Langfristige Weiterentwicklung der Fähigkeit Dekontamination im österreichischen Bundesheer

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Langfristige Weiterentwicklung der Fähigkeit Dekontamination
                    im österreichischen Bundesheer
         In einem Randgespräch während der Übergabe der ABC- und Selbstschutzschule von
Oberst Wolfgang Klos an Oberst Hans-Christian Hettfleisch im Juni 2012 wurde bekannt, dass das
österreichische Bundesheer beabsichtigt, in einer langfristigen Weiterentwicklung die Fähigkeit
Dekontamination neu zu gestalten und hierzu auch die deutsche Dekontaminationstechnologie in
Betracht zu ziehen. Österreich verfügt über materielle Ausstattungen zur Dekontamination welche
mittlerweile ein Alter von mehr als 25 Jahren erreicht haben. Im Zuge der nächsten Jahre kommt
es für die österreichische ABC-Abwehr darauf an, zeitgerecht den Fähigkeitserhalt Dekontaminati-
on so zu analysieren, dass ab 2020 die grundlegende Erneuerung durch die Einführung neuer ma-
terieller Ausstattung / „State of the Art Technologie“ begonnen werden kann.
Schnell waren sich der Kommandant der österreichischen ABC-Abwehrschule, Oberst Michael
Schuster und der Kommandeur der ABC- und Selbstschutzschule, Oberst Hans-Christian
Hettfleisch, einig: Hier kann und muss unter dem Verbund DACH eine Unterstützung geleistet
werden. Es entstand die Idee, an der österreichischen ABC-Abwehrschule in Korneuburg
eine Informationsveranstaltung für Vertreter aus der Planungs- und Bereitstellungsabteilung des
Verteidigungsministeriums durchzuführen und dabei die leichte Dekontaminationsfamilie der deut-
schen ABC-Abwehr vorzustellen.
Hierzu erhielt der Bereich Weiterentwicklung - Dezernat 3 „Materielle Lösungen“ den Auftrag, die
Informationsveranstaltung zu unterstützen. Gemeinsam mit dem Projektoffizier, Major Eichhübl von
der österreichischen ABC-Abwehrschule, wurde nun an der Realisierung dieses Vorhabens gear-
beitet. Da die bürokratischen Hürden in Österreich den deutschen nicht nachstehen, wurde ein et-
was größerer Aufwand erwartet – jedoch war es noch nie so einfach wie bei diesem Vorhaben.
Transporte, Einreise, Organisation – diese Themen wurden quasi im Handstreich erledigt. Als
Termine wurden der 11. und 12. September 2012 festgelegt.
Als Unterstützung wurden ein Vortrag sowie eine dynamische und statische Gerätepräsentation
gewünscht.
Problematisch war der Durchführungstermin dennoch, schließlich wurde für die dynamische Gerä-
tepräsentation Unterstützungspersonal aus den leichten ABC-Abwehrkompanien benötigt. Das
Dezernat 3 hatte noch drei Wochen Hitzeerprobung auf Sardinien durchzuführen, der Urlaubszeit-
raum stand bevor und die leichte ABC-Abwehrkompanie 120 befand sich in der einsatzvorberei-
tenden Ausbildung. Schnell wurde klar, frühestens zum 03.09.2012 steht Personal aus den leich-
ten ABC-Abwehrkompanien zur Verfügung, allerdings ist dieses nicht an den Systemen ausgebil-
det. Somit war der Schwerpunkt vorgegeben – mindestens zwei Tage Ausbildung an den einzel-
nen Systemen und anschließend das Zusammenwirken im Aufbau und Betrieb. Da, wie bereits
bekannt sein dürfte, sich die Dekontamination in der ABC-Abwehr in den letzten Jahren von einfa-
cher nass- / chemischer Dekontamination zu modernen Dekontaminationsverfahren gewandelt hat,
war dies eine große Herausforderung. Für eine umfangreiche Ausbildung war die Zeit sehr knapp,
zumal der Transport der einzelnen Systeme bereits am 05.09.2012 begann.
Am 10.09.2012 traf das deutsche Kommando in Korneuburg ein, der Grundaufbau der Dekontami-
nationseinrichtung mit den leichten Dekontaminationsausstattungen Personal, Material, Sonderge-
rät und Infrastruktur war um 1900 Uhr abgeschlossen. Somit blieb zumindest am folgenden Tag
noch etwas Zeit, um ein verkürztes Vorüben der dynamischen Geräteschau (Aufbau und Betrieb
einer leichten Dekontaminationseinrichtung) durchzuführen, schließlich sollte die Veranstaltung um
10.00 Uhr beginnen.

