Lebertransplantierte Deutschland e.V - Informationen für Patient und Arzt - Lebertransplantierter
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Le be rtra nsp l an t i ert e Deu t s c h l an d e . V. – In f o r m a t i o n e n f ü r Pa t i e n t u n d Ar z t LEBENSLINIEN 2 /2018
64 Inhalt LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Editorial ............................................................................................ 1 Transplantationsgesetz · Organspende Von der Idee zum Bundesverband Dringend gefordert: Gemeinsamer Initiativplan 25 Jahre Lebertransplantierte Deutschland e.V. – zur Förderung der Organspende ............................................ 28 25 Jahre Betroffene helfen Betroffenen ................................. 2 Organspende: Das „Tabu Widerspruchslösung“ muss fallen! ................................................................................. 29 Transplantationsmedizin Tag der Organspende ................................................................... 30 Facharztuntersuchungen nach der Lebertransplantation .... 6 Organspender-Zahlen ................................................................... 32 Stellenwert von mTOR-Inhibitoren für die Engagement der Universitätskliniken für die Organspende ... 32 Immunsuppression nach Lebertransplantation .................. 7 20 Jahre Transplantationsgesetz: Patientenverbände Studie zur Lebertransplantation bei fordern, Organspendetief endlich aufzuhalten! ................... 33 Patienten mit Leberzellkarzinom in Zirrhose ....................... 10 Pressespiegel ................................................................................. 34 Mindestmengenregelungen in der Umsetzung – Organspendeausweise ................................................................. 35 Müssen „kleine Zentren“ schließen? ..................................... 13 Harnstoffzyklus-Defekte ................................................................ 16 Gesundheit CellCept 500mg – Fälschungen auf dem legalen Verdacht auf Schlaganfall? – Jetzt eilt’s! .................................. 37 deutschen Markt angeboten ................................................... 17 Zecken sind aktiv ........................................................................... 38 Qualitätsberichte der Transplantationszentren für das Jahr 2016 und Jahresbericht der DSO 2017 veröffentlicht ....... 17 Recht · Soziales Das Walter-Brendel-Kolleg für Transplantationsmedizin: Rabatt beim Autokauf .................................................................. 39 Kernmodul für die „Interdisziplinäre Weiterbildung Der Euro-Schlüssel – eine Hilfe für Behinderte .................... 40 Transplantationsmedizin“ .......................................................... 18 Zusatzweiterbildung zum Transplantationsmediziner Geist · Körper · Seele beschlossen .................................................................................. 18 Buchvorstellung: Leber-Bruder Lieber Bruder ........................ 40 Ein Kind trotz fortgeschrittener PSC ?! ..................................... 41 Aus Wissenschaft und Forschung Brief einer Organempfängerin ................................................... 42 Einleitende Betrachtungen ......................................................... 19 Gedenken ...................................................................................... 43 PBC und PSC .................................................................................. 19 Netzwerk Spenderfamilien weiterhin aktiv ............................. 44 NAFLD / NASH .................................................................................. 20 Meine Geschichte (Anett Landgraf) ......................................... 45 Virale Hepatitiden ......................................................................... 20 Buchbesprechung: Mobilisierung geistiger Heilkräfte ........... 46 HCC .................................................................................................. 22 Immunologie .................................................................................. 22 Ernährung Genussvoll essen und trinken – Hepatologie Den Menschen und der Ernährung verpflichtet ................. 47 NorUDCA-Studie ........................................................................... 23 Vollwertig essen und trinken – 10 Regeln der Seltene Lebererkrankungen ........................................................ 24 Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. .......................... 47 Seltene Erkrankungen – Angebote von Orphanet ................. 24 Von leicht bis deftig – ERCP (= endoskopische retrograde Cholangio- der Deutschen liebste Knolle als Salat ................................. 48 Pankreaticographie) ................................................................... 25 Vereinsgeschehen Aus den Zentren Jahrestagung mit Mitgliederversammlung Essen: Wechsel an der Klinik für Gastroenterologie erstmals in Magdeburg ............................................................. 50 und Hepatologie ......................................................................... 26 Kontaktgruppe Wuppertal ........................................................... 52 Heidelberg: Arzt-Patienten-Seminar ......................................... 26 Kontaktgruppe Bonn: Lebertransplantierte trafen sich ........ 52 Freiburg: Arzt-Patienten-Seminar .............................................. 27 Neuer Anprechpartner .................................................................. 52 Beitrittserklärung ........................................................................... 53 Informationsstand Kontakta in Ansbach .................................. 54 Magdeburg: Erstes Gruppentreffen .......................................... 54 Vermischtes Dank an Sponsoren – Impressum – Termine 2018 ............. 55 Adresse Verein – Vorstand .......................................................... 56 Ansprechpartner/Kontaktgruppen – Koordinatoren ............. 57 Fachbeiräte ..................................................................................... 60 Medizin mit dem gesunden Menschenverstand ................... 