Leitfaden zu den Fachanforderungen Chemie - Vorabfassung - unredigiert und nicht barrierefrei - Institut für ...

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Leitfaden zu den Fachanforderungen Chemie - Vorabfassung - unredigiert und nicht barrierefrei - Institut für ...
Ministerium für Schule
                                                                        und Berufsbildung

Leitfaden
zu den Fachanforderungen
Chemie

Allgemein bildende Schulen
Sekundarstufe I
Sekundarstufe II
2. überarbeitete Auflage

                                          Vorabfassung –
                                        unredigiert und nicht
                                            barrierefrei

Schleswig-Holstein. Der echte Norden.

                                          LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)       1
Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
                                                                                     ng
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    Impressum

    Herausgeber: Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein
    Jensendamm 5, 24103 Kiel
    Kontakt: pressestelle@bimi.landsh.de
    Layout: Stamp Media im Medienhaus Kiel, Ringstraße 19, 24114 Kiel, www.stamp-media.de
    Druck: Schmidt & Klaunig im Medienhaus Kiel, Ringstraße 19, 24114 Kiel, www.schmidt-klaunig.de
    Kiel, Juni 2022, 2. überarbeitete Auflage
    Die Landesregierung im Internet: www.schleswig-holstein.de

    Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung herausgegeben.
    Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der
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    könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden.

2   LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
Leitfaden
zu den Fachanforderungen
Chemie

                                        ng
Allgemein bildende Schulen
Sekundarstufe I
                             su
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Sekundarstufe II
2. überarbeitete Auflage
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LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
Inhaltsverzeichnis

     Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                                                                                                          Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
     I Einleitung.................................................................................................................................................................................... 4

     II Hinweise zur Kompetenzorientierung.................................................................................................................. 5
       1 Der Chemieunterricht im Kontext naturwissenschaftlicher Grundbildung.......................................................................... 5

       2 Bildung für nachhaltige Entwicklung ........................................................................................................................................ 6

                                                                                                                           ng
       3 Kompetenzen und Basiskonzepte.............................................................................................................................................. 6

          3.1 Naturwissenschaftliche Kompetenz...................................................................................................................................... 6

          3.2 Kompetenzbereiche ............................................................................................................................................................. 7

                                                                                                su
          3.3 Aufbau und Zusammenhang der Basiskonzepte................................................................................................................ 8

     III Hinweise für den Unterricht ..................................................................................................................................... 11
       1 Grundlegende Prinzipien........................................................................................................................................................... 11
                                                                      as
       2 Verknüpfung von situationsbezogenem und systematischem Lernen............................................................................... 11

       3 Die Rolle des Experiments im Chemieunterricht................................................................................................................... 12

       4 Grundsätzliches zur Arbeit mit Modellen................................................................................................................................ 13
                                                 bf

       5 Mathematisierung im Chemieunterricht ................................................................................................................................ 15

       6 Hinweise zum schulinternen Fachcurriculum.......................................................................................................................... 16
                           ra

          6.1 Erstellen des schulinternen Fachcurriculums.................................................................................................................... 16

          6.2 Planungsbeispiel für die Sekundarstufe I ......................................................................................................................... 20

          6.3 Die Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen in der Sekundarstufe I am Beispiel ausgewählter
    Vo

          Unterrichtseinheiten................................................................................................................................................................... 33

          6.4 Planungsbeispiele für die Oberstufe................................................................................................................................. 37

          6.5 Die Förderung der Kompetenzen in den Bereichen Erkenntnisgewinnung, Kommunikation und
          Bewertung in der Sekundarstufe II am Beispiel ausgewählter Unterrichtseinheiten...................................................... 57

2    LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                                                                                                            Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                                                                                                    Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
IV Die Förderung der Sprachkompetenz im naturwissenschaftlichen Unterricht –
durchgängige Sprachbildung im Chemieunterricht...................................................................................... 61
  1 Sprachebenen im Chemieunterricht ....................................................................................................................................... 61

  2 Darstellungsebenen................................................................................................................................................................... 62

  3 Methoden zur Unterstützung des Erwerbs der Bildungs- und der Fachsprache .............................................................. 63

                                                                                                                     ng
     3.1 Planung des Unterrichts – Berücksichtigung der Sprachbildung................................................................................... 63

     3.2 Das Unterrichtsgespräch – Hören und Sprechen.............................................................................................................. 63

     3.3 Vermittlung von Wortschatz – Wortschatzarbeit ............................................................................................................... 64

                                                                                           su
     3.4 Leseförderung – Didaktisieren von Texten ........................................................................................................................ 65

  4 Eine gemeinsame Fachsprache für die Naturwissenschaften.............................................................................................. 65

V Einsatz digitaler Medien im Chemieunterricht............................................................................................. 67
                                                                as
VI Die Rolle der Aufgaben im Chemieunterricht.............................................................................................. 70
  1 Aufgabenkultur im Fach Chemie – Lern- und Leistungsaufgaben....................................................................................... 70
                                            bf

  2 Gleichwertige Leistungen in der Oberstufe............................................................................................................................ 71

  3 Hinweise zur Gestaltung von experimentellen Aufgaben zur Leistungsmessung ........................................................... 72
                      ra

VII Literatur................................................................................................................................................................................. 73
Vo

                                                                                             LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                                                                     3
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
I Einleitung

      I Einleitung

                                                                      Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
      Dieser Leitfaden soll Lehrkräfte und Fachschaften
      dabei unterstützen, Unterricht auf der Grundlage
      der Fachanforderungen zu planen. Dabei steht die
      Unterstützung bei der Erstellung und Fortschreibung des
      schulinternen Fachcurriculums im Mittelpunkt.
      Die Fachanforderungen verzichten auf kleinschrittige

                                                                 ng
      Detailregelungen. Themen und Inhalte sind nicht
      einzelnen Jahrgangsstufen zugeordnet, weil eine solche
      Zuordnung neben pädagogischen und didaktischen
      Abwägungen auch von der Ausgestaltung der
      Kontingentstundentafel an der Schule abhängt. Es ist

                                                               su
      Aufgabe des schulinternen Fachcurriculums, die zentralen
      Inhalte und Kompetenzen, die in den Fachanforderungen
      ausgewiesen sind, über die einzelnen Jahrgangsstufen
      hinweg aufzubauen (Kapitel 4 der Fachanforderungen).
      Der Leitfaden soll die Fachschaften bei der Erstellung
                                              as
      und Fortschreibung dieses schulinternen Fachcurriculums
      unterstützen, indem er folgende Aspekte in den Blick
      nimmt:

      ∙ den curricularen Aufbau der Basiskonzepte
                                 bf

      ∙ Vorschläge für die kontext- und kompetenzorientierte
       Planung des Unterrichts
      ∙ Anregungen zur Erstellung eines schulinternen Fachcur-
       riculums
                   ra

      ∙ die Umsetzung der durchgängigen Sprachbildung im
       Chemieunterricht.
    Vo

4     LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                              II Hinweise zur Kompetenzorientierung

II Hinweise zur Kompetenzorientierung

                                                                                                                                       Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
1 Der Chemieunterricht im Kontext                                   Die Deutung naturwissenschaftlicher Phänomene ist
naturwissenschaftlicher Grundbildung                                stets auch mit fehlerhaften Vorstellungen verbunden.
                                                                    Wie in der Wissenschaft gilt es auch im Unterricht,
In unserer Gesellschaft gehören Naturwissenschaften                 diese Vorstellungen kritisch zu hinterfragen und
und Technik zu den gesamtgesellschaftlichen                         angemessenere Erklärungen und Modellvorstellungen zu
Bereichen und Entwicklungen, die unseren Alltag und                 entwickeln. Diese Lernprozesse müssen von der Lehrkraft

