Leitfaden zu den Fachanforderungen Chemie - Vorabfassung - unredigiert und nicht barrierefrei - Institut für ...
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Ministerium für Schule und Berufsbildung Leitfaden zu den Fachanforderungen Chemie Allgemein bildende Schulen Sekundarstufe I Sekundarstufe II 2. überarbeitete Auflage Vorabfassung – unredigiert und nicht barrierefrei Schleswig-Holstein. Der echte Norden. LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 1
Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt ng su as bf ra Vo Impressum Herausgeber: Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein Jensendamm 5, 24103 Kiel Kontakt: pressestelle@bimi.landsh.de Layout: Stamp Media im Medienhaus Kiel, Ringstraße 19, 24114 Kiel, www.stamp-media.de Druck: Schmidt & Klaunig im Medienhaus Kiel, Ringstraße 19, 24114 Kiel, www.schmidt-klaunig.de Kiel, Juni 2022, 2. überarbeitete Auflage Die Landesregierung im Internet: www.schleswig-holstein.de Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Personen, die Wahlwerbung oder Wahlhilfe betreiben, im Wahlkampf zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. 2 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Leitfaden zu den Fachanforderungen Chemie ng Allgemein bildende Schulen Sekundarstufe I su as Sekundarstufe II 2. überarbeitete Auflage bf ra Vo LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 1
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt I Einleitung.................................................................................................................................................................................... 4 II Hinweise zur Kompetenzorientierung.................................................................................................................. 5 1 Der Chemieunterricht im Kontext naturwissenschaftlicher Grundbildung.......................................................................... 5 2 Bildung für nachhaltige Entwicklung ........................................................................................................................................ 6 ng 3 Kompetenzen und Basiskonzepte.............................................................................................................................................. 6 3.1 Naturwissenschaftliche Kompetenz...................................................................................................................................... 6 3.2 Kompetenzbereiche ............................................................................................................................................................. 7 su 3.3 Aufbau und Zusammenhang der Basiskonzepte................................................................................................................ 8 III Hinweise für den Unterricht ..................................................................................................................................... 11 1 Grundlegende Prinzipien........................................................................................................................................................... 11 as 2 Verknüpfung von situationsbezogenem und systematischem Lernen............................................................................... 11 3 Die Rolle des Experiments im Chemieunterricht................................................................................................................... 12 4 Grundsätzliches zur Arbeit mit Modellen................................................................................................................................ 13 bf 5 Mathematisierung im Chemieunterricht ................................................................................................................................ 15 6 Hinweise zum schulinternen Fachcurriculum.......................................................................................................................... 16 ra 6.1 Erstellen des schulinternen Fachcurriculums.................................................................................................................... 16 6.2 Planungsbeispiel für die Sekundarstufe I ......................................................................................................................... 20 6.3 Die Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen in der Sekundarstufe I am Beispiel ausgewählter Vo Unterrichtseinheiten................................................................................................................................................................... 33 6.4 Planungsbeispiele für die Oberstufe................................................................................................................................. 37 6.5 Die Förderung der Kompetenzen in den Bereichen Erkenntnisgewinnung, Kommunikation und Bewertung in der Sekundarstufe II am Beispiel ausgewählter Unterrichtseinheiten...................................................... 57 2 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE Inhaltsverzeichnis Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt IV Die Förderung der Sprachkompetenz im naturwissenschaftlichen Unterricht – durchgängige Sprachbildung im Chemieunterricht...................................................................................... 61 1 Sprachebenen im Chemieunterricht ....................................................................................................................................... 61 2 Darstellungsebenen................................................................................................................................................................... 62 3 Methoden zur Unterstützung des Erwerbs der Bildungs- und der Fachsprache .............................................................. 63 ng 3.1 Planung des Unterrichts – Berücksichtigung der Sprachbildung................................................................................... 63 3.2 Das Unterrichtsgespräch – Hören und Sprechen.............................................................................................................. 63 3.3 Vermittlung von Wortschatz – Wortschatzarbeit ............................................................................................................... 64 su 3.4 Leseförderung – Didaktisieren von Texten ........................................................................................................................ 