BORDEAUXROT 4/2012                                                                              9
Der Kommandant der österreichischen ABC-
Abwehrschule, Oberst Michael Schuster, be-
grüßte pünktlich die Vertreter aus der Pla-
nungs- und Bereitstellungsabteilung des Ver-
teidigungsministeriums, die militärischen An-
gehörigen der ABC-Abwehr aus den ver-
schiedenen landesweiten Dienststellen, Herrn
Paul Hellmuth vom BAAIN (BWB) sowie Ver-
treter der Firma Futuretech (Kärcher Group)
mit dem Geschäftsführer Herrn Volker Wel-
zenbach an der Spitze (Bild rechts).
Die Veranstaltung wurde anschließend durch die ABC- und Selbstschutzschule mit einem 60-
minütigen Vortrag „Deutsche Dekontaminationsphilosophie und –technologie – eine Reise durch
die deutsche Dekontaminationslandschaft“ eingeleitet. In dieser Präsentation wurden zunächst ei-
nige Parameter zur Bedrohung und den daraus resultierenden Konzeptionen dargestellt, anschlie-
ßend die materiellen Fähigkeiten deutscher Dekontaminationstechnik aufgezeigt. Ein abschließen-
der Blick in die Zukunft und eine kurze Zusammenfassung rundeten den Vortrag ab.
Technologische Details wurden danach durch Herrn Hans-Joachim Töpfer von Futuretech detail-
liert und sehr anschaulich demonstriert.
                                            Nachmittags wurden die theoretischen Ansätze
                                            durch die dynamische Vorführung praktisch un-
                                            termauert. Innerhalb von 20 Minuten wurde die
                                            leichte Dekontaminationseinrichtung aufgebaut.
                                            Während der Phase des Herstellens der Arbeits-
                                            bereitschaft wurden die leichte Dekontaminations-
                                            ausstattung Infrastruktur sowie das Trägerfahrzeug
                                            Mungo Mehrzweck und der Systemanhänger vorgestellt.
                                                        Bild links: Interessierte Zuschauer aus dem Ministerium
                                                        und der österreichischen ABC-Abwehr.

Den Abschluss der dynamischen Vorführung bildete ein Dekontaminationsdurchlauf, gemeinsam
mit Soldaten und Gerät der österreichischen ABC-Abwehrschule.

Leichte Dekontaminationsausstattung Infrastruktur bei   Durchführung der Dekontamination von Fahrzeugen auf
der Straßendekontamination.                             dem leichten Material-E-Platz.

Wie immer bei solchen Veranstaltungen gab es von den Zuschauern viel Beifall. Festzustellen ist,
dass bei dieser Vorführung alle beteiligten Soldaten über sich hinaus gewachsen sind, da die be-
reits beschriebenen Umstände (Verfügbarkeit, Zeit, kein Vorüben) eine solche, vollkommene und
perfekte Leistung nicht erwarten ließen.
Für den Rest des Tages sowie dem Vormittag des nächsten Tages stand die statische Geräte-
schau auf dem Programm. Hier konnte man sich nochmals intensiv die einzelnen Systeme an-
schauen, Detailfragen diskutieren und etwas mehr in die einzelnen Technologien der Heißgas- /
Heißdampf-, Vakuum- und Sprüh- / Extraktionsdekontamination sowie der Verfahren einsteigen.
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Zusätzlich wurden im Rahmen von Fachgesprächen mit Experten der österreichischen ABC-
Abwehr zu verschiedenen Aspekten Stellung bezogen. Da die moderne deutsche Dekontaminati-
onstechnologie sowie die Dekontaminationsphilosophie überzeugt haben, wurde im Zuge der
Fachgespräche zwischen Oberst Schuster, des Bearbeiters Dekontamination Major Eichhübl
und Oberstleutnant Bauer (ABC/SeS) angeregt, beiderseitig die nun begonnene erste Zusam-
menarbeit in der Dekontamination fortzusetzen.
Durch das Implementieren einer DACH Arbeitsgruppe Dekontamination bestünde die Möglichkeit,
Erfahrungen auf allen Ebenen (Konzeption, Technologie, Wissenschaft, Erprobungserfahrungen,
etc.) auszutauschen und in Teilen zu optimieren. Ein zusätzlicher Nutzen für Österreich wäre zu-
dem gegeben, da im Rahmen einer Realisierung neuer Dekontaminationssysteme die deutsche
ABC-Abwehr als Lotse fungieren könnte.

