Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht

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Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht
themenschwerpunkt

Wien Med Wochenschr (2020) 170:392–402
https://doi.org/10.1007/s10354-020-00782-x

Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus
thyreologischer Sicht
Peter Mikosch         · Eva Trifina-Mikosch · Katharina Saidler · Jennifer Kellner · Susanne Suhrau

Eingegangen: 4. August 2020 / Angenommen: 19. August 2020 / Online publiziert: 7. Oktober 2020
© Der/die Autor(en) 2020

Zusammenfassung Bei einzelnen Schilddrüsener-                      ergänzt von einem Algorithmus zur Selektion von Pati-
krankungen (Immunthyreopathie Morbus Basedow,                      enten für eine Kur in Kurorten mit jodhaltigem Wasser
Immunthyreopathie Hashimoto, Struma mit Auto-                      wird präsentiert, um mögliche negative jodinduzierte
nomie) sollte eine übermäßige Jodzufuhr vermieden                  Schilddrüsenfehlfunktionen schon vor Kurantritt zu
werden. Betreffend alimentärer Jodzufuhr gibt es dazu              vermeiden. Dem klinisch tätigen Arzt wird damit eine
reichliches Informationsmaterial. Kuranwendungen                   Unterstützung in der Entscheidungsfindung bei der
werden zu einem breiten Indikationsspektrum einge-                 Auswahl bzw. Ablehnung einer jodhaltigen Kuran-
setzt und tragen einen wichtigen Teil zur Therapie ge-             wendung für seine Patienten zur Verfügung gestellt.
rade chronisch degenerativen Erkrankungen, zur Re-
habilitation nach Traumen oder Tumorerkrankungen                   Schlüsselwörter Schilddrüse · Hyperthyreose ·
bei. Eine Jodzufuhr ist auch bei Kuranwendungen mit                Hypothyreose · Jod · Jodhaltige Heilquellen
jodhaltigem Thermalwasser möglich, das Ausmaß der
Jodzufuhr ist dabei abhängig von der Applikations-                 Iodine-rich thermal water in cure and
form und der Expositionsdauer. Informationsmaterial                rehabilitation from the perspective of the thyroid
dazu ist nur spärlich in der Literatur zu finden. Der              gland
Artikel betrachtet jodhaltige Kuranwendungen aus
thyreologischer Sicht im Spannungsfeld von positiven               Summary Excessive iodine intake should be avoided
und möglichen negativen Auswirkungen einer jod-                    in certain thyroid disorders, such as Graves’ disease,
haltigen Kuranwendung. Neben einem Einblick in die                 Hashimoto’s thyroiditis and thyroid goiter with au-
Physiologie und Pathophysiologie des Jodstoffwech-                 tonomous nodules. Regarding alimentary iodine in-
sels und Auswirkungen auf einzelne Schilddrüsener-                 take broad information can be found in the litera-
krankungen wird die Intensität einer Jodaufnahme                   ture or the internet. Cure and rehabilitation therapy is
bei unterschiedlichen Kuranwendungen dargestellt.                  used in many clinical settings, such as chronic degen-
Eine Übersicht von Kurorten/Thermen mit jodhalti-                  erative disorders of the musculoskeletal system, reha-
gem Wasser in Österreich und seinen Nachbarstaaten                 bilitation after trauma, after treatment of malignant
                                                                   tumors and many others. Iodine intake with iodine-
                                                                   rich thermal water during cure and rehabilitation is
Zusatzmaterial online Zusätzliche Informationen sind in
der Online-Version dieses Artikels (https://doi.org/10.1007/       possible and the extent depends in particular on the
s10354-020-00782-x) enthalten.                                     route of application and the duration of treatment. In-
                                                                   formation on this topic can be hardly found in the lit-
Prim. Univ.-Prof. Dr. P. Mikosch () · K. Saidler · J. Kellner ·
S. Suhrau
                                                                   erature. This article analyses iodine-rich cure and re-
2. Medizinische Abteilung, Landesklinikum Mistelbach,              habilitation treatment with iodine-rich thermal water
Mistelbach, Österreich                                             from the point of view of the thyroid gland. The pos-
peter.mikosch@meduniwien.ac.at                                     itive and possible negative effects of treatment with
Prim. Univ.-Prof. Dr. P. Mikosch · E. Trifina-Mikosch ·
                                                                   iodine-rich thermal water on thyroid function are elu-
K. Saidler                                                         cidated. Apart from an insight into the physiology and
Medizinische Universität Wien, Externe Lehre, Wien,                pathophysiology of iodine metabolism, the extent of
Österreich                                                         iodine intake during cure and rehabilitation treatment

