Kormoran (Phalacrocorax carbo)
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kormoran (Phalacrocorax carbo) Wechselbad aus Bekämpfung und Schutz D er Kormoran ist eine Vogelart, die in Deutschland das Schicksal zahlreicher FOTO: ANTJE DEEPEN-WIECZOREK / PICLEASE Prädatoren teilt: einstmals mit allen Mitteln verfolgt und extrem selten ge- worden, heute intensiv geschützt, mit ansteigenden Beständen, doch hohen Barrieren für eine Entnahme, wird der Vogel das Image einer „Problemart“ nicht los. Er ist damit ein tragisches Symbol für die Neigung unserer Gesellschaft zu Extremen. Auf einen Blick Zwischen Bekämpfung mit allen Mitteln einerseits und übertriebenem Schutz an- dererseits fällt es uns hierzulande schwer, einen entspannten Mittelweg zu finden. Dabei ist auch in diesem Fall, ganz ähnlich wie bei Wolf, Bär, Rothirsch, Reh, Biber 75 bis 95 cm Länge oder Schwarzwild nicht der Kormoran das Problem, sondern es prallen extrem unterschiedliche menschliche Nutzungsinteressen an der Natur aufeinander, das Tier 1.600 bis 3.200 g ist letztlich der Leidtragende, hier in einem Konflikt zwischen Fischereiwirtschaft und Naturschutz. April bis Juni Die Artbezeichnung stammt letztlich aus dem Lateinischen („Corax marinus“), was so viel wie See- oder Meeresrabe bedeutet, der wissenschaftliche Gattungsname Drei bis vier, selten bis zu sechs Eier wiederum aus dem (Alt-) Griechischen von „ĸȯραξ“ (Rabe) sowie „Φαλακρος“ (kahl, kahlköpfig) und verweist vermutlich auf den mit kurzen weißen Federn durchsetzten, Unterliegt dem Naturschutzrecht. und somit kahl wirkenden Scheitel. Eine Bejagung zur Abwehr erheblicher fischereiwirtschaft- Kormorane leben von der amerikanischen Ostküste über große Teile Eurasiens bis licher Schäden und zum Schutz nach Australien und Neuseeland in zahlreichen Unterarten, dabei sind sie an große der heimischen Tierwelt in der Zeit vom 16. August bis 14. März Gewässer, Meeresküsten oder große Binnengewässer, gebunden. Sie ernähren sich (bis 31. März an geschlossenen nahezu ausschließlich von Fischen, welche sie tauchend erbeuten. In Ost- und Südo- Gewässern) im Umkreis von 200 stasien werden gezähmte Kormorane als Helfer beim Fischfang eingesetzt, wobei ein Metern um Gewässer ist möglich. enganliegender Halsring sie daran hindert, die gefangenen Fische aus dem Kehlsack in Ausgenommen davon sind Natur- den Magen zu schlucken, welche sie nach dem Auftauchen ihrem Besitzer überlassen schutzgebiete, Nationalparke und müssen. Früher wurde auch in einigen Regionen Europas die Kormoranfischerei betrie- europäische Vogelschutzgebiete. ben (vergl. Beike 2012). Entnahme auf Grundlage der Artenschutzrechlichen Ausnahme- verordnung (AAV) Kormorane nutzen diejenigen Fische, die möglichst leicht zu erbeuten und gerade verfügbar sind. Somit können sie in Teichanlagen mit hohem Besatz große Schäden an- RL *; s richten. Allerdings gibt es auch Klagen der Binnenfischer, dass die Bestände heimischer Süßwasserfische beim Auftreten von Kormoranen in großer Zahl durchaus signifikant Seite 118 Landesjagdverband Bayern
Kormoran reduziert werden. Schließlich gibt es auch Klagen seitens des Artenschutzes, dass lokal seltene Fischarten, oftmals die Äsche oder die Bachforelle, durch den Einfluss des Kor- morans verschwinden. Besonders problematisch ist die Tatsache, dass der Kormoran als Koloniebrüter (mit z. T. mehreren Tausend Brutpaaren) lokal sehr konzentriert auftritt und dementspre- chend seine Fraßeinwirkungen ebenfalls sehr lokal konzentriert sind. Seit Jahrhunderten wird der Kormoran vom Menschen intensiv verfolgt, regulär und nachhaltig bejagt wurde er nie. Das hatte in großen Teilen Mitteleuropas, insbesondere im Binnenland, das Verschwinden von Brutkolonien zur Folge. Erst die zunehmende Unterschutzstellung (in Deutschland seit Mitte der 1930er Jahre) hat eine Zuwande- rung aus Gebieten mit stabilen Beständen, insbesondere den Niederlanden