65 4 Eine gemeinsame Fachsprache für die Naturwissenschaften.............................................................................................. 65 V Einsatz digitaler Medien im Chemieunterricht............................................................................................. 67 as VI Die Rolle der Aufgaben im Chemieunterricht.............................................................................................. 70 1 Aufgabenkultur im Fach Chemie – Lern- und Leistungsaufgaben....................................................................................... 70 bf 2 Gleichwertige Leistungen in der Oberstufe............................................................................................................................ 71 3 Hinweise zur Gestaltung von experimentellen Aufgaben zur Leistungsmessung ........................................................... 72 ra VII Literatur................................................................................................................................................................................. 73 Vo LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 3
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE I Einleitung I Einleitung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Dieser Leitfaden soll Lehrkräfte und Fachschaften dabei unterstützen, Unterricht auf der Grundlage der Fachanforderungen zu planen. Dabei steht die Unterstützung bei der Erstellung und Fortschreibung des schulinternen Fachcurriculums im Mittelpunkt. Die Fachanforderungen verzichten auf kleinschrittige ng Detailregelungen. Themen und Inhalte sind nicht einzelnen Jahrgangsstufen zugeordnet, weil eine solche Zuordnung neben pädagogischen und didaktischen Abwägungen auch von der Ausgestaltung der Kontingentstundentafel an der Schule abhängt. Es ist su Aufgabe des schulinternen Fachcurriculums, die zentralen Inhalte und Kompetenzen, die in den Fachanforderungen ausgewiesen sind, über die einzelnen Jahrgangsstufen hinweg aufzubauen (Kapitel 4 der Fachanforderungen). Der Leitfaden soll die Fachschaften bei der Erstellung as und Fortschreibung dieses schulinternen Fachcurriculums unterstützen, indem er folgende Aspekte in den Blick nimmt: ∙ den curricularen Aufbau der Basiskonzepte bf ∙ Vorschläge für die kontext- und kompetenzorientierte Planung des Unterrichts ∙ Anregungen zur Erstellung eines schulinternen Fachcur- riculums ra ∙ die Umsetzung der durchgängigen Sprachbildung im Chemieunterricht. Vo 4 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE II Hinweise zur Kompetenzorientierung II Hinweise zur Kompetenzorientierung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt 1 Der Chemieunterricht im Kontext Die Deutung naturwissenschaftlicher Phänomene ist naturwissenschaftlicher Grundbildung stets auch mit fehlerhaften Vorstellungen verbunden. Wie in der Wissenschaft gilt es auch im Unterricht, In unserer Gesellschaft gehören Naturwissenschaften diese Vorstellungen kritisch zu hinterfragen und und Technik zu den gesamtgesellschaftlichen angemessenere Erklärungen und Modellvorstellungen zu Bereichen und Entwicklungen, die unseren Alltag und entwickeln. Diese Lernprozesse müssen von der Lehrkraft ng unsere Identität prägen. Das Wechselspiel zwischen initiiert und unterstützt werden. Sie führen dazu, dass naturwissenschaftlicher Erkenntnis und technischer der aktuelle Wissensstand immer wieder revidiert und Anwendung bewirkt Fortschritte auf allen Gebieten. Ein durch ein besseres Verständnis der Zusammenhänge grundsätzliches Verständnis naturwissenschaftlicher erweitert und vertieft wird. Naturwissenschaftliche Phänomene, Zusammenhänge und Methoden sollte Grundbildung hat somit den Anspruch, Einfluss auf das su daher zu den unentbehrlichen Elementen einer alltägliche Denken und Handeln der jungen Menschen zeitgemäßen Allgemeinbildung gehören. Dieses zu nehmen. Sie wird im Wesentlichen durch prozedurale Anliegen wird in der Didaktik unter der Bezeichnung und konzeptuelle Aspekte gekennzeichnet, die durch die Naturwissenschaftliche Grundbildung „Scientific Literacy“ folgenden Fähigkeiten bestimmt werden: diskutiert. ∙ Erkennen von Fragestellungen, die mit naturwissen- as schaftlichen Zugängen bearbeitet werden können „Naturwissenschaftliche Grundbildung ermöglicht dem ∙ Beschreibung, Vorhersage und Erklärung naturwissen- Individuum eine aktive Teilhabe an gesellschaftlicher schaftlicher Phänomene Kommunikation und Meinungsbildung über technische ∙ Verständnis grundlegender naturwissenschaftlicher Entwicklung und naturwissenschaftliche Forschung und ist Basiskonzepte bf deshalb wesentlicher Bestandteil der Allgemeinbildung. ∙ Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen Denk- und Ar- Ziel naturwissenschaftlicher Grundbildung ist es, Phä- beitsweisen nomene erfahrbar zu machen, die Sprache und Historie ∙ Verwendung von Fachsprache in der fachlichen Kommu- der Naturwissenschaften zu verstehen, ihre Ergebnisse nikation und Umgang mit unterschiedlichen Repräsenta- ra zu kommunizieren sowie sich mit ihren spezifischen tionen Methoden der Erkenntnisgewinnung und deren Grenzen ∙ Kritische Reflexion der Möglichkeiten und Grenzen na- auseinander zu setzen.“2 turwissenschaftlicher Erkenntnis Vo Das Besondere an diesem Konzept ist, dass die In der Sekundarstufe II werden die Kompetenzen, erworbenen naturwissenschaftlichen Kompetenzen deren Grundlagen in der Sekundarstufe I gelegt und Erkenntnisse als integrale Bestandteile Eingang wurden, aufgegriffen, vertieft und weiterentwickelt. in das alltägliche Denken und Handeln finden sollen. Dabei steigen der Abstraktionsgrad sowie der Grad der Aufgabe des naturwissenschaftlichen Unterrichts ist es Mathematisierung und des wissenschaftspropädeutischen daher, die Entwicklung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Arbeitens. Haltungen der Lernenden zu fördern, die verantwortliches Handeln auf der Basis eines naturwissenschaftlichen Verständnisses im Alltag ermöglichen. 1 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2005): Beschlüsse der Kultusministerkonferenz – Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss. München (Luchterhand). LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 5