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is presented depending on the route of application          vom US Institute of Medicine in Zusammenarbeit mit
and the clinical implications for certain thyroid disor-    der Weltgesundheitsorganisation (WHO), United Nati-
ders are discussed. An overview of cure and rehabil-        ons Children’s Fund (UNICEF) und dem International
itation centers in Austria and neighboring countries        Council for the Control of Iodine Deficiency Disorders
is given. In addition, an algorithm for the clinical se-    (ICCIDD) eine tägliche Jodzufuhr von 150 µg empfoh-
lection of patients unsuitable for high iodine intake       len sowie 1100 µg/Tag als tolerable maximale Jodbe-
and who should thus avoid an iodine-rich cure or re-        lastung festgelegt, bei der es bei gesunden Erwachse-
habilitation treatment is presented in order to assist      nen zu keinen negativen Auswirkungen kommen soll-
clinicians in optimally selecting patients for cure or      te [6, 7]. Das Scientific Committee on Food der Euro-
rehabilitation treatment with iodine-rich thermal wa-       päischen Union setzte in deren Empfehlung die maxi-
ter.                                                        mal tolerable Jodmenge für einen normalgewichtigen
                                                            (60 kg) Erwachsenen mit 600 µg/Tag deutlich niedriger
Keywords Thyroid gland · Hypothyroidism ·                   an [8]. Für Österreich, Deutschland und die Schweiz
Hyperthyroidism · Iodine · Spa                              weisen die nationalen Ernährungsgesellschaften da-
                                                            rauf hin, dass diese Grenzwerte für bekannte Jodman-
                                                            gelgebiete nicht anwendbar sind und in diesen Gebie-
Für die Schilddrüsenfunktion stellt Jod einen essen-        ten niedriger angesetzt werden müssen [9]. So emp-
ziellen Faktor dar [1]. Zu geringe als auch zu ho-          fehlen diese Fachgesellschaften, dass die maximale
he Jodzufuhr kann insbesondere bei Personen mit             Jodbelastung 500 µg/Tag nicht überschreiten sollte [9].
Schilddrüsenvorerkrankungen pathologische Verän-               Österreich stellte bis 1963 ein extremes Jodmangel-
derungen der Schilddrüsenfunktion hervorrufen. Jod          gebiet mit hoher Prävalenz von Schilddrüsenstruma
kommt in unterschiedlichen chemischen Verbindun-            dar [10]. Gleiches gilt auch für andere Regionen Mit-
gen in größeren Mengen nur im Meer (in Meeresalgen          teleuropas abseits von Küstenregionen. In Österreich
mit Konzentration von Jodid bis auf eine 3000-fache         wurde 1963 eine gesetzlich vorgeschriebene Supple-
Konzentration im Vergleich zu Jodid im Meerwasser)          mentierung von Speisesalz mit 10 mg Kaliumjodid/kg
sowie in heißen Quellen aus dem Erdinneren vor [2].         Speisesalz eingeführt, wodurch die Strumafrequenz
Die Möglichkeiten einer Jodzufuhr im täglichen Leben        verringert [11] und die Jodidausscheidung im Harn
sind jedoch vielfältig [1]. Neben einer gezielten Jod-      bei Kindern verbessert werden konnte [11], nicht
zufuhr (z. B. jodiertes Speisesalz, Jodierung von Trink-    jedoch bei Erwachsenen [12]. Durch eine weitere
wasser) zwecks Beseitigung von Jodmangel, welcher           Anhebung der Supplementierung auf 20 mg Kalium-
in vielen Weltregionen vorhanden ist, gibt es auch          jodid/kg Speisesalz ab 1990 konnte die Jodversorgung
diverse Jodquellen (Fischprodukte, Algenprodukte,           der Bevölkerung weiter verbessert bzw. normalisiert
einzelne Mineralwässer, jodhaltige Röntgenkontrast-         werden [13, 14]. Durch die Beseitigung der pathophy-
mittel, jodhaltige Medikamente), die zu einer hohen         siologischen Ursache für die Entstehung der Jodman-
Jodbelastung mit negativen Folgen für Personen mit          gelstruma konnte die Strumaprävalenz in Österreich
Schilddrüsenerkrankungen führen können [1, 3, 4].           relevant gesenkt werden [10, 14]. Gleichzeitig ergab
   Als Bestandteil der Schilddrüsenhormone Trijod-          sich jedoch ein Anstieg der Prävalenz von Immunthy-
thyronin und Tetrajodthyronin spielt Jod eine zentra-       reopathien auf ein Niveau vergleichbar mit Ländern
le Rolle in der Physiologie und Pathophysiologie der        mit guter Jodversorgung [10]. Aus anderen Ländern
Schilddrüse. Durch Jodmangel kann eine Schilddrü-           liegen vergleichbare Ergebnisse zur Minderung des
senunterfunktion hervorgerufen werden, und über             Jodmangels und der Strumaprävalenz vor [15–17],
Jahre kann es zur Entwicklung einer diffusen und/           wobei in einzelnen Ländern auch übermäßige Jod-
oder nodulären Struma durch Hyperplasie der Schild-         zufuhr bzw. fortbestehender Jodmangel festgestellt
drüsenfollikel kommen. Gleichzeitig kann sich die           werden konnte [15–18].
Menge autonomer Schilddrüsenzellen in der gesam-               Neben einer Speisesalzjodierung, wie z. B. in Öster-
ten Schilddrüse bzw. einzelnen Schilddrüsenknoten           reich, gibt es auch weitere Möglichkeiten der systema-
vermehren mit der Folge einer diffusen oder no-             tischen Jodzufuhr. Mit Jod versetztes Trinkwasser (Jo-
dulären Schilddrüsenautonomie. Werden Patienten,            dierung von Wasser in Jodmangelgebieten oder Jodzu-
die einem langjährigen Jodmangelzustand ausgesetzt          gabe zwecks Wasserdesinfektion), Zugabe von Jod im
waren, mit größeren Jodmengen exponiert, können             Tierfutter, zu Brot oder anderen Lebensmitteln stellen
Schilddrüsenautonomien dekompensieren und eine              alternative Möglichkeiten zur Jodzufuhr dar [16–20],
Hyperthyreose hervorrufen. Bei Immunthyreopathien           um den in vielen Regionen der Welt vorkommenden
(Immunthyreopathie Hashimoto, Morbus Basedow)               Jodmangel bzw. wasserhygienische Probleme zu be-
kann eine hohe Jodexposition ebenfalls eine Hyper-          heben [1].
thyreose auslösen [1, 2].                                      Kuranwendungen werden mit vielfältigen Indika-
   Eine tägliche Jodzufuhr von 100–299 µg/l, gemes-         tionen als positiver Beitrag für die Patientengesund-
sen als Jodausscheidung im Harn, wird als normal er-        heit angeboten [21]. Unter der Vielzahl von Kuran-
forderliche Jodzufuhr angesehen [5]. Für erwachsene         wendungen mit natürlichen Heilwässern werden an
Personen, die nicht schwanger sind oder stillen, wurde      einzelnen Kurorten auch jodhaltige Kuranwendungen

