Lebertransplantierte Deutschland e.V - Informationen für Patient und Arzt - Lebertransplantierter

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Lebertransplantierte Deutschland e.V - Informationen für Patient und Arzt - Lebertransplantierter
Le be rtra nsp l an t i ert e Deu t s c h l an d e . V. – In f o r m a t i o n e n f ü r Pa t i e n t u n d Ar z t

LEBENSLINIEN

                                                                                                                     2 /2018
64                                                                                                        Inhalt                                                                       LE B E N S LI N I E N 2 /2018

 Editorial ............................................................................................    1       Transplantationsgesetz · Organspende
 Von der Idee zum Bundesverband                                                                                    Dringend gefordert: Gemeinsamer Initiativplan
 25 Jahre Lebertransplantierte Deutschland e.V. –                                                                   zur Förderung der Organspende ............................................                         28
 25 Jahre Betroffene helfen Betroffenen .................................                                  2       Organspende: Das „Tabu Widerspruchslösung“
                                                                                                                    muss fallen! .................................................................................     29
 Transplantationsmedizin                                                                                           Tag der Organspende ...................................................................             30
 Facharztuntersuchungen nach der Lebertransplantation ....                                                 6       Organspender-Zahlen ...................................................................             32
 Stellenwert von mTOR-Inhibitoren für die                                                                          Engagement der Universitätskliniken für die Organspende ...                                         32
  Immunsuppression nach Lebertransplantation ..................                                            7       20 Jahre Transplantationsgesetz: Patientenverbände
 Studie zur Lebertransplantation bei                                                                                fordern, Organspendetief endlich aufzuhalten! ...................                                  33
  Patienten mit Leberzellkarzinom in Zirrhose .......................                                     10       Pressespiegel .................................................................................     34
 Mindestmengenregelungen in der Umsetzung –                                                                        Organspendeausweise .................................................................               35
  Müssen „kleine Zentren“ schließen? .....................................                                13
 Harnstoffzyklus-Defekte ................................................................                 16       Gesundheit
 CellCept 500mg – Fälschungen auf dem legalen                                                                      Verdacht auf Schlaganfall? – Jetzt eilt’s! .................................. 37
  deutschen Markt angeboten ...................................................                           17       Zecken sind aktiv ........................................................................... 38
 Qualitätsberichte der Transplantationszentren für das Jahr
  2016 und Jahresbericht der DSO 2017 veröffentlicht .......                                              17       Recht · Soziales
 Das Walter-Brendel-Kolleg für Transplantationsmedizin:                                                            Rabatt beim Autokauf .................................................................. 39
  Kernmodul für die „Interdisziplinäre Weiterbildung                                                               Der Euro-Schlüssel – eine Hilfe für Behinderte .................... 40
  Transplantationsmedizin“ ..........................................................                     18
 Zusatzweiterbildung zum Transplantationsmediziner                                                                 Geist · Körper · Seele
  beschlossen ..................................................................................          18       Buchvorstellung: Leber-Bruder Lieber Bruder ........................                                40
                                                                                                                   Ein Kind trotz fortgeschrittener PSC ?! .....................................                       41
 Aus Wissenschaft und Forschung                                                                                    Brief einer Organempfängerin ...................................................                    42
 Einleitende Betrachtungen .........................................................                      19       Gedenken ......................................................................................     43
 PBC und PSC ..................................................................................           19       Netzwerk Spenderfamilien weiterhin aktiv .............................                              44
 NAFLD / NASH ..................................................................................          20       Meine Geschichte (Anett Landgraf) .........................................                         45
 Virale Hepatitiden .........................................................................             20       Buchbesprechung: Mobilisierung geistiger Heilkräfte ...........                                     46
 HCC ..................................................................................................   22
 Immunologie ..................................................................................           22       Ernährung
                                                                                                                   Genussvoll essen und trinken –
 Hepatologie                                                                                                        Den Menschen und der Ernährung verpflichtet ................. 47
 NorUDCA-Studie ...........................................................................               23       Vollwertig essen und trinken – 10 Regeln der
 Seltene Lebererkrankungen ........................................................                       24        Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. .......................... 47
 Seltene Erkrankungen – Angebote von Orphanet .................                                           24       Von leicht bis deftig –
 ERCP (= endoskopische retrograde Cholangio-                                                                        der Deutschen liebste Knolle als Salat ................................. 48
  Pankreaticographie) ...................................................................                 25
                                                                                                                   Vereinsgeschehen
 Aus den Zentren                                                                                                   Jahrestagung mit Mitgliederversammlung
 Essen: Wechsel an der Klinik für Gastroenterologie                                                                  erstmals in Magdeburg .............................................................               50
   und Hepatologie ......................................................................... 26                    Kontaktgruppe Wuppertal ...........................................................                 52
 Heidelberg: Arzt-Patienten-Seminar ......................................... 26                                   Kontaktgruppe Bonn: Lebertransplantierte trafen sich ........                                       52
 Freiburg: Arzt-Patienten-Seminar .............................................. 27                                Neuer Anprechpartner ..................................................................             52
                                                                                                                   Beitrittserklärung ...........................................................................      53
                                                                                                                   Informationsstand Kontakta in Ansbach ..................................                            54
                                                                                                                   Magdeburg: Erstes Gruppentreffen ..........................................                         54

                                                                                                                   Vermischtes
                                                                                                                   Dank an Sponsoren – Impressum – Termine 2018 .............                                          55
                                                                                                                   Adresse Verein – Vorstand ..........................................................                56
                                                                                                                   Ansprechpartner/Kontaktgruppen – Koordinatoren .............                                        57
                                                                                                                   Fachbeiräte .....................................................................................   60
                                                                                                                   Medizin mit dem gesunden Menschenverstand ...................                                       U3

                                            E
                                            Elfriede Hofmann
                                            Harmonie
                                            H
                                            AAcryl auf Karton

                                            W danken der Künstlerin für die
                                            Wir
                                            Möglichkeit des kostenlosen Abdrucks.
                                            M
1

25 Jahre Betroffene helfen Betroffenen
    1993 wurde er von Jutta Vierneusel und als Betroffene von Ernst Höflein, Hilde Killet,
Jürgen Scheurer und Gerda Schieferdecker gegründet – der kleine Verein Selbsthilfegrup-
pe Lebertransplantierter Heidelberg e.V. und Keimzelle des heutigen bundesweiten Pati-
entenverbands für Lebertransplantierte, Wartepatienten und Angehörige. Schon damals
stand die Grundidee des Austauschs untereinander, der gegenseitigen Hilfe und zusätz-
lichen Information über die eigene Situation im Mittelpunkt der ehrenamtlichen Arbeit.
Auch der Einsatz für die Organspende und die Zusammenarbeit mit Ärzten, Patienten, de-
ren Angehörigen sowie den Angehörigen von Organspendern waren schon in der ersten
Fassung unserer Satzung enthalten. Diese Zielsetzungen werden heute bundesweit durch
das Engagement von über 100 ehrenamtlich Aktiven mit Inhalt gefüllt, nicht zuletzt auch
durch die Gründung des Netzwerks Spenderfamilien. Wir sagen danke für die Treue der
Mitglieder, die Unterstützung durch Ärzte, Pflegende, Förderer und die großartige Arbeit
der Aktiven. Deshalb laden wir zum 25-jährigen Jubiläum des Verbands herzlich nach
Schwetzingen ein:
    Zu einem Gottesdienst in der St. Pankratius-Kirche
    Zur Festveranstaltung in den Mozartsaal des Schloss Schwetzingen
    Nähere Informationen s. S. 5.

Der Mangel an Spenderorganen – ein Thema, das uns begleitet hat
    Schon vor 20 Jahren, in der Ausgabe 1/1998, berichteten wir über den damals schon
bestehenden Organmangel unter dem Titel: „1997: Mehr Organspenden, aber immer noch
viel zu wenig“. Dieses Thema ist bis heute mehr als aktuell. Waren es 1997 schon 762 Leber-
transplantationen, sind es heute – 20 Jahre später – bei weit mehr und kränkeren Warte-
patienten gerade mal 760 nach postmortaler Spende. Im Jahr 2017 mussten wir einen
Tiefststand der Organspende verzeichnen. Durch diese miserablen Ergebnisse bei der
Organspende ist nun auch die Diskussion um die Widerspruchslösung entflammt. In
Ländern, in denen diese gilt, müssen sich die Bürger explizit gegen eine Organentnahme
nach dem Tode aussprechen, wenn sie das nicht wünschen. Die Organentnahme ist also
Normalität. Die Ablehnung muss formuliert werden.