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE II Hinweise zur Kompetenzorientierung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt 2 Bildung für nachhaltige Entwicklung ∙ autonomes Handeln ∙ Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungspro- Der Bildungsauftrag der Schule und damit auch des zessen naturwissenschaftlichen Unterrichts beschränkt sich nicht allein auf die Vermittlung und Nutzung von Wissen in un- Schülerinnen und Schüler erfahren, dass ihr Handeln terrichtlichen Zusammenhängen. Der naturwissenschaftli- Konsequenzen für jeden Einzelnen, für das eigene Umfeld ng che Unterricht soll die Schülerinnen und Schüler vor allem und für andere hat. Sie werden aber auch ermutigt, selbst befähigen, sich mit gesellschaftlich relevanten Fragen im aktiv zu werden und das eigene Handeln nachhaltig zu Sinne der Kernprobleme des gesellschaftlichen Lebens gestalten. Ein solches Denken und Handeln ist dringend (Fachanforderungen Chemie S. 8) auseinanderzusetzen. notwendig, um Veränderungen anzustoßen und drängen- de globale Probleme wie den Raubbau an der Natur oder su Im naturwissenschaftlichen Unterricht spielen dabei die die ungleiche Verteilung von Reichtum anzugehen. „Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen“ und die „Technikfolgenabschätzung“ eine zentrale Rolle. Aber auch 3 Kompetenzen und Basiskonzepte die Fragen nach dem „Zusammenleben in der einen Welt“, nach „Demokratie“, „Gleichberechtigung“ und „Frieden“ 3.1 Naturwissenschaftliche Kompetenz as müssen berücksichtigt werden. Das Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist für den naturwissen- Die Lernenden sollen befähigt werden, heute und in schaftlichen Unterricht sehr gut geeignet, diesen Bildungs- Zukunft mithilfe erworbenen Fachwissens und erworbener auftrag zu erfüllen, indem die Themen des Unterrichts nicht fachspezifischer Kompetenz verantwortlich mit sich selbst, nur unter naturwissenschaftlicher Perspektive betrachtet mit anderen Menschen und mit der Natur umzugehen. bf werden, sondern stets die ökologischen, ökonomischen und sozialen Implikationen unseres Handelns untersucht und be- „Kompetenzen beruhen vor allem auf erlernbaren, kognitiv wertet werden. Zu vielen Unterrichtsthemen können Unter- verankerten – weil wissensbasierten – Fähigkeiten und Fer- richtsprojekte entwickelt werden, die den Schülerinnen und tigkeiten und auch auf Haltungen, die auf eine erfolgreiche ra Schülern ein Probehandeln in realitätsnahen Zusammenhän- Bewältigung zukünftiger Anforderungen in Alltags- und Be- gen ermöglichen. Dadurch werden sie befähigt, verantwort- rufssituationen zielen. Über derartige Anforderungen sind lich Entscheidungen für die Gegenwart und die Zukunft zu Kompetenzen funktional bestimmt, erlernbar und überprüf- treffen und abzuschätzen, wie sich das eigene Handeln auf bar. Handeln als reflektive Anwendung von Fähigkeiten Vo die Umwelt, auf die Gesundheit und auf andere Menschen und Fertigkeiten in Verbindung mit Wissen bewirkt sowohl und Lebewesen auswirkt. Dieses Wissen über nachhaltige eine Entwicklung des Wissens als auch des Handelns. Er- Entwicklung gilt es im täglichen Leben und somit auch in fahrungen werden beim Handeln vor dem Hintergrund von der Schule und im Unterricht anzuwenden. Der Unterricht vorhandenem Wissen und Können reflektiert und kontinu- nach dem Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung ierlich verändert.“4 (BNE) fördert folgende Fähigkeiten: ∙ vorausschauendes Denken Derartiges schulisches Lernen legt damit Grundlagen für ∙ interdisziplinäres Wissen ein lebenslanges Lernen. 2 ebenda 3 Deutsches Pisa-Konsortium (Hrsg.) (2000): Schülerleistungen im internationalen Vergleich: Eine neue Rahmenkonstruktion für die Erfassung von Wissen und Fähigkeiten. Berlin (Max-Planck-Institut für Bildungsforschung). 4 Fortbildungskonzepte und -materialien zur kompetenz- bzw. standardorientierten Unterrichtsentwicklung (2009), unter: http://www. kmk-format.de (abgerufen am 19.02.2017) 5 Weinert, F. E.: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit. In: Weinert, F. E. (Hrsg.) (2001) Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel (Beltz Verlag) S. 17-31. 6 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE II Hinweise zur Kompetenzorientierung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Weinert beschreibt Kompetenzen als „bei Individuen ver- 3.2 Kompetenzbereiche fügbare oder von ihnen erlernbare kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten, bestimmte Probleme zu lösen, sowie die In Anlehnung an die KMK-Bildungsstandards für den Mitt- damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozi- leren Bildungsabschluss erfolgt die fachliche Ausprägung alen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen des Kompetenzbegriffs im Fach Chemie in der Sekun- in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll darstufe I durch Unterteilung in die prozessbezogenen ng nutzen zu können“.5 Kompetenzen „Erkenntnisgewinnung“, „Kommunikation“ und „Bewertung“ (Kapitel 2.1 der Fachanforderungen) Schülerinnen und Schüler sind kompetent, wenn sie zur sowie die inhaltsbezogenen Kompetenzen zum „Umgang Bewältigung von Anforderungssituationen mit Fachwissen“ (Kapitel 2.2 der Fachanforderungen). ∙ auf vorhandenes Wissen zurückgreifen und sich benötig- tes Wissen beschaffen, su Die Bildungsstandards im Fach Chemie für die Allge- ∙ auf vorhandenes Wissen zurückgreifen und sich benötig- meine Hochschulreife unterteilen die gesamte Fachkom- tes Wissen beschaffen, petenz der Lernenden in die Bereiche Sachkompetenz, ∙ die zentralen Zusammenhänge des Lerngebietes erken- Erkenntnisgewinnungskompetenz, Kommunikationskom- nen und verstanden haben, petenz und Bewertungskompetenz. as ∙ angemessene Lösungswege wählen, ∙ Lösungswege kreativ erproben, Die folgende Grafik soll veranschaulichen, wie die Kom- ∙ bei ihren Handlungen auf verfügbare Kenntnisse, Fähig- petenzbereiche auf der Grundlage von Basiskonzepten keiten und Fertigkeiten zurückgreifen und beim Aufbau naturwissenschaftlicher Kompetenzen ∙ das Ergebnis ihres Handelns an angemessenen Kriterien zusammenwirken (siehe S. x): bf überprüfen Umgang mit Fachwissen/ Erkenntisgewinnungskompetenz Sachkompetenz ra ∙ Naturwissenschaftliche Denk- und ∙ Chemisches Fachwissens ystematisch Arbeitsweisen erkennen und anwenden aufbauen ∙ Untersuchungsmethoden, Modelle und ∙ Phänomene, Begriffe und Theorien nutzen Gesetzmäßigkeiten den ∙ fachbezogene Lösungsstrategien Basiskonzepten zuordnen entwickeln Vo ∙ Anwendung von Fachwissen ∙ die Bedeutung von Experimenten, zur Bearbeitung fachlicher Aufgaben Modellen und Theorien erfassen und Probleme Kommunikationskompetenz Bewertungskompetenz ∙ Informationsquellen kritisch auswählen ∙ die gesellschaftliche Bedeutung der Chemie und der Naturwissenschaften erfassen ∙ Informationen sach- und fachbezogen erschließen ∙ chemische bzw. naturwissenschaftliche Sachverhalte in verschiedenen Kontexten ∙ sachgerecht argumentieren sachgerecht beurteilen ∙ Fachsprache kompetent nutzen ∙ chemische bzw. naturwissenschaftliche ∙ Präsentationsformen Kenntnisse nutzen, um reflektierte adressatengerecht auswählen Entscheidungen zu treffen und verwenden Abb. 1: Das Zusammenspiel der Kompetenzbereiche bei der Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 7
