Lisa Krall - gender thoughts New Perspectives in Gender Research Working Paper Series
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gender thoughts New Perspectives in Gender Research Working Paper Series 2020, Volume 1 Lisa Krall Agentieller Realismus meets Epigenetik. Versuch eines diffraktiven Lesens
gender thoughts New Perspectives in Gender Research Working Paper Series (ISSN 2509-8179) EDITORS-IN-CHIEF Christoph Behrens, Julia Gruhlich, Solveig Lena Hansen, and Susanne Hofmann Gender(ed) Thoughts Goettingen as a scholarly platform for discussion and exchange on Gender Studies. The series project-related results. - ments to each contribution. The series aims at interdisciplinary exchange among Humanities, Social as an individual and social perspective in academia and day-to-day life. 2020, Volume 1 Lisa Krall Agentieller Realismus meets Epigenetik. Versuch eines diffraktiven Lesens Suggested Citation Krall, L. (2020) Agentieller Realismus meets Epigenetik. Versuch eines diffraktiven Lesens. Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series, Vol. 1 https://dx.doi.org/10.3249/2509-8179-gtg-12 Göttingen Centre for Gender Studies Georg-August-Universität Göttingen Centrum für Geschlechterforschung Platz der Göttinger Sieben 7 D - 37073 Göttingen Germany
gender thoughts New Perspectives in Gender Research Working Paper Series 2020, Volume 1 DOI: 10.3249/2509-8179-gtg-12 Agentieller Realismus meets Epigenetik. Versuch eines diffraktiven Lesens Lisa Krall, M.A. Universität zu Köln; lkrall@uni-koeln.de Zusammenfassung In diesem Artikel gehe ich der Frage nach, wie sich mit Karen Barads agentiellem Realismus umwelt- epigenetische Studien lesen lassen. Barad bietet eine diffraktive Methodologie an, beschreibt aber auch in neusten Texten noch auf der Suche nach passenden Werkzeugen zu sein, um Verschränkun- gen zu untersuchen (vgl. Barad 2017). Mich interessiert, wie ich Intra-aktionen und Verschränkungen in der umweltepigenetischen Forschungspraxis aufspüren kann und welche Hinweise Barad sowie das Feld der Epigenetik selbst dafür bieten. Für mein Dissertationsprojekt arbeite ich Verbindungspunkte zwischen Barads Theorie und meinem Anwendungsbeispiel (Umweltepigenetik) heraus. Diese An- knüpfungspunkte bieten mir Orientierung in den Analysen umweltepigenetischer Studien, in denen ich eine agentiell realistische Lesart vorschlage und ein diffraktives Lesen vornehme. Schlagworte Dualismen; Verschränkungen; Karen Barad; agentieller Realismus; diffraktive Methodologie; (Um- welt-)Epigenetik Abstract In this article I discuss how to read studies from the field of environmental epigenetics with Karen Barad agen ial reali m. Barad developed a diffractive methodology but also in her latest work ques- tions how to further find suitable tools for considering entanglements (Barad 2017). I am interested in how to trace intra-actions and entanglements in epigenetic research and which guiding principles for hi projec I can find in Barad ork a ell a in epigene ic . In m PhD projec I ork o link be een Barad ork and en ironmen al epigene ic hich ill g ide m anal i of epigene ic d- ies. My aim is to propose an agential realistic interpretation and undertake a diffractive reading of environmental epigenetics. Keywords Dualisms; entanglements; Karen Barad; agential realism; diffractive methodology; (environmental) epigenetics Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 30