                                                                                 ng
unsere Identität prägen. Das Wechselspiel zwischen                  initiiert und unterstützt werden. Sie führen dazu, dass
naturwissenschaftlicher Erkenntnis und technischer                  der aktuelle Wissensstand immer wieder revidiert und
Anwendung bewirkt Fortschritte auf allen Gebieten. Ein              durch ein besseres Verständnis der Zusammenhänge
grundsätzliches Verständnis naturwissenschaftlicher                 erweitert und vertieft wird. Naturwissenschaftliche
Phänomene, Zusammenhänge und Methoden sollte                        Grundbildung hat somit den Anspruch, Einfluss auf das

                                                              su
daher zu den unentbehrlichen Elementen einer                        alltägliche Denken und Handeln der jungen Menschen
zeitgemäßen Allgemeinbildung gehören. Dieses                        zu nehmen. Sie wird im Wesentlichen durch prozedurale
Anliegen wird in der Didaktik unter der Bezeichnung                 und konzeptuelle Aspekte gekennzeichnet, die durch die
Naturwissenschaftliche Grundbildung „Scientific Literacy“           folgenden Fähigkeiten bestimmt werden:
diskutiert.                                                         ∙ Erkennen von Fragestellungen, die mit naturwissen-
                                            as
                                                                      schaftlichen Zugängen bearbeitet werden können
„Naturwissenschaftliche Grundbildung ermöglicht dem                 ∙ Beschreibung, Vorhersage und Erklärung naturwissen-
Individuum eine aktive Teilhabe an gesellschaftlicher                 schaftlicher Phänomene
Kommunikation und Meinungsbildung über technische                   ∙ Verständnis grundlegender naturwissenschaftlicher
Entwicklung und naturwissenschaftliche Forschung und ist              Basiskonzepte
                              bf

deshalb wesentlicher Bestandteil der Allgemeinbildung.              ∙ Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen Denk- und Ar-
Ziel naturwissenschaftlicher Grundbildung ist es, Phä-                beitsweisen
nomene erfahrbar zu machen, die Sprache und Historie                ∙ Verwendung von Fachsprache in der fachlichen Kommu-
der Naturwissenschaften zu verstehen, ihre Ergebnisse                 nikation und Umgang mit unterschiedlichen Repräsenta-
               ra

zu kommunizieren sowie sich mit ihren spezifischen                    tionen
Methoden der Erkenntnisgewinnung und deren Grenzen                  ∙ Kritische Reflexion der Möglichkeiten und Grenzen na-
auseinander zu setzen.“2                                              turwissenschaftlicher Erkenntnis
Vo

Das Besondere an diesem Konzept ist, dass die                       In der Sekundarstufe II werden die Kompetenzen,
erworbenen naturwissenschaftlichen Kompetenzen                      deren Grundlagen in der Sekundarstufe I gelegt
und Erkenntnisse als integrale Bestandteile Eingang                 wurden, aufgegriffen, vertieft und weiterentwickelt.
in das alltägliche Denken und Handeln finden sollen.                Dabei steigen der Abstraktionsgrad sowie der Grad der
Aufgabe des naturwissenschaftlichen Unterrichts ist es              Mathematisierung und des wissenschaftspropädeutischen
daher, die Entwicklung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und            Arbeitens.
Haltungen der Lernenden zu fördern, die verantwortliches
Handeln auf der Basis eines naturwissenschaftlichen
Verständnisses im Alltag ermöglichen.

1 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2005): Beschlüsse der
  Kultusministerkonferenz – Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss. München (Luchterhand).

                                                                LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                                     5
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
II Hinweise zur Kompetenzorientierung

                                                                                                                                                Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
     2 Bildung für nachhaltige Entwicklung                                  ∙ autonomes Handeln
                                                                            ∙ Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungspro-
     Der Bildungsauftrag der Schule und damit auch des                        zessen
     naturwissenschaftlichen Unterrichts beschränkt sich nicht
     allein auf die Vermittlung und Nutzung von Wissen in un-               Schülerinnen und Schüler erfahren, dass ihr Handeln
     terrichtlichen Zusammenhängen. Der naturwissenschaftli-                Konsequenzen für jeden Einzelnen, für das eigene Umfeld

                                                                                         ng
     che Unterricht soll die Schülerinnen und Schüler vor allem             und für andere hat. Sie werden aber auch ermutigt, selbst
     befähigen, sich mit gesellschaftlich relevanten Fragen im              aktiv zu werden und das eigene Handeln nachhaltig zu
     Sinne der Kernprobleme des gesellschaftlichen Lebens                   gestalten. Ein solches Denken und Handeln ist dringend
     (Fachanforderungen Chemie S. 8) auseinanderzusetzen.                   notwendig, um Veränderungen anzustoßen und drängen-
                                                                            de globale Probleme wie den Raubbau an der Natur oder

                                                                      su
     Im naturwissenschaftlichen Unterricht spielen dabei die                die ungleiche Verteilung von Reichtum anzugehen.
     „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen“ und die
     „Technikfolgenabschätzung“ eine zentrale Rolle. Aber auch              3 Kompetenzen und Basiskonzepte
     die Fragen nach dem „Zusammenleben in der einen Welt“,
     nach „Demokratie“, „Gleichberechtigung“ und „Frieden“                  3.1 Naturwissenschaftliche Kompetenz
                                                   as
     müssen berücksichtigt werden. Das Konzept der Bildung
     für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist für den naturwissen-             Die Lernenden sollen befähigt werden, heute und in
     schaftlichen Unterricht sehr gut geeignet, diesen Bildungs-            Zukunft mithilfe erworbenen Fachwissens und erworbener
     auftrag zu erfüllen, indem die Themen des Unterrichts nicht            fachspezifischer Kompetenz verantwortlich mit sich selbst,
     nur unter naturwissenschaftlicher Perspektive betrachtet               mit anderen Menschen und mit der Natur umzugehen.
                                    bf

     werden, sondern stets die ökologischen, ökonomischen und
     sozialen Implikationen unseres Handelns untersucht und be-             „Kompetenzen beruhen vor allem auf erlernbaren, kognitiv
     wertet werden. Zu vielen Unterrichtsthemen können Unter-               verankerten – weil wissensbasierten – Fähigkeiten und Fer-
     richtsprojekte entwickelt werden, die den Schülerinnen und             tigkeiten und auch auf Haltungen, die auf eine erfolgreiche
                    ra

     Schülern ein Probehandeln in realitätsnahen Zusammenhän-               Bewältigung zukünftiger Anforderungen in Alltags- und Be-
     gen ermöglichen. Dadurch werden sie befähigt, verantwort-              rufssituationen zielen. Über derartige Anforderungen sind
     lich Entscheidungen für die Gegenwart und die Zukunft zu               Kompetenzen funktional bestimmt, erlernbar und überprüf-
     treffen und abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf              bar. Handeln als reflektive Anwendung von Fähigkeiten
    Vo

     die Umwelt, auf die Gesundheit und auf andere Menschen                 und Fertigkeiten in Verbindung mit Wissen bewirkt sowohl
     und Lebewesen auswirkt. Dieses Wissen über nachhaltige                 eine Entwicklung des Wissens als auch des Handelns. Er-
     Entwicklung gilt es im täglichen Leben und somit auch in               fahrungen werden beim Handeln vor dem Hintergrund von
     der Schule und im Unterricht anzuwenden. Der Unterricht                vorhandenem Wissen und Können reflektiert und kontinu-
     nach dem Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung               ierlich verändert.“4
     (BNE) fördert folgende Fähigkeiten:
     ∙ vorausschauendes Denken                                              Derartiges schulisches Lernen legt damit Grundlagen für
     ∙ interdisziplinäres Wissen                                            ein lebenslanges Lernen.

