Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau 2017

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Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau 2017
Industrial Ecology Freiburg                                       1
WORKING PAPER                                                  2021

Treibhausgasbilanz
der Universität Freiburg
im Breisgau 2017

Stefan Pauliuk, Marcel Eichler, Benjamín Elizalde Durán,
Andrew Bonneau, Arthur Jakobs, Jürgen Steck,
Heiner Schanz

Freiburg i. Br., März 2021

                              IEF – Research Group for Industrial Ecology
                             Faculty of Environment and Natural Resources
                                                                       1
                                    University of Freiburg, Germany.
Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau 2017
Bitte wie folgt zitieren:

Stefan Pauliuk, Marcel Eichler, Benjamín Elizalde Durán, Andrew Bonneau, Arthur Jakobs,
Jürgen Steck und Heiner Schanz (2021). Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im
Breisgau 2017. Industrial Ecology Freiburg (IEF) Working Paper 1(2021), Universität
Freiburg im Breisgau. DOI 10.6094/UNIFR/176419

Permalink zu diesem Dokument:

https://doi.org/10.6094/UNIFR/176419

Industrial Ecology Freiburg (IEF) Working Papers is a series of scientific reports by the
research group for industrial ecology at the Faculty of Environment and Natural Resources,
University of Freiburg, Germany.

For more info, visit https://www.indecol.uni-freiburg.de/en

                                                                                             2
Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau 2017
Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau
                          2017

 Stefan Pauliuk1,*, Marcel Eichler1,#, Benjamín Elizalde Durán1, Andrew Bonneau1,3, Arthur
                         Jakobs1, Jürgen Steck2 und Heiner Schanz3

                                              März 2021

Alle Autoren waren zum Zeitpunkt der Durchführung der hier berichteten Arbeiten Mitglieder der
Universität Freiburg, und zwar in folgenden Einrichtungen:

1) Juniorprofessur für Nachhaltiges Energie und Stoffstrommanagement, Fakultät für Umwelt und Natürliche
Ressourcen
2) Stabsstelle Umweltschutz
3) Professur für Environmental Governance, Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen

Korrespondenz bitte richten an
*) stefan.pauliuk@indecol.uni-freiburg.de (Methoden, GHG Protokoll, Hintergrund)
#) marcel@carbonfuture.earth (Daten, Details zur Berechnung, Ergebnisse)

Zum Ursprung dieser Studie:

Der vorliegende Bericht beinhaltet eine Zusammenfassung einer sich über mehrere Jahre
erstreckenden, unabhängigen wissenschaftlichen Studie zur Klimabilanz der Universität
Freiburg. Die Arbeit wurde in der Gruppe Nachhaltiges Energie- und
Stoffstrommanagement (Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen) konzipiert und
durchgeführt. Sie beruht im Wesentlichen auf den Masterarbeiten von M.E., B.E.D und A.B.
(alle drei Studierende des MSc Environmental Governance), welche in englischer Sprache
vorliegen. Hauptautor dieses Berichts ist S.P. Alle Koautoren haben den Bericht gelesen,
kommentiert, editiert, ergänzt und seiner Veröffentlichung zugestimmt.

Danksagung:

Die für die Durchführung der Studie notwendigen Daten wurden von folgenden
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitätsverwaltung und des Amtes Vermögen
und Bau Baden-Württemberg in Freiburg aufbereitet und bereitgestellt: Heinz-Herrmann
Eilers, Rainer Gänshirt, Yvonne Martin, Martina Muy, Radwan Sabri und Marcus Siefert.
Ihnen gilt unser herzlicher Dank!

Lora Gyuzeleva, Gilang Hardadi, Simon Herrmann, Isabella Katz, Anke Kuhn, Anna Petit
Boix und die VertreterInnen des Studentischen Nachhaltigkeitsbüros sowie der
Arbeitsgruppe ‚Fliegende Fakultäten‘ haben während der Durchführung wertvolle Hinweise
gegeben. Anne Caffier und Risalah Al Hukmi haben an der graphischen Gestaltung des
Berichtes mitgewirkt. Auch ihnen sei hiermit herzlich gedankt!

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Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau 2017
Einleitung
Der Klimawandel ist eine der großen globalen Herausforderungen unserer Zeit. Klimaschutz
bezeichnet die Maßnahmen, die der globalen Erderwärmung entgegenwirken sollen.
Wichtigstes Element des Klimaschutzes ist die massive Reduktion der durch menschliche
Aktivität verursachten Treibhausgasemissionen (THG), wie z.B. Kohlenstoffdioxid (CO2)-
Emissionen aus Kohleverstromung und Verbrennungsmotoren. Reiche industrialisierte
Länder wie Deutschland stehen aufgrund ihrer überproportional hohen THG-Emissionen und
ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft in besonderer Verantwortung. So haben deutsche
Haushalte und Industriebetriebe (derzeitiger globaler Bevölkerungsanteil: 1,1%) einen Anteil
von 6% an den kumulierten THG-Emissionen seit Beginn der industriellen Revolution [1].
Deutschland ist Unterzeichner des Pariser Klimaschutzabkommens, und die jährlichen
nationalen THG-Emissionen wurden seit 1900 um ca. 33% reduziert, vor allem in den
Bereichen Energiewirtschaft, Industrie und Gebäude [2,3]. Gemäß dem im Jahr 2019
verabschiedeten nationalen Klimaschutzgesetz müssen die jährlichen nationalen THG-
Emissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 35 % gesenkt werden und bis zum Jahr 2030 um
mindestens 55 % (jeweils gegenüber 1990) [3]. Zudem wird in diesem Gesetz auf das
Bekenntnis Deutschlands während des Klimagipfels der Vereinten Nationen im September
2019 verwiesen, bis 2050 eine weitgehende THG-Neutralität anzustreben, d.h. eine
Emissionsreduktion auf weniger als 5% des 1990er Niveaus. Die Landeseinrichtungen Baden-
Württemberg sollen bis 2040 klimaneutral werden [3a].

