temperaturen in den Sommer- und Winterhalbjahren an der Wetterstation Sachsenheim Seite 4
Dies zeigt sich auch bei anderen Temperatur- Untersuchungszeitraum ein Anstieg von parametern. Als Sommertage werden Tage durchschnittlich 10 auf 21 Tage pro Jahr, also bezeichnet, an denen die maximale Tagestem- mehr als eine Verdoppelung, zu verzeichnen peratur 25°C erreicht oder überschreitet. In (Fehler! Ungültiger Eigenverweis auf Text- Sachsenheim lag die Zahl der Sommertage pro marke., violette Linie). Eine Hitzewelle ist Jahr zwischen 39 Tagen (1996) und 101 Tagen bisher nicht einheitlich definiert; häufig wird (2018); im Schnitt nahmen die Sommertage im darunter eine Folge von mindestens drei Tro- Untersuchungszeitraum um 20 von 50 auf 70 pentagen hintereinander verstanden. Geht man Tage pro Jahr zu (Abb. 4, blaue Linie). Tro- von dieser Definition aus, so zeigt sich auch pentage sind Tage, an denen eine maximale hier ein entsprechender Anstieg von durch- Tagestemperatur von 30°C erreicht oder über- schnittlich ein auf sieben Tage innerhalb von schritten wird. Auch hier ist im Hitzewellen pro Jahr (Abb. 4, rote Linie). Abb. 4: Sommertage, Tropentage und Tage in Hitzewellen an der Wetterstation Sachsenheim Seite 5
In Tab. 1 ist die Verteilung der verschiedenen Tropennächte, an denen die Temperatur Parameter in den Zeiträumen von 1988 bis nachts nicht unter 20°C sinkt, hat ebenfalls 1998, von 1999 bis 2009 und von 2010 bis deutlich zugenommen. Während zwischen 2020 zahlenmäßig separat aufgeführt; auch 1988 und 2009 insgesamt vier Tropennächte hier zeigen sich entsprechende Unterschiede, auftraten, gab es zwischen 2010 und 2020 wobei die Zunahmen überwiegend in der letz- schon neun Tropennächte. ten Dekade auftraten. Die Anzahl der Tab. 1: Verteilung heißer und kalter Tage zwischen 1988 und 2020 Zeitraum Som- Tropen- Hitze- Tropen- Heiz- Frost- Eis- mer- tage wellen- nächte tage tage tage tage tage 1988-1998 583 137 28 2 2827 759 119 645 162 40 2 2699 755 112 1999-2009 (+ 11%) (+18%) (+43%) (+0%) (-5%) (- 1%) (-6%) 742 212 62 9 2706 806 121 2010-2020 (+27%) (+55%) (+121%) (+350%) (-5%) (+6%) (+2%) Seite 6
Im Gegensatz dazu hat die Anzahl der jährli- Frosttagen (Tagesminimum kleiner 0°C) und chen Heiztage, an denen die Tagesdurch- bei den Eistagen (Tagesmaximum kleiner schnittstemperatur unter 15°C bleibt, im Un- 0°C) lässt sich dagegen kein eindeutiger Trend tersuchungszeitraum um rund 20 Tage von ca. erkennen (Abb. 5, grüne und blaue Linie bzw. 260 auf ca. 240 Tage pro Jahr abgenommen Tab. 1). (Abb. 5, rote Linie und Tab. 1). Bei den Abb. 5: Anzahl der jährlichen Heiztage, Frosttage und Eistage an der Wetterstation Sachsenheim Diese Entwicklung hat zur Folge, dass im Frühjahr die Vegetationsperiode in der Regel zwar immer früher beginnt, dass aber trotzdem ähnlich häufig wie bisher Nachtfröste auftreten und zu entsprechenden Schäden im Obstbau, Gartenbau und in der Landwirtschaft führen können. In Seite 7
Abb. 6 ist dies nochmals verdeutlicht. Hier ist – innerhalb der letzten 30 Jahre um durch- als Beginn der Vegetationsperiode für jedes schnittlich 12 Tage früher – traten die letzten Jahr der Tag angegeben, an dem im Landes- Nachtfröste dagegen im Laufe der Jahre im mittel von Baden-Württemberg die Apfelblüte Durchschnitt immer später im Jahr auf. Wäh- begann (rote Linie und gelbe Fläche). Gleich- rend sich die Verschiebung der Vegetationspe- zeitig ist der Tag seit Jahresbeginn angegeben, rioden zwanglos mit der Klimaerwärmung er- an dem im Frühjahr an der Wetterstation Sach- klären lässt, scheinen die späteren Nachtfröste senheim letztmals die Temperatur unter den dieser Erklärung zu widersprechen. Meteoro- Gefrierpunkt fiel (blaue Balken). Trotz der logen machen dafür jedoch eine Instabilität der starken Schwankungen von Jahr zu Jahr ist Polarwirbel als Folge des Klimawandels ver- hier eine gegenläufige Entwicklung beider Er- antwortlich, was dazu führt, dass auch noch re- eignisse zu erkennen. Während sich die Obst- lativ spät im Jahr polare Kaltluft unsere Region baumblüte immer früher in das Jahr verlagerte erreichen kann. Seite 8
Abb. 6: Beginn der Apfelblüte und Auftreten später Nachtfröste in Sachsenheim Quelle für den Beginn der Apfelblüte in Baden-Württemberg: https://www.dwd.de/DE/leistungen/phaeno_sta/phaenosta.html?nn=588524#buehneTop Seite 9