     2 ebenda
     3 Deutsches Pisa-Konsortium (Hrsg.) (2000): Schülerleistungen im internationalen Vergleich: Eine neue Rahmenkonstruktion für die
       Erfassung von Wissen und Fähigkeiten. Berlin (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung).
     4 Fortbildungskonzepte und -materialien zur kompetenz- bzw. standardorientierten Unterrichtsentwicklung (2009), unter: http://www.
       kmk-format.de (abgerufen am 19.02.2017)
     5 Weinert, F. E.: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, F. E. (Hrsg.) (2001)
       Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel (Beltz Verlag) S. 17-31.

6    LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                            II Hinweise zur Kompetenzorientierung

                                                                                                                             Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
Weinert beschreibt Kompetenzen als „bei Individuen ver-           3.2 Kompetenzbereiche
fügbare oder von ihnen erlernbare kognitive Fähigkeiten
und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die          In Anlehnung an die KMK-Bildungsstandards für den Mitt-
damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozi-          leren Bildungsabschluss erfolgt die fachliche Ausprägung
alen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen          des Kompetenzbegriffs im Fach Chemie in der Sekun-
in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll       darstufe I durch Unterteilung in die prozessbezogenen

                                                                              ng
nutzen zu können“.5                                               Kompetenzen „Erkenntnisgewinnung“, „Kommunikation“
                                                                  und „Bewertung“ (Kapitel 2.1 der Fachanforderungen)
Schülerinnen und Schüler sind kompetent, wenn sie zur             sowie die inhaltsbezogenen Kompetenzen zum „Umgang
Bewältigung von Anforderungssituationen                           mit Fachwissen“ (Kapitel 2.2 der Fachanforderungen).
∙ auf vorhandenes Wissen zurückgreifen und sich benötig-
 tes Wissen beschaffen,

                                                             su
                                                                  Die Bildungsstandards im Fach Chemie für die Allge-
∙ auf vorhandenes Wissen zurückgreifen und sich benötig-          meine Hochschulreife unterteilen die gesamte Fachkom-
 tes Wissen beschaffen,                                           petenz der Lernenden in die Bereiche Sachkompetenz,
∙ die zentralen Zusammenhänge des Lerngebietes erken-             Erkenntnisgewinnungskompetenz, Kommunikationskom-
 nen und verstanden haben,                                        petenz und Bewertungskompetenz.
                                          as
∙ angemessene Lösungswege wählen,
∙ Lösungswege kreativ erproben,                                   Die folgende Grafik soll veranschaulichen, wie die Kom-
∙ bei ihren Handlungen auf verfügbare Kenntnisse, Fähig-          petenzbereiche auf der Grundlage von Basiskonzepten
 keiten und Fertigkeiten zurückgreifen und                        beim Aufbau naturwissenschaftlicher Kompetenzen
∙ das Ergebnis ihres Handelns an angemessenen Kriterien           zusammenwirken (siehe S. x):
                            bf

 überprüfen

                          Umgang mit Fachwissen/                        Erkenntisgewinnungskompetenz
                             Sachkompetenz
              ra

                                                                   ∙ Naturwissenschaftliche Denk- und
                   ∙ Chemisches Fachwissens ystematisch              Arbeitsweisen erkennen und anwenden
                     aufbauen                                      ∙ Untersuchungsmethoden, Modelle und
                   ∙ Phänomene, Begriffe und                         Theorien nutzen
                     Gesetzmäßigkeiten den                         ∙ fachbezogene Lösungsstrategien
                     Basiskonzepten zuordnen                         entwickeln
Vo

                   ∙ Anwendung von Fachwissen                      ∙ die Bedeutung von Experimenten,
                     zur Bearbeitung fachlicher Aufgaben             Modellen und Theorien erfassen
                     und Probleme

                                                                                Kommunikationskompetenz
                            Bewertungskompetenz                               ∙ Informationsquellen kritisch
                                                                                auswählen
                 ∙ die gesellschaftliche Bedeutung der Chemie
                   und der Naturwissenschaften erfassen                       ∙ Informationen sach- und
                                                                                fachbezogen erschließen
                 ∙ chemische bzw. naturwissenschaftliche
                   Sachverhalte in verschiedenen Kontexten                    ∙ sachgerecht argumentieren
                   sachgerecht beurteilen                                     ∙ Fachsprache kompetent nutzen
                 ∙ chemische bzw. naturwissenschaftliche                      ∙ Präsentationsformen
                   Kenntnisse nutzen, um reflektierte                           adressatengerecht auswählen
                   Entscheidungen zu treffen                                    und verwenden

Abb. 1: Das Zusammenspiel der Kompetenzbereiche bei der Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen

                                                                LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                           7
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
II Hinweise zur Kompetenzorientierung

                                                                                                                                                Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
     Naturwissenschaftliche Kompetenz setzt Fachwissen vor-                Für den fachlichen Aufbau des Chemieunterrichts wer-
     aus. Die kompetente Bearbeitung von Fragestellungen im                den vier Basiskonzepte formuliert:
     Fach Chemie erfordert den Umgang mit diesem Fachwis-
                                                                            Sekundarstufe I                 Sekundarstufe II
     sen (für die Sekundarstufe II: Sachkompetenz) im Zusam-
     menspiel mit den Kompetenzen der Bereiche Erkenntnis-                  das Stoff-Teilchen-Konzept      das Konzept vom Aufbau
     gewinnung, Kommunikation und Bewertung.                                die Struktur-Eigenschafts-      und von den Eigenschaften
                                                                            Beziehungen                     der Stoffe und ihrer Teilchen

                                                                                        ng
     Schülerinnen und Schüler eignen sich dieses Wissen zu ih-              das Konzept der                 das Konzept der
     ren Fragestellungen an, indem sie Texte lesen, Experimente             chemischen Reaktion             chemischen Reaktion
     durchführen und auswerten (Erkenntnisgewinnung), darü-                 das Energiekonzept              das Energiekonzept
     ber kommunizieren und Sachverhalte begründet bewerten.
                                                                           Tabelle x: Basiskonzepte in der Sekundarstufe I und II
     3.3 Aufbau und Zusammenhang der Basiskonzepte