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1 25 Jahre Betroffene helfen Betroffenen 1993 wurde er von Jutta Vierneusel und als Betroffene von Ernst Höflein, Hilde Killet, Jürgen Scheurer und Gerda Schieferdecker gegründet – der kleine Verein Selbsthilfegrup- pe Lebertransplantierter Heidelberg e.V. und Keimzelle des heutigen bundesweiten Pati- entenverbands für Lebertransplantierte, Wartepatienten und Angehörige. Schon damals stand die Grundidee des Austauschs untereinander, der gegenseitigen Hilfe und zusätz- lichen Information über die eigene Situation im Mittelpunkt der ehrenamtlichen Arbeit. Auch der Einsatz für die Organspende und die Zusammenarbeit mit Ärzten, Patienten, de- ren Angehörigen sowie den Angehörigen von Organspendern waren schon in der ersten Fassung unserer Satzung enthalten. Diese Zielsetzungen werden heute bundesweit durch das Engagement von über 100 ehrenamtlich Aktiven mit Inhalt gefüllt, nicht zuletzt auch durch die Gründung des Netzwerks Spenderfamilien. Wir sagen danke für die Treue der Mitglieder, die Unterstützung durch Ärzte, Pflegende, Förderer und die großartige Arbeit der Aktiven. Deshalb laden wir zum 25-jährigen Jubiläum des Verbands herzlich nach Schwetzingen ein: Zu einem Gottesdienst in der St. Pankratius-Kirche Zur Festveranstaltung in den Mozartsaal des Schloss Schwetzingen Nähere Informationen s. S. 5. Der Mangel an Spenderorganen – ein Thema, das uns begleitet hat Schon vor 20 Jahren, in der Ausgabe 1/1998, berichteten wir über den damals schon bestehenden Organmangel unter dem Titel: „1997: Mehr Organspenden, aber immer noch viel zu wenig“. Dieses Thema ist bis heute mehr als aktuell. Waren es 1997 schon 762 Leber- transplantationen, sind es heute – 20 Jahre später – bei weit mehr und kränkeren Warte- patienten gerade mal 760 nach postmortaler Spende. Im Jahr 2017 mussten wir einen Tiefststand der Organspende verzeichnen. Durch diese miserablen Ergebnisse bei der Organspende ist nun auch die Diskussion um die Widerspruchslösung entflammt. In Ländern, in denen diese gilt, müssen sich die Bürger explizit gegen eine Organentnahme nach dem Tode aussprechen, wenn sie das nicht wünschen. Die Organentnahme ist also Normalität. Die Ablehnung muss formuliert werden. Die Widerspruchslösung – (k)ein Allheilmittel Die Niederlande und auch Großbritannien haben nun die Voraussetzung für die Ein- führung geschaffen – in der Hoffnung, dem Organmangel dadurch zu begegnen. In Deutschland tun wir uns damit schwer. Schon 2007 hat der Nationale Ethikrat (heute Deutscher Ethikrat) im Einvernehmen mit vielen Partnern, auch den Kirchen, ein Konzept der stufenweisen Einführung mit ausreichend Informationsvorlauf entwickelt. Dieses ist aber damals im Bundestag gescheitert. Nun fordern in der aktuellen Notlage zwei ärztli- che Fachgesellschaften und auch der Ärztetag in Erfurt erneut diese Widerspruchslösung. Der Ärztetag schreibt in seiner nicht so recht schlüssigen Begründung, dass die Organ- spendebereitschaft in der Gesellschaft hoch sei und dennoch die Zahlen sinken würden. Wenn die Bürger augenscheinlich verstanden haben, sollten nicht gerade dann auch wei- tere Verbesserungsmöglichkeiten – vielleicht sogar in den eigenen Reihen – gesucht und formuliert werden? Die Fachgesellschaften DTG und DGfN weisen trotz des Rufes nach der Widerspruchslösung darauf hin, dass die alleinige Einführung der Widerspruchslösung kein Allheilmittel darstellt (s. S. 29). Eine in Deutschland gut akzeptierte Widerspruchslösung wäre möglicherweise förder- lich für die Organspende. Eine alleinige Fokussierung darauf sicher nicht zielführend. Die Optimierung der Spendererkennung und die Freistellungen der Transplantationsbeauftrag- ten sind mindestens ebenso dringliche Aufgaben (s. S. 28). Ein ganzer Strauß von Maß- nahmen (s. S. 28) muss realisiert werden, um endlich das Gesamtgebäude Organspende auf sichere Füße zu stellen. Im Jubiläumsjahr wünscht Ihnen viel Freude beim Lesen und alles Gute Ihre Jutta Riemer
2 Leitartikel Rubrik LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Von der Idee zum Bundesverband 25 Jahre Lebertransplantierte Deutschland e.V. – 25 Jahre Betroffene helfen Betroffenen wie ein roter Faden durch die 25 Jahre turierte Arbeit des Vorstands führten da- Fotos: privat Jutta Riemer Selbsthilfearbeit des Vereins. Mit dem zu, dass schon beim 5-jährigen Jubiläum Kontakt zu Prof. Dr. Gerd Otto, damals des Vereins 1998 das Bundesgebiet im „Ihnen kann nur noch eine Lebertransplan- Leiter der Lebertransplantation in Heidel- Wesentlichen abgedeckt war. Da es sich tation helfen.“ Ein einfacher, klarer Satz aus berg, und der Bitte, ein entsprechendes nun wirklich nicht mehr um nur eine Grup- dem Munde des Arztes, der aber so vieles kleines Plakat in der Ambulanz auszuhän- pe handelte, wurde der Verein 1999 in im Leben verändert. Konfrontiert mit der gen, fing dann alles an und es fanden sich „Selbsthilfe Lebertransplantierter Deutsch- Lebensbedrohlichkeit seiner Erkrankung, einige Mitstreiter und erste Veranstaltun- land e.V.“ und 2008 letztmalig in „Leber- mit großer Ungewissheit, ob man ein gen wurden organisiert. Wichtig für die transplantierte Deutschland e.V.“ (LD e.V.) Spenderorgan bekommt und wie sich das weitere Entwicklung war ein Ausflug zur umbenannt – und aus dem kleinen Grüpp- weitere Leben vor und auch nach der Le- Burg Guttenberg über dem Neckar im Jahr chen der Gründungsmitglieder ist inzwi- bertransplantation wohl gestalten wird. 1992. Dabei wurden Pläne für die weite- schen ein Bundesverband mit über 1.400 re Entwicklung der Gruppenbildung und Mitgliedern geworden. Vom Problem zur Idee Vereinsgründung konkretisiert. Jutta Vierneusel hatte nach ihren Erfah- Ansprechpartner und Kontaktgrup- rungen mit der Lebertransplantation und Die Vereinsgründung pen der notwendigen Re-Transplantation ein Am 12. August 1993 war es dann soweit Kern jeder Selbsthilfearbeit ist das Jahr später gelernt, wie schwer Ungewiss- und es trafen sich sieben Personen: Jutta Gespräch zwischen Betroffenen. Hier heit und Ausgeliefertsein im Medizinalltag Vierneusel, Gerda Schieferdecker, Ernst werden keine medizinischen Ratschläge zu tragen sind. Das war vor über 25 Jah- Höflein, Jürgen Scheurer und Hilde Killet erteilt. Mut machen, zuhören, Wege zur ren. Zu dieser Zeit stand tatsächlich der sowie auch ein Psychologe und eine Ärz- Verarbeitung aufzeigen und Ideen für den Faktor „chirurgische Technik und Behand- tin (die aber bald die Patientenorganisa- nächsten Arztbesuch entwickeln, sind aber lung des Körpers“ alleinig im Vordergrund. tion wieder verließen) in der Heidelberger wichtige Bestandteile dieser Gespräche Patientenberatung und -betreuung in Be- Universitätsklinik und fassten die notwen- auf „Augenhöhe“. Waren es 1995 noch zug auf das seelische und soziale Erleben digen Beschlüsse zur Vereinsgründung der 8 Ansprechpartner, sind es inzwischen fanden in den Kliniken fast nicht statt. Bei „Selbsthilfegruppe Lebertransplantierter 95, verteilt über ganz Deutschland, die Haus- und Fachärzten waren Transplan- Heidelberg e.V.“ Bald gab es ein Logo zum Gespräch mit Wartepatienten, Trans- tierte eher die Exoten, was teilweise zu und einen Hinweisflyer und die Gruppe plantierten und Angehörigen bereit sind. aberwitzigen bis lebensbedrohlichen Hin- wurde bekannter. Auch in Tübingen gab Viele der Ansprechpartner organisieren weisen und Verordnungen geführt hat. es schon eine Kontaktgruppe Lebertrans- auch Gruppentreffen. 2017 waren es 106 So suchte Jutta Vierneusel vor über plantierter, deren Mitglieder sich dem Hei- Treffen. Diese dienen dem zwanglosen 25 Jahren gleichermaßen Betroffene, die delberger Verein schon 1995 anschlos- Austausch in geschützter Atmosphäre. Es sicher ähnliche Erfahrungen gemacht hat- sen und so das Signal zur Erweiterung auf werden aber auch Ausflüge unternommen ten, zum Erfahrungsaustausch. Es formte andere Gebiete Deutschlands setzten. oder Fachreferenten eingeladen. Auf jeden sich die Idee, eine Selbsthilfegruppe zu Der Verein wurde folglich 1995 umbe- Fall berichten die Ansprechpartner über gründen, in der sich Patienten und Ange- nannt in „Selbsthilfegruppe Lebertrans- Neuigkeiten aus dem Verband und über hörige gegenseitig unterstützen. So zieht plantierter Deutschland e.V.“. Der Bedarf Transplantation und Organspende. Darü- sich das Motto unseres Jubiläumsjahres in ganz Deutschland und die gut struk- ber hinaus stehen auch noch Aktive für Ausflug zur Burg Guttenberg 1992 Vorstandssitzung in Zuzenhausen 2002 Beim Wochenende der Begegnung in Bad Sassendorf 2004 Verleihung des Bundesverdienst- kreuzes an Jutta Vierneusel 2005 Die Gründung des Vereins am 12. August 1993 in der Heidelberger Uniklinik Beim 10-jährigen Vereinsjubiläum 2003
LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Leitartikel Rubrik 3 spezielle Fragestellungen zur Verfügung: Mitglieder und Angehörige seit vielen Ganz neu ist – probeweise – unser Face- z. B. Kinderwunsch nach Ltx, verschiedene Jahren das psychologisch begleitete Wo- book-Auftritt. Lebererkrankungen, Lebendspende, Junge chenende der Begegnung und die Ge- Viele Aktivitäten des Verbandes zielen Transplantierte, Schwerbehinderung. sundheitswoche wechselnd in verschie- darauf ab, dass der Patient nach einiger Damit die Ansprechpartnerinnen und denen Regionen Deutschlands angebo- Zeit „Experte in eigener Sache“ wird – Ansprechpartner Sicherheit und Wissen ten. Beides wird immer sehr gut ange- was nicht heißen soll, dass er den Arzt für ihre Tätigkeit bekommen, bietet der nommen. nicht mehr benötigt, sondern dass er z. B. Verband zentrale und regionale Semina- über seine Situation Bescheid weiß, da- re für Ansprechpartner an. Diese dienen Der informierte Patient – mit umgehen und zielführende Fragen an auch dem Erfahrungsaustausch unterei- Unsere Medien seinen Arzt stellen kann. nander. Denn es ist nicht immer leicht, Die Idee schon bei Gründung des Ver- auch mit schweren Schicksalen oder gar eins, durch gute Information den Betrof- Zusammenarbeit zum Wohle aller Todesfällen in der eigenen Gruppe zu- fenen Ängste und Unsicherheiten zu neh- Lebertransplantationspatienten rechtzukommen. Die Ansprechpartner ler- men, ist ein roter Faden, der sich durch Der Blick des Verbandes über den „ei- nen im Austausch und durch Profis, wie die Selbsthilfearbeit des Vorstands und genen Gartenzaun“ ist für Mitglieder und z.B. Ärzte und Psychologen Möglichkeiten aller weiteren Aktiven zieht. Die oben be- alle Betroffenen wichtig. So arbeiten wir und Grenzen ihrer Beratungstätigkeit ken- schriebenen Seminare gehören ebenso mit vielen Institutionen zusammen, sind nen und erhalten auch ganz praktische dazu wie die schon bald erstellten Pa- z. B. im Stiftungsrat der Deutschen Leber- Hilfen für ihr Ehrenamt. Das alles kommt tienteninformationen zu verschiedenen stiftung ebenso vertreten wie in dem der letztendlich wieder den Betroffenen zu- Themen rund um die Lebertransplanta- Deutschen Stiftung Organtransplantation. gute. tion. Was vor über 20 Jahren mit einigen Wir sprechen mit, wenn Änderungen der wenigen Titeln angefangen hat, ist nun Richtlinien zur Organverteilung erarbeitet Treffen und Seminare auf eine Reihe mit über 20 Broschüren werden und werden immer wieder auf Für Mitglieder und andere Betroffene angewachsen. Auch besondere Hilfen, Landes- und Bundesebene eingebunden haben sich die Angebote durch den Ver- wie das Reisebegleitschreiben oder den bei Novellierung des Transplantationsge- band kontinuierlich vermehrt. In Zusam- Transplantationsausweis, halten wir vor. setzes, wie zuletzt 2012 (Bund) und ak- menarbeit mit den Kliniken werden Arzt- Eine besondere Bedeutung kommt tuell Niedersachsen (Ausführungsgesetz Patienten-Seminare angeboten. Das erste wohl der Zeitschrift Lebenslinien zu. Als zum TPG). schon vor Gründung des Vereins 1992 in neues Mitglied entwickelte Josef Theiss Im Jahr 2017 wurde schließlich die Heidelberg, Hörsaal der Chirurgie. Der Ver- dazu erste Ideen und war viele Jahre an Bundesarbeitsgemeinschaft Transplantati- band hat vor vielen Jahren ein spezielles der Umsetzung beteiligt. Seit 1995 er- on und Organspende (BAG TxO) gegrün- Konzept für Wartepatiententreffen entwi- scheinen die Lebenslinien 2҂ jährlich det. Hier ging die erste Initiative dazu ckelt. Dieses wurde in Heidelberg mit der und greifen Themen auf, die für Leber- von LD e.V. aus. Die BAG TxO fungiert als Klinik zusammen erprobt und als hilfreich transplantationspatienten und Angehöri- gemeinsame Interessensvertretung für für die Patienten und Angehörigen befun- ge – und auch wohl für manchen Arzt – Transplantationsbetroffene der drei bun- den. Diese auf Kleingruppengespräche interessant und hilfreich sind. Lebenslinien desweit aktiven Selbsthilfeverbände: Bun- mit wechselnden Experten ausgelegten intern, die kleinen Lebenslinien – nur für desverband der Organtransplantierten e.V. Treffen finden inzwischen in vielen wei- Mitglieder – erscheint 1–2҂ jährlich. Die (BDO), Bundesverband Niere e.V. (BN) teren Zentren statt. Wie so oft hatten wir Redakteure und Autoren arbeiten auch in und Lebertransplantierte Deutschland hier einen Stein ins Wasser geworfen, der diesem Bereich natürlich ehrenamtlich. e.V. Mit der Bündelung der Kräfte sollen dann Kreise zog. Die Homepage lebertransplantation. gemeinsame Anliegen der insgesamt Nicht nur um Wissensvermittlung geht de ist eine beliebte Informationsplattform über 20.000 Mitglieder der drei Bundes- es in den Angeboten von LD e.V., sondern geworden und aktuell neu gestaltet wor- verbände in den Focus der Fachöffent- auch um das seelische und körperliche den. Klicken Sie sich doch mal durch. Sie lichkeit, der Kostenträger und der Politik Wohlbefinden. Regelmäßig werden für werden staunen, was man alles findet! gerückt werden. Aktueller Schwerpunkt Das Redaktionsteam Lebenslinien im Jahr 2008 Erstes Verbändetreffen in Witten 2014 Seminar für Ansprechpartner in Kassel 2011 3. Patiententag in Berlin 2013 Gesundheitswoche in Bad Soden / Allendorf 2010 Mitgliederversammlung in Stuttgart 2012 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Josef Theiss 2011