Die Widerspruchslösung – (k)ein Allheilmittel
    Die Niederlande und auch Großbritannien haben nun die Voraussetzung für die Ein-
führung geschaffen – in der Hoffnung, dem Organmangel dadurch zu begegnen. In
Deutschland tun wir uns damit schwer. Schon 2007 hat der Nationale Ethikrat (heute
Deutscher Ethikrat) im Einvernehmen mit vielen Partnern, auch den Kirchen, ein Konzept
der stufenweisen Einführung mit ausreichend Informationsvorlauf entwickelt. Dieses ist
aber damals im Bundestag gescheitert. Nun fordern in der aktuellen Notlage zwei ärztli-
che Fachgesellschaften und auch der Ärztetag in Erfurt erneut diese Widerspruchslösung.
Der Ärztetag schreibt in seiner nicht so recht schlüssigen Begründung, dass die Organ-
spendebereitschaft in der Gesellschaft hoch sei und dennoch die Zahlen sinken würden.
Wenn die Bürger augenscheinlich verstanden haben, sollten nicht gerade dann auch wei-
tere Verbesserungsmöglichkeiten – vielleicht sogar in den eigenen Reihen – gesucht und
formuliert werden? Die Fachgesellschaften DTG und DGfN weisen trotz des Rufes nach
der Widerspruchslösung darauf hin, dass die alleinige Einführung der Widerspruchslösung
kein Allheilmittel darstellt (s. S. 29).
    Eine in Deutschland gut akzeptierte Widerspruchslösung wäre möglicherweise förder-
lich für die Organspende. Eine alleinige Fokussierung darauf sicher nicht zielführend. Die
Optimierung der Spendererkennung und die Freistellungen der Transplantationsbeauftrag-
ten sind mindestens ebenso dringliche Aufgaben (s. S. 28). Ein ganzer Strauß von Maß-
nahmen (s. S. 28) muss realisiert werden, um endlich das Gesamtgebäude Organspende
auf sichere Füße zu stellen.

Im Jubiläumsjahr wünscht Ihnen viel Freude beim Lesen und alles Gute
Ihre Jutta Riemer
2                                                                     Leitartikel
                                                                                  Rubrik                                             LE B E N S LI N I E N 2 /2018

          Von der Idee zum Bundesverband
          25 Jahre Lebertransplantierte Deutschland e.V. –
          25 Jahre Betroffene helfen Betroffenen
                                                                 wie ein roter Faden durch die 25 Jahre        turierte Arbeit des Vorstands führten da-

                                                                                                                                                                     Fotos: privat
          Jutta Riemer
                                                                 Selbsthilfearbeit des Vereins. Mit dem        zu, dass schon beim 5-jährigen Jubiläum
                                                                 Kontakt zu Prof. Dr. Gerd Otto, damals        des Vereins 1998 das Bundesgebiet im
          „Ihnen kann nur noch eine Lebertransplan-              Leiter der Lebertransplantation in Heidel-    Wesentlichen abgedeckt war. Da es sich
          tation helfen.“ Ein einfacher, klarer Satz aus         berg, und der Bitte, ein entsprechendes       nun wirklich nicht mehr um nur eine Grup-
          dem Munde des Arztes, der aber so vieles               kleines Plakat in der Ambulanz auszuhän-      pe handelte, wurde der Verein 1999 in
          im Leben verändert. Konfrontiert mit der               gen, fing dann alles an und es fanden sich    „Selbsthilfe Lebertransplantierter Deutsch-
          Lebensbedrohlichkeit seiner Erkrankung,                einige Mitstreiter und erste Veranstaltun-    land e.V.“ und 2008 letztmalig in „Leber-
          mit großer Ungewissheit, ob man ein                    gen wurden organisiert. Wichtig für die       transplantierte Deutschland e.V.“ (LD e.V.)
          Spenderorgan bekommt und wie sich das                  weitere Entwicklung war ein Ausflug zur       umbenannt – und aus dem kleinen Grüpp-
          weitere Leben vor und auch nach der Le-                Burg Guttenberg über dem Neckar im Jahr       chen der Gründungsmitglieder ist inzwi-
          bertransplantation wohl gestalten wird.                1992. Dabei wurden Pläne für die weite-       schen ein Bundesverband mit über 1.400
                                                                 re Entwicklung der Gruppenbildung und         Mitgliedern geworden.
          Vom Problem zur Idee                                   Vereinsgründung konkretisiert.
              Jutta Vierneusel hatte nach ihren Erfah-                                                         Ansprechpartner und Kontaktgrup-
          rungen mit der Lebertransplantation und                Die Vereinsgründung                           pen
          der notwendigen Re-Transplantation ein                     Am 12. August 1993 war es dann soweit         Kern jeder Selbsthilfearbeit ist das
          Jahr später gelernt, wie schwer Ungewiss-              und es trafen sich sieben Personen: Jutta     Gespräch zwischen Betroffenen. Hier
          heit und Ausgeliefertsein im Medizinalltag             Vierneusel, Gerda Schieferdecker, Ernst       werden keine medizinischen Ratschläge
          zu tragen sind. Das war vor über 25 Jah-               Höflein, Jürgen Scheurer und Hilde Killet     erteilt. Mut machen, zuhören, Wege zur
          ren. Zu dieser Zeit stand tatsächlich der              sowie auch ein Psychologe und eine Ärz-       Verarbeitung aufzeigen und Ideen für den
          Faktor „chirurgische Technik und Behand-               tin (die aber bald die Patientenorganisa-     nächsten Arztbesuch entwickeln, sind aber
          lung des Körpers“ alleinig im Vordergrund.             tion wieder verließen) in der Heidelberger    wichtige Bestandteile dieser Gespräche
          Patientenberatung und -betreuung in Be-                Universitätsklinik und fassten die notwen-    auf „Augenhöhe“. Waren es 1995 noch
          zug auf das seelische und soziale Erleben              digen Beschlüsse zur Vereinsgründung der      8 Ansprechpartner, sind es inzwischen
          fanden in den Kliniken fast nicht statt. Bei           „Selbsthilfegruppe Lebertransplantierter      95, verteilt über ganz Deutschland, die
          Haus- und Fachärzten waren Transplan-                  Heidelberg e.V.“ Bald gab es ein Logo         zum Gespräch mit Wartepatienten, Trans-
          tierte eher die Exoten, was teilweise zu               und einen Hinweisflyer und die Gruppe         plantierten und Angehörigen bereit sind.
          aberwitzigen bis lebensbedrohlichen Hin-               wurde bekannter. Auch in Tübingen gab         Viele der Ansprechpartner organisieren
          weisen und Verordnungen geführt hat.                   es schon eine Kontaktgruppe Lebertrans-       auch Gruppentreffen. 2017 waren es 106
              So suchte Jutta Vierneusel vor über                plantierter, deren Mitglieder sich dem Hei-   Treffen. Diese dienen dem zwanglosen
          25 Jahren gleichermaßen Betroffene, die                delberger Verein schon 1995 anschlos-         Austausch in geschützter Atmosphäre. Es
          sicher ähnliche Erfahrungen gemacht hat-               sen und so das Signal zur Erweiterung auf     werden aber auch Ausflüge unternommen
          ten, zum Erfahrungsaustausch. Es formte                andere Gebiete Deutschlands setzten.          oder Fachreferenten eingeladen. Auf jeden
          sich die Idee, eine Selbsthilfegruppe zu               Der Verein wurde folglich 1995 umbe-          Fall berichten die Ansprechpartner über
          gründen, in der sich Patienten und Ange-               nannt in „Selbsthilfegruppe Lebertrans-       Neuigkeiten aus dem Verband und über
          hörige gegenseitig unterstützen. So zieht              plantierter Deutschland e.V.“. Der Bedarf     Transplantation und Organspende. Darü-
          sich das Motto unseres Jubiläumsjahres                 in ganz Deutschland und die gut struk-        ber hinaus stehen auch noch Aktive für

Ausflug zur Burg Guttenberg 1992
                                             Vorstandssitzung in Zuzenhausen 2002
                                                                                                      Beim Wochenende der Begegnung in Bad Sassendorf 2004

                                                                                                                             Verleihung des
                                                                                                                             Bundesverdienst-
                                                                                                                             kreuzes an Jutta
                                                                                                                             Vierneusel 2005
     Die Gründung des Vereins am 12. August 1993
     in der Heidelberger Uniklinik