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angeboten, womit diese neben gewünschten positi-               1 mg/kg über die Dauer von 1, 4 und 8 Tagen bei
ven Kureffekten auch mögliche negative jodinduzierte           erwachsenen Ratten. Die Schilddrüsenhormone zeig-
Folgen haben können.                                           ten keine Veränderung im Beobachtungszeitraum,
   Der Artikel betrachtet Kuranwendungen aus thy-              es ergab sich jedoch ein Wolff-Chaikoff-Effekt mit
reologischer Sicht im Spannungsfeld von positiven              prompter Erniedrigung der NIS und MCT8-mRNA-
und möglichen negativen Auswirkungen jodhaltiger               Expression um –58 % bzw. –26 %. Nachfolgend ergab
Kuranwendungen. Die Betrachtungen sind natürlich               sich auch eine verminderte Expression von Thyreo-
auch auf nicht kurmäßige Kontakte mit jodhaltigem              peroxidase(TPO)-mRNA um –33 % in Kombination
Thermalwasser anwendbar, sofern diese wiederholt               mit einer vermehrten Stimulation von „pendred syn-
und über längere Zeiträume erfolgen.                           drome gene“(PDS)-mRNA um +62 %. Somit konnte
                                                               gezeigt werden, dass eine Jodexposition eine prompte
Physiologie und Pathophysiologie des                           Veränderung der Genexpression im Zusammenhang
Jodstoffwechsels bei Jodbelastungen                            mit der Synthese und Sekretion von Schilddrüsenhor-
                                                               monen bedingt [23].
Organisches und anorganisches Jod wird mit der                    Im Gegensatz zur kurzfristigen Jodexposition erga-
Nahrung als Jodid im oberen Dünndarm zu über                   ben Studien mit längerfristiger Jodexposition ande-
90 % resorbiert. Von der Schilddrüse wird Jodid ak-            re Ergebnisse betreffend Schilddrüsenhormonwerte.
tiv über den Natrium-Jodid-Symporter (NIS) gegen               Joddefiziente Ratten erhielten 20 µg/kg Jodid für die
einen Konzentrationsgradienten in die Schilddrüsen-            Dauer von 17 Monaten als transdermale Mikroemulsi-
zellen aufgenommen. Je geringer der Jodgehalt in der           on. Nach 4 Wochen Exposition stiegen die T3- und T4-
Schilddrüse, desto mehr Jod wird in der Schilddrüse            Werte signifikant an, und TSH fiel signifikant ab, die
aktiv aufgenommen [2]. Bei ausreichender Sättigung             Jodidausscheidung im Harn erhöhte sich signifikant
der Schilddrüse mit Jod wird überschüssiges freies             [24]. Vergleichbare Ergebnisse ergaben sich in einer
Jodid über die Nieren ausgeschieden. Damit ist die             weiteren Studie durch Applikation einer transderma-
Ausscheidung von Jodid über die Nieren ein guter               len Jodidmikroemulsion bei Sprague-Dawley-Ratten.
Parameter für die Qualität der Jodversorgung einer             Innerhalb von 4 Wochen kam es zu einem Anstieg von
Bevölkerung. Hohe Joddosen hemmen direkt die NIS-              T3 und T4 und einem Abfall von TSH bei gleichzei-
Aktivität unabhängig von Thyreoidea-stimulierendem             tigem Anstieg der Harnjodidausscheidung [24]. Diese
Hormon (TSH). Dies wird als Wolff-Chaikoff-Effekt              Ergebnisse einer längerfristigen Jodexposition sind so-
bezeichnet und stellt einen Kompensationsmechanis-             mit mit einer jodinduzierten Hyperthyreose vereinbar.
mus der gesunden Schilddrüse zur Prävention einer
hyperthyreoten Stoffwechsellage bei hohem Jodplas-             Überdurchschnittliche Jodzufuhr
maspiegel durch gesteigerte Jodzufuhr (Jodexzess) dar
[1, 2]. Die Folge hoher Joddosen ist eine Hypothyreo-          Bei gesunden Personen wird eine hohe bzw. über-
se für die Dauer von etwa 7 bis 14 Tagen. Der Wolff-           durchschnittliche Jodzufuhr in der Regel gut vertragen
Chaikoff-Effekt ist selbstlimitierend. Unabhängig von          [25]. Bei einzelnen Personen kann jedoch eine über-
der Jodplasmakonzentration kommt es nachfolgend                durchschnittliche Jodzufuhr zu gehäuftem Auftreten
zur Wiederaufnahme der Hormonsynthese und einer                von latenter/manifester Hypothyreose, Hyperthyreo-
deutlichen Hyperthyreose trotz des erhöhten Jodan-             se, einem Anstieg von Schilddrüsenautoantikörpern
gebots (Escape-Phänomen) [2].                                  und zu gehäuftem Auftreten von Immunthyreopa-
                                                               thien führen [1, 16, 18, 25]. Gerade Personen, die
Tierstudien mit Jodexposition                                  vorab einen Jodmangelzustand aufwiesen, haben ei-
                                                               ne erhöhte Gefährdung betreffend Entwicklung einer
Tierstudien, die ein Modell für eine mögliche Exposi-          Schilddrüsenfehlfunktion [25]. Auch bei Patienten mit
tion mit potenziell hohen Joddosen vergleichbar wie            vorangegangener Post-partum-Thyreoiditis, Morbus
bei einer Kuranwendung darstellen, ergaben Einblicke           Basedow, Immunthyreopathie Hashimoto, Therapie
in zugrunde liegende zelluläre Veränderungen, ausge-           mit Interferon bzw. Amiodaron zeigte sich gehäuft ei-
löst durch Jodexposition.                                      ne gestörte Schilddrüsenfunktion nach Jodexposition
   Arriagada et al. [22] konnten in einem In-vitro-Mo-         [26].
del an Rattenzellen zeigen, dass eine Exposition mit              Quellen einer überdurchschnittlichen Jodzufuhr
hohen Joddosen für 1 bis 2 Tage zu einer Inhibition            bzw. eines Jodexzesses können neben einer übermä-
der Schilddrüsenhormonsynthese über den bekann-                ßigen Jodzufuhr über die Nahrung bzw. jodiertem
ten Wolff-Chaikoff-Effekt führt. Dies wird über eine           Speisesalz auch Medikamente (Amiodaron), topisch
gesteigerte H2O2-Produktion generiert, die nachfol-            appliziertes Jod als Desinfektionsmittel bzw. Antisep-
gend zu einer Reduktion der NIS-Expression führt.              tikum [Polyvidon-Jod – PVP: Poly(1-(2-oxo-1-pyrroli-
Die Blockade trat innerhalb von 2–5 h nach Jodexpo-            dinyl)ethylen)iod-Komplex], jodhaltige Vaginal- oder
sition auf. Reaktive Sauerstoffderivate konnten diese          Mundspülungen, jodhaltige Zahnpasten, jodhaltige
Reaktion wieder aufheben [22]. Lebsir et al. [23] ana-         Röntgenkontrastmittel sein [1]. In Einzelfällen kann
lysierten die Auswirkungen einer Jodexposition mit             zu Desinfektionszwecken jodiertes Trinkwasser bei

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Personen mit Schilddrüsenvorerkrankungen zu einer          Herz-Kreislauf-Systems, arterieller Hypertonie, Bron-
Hyperthyreose führen [19]. Auch haben einzelne Mi-         chitis, degenerativen Augenerkrankungen, psychi-
neralwässer einen hohen Jodanteil [4], und es wird         schen Erkrankungen, Erkrankungen des Immunsys-
empfohlen, dass jodhaltige Lebensmittel und Mine-          tems zwecks Regeneration bzw. Stärkung der Organ-
ralwässer bei Erkrankungen der Schilddrüse, die zur        funktionen und können in unterschiedlichster Form
Hyperthyreose neigen können (Struma mit Autono-            angewendet werden (z. B. Bad, Inhalation, Trinkkur,
mie, Morbus Basedow), gemieden werden sollten [4].         Packungen, Iontophorese) [25, 28–30].