Praktisch der gesamte Wohlstand der Moderne beruht auf der Verwendung fossiler
Brennstoffe als Energiequelle. Die massive und rasche Reduktion der bei diesen
Verbrennungsprozessen entstehenden THG-Emissionen erfordert nicht nur einen
grundlegenden Umbau der gesamten Infrastruktur für die Bereitstellung von
Energiedienstleistungen (Energiewende: Wärme, Transport, Kommunikation, Nahrung,
Produkte), sondern – aufgrund der gebotenen Eile und der nicht unerheblichen
Umweltauswirkungen und Landnutzung durch erneuerbare Energien – auch die
grundsätzliche Infragestellung und Neukonzipierung von Bedürfnissen (Mobilitätswende,
nachhaltige Ernährung).

Ambitionierte staatliche Klimaschutzziele führen also nicht nur zur Regulierung einzelner
Sektoren oder Produkte (wie z.B. bei der Reduktion von SOx und NOx-Emissionen
ausreichend), sondern zu einer grundlegenden Transformation industrieller Produktion und
der Endnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Alle gesellschaftlichen Akteure sind
betroffen.

Klimaschutz an der Universität als Organisation

Anstatt staatliche Maßnahmen (Gebote, Verbote, ökonomische Anreize in Richtung
Emissionsreduktion) abzuwarten oder sich ausschließlich auf diese zu verlassen, gibt es auf
der Ebene der Organisationen (Firmen, Körperschaften, Vereine, …) Bestrebungen, selbst als
Klimaschutzakteure aktiv zu werden. Hierfür gibt es eine Reihe von Gründen (in willkürlicher
Reihenfolge); die für die Universität Freiburg zentralen Gründe sind kursiv hervorgehoben:

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Treibhausgasbilanz der Universität Freiburg im Breisgau 2017
•   Gesetzliche Verpflichtung: Z.B. haben die Universitäten im Vereinigten Königreich ein
       gesetzlich vorgeschriebenes Emissionsreduktionsziel. Die Landeseinrichtungen
       Baden-Württembergs sollen bis 2040 weitgehend klimaneutral sein [3a].
   •   Proaktive Maßnahmen zur Kosteneinsparung (zukünftige Klimaschutzkosten fließen bereits
       heute in Investitionsentscheidungen ein)
   •   Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung
   •   Vorbildfunktion, Außendarstellung
   •   Sich aus Mission und Auftrag der Organisation ergebende Verpflichtung [3b]
   •   Konsistenz von Handlung und Außendarstellung
   •   Handlungsdruck von innen und außen
   •   Vergleich/Ranking verschiedener Einrichtungen

In ihren Umweltleitlinien von 2020 [3b] bekennt sich die Universität Freiburg zu ihrer
„besondere[n] Verantwortung für den bewussten Umgang mit unseren Ressourcen und die
resiliente, nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft“. Sie kündigt an, „ihren Beitrag zu
Umweltschutz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ über das gesetzlich vorgeschriebene
Mindestmaß zu leisten sowie ihre Umweltbilanz kontinuierlich zu verbessern [3b].

Die klimaschutzbezogenen Grundsätze und Ziele einer Organisation werden oft in einem
Klimaschutzkonzept oder Klimaschutzplan festgehalten und durch die Leitungsorgane der
Organisation verabschiedet. Eine transparente und hochaufgelöste THG-Bilanz ist die Basis
eines wissenschaftlich fundierten Klimaschutzplans für Organisationen [3c]. Zum einen, weil
sie – da quantitativ – es erlaubt, die verschiedenen Energie- und Güterflüsse hinsichtlich ihrer
THG-Relevanz zu sortieren und zum anderen, weil sie die Grundlage für die Formulierung
quantitativer Reduktionsziele darstellt.

Eine solche umfassende THG-Bilanz liegt für die Universität Freiburg bisher nicht vor. Der
Umweltbericht von 2019 [4] enthält nur eine Teilbilanz für Strom, Wärme und Flugreisen,
weswegen von den Autoren eine wissenschaftliche Studie zur Erstellung einer solchen THG-
Bilanz konzipiert und durchgeführt wurde.

Im Folgenden werden die zentralen Annahmen,                       Datenquellen,     Ergebnisse,
Schlussfolgerungen und Methoden dieser Arbeit dargestellt.

Systemgrenze: Welche Aktivitäten werden bilanziert?
Zentrale Frage bei der Erstellung einer THG-Bilanz einer Organisation ist die nach der
Systemgrenze. Welche Emissionen, Güter, Dienstleistungen und Produkte sollen in die Bilanz
einbezogen werden? Auf Staatenebene werden Emissionen nach dem Territorialprinzip
bilanziert: Alle innerhalb der Landesgrenzen stattfindenden Emissionen tragen zur nationalen
Emissionsbilanz bei. Wendet man das Territorialprinzip auf Organisationen an, sind also
zunächst die innerhalb der Organisation auftretenden Emissionen zu bilanzieren, z.B. durch
den Betrieb von Gasheizungen, eigenen KFZ, oder eigener Kraftwerke. Eine zum
Territorialprinzip komplementäre Perspektive stellt die verbrauchsbasierte oder
konsumbasierte THG-Bilanz dar. Hier werden alle von der Organisation konsumierten Güter
und Dienstleistungen inventarisiert und sämtliche bei deren Produktion und Transport
anfallenden THG-Emissionen ermittelt und der Organisation als Endverbraucherin
zugeschrieben. Die so ermittelten Gesamt-THG-Emissionen der Vorkette aller konsumierten

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Güter und Dienstleistungen nennt man den CO2-Fußabdruck (carbon footprint) 1 der
Organisation. Aus der bloßen Zuordnung von Emissionen in der Vorkette zu Endverbrauchern
über den CO2-Fußabdruck entsteht zunächst allerdings noch keine Verantwortung des
Endverbrauchers für diese. Schließlich ist es keine triviale Frage, inwieweit die
konsumierenden Organisationen über ihre Kaufentscheidungen und Bedürfnisse für die
sozialen und ökologischen Höhen und Tiefen der globalen Wertschöpfungsketten
verantwortlich gemacht werden können. Neben der bloßen Inventarisierung der THG-
Emissionen stellt sich also auch die Frage, wieviel Verantwortung eine Organisation für die
verschiedenen Bestandteile ihres CO2-Fußabdrucks übernehmen muss (z.B. durch
Vorschriften zu ‚grüner‘ Beschaffung (green procurement)) oder will (z.B. durch oben
aufgeführte Gründe).