4. Niederschläge im Raum Vaihingen zwischen 1988 und 2020 Für die Jahresniederschläge standen ab 1988 Jahresverläufe; die Niederschläge in Vaihin- Daten der Wetterstation Sachsenheim, ab 1993 gen betrugen ca. 72 %, in Sachsenheim und von der Wetterstation Vaihingen und ab 2007 Mühlacker ca. 75 % der Niederschläge im Ver- auch von der Wetterstation Mühlacker zur gleich zum Landesdurchschnitt. Für die weite- Verfügung; die Werte sind Abb. 7 gemeinsam ren Auswertungen wurden nur die Daten aus mit den Jahresmittelwerten von Baden-Würt- Sachsenheim herangezogen, da sie täglich ab temberg insgesamt aufgetragen. An allen drei November 1987 ohne zusätzliche Kosten ver- Messstationen zeigten sich ähnliche fügbar waren. Abb. 7: Vergleich der Jahresniederschläge für Baden-Württemberg insgesamt und an den Stationen Sachsenheim, Vaihingen und Mühlacker In Abb. 8 sind die Niederschläge in Sachsen- geringeren Niederschlägen von durchschnitt- heim, getrennt nach Sommerhalbjahr (Mai bis lich 770 mm auf 680 mm. Im Vergleich zwi- Oktober) und dem Winterhalbjahr (November schen Sommer- und Winterhalbjahr waren die bis April) aufgeführt. Die Niederschläge für Niederschläge im Sommer im Schnitt um rund das Gesamtjahr setzen sich hier im Unter- 100 mm höher als im Winter. Der Rückgang schied zu Abb. 7 aus den Monaten November der Jahresniederschläge lässt sich dabei vor al- und Dezember des Vorjahres und den Monaten lem auf einen entsprechenden Rückgang der Januar bis Oktober des Folgejahres (hydrolo- Niederschläge im Winterhalbjahr zurückfüh- gisches Jahr) zusammen. ren; die Niederschläge im Sommer gingen im Vergleich zum Winter nur etwa halb so stark Insgesamt zeigen die Jahresniederschläge an zurück. der Station Sachsenheim im Messzeitraum sehr starke Schwankungen zwischen 540 mm Dies steht im Widerspruch zu den Klimamo- (2018) und 1035 mm (2002). Dabei ergibt sich dellen für Baden-Württemberg, die generell über den Zeitraum von 33 Jahren ein Trend zu eine Abnahme der Regenmenge vor allem in Seite 10
den Sommermonaten und eine Zunahme der möglicherweise bereits eine Entwicklung in Regenmenge im Winter vorhersagen. Betrach- die von den Klimamodellen prognostizierte tet man allerdings die letzten fünf Jahre der Richtung zu regenärmeren Sommern an. Niederschlagsentwicklung, so deutet sich hier Abb. 8: Niederschläge an der Wetterstation Sachsenheim Vergleicht man die Niederschlagsentwicklung nahmen die Niederschläge vor allem in den an den einzelnen Monaten über den gesamten Monaten März, April und September ab, weni- Untersuchungszeitraum, dann zeigt sich ein ger stark im Februar und Juni, in den anderen differenzierteres Bild (Abb. 9). Eine deutliche Monaten war der Rückgang der Niederschläge Zunahme der Niederschläge gab es im Januar, vergleichsweise gering ausgeprägt. weniger deutlich im Mai und August. Dagegen Abb. 9: Durchschnittliche Änderung der monatlichen Niederschläge zwischen 1988 und 2020 Seite 11
Bei der Anzahl von Tagen, an denen kein Re- Rückgang der Trockentage zu verzeichnen ist, gen gefallen war (Trockentage), zeigt sich da- deutet sich in den letzten Jahren eher wieder gegen kein eindeutiges Bild (Abb. 10). Wäh- eine Zunahme an. rend für den gesamten Zeitraum ein leichter Abb. 10: Anzahl Tage im Jahr ohne Niederschlag an der Wetterstation Sachsenheim Betrachtet man die Niederschlagsmengen an aufgetragen sind. Obwohl beide Messstationen den einzelnen Tagen, dann schwankten sie in der Luftlinie nur etwa 14 km voneinander zwischen 0 und 71,5 mm (03.06.1992). entfernt sind, traten Starkregenereignisse nicht Starkregenereignisse sind allerdings sehr lo- synchron an den gleichen Tagen und nicht in kale Ereignisse und können nicht ohne weite- ähnlicher Höhe auf. Die Starkregenereignisse res von einer Messstation auf deren nähere in Sachsenheim können daher nicht auf Vai- Umgebung übertragen werden. Dies zeigt hingen übertragen werden; selbst zwischen Abb. 11, bei der die täglichen Niederschlags- den verschiedenen Ortsteilen von Vaihingen mengen der Station Mühlacker und der Station können starke Unterschiede auftreten. Sachsenheim in den letzten 10 Jahren Abb. 11: Tägliche Niederschläge in Sachsenheim und Mühlacker von 2011 bis 2020 Seite 12