                             Nationalfeiertag 2012 in Österreich
                       Darstellung der DACH – Kooperation ABC-Abwehr
                            bei der Informations- und Leistungsschau
                 des österreichischen Bundesheers auf dem Wiener Heldenplatz
      Was wäre der österreichische Nationalfeiertag ohne die große Informations- und Leistungs-
schau des österreichischen Bundesheeres auf dem Wiener Heldenplatz?
Bei trockenem und am Nachmittag sonnigen Wetter sowie angenehmen Herbsttemperaturen nahm
der Besucherstrom am Wiener Heldenplatz kein Ende. Rund 800.000 interessierte Besucherinnen
und Besucher informierten sich im Laufe des 26.10.2012 über das österreichische Bundesheer.
Die elf Themeninseln, wo sich die Soldatinnen und Soldaten des österreichischen Bundesheeres
mit ihren In- und Auslandsaufgaben zum Motto: "Profis bringen Sicherheit!" präsentierten, waren
wahre Publikumsmagnete.
Interessant und ständig hoch frequentiert war der Themenbereich ABC-Abwehr. Hier wurde die
DACH – Kooperation (Deutschland – Österreich – Schweiz) eindrucksvoll von den drei Nationen
dargestellt. Die österreichische ABC-Abwehr stellte ihr Aufklärungs- und Dekontaminationsgerät
vor, wobei der A/C-Spür-Dingo sowie die Dekontaminationsübung überzeugten. Die Schweizer
Kameraden hatten sich auf die Fähigkeiten der A-Detektion und Identifikation spezialisiert und
zeigten ihre Ausstattungen, welche u.a. nahezu laborähnlich in einen DURO eingerüstet sind. Die
deutsche ABC-Abwehr, präsentiert durch die ABC- und Selbstschutzschule, stellte ihre im Trans-
porthubschrauber verladbaren Systeme zur ABC-Aufklärung und Dekontamination vor.
Mit dem Spezial-ABC-Abwehr - Re-
aktionszug wurde eine Unikatfähig-
keit in der ABC-Aufklärung und
ABC-Abwehrberatung dargestellt.
Durch das leichte A/C-Aufklä-
rungssystem und der leichten De-
kontaminationsausstattung    Infra-
struktur, beide auf einem Träger-
fahrzeug Mungo, wurden neue Fä-
higkeiten dargestellt und verdeut-
licht, dass die Truppe ab dem Jahr
2013 darüber verfügen wird.

Leichtes A/C-Aufklärungssystem und leichte
Dekontaminationsausstattung Infrastruktur.
Als zukunftorientiertes, innovatives System wurde der ABC-Aufklärungsroboter, ein Aufklärungs-
system zur unbemannten ABC-Aufklärung, präsentiert.
Der gesamte Heldenplatz bot also ein sehr abwechslungsreiches Bild.
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Der Nationalfeiertag 2012 begann traditionell mit der Kranzniederlegung in der Krypta des Äußeren
Burgtores. Der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Heinz Fischer, und die
Bundesregierung, angeführt von Bundeskanzler Werner Faymann, gedachten der Angehörigen
des österreichischen Bundesheeres, die im Dienst und Einsatz verunglückt, verstorben oder gefal-
len sind und der Opfer im Kampf für Österreichs Freiheit.
Anschließend leisteten rund 1.000 Soldaten aus allen Bundesländern ihr Treugelöbnis auf die Re-
publik Österreich am Wiener Heldenplatz. Bundespräsident Heinz Fischer freute sich über den
großen Besucherandrang. "Die Leistungsschau zeigt die Professionalität, die das österreichische
Bundesheer heute schon hat", so Bundespräsident Fischer. Im Rahmen seiner Ansprache bei der
feierlichen Angelobung am Wiener Heldenplatz wünschte er auch verantwortungsbewusstes Han-
deln bei der Diskussion um die Frage der künftigen Wehrform. Hierzu muss man wissen, dass
auch in Österreich die Diskussion über die Wehrpflicht (pro/contra) in vollem Gange ist. Im Januar
2013 findet hierzu ein Volksentscheid statt.
Nach der Angelobung überzeugte sich der Bundespräsident Heinz Fischer persönlich von der Pro-
fessionalität, indem er einige der Themenbereiche in einem 60-minütigen Rundgang besuchte und
sich informieren ließ.
Der DACH-Verbund, welchen der Bundespräsident zuerst aufsuchte, konnte sich somit präsentie-
ren. Besonderes Interesse zeigte Bundespräsident Heinz Fischer an den deutschen materiellen
Ausstattungen. Immerhin 10 Minuten nahm er sich hierfür Zeit.
                                                         Nach einer intensiven Einweisung in das
                                                         leichte A/C-Aufklärungssystem und die
                                                         leichte    Dekontaminationsausstattung
                                                         stellte er Fragen zu diesen speziellen
                                                         Geräten. Letztlich stellte er fest, dass
                                                         Profis über eine solch spezielle Ausstat-
                                                         tung verfügen müssen, um damit in den
                                                         verschiedenartigen militärischen Opera-
                                                         tionen zu bestehen und vor allem zu
                                                         überleben.
                                                         Seine abschließende Frage galt der in
                                                         Deutschland bereits vollzogenen Aus-
                                                         setzung der Wehrpflicht und den daraus
                                                         resultierenden Erfahrungen.