     Die Basiskonzepte strukturieren und beschreiben die
     fachwissenschaftlichen Inhalte und sollen dadurch das           su    In der Sekundarstufe II werden das Stoff-Teilchen-Kon-
                                                                           zept und das Konzept der Struktur-Eigenschafts-Bezie-
                                                                           hungen zum Konzept vom Aufbau und von den Eigen-
                                                   as
     Verständnis von naturwissenschaftlichen Phänomenen                    schaften der Stoffe und ihrer Teilchen zusammengefasst.
     und Zusammenhängen erleichtern.
                                                                           Die Basiskonzepte stellen „eine strukturierte Vernetzung
     Das Fach Chemie hat einen spezifischen Zugriff auf die                aufeinander bezogener Begriffe, Theorien und erklären-
     Welt. Der Chemiker betrachtet Stoffe und Stoffumwand-                 der Modellvorstellungen, die sich aus der Systematik
                                    bf

     lungen und ihre energetischen Zustände; er beschreibt                 eines Faches zur Beschreibung elementarer Prozesse
     Stoffumwandlungen durch Reaktionsschemata; er syste-                  und Phänomene als relevant herausgebildet haben“ dar.
     matisiert die Vielfalt durch Blick auf die atomare Zusam-             Sie stellen Denkschemata dar, mit denen Beobachtba-
     mensetzung und atomare Konstellation und nutzt dabei                  res (zum Beispiel die Änderung von Stoffeigenschaften
                    ra

     die Gesetzmäßigkeiten des Periodensystems der Elemen-                 durch eine chemische Reaktion) oder unzweifelhaft Be-
     te; er nutzt diese Erkenntnisse, um Stoffe zielgerichtet zu           stehendes (zum Beispiel Atome) erklärt werden können
     analysieren und herzustellen. Die atomare Deutung steht               und dadurch erst verstehbar werden.9
     im Mittelpunkt.6 Die KMK definiert das, was der Chemi-
    Vo

     eunterricht in der Schule leisten soll, folgendermaßen:               Die Basiskonzepte beinhalten zentrale, aufeinander be-
                                                                           zogene Begriffe, Modellvorstellungen und Systematiken.
     „Die Chemie untersucht und beschreibt die stoffliche                  Sie werden Schritt für Schritt durch alle Jahrgangsstufen
     Welt unter besonderer Berücksichtigung der chemischen                 hindurch in unterschiedlichen Zusammenhängen immer
     Reaktion als Einheit aus Stoff- und Energieumwandlung                 wieder aufgegriffen und weiter ausdifferenziert. So kann
     durch Teilchen- und Strukturveränderung und Umbau                     ein grundsätzliches Verständnis für naturwissenschaftli-
     chemischer Bindungen. Damit liefert die Chemie Erkennt-               che Prozesse entstehen.
     nisse über den Aufbau und die Herstellung von Stoffen
     sowie für den sachgerechten Umgang mit ihnen.“7                       Die Basiskonzepte sollen das Verständnis von Phänome-
                                                                           nen und Zusammenhängen erleichtern. Im Unterricht

     6 Rehm, M., Stäudel, L.: Grundbegriffe und Basiskonzepte der Chemie. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich-Verlag,
       Heft 128 (2012).
     7 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2005): Beschlüsse der
       Kultusministerkonferenz – Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss. München (Luchterhand), S. 6.
     8 Rost, J.: Umweltbildung – Bildung für eine nachhaltige Entwicklung: Was macht den Unterschied? In: ZEP: Zeitschrift für internationale
       Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik 25 (2002), S. 7-12.
     9 Rehm, M., Stäudel, L.: Grundbegriffe und Basiskonzepte der Chemie. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, Heft 128 (2012).

8    LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                       II Hinweise zur Kompetenzorientierung

                                                                                                                             Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
setzen sich die Lernenden mit Fachfragen auseinander.            differenzierteres Verständnis vom Aufbau der Materie
Sie sollen wiederkehrende Muster, die als „Basiskonzep-          geschaffen (siehe auch Abb. 3, Seite xx):
te“ beschrieben werden, erkennen. Damit die Lernenden
aus den exemplarischen Unterrichtsthemen allgemeine              Teilchenvorstellung n Atommodell nach Dalton (ohne die
Erkenntnisse entwickeln können, muss der kumulative Auf-         Aussage zur Unteilbarkeit der Atome) n Atommodell nach
bau der Basiskonzepte von der Lehrkraft im Blick behalten        Rutherford n Schalenmodell bzw. Energiestufenmodell n

                                                                          ng
werden. So muss bei jeder Planung einer Unterrichtsein-          Kugelwolkenmodell bzw. Elektronenpaarabstoßungsmodell.
heit bedacht werden, welche Aspekte der Basiskonzepte
besonders beachtet werden sollen. Dadurch können die           ∙ Die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen
Erkenntnisse, die in verschiedenen Unterrichtseinheiten          Auch die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen können
gewonnen werden, zur „Musterbildung“, also zur Verknüp-          auf den oben genannten Abstraktionsebenen gedeutet

                                                            su
fung und zum Transfer auf eine allgemeine Erkenntnise-           werden. Die Deutung der Eigenschaften der Stoffe auf der
bene genutzt werden. Erst auf dieser Erkenntnisebene ist         Basis der Struktur der Teilchen und den Wechselwirkun-
problemlösendes Denken und Handeln möglich.                      gen zwischen den Teilchen erfolgt auf der Basis der immer
                                                                 differenzierteren Betrachtung des Aufbaus der Materie:
Ein möglicher curricularer Aufbau der Basiskonzepte in
                                        as
der Sekundarstufe I                                              Eigenschaften von Gegenständen n Eigenschaften von
                                                                 Stoffen n Bausteine und Atomsorten n Bindungstypen
Die folgenden Ausführungen sollen den Aufbau der                 und Stoffklassen n Struktur von Verbänden; Wechsel-
Basiskonzepte veranschaulichen.                                  wirkungen – intermolekulare Kräfte.
                           bf

Die im Chemieunterricht behandelten Inhalte können auf           Somit besteht eine direkte Verbindung zwischen den
verschiedenen Abstraktionsebenen gedeutet werden.                beiden Basiskonzepten.
Ausgehend von Gegenständen werden Stoffe thematisiert,
deren Bausteine anschließend immer weiter im submikro-           Insbesondere in der Sekundarstufe II ist die Beziehung
             ra

skopischen Bereich ausdifferenziert werden. Der curricula-       zwischen der Struktur einer chemischen Verbindung und
re Weg zum Aufbau der Basiskonzepte kann als „Lehrlinie“         den Eigenschaften des Stoffes zentraler Bestandteil des
dargestellt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen          Unterrichts im Fach Chemie.
auf der Basis dieser Planung im Laufe des Unterrichts ein
Vo

kumulatives und zunehmend vernetztes Verständnis der           ∙ Das Konzept der chemischen Reaktion
komplexen Basiskonzepte der Wissensbestände hinzu-               Das Basiskonzept der chemischen Reaktion nimmt in
gefügt. Ziel ist es vielmehr, neue Erklärungsebenen mit          den Bildungsstandards einen großen Raum ein. Auch
bereits vorhandenen so zu verknüpfen, dass diese wieder          in diesem Bereich kann eine Lehrlinie aufgezeigt wer-
aufgegriffen und vertieft werden können.                         den, die den Konzeptaufbau vom Anfangsunterricht bis
                                                                 hin zur Allgemeinen Hochschulreife verfolgt und den
∙ Das Stoff-Teilchen-Konzept                                     Schülerinnen und Schülern hilft, ein zunehmend vernetz-
 Zentrale Bedeutung hat im Unterricht der Sekundar-              tes Verständnis vom Konzept der chemischen Reaktion
 stufe I der Aufbau des Stoff-Teilchen-Konzepts. Die             aufzubauen:
 Unterscheidung zwischen der stofflichen Ebene und der
 Teilchenebene sowie der immer differenziertere Aufbau           Prozesse n Stoffbildung und Stoffzerlegung n Atom-
 der Teilchen bilden die Basis für die Betrachtung der           erhaltung n Typisierung von chemischen Reaktionen n
 Struktur-Eigenschafts-Beziehungen, der chemischen               Steuerung und Dynamik chemischer Reaktionen.
 Reaktion und der energetischen Phänomene. Begin-
 nend mit einer einfachen Teilchenvorstellung wird über          Auch die Betrachtung der Vorgänge bei einer chemi-
 die gesamte Lernzeit der Sekundarstufe I ein immer              schen Reaktion erfolgt in Anlehnung an die Entwicklung