Um die Systematik und Vergleichbarkeit der THG-Inventarisierung der Universität Freiburg
zu gewährleisten, kommt die etablierte Methodik des ‚GHG Protocol‘ zur Anwendung [5,6].
Eine breitere Diskussion der verschiedenen Methoden der THG-Bilanzierung auf
Organisationsebene und deren Standardisierung finden sich bei Eichler (2020) [8] und
Robinson et al. (2018) [17]. Laut GHG Protocol müssen zunächst die Grenzen der Organisation
ermittelt werden. Für öffentliche Einrichtungen, wie Universitäten, kommt hierbei das Prinzip
der betrieblichen Kontrolle zur Anwendung, nach dem THG-Emissionen aus allen Produkten,
Prozessen und Dienstleistungen bilanziert werden, über deren Betrieb oder Konsum die
Organisation die volle betriebliche Kontrolle hat [6]. Das hat zur Folge, dass Aktivitäten
anderer Organisationen, die im Arbeits- und Studienalltag als eng verzahnt mit den
Aktivitäten der Uni Freiburg wahrgenommen werden, hier nicht erfasst werden. Insbesondere
betrifft dies sämtliche Aktivitäten des Studierendenwerkes (SWFR), der Uniklinik sowie Teile
der medizinischen Fakultät (vorklinische Einrichtungen). Innerhalb der Universität Freiburg
werden alle Tätigkeiten in den Kernaufgaben Forschung, Lehre und Wissenstransfer sowie
sämtliche unterstützenden Aufgaben wie Führung, Verwaltung, Bibliothek, Rechenzentrum,
Studierendenservice, Personalmanagement, Einkauf und Buchführung, Qualitätssicherung
und Marketing mit einbezogen.

In einem zweiten Schritt werden die THG-Emissionen der betriebenen Prozesse sowie der
konsumierten Produkte und Dienstleistungen in drei Segmente aufgeteilt [6, S.28]:

    (1) Sogenannte direkte Emissionen (Scope 1): THG Emissionen aus Anlagen, die unter der
        betrieblichen Kontrolle der Organisation stehen, z.B. eigene PKWs oder
        Feuerungsanlagen
    (2) Indirekte Emissionen, d.h. Emissionen in der Produktion von externen Energieträgern: Strom,
        Heißdampf, Wärme und Kälte (Scope 2).
    (3) Indirekte Emissionen, d.h. Emissionen in Produktion, Transport und Lagerung sonstiger von
        extern bezogener Produkte und Dienstleistungen: Z.B. Computerausrüstung, Laborbedarf,
        Büropapier, Flugreisen (Scope 3).

Bei Dienstleistungseinrichtungen, wie der Universität Freiburg, spielen die direkten
Emissionen nur eine untergeordnete Rolle, da zu erwarten ist, dass die meisten zuordenbaren
THG-Emissionen in der externen Strom- und Wärmeerzeugung (Scope 2) und den Vorketten

1
 Der CO2-Fußabdruck enthält in der Regel auch auf CO2-Äquivalente umgerechnete Emissionen von
anderen THG, wie Methan oder Lachgas. Er ist vom ökologischen Fußabdruck zu unterscheiden, da
er nur tatsächlich zuordenbare THG-Emissionen angibt (umgerechnet auf eine äquivalente Menge
CO2) und nicht eine Reihe verschiedener Umweltauswirkungen auf eine virtuelle
Kompensationsfläche umrechnet, wie es beim ökologischen Fußabdruck geschieht.
                                                                                                 6
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der beschafften Produkte und Dienstleistungen (Scope 3) liegen. Insbesondere spielen scope-
3-Emissionen eine wesentliche Rolle bei der Umweltberichterstattung von Universitäten, da
diese Emissionsklasse die THG-Bilanzen im Dienstleistungssektor dominiert [7].

Folgende Produktgruppen und Aktivitäten wurden von den Autoren dieser Studie als
wesentlich für die Organisation ‚Universität Freiburg‘ identifiziert (Tabelle 1), siehe [8] für eine
detaillierte Begründung und Vergleich mit anderen Studien.

Tabelle 1: Für die THG-Bilanz der Universität Freiburg als relevant identifizierte Warenkategorien und
Aktivitäten. Quelle: [8, Tabelle 3].

    Nummer   Kategorie/Aktivität          Beispiel                              In gegenwärtige THG-
                                                                                Bilanz mit aufgenommen
      1      Direkte Emissionen           Brennstoffe, KFZ                      Ja
      2      Strom, Wärme, und Wasser     Strom von bnNETZE/Badenova            Ja
      3      Güter und Dienstleistungen   Werkzeuge, Publikationsgebühr         Ja
      4      Kapitalgüter                 Laborgeräte                           Ja
      5      Abfallbehandlung             Gefährliche Abfälle, Gewerbeabfälle   Ja
      6      Dienstreisen                 Konferenzreisen                       Ja
      7      Nahrungsmittel               Catering (keine Mensen!)              Ja
      8      Studentische und             Exkursionen, Anreise eingeladener     Nur Gästereisen 2
             Gästereisen                  Vortragsredner
      9      Arbeitsweg                   Autofahrt zur Arbeit                  Nein (keine Daten/
             Mitarbeiter*Innen                                                  Grauzone)²
      10     Bau neuer Gebäude            Beispiel Uni-Neubau 2017              Ja
      11     Miete von Gebäuden           Anmieten von Gebäuden                 Nein (nicht relevant) 3

Um die THG-Bilanz der Uni zu ermitteln, wurden zunächst für das Haushaltsjahr 2017 (letztes
Jahr mit vollständigen Daten) alle zu den jeweiligen Kategorien und Aktivitäten gehörenden
Energie-, Material- und Warenflüsse erfasst. Hierzu wurden in unterschiedlichen
Verwaltungseinheiten sowie dem Universitätsbauamt die Rohdaten zu Bezug und
Verwendung von Produkten, Energie und Materialien erhoben und uns zur Verfügung
gestellt, so dass diese gesichtet, kategorisiert und auf Vollständigkeit und Richtigkeit
überprüft werden konnten. In einem zweiten Schritt wurden die verschiedenen Warenposten
den Warengruppen in den für diese Studie verwendeten THG-Bilanz-Datenbanken
zugeordnet, so dass im dritten Schritt die spezifischen THG-Bilanzen dieser Warengruppen
auf den jeweiligen Warenfluss an die Uni Freiburg hochskaliert und durch Aufaddieren dieser
Freiburg- und produktspezifischen THG-Beiträge die THG-Bilanz der Uni insgesamt ermittelt
werden konnte. Detaillierte Erklärungen finden sich im Methodenteil weiter unten sowie in
Quelle [8].