                         Beim 10-jährigen Vereinsjubiläum 2003
LE B E N S LI N I E N 2 /2018                                          Leitartikel
                                                                                  Rubrik                                                                           3

         spezielle Fragestellungen zur Verfügung:             Mitglieder und Angehörige seit vielen                Ganz neu ist – probeweise – unser Face-
         z. B. Kinderwunsch nach Ltx, verschiedene            Jahren das psychologisch begleitete Wo-              book-Auftritt.
         Lebererkrankungen, Lebendspende, Junge               chenende der Begegnung und die Ge-                      Viele Aktivitäten des Verbandes zielen
         Transplantierte, Schwerbehinderung.                  sundheitswoche wechselnd in verschie-                darauf ab, dass der Patient nach einiger
             Damit die Ansprechpartnerinnen und               denen Regionen Deutschlands angebo-                  Zeit „Experte in eigener Sache“ wird –
         Ansprechpartner Sicherheit und Wissen                ten. Beides wird immer sehr gut ange-                was nicht heißen soll, dass er den Arzt
         für ihre Tätigkeit bekommen, bietet der              nommen.                                              nicht mehr benötigt, sondern dass er z. B.
         Verband zentrale und regionale Semina-                                                                    über seine Situation Bescheid weiß, da-
         re für Ansprechpartner an. Diese dienen              Der informierte Patient –                            mit umgehen und zielführende Fragen an
         auch dem Erfahrungsaustausch unterei-                Unsere Medien                                        seinen Arzt stellen kann.
         nander. Denn es ist nicht immer leicht,                  Die Idee schon bei Gründung des Ver-
         auch mit schweren Schicksalen oder gar               eins, durch gute Information den Betrof-             Zusammenarbeit zum Wohle aller
         Todesfällen in der eigenen Gruppe zu-                fenen Ängste und Unsicherheiten zu neh-              Lebertransplantationspatienten
         rechtzukommen. Die Ansprechpartner ler-              men, ist ein roter Faden, der sich durch                 Der Blick des Verbandes über den „ei-
         nen im Austausch und durch Profis, wie               die Selbsthilfearbeit des Vorstands und              genen Gartenzaun“ ist für Mitglieder und
         z.B. Ärzte und Psychologen Möglichkeiten             aller weiteren Aktiven zieht. Die oben be-           alle Betroffenen wichtig. So arbeiten wir
         und Grenzen ihrer Beratungstätigkeit ken-            schriebenen Seminare gehören ebenso                  mit vielen Institutionen zusammen, sind
         nen und erhalten auch ganz praktische                dazu wie die schon bald erstellten Pa-               z. B. im Stiftungsrat der Deutschen Leber-
         Hilfen für ihr Ehrenamt. Das alles kommt             tienteninformationen zu verschiedenen                stiftung ebenso vertreten wie in dem der
         letztendlich wieder den Betroffenen zu-              Themen rund um die Lebertransplanta-                 Deutschen Stiftung Organtransplantation.
         gute.                                                tion. Was vor über 20 Jahren mit einigen             Wir sprechen mit, wenn Änderungen der
                                                              wenigen Titeln angefangen hat, ist nun               Richtlinien zur Organverteilung erarbeitet
         Treffen und Seminare                                 auf eine Reihe mit über 20 Broschüren                werden und werden immer wieder auf
             Für Mitglieder und andere Betroffene             angewachsen. Auch besondere Hilfen,                  Landes- und Bundesebene eingebunden
         haben sich die Angebote durch den Ver-               wie das Reisebegleitschreiben oder den               bei Novellierung des Transplantationsge-
         band kontinuierlich vermehrt. In Zusam-              Transplantationsausweis, halten wir vor.             setzes, wie zuletzt 2012 (Bund) und ak-
         menarbeit mit den Kliniken werden Arzt-                  Eine besondere Bedeutung kommt                   tuell Niedersachsen (Ausführungsgesetz
         Patienten-Seminare angeboten. Das erste              wohl der Zeitschrift Lebenslinien zu. Als            zum TPG).
         schon vor Gründung des Vereins 1992 in               neues Mitglied entwickelte Josef Theiss                  Im Jahr 2017 wurde schließlich die
         Heidelberg, Hörsaal der Chirurgie. Der Ver-          dazu erste Ideen und war viele Jahre an              Bundesarbeitsgemeinschaft Transplantati-
         band hat vor vielen Jahren ein spezielles            der Umsetzung beteiligt. Seit 1995 er-               on und Organspende (BAG TxO) gegrün-
         Konzept für Wartepatiententreffen entwi-             scheinen die Lebenslinien 2҂ jährlich                det. Hier ging die erste Initiative dazu
         ckelt. Dieses wurde in Heidelberg mit der            und greifen Themen auf, die für Leber-               von LD e.V. aus. Die BAG TxO fungiert als
         Klinik zusammen erprobt und als hilfreich            transplantationspatienten und Angehöri-              gemeinsame Interessensvertretung für
         für die Patienten und Angehörigen befun-             ge – und auch wohl für manchen Arzt –                Transplantationsbetroffene der drei bun-
         den. Diese auf Kleingruppengespräche                 interessant und hilfreich sind. Lebenslinien         desweit aktiven Selbsthilfeverbände: Bun-
         mit wechselnden Experten ausgelegten                 intern, die kleinen Lebenslinien – nur für           desverband der Organtransplantierten e.V.
         Treffen finden inzwischen in vielen wei-             Mitglieder – erscheint 1–2҂ jährlich. Die            (BDO), Bundesverband Niere e.V. (BN)
         teren Zentren statt. Wie so oft hatten wir           Redakteure und Autoren arbeiten auch in              und Lebertransplantierte Deutschland
         hier einen Stein ins Wasser geworfen, der            diesem Bereich natürlich ehrenamtlich.               e.V. Mit der Bündelung der Kräfte sollen
         dann Kreise zog.                                         Die Homepage lebertransplantation.               gemeinsame Anliegen der insgesamt
             Nicht nur um Wissensvermittlung geht             de ist eine beliebte Informationsplattform           über 20.000 Mitglieder der drei Bundes-
         es in den Angeboten von LD e.V., sondern             geworden und aktuell neu gestaltet wor-              verbände in den Focus der Fachöffent-
         auch um das seelische und körperliche                den. Klicken Sie sich doch mal durch. Sie            lichkeit, der Kostenträger und der Politik
         Wohlbefinden. Regelmäßig werden für                  werden staunen, was man alles findet!                gerückt werden. Aktueller Schwerpunkt

Das Redaktionsteam Lebenslinien im Jahr 2008
                                                                                                                     Erstes Verbändetreffen in Witten 2014
                                                              Seminar für Ansprechpartner in Kassel 2011

                                                                                                                                                  3. Patiententag in Berlin 2013
  Gesundheitswoche in Bad Soden / Allendorf 2010
                                                                                              Mitgliederversammlung in Stuttgart 2012

                                               Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Josef Theiss 2011
4                                                                Leitartikel
                                                                                Rubrik                                                  LE B E N S LI N I E N 2 /2018