                                                         Bild links: Bundespräsident Heinz Fischer und
                                                         Oberstleutnant Hans-Jürgen Bauer.
Bis zum Ende der Leistungsschau um 17.30 Uhr wurden verschiedene Vorführungen angeboten.
Höhepunkt war zweifelsohne eine dynamische Gefechtsvorführung, besonders spektakulär durch
die mechanisierten Kräfte dargestellt. Hier wurde ein Sprengstoffanschlag mit einem vermeintli-
chen Kampfstoff inszeniert. Im Rahmen der Unterstützung kam hierbei auch die österreichische
ABC-Abwehr mit ihren Fähigkeiten ABC-Aufklärung und Dekontamination zum Zuge.
Daneben beeindruckten die Gardisten des österreichischen Bundesheeres die Besucher am Hel-
denplatz mit einer Show-Vorführung der Extraklasse. Sie gehören zu den besten Gardesoldaten
der Welt.
Auch die Luftlandesoldaten des Jägerbataillons 25, welche aus Berufs- und Zeitsoldaten bestehen,
zählen zu den Vorzeigesoldaten des österreichischen Bundesheeres. Durch Sprungeinlagen sowie
Darstellungen spezieller Operationen am Heldenplatz zeigten die Klagenfurter, warum sie zu den
Besten zu zählen sind.
Ein Trompeter der Gardemusik beendete um 17.30 Uhr vom Dach des Heldentores mit dem Zap-
fenstreich die Informations- und Leistungsschau.

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Zu Ende ging ein Tag, der großen Eindruck
hinterlassen hat. 800.000 Besucher verteilt
auf verschiedene Themenbereiche in einem
Zeitfenster zwischen 10.00 und 17.00 Uhr.
Der Interessenshunger der Besucher war an
dem Gerät der deutschen ABC-Abwehr sehr
groß. Um die einzelnen Geräte waren ständig
mehr als 15 Personen versammelt.

Bild rechts: Hauptfeldwebel Galina Feer bei der
Vorstellung des leichten A/C-Aufklärungssystems.
Besucht haben uns weitere Politiker, aber auch Oberst Michael Schuster, Kommandant der öster-
reichischen ABC-Schule sowie sein Vorgänger, Brigadier Norbert Fürstenhofer.
Da es keine Gelegenheit zur „Ruhe“ gab, dürfte es sehr verständlich sein, dass der Trompeter, als
er den Tag mit dem Zapfenstreich beendete, großen Beifall von uns erhielt.
Übrigens: Die Teilnahme der deutschen ABC-Abwehr am österreichischen Nationalfeiertag fand
schon zum zweiten Mal statt. 2002 wurden bereits der Spürpanzer Fuchs sowie die ABC-
Untersuchungsstelle vorgestellt. Folgt man der Serie, dürfte im Jahr 2022 wieder eine Teilnahme anstehen.
Oberstleutnant Hans-Jürgen Bauer

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