2
  Punkt 8 sollte auf jeden Fall quantifiziert werden, aber die derzeitige Datenlage lässt dies nur
teilweise zu. Es gibt eine Beschlussvorlage, deren Umsetzung alle Flugemissionen bei Dienstreisen
und Exkursionen in naher Zukunft vollständig erfassbar machen wird, die über Haushalts- oder
Drittmitteln der Universität abgerechnet werden. Punkt 9 ist laut GHG Protokoll eine Grauzone in der
Klimabilanz, da die Uni hier nicht die finanzielle Kontrolle hat, aber sehr wohl durch Anreize das
Pendelverhalten der Universitätsangehörigen beeinflussen kann. Das Mobilitätsverhalten der
Beschäftigten für den Weg zur Arbeit und zwischen den Uni-Campi wurde bei den Verkehrs-
zählungen der Stadt Freiburg miterfasst. Eine uniinterne Mobilitätsumfrage ist in Vorbereitung.
3
  Nicht relevant, da für reine Mietkosten von bestehenden Gebäuden keine THG-Emissionen anfallen
und die Emissionen aus dem Betrieb (Heizung, Kühlung, Wasser) der angemieteten Gebäude bereits
erfasst sind.
                                                                                                          7
Ergebnisse und Diskussion
Die Verteilung der Ausgaben der Universität Freiburg auf verschiedene aggregierte
Warengruppen für das Jahr 2017 gibt erste Hinweise dazu, welche Posten aus Tabelle 1 mit
wesentlichen Beiträgen vertreten sind (Abb. 1). Hier wurden alle klimabilanzrelevanten
Ausgaben mit einbezogen, nicht aber die Personalkosten und Stipendien, welche ca. drei
Viertel des Gesamtbudgets ausmachen. Aus dieser Verteilung können bereits einige, für die
THG-Gesamtbilanz vermutlich wenig relevante Posten identifiziert werden: Neben der
Abfallbehandlung sind diese die kleinen Posten für Nahrungsmittel (die Mensen sind nicht
Teil der Uni) sowie indirekte Energiekosten, welche nicht in den Buchungen für Energieträger
enthalten sind [11].

Abbildung 1: Ausgabenverteilung, Universität Freiburg, 2017, nach Abzug von Personalkosten und
Stipendien. Quelle der Daten: [8]. Investitionen in Gebäude und Land erfolgen direkt über das
Finanzministerium.

Mit den Daten und Methoden aus den vorliegenden Masterarbeiten [8,9,10] können nun die
THG-Emissionen der in Tabelle 1 aufgeführten Posten ermittelt werden, indem für sämtliche
in Abb. 1 aggregiert dargestellten Ausgaben der jeweilige Produkt- und Dienstleistungs-
spezifische CO2-Fußabdruck berechnet wird. Diese Einzelbeiträge werden aufsummiert und
hier als Klimabilanz der Universität Freiburg zusammengestellt (Abb. 2). Das hier gezeigte
Gesamtergebnis beruht auf folgenden relevanten Annahmen:

   •   Strom: Hier wurde der Netzmix für Baden-Württemberg als tatsächlich konsumierter
       Strommix verwendet und nicht der verbuchte Ökostrommix. Grund dafür ist, dass die
       für den bezogenen Fremdstrom gekauften Ökostromzertifikate überwiegend aus
       Norwegen stammen und hier lediglich eine buchhalterische Verschiebung der
       Stromerzeugungsarten erfolgt, nicht jedoch eine substantielle Investition in die
       Energiewende. Abb. 3 zeigt die THG-Bilanz für Ökostrom als Alternativszenario.
   •   Investitionen in neue Gebäude: Das Investitionsvolumen für neue Gebäude und
       technische Anlagen war für 2017 ca. 22 Millionen EUR. Die damit verbundenen THG-
       Emissionen     (Baumaterialien   und     Bautätigkeiten)   wurden    mittels   der
       durchschnittlichen THG-Intensität für Bautätigkeiten pro Million EUR Investitions-
       volumen multipliziert.

                                                                                            8
Abbildung 2: Klimabilanz der Universität Freiburg im Breisgau, 2017. Version mit dem konsumierten
Strommix aus Baden-Württemberg. Quelle: [8], mit Daten aus [9]. Die Abbildung wurde für diesen
Bericht neu angefertigt. GWP: Global warming potential (Erderwärmungspotenzial), quantifiziert in
Kilotonnen CO2-Äquivalenten.

Für den Fall der Bilanzierung mit Ökostrom (buchhalterischer Ansatz) ergibt sich folgende
Aufstellung (Abb. 3):

Abbildung 3: Klimabilanz der Universität Freiburg im Breisgau, 2017. Version mit verbuchtem
Ökostrom. Quelle: [8], mit Daten aus [9]. Die Abbildung wurde für diesen Bericht neu angefertigt.

                                                                                               9
Die Gesamt-THG-Bilanz der Universität Freiburg für 2017 wurde auf 68 000 Tonnen CO2-
Äquivalente abgeschätzt (Abb. 2). Davon entfallen ca. die Hälfte auf energiebezogene
Emissionen für Strom, Dampf, Wärme und Kälte (‚Scope 2‘), und die andere Hälfte auf
indirekte Emissionen in anderen Industrien durch die Herstellung von (Bau-)Materialien,
Maschinen, Geräten, Möbeln, Chemikalien, Verbrauchsmaterialien etc. sowie
Abfallbehandlung und Transportdienstleistungen (‚Scope 3‘). Direkte Emissionen durch
die Verbrennung fossiler Energieträger (‚Scope 1‘) spielen kaum eine Rolle, was eine
direkte Konsequenz der bisherigen Anstrengungen zur Verwendung von Fernwärme ist.