             der Aktivitäten der BAG TxO ist die Um-          Mitglieder, die 10, 15 oder 20 Jahre Mit-         re Organspender und deren Familien, die
             setzung des 2012 novellierten Transplan-         glied in unserem Verband sind, mit einer          diese Entscheidung zu einer Organspen-
             tationsgesetzes auf Länderebene u.a.             Urkunde und einer Anstecknadel. Ein               de getragen oder mitgetragen haben. Seit
             hinsichtlich der Freistellungsregelungen         gerade geehrtes Mitglied bemerkte: „Ich           2016 haben sich Angehörige von Organ-
             für Transplantationsbeauftragte und ihrer        habe das doch nicht verdient. Die Arbeit          spendern in einem Netzwerk Organspen-
             Qualifizierung.                                  machen doch Sie und die vielen ehren-             de, assoziiert mit LD e.V., zusammenge-
                                                              amtlich Aktiven im Verein! Ich profitiere         funden. Die Verbindung zwischen Trans-
             Engagement für die Organspende                   durch Ihre Arbeit – und ich kann ja nicht         plantierten und Spenderfamilien ist sicher
                In großem Umfang engagieren sich              nur nehmen, wenn’s gerade nötig ist und           für beide Seiten wertvoll. Danke an alle
             unsere Aktiven für die Verbesserung der          später den Rücken drehen.“ Genau wegen            Organspenderinnen und Organspender
             Organspendesituation und setzen sich so          dieser Einstellung gebührt Ihnen allen,           und deren Familien!
             auch für die Wartepatienten ein. Auf örtli-      liebe Mitglieder, unser Dank. Die Solida-
             cher Ebene bei Infoständen, Vorträgen in         rität ermöglicht es erst, für Betroffene im           Trotz der an sich ehrenamtlichen Ar-
             Schulen, Universitäten, Krankenpflegeschu-       aktuell großen Umfang aktiv zu sein, die          beit fallen Kosten an, um diese zu be-
             len, in Kirchengemeinden, in der VHS, beim       Angebote für alle Transplantationspatien-         wältigen. Hier werden wir über die Jahre
             Roten Kreuz usw. werden von Mitgliedern          ten bereitzustellen und die Patientenin-          hinweg zunehmend großzügig von den
             unseres Vereins in jedem Jahr mit meist          teressen auf vielen Ebenen zu vertreten.          Krankenkassen in Form der GKV-Gemein-
             weit über 100 Aktionen viele Menschen            Danke, dass Sie Mitglied bei Leber-               schaftsförderung und auch von einzelnen
             über das Thema Organspende informiert.           transplantierte Deutschland e.V. sind!            Kassen durch Projektförderung unter-
             Auf Landesebene sind meist die Koordi-               Bei Lebertransplantierte Deutschland          stützt. In geringerem Umfang auch durch
             natoren in den Bündnissen der Länder für         e.V. sind über 100 Menschen ehrenamt-             die Industrie. Allen, auch den Fördermit-
             die Organspende aktiv. Bundesweit setzt          lich tätig. Ansprechpartner, Koordinatoren,       gliedern, danken wir sehr für die Unter-
             sich der Vorstand – auch als Teil der BAG        Vorstandsmitglieder, Redaktionsmitglie-           stützung unserer ehrenamtlichen Arbeit.
             TxO – ein. Der Verein hat schon 2002 eine        der und solche mit speziellen Aufgaben
             erste große Veranstaltung zum Tag der            setzen sich teilweise über lange Jahre in            Ich durfte über den Beginn des Vereins,
             Organspende mit Karl Kardinal Lehmann            großem Umfang ehrenamtlich für Mitbe-             die Entwicklung zum Bundesverband, die
             im Gottesdienst und Kurt Beck als Schirm-        troffene ein. Denn jede Aufgabe im Ver-           Grundidee, die immer noch Gültigkeit
             herrn durchgeführt. Zum ersten Mal hat-          band dient letztendlich dazu, die Situation       hat, aber auch über neue Initiativen des
             ten wir diese Veranstaltung bundesweit           von Transplantationspatienten zu verbes-          Bundesverbandes Lebertransplantierte
             angelegt und Partner aus anderen Ver-            sern. Und übrigens: Ehrenamt ist nicht            Deutschland e.V. berichten. Sicher ist die-
             bänden und Organisationen zur Koopera-           selbstverständlich! Danke an alle, die            ser Bericht nicht vollständig. Viele beson-
             tion eingeladen – der Beginn des bundes-         sich ehrenamtlich in unserem Verband              dere Aktivitäten können Sie darüber hi-
             weiten, gemeinsamen Tages der Organ-             engagieren!                                       naus als Mitglied erleben. Jedes Mitglied ist
             spende, wie er nun seit vielen Jahren in             In den 25 vielen Jahren gab es auch           ein wichtiger Teil des Verbandes. Ich wün-
             wechselnden Bundesländern stattfindet.           immer wieder traurige Erlebnisse. Liebge-         sche dem Verband immer wieder neue
             Auch heute engagieren wir uns noch je-           wonnene Mitglieder, Freunde und Mit-              Mitglieder, die Freude am Ehrenamt ha-
             des Jahr in großem Umfang in dem inzwi-          streiter sind nicht mehr unter uns. Wir wer-      ben, aber auch viele neue Mitglieder, die
             schen gewachsenen Team bei der Orga-             den Euch nicht vergessen. Vielen Dank,            gerne an unseren Veranstaltungen teil-
             nisation und Durchführung der zentralen          dass wir Euch kennenlernen durften!               nehmen, unsere Medien schätzen, aber
             Veranstaltung zum Tag der Organspende.               Wir alle feiern das 25-jährige Vereins-       bisher noch keine Mitglieder in unserer
                                                              bestehen, manche von uns vielleicht               Solidargemeinschaft sind.
             Dank                                             auch ein langjähriges Transplantations-              Dem Verband weiterhin eine gute
               Regelmäßig bei der Mitgliederver-              jubiläum. Diese „zweiten Geburtstage“             Entwicklung – immer im Sinne der Trans-
             sammlung ehren wir die langjährigen              dürften wir alle nicht erleben ohne unse-         plantationspatienten und Angehörigen.

Beim Kirchentag in Stuttgart 2015       Beim Patiententag in Jena 2017               Wartepatiententreffen in Heidelberg 2017   Ehrung langjähriger Mitglieder 2018

  Kontaktgruppentreffen in Essen 2016
                                                                                                Der Verbandsvorstand 2017
                                          Beim Tag der Organspende 2017 in Erfurt
                                                                                                Es fehlt Kurt Vasconi.
LE B E N S LI N I E N 2 /2018               Rubrik                        5

  2018 – Wir werden 25!
                                   Festveranstaltung
               im Schloss Schwetzingen
               Samstag, 15. September 2018
                             Schirmherr:
               Ministerpräsident Winfried Kretschmann

                                           Programm:
               11:00 Uhr             Gottesdienst in der St. Pankratius-Kirche

               12:30 Uhr             Imbiss

               13:30 Uhr             Festakt im Schloss mit Vorträgen
                                     und musikalischer Umrahmung

               19:00 Uhr             Abendessen im Brauhaus zum Ritter

    Information und Anmeldung unter www.lebertransplantation.eu
und bei der Geschäftsstelle, Mo.– Do. von 10:00 –15:00 unter Tel.: 0 23 02/179 89 91
6                                                     Transplantationsmedizin
                                                                              Rubrik                                             LE B E N S LI N I E N 2 /2018

                Facharztuntersuchungen nach der Lebertransplantation
                                                               das Risiko für eine Tumorentstehung. Zur      Infektionen erkennen und behandeln
Fotos: privat