4 Leitartikel Rubrik LE B E N S LI N I E N 2 /2018 der Aktivitäten der BAG TxO ist die Um- Mitglieder, die 10, 15 oder 20 Jahre Mit- re Organspender und deren Familien, die setzung des 2012 novellierten Transplan- glied in unserem Verband sind, mit einer diese Entscheidung zu einer Organspen- tationsgesetzes auf Länderebene u.a. Urkunde und einer Anstecknadel. Ein de getragen oder mitgetragen haben. Seit hinsichtlich der Freistellungsregelungen gerade geehrtes Mitglied bemerkte: „Ich 2016 haben sich Angehörige von Organ- für Transplantationsbeauftragte und ihrer habe das doch nicht verdient. Die Arbeit spendern in einem Netzwerk Organspen- Qualifizierung. machen doch Sie und die vielen ehren- de, assoziiert mit LD e.V., zusammenge- amtlich Aktiven im Verein! Ich profitiere funden. Die Verbindung zwischen Trans- Engagement für die Organspende durch Ihre Arbeit – und ich kann ja nicht plantierten und Spenderfamilien ist sicher In großem Umfang engagieren sich nur nehmen, wenn’s gerade nötig ist und für beide Seiten wertvoll. Danke an alle unsere Aktiven für die Verbesserung der später den Rücken drehen.“ Genau wegen Organspenderinnen und Organspender Organspendesituation und setzen sich so dieser Einstellung gebührt Ihnen allen, und deren Familien! auch für die Wartepatienten ein. Auf örtli- liebe Mitglieder, unser Dank. Die Solida- cher Ebene bei Infoständen, Vorträgen in rität ermöglicht es erst, für Betroffene im Trotz der an sich ehrenamtlichen Ar- Schulen, Universitäten, Krankenpflegeschu- aktuell großen Umfang aktiv zu sein, die beit fallen Kosten an, um diese zu be- len, in Kirchengemeinden, in der VHS, beim Angebote für alle Transplantationspatien- wältigen. Hier werden wir über die Jahre Roten Kreuz usw. werden von Mitgliedern ten bereitzustellen und die Patientenin- hinweg zunehmend großzügig von den unseres Vereins in jedem Jahr mit meist teressen auf vielen Ebenen zu vertreten. Krankenkassen in Form der GKV-Gemein- weit über 100 Aktionen viele Menschen Danke, dass Sie Mitglied bei Leber- schaftsförderung und auch von einzelnen über das Thema Organspende informiert. transplantierte Deutschland e.V. sind! Kassen durch Projektförderung unter- Auf Landesebene sind meist die Koordi- Bei Lebertransplantierte Deutschland stützt. In geringerem Umfang auch durch natoren in den Bündnissen der Länder für e.V. sind über 100 Menschen ehrenamt- die Industrie. Allen, auch den Fördermit- die Organspende aktiv. Bundesweit setzt lich tätig. Ansprechpartner, Koordinatoren, gliedern, danken wir sehr für die Unter- sich der Vorstand – auch als Teil der BAG Vorstandsmitglieder, Redaktionsmitglie- stützung unserer ehrenamtlichen Arbeit. TxO – ein. Der Verein hat schon 2002 eine der und solche mit speziellen Aufgaben erste große Veranstaltung zum Tag der setzen sich teilweise über lange Jahre in Ich durfte über den Beginn des Vereins, Organspende mit Karl Kardinal Lehmann großem Umfang ehrenamtlich für Mitbe- die Entwicklung zum Bundesverband, die im Gottesdienst und Kurt Beck als Schirm- troffene ein. Denn jede Aufgabe im Ver- Grundidee, die immer noch Gültigkeit herrn durchgeführt. Zum ersten Mal hat- band dient letztendlich dazu, die Situation hat, aber auch über neue Initiativen des ten wir diese Veranstaltung bundesweit von Transplantationspatienten zu verbes- Bundesverbandes Lebertransplantierte angelegt und Partner aus anderen Ver- sern. Und übrigens: Ehrenamt ist nicht Deutschland e.V. berichten. Sicher ist die- bänden und Organisationen zur Koopera- selbstverständlich! Danke an alle, die ser Bericht nicht vollständig. Viele beson- tion eingeladen – der Beginn des bundes- sich ehrenamtlich in unserem Verband dere Aktivitäten können Sie darüber hi- weiten, gemeinsamen Tages der Organ- engagieren! naus als Mitglied erleben. Jedes Mitglied ist spende, wie er nun seit vielen Jahren in In den 25 vielen Jahren gab es auch ein wichtiger Teil des Verbandes. Ich wün- wechselnden Bundesländern stattfindet. immer wieder traurige Erlebnisse. Liebge- sche dem Verband immer wieder neue Auch heute engagieren wir uns noch je- wonnene Mitglieder, Freunde und Mit- Mitglieder, die Freude am Ehrenamt ha- des Jahr in großem Umfang in dem inzwi- streiter sind nicht mehr unter uns. Wir wer- ben, aber auch viele neue Mitglieder, die schen gewachsenen Team bei der Orga- den Euch nicht vergessen. Vielen Dank, gerne an unseren Veranstaltungen teil- nisation und Durchführung der zentralen dass wir Euch kennenlernen durften! nehmen, unsere Medien schätzen, aber Veranstaltung zum Tag der Organspende. Wir alle feiern das 25-jährige Vereins- bisher noch keine Mitglieder in unserer bestehen, manche von uns vielleicht Solidargemeinschaft sind. Dank auch ein langjähriges Transplantations- Dem Verband weiterhin eine gute Regelmäßig bei der Mitgliederver- jubiläum. Diese „zweiten Geburtstage“ Entwicklung – immer im Sinne der Trans- sammlung ehren wir die langjährigen dürften wir alle nicht erleben ohne unse- plantationspatienten und Angehörigen. Beim Kirchentag in Stuttgart 2015 Beim Patiententag in Jena 2017 Wartepatiententreffen in Heidelberg 2017 Ehrung langjähriger Mitglieder 2018 Kontaktgruppentreffen in Essen 2016 Der Verbandsvorstand 2017 Beim Tag der Organspende 2017 in Erfurt Es fehlt Kurt Vasconi.
LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Rubrik 5 2018 – Wir werden 25! Festveranstaltung im Schloss Schwetzingen Samstag, 15. September 2018 Schirmherr: Ministerpräsident Winfried Kretschmann Programm: 11:00 Uhr Gottesdienst in der St. Pankratius-Kirche 12:30 Uhr Imbiss 13:30 Uhr Festakt im Schloss mit Vorträgen und musikalischer Umrahmung 19:00 Uhr Abendessen im Brauhaus zum Ritter Information und Anmeldung unter www.lebertransplantation.eu und bei der Geschäftsstelle, Mo.– Do. von 10:00 –15:00 unter Tel.: 0 23 02/179 89 91
6 Transplantationsmedizin Rubrik LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Facharztuntersuchungen nach der Lebertransplantation das Risiko für eine Tumorentstehung. Zur Infektionen erkennen und behandeln Fotos: privat Früherkennung müssen daher regelmä- Vor allem kurz nach der Transplanta- ßig Vorsorgeuntersuchungen erfolgen. So tion besteht ein deutlich erhöhtes Infek- sollte alle 5 –10 Jahre (je nach Ausgangs- tionsrisiko, welches sich aber nach den befund) eine Vorsorgedarmspiegelung ersten sechs Monaten post-OP dem der durchgeführt werden. Sonographische Normalbevölkerung angleicht. Dennoch Kontrollen der Leber sind insbesondere besteht auch im Langzeitverlauf das Risi- bei Patienten mit einer chronischen He- ko von zum Teil dramatischen Verläufen. patitis B und C indiziert. Unbedingt sollte Hier sollte, in Abstimmung mit dem Haus- einmal jährlich die Vorstellung bei einem arzt, jederzeit auch eine außerplanmäßige Dr. med. Tobias Götze Dermatologen erfolgen. Auch unter regel- Vorstellung im Transplantationszentrum Prof. Dr. med. Ali Canbay haft durchgeführtem Lichtschutz besteht erfolgen. Häufig ist eine stationäre Auf- Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie durch die notwendige post-Ltx-Medika- nahme zur Überwachung und intravenö- und Infektiologie, Uniklinik Magdeburg tion ein erhöhtes Risiko für das Auftreten sen antibiotischen Therapie notwendig. von Malignomen der Haut. Unter den bös- Vor allem die rechtzeitige Gewinnung von Einleitung artigen Neubildungen nach der Leber- Material (Blut, Urin, Sputum, Stuhl) für Ltx-transplantierte Patienten verbleiben transplantation nehmen Hauttumore mit die mikrobiologische Diagnostik ist dabei nach der Transplantation zunächst in enger Abstand den Spitzenplatz ein. Mit einer besonders wichtig, um eine gezielte The- Kontrolle des Transplantationszentrums. Ganzkörperinspektion können diese krank- rapie durchführen zu können. Das Zyto- Meist erfolgt dabei die dauerhafte Anbin- haften Veränderungen rechtzeitig diag- megalie-Virus (CMV) ist der häufigste In- dung über eine spezialisierte und zum nostiziert und präventiv therapiert wer- fektionserreger nach Ltx und manifestiert Teil auch interdisziplinär