Ersetzt man die tatsächlichen THG-Emissionen der Stromerzeugung durch die buchhalterisch
verrechneten Ökostromzertifikate, verringert sich der Stromanteil von 23 auf 2,1 kt CO2-eq
und die Gesamtbilanz sinkt von 68 auf 47 kt CO2-eq. Mit dieser Umbuchung geht aber keine
tatsächliche Emissionsreduktion einher, weswegen die Verwendung dieser Zahlen nicht
empfohlen wird.

Die Aufschlüsselung der THG aus Produkten, Kapitalgütern und Bautätigkeiten in einzelne
Warengruppen zeigt, dass neben den Bautätigkeiten (10,5 kt) vor allem Chemikalien,
medizinische und Präzisionsgeräte, Möbel, Maschinen und Computertechnologie (IKT, hier
aus office machinery und computer zusammengesetzt) zum Scope-3-Fußabdruck der
bezogenen Waren, Dienstleistungen und Kapitalgüter beitragen (Abb. 4, umfasst die drei
Gruppen ‚Construction‘, ‚Goods and services‘ und ‚Capital goods‘ lt. Abb. 2 und 3).

Abbildung 4: Verteilung der Scope-3-THG der beiden Gruppen „goods and services“ and „capital
goods“ des Endverbrauchs der Universität Freiburg im Breisgau, 2017, auf einzelne Warengruppen.
Quelle: [8]. Die Abbildung umfasst die drei Gruppen ‚Construction‘, ‚Goods and services‘ und ‚Capital
goods‘ lt. Abb. 2 und 3.

                                                                                                  10
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der mehrjährigen Lebensdauer der Kapitalgüter
starke jährliche Schwankungen in einzelnen Warengruppen auftreten können, zum Beispiel,
wenn Großgeräte beschafft oder neue Kleingerätegenerationen eingeführt werden.

Die hier vorliegende erste THG-Bilanz der Universität Freiburg verwendet nahezu
vollständige Daten und standardisierte Methoden zur Zuordnung von Konsumposten zu
allgemeinen Warengruppen und zur Fußabdruckberechnung dieser Warengruppen. Sie zeigt
insbesondere die Relevanz von Scope-3-Emissionen auf und macht deutlich, dass eine Vielzahl
von Warengruppen und Aktivitäten zu den indirekten Emissionen in den Scopes 2 und 3
beitragen. Somit wird ein breites Spektrum von Maßnahmen und Anreizen nötig sein, um die
THG-Emissionen im Verantwortungsbereich der Universität Freiburg drastisch zu senken.
Die THG-Bilanz zeigt die relative Bedeutung einzelner Posten innerhalb der Universität auf.

Aus unseren aggregierten Ergebnissen können einfache Output-bezogene Indikatoren wie z.B.
„CO2 pro Studierender“, „CO2 pro wissenschaftlicher MitarbeiterIn“ oder „CO2 pro
wissenschaftlicher Publikation“ errechnet werden. Aufgrund der vielfältigen Funktionen der
Universität in Lehre, Forschung und Wissenstransfer erscheint dies jedoch wenig sinnvoll, da
zum Beispiel Belastungen durch den Betrieb von Hörsälen ausschließlich der Lehre
zugeordnet werden sollten. Für eine nach spezifischen Aktivitäten in Forschung und Lehre,
Einrichtungen, oder Gebäuden aufgeschlüsselte THG-Bilanz, evtl. sogar in Echtzeit oder auf
Quartalsbasis, müssen zunächst die Ausgabestatistiken entsprechend differenziert werden.
Dies ist zurzeit mit vertretbarem Aufwand nicht möglich, aber im Zuge von
Digitalisierungsmaßnahmen durchaus vorstellbar.

Zur Vervollständigung der Klimabilanz des studentischen und des Arbeitslebens an der
Universität müssen noch die relevanten Aktivitäten des Studierendenwerkes (SWFR) mit
einbezogen werden, vor allem die Essensversorgung in den Mensen. Für die Klimabilanz der
Forschung müssen Teile der Uniklinik berücksichtigt werden. Da diese Posten jedoch nicht
der Universität Freiburg als Organisation zuzurechnen sind, ist eine getrennte Betrachtung
nötig.

Für die Umweltbewertung einzelner Klimaschutzmaßnahmen, z.B. die Beschaffung von
Recyclingpapier oder die Verwendung langlebiger IT-Komponenten, ist eine detaillierte
Einzelanalyse in Form einer Ökobilanz notwendig, um Alternativen zu vergleichen. Diese
Feinheiten können in der groben, hier präsentierten Abschätzung nicht abgebildet werden.

Für die Bewertung der Klimabilanz der Universität Freiburg wäre der Vergleich mit den
Klimabilanzen      anderer     Universitäten    wünschenswert.      Aufgrund      fehlender
Standardisierungen in der Erhebungsmethode und den Unterschieden in der
Systemabgrenzung ist dies trotz einer inzwischen rasch steigenden Zahl von veröffentlichten
Klimabilanzen für verschiedene Hochschulen weltweit allerdings nur bedingt möglich.
Außerdem bedingen die jeweiligen Spezialisierungen der Hochschulen unterschiedliches
Konsumverhalten (z.B. laborbasierte, rechnergestützte oder buchbasierte Forschung und
Lehre, internationale Ausrichtung und entsprechendes Reiseverhalten), so dass direkte
Vergleiche nur für spezifische Lehr- und Forschungsaktivitäten aussagekräftig sind.

Die nachfolgend genannten Beispiele von Klimabilanzen anderer Hochschulen zeigen jedoch
zumindest, dass die Ergebnisse unserer Studie von den Größenordnungen her valide sind. So
ergibt sich für die Universität Clemson, South Carolina, die eine ähnliche Anzahl von
Studierenden wie die Universität Freiburg hat, eine THG-Bilanz von ca. 95000 Tonnen CO2-
Äquivalenten, wobei hier auch die Emissionen des Pendelns von und zur Uni mittels PKW

                                                                                         11
erfasst wurden [18]. Für die bezüglich der Studierenden- und MitarbeiterInnenzahl etwas
kleinere Technische Universität Graz wurde eine THG-Gesamtbilanz von ca. 21000 Tonnen
CO2-Äquivalenten ermittelt, wobei gleichzeitig die Systemgrenzen weniger umfassend
gezogen wurden als bei unserer Studie (u.a. wurden Bautätigkeiten nicht bilanziert). Hier
wurde die Reduktion energiebezogener THG-Emissionen (Strom, Fernwärme, Dienstreisen)
als prioritäres Handlungsfeld identifiziert [19]. Die Norwegische Technische Universität
(NTNU) wiederum hat einen regulären Updatezyklus für ihre Klimabilanz etabliert, und für
die Jahre 2017, 2018 und 2019 wurde eine jeweilige Gesamtbilanz von 106, 117 und 112
Kilotonnen CO2-eq. ermittelt. Auffallend hier ist der mit 28-29% im Vergleich zur Universität
Freiburg hohe Anteil von Reisen in der Bilanz [20], was auf die hohe Bedeutung von Flugreisen
aufgrund der isolierten Lage des zentralen Hochschulstandortes Trondheims zurückzuführen
ist.