                                                               Früherkennung müssen daher regelmä-               Vor allem kurz nach der Transplanta-
                                                               ßig Vorsorgeuntersuchungen erfolgen. So       tion besteht ein deutlich erhöhtes Infek-
                                                               sollte alle 5 –10 Jahre (je nach Ausgangs-    tionsrisiko, welches sich aber nach den
                                                               befund) eine Vorsorgedarmspiegelung           ersten sechs Monaten post-OP dem der
                                                               durchgeführt werden. Sonographische           Normalbevölkerung angleicht. Dennoch
                                                               Kontrollen der Leber sind insbesondere        besteht auch im Langzeitverlauf das Risi-
                                                               bei Patienten mit einer chronischen He-       ko von zum Teil dramatischen Verläufen.
                                                               patitis B und C indiziert. Unbedingt sollte   Hier sollte, in Abstimmung mit dem Haus-
                                                               einmal jährlich die Vorstellung bei einem     arzt, jederzeit auch eine außerplanmäßige
                 Dr. med. Tobias Götze
                                                               Dermatologen erfolgen. Auch unter regel-      Vorstellung im Transplantationszentrum
                 Prof. Dr. med. Ali Canbay
                                                               haft durchgeführtem Lichtschutz besteht       erfolgen. Häufig ist eine stationäre Auf-
                Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie
                                                               durch die notwendige post-Ltx-Medika-         nahme zur Überwachung und intravenö-
                und Infektiologie, Uniklinik Magdeburg
                                                               tion ein erhöhtes Risiko für das Auftreten    sen antibiotischen Therapie notwendig.
                                                               von Malignomen der Haut. Unter den bös-       Vor allem die rechtzeitige Gewinnung von
                Einleitung                                     artigen Neubildungen nach der Leber-          Material (Blut, Urin, Sputum, Stuhl) für
                    Ltx-transplantierte Patienten verbleiben   transplantation nehmen Hauttumore mit         die mikrobiologische Diagnostik ist dabei
                nach der Transplantation zunächst in enger     Abstand den Spitzenplatz ein. Mit einer       besonders wichtig, um eine gezielte The-
                Kontrolle des Transplantationszentrums.        Ganzkörperinspektion können diese krank-      rapie durchführen zu können. Das Zyto-
                Meist erfolgt dabei die dauerhafte Anbin-      haften Veränderungen rechtzeitig diag-        megalie-Virus (CMV) ist der häufigste In-
                dung über eine spezialisierte und zum          nostiziert und präventiv therapiert wer-      fektionserreger nach Ltx und manifestiert
                Teil auch interdisziplinär geführte, soge-     den. Männliche Transplantierte sollten        sich beispielsweise als Durchfallerkran-
                nannte Ltx-Ambulanz des jeweiligen Zen-        außerdem mindestens einmal jährlich           kung. Besonders hoch ist das Risiko für
                trums. Die Hauptaufgaben dort umfassen         eine Vorstellung beim Urologen wahrneh-       CMV-negative Empfänger eines CMV-po-
                die Kontrolle, Anpassung und Verschrei-        men, um bösartige Veränderungen an der        sitiven Organs. Das Leitsymptom Fieber
                bung der immunsuppressiven Medikation,         Prostata bzw. den Nieren auszuschließen.      kann unter Umständen aber auch ein ers-
                die Steuerung der Nachsorge sowie die          Analog sollten sich weibliche Transplan-      ter Hinweis auf eine Abstoßungsreaktion
                Behandlung von etwaigen Komplikatio-           tierte alle 6 bis 12 Monate gynäkologisch     sein. Regelmäßige zahnärztliche Besuche
                nen. Um den speziellen Anforderungen           vorstellen und auch regelmäßig einen          helfen dental bedingte Infektionsherde
                eines Lebertransplantierten gerecht zu         PAP-Abstrich der Gebärmutter erhalten.        schnell zu entdecken und zu sanieren.
                werden, ist dabei neben einer guten haus-      Auch die jährliche Durchführung einer
                ärztlichen Versorgung auch ein ganzes          Mammographie ist ratsam. Virusinfektio-       Ihr Internist und Hepatologe
                Netzwerk an Fachärzten erforderlich.           nen, die bei immunkompetenten Men-               Durch regelmäßige Vorstellungen in
                    Im Transplantationszentrum selber er-      schen vom eigenen Körper kontrolliert         der Ltx-Sprechstunde oder alternativ bei
                folgen zunächst regelmäßige laborchemi-        werden, stellen für den Ltx-Patienten ei-     spezialisierten Fachärzten (Hepatologen)
                sche Verlaufskontrollen. Dies geschieht        ne Gefahr dar. So kann das Epstein-Barr-      kann außerdem ein breites Spektrum an
                direkt nach der Transplantation noch in        Virus (EBV), welches einen hohen Durch-       internistischen Erkrankungen rechtzeitig
                kurzen Abständen, im Verlauf dann in zu-       seuchungsgrad in der Allgemeinbevölke-        erkannt und behandelt werden. Risiko-
                nehmend größeren Intervallen. Neben der        rung besitzt, Lymphome nach der Trans-        faktoren wie hoher Blutdruck, Adipositas,
                Spiegelkontrolle der Immunsuppressiva          plantation entstehen lassen. Die für die      hohes Cholesterin oder Diabetes mellitus
                gehören die Kontrolle der Leber- und           Kontrolle des Virus verantwortlichen T-Zel-   verdienen dabei ein besonderes Augen-
                Nierenfunktionsparameter, des Blutbildes       len werden als Nebenwirkung der Dauer-        merk. Bei einer eingeschränkten Nieren-
                sowie der Gerinnungsparameter zu den           medikation nach der Transplantation           funktion muss die Dosierung der post-
                regelmäßig bestimmten Parametern. Bei          gezielt herunterreguliert. Bei auffälligen    Ltx-Medikamente angepasst werden oder
                jeder Vorstellung werden routinemäßig          Lymphknoten oder Blutbildveränderun-          sogar ein Wechsel der Therapie erfolgen.
                außerdem Gewicht sowie Blutdruck über-         gen sollte daher frühzeitig eine Vorstel-     Hier erfolgt die enge Zusammenarbeit mit
                prüft. So können medizinische Probleme         lung beim Hämatologen erfolgen. Keine         stationären und ambulanten Nephrolo-
                erkannt und die entsprechende Diagnos-         Empfehlungen bestehen derzeit für die         gen. Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus
                tik rechtzeitig eingeleitet werden.            Durchführung eines regelhaften Scree-         (Handelsname: Prograf ®, Advagraf ® u. a.)
                                                               nings für Lungentumore. Die bildgeben-        bedingen eine diabetogene Stoffwech-
                Vorsorge ist Pflicht                           den Verlaufsuntersuchungen z. B. mittels      sellage, die nicht selten bis zu einem
                   Neben akut aufgetretenen Infektionen        Sonographie oder MRT verbleiben aus or-       insulinpflichtigen Diabetes fortschreitet.
                muss vor allem eine umfassende Über-           ganisatorischen Gründen oft in der Hand       Regelmäßige Blutzuckerkontrollen beim
                wachung einer möglichen Malignom-              des Transplantationszentrums, wo eine         Hausarzt sowie die Bestimmung des Lang-
                Entstehung erfolgen. 40 % aller Ltx-           leistungsfähige Radiologie vor Ort ist und    zeitblutzuckerwertes (HbA1c) sind daher
                Patienten versterben im Langzeitverlauf        bereits sehr viele Vorbefunde des jeweili-    angezeigt. Vor allem in der Zeit kurz nach
                entweder an einer Infektion oder an einer      gen Patienten vorliegen. Auch eine Kno-       der Transplantation sind engmaschige
                bösartigen Neubildung. Die Häufigkeit          chendichtemessung zur Früherkennung           Kontrollen erforderlich. Kann im Laufe
                einiger Tumore liegt für Lebertransplan-       einer Osteoporose kann hier durchgeführt      der Zeit die Dosierung der Medikamente
                tierte dabei bis zum 100-fachen über           werden. Besonderen Stellenwert hat die        reduziert werden, sinkt gleichzeitig auch
                dem der Normalbevölkerung. Dabei gilt:         radiologische Abteilung für eine Fokussu-     das Diabetes-Risiko. Auch das Risiko einer
                je höher die Dosierung der erforderlichen      che z. B. bei einer Infektion.                Leberverfettung oder sogar Fettleberent-
                Immunsuppression, desto höher ist auch                                                       zündung (NASH) des Transplantats wird
LE B E N S LI N I E N 2 /2018                            Transplantationsmedizin
                                                                                 Rubrik                                                                 7

                so reduziert. Darüber hinaus kümmert              Calziumantagonisten wie Amlodipin. Eine       können Risikopatienten identifiziert und
                sich der Hepatologe auch um die Fortfüh-          Hypercholesterinämie, welche durch die        weiter therapiert werden.
                rung der Behandlung der Grunderkran-              Immunsuppressiva mitverursacht wird,
                kung. Dies trifft v. a. auf Patienten mit         kann nur in wenigen Fällen durch Ernäh-       Impfungen beim Hausarzt
                autoimmun verursachten Leberzirrhosen             rungsumstellung oder Diät therapiert wer-         Gängige Impfungen mit Totimpfstoffen
                wie z. B. bei einer Primär Sklerosierenden        den. Hier muss häufig z. B. auf ein Statin    sollten bereits vor der Lebertransplanta-
                Cholangitis zu. Auch Patienten, die Auf-          (Pravastatin, Fluvastatin) in der medika-     tion erfolgen. Aber auch nach erfolgter
                grund einer Hepatitis B oder Hepatitis C          mentösen Therapie zurückgegriffen wer-        Ltx können diese nachgeholt bzw. aufge-
                transplantiert worden sind, bedürfen wei-         den. Wie auch für die Allgemeinbevölke-       frischt werden. Dazu zählen die Impfun-
                terer Überwachung und Therapie.                   rung gehören Diabetes mellitus und arte-      gen gegen Tetanus, Diphterie, Pneumo-
                    Eine weitere regelhafte Komplikation          rielle Hypertonie zu den Hauptrisikofakto-    kokken sowie Hepatitis A und B. Auch
                stellt der arterielle Hypertonus (Hoch-           ren für die koronare Herzerkrankung (KHK)     die jährliche Influenza-Schutzimpfung
                druck) dar. Auch für diesen Effekt zeich-         und beeinflussen maßgeblich das Langzei-      sollte durchgeführt werden. Die aktuellen
                nen die Immunsuppressiva in einem do-             tüberleben eines jeden Transplantierten.      Impfempfehlungen der Ständigen Impf-
                sisabhängigen Verhältnis verantwortlich.          Bei klinischen Anzeichen einer KHK (Be-       kommission (STIKO) werden 2018 aktu-
                Zur Diagnosesicherung ist eine ambulan-           lastungsluftnot, thorakaler Schmerz) wird     alisiert erscheinen und berücksichtigen
                te 24-Stunden-Blutdruckmessung emp-               daher eine kardiologische Mitbetreuung        insbesondere auch immunsupprimierte
                fohlen. Die Therapie erfolgt entsprechend         erforderlich. Mit Hilfe von nicht-invasiven   Patienten. Impfungen können über den
                den Leitlinien für Nicht-Transplantierte          Untersuchungen (Echokardiographie, Er-        Hausarzt erfolgen oder alternativ in der
                z. B. mit ACE-Hemmern wie Ramipril oder           gometrie, Lungenfunktion, Kardio-MRT)         Ltx-Ambulanz.