Heilquellen                                                Jodhaltige Kuranwendungen

Eine Heilquelle ist ein Heilvorkommen, das aufgrund        Diverse Elemente wie Jod, Selen, Brom und Eisen
von besonderen Eigenschaften ohne Abänderung der           spielen eine wichtige Rolle bei der Schilddrüsen-
natürlichen Zusammensetzung eine wissenschaftlich          hormonproduktion bzw. der Steuerung der Schild-
anerkannte Heilwirkung entfalten kann [21]. Heil-          drüsenfunktion [31, 32]. Aus thyreologischer Sicht
quellen enthalten typischerweise relevante Anteile an      ist insbesondere die Jodzufuhr eine relevante Frage
Eisen, Magnesium, Kalzium, Jod, Schwefel, schwach          bei einer Kuranwendung, kann doch Jod bei jodhal-
radioaktiven Bestandteilen, wie z. B. Radon, gelöstes      tiger Kuranwendung von extern (Bad, Packungen)
Kochsalz (Sole) oder natürliche Kohlensäure, wobei         oder intern (Trinkkur, Inhalation) ggf. in größerer
für die Anerkennung als Heilquelle ein Mindestgehalt       Menge während einer 3- bis 4-wöchigen Kur zuge-
an gelösten festen Stoffen von 1 g/kg Wasser vorlie-       führt werden [33]. Historisch gesehen wurde schon
gen muss. Liegt eine Mineralisierung unter 1 g/kg          frühzeitig auf die heilende Wirkung von jodreichen
Wasser vor, wird von akratischen oder mineralarmen         Thermalquellen hingewiesen [24, 33–35]. So z. B.
Heilquellen gesprochen. Auf der Basis der Austritt-        wurde für die stärkste jodhaltige Thermalquelle Ös-
stemperatur einer Heilquelle wird auch zwischen            terreichs in Hall/Oberösterreich die positive Wirkung
kalten Heilquellen mit einer Temperatur unter 20 °C        des Thermalwassers bei Kropferkrankungen schon
und Thermalquellen mit einer Temperatur über 20 °C         1777 von Heinrich Johann Nepomuk von Crantz im
unterschieden [21].                                        Werk „Gesundbrunnen der österreichischen Monar-
   Die Nutzung von Thermalquellen hat eine lange           chie“ lobend erwähnt [36]. Neben einer allgemein
Geschichte [27, 28]. Als älteste Reste einer Heilquelle    vitalisierenden und belebenden Wirkung konnten po-
im Alpenraum wurde eine über 3000 Jahre alte Quell-        sitive Effekte von jodhaltigen Kuranwendungen auf
fassung aus der Bronzezeit mit keltischem Ursprung         Herz-Kreislauf-System, rheologische Eigenschaften
bei einer Quelle in St. Moritz gefunden. In römischer      des Bluts, Schilddrüsenvergrößerung, Lipidmetabo-
Zeit wurden Mineral- und Thermalquellen in allen           lismus, Lungenfunktion und bei Augenerkrankungen
Teilen des römischen Reiches genutzt und stellten          beschrieben werden [21, 28, 29, 33]. Auch bei Se-
einen wichtigen Bestandteil damaliger Lebenskultur         kretionsanomalien des Magens und entzündlichen
dar. Römische Feldlager wurden oft in der Nähe hei-        Magen-Darm-Erkrankungen liegen positive Ergebnis-
ßer Quellen angelegt und waren dadurch die Basis           se für Jod als Heilmittel vor [35]. Auf der Basis dieser
vieler heute noch bekannter Thermenorte, wie z. B.         Erkenntnisse stellen aktuell arterieller Hypertonus,
Aquae Mattiacae (Wiesbaden), Aquae Gratianae (Aix          Arteriosklerose, chronische Bronchitis, chronische
les Bains), Aquae Sextiae (Aix en Provence), Vicus         Venenerkrankungen, Jodmangelzustände, entzündli-
Aquarum (Baden in der Schweiz), Civitas Aquensis           che Magen-Darm-Erkrankungen, Erkrankungen des
(Baden-Baden), Aquae Sulis (Bath) und Aquisgranum          Stütz- und Bewegungsapparates sowie diverse Haut-
(Aachen). Auf dem Gebiet von Österreich waren die          und Augenerkrankungen Indikationen für Kuranwen-
warmen Schwefelquellen von Baden bei Wien und              dungen mit jodhaltigem Thermalwasser dar [21, 27,
die Thermalquelle von Villach schon zur Römer-             28, 33, 35, 37, 38].
zeit bekannt. Reste römischer Bäder bzw. Thermen              Einzelne Kuranstalten bzw. Kurmittelverzeichnisse
in Deutschland (z. B. Barbarathermen und Kaiser-           erwähnen neben den vielfältigen Indikationen zu den
thermen in Trier, Römerbad Jagsthausen, Römerbad           Kuranwendungen auch mögliche Nebenwirkungen
in Badenweiler), Österreich (z. B. Carnuntum) und          einer jodhaltigen Kuranwendung auf die Schilddrüse,
Schweiz (z. B. Baden/Aquae Helveticae) zeugen auch         wie z. B. temporäre Hypothyreose [29], bzw. medi-
heute noch von dieser frühen Verbreitung einer Bä-         zinische Kontraindikationen von jodhaltigen Kuran-
derkultur nördlich der Alpen bzw. in Mitteleuropa.         wendungen [28, 29, 37–39]. Bei einzelnen Thermen
                                                           mit jodhaltigen Thermalwässern wird folglich explizit
Kuraufenthalte                                             darauf hingewiesen, dass Patienten mit Schilddrü-
                                                           senvorerkrankungen, insbesondere bekannte Hyper-
In Österreich werden Kuraufenthalte in der Regel für       thyreose, bedingt durch Schilddrüsenautonomie oder
3 bis 4 Wochen gewährt [21, 28]. Kuranwendungen            Immunerkrankungen der Schilddrüse, für eine Kuran-
haben eine breite Indikationsstellung insbesonde-          wendung mit jodhaltigen Kurmitteln nicht geeignet
re bei Erkrankungen des Bewegungsapparates, des            sind [37–39].