Ausblick und Empfehlungen
Die hier vorgestellte Bilanz gibt eine grobe Übersicht über die mengenmäßig relevanten
Warengruppen, denen in einer universitären Klimastrategie eine Schlüsselrolle zukommen
muss. Sie listet außerdem eine Reihe kleinerer Beiträge auf, deren Reduktion ebenfalls – nicht
mengenmäßig, sondern indirekt, durch Bewusstseinsbildung und Vorbildwirkung – zu einer
nachhaltigen Reduktion der THG-Emissionen beitragen können. Somit kann die Klimabilanz
dabei    helfen,    prioritäre  Handlungsfelder       zu     identifizieren, Debatten      zur
Nachhaltigkeitstransformation zu steuern und quantitative Reduktionsziele zu formulieren.

Deutlich wird, dass die größten Hebel zur Reduzierung der THG-Emissionen der Universität
Freiburg in den Bereichen der Gebäudebewirtschaftung und der Beschaffung liegen. In der
öffentlichen Debatte vielfach prominent hervorgehobene Aspekte, wie die Flugreisen,
scheinen dagegen eher von nachgeordneter Bedeutung. Dabei darf aber nicht übersehen
werden, dass durch die THG-Bilanz lediglich eine Zuschreibung von Emissionen in der Vorkette
zu den von der Endverbraucherin konsumieren Produkten und Dienstleistungen
(Fußabdruck-Prinzip) erfolgt.

Auf dieser Information aufbauend muss sich deshalb zwingend eine Debatte um die
Verantwortlichkeit jedes einzelnen Mitglieds der Universität anschließen. Das THG-
Protokoll [5] macht deutlich, dass die Reduktion der THG-Emissionen der Universität nicht
ausschließlich eine technische oder administrative Aufgabe der Hochschulleitung
und -verwaltung ist. Vielmehr müssen sich konsequente Entscheidungsprozesse auf allen
Ebenen und Bereichen der Universität anschließen, um über Effizienzstrategien (ergiebigere
Nutzung von Materialen und Energien, wie z.B. Stromsparleisten), Konsistenzstrategien
(naturverträglichere Technologien und Prozesse, wie z.B. grüne IT und Beschaffung) und
Suffizienzstrategien (geringere Ressourcenverbrauch durch geringe Nachfrage von Gütern
und Energie, wie z.B. Raumtemperaturregelungen) eine Reduktion der THG-Emissionen der
Universität zu erreichen.

Mehrere laufende oder geplante Maßnahmen der Universität Freiburg zielen bereits in diese
Richtung. Beispielhaft sind hier die verschiedenen Anreize zur Energieeinsparung im
Gebäudemanagement, die breite Verwendung von Recyclingpapier und Mehrwegcontainern
in der Chemikalienentsorgung und Abfallverwertung, der Kältering und die PV-Anlage auf
dem Dach der Universitätsbibliothek [15] zu nennen. Wie die THG-Bilanz zeigt, müssen diese
Maßnahmen aber systematischer zusammengefasst und breiter angesetzt werden, um
tatsächlich signifikante Reduktionen zu bewirken.
                                                                                        12
Neben diesen Maßnahmen vor Ort muss es in den kommenden Jahren auch darum gehen, die
indirekten Emissionen durch den Bezug von Gütern und Dienstleistungen zu reduzieren
(Scope-3-THG). Für größere Forschungsvorhaben sind Klimabilanzen bereits Standard [z.B.
16], aber auch im Arbeitsalltag sollten die Klimaauswirkungen von Waren und
Dienstleistungen als zusätzliches Kriterium in die Entscheidungsfindung aufgenommen
werden. Dadurch können einzelne Tätigkeiten neu gedacht und eventuell klimafreundlich
umgestellt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Wahl des Verkehrsmittels für Dienstreisen auf
kurzer und mittlerer Strecke, wo durch Verzicht auf Autofahrten und Flüge die
transportbezogenen THG-Emissionen um 60-80% gesenkt werden können (Abb. 5).

Die Klimabilanz der Universität sollte in regelmäßigen Abständen erhoben werden. Zum
einen, um die Auswirkung der verschiedenen Maßnahmen zur Emissionsreduktion auf die
Gesamtbilanz zu erfassen (Monitoring), und zum anderen, um jährliche Schwankungen, zum
Beispiel durch Bautätigkeiten oder die Corona-Pandemie, zu erfassen [21]. Ein solches Update
ist mit vertretbarem Aufwand möglich, wenn entsprechende Kompetenz vorhanden ist, wie
das Beispiel der NTNU zeigt [20].

Im Zuge einer erweiterten Nachhaltigkeitsberichterstattung können aus der Klimabilanz auch
weitere, aggregierte Indikatoren wie der ökologische Fußabdruck ermittelt werden [22]. Diese
sollten dann auch – zusammen mit der Klimabilanz selbst – Eingang in regelmäßig zu
veröffentlichende Nachhaltigkeitsberichte finden, wie z.B. vom Netzwerk „Nachhaltigkeit an
Hochschulen: entwickeln – vernetzen – berichten (HOCHN)“ vorgeschlagen [23].

Abbildung 5: THG-Emissionen und typische Reisezeiten für eine einfache Fahrt von Freiburg in
ausgewählte Orte in Deutschland und Europa. Diese Abbildung entstammt einem Blogeintrag [13] und
wurde durch eine Vorlage aus der Schweiz inspiriert [14].