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE II Hinweise zur Kompetenzorientierung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Naturwissenschaftliche Kompetenz setzt Fachwissen vor- Für den fachlichen Aufbau des Chemieunterrichts wer- aus. Die kompetente Bearbeitung von Fragestellungen im den vier Basiskonzepte formuliert: Fach Chemie erfordert den Umgang mit diesem Fachwis- Sekundarstufe I Sekundarstufe II sen (für die Sekundarstufe II: Sachkompetenz) im Zusam- menspiel mit den Kompetenzen der Bereiche Erkenntnis- das Stoff-Teilchen-Konzept das Konzept vom Aufbau gewinnung, Kommunikation und Bewertung. die Struktur-Eigenschafts- und von den Eigenschaften Beziehungen der Stoffe und ihrer Teilchen ng Schülerinnen und Schüler eignen sich dieses Wissen zu ih- das Konzept der das Konzept der ren Fragestellungen an, indem sie Texte lesen, Experimente chemischen Reaktion chemischen Reaktion durchführen und auswerten (Erkenntnisgewinnung), darü- das Energiekonzept das Energiekonzept ber kommunizieren und Sachverhalte begründet bewerten. Tabelle x: Basiskonzepte in der Sekundarstufe I und II 3.3 Aufbau und Zusammenhang der Basiskonzepte Die Basiskonzepte strukturieren und beschreiben die fachwissenschaftlichen Inhalte und sollen dadurch das su In der Sekundarstufe II werden das Stoff-Teilchen-Kon- zept und das Konzept der Struktur-Eigenschafts-Bezie- hungen zum Konzept vom Aufbau und von den Eigen- as Verständnis von naturwissenschaftlichen Phänomenen schaften der Stoffe und ihrer Teilchen zusammengefasst. und Zusammenhängen erleichtern. Die Basiskonzepte stellen „eine strukturierte Vernetzung Das Fach Chemie hat einen spezifischen Zugriff auf die aufeinander bezogener Begriffe, Theorien und erklären- Welt. Der Chemiker betrachtet Stoffe und Stoffumwand- der Modellvorstellungen, die sich aus der Systematik bf lungen und ihre energetischen Zustände; er beschreibt eines Faches zur Beschreibung elementarer Prozesse Stoffumwandlungen durch Reaktionsschemata; er syste- und Phänomene als relevant herausgebildet haben“ dar. matisiert die Vielfalt durch Blick auf die atomare Zusam- Sie stellen Denkschemata dar, mit denen Beobachtba- mensetzung und atomare Konstellation und nutzt dabei res (zum Beispiel die Änderung von Stoffeigenschaften ra die Gesetzmäßigkeiten des Periodensystems der Elemen- durch eine chemische Reaktion) oder unzweifelhaft Be- te; er nutzt diese Erkenntnisse, um Stoffe zielgerichtet zu stehendes (zum Beispiel Atome) erklärt werden können analysieren und herzustellen. Die atomare Deutung steht und dadurch erst verstehbar werden.9 im Mittelpunkt.6 Die KMK definiert das, was der Chemi- Vo eunterricht in der Schule leisten soll, folgendermaßen: Die Basiskonzepte beinhalten zentrale, aufeinander be- zogene Begriffe, Modellvorstellungen und Systematiken. „Die Chemie untersucht und beschreibt die stoffliche Sie werden Schritt für Schritt durch alle Jahrgangsstufen Welt unter besonderer Berücksichtigung der chemischen hindurch in unterschiedlichen Zusammenhängen immer Reaktion als Einheit aus Stoff- und Energieumwandlung wieder aufgegriffen und weiter ausdifferenziert. So kann durch Teilchen- und Strukturveränderung und Umbau ein grundsätzliches Verständnis für naturwissenschaftli- chemischer Bindungen. Damit liefert die Chemie Erkennt- che Prozesse entstehen. nisse über den Aufbau und die Herstellung von Stoffen sowie für den sachgerechten Umgang mit ihnen.“7 Die Basiskonzepte sollen das Verständnis von Phänome- nen und Zusammenhängen erleichtern. Im Unterricht 6 Rehm, M., Stäudel, L.: Grundbegriffe und Basiskonzepte der Chemie. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich-Verlag, Heft 128 (2012). 7 Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2005): Beschlüsse der Kultusministerkonferenz – Bildungsstandards im Fach Chemie für den Mittleren Schulabschluss. München (Luchterhand), S. 6. 8 Rost, J.: Umweltbildung – Bildung für eine nachhaltige Entwicklung: Was macht den Unterschied? In: ZEP: Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik 25 (2002), S. 7-12. 9 Rehm, M., Stäudel, L.: Grundbegriffe und Basiskonzepte der Chemie. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie, Heft 128 (2012). 8 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE II Hinweise zur Kompetenzorientierung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt setzen sich die Lernenden mit Fachfragen auseinander. differenzierteres Verständnis vom Aufbau der Materie Sie sollen wiederkehrende Muster, die als „Basiskonzep- geschaffen (siehe auch Abb. 3, Seite xx): te“ beschrieben werden, erkennen. Damit die Lernenden aus den exemplarischen Unterrichtsthemen allgemeine Teilchenvorstellung n Atommodell nach Dalton (ohne die Erkenntnisse entwickeln können, muss der kumulative Auf- Aussage zur Unteilbarkeit der Atome) n Atommodell nach bau der Basiskonzepte von der Lehrkraft im Blick behalten Rutherford n Schalenmodell bzw. Energiestufenmodell n ng werden. So muss bei jeder Planung einer Unterrichtsein- Kugelwolkenmodell bzw. Elektronenpaarabstoßungsmodell. heit bedacht werden, welche Aspekte der Basiskonzepte besonders beachtet werden sollen. Dadurch können die ∙ Die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen Erkenntnisse, die in verschiedenen Unterrichtseinheiten Auch die Struktur-Eigenschafts-Beziehungen können gewonnen werden, zur „Musterbildung“, also zur Verknüp- auf den oben genannten Abstraktionsebenen gedeutet su fung und zum Transfer auf eine allgemeine Erkenntnise- werden. Die Deutung der Eigenschaften der Stoffe auf der bene genutzt werden. Erst auf dieser Erkenntnisebene ist Basis der Struktur der Teilchen und den Wechselwirkun- problemlösendes Denken und Handeln möglich. gen zwischen den Teilchen erfolgt auf der Basis der immer differenzierteren Betrachtung des Aufbaus der Materie: Ein möglicher curricularer Aufbau der Basiskonzepte in as der Sekundarstufe I Eigenschaften von Gegenständen n Eigenschaften von Stoffen n Bausteine und Atomsorten n Bindungstypen Die folgenden Ausführungen sollen den Aufbau der und Stoffklassen n Struktur von Verbänden; Wechsel- Basiskonzepte veranschaulichen. wirkungen – intermolekulare Kräfte. bf Die im Chemieunterricht behandelten Inhalte können auf Somit besteht eine direkte Verbindung zwischen den verschiedenen Abstraktionsebenen gedeutet