geführte, soge- den. Männliche Transplantierte sollten sich beispielsweise als Durchfallerkran- nannte Ltx-Ambulanz des jeweiligen Zen- außerdem mindestens einmal jährlich kung. Besonders hoch ist das Risiko für trums. Die Hauptaufgaben dort umfassen eine Vorstellung beim Urologen wahrneh- CMV-negative Empfänger eines CMV-po- die Kontrolle, Anpassung und Verschrei- men, um bösartige Veränderungen an der sitiven Organs. Das Leitsymptom Fieber bung der immunsuppressiven Medikation, Prostata bzw. den Nieren auszuschließen. kann unter Umständen aber auch ein ers- die Steuerung der Nachsorge sowie die Analog sollten sich weibliche Transplan- ter Hinweis auf eine Abstoßungsreaktion Behandlung von etwaigen Komplikatio- tierte alle 6 bis 12 Monate gynäkologisch sein. Regelmäßige zahnärztliche Besuche nen. Um den speziellen Anforderungen vorstellen und auch regelmäßig einen helfen dental bedingte Infektionsherde eines Lebertransplantierten gerecht zu PAP-Abstrich der Gebärmutter erhalten. schnell zu entdecken und zu sanieren. werden, ist dabei neben einer guten haus- Auch die jährliche Durchführung einer ärztlichen Versorgung auch ein ganzes Mammographie ist ratsam. Virusinfektio- Ihr Internist und Hepatologe Netzwerk an Fachärzten erforderlich. nen, die bei immunkompetenten Men- Durch regelmäßige Vorstellungen in Im Transplantationszentrum selber er- schen vom eigenen Körper kontrolliert der Ltx-Sprechstunde oder alternativ bei folgen zunächst regelmäßige laborchemi- werden, stellen für den Ltx-Patienten ei- spezialisierten Fachärzten (Hepatologen) sche Verlaufskontrollen. Dies geschieht ne Gefahr dar. So kann das Epstein-Barr- kann außerdem ein breites Spektrum an direkt nach der Transplantation noch in Virus (EBV), welches einen hohen Durch- internistischen Erkrankungen rechtzeitig kurzen Abständen, im Verlauf dann in zu- seuchungsgrad in der Allgemeinbevölke- erkannt und behandelt werden. Risiko- nehmend größeren Intervallen. Neben der rung besitzt, Lymphome nach der Trans- faktoren wie hoher Blutdruck, Adipositas, Spiegelkontrolle der Immunsuppressiva plantation entstehen lassen. Die für die hohes Cholesterin oder Diabetes mellitus gehören die Kontrolle der Leber- und Kontrolle des Virus verantwortlichen T-Zel- verdienen dabei ein besonderes Augen- Nierenfunktionsparameter, des Blutbildes len werden als Nebenwirkung der Dauer- merk. Bei einer eingeschränkten Nieren- sowie der Gerinnungsparameter zu den medikation nach der Transplantation funktion muss die Dosierung der post- regelmäßig bestimmten Parametern. Bei gezielt herunterreguliert. Bei auffälligen Ltx-Medikamente angepasst werden oder jeder Vorstellung werden routinemäßig Lymphknoten oder Blutbildveränderun- sogar ein Wechsel der Therapie erfolgen. außerdem Gewicht sowie Blutdruck über- gen sollte daher frühzeitig eine Vorstel- Hier erfolgt die enge Zusammenarbeit mit prüft. So können medizinische Probleme lung beim Hämatologen erfolgen. Keine stationären und ambulanten Nephrolo- erkannt und die entsprechende Diagnos- Empfehlungen bestehen derzeit für die gen. Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus tik rechtzeitig eingeleitet werden. Durchführung eines regelhaften Scree- (Handelsname: Prograf ®, Advagraf ® u. a.) nings für Lungentumore. Die bildgeben- bedingen eine diabetogene Stoffwech- Vorsorge ist Pflicht den Verlaufsuntersuchungen z. B. mittels sellage, die nicht selten bis zu einem Neben akut aufgetretenen Infektionen Sonographie oder MRT verbleiben aus or- insulinpflichtigen Diabetes fortschreitet. muss vor allem eine umfassende Über- ganisatorischen Gründen oft in der Hand Regelmäßige Blutzuckerkontrollen beim wachung einer möglichen Malignom- des Transplantationszentrums, wo eine Hausarzt sowie die Bestimmung des Lang- Entstehung erfolgen. 40 % aller Ltx- leistungsfähige Radiologie vor Ort ist und zeitblutzuckerwertes (HbA1c) sind daher Patienten versterben im Langzeitverlauf bereits sehr viele Vorbefunde des jeweili- angezeigt. Vor allem in der Zeit kurz nach entweder an einer Infektion oder an einer gen Patienten vorliegen. Auch eine Kno- der Transplantation sind engmaschige bösartigen Neubildung. Die Häufigkeit chendichtemessung zur Früherkennung Kontrollen erforderlich. Kann im Laufe einiger Tumore liegt für Lebertransplan- einer Osteoporose kann hier durchgeführt der Zeit die Dosierung der Medikamente tierte dabei bis zum 100-fachen über werden. Besonderen Stellenwert hat die reduziert werden, sinkt gleichzeitig auch dem der Normalbevölkerung. Dabei gilt: radiologische Abteilung für eine Fokussu- das Diabetes-Risiko. Auch das Risiko einer je höher die Dosierung der erforderlichen che z. B. bei einer Infektion. Leberverfettung oder sogar Fettleberent- Immunsuppression, desto höher ist auch zündung (NASH) des Transplantats wird
LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Transplantationsmedizin Rubrik 7 so reduziert. Darüber hinaus kümmert Calziumantagonisten wie Amlodipin. Eine können Risikopatienten identifiziert und sich der Hepatologe auch um die Fortfüh- Hypercholesterinämie, welche durch die weiter therapiert werden. rung der Behandlung der Grunderkran- Immunsuppressiva mitverursacht wird, kung. Dies trifft v. a. auf Patienten mit kann nur in wenigen Fällen durch Ernäh- Impfungen beim Hausarzt autoimmun verursachten Leberzirrhosen rungsumstellung oder Diät therapiert wer- Gängige Impfungen mit Totimpfstoffen wie z. B. bei einer Primär Sklerosierenden den. Hier muss häufig z. B. auf ein Statin sollten bereits vor der Lebertransplanta- Cholangitis zu. Auch Patienten, die Auf- (Pravastatin, Fluvastatin) in der medika- tion erfolgen. Aber auch nach erfolgter grund einer Hepatitis B oder Hepatitis C mentösen Therapie zurückgegriffen wer- Ltx können diese nachgeholt bzw. aufge- transplantiert worden sind, bedürfen wei- den. Wie auch für die Allgemeinbevölke- frischt werden. Dazu zählen die Impfun- terer Überwachung und Therapie. rung gehören Diabetes mellitus und arte- gen gegen Tetanus, Diphterie, Pneumo- Eine weitere regelhafte Komplikation rielle Hypertonie zu den Hauptrisikofakto- kokken sowie Hepatitis A und B. Auch stellt der arterielle Hypertonus (Hoch- ren für die koronare Herzerkrankung (KHK) die jährliche Influenza-Schutzimpfung druck) dar. Auch für diesen Effekt zeich- und beeinflussen maßgeblich das Langzei- sollte durchgeführt werden. Die aktuellen nen die Immunsuppressiva in einem do- tüberleben eines jeden Transplantierten. Impfempfehlungen der Ständigen Impf- sisabhängigen Verhältnis verantwortlich. Bei klinischen Anzeichen einer KHK (Be- kommission (STIKO) werden 2018 aktu- Zur Diagnosesicherung ist eine ambulan- lastungsluftnot, thorakaler Schmerz) wird alisiert erscheinen und berücksichtigen te 24-Stunden-Blutdruckmessung emp- daher eine kardiologische Mitbetreuung insbesondere auch immunsupprimierte fohlen. Die Therapie erfolgt entsprechend erforderlich. Mit Hilfe von nicht-invasiven Patienten. Impfungen können über den den Leitlinien für Nicht-Transplantierte Untersuchungen (Echokardiographie, Er- Hausarzt erfolgen oder alternativ in der z. B. mit