und Polen, seit etwa den 1940er Jahren ermöglicht. Heute leben in Deutschland wieder mehr als 25000 Brutpaare. Der Kormoran wird nur durch wenige Prädatoren dezimiert, neben dem Seeadler und Rabenvögeln als Nestprädatoren gehört dazu seit einigen Jahren zu- nehmend der Waschbär, welcher sich als Neozoon ebenfalls in wasserreichen Regionen gut vermehrt. Da eine reguläre Nutzung des Kormorans – etwa im Gegensatz zum Biber- in Mit- teleuropa keine Tradition hat, erscheint es auch fraglich, ob es sinnvoll ist, die Art in Zukunft beispielsweise dem Schutz und der nachhaltigen Nutzung des Jagdrechts zu unterstellen. Die Unterstellung unter das Naturschutzrecht erschwert allerdings regu- lierende Eingriffe in die Bestände ebenso wie einzelne Vergrämungsmaßnahmen durch Erlegen einer kleineren Anzahl Vögel. Solche Maßnahmen erfolgen regelmäßig, sind in ihrem Erfolg teilweise umstritten und können nur unter sehr aufwendigen büro- kratischen Auflagen erfolgen. Andererseits sind solche legalen gezielten Eingriffe mit Sondergenehmigung aus Artenschutzsicht deutlich günstiger zu bewerten, als etwa (meist illegale) Störungen der Brutkolonien, welche in der Vergangenheit auch verein- zelt beobachtet wurden. Auch wenn der Kormoran nicht dem Jagdrecht unterliegt, ist es sinnvoll und wichtig, dass sich Jäger an der regelmäßigen Erfassung der Bestände mit ihrer Orts- und Fachkenntnis beteiligen. Wildtiermonitoring 2021 Seite 119
Kormoran Kormoranstrecken in Bayern 13000 12000 11000 10000 9000 INDIVIDUEN 8000 7000 6000 5000 QUELLE: BAYSTMELF; GRAFIK: TAUSENDBLAUWERK 4000 3000 2000 1000 0 2010/2 2009/2 2011/2 2012/2 2013/2 2014/2 2015/2 2016/2 2017/2 2018/2 2019/2 011 010 012 013 014 015 016 017 018 019 020 Kormoranstrecken in Bayern 2009 – 2020 Seite 120 Landesjagdverband Bayern
Erfurt Bearbeitung: Regina Gerecht, Bayerischer Jagdverband Kormoran DATENQUELLE: BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ; KARTENGRUNDLAGEN: ESRI; BEARBEITUNG: REGINA GERECHT (BJV) Kormoranstrecken auf Landkreisebene im Jagdjahr 2019/2020 Würz Prag Bayreuth Würzburg Pilsen Stuttgart Ansbach Regensburg Kartengrundlagen: Esri Stuttgart Landshut Augsburg München aatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz Vaduz Salzburg Kormoranstrecken 2019/2020 0 / keine Strecke 1 - 50 51 - 100 101 - 200 Vaduz 201 - 300 0 25 50 75 100 km N 301 - 599 Wildtiermonitoring 2021 Seite 121 Kormoranstrecken
Erfurt Kormoran ! Würzburg Bearbeitung: Regina Gerecht, Bayerischer Jagdverband ! DATENQUELLE: BAYERISCHER JAGDVERBAND; KARTENGRUNDLAGEN: ESRI; TSCHECHIEN: OPENSTREETMAP, ODBL 1.0; BEARBEITUNG: REGINA GERECHT (BJV) Gemeldete Kormoran-Vorkommen 2019 Ansbach ! Prag ! Stuttgart Bayreuth ! ! Würzburg ! Pilsen ! Au ! Ansbach ! Regensburg Kartengrundlagen: Esri; Tschechien: OpenStreetMap, ODbL 1.0 ! Stuttgart ! Landshut ! Augsburg Vaduz ! ! München ! Salzburg ! Kormoran 2016 und 2019 2019 2016 Vaduz kein Nachweis ! 0 25 50 75 100 km N keine Angabe 0 dverband Seite 122 Landesjagdverband Bayern
Kormoran Zum Nach- und Weiterlesen Beike, M. Die Geschichte der Kormoranfischerei in Europa. Die Vogelwelt 133, 1-21, 2012. Glutz von Blotzheim, U. N.; Bauer, K. M. Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 1, Gaviiformes – Phoenicopteriformes. Aula-Verlag, Wiesbaden, 1987. Herrmann, C. Der Kormoran Phalacrocorax carbo sinensis in Mecklenburg und Pommern von ausgehenden 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Vogelwelt 132, 1-16, 2011. Herrmann, C. Kormoranbericht Mecklenburg-Vor- pommern 2011. Landesamt für Umwelt, Natur- schutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern, 2011. http://www.lung.mv-regierung.de/dateien/ kormoranbericht_mv_2011.pdf Svensson, L.; Grant, P. J.; Mularney, K.; Zetterström, D. Der neue Kosmos-Vogelführer, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart 1999. Wildtiermonitoring 2021 Seite 123
Sie können auch lesen