werden. beiden Basiskonzepten. Ausgehend von Gegenständen werden Stoffe thematisiert, deren Bausteine anschließend immer weiter im submikro- Insbesondere in der Sekundarstufe II ist die Beziehung ra skopischen Bereich ausdifferenziert werden. Der curricula- zwischen der Struktur einer chemischen Verbindung und re Weg zum Aufbau der Basiskonzepte kann als „Lehrlinie“ den Eigenschaften des Stoffes zentraler Bestandteil des dargestellt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen Unterrichts im Fach Chemie. auf der Basis dieser Planung im Laufe des Unterrichts ein Vo kumulatives und zunehmend vernetztes Verständnis der ∙ Das Konzept der chemischen Reaktion komplexen Basiskonzepte der Wissensbestände hinzu- Das Basiskonzept der chemischen Reaktion nimmt in gefügt. Ziel ist es vielmehr, neue Erklärungsebenen mit den Bildungsstandards einen großen Raum ein. Auch bereits vorhandenen so zu verknüpfen, dass diese wieder in diesem Bereich kann eine Lehrlinie aufgezeigt wer- aufgegriffen und vertieft werden können. den, die den Konzeptaufbau vom Anfangsunterricht bis hin zur Allgemeinen Hochschulreife verfolgt und den ∙ Das Stoff-Teilchen-Konzept Schülerinnen und Schülern hilft, ein zunehmend vernetz- Zentrale Bedeutung hat im Unterricht der Sekundar- tes Verständnis vom Konzept der chemischen Reaktion stufe I der Aufbau des Stoff-Teilchen-Konzepts. Die aufzubauen: Unterscheidung zwischen der stofflichen Ebene und der Teilchenebene sowie der immer differenziertere Aufbau Prozesse n Stoffbildung und Stoffzerlegung n Atom- der Teilchen bilden die Basis für die Betrachtung der erhaltung n Typisierung von chemischen Reaktionen n Struktur-Eigenschafts-Beziehungen, der chemischen Steuerung und Dynamik chemischer Reaktionen. Reaktion und der energetischen Phänomene. Begin- nend mit einer einfachen Teilchenvorstellung wird über Auch die Betrachtung der Vorgänge bei einer chemi- die gesamte Lernzeit der Sekundarstufe I ein immer schen Reaktion erfolgt in Anlehnung an die Entwicklung LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 9
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE II Hinweise zur Kompetenzorientierung Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt des Verständnisses des Stoff-Teilchen-Konzepts entspre- rangeführt, nicht alle werden jedoch die höheren Stufen chend der oben genannten Abstraktionsebenen. beherrschen. Es sollte daher in der Planung berücksich- tigt werden, dass Phänomene auf unterschiedlichen Ab- ∙ Das Energiekonzept straktionsebenen betrachtet und erklärt werden können Bei jeder chemischen Reaktion ist Energie in irgendeiner und müssen. Die Lehrkraft muss, besonders in höheren Form beteiligt. Die Freisetzung von Energie oder die Lernjahren, sowohl den schwächeren Schülerinnen und ng Speicherung von Energie sind für unseren Energiehaus- Schülern helfen, ein für sie höheres Abstraktionsniveau zu halt fundamental wichtig. Somit muss den energetischen erreichen, als auch Wege finden, die guten Schülerinnen Erscheinungen bei chemischen Reaktionen eine beson- und Schüler nicht zu unterfordern. dere Aufmerksamkeit zukommen. Die Basiskonzepte Fächer Biologie, Chemie und Physik su Die Entwicklung dieses Basiskonzepts ist eng mit den Lehrlinien des Stoff-Teilchen-Konzepts und des Konzepts Die Basiskonzepte der drei naturwissenschaftlichen Fä- der chemischen Reaktion verbunden. Auch in diesem cher weisen in einigen Bereichen Gemeinsamkeiten auf, Bereich erfolgt die Betrachtung der Vorgänge entspre- sind jedoch in weiten Bereichen auch sehr unterschied- chend der oben genannten Abstraktionsebenen: lich. Die folgende Abbildung versucht die konzeptuellen as Gemeinsamkeiten aufzuzeigen (fachspezifische Basiskon- Energieformen, System und Umgebung n Energieträger, zepte sind in der Grafik nicht enthalten): Energiespeicher, Energieumwandlung durch chemische Reaktionen n Deutung auf Teilchenebene (Bewegung, Gemeinsamkeiten mit dem Fach Biologie lassen sich in Bindungen) n Energiestufenmodelle n Steuerung, Katalyse. den Bereichen „Struktur und Funktion“, „Umwandlungen“ bf sowie „Energie“ feststellen, mit dem Fach Physik können In heterogen zusammengesetzten Lerngruppen können Verbindungen in den Bereichen „Energie“ und „Aufbau nicht alle Schülerinnen und Schüler zeitgleich die glei- der Materie“ hergestellt werden. Im Unterricht der Fächer chen Entwicklungsschritte bewältigen. Die Lernenden sollten die konzeptuellen Gemeinsamkeiten für eine Ver- ra werden zwar systematisch an zunehmend abstrakte netzung der fachlichen Inhalte genutzt werden. Erklärungen und differenziertere Modellvorstellungen he- Vo Biologie Chemie Physik Energie Materie Struktur-Eigenschafts- Konzept der chemischen Energie-Konzept Stoff-Teilchen-Konzept Beziehung Reaktion Stoff- und Stoff- und Struktur-Eigenschafts- Struktur und Funktion Energieumwandlung Energieumwandlung Beziehung Struktur Aufbau Umwandlungen Energie und Funktion der Materie Abb. 2: Gemeinsamkeiten der Basiskonzepte der Fächer Biologie, Chemie und Physik 10 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE III Hinweise für den Unterricht III Hinweise für den Unterricht Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt 1 Grundlegende Prinzipien 2 Verknüpfung von situationsbezogenem und systematischem Lernen Naturwissenschaftlicher Unterricht, der an den Bildungs- standards orientiert ist und damit die Kompetenzen, die die Neues Wissen wird in der Regel verbunden mit einer kon- Schülerinnen und Schüler erwerben sollen, in den Mittel- kreten Situation erworben und verknüpft neue Erfahrungen punkt stellt, orientiert sich an drei didaktischen Fragen : 10 oder Erkenntnisse mit vorhandenen Wissensstrukturen. ng Lernprozesse sind umso erfolgreicher, je lernanregender 1. Welche Kompetenzen sollen die Schülerinnen und eine Situation gestaltet ist. Zentrale Aspekte der Planung Schüler in den Bereichen „Umgang mit Fachwissen“, sind daher die Distanz zwischen dem Vorwissen, den Über- „Erkenntnisgewinnung“, „Kommunikation“ und „Be- zeugungen und den Fähigkeiten der Lernenden sowie den wertung“ nach der Unterrichtseinheit erworben oder zu erreichenden Zielen, die Möglichkeit der Konfrontation weiterentwickelt haben? su / Vernetzung des neuen und vorhandenen Wissens durch die Nähe der Lernsituation zu einer späteren Anwendungs- 2. Was sind die dafür geeigneten und notwendigen Inhalte? situation. Diese Grundannahmen liegen dem so genannten kontextbasierten Lernen zugrunde. 