ACE-Hemmern wie Ramipril oder gometrie, Lungenfunktion, Kardio-MRT) Ltx-Ambulanz. Stellenwert von mTOR-Inhibitoren für die Immunsuppression nach Lebertransplantation Wirkung das Langzeitergebnis nach Ltx Reduktion von akuten Transplantatabsto- Fotos: privat verbessern. ßungen durch CNI nicht direkt zu einer Verbesserung des Langzeitüberlebens der Geschichte der Immunsuppression transplantierten Organe geführt, was da- Seit ihrer Entwicklung und Einführung rauf hindeutet, dass der Gebrauch der CNI vor etwa 30 Jahren sind die CNI Ciclospo- mit Nebenwirkungen einhergeht, welche rin A (CsA) und Tacrolimus (TAC) zu einer wiederum nachteilige Auswirkungen auf tragenden Säule der immunsuppressiven das Transplantatüberleben bzw. die Ge- Medikation nach Ltx geworden. Die Ein- sundheit des Empfängers haben.3 Sobald führung der CNI in den 1980ern resultier- die Transplantation mehr als ein Jahr zu- Prof. Dr. med. Kerstin Herzer te in geringeren Abstoßungsraten und ver- rückliegt, beträgt die Todesursache von Klinik für Gastroenterologie und Hepatolo- besserten Überlebensraten sowohl der Empfängern durch maligne Erkrankungen gie, Universitätsklinikum Essen Empfänger als auch der transplantierten ca. 22 %. Hinzu kann eine Schädigung der Dr. med. Peri Kocabayoglu Organe, wobei 1-Jahres-Transplantat-Über- Nierenfunktion durch CNI auftreten, wel- Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplan- lebensraten (also relativ früh nach der che wiederum die Gesamtmortalität stei- tationschirurgie, Universitätsklinikum Essen Transplantation) von bis zu 90 % und akute gert. 4 Daher ist das Ziel eines aktuellen Abstoßungsraten von unter 20 % erreicht immunsuppressiven Therapiekonzepts, Einleitung wurden. 1, 2 Tatsächlich hat jedoch die das Langzeitüberleben und die Langzeit- Die Ergebnisse insbesondere im Lang- zeitverlauf nach Lebertransplantation (Ltx) Abb. 1: Anforderungen an eine optimale Immunsuppression. sind u. a. abhängig von der richtigen Im- munsuppression. Mittlerweile stehen verschiedene Kombinationen zur Verfü- Wirksamkeit gung, mittels derer für jeden Patienten und Sicherheit die richtige Kombination angepasst wer- den kann. Seit 2012 ist der mTor-Inhibitor antineoplastische niedrige Everolimus zur Immunsuppression nach Eigenschaften Nephrotoxität Lebertransplantation zugelassen, der Ein- satz erfolgt bei Erwachsenen und in Kom- bination mit Tacrolimus. Mittlerweile hat Lebertrans- sich die Kombination aus einem Calci- plantation kardiovaskuläre verbesserte neurin-Inhibitor (CNI), vornehmlich Tacro- Protektion Lebensqualität limus oder auch Ciclosporin, und einem Proliferationshemmer (Mycophenolsäure = MMF oder mTor-Inhibitor) als Standard nach Ltx etabliert. Ein mTor-Inhibitor bie- antiproliferative antivirale tet dabei weit mehr als eine immunsup- Eigenschaften Eigenschaften pressive Wirkung und kann insbesondere durch seine antivirale und anti-tumorale
8 Transplantationsmedizin Rubrik LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Abb. 2: Essener Protokoll zur Umstellung nach Lebertransplantation von der G LO S SA R Basisimmunsuppression mit Calcineurininhibitor (CNI) (+ Mycophenolat-mofetil [MMF]) auf Everolimus nach dem Essener Protokoll. HCC = hepatozelluläres ab initio: von Beginn an Karzinom; mit freundlicher Genehmigung von Prof. K. Herzer. Adaptation: Anpassung Angioödeme: gefäßbedingte Schwellungen antiangiogen: die Neubildung von Blut- gefäßen verhindernd Antimetaboliten: Stoffwechselhemm- stoffe antineoplastisch: gegen die Entstehung von Neubildungen antiproliferativen: wachstumshemmenden anti-tumoral: gegen die Entstehung von Tumoren antiviral: gegen Viren assoziiert: vergesellschaftet de novo: von Neuem Donor: Spender Dyslipidämie: Missverhältnis der Blutfett- werte Effekt: Wirkung Effizienz: Wirksamkeit Eliminierung: Beendigung/Wegnahme Gesamtmortalität: Gesamtsterblichkeit Halluzinationen: Wahnvorstellungen hämatologisch: das Blut betreffend funktion des Transplantats zu fördern, die lassen zur Immunsuppression nach Ltx ist hepatozelluläres Karzinom: Leberzellkar- Nierenfunktion des Empfängers zu erhal- bislang nur Everolimus (EVR). Die Umstel- zinom ten sowie die Rate der Nebenwirkungen, lung erfolgt nicht vollständig, sondern un- Hypercholesterinämie: erhöhtes Choles- insbesondere der Tumorentstehung, zu ter Beibehaltung einer reduzierten Dosis terin im Blut senken (Abb.1). Im Rahmen der experi- CNI, weshalb man besser von einer Ergän- Hyperurikämie: erhöhte Harnsäurewerte mentellen und klinischen Forschung im zung der Immunsuppression durch EVR im Blut Laufe der vergangenen zehn Jahre wurde sprechen sollte als von einer Umstellung. Immunsuppression: Unterdrückung der verstärkt daran gearbeitet, CNI-abhängige EVR wird täglich eingenommen und die körpereigenen Abwehrmechanismen Nebenwirkungen zu reduzieren und das Dosis orientiert sich am Zielspiegel, so wie immunsuppressiv: die körpereigene jeweilige immunsuppressive Therapie- bei den CNIs. Wenn mit der EVR-Medika- Abwehr unterdrückend regime auf das individuelle klinische Ri- tion begonnen wird, dann muss die CNI- implementiert: verwendet sikoprofil des jeweiligen Patienten abzu- Dosis reduziert werden, weil sich die Sub- individualisiert: auf den Einzelnen stimmen. Die meisten Therapieregime ba- stanzen in ihrem Abbau verlangsamen und zugeschnitten sieren auf einer Kombination von T AC mit ansonsten zu hohe Zielspiegel resultieren. induzieren: auslösen Antimetaboliten wie Mycophenolat Mo- MMF wird sofort vollständig abgesetzt, initial: zu Beginn fetil (MMF), wobei derzeit ca. 45 % aller wenn EVR begonnen wird. Jede Umstel- Insulinresistenz: Unempfindlichkeit Patienten nach ein und zwei Jahren nach lung der Immunsuppression sollte unter gegenüber Insulin Transplantation ein MMF-haltiges immun- engmaschiger (i.d.R. wöchentlicher) Spie- Insulinsekretion: Insulinausschüttung suppressives Regime erhalten. 5 Die zu- gelkontrolle und nur nach Rücksprache interindividuelle Unterschiede: von sätzliche Gabe von MMF ermöglicht die mit dem zuständigen Transplantations- Person zu Person unterschiedlich Reduktion der CNI-Dosis und ist assoziiert zentrum erfolgen. Wie wir eine Einstellung Inzidenz: Neuauftreten mit einer reduzierten kardiovaskulären und auf ein EVR-haltiges Regimen vornehmen, kardiovaskulären: das Herz-Kreislauf- renalen Toxizität bei vergleichbarer im- ist schematisch in Abb. 2 dargestellt. Im System betreffend munsuppressiver Effizienz.6, 7 Bisher wur- Folgenden wird erläutert, wann und war- Kohorten: Gruppen von Personen, die den ab initio CNI-freie Therapieregime um ein mTOR-Inhibitor als Bestandteil der eine bestimmte Eigenschaft gemeinsam in der klinischen Praxis nur wenig imple- Immunsuppression vorteilhaft sein kann. haben mentiert, was durch ein höheres Risiko Leukenzephalopathie: Hirnerkrankung des Therapieversagens begründet ist.8 Wirkmechanismen der CNI- und der weißen Hirnsubstanz Das Einbringen von mTOR-Inhibitoren mTOR-Inhibitoren Leukopenie: Verminderung der weißen wie Everolimus (EVR) und Sirolimus (SIR) mTOR-Inhibitoren und Calcineurin-Inhi- Blutkörperchen in CNI-reduzierte Therapieschemata stellt bitoren greifen an unterschiedlichen Punk- maligne: bösartig einen weiteren Meilenstein dar, da hier- ten der T-Zell-Aktivierung an. 9 mTOR-In- Matching: Verhältnis durch die CNI-abhängigen Nebenwirkun- hibitoren sind selektive Inhibitoren des MELD-Score: Rechenformel zur Einschät- gen gesenkt werden können. mTOR-Komplexes, einer Serin-Threonin- zung des Sterberisikos von Leberkranken Kinase, welche eine zentrale Rolle im Rah- vor Lebertransplantation Umstellung auf ein mTOR-Inhibitor- men des Zellmetabolismus spielt. Im Ge- Modulation: Veränderung haltiges Regime gensatz dazu beruhen die Effekte der CNI motorisch: das Bewegen betreffend Ein heute geläufiger Ansatz zur schritt- auf der Hemmung der calciumabhängigen Nephrotoxizität: Nierenschädlichkeit weisen Reduktion der CNI-Dosis ist die Phosphatase Calcineurin. Dadurch wird Einführung eines mTOR-Inhibitors. Zuge- die T-Zell-Aktivierung und -Proliferation