K                                          Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht   395
themenschwerpunkt

   Aus thyreologischer Sicht ergeben sich für die Kli-         untersuchten Schulkindern 186 ± 145 µg Jod/g Crea,
nik mehrere Fragen: Können Patienten, die keine                nach 20 einstündigen Bädern betrug die Harnjodid-
Schilddrüsenvorerkrankung haben, aus thyreologi-               ausscheidung 386,2 ± 190 µg Jod/g Crea. Bei Inhala-
scher Sicht ohne Bedenken eine Kuranwendung mit                tionen wurde zwischen „trockenen“ und „feuchten“
jodhaltigem Thermalwasser durchführen? Welchen                 Inhalationen unterschieden. In Testserien nach 10
Patienten mit einer Schilddrüsenvorerkrankung kön-             trockenen Inhalationen (Inhalation mit 398 ± 37 µg
nen keine jodhaltigen Kuranwendungen empfohlen                 Jod/m3) wurde errechnet, dass 151,6 µg Jod pro In-
werden, und bei welchen Konstellationen ist ein Ku-            halation aufgenommen wurde. Bei einer zweiten
rantritt unter dem Gesichtspunkt einer Risiko-Nut-             Testserie mit feuchten Inhalationen (Inhalation mit
zen-Abwägung möglich? An welchen Kurorten gibt es              287 ± 90 µg Jod/m3) ergab sich eine mittlere Inhalation
jodhaltige Kuranwendungen? Nach welchem Algorith-              von 109,3 µg Jod pro Applikation. Die Harnjodidaus-
mus könnte eine Selektion von Patienten vor Kuran-             scheidung stieg um 82 ± 23 µg Jod/g Crea bis zum
tritt vorgenommen werden, um das Risiko möglicher              Ende der Applikationen an [43]; 24 h nach jodhaltigen
negativer Auswirkungen einer erhöhten Jodzufuhr zu             Inhalationen fanden sich 34 %, nach Ingestion von
minimieren?                                                    jodhaltigem Wasser 87 % der zugeführten Jodmenge
                                                               im Körper [43]. Die zugeführten Jodmengen wurden
Jodaufnahme bei Kuranwendungen                                 nachfolgend rasch über die Nieren ausgeschieden,
                                                               und die größten Jodmengen konnten in den ersten
Bei Kuranwendungen kann Jod über unterschiedliche              Urinproben nach Exposition festgesellt werden [43].
Wege aufgenommen werden. Zu unterscheiden sind                 In deren metabolischer Studie kommen die Autoren
dabei die unterschiedlichen Applikationsformen von             zum Schluss, dass die aufgenommenen Jodmengen
jodhaltigem Wasser. In Bad Hall, einer der stärks-             zu keinem Zeitpunkt Konzentrationen erreichen, die
ten Jod-Brom-Sole-Quellen Mitteleuropas, erfolgten             bei einer gesunden Schilddrüse zu einer Änderung
über die Paracelsus-Gesellschaft für Balneologie und           der Schilddrüsenfunktion führen könnten [43]. Nach
Jodforschung ausführliche Untersuchungen zur Jod-              Trinken von jodhaltigem Wasser über 8 Tage hinweg
aufnahme [30, 40]. Messungen von Jod im Sammel-                konnten die Autoren eine Erhöhung der Harnjodid-
harn und bezogen auf die Kreatininausscheidung                 ausscheidung von initial 100 µg Jod/24 h Harn auf
geben einen guten Hinweis auf die Jodidresorption              244µg Jod/24 h Harn bzw. eine Aufnahme von 17 %
bei einzelnen Kuranwendungen. Jodverteilungsstu-               der zugeführten Jodmenge feststellen [44]. In einer
dien wurden mithilfe von radioaktiv markiertem Jod             weiteren Analyse ergab sich nach Trinken von radio-
durchgeführt. Von 1 mg oral zugeführtem Jodid –                aktiv markiertem Jod eine Retention von 13 % der
dies entspricht etwa der Tagesmenge während einer              zugeführten Jodmenge im Körper innerhalb von 24 h
Trinkkur in Bad Hall – werden 90 % in 24 h wieder aus-         [44].
geschieden. Die durchschnittliche Ausscheidung von                Fälle von Änderungen der Schilddrüsenfunktion
Jod/g Kreatinin (Crea) beträgt ohne Kuranwendung               nach Jodexposition bei Kuren sind in der Literatur nur
durchschnittlich 130 µg/g Crea. Nach einer Trink-              selten dokumentiert. Ein Fall einer jodinduzierten Hy-
kur mit 100 ml Tassiloquelle, Bad Hall, steigerte sich         pothyreose durch exzessive transkutane/transmuköse
die Jodausscheidung auf 2450 µg, nach Bädern auf               Absorption von Jod wurde nach einer 3-monatigen
350 µg, nach Überwärmungspackungen auf 370 µg,                 Kur mit jodiertem Badesalz berichtet [46].
nach Ultraschallinhalationen auf 240 µg, nach Auge-
niontophorese auf 530 µg. Nach dem Trinken steigt              Orte bzw. Kuranstalten mit jodhaltigen Quellen
das Serumgesamtjod kurzfristig auf einen Wert von
35 µg/100 ml, die Schilddrüsenhormone änderten sich            Zum vorliegenden Artikel wurde vom Autorenteam ei-
nur geringfügig, das freie anorganische Jodid stieg            ne umfassende Recherche zu jodhaltigen Heilvorkom-
zwischenzeitig auf das 40-Fache an [30, 40–42].                men in Österreich und seinen Nachbarstaaten durch-
   Vergleichbare Ergebnisse konnten metabolische               geführt. Dabei wurden verfügbare Informationen aus
Untersuchungen in Salsomaggiore, Italien, erbringen            dem Internet bzw. Literatur zu „jodhaltiges Wasser“,
[43–45]. Bacolla et al. stellten fest, dass beim Baden         „jodhaltige Kuranwendungen“, „Jod und Heilvorkom-
Jod vorrangig inhalativ aufgenommen wird und nicht,            men“ und „Jod und Kuranwendungen“ erhoben. Die
wie zu vermuten wäre, über die intakte Haut [43].              angeführten Informationen beziehen sich auf den In-
Jod wird aus dem Badewasser durch das Vorliegen                formationsstand Frühjahr 2020. Eine gezielte Zugabe
von Hypochlorit freigesetzt und reichert sich knapp            von Jod bei Kuranwendungen ist prinzipiell möglich
über der Wasseroberfläche an. Das freigesetzte Jod             und wird in einzelnen Kurorten, die kein jodhaltiges
wird dann während des Badens eingeatmet [43]. Ba-              Thermalwasser aufweisen, auch vereinzelt durchge-
colla et al. [43, 44] untersuchte in deren Studien die         führt. Dazu erfolgte keine systematische Recherche.
während therapeutischer Kuranwendungen aufge-                     Die Abb. 1 gibt eine geografische Übersicht von
nommenen Jodmengen beim Baden, beim Inhalieren                 den verfügbaren natürlichen Heilvorkommen mit ei-
und durch Ingestion. Die Harnjodidausscheidung vor             nem Jodgehalt von ≥1 mg Jod/l bzw. kg. Geografische
dem Baden in jodhaltigem Thermalwasser war bei 20              Schwerpunkte mit jodhaltigen Heilvorkommen ste-