Der Rückgang der Niederschlagsmenge hat in im Winter können hier dazu führen, dass über den letzten Jahren auch in der Region um Vai- die vegetationsarme Jahreszeit kein ausrei- hingen zu Problemen in der Land- und Forst- chender Wassereintrag mehr in den Boden er- wirtschaft geführt. Dies ist insbesondere auch folgt, um die sommerlichen Verluste der Bo- in den Wäldern um Vaihingen zu erkennen, wo denfeuchtigkeit durch die verstärkte Verduns- es in starkem Maße Trockenschäden bei ver- tung von Wasser über die Pflanzen wieder aus- schiedenen Baumarten, insbesondere bei den zugleichen. Davon ist auch die Grundwasser- Buchen, gab (siehe Abbildung auf der Titel- neubildung betroffen (siehe nächster Ab- seite). Die geringer werdenden Niederschläge schnitt). Seite 13
5. Grundwasser und Grundwasserneubildung im Raum Vaihingen Nur ein Teil des Niederschlagswassers gelangt Von der Landesanstalt für Umwelt Baden- in das Grundwasser. Zum Teil verdunstet das Württemberg wird zu den Grundwasservorrä- Wasser direkt auf dem Boden, ein größerer ten ein Bewertungsmessnetz betrieben, zu dem Teil wird von den Pflanzen über die Wurzeln in der Umgebung von Vaihingen eine Mess- aufgenommen und über die Blätter wieder in stelle in Ötisheim auf 251 m über NN im Be- die Luft abgegeben. Diese beiden Prozesse reich des Oberen Muschelkalks gehört. Die sind stark von der Temperatur abhängig und Ganglinie des dortigen Grundwasserstandes ist daher im Sommer wesentlich stärker ausge- ab dem Jahr 2001 in Abb. 12 dargestellt. Hier prägt als im Winter. Ein Teil des Niederschlags zeigt sich ein starker Trend für den Rückgang fließt außerdem direkt an der Oberfläche oder des Grundwasserstandes von nahezu 20 cm pro über Quellen in oberirdische Gewässer ab. Jahr. Abb. 12: Ganglinie der Grundwassermessstelle Ötisheim der Stadtwerke Mühlacker Quelle: https://guq.lubw.baden-wuerttemberg.de/GuQWeb.dll/p79580.html?Berichts Monat=202103&Mst=28413601&csrt=6079474946247065739#28413601 Dabei ist der Rückgang vor allem in den letz- in Abb. 13 dargestellt ist. Die winterlichen ten vier Jahren besonders stark ausgeprägt. Niederschläge können die Verluste der Grund- Dies wird besonders evident, wenn man den wasserstände im Sommer dabei nicht mehr Grundwasserstand gegenüber dem langjähri- ausgleichen. gen Erwartungswert aufträgt, wie es Seite 14
Abb. 13: Abweichungen des Grundwasserstandes an der Messstelle Ötisheim gegenüber dem lang- jährigen Mittel (blau: Nassperiode; rot: Trockenperiode) Quelle: https://guq.lubw.baden-wuerttemberg.de/GuQWeb.dll/p79580.html?Berichts Monat=202104&maps=1&Mst=28413601&csrt=16891973382104210973 Sehr geringfügige Änderungen sind dagegen Möglicherweise ist dies auf die Stauhaltung an der in der Enzaue gelegenen Messstelle bei der Enz oberhalb von Mühlacker und die Be- Enzberg aufgetreten (siehe Abb. 14). Gegen- einflussung durch exfiltrierendes Enzwasser in über dem Mittelwert von 223 m sank hier der den Grundwasserleiter zurückzuführen. Grundwasserspiegel maximal um ca. 40 cm ab. Abb. 14: Grundwasserstand der Messstelle Mühlacker/Enzberg von 2003 bis 2020 Seite 15
Nicht nur das Grundwasser, sondern auch die deren Schüttung in Abb. 15 aufgetragen ist. Schüttung von Quellen geht in unserer Region Auch hier ist der Rückgang in den letzten vier zurück. Dies zeigt sich z. B. an der Quellfas- Jahren besonders dramatisch. sung der Römersteigquelle in Gündelbach, Abb. 15: Schüttung der Römersteigquelle in Vaihingen-Gündelbach Quelle: http://jdkgw.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/200/ Abb. 16: Quellschüttung am Löbertsbrunnen seit 1949 Seite 16
An der Quellfassung am Löbertsbrunnen wird Niederschläge eine entsprechende Aufkon- die Schüttung seit 1949 registriert; die Mes- zentration dieser Stoffe bewirken. Wieweit im sungen sind in Abb. 16 aufgetragen. Über den Einzelfall erhöhte Nitrateinträge oder vermin- gesamten Messzeitraum ist die Quellschüttung derte Niederschläge zu einer Erhöhung der um durchschnittlich 1,5 l/s zurückgegangen; in Nitratkonzentration führen, lässt sich nicht den letzten 25 Jahren war die Schüttung aller- ohne weiteres klären; beide Prozesse können dings relativ konstant. dafür verantwortlich sein. Als Folge der verminderten Grundwasserneu- In Abb. 17 ist die Nitratkonzentration im bildung kann sich die Konzentration von Grundwasser des Grundwasserbrunnens Schadstoffen im Grundwasser erhöhen. Nitrat „Köpfwiesen“ in Vaihingen in den letzten 15 wird sowohl als Folge von Düngemaßnahmen Jahren aufgetragen. Hier zeigt sich über die in der Landwirtschaft als auch durch die Belas- Jahre eine deutliche Zunahme. Sollte sich die tung der Luft mit Stickoxiden in die Böden und Tendenz weiterhin fortsetzten, ist eine Einhal- damit ins Grundwasser eingetragen. Hohe Nie- tung des Trinkwassergrenzwertes von 50 mg/l derschläge können dazu führen, dass die Nit- für diese Grundwasserquelle nicht mehr ge- ratkonzentration im Grundwasser verdünnt währleistet. wird, umgekehrt können geringe Abb. 17: Nitrat im Grundwasser am Brunnen „Köpfwiesen“ in Vaihingen Quelle: http://jdkgw.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/200/ Seite 17
Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Würt- von Komponenten des Bodenwasserhaushalts temberg (LUBW) hat in mehreren KLIWA- und insbesondere der Grundwasserneubildung Projekten umfangreiche statistische Untersu- bereits in den vergangenen 65 Jahren (1951- chungen zum Langzeitverhalten von Grund- 2015) stattgefunden haben. wasserständen und Quellschüttungen durchge- Die LUBW hat die Berechnungen mit aktuel- führt und dabei ein Bodenwasserhaushaltsmo- len Daten bis zum Jahr 2019 ergänzt. Für un- dell GWN-BW eingesetzt. Beim GWN-BW sere Raumschaft, die im Schwäbisches Keu- handelt es sich um ein deterministisches, flä- per-Lias-Land liegt und sich über weite Teile chendifferenziertes Modell zur Berechnung von BW erstreckt, wird eine Reduktion der der aktuellen Evapotranspiration (Gesamtver- Grundwasserneubildung für die Zukunft von - dunstung), zur Simulation des Bodenwasser- 15% bis -25% vorhergesagt. haushaltes sowie zur Bestimmung der unter- halb der durchwurzelten Bodenzone gebilde- Die Monatswerte der Jahresniederschläge und ten Sickerwassermenge. die Grundwasserneubildung sind in Abb. 18 für das Wasserschutzgebiet Strudelbach mit ei- Im KLIWA-Heft 21 sind die Ergebnisse von nem Einzugsgebiet von 51 km² aufgetragen. Simulationen des Bodenwasserhaushalts und Während der Jahresniederschlag von 1951 bis der daraus resultierenden Grundwasserneubil- 2019 um 6.4 % zurückging, reduzierte sich die dung für die Vergangenheit (1951-2015) auf Grundwasserneubildung im gleichen Zeitraum der Basis von Messdaten dargestellt. Es wurde um 21,1 %. aufgezeigt, ob und inwieweit Veränderungen Abb. 18: Jahresniederschlag und Grundwasserneubildung im Wasserschutzgebiet Strudelbach Seite 18
6. Badewasserqualität im Oberen und Unteren Seewaldsee Öffentliche Badeseen werden in Baden-Würt- Bakterienkonzentration in Koloniebildenden temberg – wie überall in Europa – nach der Einheiten (KBE) pro 100 ml angegeben. Richtlinie 2006/7/EG (Badegewässerrichtli- nie) durch die Gesundheitsämter überwacht. Temperaturdaten sind ab Sommer 2003 ver- Dazu gehört die regelmäßige Messung der fügbar, fehlen aber für die Jahre 2008 und Konzentration von Escherichia coli und Intes- 2009. Für die Darstellung in Abb. 19 und Abb. tinalen Enterokokken als Indikatoren einer fä- 20 wurden die zwischen Mai und September in kalen Verschmutzung und die Erfassung der jedem Jahr erhobenen Daten gemittelt. In bei- Temperatur der Badegewässer während der den Seen zeigte sich dabei im Lauf der Jahre Badesaison. Auf der Gemarkung von Vaihin- eine Zunahme der Wassertemperatur; sie be- gen gehören der Obere und Untere Seewaldsee trägt im Oberen Seewaldsee im Mittel etwa bei Horrheim zu den überwachten Badegewäs- 1,0°C, im Unteren Seewaldsee etwa 0,6°C sern. Die Untersuchungsergebnisse wurden über den gesamten Zeitraum von 18 Jahren. vom Landesgesundheitsamt, das die Wasser- Dabei ist die Trendgerade stark vom heißen proben mikrobiologisch untersucht, und vom Sommer 2013 geprägt. Lässt man dieses Jahr Gesundheitsamt des Landratsamtes Ludwigs- in der Auswertung weg, beträgt die Tempera- burg zur Verfügung gestellt. Dabei wird die turzunahme im Oberen Seewaldsee 2,0°C, im Unteren Seewaldsee ca. 1,5°C. Abb. 19: Wassertemperatur im Oberen Seewaldsee Abb. 20: Wassertemperatur im Unteren Seewaldsee Seite 19
Die mikrobiologischen Parameter sind in Abb. als im Oberen Seewaldsee. Ein zeitlicher 21 und Abb. 22 aufgetragen. Der gelb unter- Trend ist wegen der sehr starken Schwankun- legte Teil der Graphiken zeigt dabei den Be- gen von Messung zu Messung nicht sinnvoll reich an, in dem nach der Badewasserverord- anzugeben; allerdings zeigt sich – mit Aus- nung 95 % aller Messwerte liegen müssen, da- nahme von E. Coli im Oberen Seewaldsee - mit die Badewasserqualität als „ausgezeich- eine Häufung höherer Konzentrationen in der net“ gelten kann. Die Bakterienkonzentration zweiten gegenüber der ersten Dekade. Bisher hängt nicht direkt von der Wassertemperatur ist eine Massenvermehrung