                Stellenwert von mTOR-Inhibitoren für die Immunsuppression
                nach Lebertransplantation
                                                                  Wirkung das Langzeitergebnis nach Ltx         Reduktion von akuten Transplantatabsto-
Fotos: privat

                                                                  verbessern.                                   ßungen durch CNI nicht direkt zu einer
                                                                                                                Verbesserung des Langzeitüberlebens der
                                                                  Geschichte der Immunsuppression               transplantierten Organe geführt, was da-
                                                                      Seit ihrer Entwicklung und Einführung     rauf hindeutet, dass der Gebrauch der CNI
                                                                  vor etwa 30 Jahren sind die CNI Ciclospo-     mit Nebenwirkungen einhergeht, welche
                                                                  rin A (CsA) und Tacrolimus (TAC) zu einer     wiederum nachteilige Auswirkungen auf
                                                                  tragenden Säule der immunsuppressiven         das Transplantatüberleben bzw. die Ge-
                                                                  Medikation nach Ltx geworden. Die Ein-        sundheit des Empfängers haben.3 Sobald
                                                                  führung der CNI in den 1980ern resultier-     die Transplantation mehr als ein Jahr zu-
                Prof. Dr. med. Kerstin Herzer
                                                                  te in geringeren Abstoßungsraten und ver-     rückliegt, beträgt die Todesursache von
                Klinik für Gastroenterologie und Hepatolo-
                                                                  besserten Überlebensraten sowohl der          Empfängern durch maligne Erkrankungen
                gie, Universitätsklinikum Essen
                                                                  Empfänger als auch der transplantierten       ca. 22 %. Hinzu kann eine Schädigung der
                Dr. med. Peri Kocabayoglu
                                                                  Organe, wobei 1-Jahres-Transplantat-Über-     Nierenfunktion durch CNI auftreten, wel-
                Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplan-
                                                                  lebensraten (also relativ früh nach der       che wiederum die Gesamtmortalität stei-
                tationschirurgie, Universitätsklinikum Essen
                                                                  Transplantation) von bis zu 90 % und akute    gert. 4 Daher ist das Ziel eines aktuellen
                                                                  Abstoßungsraten von unter 20 % erreicht       immunsuppressiven Therapiekonzepts,
                Einleitung                                        wurden. 1, 2 Tatsächlich hat jedoch die       das Langzeitüberleben und die Langzeit-
                   Die Ergebnisse insbesondere im Lang-
                zeitverlauf nach Lebertransplantation (Ltx)       Abb. 1: Anforderungen an eine optimale Immunsuppression.
                sind u. a. abhängig von der richtigen Im-
                munsuppression. Mittlerweile stehen
                verschiedene Kombinationen zur Verfü-                                                   Wirksamkeit
                gung, mittels derer für jeden Patienten                                                und Sicherheit
                die richtige Kombination angepasst wer-
                den kann. Seit 2012 ist der mTor-Inhibitor                    antineoplastische                                 niedrige
                Everolimus zur Immunsuppression nach                           Eigenschaften                                  Nephrotoxität
                Lebertransplantation zugelassen, der Ein-
                satz erfolgt bei Erwachsenen und in Kom-
                bination mit Tacrolimus. Mittlerweile hat                                               Lebertrans-
                sich die Kombination aus einem Calci-                                                    plantation
                                                                           kardiovaskuläre                                        verbesserte
                neurin-Inhibitor (CNI), vornehmlich Tacro-                   Protektion                                          Lebensqualität
                limus oder auch Ciclosporin, und einem
                Proliferationshemmer (Mycophenolsäure
                = MMF oder mTor-Inhibitor) als Standard
                nach Ltx etabliert. Ein mTor-Inhibitor bie-                             antiproliferative               antivirale
                tet dabei weit mehr als eine immunsup-                                   Eigenschaften                Eigenschaften
                pressive Wirkung und kann insbesondere
                durch seine antivirale und anti-tumorale
8                                                       Transplantationsmedizin
                                                                Rubrik                                              LE B E N S LI N I E N 2 /2018

                                                 Abb. 2: Essener Protokoll zur Umstellung nach Lebertransplantation von der
                 G LO S SA R                     Basisimmunsuppression mit Calcineurininhibitor (CNI) (+ Mycophenolat-mofetil
                                                 [MMF]) auf Everolimus nach dem Essener Protokoll. HCC = hepatozelluläres
    ab initio: von Beginn an                     Karzinom; mit freundlicher Genehmigung von Prof. K. Herzer.
    Adaptation: Anpassung
    Angioödeme: gefäßbedingte Schwellungen
    antiangiogen: die Neubildung von Blut-
    gefäßen verhindernd
    Antimetaboliten: Stoffwechselhemm-
    stoffe
    antineoplastisch: gegen die Entstehung
    von Neubildungen
    antiproliferativen: wachstumshemmenden
    anti-tumoral: gegen die Entstehung von
    Tumoren
    antiviral: gegen Viren
    assoziiert: vergesellschaftet
    de novo: von Neuem
    Donor: Spender
    Dyslipidämie: Missverhältnis der Blutfett-
    werte
    Effekt: Wirkung
    Effizienz: Wirksamkeit
    Eliminierung: Beendigung/Wegnahme
    Gesamtmortalität: Gesamtsterblichkeit
    Halluzinationen: Wahnvorstellungen
    hämatologisch: das Blut betreffend           funktion des Transplantats zu fördern, die    lassen zur Immunsuppression nach Ltx ist
    hepatozelluläres Karzinom: Leberzellkar-     Nierenfunktion des Empfängers zu erhal-       bislang nur Everolimus (EVR). Die Umstel-
    zinom                                        ten sowie die Rate der Nebenwirkungen,        lung erfolgt nicht vollständig, sondern un-
    Hypercholesterinämie: erhöhtes Choles-       insbesondere der Tumorentstehung, zu          ter Beibehaltung einer reduzierten Dosis
    terin im Blut                                senken (Abb.1). Im Rahmen der experi-         CNI, weshalb man besser von einer Ergän-
    Hyperurikämie: erhöhte Harnsäurewerte        mentellen und klinischen Forschung im         zung der Immunsuppression durch EVR
    im Blut                                      Laufe der vergangenen zehn Jahre wurde        sprechen sollte als von einer Umstellung.
    Immunsuppression: Unterdrückung der          verstärkt daran gearbeitet, CNI-abhängige     EVR wird täglich eingenommen und die
    körpereigenen Abwehrmechanismen              Nebenwirkungen zu reduzieren und das          Dosis orientiert sich am Zielspiegel, so wie
    immunsuppressiv: die körpereigene            jeweilige immunsuppressive Therapie-          bei den CNIs. Wenn mit der EVR-Medika-
    Abwehr unterdrückend                         regime auf das individuelle klinische Ri-     tion begonnen wird, dann muss die CNI-
    implementiert: verwendet                     sikoprofil des jeweiligen Patienten abzu-     Dosis reduziert werden, weil sich die Sub-
    individualisiert: auf den Einzelnen          stimmen. Die meisten Therapieregime ba-       stanzen in ihrem Abbau verlangsamen und
    zugeschnitten                                sieren auf einer Kombination von T AC mit     ansonsten zu hohe Zielspiegel resultieren.
    induzieren: auslösen                         Antimetaboliten wie Mycophenolat Mo-          MMF wird sofort vollständig abgesetzt,
    initial: zu Beginn                           fetil (MMF), wobei derzeit ca. 45 % aller     wenn EVR begonnen wird. Jede Umstel-
    Insulinresistenz: Unempfindlichkeit          Patienten nach ein und zwei Jahren nach       lung der Immunsuppression sollte unter
    gegenüber Insulin                            Transplantation ein MMF-haltiges immun-       engmaschiger (i.d.R. wöchentlicher) Spie-
    Insulinsekretion: Insulinausschüttung        suppressives Regime erhalten. 5 Die zu-       gelkontrolle und nur nach Rücksprache
    interindividuelle Unterschiede: von          sätzliche Gabe von MMF ermöglicht die         mit dem zuständigen Transplantations-
    Person zu Person unterschiedlich             Reduktion der CNI-Dosis und ist assoziiert    zentrum erfolgen. Wie wir eine Einstellung
    Inzidenz: Neuauftreten                       mit einer reduzierten kardiovaskulären und    auf ein EVR-haltiges Regimen vornehmen,
    kardiovaskulären: das Herz-Kreislauf-        renalen Toxizität bei vergleichbarer im-      ist schematisch in Abb. 2 dargestellt. Im
    System betreffend                            munsuppressiver Effizienz.6, 7 Bisher wur-    Folgenden wird erläutert, wann und war-
    Kohorten: Gruppen von Personen, die          den ab initio CNI-freie Therapieregime        um ein mTOR-Inhibitor als Bestandteil der
    eine bestimmte Eigenschaft gemeinsam         in der klinischen Praxis nur wenig imple-     Immunsuppression vorteilhaft sein kann.
    haben                                        mentiert, was durch ein höheres Risiko
    Leukenzephalopathie: Hirnerkrankung          des Therapieversagens begründet ist.8         Wirkmechanismen der CNI- und
    der weißen Hirnsubstanz                          Das Einbringen von mTOR-Inhibitoren       mTOR-Inhibitoren
    Leukopenie: Verminderung der weißen          wie Everolimus (EVR) und Sirolimus (SIR)         mTOR-Inhibitoren und Calcineurin-Inhi-
    Blutkörperchen                               in CNI-reduzierte Therapieschemata stellt     bitoren greifen an unterschiedlichen Punk-
    maligne: bösartig                            einen weiteren Meilenstein dar, da hier-      ten der T-Zell-Aktivierung an. 9 mTOR-In-
    Matching: Verhältnis                         durch die CNI-abhängigen Nebenwirkun-         hibitoren sind selektive Inhibitoren des
    MELD-Score: Rechenformel zur Einschät-       gen gesenkt werden können.                    mTOR-Komplexes, einer Serin-Threonin-
    zung des Sterberisikos von Leberkranken                                                    Kinase, welche eine zentrale Rolle im Rah-
    vor Lebertransplantation                     Umstellung auf ein mTOR-Inhibitor-            men des Zellmetabolismus spielt. Im Ge-
    Modulation: Veränderung                      haltiges Regime                               gensatz dazu beruhen die Effekte der CNI
    motorisch: das Bewegen betreffend               Ein heute geläufiger Ansatz zur schritt-   auf der Hemmung der calciumabhängigen
    Nephrotoxizität: Nierenschädlichkeit         weisen Reduktion der CNI-Dosis ist die        Phosphatase Calcineurin. Dadurch wird
                                                 Einführung eines mTOR-Inhibitors. Zuge-       die T-Zell-Aktivierung und -Proliferation
LE B E N S LI N I E N 2 /2018                          Transplantationsmedizin
                                                               Rubrik                                                                           9