396   Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht                                 K
themenschwerpunkt

Österreich                     Ungarn                           Tschechien                       Slowakei
1 Bad Deutsch-                 14 Cegléd                        28 Heilbad Luhačovice            38 Prírodné jódové
   Altenburg                   15 Berekfürdő                    29 Lázně Hodonín                    kúpele Číž
2 Bad Pirawarth                16 Zalakaros                     30 Lázně Lednice                 39 Kúpele Nimnica
3 Laa an der Thaya             17 Mosonmagyaróvár               31 Lázně Darkov                  40 Termálne kúpalisko
4 Bad Hall                     18 Igal                          32 Lázně Klimkovice                 Podhájska
5 St. Jakob in                 19 Hajdúszoboszló
   Defereggen                  20 Győr                          Italien                          Slowenien
                               21 Nyíregyháza-                  33 Terme di Moncelli            41 Thalasso Strunjan
Deutschland                       Sóstógyfürdő                  34 Terme di
6 Bad Endorf                   22 Heilbad Tiszaújváros               Salsomaggiore
7 Bad Bevensen                 23 Bükfürdő                      35 Riccione Terme
8 Bad Wiessee                  24 Debrecen
9 Bad Schwartau                   Kerekestelep                  Schweiz
10 Bad Belzig                  25 Debrecen Aquacum             36 Alpamare
11 Nordseebad Dangast          26 Kapuvár                       37 Splash e spa
12 Friedrichskoog              27 Csokonyavisonta
13 Bad Tölz

Abb. 1 Geografischer Überblick von Thermalorten mit jodhaltigem Thermalwasser in Österreich und seinen Nachbarstaaten.
Quelle Karte: Kartendaten © 2020 Google.GeoBasis-DE/BKG (©2009). Inst. Geogr. National

K                                            Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht     397
themenschwerpunkt

Tab. 1 Thermalorte und Bäder mit jodhaltigem Thermalwasser und einem Jodgehalt von ≥1 mg Jod/l bzw. kg und Auflistung
der angebotenen Applikationsformen von jodhaltigem Thermalwasser in den einzelnen Thermalorten
Ort                                           Karte   Jod mg/l   Jod       Literatur       Anwendungen
                                                                 mg/kg
Österreich
Bad Deutsch-Altenburg: Kurzentrum Ludwig- 1           1,05–1,3   –         GBA Wien        Bäder, Inhalation
storff                                                                     2018
Bad Pirawarth: Klinik Pirawarth               2       12,2       –         GBA Wien        Solebäder, Jodidbäder
                                                                           2018
Bad Hall: Eurothermenresort                   3       26,3–44,5 –          GBA Wien        Jodsolebad, Inhalation, Trinkkur, Packungen, Augenbe-
                                                                           2018            handlungen
Laa an der Thaya: Therme Laa                  4       9,05       –         GBA Wien        Therme
                                                                           2018
St. Jakob in Defereggen                       5       2,1        –         GBA Wien        Deferegger Heilwasser (seit 2011) für Bäder, Inhalationen,
                                                                           2018            Sprühanwendungen, Wickel
Deutschland
Bad Endorf: Chiemgau-Thermen                  6       5          –         HWA TU          Therme
                                                                           München
Bad Bevensen: Jod-Sole-Therme                 7       3,4–7,6    –         HWA Institut    Bäder, Inhalation
                                                                           Fresenius
Bad Wiessee: Gesundheitszentrum Jo-           8       –          34,6–34,8 Bücher          Bäder, Inhalation
d-Schwefelbad GmbH
Bad Schwartau: Holstein Therme                9       6,36       –         Website         Therme
Bad Belzig: Stein Therme                      10      1,45       –         LU Bad Elster   Bäder
                                                                           2015
Nordseebad Dangast                            11      k. A.      –         Website         Bäder, Inhalation
Friedrichskoog                                12      k. A.      –         Website         Heilklima
Bad Tölz                                      13      k. A.      –         Website         Heilklima, Jodiontophorese, Jodlaugenbäder, Jodseifenab-
                                                                                           reibungen, Inhalationen
Ungarn
Cegléd: Ceglédi Gyógyfürdő                   14      1          –         Website         Bäder
Berekfürdő: Termál Hotel Pávai               15      2,04       –         Website         Bäder
Zalakaros: Heilbad Gránit                     16      5,4        –         Website         Bäder
Mosonmagyaróvár: Thermal Hotel                17      1,93       –         Website         Bäder, Trinkkur, Schlamm
Igal                                          18      3,3        –         Website         Bäder, Trinkkur
Hajdúszoboszló                                19      5,5        –         Website         Bäder, Schlamm
Győr: Rába Quelle Bad                        20      1,26       –         Website         Bäder, Trinkkur
Nyíregyháza-Sóstógyógyfürdő: Aquarius        21      1,1        –         Website         Bäder
Erlebnisbad, Parkbad, Freibad am See, Júlia
Bad, Hotel Badehaus
Heilbad Tiszaújváros                          22      1,2        –         Website         Bäder, Inhalation, Schlamm
Bükfürdő: Thermal & Spa/Heilbad Bük          23      1,36       –         Website         Bäder, Trinkkur
Debrecen: Kerekestelep                        24      1,8        –         Website         Thermalbad
Debrecen: Aquaticum                           25      2          –         Website         Bäder
Kapuvár                                       26      2,52       –         Website         Thermalbad
Csokonyavisonta                               27      1,6        –         Website         Heilbad
Tschechien
Heilbad Luhačovice                           28      6,9–7,2    –         ZÚ Ostrava      Bäder, Trinkkur, Inhalation
                                                                           2018
Lázně Hodonín                                29      47–56      –         Website         Info: aufgrund des hohen Jodgehalts wird das Wasser 1:1
                                                                                           mit warmen Wasser verdünnt
                                                                                           Bäder, Inhalation
Lázně Lednice                                30      >30        –         Website         Bäder, Inhalation
Lázně Darkov                                 31      25–45      –         Website         Bäder, Wickel
Lázně Klimkovice                             32      40–50      –         Website         Bäder, Wickel