LE B E N S LI N I E N 2 /2018 Transplantationsmedizin Rubrik 9 sowie die Synthese und Freisetzung von tome wie Kopfschmerzen, Tremor, Neu- entzündungsfördernden Zytokinen redu- ralgien und periphere Neuropathien, aber G LO S SA R ziert. auch schwere, wobei seltenere, Sympto- me wie Psychosen, Halluzinationen, Erblin- Neuralgien: Nervenschmerzen Einsatz und Eigenschaften von dung, Krampfanfälle, zerebelläre Ataxie neuronal: die Nerven betreffend mTOR-Inhibitoren oder Leukenzephalopathie. 21, 22 Das Auf- Neurotoxizität: Nervenschädlichkeit Maligne Erkrankungen treten dieser CNI-basierten Nebenwirkun- Neutropenie: Verminderung einer Unter- Aufgrund seiner antiproliferativen Fä- gen ist in den meisten Fällen reversibel gruppe der weißen Blutkörperchen, der higkeit erfolgt der Einsatz von EVR gerne oder kann zumindest am Voranschreiten Neutrophilen bei Patienten, die aufgrund eines hepato- gehindert werden durch die Reduktion Ödem: Schwellung durch Wasserein- zellulären Karzinoms (HCC) transplantiert oder Eliminierung der CNI-Dosis und lagerung worden sind und bei denen ein erhöhtes Hinzufügen von MMF oder eines mTOR- periphere Neuropathien: Erkrankungen Risiko für eine Tumorrekurrenz oder Ent- Inhibitors.21–23 der Extremitätennerven stehung einer anderen malignen Erkran- Proliferation: Wachstum kung nach der Transplantation vorliegt.10 Diabetes mellitus prophylaktisch: vorbeugend Klinische als auch experimentelle Daten CNI können die Entstehung eines Dia- Protektion: Schutz haben gezeigt, dass mTOR-Inhibitoren betes mellitus (DM) durch eine gesteiger- protektiv: schützend antiproliferative Effekte aufweisen.11,12 Da- te Insulinresistenz und/oder Herabset- Psychosen: psychische Erkrankungen wie rüber hinaus ist der Gebrauch von mTOR- zung der Insulinsekretion induzieren. 24 Depressionen oder Schizophrenie Inhibitoren mit einer reduzierten Inzidenz Die Inzidenz des Diabetes ist in der trans- randomisiert: nach dem Zufallsprinzip von neu entstandenen Tumorarten nach plantierten Bevölkerung höher im Ver- verteilt Nieren-, Herz- und Lebertransplantation gleich zur nicht-transplantierten Bevölke- Reaktivierungen: erneutes Aufflammen assoziiert.13 –16 Zwar liegen bis heute kei- rung und beträgt in der Gruppe der Ltx-Pa- Reduktion: Verminderung ne randomisierten, kontrollierten Studien tienten zwischen 20 und 33 %.25 Das Vor- reduziert: vermindert vor, die den Vorteil von mTOR-Inhibitoren kommen eines de novo Diabetes mellitus Register: systematische Sammlung von in der Reduktion der Inzidenz von neu ist sowohl mit höheren Kosten sowie ei- Informationen über eine Gruppe auftretenden Tumoren nach Organtrans- nem erhöhten Risiko für das Vorkommen renal: die Nieren betreffend plantation, und insbesondere nach Leber- eines Transplantatversagens, Infektionen Resolution: Auflösung transplantation, darstellen. Allerdings wird und kardiovaskulärer Erkrankungen asso- Resorption: Aufnahme in retrospektiven Analysen, Kohorten- und ziiert.24, 25 Nicht nur CNI beeinflussen die retrospektiv: rückblickend Register-Analysen überzeugend darge- Inzidenz des DM, auch die bekannten Ri- reversibel: rückbildungsfähig stellt, dass EVR nach Ltx das Risiko für sikofaktoren für die Entstehung des DM risikoadaptiert: dem Risiko angepasst eine Tumorentstehung deutlich reduziert. Typ 2 (Alter, Familienanamnese, Überge- selektive Inhibitoren: Stoffe, die nur ein wicht, Hepatitis-C-Virus-Infektion) und bestimmtes Zielenzym blockieren Nierenfunktion Transplant-spezifische Risikofaktoren (Or- sensorisch: das Fühlen betreffend Bis zu 25 % aller Lebertransplantierten gan, Immunsuppression) haben einen Sepsis: „Blutvergiftung“ (Bakterien im Blut) entwickeln eine terminale Niereninsuf- Effekt hierauf. 26 Neben der Empfehlung Serostatus: sagt aus, ob der Patient fizienz innerhalb der ersten zehn Jahre der Änderung von Lebensgewohnheiten schon zuvor eine Infektion mit dem Virus nach Ltx,17 wobei bis zu 80 % aller Ltx-Pa- werden hier auch Änderungen am immun- durchgemacht hat tienten eine akute Schädigung der Nieren suppressiven Therapieschema empfoh- Synthese: Zusammensetzung zu einem beliebigen Zeitpunkt nach Ltx len. Hier ist die Reduktion von Kortiko- terminale Niereninsuffizienz: Nieren- erleiden.18 Die Einschränkung der Nieren- steroiden und CNI zu erwähnen. Eine schwäche mit abschließendem Nieren- funktion nach Lebertransplantation ist weitere Möglichkeit ist das Umstellen von versagen hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, TAC auf CsA.27 Thrombozytopenie: Verminderung der auf eine CNI-Toxizität zurückzuführen 17,19 Blutplättchen und die therapeutische Konsequenz liegt Kardiovaskuläre Erkrankungen Toxizität: Schädlichkeit in der Reduktion der CNI-Dosis. Für EVR In einer kürzlich veröffentlichten Studie Tremor: Zittern konnte gezeigt werden, dass die Nieren- wurden kardiovaskuläre Erkrankungen als Tumorrekurrenz: Wiederkehr des Tumors funktion im Langzeitverlauf deutlich bes- die vierthäufigste Todesursache innerhalb Ulzerationen: Geschwürbildungen ser ist bzw. eine weitere Funktionsver- der ersten fünf Jahre nach Ltx beschrie- Zellmetabolismus: Zellstoffwechsel schlechterung der Nieren vermieden wer- ben,6 wobei die meisten Vorfälle (39 %) zerebelläre Ataxie: Gleichgewichtsstörun- den kann, ohne ein erhöhtes Risiko einer innerhalb des ersten Jahres auftraten. Die gen aufgrund einer Kleinhirnerkrankung Abstoßungsreaktion herbeizuführen (ref.). ermittelten Risikofaktoren waren Alter, Di- Zytokine: Zellbotenstoffe Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die- abetes mellitus, metabolisches Syndrom, ser schonende Effekt auf die Nierenfunk- Hyperurikämie, Dyslipidämie und Über- tion abhängig ist von der Ausgangsbe- gewicht. Bisher können aufgrund der Da- postoperativen Periode nach Ltx und wer- schaffenheit der Nierenfunktion bei The- tenlage keine eindeutigen Empfehlungen den in bis zu 66 % aller Patienten be- rapiebeginn.20 zur Immunsuppression gegeben werden. schrieben.28 Zu den Risikofaktoren gehö- Allerdings könnte den mTOR-Inhibitoren ren der MELD-Score, Infektionen vor der Neurotoxizität ein Vorteil beigemessen werden durch Transplantation und chirurgische Kompli- Zwischen 10 und 30 % aller Patienten, ihre antiangiogenen und nierenschonen- kationen. Virale Infektionen, hier ist vor al- die eine CNI-basierte Immunsuppression den Eigenschaften. lem der Cytomegalievirus (CMV) zu nen- erhalten, beklagen eine Form neurotoxi- nen, sind abhängig vom CMV-Serostatus scher Nebenwirkungen. Diese können so- Infektionen des Empfängers zum Zeitpunkt der Trans- wohl sensorischer als auch motorischer Bakterielle Infektionen und Sepsis sind plantation, und des Donor-zu-Empfän- Natur sein und beinhalten milde Symp- häufige Ereignisse innerhalb der frühen ger-CMV-Matchings. 29 Aufgrund der viel-