von Cyanobakte- ab, sondern vor allem von Einträgen aus der rien oder Makroalgen an den Seen nicht aufge- Landwirtschaft (tierische Exkremente als Dün- treten. Durch einen Anstieg der Wassertempe- ger). In allen Untersuchungsjahren lag das 95. ratur nimmt jedoch der Sauerstoffsättigung im Perzentil der Messungen von E. Coli unter 500 Wasser ab und damit die Gefahr zu, dass im KBE/100 ml und von Enterokokken unter 200 Zusammenhang einer stärkeren Eutrophierung KBE/100 ml; damit wurde die Badewasser- (Eintrag von Sauerstoff-zehrenden Nährstof- qualität der Seewaldseen nach der EU-Richtli- fen) die Seen „umkippen“, wobei der Untere nie jeweils als „ausgezeichnet“ eingestuft. Seewaldsee hier deutlich gefährdeter er- scheint. Dennoch zeigt sich im Unteren Seewaldsee eine deutlich höhere Bakterien-Konzentration Abb. 21: Konzentration Escherichia Coli in den Horrheimer Seewaldseen Abb. 22: Konzentration von Enterokokken in den Horrheimer Seewaldseen Seite 20
7. Wasserabfluss am Pegel Vaihingen zwischen 1995 und 2020 Daten zum Wasserdurchfluss (Abfluss) der Die Pegelstände an der Enz werden kontinuier- Enz am Pegel Vaihingen liegen seit November lich aufgezeichnet und daraus dann die Ab- 1994 vor. Der Pegel liegt 77 km unterhalb des flüsse ermittelt. Angegeben werden beim Ab- Enzursprungs und 27,7 km oberhalb der Mün- fluss die mittleren Tageswerte, die Monatsmit- dung in den Neckar. Das Wassereinzugsgebiet telwerte, die Halbjahresmittelwerte für Winter beträgt am Pegel in Vaihingen 1.662 km². Der (November bis April) und Sommer (Mai bis Hauptzufluss erfolgt über die Nagold, weshalb Oktober) und die Jahresmittelwerte, wobei als man hydrographisch vom Enz-Nagold-System „Abflussjahr“ nicht das Kalenderjahr, sondern spricht. Im gesamten Wassereinzugsgebiet der der Zeitraum vom November des Vorjahres bis Enz (2.228 km²) leben 939.000 Einwohner, die zum Oktober des Folgejahres (hydrologisches ihre Abwässer über Kläranlagen in die Enz Jahr) gilt. Außer diesen Mittelwerten werden einleiten. Das entspricht bei einem angenom- die monatlichen, halbjährlichen und jährlichen menen täglichen Wasserverbrauch von 150 l maximalen und minimalen Abflusswerte ange- pro Person einer Menge von ca. 1,6 m³/sec Ab- geben. Der zeitliche Verlauf der Abflüsse seit wasser bei der Mündung in den Neckar. 1995 ist in Abb. 23 wiedergegeben. Abb. 23: Zeitlicher Verlauf (Tagesmittelwerte) der Abflüsse an der Pegelstation Vaihingen Die jährlichen Mittelwerte für die Abflüsse la- der Abfluss im Untersuchungszeitraum um 5 gen von 1995 bis 2020 zwischen 28,0 m³/s m³/s. Im Sommer (Mai bis Oktober) waren die (2002) und 9,34 m³/s (2017), gemittelt über die Abflüsse im Schnitt um 6 m³/s niedriger (Mit- gesamten 26 Jahre betrug der durchschnittliche telwert: 12,7 m³/s), im Winter um 6 m³/s höher Abfluss 18,6 m³/s. Insgesamt ist ein deutlicher (Mittelwert 24,7 m³/s) als im Jahresmittel Rückgang des Abflusses zwischen 1995 und (siehe Abb. 24). 2020 zu erkennen; im Schnitt verringerte sich Seite 21
Abb. 24: Jahresmittelwerte der täglichen Abflüsse der Enz an der Pegelstation Vaihingen Da der arithmetische Mittelwert sehr stark von Winterhalbjahre aufgetragen. Im Vergleich zu Hochwasserereignissen beeinflusst wird, er- den Mittelwerten sind die Mediane deutlich scheint als zentrales Maß für die mittleren Ab- kleiner; beim jährlichen Abfluss und beim Ab- flüsse der Medianwert geeigneter. Der Median fluss im Sommer beträgt der Unterschied ca. 5 bezeichnet dabei den Messwert, der innerhalb m³/sec, beim Abfluss im Winter ca. 2 m³/sec. eines bestimmten Zeitraumes gleich häufig un- Die durchschnittliche Abnahme der Mediane ter- wie überschritten wird. Während der Mit- beträgt ähnlich wie beim Mittelwert pro Jahr telwert der Abflüsse seit 1995 18,6 m³/s be- ca. 0,2 m³/sec, d.h. innerhalb des Messzeit- trägt, liegt der Median im selben Zeitraum bei raums von 25 Jahren ist der Median für den 14,0 m³. In Abb. 25 sind die Medianwerte der Abfluss durchschnittlich von ca. 17 m³/sec auf täglich gemessenen Abflüsse für das jeweilige ca. 12 m³/sec zurückgegangen. Jahr bzw. die jeweiligen Sommer- und Abb. 25: Mediane der jährlichen Abflüsse der Enz an der Pegelstation Vaihingen Seite 22