                                                             LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                              9
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
II Hinweise zur Kompetenzorientierung

                                                                                                                                 Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
      des Verständnisses des Stoff-Teilchen-Konzepts entspre-       rangeführt, nicht alle werden jedoch die höheren Stufen
      chend der oben genannten Abstraktionsebenen.                  beherrschen. Es sollte daher in der Planung berücksich-
                                                                    tigt werden, dass Phänomene auf unterschiedlichen Ab-
     ∙ Das Energiekonzept                                           straktionsebenen betrachtet und erklärt werden können
      Bei jeder chemischen Reaktion ist Energie in irgendeiner      und müssen. Die Lehrkraft muss, besonders in höheren
      Form beteiligt. Die Freisetzung von Energie oder die          Lernjahren, sowohl den schwächeren Schülerinnen und

                                                                               ng
      Speicherung von Energie sind für unseren Energiehaus-         Schülern helfen, ein für sie höheres Abstraktionsniveau zu
      halt fundamental wichtig. Somit muss den energetischen        erreichen, als auch Wege finden, die guten Schülerinnen
      Erscheinungen bei chemischen Reaktionen eine beson-           und Schüler nicht zu unterfordern.
      dere Aufmerksamkeit zukommen.
                                                                    Die Basiskonzepte Fächer Biologie, Chemie und Physik

                                                                 su
      Die Entwicklung dieses Basiskonzepts ist eng mit den
      Lehrlinien des Stoff-Teilchen-Konzepts und des Konzepts       Die Basiskonzepte der drei naturwissenschaftlichen Fä-
      der chemischen Reaktion verbunden. Auch in diesem             cher weisen in einigen Bereichen Gemeinsamkeiten auf,
      Bereich erfolgt die Betrachtung der Vorgänge entspre-         sind jedoch in weiten Bereichen auch sehr unterschied-
      chend der oben genannten Abstraktionsebenen:                  lich. Die folgende Abbildung versucht die konzeptuellen
                                              as
                                                                    Gemeinsamkeiten aufzuzeigen (fachspezifische Basiskon-
      Energieformen, System und Umgebung n Energieträger,           zepte sind in der Grafik nicht enthalten):
      Energiespeicher, Energieumwandlung durch chemische
      Reaktionen n Deutung auf Teilchenebene (Bewegung,             Gemeinsamkeiten mit dem Fach Biologie lassen sich in
      Bindungen) n Energiestufenmodelle n Steuerung, Katalyse.      den Bereichen „Struktur und Funktion“, „Umwandlungen“
                                 bf

                                                                    sowie „Energie“ feststellen, mit dem Fach Physik können
     In heterogen zusammengesetzten Lerngruppen können              Verbindungen in den Bereichen „Energie“ und „Aufbau
     nicht alle Schülerinnen und Schüler zeitgleich die glei-       der Materie“ hergestellt werden. Im Unterricht der Fächer
     chen Entwicklungsschritte bewältigen. Die Lernenden            sollten die konzeptuellen Gemeinsamkeiten für eine Ver-
                   ra

     werden zwar systematisch an zunehmend abstrakte                netzung der fachlichen Inhalte genutzt werden.
     Erklärungen und differenziertere Modellvorstellungen he-
 Vo

                                Biologie                        Chemie                    Physik

                                                                             Energie                         Materie

       Struktur-Eigenschafts-        Konzept der chemischen
                                                                         Energie-Konzept             Stoff-Teilchen-Konzept
             Beziehung                      Reaktion

                                            Stoff- und                     Stoff- und                Struktur-Eigenschafts-
        Struktur und Funktion
                                       Energieumwandlung              Energieumwandlung                    Beziehung

            Struktur                                                                                       Aufbau
                                        Umwandlungen                        Energie
          und Funktion                                                                                   der Materie

                     Abb. 2: Gemeinsamkeiten der Basiskonzepte der Fächer Biologie, Chemie und Physik

10   LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                                             III Hinweise für den Unterricht

III Hinweise für den Unterricht

                                                                                                                                         Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
1 Grundlegende Prinzipien                                              2 Verknüpfung von situationsbezogenem und
                                                                       systematischem Lernen
Naturwissenschaftlicher Unterricht, der an den Bildungs-
standards orientiert ist und damit die Kompetenzen, die die            Neues Wissen wird in der Regel verbunden mit einer kon-
Schülerinnen und Schüler erwerben sollen, in den Mittel-               kreten Situation erworben und verknüpft neue Erfahrungen
punkt stellt, orientiert sich an drei didaktischen Fragen : 10
                                                                       oder Erkenntnisse mit vorhandenen Wissensstrukturen.

                                                                                    ng
                                                                       Lernprozesse sind umso erfolgreicher, je lernanregender
1. Welche Kompetenzen sollen die Schülerinnen und                      eine Situation gestaltet ist. Zentrale Aspekte der Planung
   Schüler in den Bereichen „Umgang mit Fachwissen“,                   sind daher die Distanz zwischen dem Vorwissen, den Über-
   „Erkenntnisgewinnung“, „Kommunikation“ und „Be-                     zeugungen und den Fähigkeiten der Lernenden sowie den
   wertung“ nach der Unterrichtseinheit erworben oder                  zu erreichenden Zielen, die Möglichkeit der Konfrontation
   weiterentwickelt haben?

                                                                 su
                                                                       / Vernetzung des neuen und vorhandenen Wissens durch
                                                                       die Nähe der Lernsituation zu einer späteren Anwendungs-
2. Was sind die dafür geeigneten und notwendigen Inhalte?              situation. Diese Grundannahmen liegen dem so genannten
                                                                       kontextbasierten Lernen zugrunde.
3. Welche Lernprozesse müssen mit den gewählten In-
                                              as
   halten verknüpft werden, um einen möglichst effizien-               Kontexte stellen eine Rahmung für fachliche Lernziele dar.
   ten und nachhaltigen Kompetenzgewinn zu erreichen?                  Diese kann eng gefasst eine konkrete Fragestellung oder ein
   Gibt es schülergeeignete Kontexte?                                  Phänomen sein (zum Beispiel vermittelt über eine Zeitungs-
                                                                       meldung), ebenso aber auch eine umfassendere Thematik,
Als Basiswerkzeuge der naturwissenschaftlichen Wel-                    die zur Erarbeitung komplexerer Zusammenhänge führt (zum
                               bf

terschließung dienen im Unterricht die verschiedenen                   Beispiel die gesellschaftliche Frage nach der Bewertung und
Erkenntnismethoden der Naturwissenschaften11:                          Weiterentwicklung von Treibstoffen). Idealerweise werden
∙ distanziertes Beobachten und Analysieren auf der Basis               Kontexte so gewählt, dass sie Lernende zum Nachdenken
 verschiedener Theorien                                                und Weiterentwickeln ihres Wissens, ihrer Überzeugungen
               ra

∙ Experimentieren                                                      und Fertigkeiten anregen. Ein aus curricularer Sicht geeigne-
∙ spezifische Modellbildung und Modelldenken                           ter Kontext muss dabei nicht automatisch für die Lernenden
∙ Vergleichen und Systematisieren auf der Basis wissen-                motivierend sein (siehe das Beispiel Reiniger S. xx). Hier gilt
 schaftlicher Kriterien                                                es, Ansätze zu erproben und idealerweise gemeinsam mit
Vo