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik sche Unterschiede zwar nicht mehr explizit als Ausgangspunkt Erklärung und Rechtfertigung für soziale Un- gleichheiten herangezogen, wie bis ins 20. Binäre Einteilungen beschäftigen kritische The- Jahrhundert der Fall,2 doch wird hier nach wie orien seit langem, so auch die Gender Studies. vor der Anschein naturgegebener Geschlechter- Hier wird „dichotomes Denken in gegenläufigen und unterschiede fortgeschrieben. Damit setzen sich einander ausschließenden Kategorien (männlich-weiblich, Geschlechterforschung und vor allem feministi- öffentlich-privat, Kultur-Natur, rational-irrational, sche Naturwissenschaftsforschung schon produktiv-reproduktiv etc.) kritisiert“ (Hofmeister, geraume Zeit auseinander (vgl. z.B. Ebeling, Katz 2011: 377). Eine zentrale Rolle dabei spielt Schmitz 2006), denn: „In the West, biological ex- der Dualismus von Natur und Kultur und viele planations appear to be especially privileged over other Geschlechterforscher_innen gehen davon aus, ways of explaining differences of gender, race, or class dass aus dieser Dichotomie zahlreiche kontra- (O m 2005: 3). diktorische Pole abgeleitet werden, die zudem In diesem Artikel soll deutlich werden, warum geschlechtlich kodiert sind und in hierarchi- die Beschäftigung mit dem biomedizinischen schen Verhältnissen stehen (vgl. Schmitz 2006: Feld der Umweltepigenetik dennoch für Ausei- 334). Daher sehen viele der Forscher_innen die nandersetzungen mit Dualismen in der Notwendigkeit, auf die Reduktion der Bedeu- Geschlechterforschung fruchtbar ist, indem ihr tungskraft und die Auflösung von Dualismen Umgang mit und Changieren zwischen binären hinzuarbeiten. Denn würden dualistische Kon- Einteilungen herausgearbeitet wird. Als an- zepte an Überzeugungskraft verlieren, könnte schlussfähig dafür erweisen sich Arbeiten, die ein Denken in komplexeren Zusammenhängen dem sogenannten New Materialism zugeordnet sowie differenziertere Erklärungsmodelle an werden. Damit wird ein heterogenes Feld inter- Bedeutung gewinnen und in der Konsequenz disziplinärer Arbeiten bezeichnet, die an Geschlechterhierarchien und Heteronormativi- unterschiedliche feministische Denktraditionen tät nicht mehr als naturgegeben aufrechterhalten anknüpfen und in ihren Theorien über eine werden. Trennung und Hierarchisierung von Körper Epigenetik bietet auch außerhalb der Natur- und Geist, Bewusstsein und Materie und vielen wissenschaften ein interessantes Unter- weiteren Dualismen hinausgehen und dabei suchungsfeld um sich mit Dualismen zu be- nicht bloß gegen binäre Einteilungen argumen- schäftigen, da hier Verschränkungen von Natur tieren, sondern auch die Agency von Materie und Kultur stattfinden und „die sogenannte nature- thematisieren. nurture-Kontroverse nicht mehr greift“ (Weigel 2010: Karen Barad fragt dabei beispielsweise nach 122). Doch das Verhältnis von Geschlechterfor- der Funktionsweise des Differenzierens und des schung zu Naturwissenschaften ist kein Setzens von Grenzen zwischen binär gedachten einfaches. Denn Naturwissenschaften besitzen Polen. Ihre Arbeiten scheinen besonders pas- eine hohe gesellschaftliche Deutungs- und Gel- send für dieses Projekt, da sie zwei zentrale tungsmacht, die auch Geschlechterwissen Voraussetzungen macht: Erstens benötigen wir betrifft, und tragen in besonderer Weise zur nach Barad für unsere Analysen einen Aus- Naturalisierung und Legitimierung von Zweige- gangspunkt, der die beiden Pole eines schlechtlichkeit bei.1 Inzwischen werden in Dualismus nicht als gegeben voraussetzt, son- naturwissenschaftlichen Forschungen biologi- 2 Heinz-Jürgen Voss veranschaulicht dies am Beispiel 1 Auch sozialwissenschaftliche Forschungen zu Ge- von Hirnforschungen zwischen dem 18. und 20. schlechterdifferenzen können naturalistische Jahrhundert und zeigt rassistische und sexistische Be- Vorstellungen von Zweigeschlechtlichkeit zementie- gründungszusammenhänge für die Hierarchisierung ren. Naturwissenschaften gelingt dies aber in von Männern* und Frauen* sowie Personen aus dem besonderer Weise durch ihren Bezug zu Körpern globalen Süden und Norden auf (Voß 2010: 168- und Biologie. 182). Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 31