                                                                                             13
Methode
Die für die Erstellung der THG-Bilanz nötigen Schritte sind in Abb. 6 dargestellt. Zunächst
(oben links) wird anhand der im GHG protocol [5] vorgegebenen Kriterien die Systemgrenze
der Universität Freiburg festgelegt. Hierbei wurde für den Organisationstyp Universität das
Kriterium ‚betriebliche Kontrolle‘ als definierend identifiziert, d.h. sämtliche Aktivitäten, über
welche die Uni Freiburg die volle betriebliche Kontrolle hat, werden in die THG-Bilanz mit
aufgenommen. Dann werden (oben rechts) die in den vorliegenden Arbeiten [9, 10] bereits
vorliegenden Teile der THG-Bilanz übertragen und die bisher nicht oder nur vorläufig
analysierten Posten aus Tabelle 1 identifiziert, so dass für diese Posten dann die Ausgaben der
Universität Freiburg erfasst und zu den für die Fußabdruckberechnung verfügbaren
Warengruppen zugeordnet werden können (zweite Reihe von oben). Dann werden die 2017er
Endverbraucherpreise in die 2016er Herstellerpreise umgerechnet, indem die Inflation sowie
die Verbrauchssteuerung und Einzelhandelsmargen herausgerechnet werden. Dieser Schritt
ist erforderlich, da die Fußabdruckberechnung mit dem aktuellsten multiregionalen Input-
Output-Modell mit globaler Abdeckung erfolgt, dessen Erfassungsjahr 2016 ist und dessen
Quantifizierung der Warenströme in Herstellerpreisen erfolgt.

Abbildung 6: THG-Bilanz der Uni Freiburg, Übersicht über verwendete Daten und Methode sowie
deren Abfolge. ALUF: Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, CPI: consumer price index (zum
Inflationsausgleich im Modell), EXIOBASE: spezielle, hier verwendete EE-MRIO-Datenbank. EE-MRIO:
environmentally-extended multiregional input-output model, eine Datenbank globaler
Wertschöpfungsketten mittels der sich die verschiedenen Umwelt-Fußabdrücke ermitteln lassen, LCA:
life cycle assessment. Quelle: [8].

Das multiregionale Input-Output-Modell [12] ermittelt die globalen Umwelt- und
Ressourcenfußabdrücke der Endnachfrage Y der Universität Freiburg, indem mittels der sog.

                                                                                               14
Leontief-Modellgleichung [12] die Industrie-Vorketten (durch Matrixmultiplikation mit der
Vorketten-Outputmatrix L, Leontief-Inverse genannt), die jeweiligen Emissionen
(Multiplikation mit der Matrix der Emissionskoeffizienten S) sowie die Umwelteinträge
(Multiplikation mit der Wichtungsmatrix für einzelne Emissionen C) errechnet werden. Durch
Kombination dieser und der bereits mit der Ökobilanzmethode (LCA) ermittelten Anteile der
THG-Bilanz [9, 10] werden dann die Abb. 2 und 3 erstellt. Die Fehlerintervalle (hier nicht
berichtet) werden durch Durchrechnen verschiedener Annahmen bez. der Zuordnung der
Ausgaben zu den 200 Warengruppen des Input-Output-Modells ermittelt (s. nächster
Abschnitt).

Eine detaillierte Dokumentation der Methoden ist über die Autoren erhältlich.

Fehlerbetrachtung und Sensitivität der Ergebnisse in Bezug
auf die getroffenen Annahmen
Die Ermittlung der THG-Äquivalente ist nicht exakt möglich, da die genauen
Produktbezeichnungen sowie deren Wertschöpfungsketten nicht bekannt sind. Stattdessen
wird mit Durchschnittswerten operiert, welche die typischen Produktionsbedingungen und
Transportwege für einzelne Warengruppen abbilden, womit auch eine Vergleichbarkeit
bezüglich des Beitrags einzelner Warengruppen zur THG-Bilanz über verschiedene
Organisationen hinweg möglich ist.

Für die Umweltbewertung einzelner Klimaschutzmaßnahmen, z.B. die Beschaffung von
Recyclingpapier oder die Verwendung langlebiger IT-Komponenten, ist eine jeweils
detaillierte Einzelanalyse notwendig. Diese Feinheiten können mit der groben, hier
präsentierten Abschätzung nicht abgebildet werden.

Außerdem sind auch nicht alle verfügbaren Daten so dokumentiert, dass sie eine einfache
Zuordnung zu verschiedenen Warengruppen ermöglichen. Für die Gruppe ‚Produkte und
Dienstleistungen‘ verbleibt eine unbekannte Restsumme von 9,191 Millionen Euro. Hier
wurde angenommen, dass ein Drittel dieser nicht zuordenbaren Kosten nicht für die THG-
Bilanz relevant ist (z.B. Steuern oder Lizenzgebühren). Die restliche Summe (ca. 6 MEUR)
wurde im Basisszenario zu zwei Dritteln auf die ‚Service‘-Kategorien und zu einem Drittel auf
verschiedene Produktkategorien aufgeteilt. Im Alternativszenario wurden die Kosten zu
einem Drittel auf die ‚Services‘-Kategorien und zwei Dritteln auf die Produktkategorien
aufgeteilt. Daraus ergibt sich für die Gruppen ‚goods and services‘ und ‚construction‘ ein
Fehlerintervall mit einem Mittelwert von ca. 20300 t CO2-eq (Abb. 7).

Für Dienstreisen sind ebenfalls mehrere plausible Annahmen bezüglich des Anteils der
verschiedenen Verkehrsträger möglich, besonders für Mittelstrecken. Hier hat Elizalde (2019,
[9]) bereits eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse wir hier übernehmen und
um die Ergebnisse für Reisen externer Gäste (0,77 MEUR) ergänzen. Daraus ergibt sich für die
Gruppe ‚business travel‘ ein Intervall von [5875 t, 6360 t], wobei der rechte Wert (6360t) als der
wahrscheinlichere angesehen und hier verwendet wird (Abb. 8).