Die Abflüsse zeigen insgesamt ein anderes Muster als die lokalen Niederschläge in der Umgebung von Vaihingen, die im Sommer im Mittel höher als im Winter ausfielen (siehe Abschnitt 4). Die Wasserführung der Enz in Vaihingen hängt demnach nicht so sehr vom lokalen Niederschlagsgesche- hen ab, sondern wird in stärkerem Maße durch die Niederschläge im Nordschwarzwald beeinflusst, die im Winterhalbjahr im Allgemeinen höher sind als im Sommerhalbjahr. Dies wird auch aus dem Vergleich der Niederschläge an verschiedenen Messstationen im Einzugs- gebiet der Enz deutlich ( Tab. 2). Je höher gelegen und damit je weiter Niederschläge in die Wintermonate und umso die Messstationen im Nordschwarzwald lie- höher werden die Niederschläge insgesamt. gen, umso stärker verschieben sich die . Tab. 2: Mittlere Jahresniederschläge im Einzugsgebiet der Enz zwischen 1981 und 2020 Name der Station Jahres- Nieder- Nieder- Höhe nieder- schlag schlag ü. NN schlag Sommer Winter Seewald-Besenfeld 804 m 1607 mm 722 mm 885 mm Freudenstadt (Kurgarten) *) 736 m 1575 mm 694 mm 881 mm Bad-Wildbad, Calmbach 383 m 1092 mm 538 mm 554 mm Nagold 380 m 840 mm 448 mm 392 mm Mühlacker 243 m 784 mm 429 mm 355 mm Sachsenheim 248 m 715 mm 413 mm 302 mm Vaihingen an der Enz 200 m 704 mm 403 mm 301 mm Quelle: Deutscher Wetterdienst https://www.dwd.de/DE/leistungen/klimadatendeutschland/mittelwerte/nie- der_8110_fest_html.html?view=nasPublication&nn=16102 *) Freudenstadt liegt knapp außerhalb des Einzugsbereichs des Enz-Nagold-Systems Wesentlich im Vergleich der Niederschläge gelangt. Ein beträchtlicher Teil der Nieder- und der Abflüsse der Oberflächengewässer ist schläge wird von den Pflanzen aufgenommen allerdings, dass gerade im Sommer nur ein Teil und in Abhängigkeit von der Lufttemperatur des Niederschlagswassers in die Flüsse wieder verdunstet. Seite 23
Die minimalen Abflüsse in den verschiedenen blieb, erhält man die in Abb. 27 gezeigte Gra- Jahren sind in Abb. 26 dargestellt. Sie lagen phik. Hier ist eine deutliche Zunahme zu ver- zwischen 9,4 m³/s (2002) und 4,8 m³/s (2012); zeichnen. Während Mitte der 90er Jahre jähr- auch hier ist im Lauf der Jahre ein Rückgang lich durchschnittlich nur an etwa 50 Tagen der zu erkennen (ca. 2,6 m³/s in 26 Jahren). Die Abfluss weniger als 10 m³/s betrug, stieg die- Minima wurden überwiegend im Sommer er- ser Anteil in den letzten Jahren um mehr als reicht, aber an neun Jahren lagen die Minima das Dreifache an. Inzwischen ist knapp an der im Winter knapp unter den entsprechenden Hälfe aller Tage der Abfluss von 10 m³/s un- Sommerwerten. terschritten, im Jahr 2017 war das sogar an 270 Tagen der Fall. Trägt man die Anzahl Tage pro Jahr auf, an de- nen der Abfluss in Vaihingen unter 10 m³/s Abb. 26: Minima der jährlichen Abflüsse am Pegel Vaihingen Abb. 27: Anzahl der Tage im Jahr mit einem Abfluss unter 10 m³/s Seite 24
Die Maximalwerte für die Abflüsse waren Trend über den gesamten Untersuchungszeit- von Jahr zu Jahr sehr starken Schwankungen raum (Abb. 28). Allerdings sollte daraus nicht unterworfen. Sie erreichten 1997 einen Wert gefolgert werden, dass Starkregenereignisse von 328 m³/s, im Jahr 2010 dagegen nur 70 und Überschwemmungen in Zukunft weniger m³/s. Auch hier ergibt sich ein abnehmender häufig zu erwarten sind. Abb. 28: Maxima der jährlichen Abflüsse am Pegel Vaihingen Abb. 29: Historische Hochwassermarken an der ehemaligen Zehntscheuer in der Auricher Straße 10 in Vaihingen Seite 25
8. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die vorliegenden Daten zeigen, dass in Vai- Kaltluftströme, die die Stadt in der Nacht mit hingen und Umgebung der Klimawandel be- kühlerer Luft versorgen, nicht durch Baumaß- reits in vollem Gange ist. Die durchschnittli- nahmen abgeschnitten oder behindert werden chen Tagestemperaturen sind seit 1988 bereits (siehe Abb. 30). Weiterhin müssen in der In- um knapp 1°C gestiegen, die jährlichen Maxi- nenstadt verstärkt Begrünungs- und Beschat- maltemperaturen sogar um 2,4°C. Die Anzahl tungsmaßnahmen durchgeführt werden. Die der Tropentage (Höchsttemperatur über 30°) Einrichtung von Wasserspielen und „Bächle“ hat sich in den vergangenen 33 Jahren verdop- wie z. B. in Freiburg kann ebenfalls zu einem pelt, und auch die Länge von Hitzewellen hat besseren Stadtklima führen. Bei Neubauten deutlich zugenommen. Während Tropen- und Wohnungsrenovierungen kann z. B. durch nächte (Minimaltemperatur in der Nacht nicht eine gute Wärmedämmung und durch klima- unter 20°C) vor der Jahrhundertwende nur ver- aktive Bauelemente dafür gesorgt werden, dass einzelt auftraten, ist dies immer häufiger und sich Innenräume nicht zusätzlich