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik dern die Schni e ( cuts ) fok ier , die Un er- Methodologie bezeichnet; dem möchte ich im scheidungen produzieren. Mit dem Fokus auf Folgenden nachgehen. Nach einem kurzen Ein- die grenzziehenden Schnitte und unterschei- blick in das breite Feld der Epigenetik werde ich denden Praktiken entsteht ein Perspektiv- einige zentrale Annahmen und Begriffe Barads wechsel, der Dualismen als wirkmächtig, nicht vorstellen, um dann zu diskutieren, wie ein dif- aber als immer schon gegeben anerkennt. Es gilt fraktives Lesen vollzogen werden könnte. also ihre Konstruktionen und Herstellungen zu Schließlich geht es darum vorzustellen, wie eine untersuchen und zu begreifen, wie sie zustande agentiell realistische Lesart umweltepigeneti- kommen, ohne sie als inhärent und feststehend scher Studien aussehen und welche Einblicke aufzufassen. sie für die Geschlechterforschung bieten kann. „Die mit Barad verschobene Problematisierung rückt vor die Frage des Wie, der Beschaffenheit des Sozialen und der gesellschaftlichen Entwicklungen den Blick auf die 1. Epigenetik Apparate als spezifische Praktiken der Unterscheidung Der Begriff Epigene ik ird a f Conrad H. zwischen Natur – Kultur, menschlich – nicht- Waddington zurückgeführt, der diesen in den menschlich. Diese Unterscheidungen sind Phänomene der fortlaufenden Intra-aktivität der Welt, die die Bestimmt- 1940er Jahren prägte. „The term ‘epigenetic’ was heiten des Sozialen, der Gesellschaft, des Menschlichen coined by Waddington to refer to the ways in which the produzieren und der Dynamik der Bestimmtheit/ Un- developmental environment can influence the mature bestimmtheit ausgesetzt bzw. an ihr beteiligt sind“ phenotype (Gl ckman, Han on, Beedle 2007: (Bath et al. 2013: 13). 147, H.i.O.). Charakteristisch für sein Verständ- Durch das Unterscheiden konstituieren sich nis war der Blick auf den Zusammenhang von binäre Pole, d.h. aber auch, dass sie nicht prä- Entwicklung und Umwelteinflüssen, doch setzte existent und ahistorisch sind. Ein zweiter sich der Begriff damals nicht flächendeckend zentraler Punkt sind die materialisierenden Ef- durch. Epigenetische Forschung, wie sie heute fekte der Grenzziehungen und diese zu üblich ist, entstand seit Mitte der 1990er Jahre. verstehen. Bezugnehmend darauf entwirft Ba- Seitdem wurden unzählige Studien veröffent- rad einen posthumanistischen Ansatz, nach dem licht und es hat sich ein heterogenes Feld an den materialisierenden Praxen nicht nur entwickelt, in dem Forschende mit verschiede- Menschen beteiligt sind und Performativität nen disziplinären Hintergründen unter- nicht nur menschliches Handeln bezeichnet. schiedliche Phänomene untersuchen. Prominent Dabei warnt sie davor nicht-menschliche Ak- vertreten sind z.B. die Neurowissenschaften teure einfach mit einzubeziehen und entwickelt und Psychologie, Krebs- und Tumorforschung. in ihrem Konzept des agentiellen Realismus Von zentralem Interesse sind Mechanismen, die einen Ansatz, um die Intra-aktionen verschie- mit der Genaktivität zusammenhängen, und denster Agentien und die agentiellen Schnitte zu man versucht herauszufinden, durch welche untersuchen. Einflüsse und Prozesse Gene in/aktiviert wer- Ich gehe erstens der Annahme nach, dass den und welche Folgen das hat. Untersucht umweltepigenetische Forschungsarbeiten alter- wird, was das Ablesen aktivierter Gene (Genex- native Perspektiven eröffnen, die neben pression) beeinflusst und welche phäno- deterministischen Konzepten und binären Ein- typischen Veränderungen und Erkrankungen teilungen auch deren Auflösungen und dies hervorbringen