10 Transplantationsmedizin Rubrik LE B E N S LI N I E N 2 /2018 schichtigen Ursachen bakterieller und vira- fette gehört die Adaptation der immun- Ulzerationen (Mundschleimhaut) ler Ursachen von Infektionen ist das klini- suppressiven Therapie, welche die Reduk- Ulzerationen im Bereich der Mund- sche Vorgehen sowohl medikamentös, tion oder Eliminierung von Kortikosteroi- schleimhaut treten in weniger als 5 % bei chirurgisch als auch im Bereich der Organ- den, CNI und mTOR-Inhibitoren beinhaltet. Patienten nach Ltx unter Einsatz eines konservierung zu sehen. Die Wahl und Die beiden letztgenannten Maßnahmen mTOR-Inhibitors auf. 37 Auch hier ist die Modulation der Immunsuppression sowie der Reduktion/Eliminierung der CNI und bevorzugte therapeutische Maßnahme die Anwendung prophylaktischer Maß- mTOR-Inhibitoren sind schweren Fällen die Anpassung der mTOR-Inhibitor-Do- nahmen ist ebenfalls von größter Bedeu- der Dyslipidämie vorbehalten,34, 35 bei sol- sis.34 tung. Im Rahmen der Herz- und Nieren- chen Patienten eignet sich der Einsatz transplantation jedoch konnte den mTOR- eher nicht. Schlussfolgerung Inhibitoren eine protektive Rolle vor viralen Nach Organtransplantation sollte eine Infektionen zugeschrieben werden.30, 31 Es Hämatologische Nebenwirkungen risikoadaptierte individualisierte Immun- gibt zudem überzeugende Hinweise, dass Die Leukopenie wird in bis zu 30 % suppression erfolgen, bei der Patienten- EVR die Replikation (Vermehrung) von aller Patienten nach Transplantation be- faktoren wie auch das immunologische bestimmten Viren verhindern kann, was schrieben und ist hauptsächlich mit dem Risiko und Begleiterkrankungen sowie spe- insbesondere zur Verhinderung oder Ein- Gebrauch von Antimetaboliten und/oder zifische Eigenschaften der Medikamente dämmung einer CMV-Infektion nach Ltx mTOR-Inhibitoren assoziiert. 34, 36, 37 Die beachtet werden. Da es sich bei Immun- eine bedeutende Rolle spielt. Für Patien- schwere Leukopenie (< 2000/mm3 ) und suppressiva um Medikamente mit enger ten mit einem hohen Risiko für eine CMV- Neutropenie (< 1000/mm 3 ) werden vor- therapeutischer Breite und interindividuel- Infektion oder rezidivierenden CMV-Reak- nehmlich mit einer Dosisreduktion und/ len Unterschieden in der Resorption han- tivierungen kann daher eine EVR-haltige oder Eliminierung des mTOR-Inhibitors delt, sollten die empfohlenen Zielspiegel Immunsuppression von Vorteil sein. oder Antimetaboliten behandelt . Die eingehalten werden. EVR wirkt negativen Thrombozytopenie tritt meist im Rahmen Effekten von CNI insbesondere im neuro- Dyslipidämie einer Behandlung mit einem mTOR- nalen und renalen Bereich entgegen und Störungen im Bereich der Blutfettwer- Inhibitor auf und beträgt in der Inzidenz ist zugelassen für Erwachsene nach Ltx in te (Dyslipidämie) werden in bis zu 46 % 8 –10 %. Hier wird ebenfalls eine Anpas- Kombination mit Tacrolimus. Eine frühe An- aller Patienten nach Ltx beschrieben, un- sung der Dosis empfohlen.34 wendung von EVR nach Organtransplan- abhängig davon, mit welchem immunsup- tation kann helfen, die Nierenfunktion pressiven Schema diese Patienten be- Bein- und Angio-Ödeme langfristig zu erhalten. Auch der antivirale handelt werden.32 Die Entwicklung einer Das Auftreten von Ödemen der unte- und der Antitumor-Effekt von EVR sind, Fettstoffwechselstörung wird in der post- ren Körperhälfte sowie Angio-Ödemen insbesondere bei frühem Einsatz, von Transplant-Periode durch einen Diabetes wird gelegentlich bei Patienten unter Vorteil für den Langzeitverlauf. Insgesamt mellitus begünstigt und ist mit einem mTOR-Inhibitor-Therapie beschrieben 34 verspricht der Einsatz von mTOR-Inhibi- schlechteren Transplantat- und Patienten- und tritt bei bis zu 10 % aller transplan- toren, das Langzeitergebnis nach Organ- überleben verbunden. 26 mTOR-Inhibito- tierten Patienten auf. Die therapeutische transplantation zu verbessern. ren sind mit einem höheren Risiko für die Konsequenz ist hier eine Dosisanpassung Entstehung einer Hypercholesterinämie des mTOR-Inhibitors, woraufhin bisher in Referenzen in bis zu einem Drittel der behandelten fast allen Fällen ein Rückgang und eine Die Referenzliste der 37 wissenschaftlichen Patienten assoziiert. 33, 34 Neben der ge- Resolution der Symptome zu beobachten Artikel kann angefordert werden bei: zielten Medikation zur Reduktion der Blut- waren. redaktion@lebertransplantation.de Studie zur Lebertransplantation bei Patienten mit Leberzellkarzinom in Zirrhose D as Leberzellkarzinom (synonym: hepa- wahl geeigneter Empfänger nach me- Foto: privat tozelluläres Karzinom (HCC)) ist welt- dizinischer Dringlichkeit und Erfolgs- weit das sechst häufigste Karzinom und die aussicht gemäß der Richtlinie der Bun- Inzidenz ist in den westlichen Ländern über desärztekammer (RiLi BÄK). Das Di- die letzten 20 Jahre zunehmend (Parkin lemma der Selektion ist, dass die für die et al. 2005 und Altekruse et al. 2009). Prognose entscheidenden Faktoren meist Eine Leberzirrhose ist ein wesentlicher erst am entfernten Lebergewebe getrof- Risikofaktor für die Entstehung eines HCC. fen werden können. Hierzu gehören die Leberresektion und Lebertransplantation Tumorhistologie, Nachweis eines Tumor- Prof. Dr. med. Felix Braun sind kurative Therapieansätze. Eine Leber- gefäßeinbruchs, Grading des Tumors, Transplantationszentrum am UKSH, resektion ist bei eingeschränkter Leber- komplette Entfernung des Tumors (R0- Campus Kiel funktionsreserve (Zirrhose) oftmals nicht Resektion) und exakte Bestimmung von Prof. Dr. med. Markus Guba durchführbar, so dass eine Lebertrans- Tumorgröße und Anzahl. Das HCC hat Transplantationszentrum LMU, München plantation indiziert ist (EASL-EORTC Col- jedoch eine Besonderheit in der Blutver- Prof. Dr. med. Utz Settmacher laborators: Llovet et al. 2012). Zudem ist sorgung, da diese fast ausschließlich arte- Transplantationszentrum, Jena das Wiederauftreten des HCC nach Leber- riell erfolgt. Somit lässt sich ein HCC auch Prof. Dr. med. Christian Strassburg resektion deutlich höher als nach Trans- mittels Kontrastmittelgestützter Bildge- Transplantationszentrum, Bonn plantation (Sapisochin et al. 2013). bung an seinem typischen Verhalten im Prof. Dr. med. Björn Nashan Die eingeschränkte Verfügbarkeit CT oder MRT bestimmen. Aufgrund die- Hamburg von Spenderorganen bedingt eine Aus- ser Besonderheit darf die Diagnose HCC
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