                                                                       der Lerngruppe Kontexte im Vorfeld auszuwählen. Die empi-
Ein kompetenzorientierter Unterricht muss ein durchdach-               rische Forschung bietet hier eine Basis.
ter Wechsel zwischen verschiedenen Unterrichtsformen
sein. Dabei ist auf eine Passung zwischen der angestreb-               Der Wechsel zwischen alltagsbezogenen, gesellschaftlichen
ten Kompetenzentwicklung und der geplanten Unter-                      und berufsbezogenen Kontexten zeigt die verschiedenen
richtsform zu achten. Informationen finden sich auch in                Perspektiven und Bedeutungen der Chemie auf und bietet
der IQSH-Broschüre „Methoden im Unterricht – Anregun-                  den Lernenden Anregungen für die eigene zukünftige
gen für Schule und Lehrerbildung“12.                                   Entwicklung. Ebenso ist ein Wechsel zwischen alltags- und
                                                                       gesellschaftsbezogenen sowie historischen und aktuellen

10 Ziener, G. (2001): Bildungsstandards in der Praxis – Kompetenzorientiert unterrichten. Stuttgart (Kallmeyer).
11 BLK-Expertengruppe (Baumert, J. et al.) (1997): Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts.
   Bonn, unter: http://www.blk-bonn.de (abgerufen am 20.05.2014).
12 Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) (Hrsg.) (2011): Methoden im Unterricht – Anregungen für
   Schule und Lehrerbildung. Kronshagen.

                                                                  LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                                 11
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
 III Hinweise für den Unterricht

                                                                                                                                                   Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
      Fragestellungen sinnvoll, um die Bandbreite und kulturelle               terricht der Weg der naturwissenschaftlichen Erkennt-
      Relevanz der Chemie zu verdeutlichen.                                    nisgewinnung nur nachvollzogen wird; ein Meta-Wissen
                                                                               über naturwissenschaftliches Wissen und naturwis-
      „Eine Balance zwischen enggeführtem, systematischem                      senschaftliche Tätigkeiten („Nature of Science“) sollte
      Lernen in definierten Wissensdomänen und situationsbezo-                 berücksichtigt werden.
      genem Lernen im praktischen Umgang mit lebensweltlichen                ∙ Das Experimentieren dient der Schulung der Beobach-

                                                                                          ng
      Problemen zu finden, ist konstitutiv für die Schule. Wie die             tung sowie des kausalen und funktionalen Denkens.
      Gewichte zu verteilen sind, darüber kann man im Einzelnen              ∙ Experimente liefern Daten zur Beschreibung von Stoffen.
      streiten. Ihre Verteilung wird vom Alter und Vorwissen der             ∙ Neue Stoffe werden synthetisiert.
      Schüler, von den Schulformen, aber auch von situativen                 ∙ Der sichere Umgang mit gefährlichen Stoffen und deren
      Bedingungen in der einzelnen Schule abhängig sein.“                      fachgerechte Entsorgung werden kontrolliert geübt.

                                                                       su
                                                                               Fragen des Umweltschutzes können integriert werden.
      In den Planungsbeispielen für die Sekundarstufe I sowie für            ∙ Die Lernenden entwickeln experimentelle Fähigkeiten
      die Sekundarstufe II wird der fachsystematische Aufbau der               (Planung, Durchführung und Auswertung von Experi-
      Basiskonzepte entlang von Unterrichtsthemen dargestellt,                 menten) und Fertigkeiten (sachgemäßer Umgang mit
      die die Wahl unterschiedlicher Kontexte und Leitfragen                   Apparaturen, Geräten und Chemikalien).
                                                    as
      zulassen.                                                              ∙ Durch die praktische Arbeit sollen die Motivation und
                                                                               das Interesse der Schülerinnen und Schüler für das Fach
      3 Die Rolle des Experiments im Chemieunterricht                          Chemie gefördert werden. Es ist allerdings nicht gesi-
                                                                               chert, ob die Eigentätigkeit im Rahmen von Schülerversu-
      Die Chemie hat sich im Laufe der Jahrhunderte als experi-                chen gegenüber dem Unterricht in Demonstrationsexpe-
                                        bf

      mentelle Naturwissenschaft entwickelt. In der Wissenschaft               rimenten wirklich zu besserem Verstehen und Behalten
      ist das Experiment das Instrument, das über die Gültigkeit               der vermittelten Fachinhalte führt.
      von Annahmen, Gesetzmäßigkeiten und Theorien befindet.
      Auch wenn man heute auf zahlreiche Daten zurückgreifen                 Das Ziel des Experimentierens besteht darin, durch
                      ra

      kann, die meisten Versuche bereits durchgeführt wor-                   theoriegeleitete Manipulation ausgewählter Phänomene
      den sind und theoretische Konzepte die Vorhersage von                  Fragestellungen an die Natur zu richten. Experimente
      chemischen Reaktionen und Eigenschaften chemischer                     sollen dazu dienen, unsere Umwelt zu verstehen und zu
      Verbindungen ermöglichen, ist Erkenntnisgewinn ohne das                begreifen. Die klassischen Experimente in der Schule
 Vo

      Experiment nicht denkbar .   14
                                                                             beantworten nur allzu selten Fragen. Mechanisch durch-
                                                                             geführte, von der Lehrperson vorgegebene Experimente,
      In der Fachwissenschaft und im Chemieunterricht hat das                in denen die Versuchsvorschriften Schritt für Schritt nach
      Experiment unterschiedliche Funktionen:                                Kochbuchmanier abgearbeitet werden, helfen wenig,
      ∙ Bei chemischen Vorgängen kann häufig nicht auf                       tieferes Verständnis zu fördern, naturwissenschaftliches
        Erfahrungen aus dem täglichen Leben zurückgegriffen                  Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu
        werden. Daher muss die konkrete Erfahrung in den Un-                 erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen.
        terricht eingebettet werden.                                         Es gilt daher, die folgenden Anforderungen im experimen-
      ∙ Im Prozess der Erkenntnisgewinnung werden formu-                     tellen Unterricht zu berücksichtigen:
        lierte Hypothesen unter kontrollierten und systematisch              ∙ Die Fragestellungen, die experimentell untersucht wer-
        variierenden Bedingungen experimentell überprüft.                      den, sollten so weit wie möglich ergebnisoffen formuliert
        Einschränkend muss ergänzt werden, dass im Chemieun-                   sein. Sie sollten möglichst Beziehungen zur Lebenswelt

      13 aus: Gutachten zur Vorbereitung des Programms „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“,
         BLK, Heft 60, Bonn (1997).
      14 Vgl.: Pfeifer, P. et al. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München (Oldenbourg Schulbuchverlag). Pfeifer, P. et al.: Schülerex-
         perimente im Unterricht. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich Verlag, Heft 126 (2011), S. 2 ff. Barke, H.-D. (2011):
         Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Heidelberg (Springer-Verlag).