398    Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht                                                             K
themenschwerpunkt

Tab. 1 (Fortsetzung)
Ort                                            Karte   Jod mg/l     Jod     Literatur    Anwendungen
                                                                    mg/kg
Italiena
Terme Stufe di Nerone – Bacoili (bei Neapel)   ~       3            –       Website      Bäder, Inhalation, Schlamm
Terme di Monticelli                            33      40,8         –       Website      Bäder, Inhalation, Schlamm
Terme di Salsomaggiore                         34      54–61        –       Website      „Acqua madre“: konzentriertes Thermalwasser von 1000 l
                                                                                         Brom-Jod-Wasser auf 50 l Acqua madre
                                                                                         Bäder, Inhalation, Schlamm, orale Balneotherapie
Riccione Terme                                 35      1,3–7,2      –       Website      Bäder, Inhalation, Schlamm
Schweiz
Alpamare                                       36      k. A.        –       Website      Jod-Sole-Becken
Splash e spa                                   37      k. A.        –       Website      Jod-Sole-Becken
Slowakei
Prírodné jódové kúpele Číž                    38      k. A.–26,9   –       Website      Bäder, Trinkkur
Kúpele Nimnica                                 39      1,33         –       Website      Bäder, Inhalation
Termálne kúpalisko Podhájska                   40      3,23         –       Website      Thermalbad
Slowenien
Thalasso Strunjan                              41
themenschwerpunkt

                                                     geplante Kuranwendung

                                                    jodhalges Thermalwasser
               ja                                                                                                 nein
                                                          (siehe Tab. 1)
      Schilddrüsenamnmese                autonomes Adenom/                           Kur mit jodhalgem
             erheben                 Immunthyreopathie vorbekannt                Thermalwasser nicht indiziert
                                     CAVE bei Z.n. Thyreoidis de            Kur mit jodhalgem Thermalwasser
              TSH                  Quervain, Post-partum-Thyreoidis          möglich, TSH-Kontrollen nach Kur

          supprimiert              niedrig normal                   normal                      erhöht

         SD-Medikaon                                                                       Sonographie SD
                                     TSH-Suppression bedingt                              Ankörper TAK, TPO
                                    durch L-Thyroxinmedikaon
              nein       ja
                                     => L-Thyroxinmedikaon
                                                                                          eventuell-L-Thyroxin-
                                            reduzieren
                                                                                          Medikaon einleiten
       Autonomie/
   Immunthyreopathie                          Autonomie,
  möglich/ wahrscheinlich                  Immunthyreopathie
                                             nicht bestägt

     Sonographie SD                       aktuelle Jodbelastung        Harnjodidausscheidung
     Szingraphie SD                           vorliegend?                  besmmen
 Ankörper TAK, TPO, TRAK

           bei Bestägung Autonomie/Immunthyreopathie
                                                                          aus thyreologischer Sicht keine Einschränkungen
          Kur mit jodhalgem Thermalwasser nicht indiziert
                                                                            betreffend Kur/Exposion mit jodhalgem
             CAVE: bei Hyperthyreose auch alle Kuren mit
                                                                                          Thermalwasser
          kreislaufakvierender Wirkung nicht zu empfehlen

Abb. 2 Algorithmus zu einer Kur mit jodhaltigem Ther-             dung (dazu s. auch Tab. 1). TSH Thyreoidea stimulieren-
malwasser aus thyreologischer Sicht. Entscheidungsfindung         des Hormon, SD Schilddrüse, TAK Thyreoglobulin Antikör-
auf der Basis von Schilddrüsenvorerkrankungen und dem             per, TPO Thyreoperoxidase Antikörper, TRAK Thyreotropin-
TSH-Wert. Zusätzlich zu berücksichtigen sind Jodgehalt            Rezeptor-Antikörper
des Kurortes, Applikationsform und Dauer der Kuranwen-

   Eine diagnostische Herausforderung stellen kli-                   Ob im Einzelfall eine Jodexposition bei vorbekann-
nisch kompensierte Schilddrüsenerkrankungen dar.                  ter Schilddrüsenerkrankung vertretbar ist, sind neben
Diese fallen ggf. lediglich durch erniedrigte oder nied-          der bekannten Vorerkrankung der Schilddrüse auch
rig normale TSH-Werte auf. Dies gilt insbesondere                 die Art und Dauer der Kuranwendungen mit jodhal-
in Jodmangelsituationen, bei denen eine bestehen-                 tigem Thermalwasser sowie der Jodgehalt des Ther-
de Schilddrüsenautonomie bzw. Immunthyreopathie                   malwassers (Tab. 1) mit in eine differenzierte Empfeh-
diese subtile Laborabweichung mit niedrig normalen                lung, die den Nutzen einer Kur mit jodhaltigem Ther-
TSH-Werten hervorrufen kann. Bei hoher Jodbelas-                  malwasser gegen die möglichen Risiken einer dadurch
tung während der Kuranwendung könnte in diesen                    ausgelösten Schilddrüsenfehlfunktion gegeneinander
Fällen aufgrund des vorbestehenden Jodmangels die-                abwägt, einzubeziehen.
se kompensierte Schilddrüsenerkrankung durch die
Jodzufuhr in eine manifeste Schilddrüsenfehlfunktion              Conclusio
dekompensieren. Aus thyreologischer Sicht sollte da-
her bei Auffälligkeiten in der Schilddrüsenanamnese               Patienten mit einer gesunden Schilddrüse können
oder bei erniedrigten bzw. bei niedrig normalen TSH-              ohne Bedenken eine Kuranwendung mit hohen Do-
Werten eine weiterführende Schilddrüsenabklärung                  sen von jodhaltigem Thermalwasser durchführen [25,
vor Kurantritt eingeleitet werden, ggf. in einem Schild-          30, 40, 43, 44]. Eine signifikante und v. a. anhalten-
drüsenzentrum, um eine bekannte bzw. klinisch nicht               de Änderung der Schilddrüsenfunktion konnte bei
manifeste Schilddrüsenerkrankung näher abzuklären                 verschiedenen Untersuchungen in Tierversuchen als
(Abb. 2).                                                         auch bei Kuranwendungen mit unterschiedlichen Zu-