sowie die Synthese und Freisetzung von          tome wie Kopfschmerzen, Tremor, Neu-
entzündungsfördernden Zytokinen redu-           ralgien und periphere Neuropathien, aber                       G LO S SA R
ziert.                                          auch schwere, wobei seltenere, Sympto-
                                                me wie Psychosen, Halluzinationen, Erblin-       Neuralgien: Nervenschmerzen
Einsatz und Eigenschaften von                   dung, Krampfanfälle, zerebelläre Ataxie          neuronal: die Nerven betreffend
mTOR-Inhibitoren                                oder Leukenzephalopathie. 21, 22 Das Auf-        Neurotoxizität: Nervenschädlichkeit
Maligne Erkrankungen                            treten dieser CNI-basierten Nebenwirkun-         Neutropenie: Verminderung einer Unter-
    Aufgrund seiner antiproliferativen Fä-      gen ist in den meisten Fällen reversibel         gruppe der weißen Blutkörperchen, der
higkeit erfolgt der Einsatz von EVR gerne       oder kann zumindest am Voranschreiten            Neutrophilen
bei Patienten, die aufgrund eines hepato-       gehindert werden durch die Reduktion             Ödem: Schwellung durch Wasserein-
zellulären Karzinoms (HCC) transplantiert       oder Eliminierung der CNI-Dosis und              lagerung
worden sind und bei denen ein erhöhtes          Hinzufügen von MMF oder eines mTOR-              periphere Neuropathien: Erkrankungen
Risiko für eine Tumorrekurrenz oder Ent-        Inhibitors.21–23                                 der Extremitätennerven
stehung einer anderen malignen Erkran-                                                           Proliferation: Wachstum
kung nach der Transplantation vorliegt.10       Diabetes mellitus                                prophylaktisch: vorbeugend
Klinische als auch experimentelle Daten             CNI können die Entstehung eines Dia-         Protektion: Schutz
haben gezeigt, dass mTOR-Inhibitoren            betes mellitus (DM) durch eine gesteiger-        protektiv: schützend
antiproliferative Effekte aufweisen.11,12 Da-   te Insulinresistenz und/oder Herabset-           Psychosen: psychische Erkrankungen wie
rüber hinaus ist der Gebrauch von mTOR-         zung der Insulinsekretion induzieren. 24         Depressionen oder Schizophrenie
Inhibitoren mit einer reduzierten Inzidenz      Die Inzidenz des Diabetes ist in der trans-      randomisiert: nach dem Zufallsprinzip
von neu entstandenen Tumorarten nach            plantierten Bevölkerung höher im Ver-            verteilt
Nieren-, Herz- und Lebertransplantation         gleich zur nicht-transplantierten Bevölke-       Reaktivierungen: erneutes Aufflammen
assoziiert.13 –16 Zwar liegen bis heute kei-    rung und beträgt in der Gruppe der Ltx-Pa-       Reduktion: Verminderung
ne randomisierten, kontrollierten Studien       tienten zwischen 20 und 33 %.25 Das Vor-         reduziert: vermindert
vor, die den Vorteil von mTOR-Inhibitoren       kommen eines de novo Diabetes mellitus           Register: systematische Sammlung von
in der Reduktion der Inzidenz von neu           ist sowohl mit höheren Kosten sowie ei-          Informationen über eine Gruppe
auftretenden Tumoren nach Organtrans-           nem erhöhten Risiko für das Vorkommen            renal: die Nieren betreffend
plantation, und insbesondere nach Leber-        eines Transplantatversagens, Infektionen         Resolution: Auflösung
transplantation, darstellen. Allerdings wird    und kardiovaskulärer Erkrankungen asso-          Resorption: Aufnahme
in retrospektiven Analysen, Kohorten- und       ziiert.24, 25 Nicht nur CNI beeinflussen die     retrospektiv: rückblickend
Register-Analysen überzeugend darge-            Inzidenz des DM, auch die bekannten Ri-          reversibel: rückbildungsfähig
stellt, dass EVR nach Ltx das Risiko für        sikofaktoren für die Entstehung des DM           risikoadaptiert: dem Risiko angepasst
eine Tumorentstehung deutlich reduziert.        Typ 2 (Alter, Familienanamnese, Überge-          selektive Inhibitoren: Stoffe, die nur ein
                                                wicht, Hepatitis-C-Virus-Infektion) und          bestimmtes Zielenzym blockieren
Nierenfunktion                                  Transplant-spezifische Risikofaktoren (Or-       sensorisch: das Fühlen betreffend
    Bis zu 25 % aller Lebertransplantierten     gan, Immunsuppression) haben einen               Sepsis: „Blutvergiftung“ (Bakterien im Blut)
entwickeln eine terminale Niereninsuf-          Effekt hierauf. 26 Neben der Empfehlung          Serostatus: sagt aus, ob der Patient
fizienz innerhalb der ersten zehn Jahre         der Änderung von Lebensgewohnheiten              schon zuvor eine Infektion mit dem Virus
nach Ltx,17 wobei bis zu 80 % aller Ltx-Pa-     werden hier auch Änderungen am immun-            durchgemacht hat
tienten eine akute Schädigung der Nieren        suppressiven Therapieschema empfoh-              Synthese: Zusammensetzung
zu einem beliebigen Zeitpunkt nach Ltx          len. Hier ist die Reduktion von Kortiko-         terminale Niereninsuffizienz: Nieren-
erleiden.18 Die Einschränkung der Nieren-       steroiden und CNI zu erwähnen. Eine              schwäche mit abschließendem Nieren-
funktion nach Lebertransplantation ist          weitere Möglichkeit ist das Umstellen von        versagen
hauptsächlich, aber nicht ausschließlich,       TAC auf CsA.27                                   Thrombozytopenie: Verminderung der
auf eine CNI-Toxizität zurückzuführen 17,19                                                      Blutplättchen
und die therapeutische Konsequenz liegt         Kardiovaskuläre Erkrankungen                     Toxizität: Schädlichkeit
in der Reduktion der CNI-Dosis. Für EVR            In einer kürzlich veröffentlichten Studie     Tremor: Zittern
konnte gezeigt werden, dass die Nieren-         wurden kardiovaskuläre Erkrankungen als          Tumorrekurrenz: Wiederkehr des Tumors
funktion im Langzeitverlauf deutlich bes-       die vierthäufigste Todesursache innerhalb        Ulzerationen: Geschwürbildungen
ser ist bzw. eine weitere Funktionsver-         der ersten fünf Jahre nach Ltx beschrie-         Zellmetabolismus: Zellstoffwechsel
schlechterung der Nieren vermieden wer-         ben,6 wobei die meisten Vorfälle (39 %)          zerebelläre Ataxie: Gleichgewichtsstörun-
den kann, ohne ein erhöhtes Risiko einer        innerhalb des ersten Jahres auftraten. Die       gen aufgrund einer Kleinhirnerkrankung
Abstoßungsreaktion herbeizuführen (ref.).       ermittelten Risikofaktoren waren Alter, Di-      Zytokine: Zellbotenstoffe
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die-       abetes mellitus, metabolisches Syndrom,
ser schonende Effekt auf die Nierenfunk-        Hyperurikämie, Dyslipidämie und Über-
tion abhängig ist von der Ausgangsbe-           gewicht. Bisher können aufgrund der Da-        postoperativen Periode nach Ltx und wer-
schaffenheit der Nierenfunktion bei The-        tenlage keine eindeutigen Empfehlungen         den in bis zu 66 % aller Patienten be-
rapiebeginn.20                                  zur Immunsuppression gegeben werden.           schrieben.28 Zu den Risikofaktoren gehö-
                                                Allerdings könnte den mTOR-Inhibitoren         ren der MELD-Score, Infektionen vor der
Neurotoxizität                                  ein Vorteil beigemessen werden durch           Transplantation und chirurgische Kompli-
   Zwischen 10 und 30 % aller Patienten,        ihre antiangiogenen und nierenschonen-         kationen. Virale Infektionen, hier ist vor al-
die eine CNI-basierte Immunsuppression          den Eigenschaften.                             lem der Cytomegalievirus (CMV) zu nen-
erhalten, beklagen eine Form neurotoxi-                                                        nen, sind abhängig vom CMV-Serostatus
scher Nebenwirkungen. Diese können so-          Infektionen                                    des Empfängers zum Zeitpunkt der Trans-
wohl sensorischer als auch motorischer             Bakterielle Infektionen und Sepsis sind     plantation, und des Donor-zu-Empfän-
Natur sein und beinhalten milde Symp-           häufige Ereignisse innerhalb der frühen        ger-CMV-Matchings. 29 Aufgrund der viel-
10                                                      Transplantationsmedizin
                                                                Rubrik                                                   LE B E N S LI N I E N 2 /2018