12    LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                                                        III Hinweise für den Unterricht

                                                                                                                                                           Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
 der Lernenden haben und die Alltagsvorstellungen der                         4 Grundsätzliches zur Arbeit mit Modellen
 Schülerinnen und Schüler aufgreifen.
∙ Über Phänomene aus der Umwelt der Schülerin / des                           Unterrichtliche Voraussetzungen
 Schülers kann kognitive Aktivierung erfolgen, wenn                           IIm naturwissenschaftlichen Anfangsunterricht sammeln
 Lernende selbsttätig Hypothesen generieren und dar-                          die Schülerinnen und Schüler viele Erfahrungen im ver-
 aus hergeleitete Fragestellungen über experimentelle                         trauten Bereich der direkten Anschauung und der erfahr-

                                                                                            ng
 Designs eigenständig beantwortet werden. So lernen                           baren Phänomene16. Im weiteren Verlauf ist ein Unterricht
 die Schülerinnen und Schüler die Problemlage einer                           ohne „Atommodelle“ jedoch nicht mehr möglich; der
 Situation zu erfassen, Fragestellungen selbsttätig mithilfe                  Atombegriff ist unentbehrlich im Begriffsfachwerk der
 von Experimenten zu lösen und manuelle mit kognitiven                        Naturwissenschaften, speziell der Chemie.17 Das Verständ-
 Fähigkeiten zu verknüpfen. Nur so werden ihnen kog-                          nis der chemischen Reaktion, der Bindungslehre und aller

                                                                        su
 nitive Umstrukturierungsprozesse und Konzeptwechsel                          weiterführenden Inhalte baut auf der Kenntnis vom Aufbau
 ermöglicht.                                                                  der Atome auf. An das Abstraktionsvermögen der Lernen-
                                                                              den werden zunehmend höhere Anforderungen gestellt,
In die konkrete Planung des Unterrichts können Experi-                        die es durch geeignete Lernhilfen zu unterstützen gilt
mente auf unterschiedliche Weise integriert werden. Man
                                                   as
unterscheidet Schülerübungen im Sinne15 …                                     Aus quantitativen Betrachtungen chemischer Reaktionen
                                                                              werden das erste chemische Grundgesetz (Gesetz von der
∙ des Nacharbeitens einer Versuchsvorschrift:                                 Erhaltung der Masse) sowie eine grundlegende Vorstellung
 ∙ Schülerinnen und Schüler werden Schritt für Schritt                        vom Aufbau der Materie im Sinne des Atommodells nach
   durch eine Versuchsanleitung geführt; diese wird im                        Dalton abgeleitet. Auf die Aussage, Atome seien massiv und
                                   bf

   Sinne eines Kochrezepts abgearbeitet. Dieses ge-                           unteilbar, sollte verzichtet werden, um im weiteren Verlauf
   schieht jedoch nicht unreflektiert.                                        Unstimmigkeiten bei der Konzeptentwicklung zu vermeiden.
 ∙ Ziel ist das Erlernen und Einüben chemischer Fachme-
   thoden, Arbeitstechniken sowie naturwissenschaftlicher                     Didaktische Entscheidungen
                 ra

   Denk- und Arbeitsweisen.                                                   Didaktisch stehen die Lehrkräfte vor der schwierigen
                                                                              Aufgabe, die Modellvorstellungen und das heute wissen-
∙ anwendungsorientierter Aufgaben:                                            schaftlich anerkannte Konzept von Atomen und Atom-
 ∙ Variante A:                                                                verbänden einzuführen, ohne es direkt aus einer Beob-
Vo

   Ein lebensnahes Beispiel (Anwendungsbezug) wird ge-                        achtung auf makroskopischer Ebene ableiten zu können.
   geben; die Vorschrift wird an einem Beispiel nachgear-                     Atome bleiben damit eine „Welt“, die sich die Schülerin-
   beitet, um die Aufgabe zu lösen.                                           nen und Schüler mithilfe von Modellen rekonstruieren
 ∙ Variante B:                                                                müssen.18 Ziel sollte eine Vorstellung vom Aufbau der
   Ein lebensnahes Beispiel (Anwendungsbezug) wird                            Atome sein, die sowohl den Kern-Hülle-Aufbau des Atoms
   gegeben; das Vorwissen (Fachwissen, Fachmethoden)                          als auch den Schalenaufbau der Atomhülle umfasst.
   muss angewendet werden, um die Aufgabe zu lösen.
                                                                              Häufig wird im weiteren Verlauf entlang der historischen
∙ problemlösenden Experimentierens:                                           Entwicklung gearbeitet. Dieses Vorgehen erfordert eine
 ∙ Dieses Vorgehen ist sehr anspruchsvoll, da der Lö-                         verhältnismäßig lange Unterrichtszeit, in der wenige
   sungsweg im Sinne eines produktiven Problemlösens                          schülerorientierte Zugänge und Akzente angeboten
   eigenständig zu finden ist.                                                werden und wenige Experimente die theoretische Erar-

15 Vgl.: Pfeifer, P. et al.: Schülerexperimente im Unterricht. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich Verlag, Heft 126 (2011), S. 2 ff.
16 Vgl. Barke, H.-D. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Heidelberg (Springer-Verlag).
17 Vgl. Rehm, M. und Parchmann, I. (Hrsg.): Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich Verlag, Heft 114 (2009).
18 ebenda

                                                                         LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                                            13
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
 III Hinweise für den Unterricht

                                                                                                                                                               Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
      beitung untermauern und auflockern. Der Weg führt au-                        ∙ Der Atomkern ist aus Protonen und Neutronen aufge-
      ßerdem nur teilweise zu einem hinreichenden Verständ-                          baut, in der Atomhülle befinden sich die Elektronen. Im
      nis über den Umgang mit den verschiedenen Modellen.                            ungeladenen Zustand sind gleich viele Protonen und
      Die Abgrenzung der verschiedenen Modelle und ihrer                             Elektronen vorhanden.
      Grundlagen voneinander sowie die Bezüge zwischen                             ∙ Elektronen besitzen eine negative Ladung. Protonen
      den unterschiedlichen Modellen, das Erkennen der                               tragen eine positive Ladung, Neutronen besitzen keine

                                                                                                 ng
      jeweiligen Tragfähigkeit und deren Grenzen, aber auch                          Ladung. Atomkerne sind durch chemische Reaktionen
      die Unterscheidung zwischen Modell und Realität stellen                        nicht veränderbar. Atomkerne verändern sich nur beim
      sich als problematisch dar. Außerdem hat sich gezeigt,                         radioaktiven Zerfall und der Kernspaltung.
      dass einige Modelle nachhaltiger und dauerhafter in den                      ∙ Zusätzlich für die Anforderungsebenen II und III: Die
      Köpfen der Schülerinnen und Schüler verhaftet bleiben.19                       Elektronen befinden sich auf unterschiedlichen Energie-

                                                                            su
                                                                                     stufen. Man stellt sich diese Energiestufen als Schalen
      Gerade in diesem sensiblen Bereich ist ein angemesse-                          mit unterschiedlich großem Abstand zum Kern vor. In
      nes Maß an inhaltlicher und zeitlicher Differenzierung                         die innere Schale passen 2, in die nächste 8, in die dritte
      erforderlich, das bei einem klassischen, parallelen und                        18 Elektronen. Über den jeweils genauen Aufenthaltsort
      lehrerzentrierten Vorgehen kaum erreichbar ist. Das Ziel                       der Elektronen innerhalb der Schalen kann man keine
                                                        as
      sollte sein, dass die Schülerinnen und Schüler das Scha-                       Aussage treffen.
      len- und Energiestufenmodell erfassen und im weiteren                        ∙ Für jedes chemische Element sind Atome mit einer be-
      Verlauf zur Erklärung der Anordnung der Elemente im Pe-                        stimmten Anzahl an Protonen im Kern charakteristisch.
      riodensystem der Elemente heranziehen können. Außer-                         ∙ Wünschenswert sind eine enge Verbindung der stoff-
      dem sollten sie aus dem Aufbau der Materie Voraussagen                         lich-phänomenologischen Ebene mit der Erklärung auf
                                        bf