aufheizen oft mehrmals pro Jahr der Fall. Gerade in der und dass keine Klimaanlagen notwendig wer- letzten der drei Dekaden nach 1988 ist ein star- den, die die Luft außerhalb der Gebäude zu- ker Temperaturanstieg zu verzeichnen. sätzlich aufheizen. Ferner muss dafür gesorgt werden, dass sozial benachteiligte Personen, Dieser Temperaturanstieg vor allem in den insbesondere ältere alleinstehende Personen, Sommermonaten führt insbesondere bei älte- in Hitzeperioden ausreichend betreut werden ren Personen und bei Personen mit Vorerkran- und Angebote für einen Aufenthalt in kühlen kungen zu einer zusätzlichen Belastung des öffentlichen Gebäuden erhalten. Herz-Kreislauf-Systems. Dies trifft vor allem Menschen im Stadtzentrum, das durch die Abb. 30: Frischluftschneisen in Vaihingen dichte Bebauung und die wenigen Grünflächen nach Angaben der Klimaökologischen Ana- noch zusätzlich aufgeheizt wird. Die im Stadt- lyse vom Büro Dr. Seitz (1994) zentrum wohnenden Personen stammen im Vergleich zu den Bewohnern am Stadtrand e- her aus sozial benachteiligten Bevölkerungs- gruppen und haben meist finanziell geringere Mittel zur Verfügung, um in ihren Wohnungen Möglichkeiten zur Senkung der Lufttempera- tur durchzuführen (z. B. durch Klimaanlagen oder stärkere Wärmedämmung der Wohnun- gen). Das Statistische Landesamt Baden-Würt- temberg schätzt, dass in den Jahren 2000 bis 2018 in unserem Bundesland jährlich zwi- schen 800 und 2700 wärmebedingte Todes- fälle („Hitzetote“) auftraten. Daher müssen aus Gründen der sozialen Ge- rechtigkeit gerade im Stadtzentrum Maßnah- men getroffen werden, um dort dem Tempera- turanstieg entgegenzuwirken. Dazu muss zum Einen positiven Effekt im Hinblick auf den einen dafür gesorgt werden, dass Energiebedarf beim Heizen und auf die damit Seite 26
verbundenen Emissionen hat der Temperatur- sich aus den bisherigen Daten an den Wetter- anstieg beim Rückgang der Heiztage. Die stationen in Sachsenheim oder in Mühlacker so dadurch erfolgten finanziellen Einsparungen nicht ableiten; allerdings sind Starkregenereig- beim Energiebedarf könnten daher für andere nisse meist lokal stark begrenzte Vorkomm- Maßnahmen zur Einsparung von Kohlendi- nisse, für deren Häufigkeit und Ausmaß die oxid (z. B. Fotovoltaikanlagen) genutzt wer- Daten einzelner Wetterstationen nicht verall- den. gemeinert werden können. Vorkehrungen ge- gen Schäden durch Starkregenereignisse soll- Die Klimaerwärmung hat zu einer Verlänge- ten daher in unserer Region grundsätzlich ge- rung der Vegetationsperiode geführt und hat troffen werden. unter diesem Aspekt eine positive Wirkung für die Landwirtschaft. Allerdings kommt es Deutliche Trockenschäden haben sich bereits durch den immer früher einsetzenden Vegeta- jetzt in den Wäldern um Vaihingen gezeigt. tionsbeginn und die gleichzeitig immer später Damit kann der Wald seine vielfältigen Funk- auftretenden Nachtfröste zu einem erhöhten tionen, z. B. als Wasserspeicher, Feinstaubfil- Risiko von Frostschäden im Obst- und Wein- ter, Frischluftlieferant, Erholungsraum und bau, denen ggf. durch Maßnahmen wie Bereg- Holzlieferant, nicht mehr wie bisher erfüllen. nung in Frostnächten begegnet werden könnte. Hier muss ein Umbau der Wälder auf trocken- resistentere Holzarten erfolgen, der aber we- Probleme in der Land- und Forstwirtschaft gen des langsamen Wachstums der Bäume nur werden aber auch durch den Rückgang der verzögert einsetzen kann. Zusätzlich steigt die Niederschläge verursachet, der sich in den ver- Waldbrandgefahr in unserer Region. gangenen 33 Jahren vollzogen hat. Insgesamt gingen die Niederschläge in dieser Zeit um Neben der Land- und Forstwirtschaft ist auch 10 % zurück, wobei dies insbesondere durch die lokale Trinkwassergewinnung von einem geringere Niederschläge im Winter verursacht Rückgang der jährlichen Regenmengen beein- war. Bisher sind die lokalen Niederschläge im flusst. Dies betrifft sowohl die oberflächenna- Sommer in der Regel noch deutlich höher als hen Quellfassungen als auch die Grundwasser- im Winter, in den letzten Jahren ist hier der brunnen. Auch wenn ein völliges Versiegen Unterschied aber geringer ausgefallen. Ob die- der Trinkwasserquellen nicht zu erwarten ist, ser Trend weiter anhält, gilt es abzuwarten. Er- könnte sich die Entnahmemenge verringern höhte Trockenperioden in den Sommermona- und die Trinkwasserqualität verschlechtern, da ten Juli und August, wie es die Klimamodelle