schichtigen Ursachen bakterieller und vira-      fette gehört die Adaptation der immun-         Ulzerationen (Mundschleimhaut)
ler Ursachen von Infektionen ist das klini-      suppressiven Therapie, welche die Reduk-           Ulzerationen im Bereich der Mund-
sche Vorgehen sowohl medikamentös,               tion oder Eliminierung von Kortikosteroi-      schleimhaut treten in weniger als 5 % bei
chirurgisch als auch im Bereich der Organ-       den, CNI und mTOR-Inhibitoren beinhaltet.      Patienten nach Ltx unter Einsatz eines
konservierung zu sehen. Die Wahl und             Die beiden letztgenannten Maßnahmen            mTOR-Inhibitors auf. 37 Auch hier ist die
Modulation der Immunsuppression sowie            der Reduktion/Eliminierung der CNI und         bevorzugte therapeutische Maßnahme
die Anwendung prophylaktischer Maß-              mTOR-Inhibitoren sind schweren Fällen          die Anpassung der mTOR-Inhibitor-Do-
nahmen ist ebenfalls von größter Bedeu-          der Dyslipidämie vorbehalten,34, 35 bei sol-   sis.34
tung. Im Rahmen der Herz- und Nieren-            chen Patienten eignet sich der Einsatz
transplantation jedoch konnte den mTOR-          eher nicht.                                    Schlussfolgerung
Inhibitoren eine protektive Rolle vor viralen                                                       Nach Organtransplantation sollte eine
Infektionen zugeschrieben werden.30, 31 Es       Hämatologische Nebenwirkungen                  risikoadaptierte individualisierte Immun-
gibt zudem überzeugende Hinweise, dass               Die Leukopenie wird in bis zu 30 %         suppression erfolgen, bei der Patienten-
EVR die Replikation (Vermehrung) von             aller Patienten nach Transplantation be-       faktoren wie auch das immunologische
bestimmten Viren verhindern kann, was            schrieben und ist hauptsächlich mit dem        Risiko und Begleiterkrankungen sowie spe-
insbesondere zur Verhinderung oder Ein-          Gebrauch von Antimetaboliten und/oder          zifische Eigenschaften der Medikamente
dämmung einer CMV-Infektion nach Ltx             mTOR-Inhibitoren assoziiert. 34, 36, 37 Die    beachtet werden. Da es sich bei Immun-
eine bedeutende Rolle spielt. Für Patien-        schwere Leukopenie (< 2000/mm3 ) und           suppressiva um Medikamente mit enger
ten mit einem hohen Risiko für eine CMV-         Neutropenie (< 1000/mm 3 ) werden vor-         therapeutischer Breite und interindividuel-
Infektion oder rezidivierenden CMV-Reak-         nehmlich mit einer Dosisreduktion und/         len Unterschieden in der Resorption han-
tivierungen kann daher eine EVR-haltige          oder Eliminierung des mTOR-Inhibitors          delt, sollten die empfohlenen Zielspiegel
Immunsuppression von Vorteil sein.               oder Antimetaboliten behandelt . Die           eingehalten werden. EVR wirkt negativen
                                                 Thrombozytopenie tritt meist im Rahmen         Effekten von CNI insbesondere im neuro-
Dyslipidämie                                     einer Behandlung mit einem mTOR-               nalen und renalen Bereich entgegen und
    Störungen im Bereich der Blutfettwer-        Inhibitor auf und beträgt in der Inzidenz      ist zugelassen für Erwachsene nach Ltx in
te (Dyslipidämie) werden in bis zu 46 %          8 –10 %. Hier wird ebenfalls eine Anpas-       Kombination mit Tacrolimus. Eine frühe An-
aller Patienten nach Ltx beschrieben, un-        sung der Dosis empfohlen.34                    wendung von EVR nach Organtransplan-
abhängig davon, mit welchem immunsup-                                                           tation kann helfen, die Nierenfunktion
pressiven Schema diese Patienten be-             Bein- und Angio-Ödeme                          langfristig zu erhalten. Auch der antivirale
handelt werden.32 Die Entwicklung einer              Das Auftreten von Ödemen der unte-         und der Antitumor-Effekt von EVR sind,
Fettstoffwechselstörung wird in der post-        ren Körperhälfte sowie Angio-Ödemen            insbesondere bei frühem Einsatz, von
Transplant-Periode durch einen Diabetes          wird gelegentlich bei Patienten unter          Vorteil für den Langzeitverlauf. Insgesamt
mellitus begünstigt und ist mit einem            mTOR-Inhibitor-Therapie beschrieben 34         verspricht der Einsatz von mTOR-Inhibi-
schlechteren Transplantat- und Patienten-        und tritt bei bis zu 10 % aller transplan-     toren, das Langzeitergebnis nach Organ-
überleben verbunden. 26 mTOR-Inhibito-           tierten Patienten auf. Die therapeutische      transplantation zu verbessern.
ren sind mit einem höheren Risiko für die        Konsequenz ist hier eine Dosisanpassung
Entstehung einer Hypercholesterinämie            des mTOR-Inhibitors, woraufhin bisher in       Referenzen
in bis zu einem Drittel der behandelten          fast allen Fällen ein Rückgang und eine        Die Referenzliste der 37 wissenschaftlichen
Patienten assoziiert. 33, 34 Neben der ge-       Resolution der Symptome zu beobachten          Artikel kann angefordert werden bei:
zielten Medikation zur Reduktion der Blut-       waren.                                         redaktion@lebertransplantation.de

Studie zur Lebertransplantation bei
Patienten mit Leberzellkarzinom in Zirrhose
                                                 D   as Leberzellkarzinom (synonym: hepa-       wahl geeigneter Empfänger nach me-
                                  Foto: privat

                                                     tozelluläres Karzinom (HCC)) ist welt-     dizinischer Dringlichkeit und Erfolgs-
                                                 weit das sechst häufigste Karzinom und die     aussicht gemäß der Richtlinie der Bun-
                                                 Inzidenz ist in den westlichen Ländern über    desärztekammer (RiLi BÄK). Das Di-
                                                 die letzten 20 Jahre zunehmend (Parkin         lemma der Selektion ist, dass die für die
                                                 et al. 2005 und Altekruse et al. 2009).        Prognose entscheidenden Faktoren meist
                                                 Eine Leberzirrhose ist ein wesentlicher        erst am entfernten Lebergewebe getrof-
                                                 Risikofaktor für die Entstehung eines HCC.     fen werden können. Hierzu gehören die
                                                 Leberresektion und Lebertransplantation        Tumorhistologie, Nachweis eines Tumor-
 Prof. Dr. med. Felix Braun
                                                 sind kurative Therapieansätze. Eine Leber-     gefäßeinbruchs, Grading des Tumors,
Transplantationszentrum am UKSH,
                                                 resektion ist bei eingeschränkter Leber-       komplette Entfernung des Tumors (R0-
Campus Kiel
                                                 funktionsreserve (Zirrhose) oftmals nicht      Resektion) und exakte Bestimmung von
Prof. Dr. med. Markus Guba
                                                 durchführbar, so dass eine Lebertrans-         Tumorgröße und Anzahl. Das HCC hat
Transplantationszentrum LMU, München
                                                 plantation indiziert ist (EASL-EORTC Col-      jedoch eine Besonderheit in der Blutver-
Prof. Dr. med. Utz Settmacher
                                                 laborators: Llovet et al. 2012). Zudem ist     sorgung, da diese fast ausschließlich arte-
Transplantationszentrum, Jena
                                                 das Wiederauftreten des HCC nach Leber-        riell erfolgt. Somit lässt sich ein HCC auch
Prof. Dr. med. Christian Strassburg
                                                 resektion deutlich höher als nach Trans-       mittels Kontrastmittelgestützter Bildge-
Transplantationszentrum, Bonn
                                                 plantation (Sapisochin et al. 2013).           bung an seinem typischen Verhalten im
Prof. Dr. med. Björn Nashan
                                                    Die eingeschränkte Verfügbarkeit            CT oder MRT bestimmen. Aufgrund die-
Hamburg
                                                 von Spenderorganen bedingt eine Aus-           ser Besonderheit darf die Diagnose HCC
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