3. Welche Lernprozesse müssen mit den gewählten In- as halten verknüpft werden, um einen möglichst effizien- Kontexte stellen eine Rahmung für fachliche Lernziele dar. ten und nachhaltigen Kompetenzgewinn zu erreichen? Diese kann eng gefasst eine konkrete Fragestellung oder ein Gibt es schülergeeignete Kontexte? Phänomen sein (zum Beispiel vermittelt über eine Zeitungs- meldung), ebenso aber auch eine umfassendere Thematik, Als Basiswerkzeuge der naturwissenschaftlichen Wel- die zur Erarbeitung komplexerer Zusammenhänge führt (zum bf terschließung dienen im Unterricht die verschiedenen Beispiel die gesellschaftliche Frage nach der Bewertung und Erkenntnismethoden der Naturwissenschaften11: Weiterentwicklung von Treibstoffen). Idealerweise werden ∙ distanziertes Beobachten und Analysieren auf der Basis Kontexte so gewählt, dass sie Lernende zum Nachdenken verschiedener Theorien und Weiterentwickeln ihres Wissens, ihrer Überzeugungen ra ∙ Experimentieren und Fertigkeiten anregen. Ein aus curricularer Sicht geeigne- ∙ spezifische Modellbildung und Modelldenken ter Kontext muss dabei nicht automatisch für die Lernenden ∙ Vergleichen und Systematisieren auf der Basis wissen- motivierend sein (siehe das Beispiel Reiniger S. xx). Hier gilt schaftlicher Kriterien es, Ansätze zu erproben und idealerweise gemeinsam mit Vo der Lerngruppe Kontexte im Vorfeld auszuwählen. Die empi- Ein kompetenzorientierter Unterricht muss ein durchdach- rische Forschung bietet hier eine Basis. ter Wechsel zwischen verschiedenen Unterrichtsformen sein. Dabei ist auf eine Passung zwischen der angestreb- Der Wechsel zwischen alltagsbezogenen, gesellschaftlichen ten Kompetenzentwicklung und der geplanten Unter- und berufsbezogenen Kontexten zeigt die verschiedenen richtsform zu achten. Informationen finden sich auch in Perspektiven und Bedeutungen der Chemie auf und bietet der IQSH-Broschüre „Methoden im Unterricht – Anregun- den Lernenden Anregungen für die eigene zukünftige gen für Schule und Lehrerbildung“12. Entwicklung. Ebenso ist ein Wechsel zwischen alltags- und gesellschaftsbezogenen sowie historischen und aktuellen 10 Ziener, G. (2001): Bildungsstandards in der Praxis – Kompetenzorientiert unterrichten. Stuttgart (Kallmeyer). 11 BLK-Expertengruppe (Baumert, J. et al.) (1997): Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts. Bonn, unter: http://www.blk-bonn.de (abgerufen am 20.05.2014). 12 Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) (Hrsg.) (2011): Methoden im Unterricht – Anregungen für Schule und Lehrerbildung. Kronshagen. LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 11
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE III Hinweise für den Unterricht Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt Fragestellungen sinnvoll, um die Bandbreite und kulturelle terricht der Weg der naturwissenschaftlichen Erkennt- Relevanz der Chemie zu verdeutlichen. nisgewinnung nur nachvollzogen wird; ein Meta-Wissen über naturwissenschaftliches Wissen und naturwis- „Eine Balance zwischen enggeführtem, systematischem senschaftliche Tätigkeiten („Nature of Science“) sollte Lernen in definierten Wissensdomänen und situationsbezo- berücksichtigt werden. genem Lernen im praktischen Umgang mit lebensweltlichen ∙ Das Experimentieren dient der Schulung der Beobach- ng Problemen zu finden, ist konstitutiv für die Schule. Wie die tung sowie des kausalen und funktionalen Denkens. Gewichte zu verteilen sind, darüber kann man im Einzelnen ∙ Experimente liefern Daten zur Beschreibung von Stoffen. streiten. Ihre Verteilung wird vom Alter und Vorwissen der ∙ Neue Stoffe werden synthetisiert. Schüler, von den Schulformen, aber auch von situativen ∙ Der sichere Umgang mit gefährlichen Stoffen und deren Bedingungen in der einzelnen Schule abhängig sein.“ fachgerechte Entsorgung werden kontrolliert geübt. su Fragen des Umweltschutzes können integriert werden. In den Planungsbeispielen für die Sekundarstufe I sowie für ∙ Die Lernenden entwickeln experimentelle Fähigkeiten die Sekundarstufe II wird der fachsystematische Aufbau der (Planung, Durchführung und Auswertung von Experi- Basiskonzepte entlang von Unterrichtsthemen dargestellt, menten) und Fertigkeiten (sachgemäßer Umgang mit die die Wahl unterschiedlicher Kontexte und Leitfragen Apparaturen, Geräten und Chemikalien). as zulassen. ∙ Durch die praktische Arbeit sollen die Motivation und das Interesse der Schülerinnen und Schüler für das Fach 3 Die Rolle des Experiments im Chemieunterricht Chemie gefördert werden. Es ist allerdings nicht gesi- chert, ob die Eigentätigkeit im Rahmen von Schülerversu- Die Chemie hat sich im Laufe der Jahrhunderte als experi- chen gegenüber dem Unterricht in Demonstrationsexpe- bf mentelle Naturwissenschaft entwickelt. In der Wissenschaft rimenten wirklich zu besserem Verstehen und Behalten ist das Experiment das Instrument, das über die Gültigkeit der vermittelten Fachinhalte führt. von Annahmen, Gesetzmäßigkeiten und Theorien befindet. Auch wenn man heute auf zahlreiche Daten zurückgreifen Das Ziel des Experimentierens besteht darin, durch ra kann, die meisten Versuche bereits durchgeführt wor- theoriegeleitete Manipulation ausgewählter Phänomene den sind und theoretische Konzepte die Vorhersage von Fragestellungen an die Natur zu richten. Experimente chemischen Reaktionen und Eigenschaften chemischer sollen dazu dienen, unsere Umwelt zu verstehen und zu Verbindungen ermöglichen, ist Erkenntnisgewinn ohne das begreifen. Die klassischen Experimente in der Schule Vo Experiment nicht denkbar . 14 beantworten nur allzu selten Fragen. Mechanisch durch- geführte, von der Lehrperson vorgegebene Experimente, In der Fachwissenschaft und im Chemieunterricht hat das in denen die Versuchsvorschriften Schritt für Schritt nach Experiment unterschiedliche Funktionen: Kochbuchmanier abgearbeitet werden, helfen wenig, ∙ Bei chemischen Vorgängen kann häufig nicht auf tieferes Verständnis zu fördern, naturwissenschaftliches Erfahrungen aus dem täglichen Leben zurückgegriffen Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche Fragen zu werden. Daher muss die konkrete Erfahrung in den Un- erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen. terricht eingebettet werden. Es gilt daher, die folgenden Anforderungen im experimen- ∙ Im Prozess der Erkenntnisgewinnung werden formu- tellen Unterricht zu berücksichtigen: lierte Hypothesen unter kontrollierten und systematisch ∙ Die Fragestellungen, die experimentell untersucht wer- variierenden Bedingungen experimentell überprüft. den, sollten so weit wie möglich ergebnisoffen formuliert Einschränkend muss ergänzt werden, dass im Chemieun- sein. Sie sollten möglichst Beziehungen zur Lebenswelt 13 aus: Gutachten zur Vorbereitung des Programms „Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts“, BLK, Heft 60, Bonn (1997). 