kann. Dabei wird nicht das Verschränkungen zeigen, und dass sich dies Genom selbst verändert, sondern die Markie- zweitens mit einer agentiell realistischen Lesart rungen auf DNA-Abschnitten, die das Ablesen herausarbeiten lässt. Doch wie ist dies möglich? dieser ermöglichen oder verhindern können. Eine Herausforderung besteht in der Umset- „Epigenetic processes, a term that today implies altera- zung dessen, was Barad als diffraktive tion of gene expression by chemical modification 32 Gender[ed] Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik (‘marking’) of chromatin–either of DNA without Ich gehe davon aus, dass die angenommene change in the underlying nucleotide sequence or of Trennbarkeit binärer Sphären in der Betrach- DNA-binding proteins leading to alteration of DNA tung des Feldes nicht mehr als inhärent packing around the histone code–or by specific binding of begriffen werden kann, da Körper hier nicht small RNA molecules” (Gluckman, Hanson, Bee- nur der Natur oder der Biologie zugeordnet dle 2007: 147, H.i.O.). werden, sondern auch sozio-kulturellen Kontex- Zudem ist von Interesse, inwieweit diese verän- ten. Genau an diesem Punkt eröffnet die derten Markierungen (Expressionsmuster) Umweltepigenetik meines Erachtens die Mög- vererbt werden; strittig ist, ob sie ausschließlich lichkeit zu veranschaulichen, dass binär an die nächsten Zellen (intragenerationell) oder gedachte Pole ineinander übergehen und es sich auch an die Nachkommen (inter- oder transge- nicht um statische Entitäten handelt. Somit wird nerationell) weitergegeben werden. Epi- ein anderes Verständnis ermöglicht, nach dem genetische Studien unterscheiden sich sehr stark es keine dualistische Trennbarkeit als solche in ihren Gegenstandsbereichen, in den unter- gibt, sondern wir es vielmehr mit materialisie- suchten Folgen sowie Einflüssen. Gefragt wird renden Praxen des Differenzierens zu tun zum Beispiel: (Wie) Wirkt sich Mangelernäh- haben, die agentielle Schnitte erlassen. Dies zu rung auf epigenetische Prozesse aus und führt verdeutlichen lässt dann eine Fokusverschie- so zu erhöhtem Risiko, an Schizophrenie zu bung und ein Ausgehen von Verschränkungen erkranken? Kann erhöhter Stress das Auftreten und Un/Bestimmtheiten zu. Nun möchte ich von Diabetes über epigenetische Mechanismen aber zunächst diese Begrifflichkeiten im Kon- erklären? Oder: Treten die Erkrankungen auch text des agentiellen Realismus etwas näher noch in den nächsten Generationen auf auch erörtern. wenn diese den auslösenden Umwelteinflüssen gar nicht mehr selbst ausgesetzt sind? Auf diese und weitere Fragen gibt es selten definitive Aus- 2. Barads agentieller Realismus sagen. Häufig werden Wissenslücken formuliert und darauf verwiesen, dass es bestimmte Me- In ihren Arbeiten entwirft die feministische chanismen oder Zusammenhänge noch zu Wissenschaftsforscherin und Physikerin Karen (er)klären gilt. So formulieren Eva Jablonka und Barad ein Verständnis von Welt, nach dem Gal Raz: „our discussion is inevitably, somewhat specu- nicht von separaten Entitäten auszugehen ist, lative” (Jablonka, Raz 2009: 162). die unabhängig voneinander entstehen und In der Epigenetik geht es existieren, vielmehr sei alles miteinander un/trennbar verschränkt. „um Regelkreise, Dynamiken und Wechselwirkungen auf der DNA-Ebene und darüber hinaus um das Zu- „Entanglements are not unities. They do not erase differ- sammenspiel mit der zellulären, physiologischen und ences; on the contrary, entanglings entail differentiatings, organismischen Umwelt“ (Lux, Richter 2014: xiv). differentiatings entail entangling. One move – cutting together-apart” (Barad 2014: 176, H.i.O.). Als umweltepigenetische Forschungen werden solche bezeichnet, die sich auf Effekte körper- Der Grund