sich die Konzentration von Schadstoffen aus für unsere Region vorhersagen, waren bisher der Landwirtschaft oder der Umwelt in einem noch nicht zu erkennen. Durch den Rückgang geringeren Wasservolumen erhöht. Maßnah- der Niederschläge im Winter können aber men gegen die Versiegelung der Böden und sommerliche Trockenperioden immer weniger der Schutz von Gebieten der Trinkwasserge- ausgeglichen werden. Ein Problem bei Tro- winnung gegen einen Eintrag von Schadstof- ckenperioden ist in der Landwirtschaft auch fen müssen daher stärker in das Blickfeld ge- die Zunahme von Schadinsekten bei ge- rückt werden. schwächten Pflanzen. Um diesem Druck zu begegnen, ist eine weitere Diversifizierung bei Die beiden Badeseen auf Vaihinger Gemar- den angebauten Pflanzenarten sinnvoll. kung, der Obere und Untere Seewaldsee bei Horrheim, sind in der letzten Dekade im Som- Durch Klimamodelle wird eine Zunahme von mer deutlich wärmer geworden. Bisher ist da- Starkregenereignissen vorhergesagt. Dies lässt von die Badewasserqualität nicht signifikant Seite 27
beeinflusst. Eine stärkere Erwärmung vermin- Die geringe Wasserführung gerade im Som- dert jedoch die Sauerstofflöslichkeit des Was- mer hat eine stärkere Erwärmung des Wassers sers und könnte im Zusammenhang einer Eu- und damit einen geringeren Sauerstoffgehalt trophierung der Gewässer zu einer Destabili- zur Folge. Verstärkt wird dies zum Teil noch sierung der Sauerstoffversorgung bis zum Ab- durch den Rückgang ufernaher Bäume wie z. sterben der Wasserlebewesen führen. Hier ist B. der Eschen. Dadurch ergibt sich eine stär- daher besonders darauf zu achten, dass Ein- kere Gefährdung von Wasserlebewesen. Frei- träge von Düngemitteln aus der Landwirt- zeitaktivitäten an der Enz wie Kanufahrten schaft und dem Weinbau unterbleiben. müssen im Sommer immer mehr einge- schränkt werden. Aber auch die Entnahme von Der Rückgang der Niederschläge hat in den Flusswasser zur Bewässerung von Pflanzen in vergangenen Jahrzehnten auch zu einer deut- der Landwirtschaft (Wiesenwässerung) oder lich geringeren Wasserführung der Enz ge- im Weinbau ist bei Niedrigwasser zum Schutz führt; der Median des Abflusses ging seit Be- der Gewässerlebewesen immer weniger mög- ginn der Messungen am Pegel in Vaihingen lich. Außerdem ist der Beitrag der Wasserkraft vor 26 Jahren von ca. 17 m³/s auf jetzt etwa an der regenerativen Energieerzeugung durch 12 m³/s zurück. Dabei sind weniger die Nie- die abnehmenden Abflüsse der Enz rückläufig. derschläge im lokalen Umfeld von Vaihingen verantwortlich, sondern primär das Nieder- Generell ergibt sich zwingend aus den bisheri- schlagsgeschehen im Nordschwarzwald im gen Klimadaten, dass neben den Maßnahmen Einzugsgebiet von Enz und Nagold. Neben zur Reduktion der Kohlendioxidemissionen den Niederschlägen spielt auch die Verduns- mit dem Ziel der Klimaneutralität inzwischen tung des Wassers eine Rolle, die im Sommer auch Maßnahmen zur Anpassung an den Kli- deutlich höher als im Winter ist. Die Abflüsse mawandel notwendig werden. Hier müssen auf sind aus diesem Grund im Sommer deutlich kommunaler Ebene entsprechende Maß- geringer als im Winter. Auch die jährlichen nahme-Kataloge entwickelt und umgesetzt Minima der Abflüsse zeigen eine deutlich fal- werden. Anpassungsmaßnahmen der Kommu- lende Tendenz. Mittlerweile liegt bereits an nen können u. a. durch das Projekt „KLI- etwa der Hälfte der Tage im Jahr der Abfluss MOPASS“ der Landesregierung gefördert unter 10 m³/s. werden. Seite 28
9. Danksagung Für die Übermittlung von Daten, für Anregun- an der Enz; Carsten Scholz, Landratsamt Lud- gen, Ergänzungen und Korrekturen möchte ich wigsburg, Fachbereichsleiter Umwelt. mich bei folgenden Personen bedanken: Dankenswerterweise konnten die vollständi- Norbert Braun, Landratsamt Ludwigsburg, gen Datensätze der Wetterstationen des Deut- Fachbereich Gesundheitsschutz; Dr. Jens Flei- schen Wetterdienstes über den Serverdienst scher, Landesgesundheitsamt Baden-Würt- https://opendata.dwd.de unentgeltlich abgeru- temberg, Labor- u. Sachgebietsleiter Was- fen werden. Daten zum Grundwasser standen serhygiene; Ingo Korn, Regierungspräsidium über den Daten- und Kartendienst der LUBW Stuttgart, Außenstelle Heilbronn, Referat 53.2; unter https://udo.lubw.baden-wuerttem- Markus Mönnig, Stadtverwaltung Vaihingen berg.de/public/ unentgeltlich zur Verfügung. Seite 29
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