      über den Ablauf chemischer Reaktionen ableiten können.                         der Basis des Atombaus sowie die Straffung der Erar-
                                                                                     beitung, wobei auf die Trennung der beiden Ebenen
      Notwendig ist darüber hinaus eine pragmatische und, be-                        geachtet werden muss.20
      zogen auf andere Phasen des naturwissenschaftlichen Un-
                       ra

      terrichts, anschlussfähige Vermittlung eines Konzepts vom                    Methodische Entscheidungen
      Atombau. Sowohl die diskontinuierliche Struktur der Materie                  Die Arbeit mit Modellen hat eine zentrale Stellung im
      an sich, als auch der Atombau sollten als eine – aus heuti-                  naturwissenschaftlichen Unterricht. Durch einen zuneh-
      ger Sicht – hinreichend gesicherte naturwissenschaftliche                    mend selbstständigen Umgang mit den verwendeten
 Vo

      Erkenntnis thematisiert werden. Das Konzept sollte in erster                 Modellen erschließen sich die Schülerinnen und Schüler
      Linie an den Notwendigkeiten seiner Anwendungen auf die                      neue Lerngegenstände und lernen, kritisch und kompe-
      entsprechenden schulrelevanten Inhalte orientiert werden.                    tent mit den Modellen umzugehen.
      Folgende Kernaussagen sollten berücksichtigt werden:
                                                                                   Das Denken in Modellen gilt als wichtigste Voraussetzung
      ∙ Die Teilchen, aus denen alle Stoffe bestehen, sind aus                     für das Verständnis der Naturwissenschaften. Die Lernen-
        Atomen aufgebaut.                                                          den kennen bereits Modelle, die gegenständlicher Natur
      ∙ ∙ Atome sind kugelförmig und bestehen aus einem                            sind (Globus, Modellautos, ...). Daran anknüpfend sollte
        Atomkern und einer Atomhülle. Der Atomkern nimmt                           eine erste Klassifikation verschiedener Modelle vorge-
        nur etwa 1/100000 des Volumens ein, enthält aber                           nommen werden. Dabei sollte grundsätzlich zwischen ma-
        nahezu die gesamte Masse.                                                  teriellen Anschauungs- und Denkmodellen unterschieden

      19 Leerhoff, G. und Eilks, I.: Schüler erarbeiten sich den Atombau – Erfahrungen mit einem Gruppenpuzzle. In: Praxis Schule 5 – 10 (2002), S. 48 – 54.
      20 Eilks & Möllering, J. (2001) Neue Wege zu einem fächerübergreifenden Verständnis des Teilchenkonzepts, unter:
          http://www.idn.uni-bremen.de/chemiedidaktik/material/NiU%20Basis-konzepte%20Beitrag%20Eilks% 20ungekuerzt.pdf
         (abgerufen am 05.08.2014).

14    LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE
                                                                                                  III Hinweise für den Unterricht

                                                                                                                             Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt
werden. Die Denkmodelle werden zur Erklärung naturwis-         Gestaltung des Unterrichts
senschaftlicher Phänomene herangezogen. Hierzu werden          Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Aufbaus der
zielgerichtet Vermutungen aufgestellt, die in geeigneten       Materie werden häufig sehr kritische Rückmeldungen
Experimenten widerlegt oder bestätigt werden.                  von Schülerinnen und Schülern festgestellt. Der Unter-
                                                               richt sollte daher so gestaltet werden, dass die Erarbei-
Die Beispiele für das Arbeiten mit Modellen sollten so         tung einer Vorstellung vom diskontinuierlichen Aufbau

                                                                           ng
gewählt werden, dass die Schülerinnen und Schüler die          der Materie in einer nicht zu langen Zeitspanne erfolgt.
Einsicht in die prinzipielle Begrenztheit von Modellen er-     Der Unterricht sollte den Schülerinnen und Schülern die
fahren können. Die in den Fachanforderungen genannte           Gelegenheit und Unterstützungen für die eigene Kons-
Reihenfolge der verwendeten Modelle ist zu beachten.           truktion des Wissens geben und mit schülerorientierten
                                                               Elementen ausgestaltet werden. Die stofflich-phänome-

                                                           su
Das verwendete Modell muss                                     nologische Ebene und die Erklärung auf der Basis des
∙ zum Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler           Atombaus müssen eng aneinandergebunden werden.
 passen,
∙ einen motivierenden Charakter besitzen,                      5 Mathematisierung im Chemieunterricht
∙ anschaulich sein,
                                        as
∙ nicht zu komplex sein,                                       Mit Einführung der Bildungsstandards im Fach Chemie
∙ die Erkenntnisgewinnung fördern,                             für die Allgemeine Hochschulreife steigt in der Sekun-
∙ von den Lernenden weiterentwickelt werden können.            darstufe II der geforderte Grad der Mathematisierung –
                                                               insbesondere im Profilunterricht. Es ist daher wichtig, bei
Darüber hinaus sollte der Eindruck vermieden werden,           der Unterrichtsplanung die folgenden vier Grundideen
                           bf

dass ein Modell ein Universalwerkzeug für die Beschrei-        zu berücksichtigen.
bung verschiedenster Phänomene ist. Entscheidend ist           ∙ Mathematisierung im naturwissenschaftlichen Unterricht
die Erkenntnis, dass Modelle keine Beweiskraft besitzen,         darf nie Selbstzweck sein. Sie muss immer dem tieferen
sondern mehr oder weniger brauchbar sind, um natur-              Verständnis chemischer Zusammenhänge dienen, also
              ra

wissenschaftliche Phänomene zu erklären.                         dem Kompetenzfortschritt der Schülerinnen und Schü-
                                                                 ler. Sie ist nur Mittel zum Zweck!
Der Prozess der Modellbildung                                  ∙ Mathematisierung findet ausschließlich innerhalb
Unabhängig von der konkret im Unterricht verwende-               gewählter Kontexte statt – und auch nur dann, wenn
Vo

ten Methode sollte der Prozess der Modellbildung von             daraus ein tieferes Verständnis der Kontexte resultiert.
einer konkreten Beobachtung oder einem Phänomen                  Dies dient der Transparenz des Unterrichts und damit
ausgehen. Im ersten Schritt sollten wesentliche Merkmale         der Akzeptanz notwendiger Mathematisierungen.
dieses Phänomens / der Beobachtung herausgearbeitet            ∙ Im Mittelpunkt der Mathematisierung stehen in erster
werden, aus denen dann eine modellhafte Darstellung              Linie die Verstehensprozesse der Schülerinnen und
konstruiert werden sollte. Nach Festlegung der Konstruk-         Schüler für chemische Zusammenhänge und nicht das
tionsdaten werden die theoretische Modellkonstruktion            Erlernen von Algorithmen im Vordergrund.
und die Modellvorstellungen formuliert. Eine gegen-            ∙ Mathematisierung erfordert in besonderem Maße die
ständliche Darstellung des Modells kann dieses veran-            Berücksichtigung der Heterogenität der Lerngruppen
schaulichen. Abschließend sollte das Modell an Phäno-            durch geeignete differenzierte Unterstützungsmaßnah-
men / an der Beobachtung überprüft werden.                       men. Beispielsweise ist es möglich, Formelzusammen-
                                                                 hänge durch geeignete Verbalisierung, durch Nähe-
                                                                 rung, durch gezieltes Probieren oder durch grafische
                                                                 Umsetzung zu erschließen

                                                             LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)                                          15
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