14 Vgl.: Pfeifer, P. et al. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München (Oldenbourg Schulbuchverlag). Pfeifer, P. et al.: Schülerex- perimente im Unterricht. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich Verlag, Heft 126 (2011), S. 2 ff. Barke, H.-D. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Heidelberg (Springer-Verlag). 12 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE III Hinweise für den Unterricht Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt der Lernenden haben und die Alltagsvorstellungen der 4 Grundsätzliches zur Arbeit mit Modellen Schülerinnen und Schüler aufgreifen. ∙ Über Phänomene aus der Umwelt der Schülerin / des Unterrichtliche Voraussetzungen Schülers kann kognitive Aktivierung erfolgen, wenn IIm naturwissenschaftlichen Anfangsunterricht sammeln Lernende selbsttätig Hypothesen generieren und dar- die Schülerinnen und Schüler viele Erfahrungen im ver- aus hergeleitete Fragestellungen über experimentelle trauten Bereich der direkten Anschauung und der erfahr- ng Designs eigenständig beantwortet werden. So lernen baren Phänomene16. Im weiteren Verlauf ist ein Unterricht die Schülerinnen und Schüler die Problemlage einer ohne „Atommodelle“ jedoch nicht mehr möglich; der Situation zu erfassen, Fragestellungen selbsttätig mithilfe Atombegriff ist unentbehrlich im Begriffsfachwerk der von Experimenten zu lösen und manuelle mit kognitiven Naturwissenschaften, speziell der Chemie.17 Das Verständ- Fähigkeiten zu verknüpfen. Nur so werden ihnen kog- nis der chemischen Reaktion, der Bindungslehre und aller su nitive Umstrukturierungsprozesse und Konzeptwechsel weiterführenden Inhalte baut auf der Kenntnis vom Aufbau ermöglicht. der Atome auf. An das Abstraktionsvermögen der Lernen- den werden zunehmend höhere Anforderungen gestellt, In die konkrete Planung des Unterrichts können Experi- die es durch geeignete Lernhilfen zu unterstützen gilt mente auf unterschiedliche Weise integriert werden. Man as unterscheidet Schülerübungen im Sinne15 … Aus quantitativen Betrachtungen chemischer Reaktionen werden das erste chemische Grundgesetz (Gesetz von der ∙ des Nacharbeitens einer Versuchsvorschrift: Erhaltung der Masse) sowie eine grundlegende Vorstellung ∙ Schülerinnen und Schüler werden Schritt für Schritt vom Aufbau der Materie im Sinne des Atommodells nach durch eine Versuchsanleitung geführt; diese wird im Dalton abgeleitet. Auf die Aussage, Atome seien massiv und bf Sinne eines Kochrezepts abgearbeitet. Dieses ge- unteilbar, sollte verzichtet werden, um im weiteren Verlauf schieht jedoch nicht unreflektiert. Unstimmigkeiten bei der Konzeptentwicklung zu vermeiden. ∙ Ziel ist das Erlernen und Einüben chemischer Fachme- thoden, Arbeitstechniken sowie naturwissenschaftlicher Didaktische Entscheidungen ra Denk- und Arbeitsweisen. Didaktisch stehen die Lehrkräfte vor der schwierigen Aufgabe, die Modellvorstellungen und das heute wissen- ∙ anwendungsorientierter Aufgaben: schaftlich anerkannte Konzept von Atomen und Atom- ∙ Variante A: verbänden einzuführen, ohne es direkt aus einer Beob- Vo Ein lebensnahes Beispiel (Anwendungsbezug) wird ge- achtung auf makroskopischer Ebene ableiten zu können. geben; die Vorschrift wird an einem Beispiel nachgear- Atome bleiben damit eine „Welt“, die sich die Schülerin- beitet, um die Aufgabe zu lösen. nen und Schüler mithilfe von Modellen rekonstruieren ∙ Variante B: müssen.18 Ziel sollte eine Vorstellung vom Aufbau der Ein lebensnahes Beispiel (Anwendungsbezug) wird Atome sein, die sowohl den Kern-Hülle-Aufbau des Atoms gegeben; das Vorwissen (Fachwissen, Fachmethoden) als auch den Schalenaufbau der Atomhülle umfasst. muss angewendet werden, um die Aufgabe zu lösen. Häufig wird im weiteren Verlauf entlang der historischen ∙ problemlösenden Experimentierens: Entwicklung gearbeitet. Dieses Vorgehen erfordert eine ∙ Dieses Vorgehen ist sehr anspruchsvoll, da der Lö- verhältnismäßig lange Unterrichtszeit, in der wenige sungsweg im Sinne eines produktiven Problemlösens schülerorientierte Zugänge und Akzente angeboten eigenständig zu finden ist. werden und wenige Experimente die theoretische Erar- 15 Vgl.: Pfeifer, P. et al.: Schülerexperimente im Unterricht. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich Verlag, Heft 126 (2011), S. 2 ff. 16 Vgl. Barke, H.-D. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Heidelberg (Springer-Verlag). 17 Vgl. Rehm, M. und Parchmann, I. (Hrsg.): Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. Friedrich Verlag, Heft 114 (2009). 18 ebenda LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 13
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE III Hinweise für den Unterricht Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt beitung untermauern und auflockern. Der Weg führt au- ∙ Der Atomkern ist aus Protonen und Neutronen aufge- ßerdem nur teilweise zu einem hinreichenden Verständ- baut, in der Atomhülle befinden sich die Elektronen. Im nis über den Umgang mit den verschiedenen Modellen. ungeladenen Zustand sind gleich viele Protonen und Die Abgrenzung der verschiedenen Modelle und ihrer Elektronen vorhanden. Grundlagen voneinander sowie die Bezüge zwischen ∙ Elektronen besitzen eine negative Ladung. Protonen den unterschiedlichen Modellen, das Erkennen der tragen eine positive Ladung, Neutronen besitzen keine ng jeweiligen Tragfähigkeit und deren Grenzen, aber auch Ladung. Atomkerne sind durch chemische Reaktionen die Unterscheidung zwischen Modell und Realität stellen nicht veränderbar. Atomkerne verändern sich nur beim sich als problematisch dar. Außerdem hat sich gezeigt, radioaktiven Zerfall und der Kernspaltung. dass einige Modelle nachhaltiger und dauerhafter in den ∙ Zusätzlich für die Anforderungsebenen II und III: Die Köpfen der Schülerinnen und Schüler verhaftet bleiben.19 Elektronen befinden sich auf unterschiedlichen Energie- su stufen. Man stellt sich diese Energiestufen als Schalen Gerade in diesem sensiblen Bereich ist ein angemesse- mit unterschiedlich großem Abstand zum Kern vor. In nes Maß an inhaltlicher und zeitlicher Differenzierung die innere Schale passen 2, in die nächste 8, in die dritte erforderlich, das bei einem klassischen, parallelen und 18 Elektronen. Über den jeweils genauen Aufenthaltsort lehrerzentrierten Vorgehen kaum erreichbar ist. Das Ziel der Elektronen innerhalb der Schalen kann man keine as sollte sein, dass die Schülerinnen und Schüler das Scha- Aussage treffen. len- und Energiestufenmodell erfassen und im weiteren ∙ Für jedes