400     Kuranwendungen mit jodhaltigem Thermalwasser aus thyreologischer Sicht                                     K
themenschwerpunkt

fuhrwegen nicht festgestellt werden [22, 23, 30, 40, 43,           6. Food and Nutrition Board, Institute of Medicine. Dietary
44].                                                                  Reference Intakes. Washington, D.C: National Academy
                                                                      Press; 2006. S. 320–7.
   Bei Patienten mit bekannter Schilddrüsenvorer-
                                                                   7. WHO, UNICEF, ICCIDD. Assessment of the iodine
krankung bzw. Auffälligkeiten von TSH ist eine Kuran-                 deficiency disorders and monitoring their eliminati-
wendung mit jodhaltigem Thermalwasser nicht indi-                     on. 2007 WHO/NHD/01.1.. http://whqlibdoc.who.int/
ziert bzw. erst nach einer thyreologischen Abklärung                  publications/2007/9789241595827eng.pdf. Zugegriffen:
im Sinne einer Risiko-Nutzen-Abwägung zu verord-                      online.
nen. Eine thyreologische Abklärung sollte in diesen                8. Scientific Commitee on Food. Opinion of the scientific
Fällen vor einem Kurantritt in Zusammenarbeit mit                     committee on food on the tolerable upper intake of iodine.
                                                                      2002.
einem Schilddrüsenzentrum erfolgen. Neben der be-
                                                                   9. D_A_CH Gesellschaften. Referenzwerte für Nährstoffzu-
stehenden Schilddrüsenerkrankung sind die Art der                     fuhr, Kapitel Spurenelemente, Jod. 2. Aufl. Frankfurt/Main:
Kuranwendung sowie der Jodgehalt der Thermal-                         Umschau Braus GmbH, Verlagsgesellschaft; 2019. S. 1–4.
quelle dabei weitere wichtige Entscheidungsgrößen.                10. LindP,KumnigG,HeinischM,etal.Iodinesupplementation
All diese Faktoren gilt es, bei einer Risikoabwägung                  in Austria: methods and results. Thyroid. 2002;12:903–7.
betreffend Kuranwendung mit jodhaltigen Thermal-                  11. Blümel P, Kruzik P, Scheiber V, et al. Iodine deficiency
wassern und einer durch die Jodzufuhr ausgelösten                     in childhood despite prevention. Current data from the
                                                                      Vienna area. Wien Klin Wochenschr. 1989;101:326–9.
Schilddrüsenfehlfunktion zu berücksichtigen.                      12. Galvan G, Balcke C, Gibitz HJ, et al. Iodine deficiency in
Funding Open access funding provided by Medical University            Salzburg in spite of iodized table salt prophylaxis. Wien Klin
of Vienna.                                                            Wochenschr. 1982;94:609–12.
                                                                  13. Gallowitsch HJ, Mikosch P, Kresnik E, et al. Thyroid volume
Interessenkonflikt P. Mikosch, E. Trifina-Mikosch, K. Saidler,        and iodine supply of 6 to 17 year old students. Results
J. Kellner und S. Suhrau geben an, dass kein Interessenkonflikt       3 years after the introduction of increased iodized salt.
besteht.                                                              Nuklearmedizin. 1994;33:235–8.
                                                                  14. Heinisch M, Kumnig G, Asböck D, et al. Goiter prevalence
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons            and urinary iodide excretion in a formerly iodine-deficient
Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, wel-           region after introduction of statutory lodization of common
che die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung           salt. Thyroid. 2002;12:809–14.
und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt,            15. Pearce EN, Andersson M, Zimmermann MB. Global
sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle            iodine nutrition: where do we stand in 2013? Thyroid.
ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons                 2013;23:523–8. https://doi.org/10.1089/thy.2013.0128.
Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen            16. Katagiri R, Yuan X, Kobayashi S, et al. Effect of excess iodi-
wurden.                                                               ne intake on thyroid diseases in different populations: A
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Dritt-         systematicreviewandmeta-analyses including observatio-
material unterliegen ebenfalls der genannten Creative Com-            nal studies. Plos One. 2017;12:e173722. https://doi.org/10.
mons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts             1371/journal.pone.0173722.
anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter       17. Du Y, Gao Y, Meng F, et al. Iodine deficiency and excess co-
der genannten Creative Commons Lizenz steht und die be-               exist in china and induce thyroid dysfunction and disease:
treffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften er-           a cross-sectional study. Plos One. 2014;9:e111937. https://
laubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen           doi.org/10.1371/journal.pone.0111937.
des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers      18. Aakre I, Bjøro T, Norheim I, et al. Excessive iodine intake
einzuholen.                                                           andthyroiddysfunction among lactating Saharawi women.
                                                                      J Trace Elem Med Biol. 2015;31:279–84. https://doi.org/10.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenz-            1016/j.jtemb.2014.09.009.
information auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.         19. Liel Y, Alkan M. „Travelers’ thyrotoxicosis“. Transitory thy-
0/deed.de.                                                            rotoxicosis induced by iodinated preparations for water
                                                                      purification. Arch Intern Med. 1996;156:807–10.
                                                                  20. Squatrito S, Vigneri R, Runello F, et al. Prevention and
Literatur                                                             treatment of endemic iodine-deficiency goiter by iodina-
                                                                      tion of a municipal water supply. J Clin Endocrinol Metab.
1. Leung AM, Braverman LE. Consequences of excess iodine.             1986;63:368–75.
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   1038/nrendo.2013.251.                                              cheHeilvorkommen &Kurortein Österreich. StandNovem-
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                                                                     fentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

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