                                                                                               15
11000
                               10800
                               10600
                               10400
                               10200

                    t CO2-eq
                               10000
                                9800
                                9600
                                9400
                                9200
                                9000
                                       Goods and Services      Construction

Abbildung 7: Fehlerbalken für die Scope-3-Sektoren „goods and services“ and „construction“. Das
Diagramm zeigt den Mittelwert aus Basis-Szenario und alternativem Szenario, welches im Rahmen
einer Sensitivitätsanalyse aufgrund von Ambivalenzen in der Datenkategorisierung entworfen wurde
[8]. Fehlende Daten für beide Sektoren wurden hier im Nachhinein noch ergänzt. Das Basis-Szenario
(in diesem Bericht präsentiert) setzt sich aus der kleineren Alternative für „goods and services“ und
der größeren Alternative für „construction“ zusammen, welches wir für die wahrscheinlichere
Alternative halten. Im alternativen Szenario ist es umgekehrt.

Abbildung 8: Fehlerbalken für den Scope-3-Sektor „business travel“. Das Diagramm zeigt das von
Elizalde (2019) [9] entworfene ‚travel scenario A‘. Fehlende Daten für Reisen durch Externe (Gäste)
wurden entsprechend des von Elizalde entworfenen Modal-Split ergänzt. Die Fehlerintervalle zeigen
die Werte für die Elizalde durchgeführte Sensitivitätsanalyse („travel scenario B“), welche eine
verstärkte Nutzung des Schienenverkehrs im Modal-Split vorsieht.

                                                                                                   16
Literatur- und Quellenverzeichnis
Der Zugriff auf die hier verlinkten Internetseiten erfolgte zwischen dem 28.9.2020 und dem
21.02. 2021.
[1] https://ourworldindata.org/contributed-most-global-co2

[2] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-
deutschland#treibhausgas-emissionen-nach-kategorien

[3] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgasminderungsziele-deutschlands

[3a] https://um.baden-wuerttemberg.de/de/ministerium/aufgaben-und-organisation/nachhaltige-
landesverwaltung/klimaneutrale-landesverwaltung/

[3b] https://www.nachhaltige.uni-freiburg.de/de/umweltleitlinien/umweltleitlinien_uni_freiburg

[3c] Hogne N. Larsen, Johan Pettersen, Christian Solli, Edgar G. Hertwich (2013). Investigating the
Carbon Footprint of a University - The case of NTNU. Journal of Cleaner Production, Volume 48, 2013,
Pages 39-47, https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2011.10.007

[4] https://www.nachhaltige.uni-freiburg.de/de/umweltbericht/umweltbericht-1

[5] WBCSD, & WRI. (2004). Greenhouse Gas Protocol Initiative: A corporate accounting and reporting
standard.

[6] WBCSD, & WRI. (2011). Greenhouse Gas Protocol: Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting
and Reporting Standard: Supplement to the GHG Protocol Corporate Accounting and Reporting
Standard.

[7] Townsend, J., & Barrett, J. (2015). Exploring the applications of carbon footprinting towards
sustainability at a UK university: reporting and decision making. Journal of Cleaner Production, 107,
164–176.

[8] Marcel Eichler, 2020: Evaluating Environmental Impacts of University Procurements - An
Environmentally Extended Multiregional Input Output Analysis of Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg. Master-thesis submitted in partial fulfilment of the requirements for the degree of Master of
Science Environmental Governance

[9] Benjamín Elizalde Durán, 2019: Evaluating Environmental Impacts in University Campus
Operations: An Organizational Life Cycle Assessment (O-LCA) of Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg. Master-thesis submitted in partial fulfilment of the requirements for the degree of Master of
Science Environmental Governance

[10] Andrew Bonneau, 2017: Carbon Accounting of Material and Energy Flows in Campus
Organizations: Case Study of the University of Freiburg. Master-thesis submitted in partial fulfilment
of the requirements for the degree of Master of Science Environmental Governance

[11] https://ghgprotocol.org/scope_2_guidance (Scope 2 document: only generation-based
emissions, rest is scope 3 category: other energy-related emissions…)

[12] Input-Output Analysis - Foundations and Extensions, 2nd Edition. Ronald E. Miller, University of
Pennsylvania, and Peter D. Blair, National Academy of Sciences, Washington DC. Cambridge
University Press, 2009.

[13] http://www.blog.industrialecology.uni-freiburg.de/index.php/2020/01/02/co2-dienstreisen/

[14]
https://ethz.ch/content/dam/ethz/associates/services/organisation/Schulleitung/mobilitaetsplattf
orm/Zug_Flug%20Europa_Zeit%20und%20CO2.pdf

                                                                                                     17
[15] https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2014/pm.2014-07-31.80

[16] Carbon Footprint Study for the Giant Array for Neutrino Detection (GRAND) Project,
https://arxiv.org/pdf/2101.02049.pdf

[17] Robinson, O. J., Tewkesbury, A., Kemp, S., & Williams, I. D. (2018). Towards a universal carbon
footprint standard: A case study of carbon management at universities. Journal of Cleaner Production,
172, 4435-4455. https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2017.02.147

[18] Clabeaux, R., Carbajales-Dale, M., Ladner, D., & Walker, T. (2020). Assessing the carbon footprint
of a university campus using a life cycle assessment approach. Journal of Cleaner Production, 273,
122600. https://doi.org/10.1016/j.jclepro.2020.122600

[19] Getzinger, G., Schmitz, D., Mohnke, S., Steinwender, D., & Lindenthal, T. (2019).
Treibhausgasbilanz von Universitäten in Österreich: Methode und Ergebnisse der Bilanzierung und
Strategien zur Reduktion der Treibhausgasemissionen. GAIA - Ecological Perspectives for Science and
Society, 28(4). DOI:10.14512/gaia.28.4.13

[20] https://www.ntnu.no/documents/10137/0/Klimaregnskap+for+NTNU+2018_2019.pdf

[21] Filimonau, V., Archer, D., Bellamy, L., Smith, N., & Wintrip, R. (2021). The carbon footprint of a
UK University during the COVID-19 lockdown. Science of The Total Environment, 756, 143964.
https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2020.143964

[22] Nunes, L. M., Catarino, A., Ribau Teixeira, M., & Cuesta, E. M. (2013). Framework for the inter-
comparison of ecological footprint of universities. Ecological Indicators, 32, 276-284.
https://doi.org/10.1016/j.ecolind.2013.04.007

[23] https://www.hochn.uni-hamburg.de/-downloads/handlungsfelder/nhb/hoch-n-leitfaden-
nachhaltigkeitsberichterstattung-an-hochschulen.pdf

                                                                                                          18
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