chemische Element sind Atome mit einer be- Verlauf zur Erklärung der Anordnung der Elemente im Pe- stimmten Anzahl an Protonen im Kern charakteristisch. riodensystem der Elemente heranziehen können. Außer- ∙ Wünschenswert sind eine enge Verbindung der stoff- dem sollten sie aus dem Aufbau der Materie Voraussagen lich-phänomenologischen Ebene mit der Erklärung auf bf über den Ablauf chemischer Reaktionen ableiten können. der Basis des Atombaus sowie die Straffung der Erar- beitung, wobei auf die Trennung der beiden Ebenen Notwendig ist darüber hinaus eine pragmatische und, be- geachtet werden muss.20 zogen auf andere Phasen des naturwissenschaftlichen Un- ra terrichts, anschlussfähige Vermittlung eines Konzepts vom Methodische Entscheidungen Atombau. Sowohl die diskontinuierliche Struktur der Materie Die Arbeit mit Modellen hat eine zentrale Stellung im an sich, als auch der Atombau sollten als eine – aus heuti- naturwissenschaftlichen Unterricht. Durch einen zuneh- ger Sicht – hinreichend gesicherte naturwissenschaftliche mend selbstständigen Umgang mit den verwendeten Vo Erkenntnis thematisiert werden. Das Konzept sollte in erster Modellen erschließen sich die Schülerinnen und Schüler Linie an den Notwendigkeiten seiner Anwendungen auf die neue Lerngegenstände und lernen, kritisch und kompe- entsprechenden schulrelevanten Inhalte orientiert werden. tent mit den Modellen umzugehen. Folgende Kernaussagen sollten berücksichtigt werden: Das Denken in Modellen gilt als wichtigste Voraussetzung ∙ Die Teilchen, aus denen alle Stoffe bestehen, sind aus für das Verständnis der Naturwissenschaften. Die Lernen- Atomen aufgebaut. den kennen bereits Modelle, die gegenständlicher Natur ∙ ∙ Atome sind kugelförmig und bestehen aus einem sind (Globus, Modellautos, ...). Daran anknüpfend sollte Atomkern und einer Atomhülle. Der Atomkern nimmt eine erste Klassifikation verschiedener Modelle vorge- nur etwa 1/100000 des Volumens ein, enthält aber nommen werden. Dabei sollte grundsätzlich zwischen ma- nahezu die gesamte Masse. teriellen Anschauungs- und Denkmodellen unterschieden 19 Leerhoff, G. und Eilks, I.: Schüler erarbeiten sich den Atombau – Erfahrungen mit einem Gruppenpuzzle. In: Praxis Schule 5 – 10 (2002), S. 48 – 54. 20 Eilks & Möllering, J. (2001) Neue Wege zu einem fächerübergreifenden Verständnis des Teilchenkonzepts, unter: http://www.idn.uni-bremen.de/chemiedidaktik/material/NiU%20Basis-konzepte%20Beitrag%20Eilks% 20ungekuerzt.pdf (abgerufen am 05.08.2014). 14 LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022)
LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE III Hinweise für den Unterricht Vorabfassung – wird durch die lektorierte Fassung ersetzt werden. Die Denkmodelle werden zur Erklärung naturwis- Gestaltung des Unterrichts senschaftlicher Phänomene herangezogen. Hierzu werden Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Aufbaus der zielgerichtet Vermutungen aufgestellt, die in geeigneten Materie werden häufig sehr kritische Rückmeldungen Experimenten widerlegt oder bestätigt werden. von Schülerinnen und Schülern festgestellt. Der Unter- richt sollte daher so gestaltet werden, dass die Erarbei- Die Beispiele für das Arbeiten mit Modellen sollten so tung einer Vorstellung vom diskontinuierlichen Aufbau ng gewählt werden, dass die Schülerinnen und Schüler die der Materie in einer nicht zu langen Zeitspanne erfolgt. Einsicht in die prinzipielle Begrenztheit von Modellen er- Der Unterricht sollte den Schülerinnen und Schülern die fahren können. Die in den Fachanforderungen genannte Gelegenheit und Unterstützungen für die eigene Kons- Reihenfolge der verwendeten Modelle ist zu beachten. truktion des Wissens geben und mit schülerorientierten Elementen ausgestaltet werden. Die stofflich-phänome- su Das verwendete Modell muss nologische Ebene und die Erklärung auf der Basis des ∙ zum Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler Atombaus müssen eng aneinandergebunden werden. passen, ∙ einen motivierenden Charakter besitzen, 5 Mathematisierung im Chemieunterricht ∙ anschaulich sein, as ∙ nicht zu komplex sein, Mit Einführung der Bildungsstandards im Fach Chemie ∙ die Erkenntnisgewinnung fördern, für die Allgemeine Hochschulreife steigt in der Sekun- ∙ von den Lernenden weiterentwickelt werden können. darstufe II der geforderte Grad der Mathematisierung – insbesondere im Profilunterricht. Es ist daher wichtig, bei Darüber hinaus sollte der Eindruck vermieden werden, der Unterrichtsplanung die folgenden vier Grundideen bf dass ein Modell ein Universalwerkzeug für die Beschrei- zu berücksichtigen. bung verschiedenster Phänomene ist. Entscheidend ist ∙ Mathematisierung im naturwissenschaftlichen Unterricht die Erkenntnis, dass Modelle keine Beweiskraft besitzen, darf nie Selbstzweck sein. Sie muss immer dem tieferen sondern mehr oder weniger brauchbar sind, um natur- Verständnis chemischer Zusammenhänge dienen, also ra wissenschaftliche Phänomene zu erklären. dem Kompetenzfortschritt der Schülerinnen und Schü- ler. Sie ist nur Mittel zum Zweck! Der Prozess der Modellbildung ∙ Mathematisierung findet ausschließlich innerhalb Unabhängig von der konkret im Unterricht verwende- gewählter Kontexte statt – und auch nur dann, wenn Vo ten Methode sollte der Prozess der Modellbildung von daraus ein tieferes Verständnis der Kontexte resultiert. einer konkreten Beobachtung oder einem Phänomen Dies dient der Transparenz des Unterrichts und damit ausgehen. Im ersten Schritt sollten wesentliche Merkmale der Akzeptanz notwendiger Mathematisierungen. dieses Phänomens / der Beobachtung herausgearbeitet ∙ Im Mittelpunkt der Mathematisierung stehen in erster werden, aus denen dann eine modellhafte Darstellung Linie die Verstehensprozesse der Schülerinnen und konstruiert werden sollte. Nach Festlegung der Konstruk- Schüler für chemische Zusammenhänge und nicht das tionsdaten werden die theoretische Modellkonstruktion Erlernen von Algorithmen im Vordergrund. und die Modellvorstellungen formuliert. Eine gegen- ∙ Mathematisierung erfordert in besonderem Maße die ständliche Darstellung des Modells kann dieses veran- Berücksichtigung der Heterogenität der Lerngruppen schaulichen. Abschließend sollte das Modell an Phäno- durch geeignete differenzierte Unterstützungsmaßnah- men / an der Beobachtung überprüft werden. men. Beispielsweise ist es möglich, Formelzusammen- hänge durch geeignete Verbalisierung, durch Nähe- rung, durch gezieltes Probieren oder durch grafische Umsetzung zu erschließen LEITFADEN ZU DEN FACHANFORDERUNGEN CHEMIE (2022) 15
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