dafür, dass wir dennoch separate äußerer Umwelteinflüsse richten. Mich Entitäten wahrnehmen, liegt in der agentiellen interessieren vor allem jene Arbeiten, die Ein- Trennbarkeit der Phänomene.3 Im Unterschied flüsse aus der körperäußeren Umwelt zu der Vorstellung, dass es eine inhärente untersuchen, also z.B. traumatische Erlebnisse und Erfahrungen oder bestimmte Ernährungs- 3 Barad baut viele ihrer Gedanken auf den Arbeiten des Quantenphysikers Niels Bohr und entlehnt auch sei- weisen. Denn hier werden Wechselwirkungen nen Begriff des Phänomens, um die Verschränktheit zwischen den üblicherweise strikt getrennten und Un/Bestimmbarkeit zu betonen: „phenomena are Bereichen Natur und Kultur untersucht, wobei what physics describes, not some presumbly independently exis- ting object (which the failure of separability devices)“ (Barad ihre Verschränkungen zu Tage treten können. 2007: 320). Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 33
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik Trennbarkeit gibt, da Entitäten immer schon in traditionellen realistischen Verständnis, nach einer bestimmten Form existieren, ermöglicht dem wir uns die Welt erschließen, die Natur die agentielle Trennbarkeit gleichzeitig Zusam- beforschen und Phänomene entdecken können, mengehören und Verschränktsein mit die unabhängig von uns existieren. Unterscheiden und Getrenntsein zu denken: „The ontology of the world is a matter of discovery for the „differentiating is not a relation of radical exteriority, traditional realist. The assumed one-to-one correspond- but of agential separability, of exteriority-within. Intra- ence between scientific theories and reality is used to actions cut things together-apart (as one movement)” bolster the further assumption that scientific entities are (Barad 2012b: 32, H.i.O.). Um diese zunächst unmarked by the discovers: nature is taken to be revealed vielleicht widersprüchlich klingende Vorstel- by, yet independent of, theoretical and experimental lung, in denen für gewöhnlich Entgegen- practices, that is, transparently given” (Barad 2007: 41). gesetztes (Außen/Innen, zusammen/getrennt) nun verschränkt ist, zu beschreiben, führt Barad Entgegen eines dekonstruktivistischen Ver- den Begriff der Intra-aktion ein: ständnisses fokussiert Barad aber nicht allein auf die Rolle der Forschenden und von Sprache, „My reading is that the measured properties refer to Macht und Diskursen, sondern betont das Zu- phenomena, remembering that phenomena are physical- conceptual ‘intra-actions’ whose unambiguous account sammenspiel von Diskursen und Materie. Die requires ‘a description of all relevant features of the ex- Wirkmacht und Gestaltungskraft haben dabei perimental arrangement.’ I introduce the neologism nicht nur die Forschenden, sondern alle_s. Oh- ‘intra-action’ to signify the inseparability of ‘objects’ and ne konkrete Agentien zu nennen, erklärt sie: ‘agencies of observation’ (in contrast to ‘interaction’, „Of interest then are not only practices by which humans which re-inscribes the contested dichotomy)” (Barad make distinctions but also practices of differentiating 1998: 96, H.i.O.). engaged in by nonhumans, whereby nonhumans differen- Durch Intra-aktionen werden agentielle Schnitte tiate themselves from their environment, from other erlassen und un/bestimmte Phänomene konsti- nonhumans, and from humans, as well as from other tuiert. Mit der Schreibweise des Schrägstrichs others. To be more precise, the point is not merely to wird die Gleichzeitigkeit von trennbar und un- include nonhumans as well as humans as actors or trennbar und somit von bestimmt und agents of change but rather to find ways to think about the nature of causality, agency, relationality, and change unbestimmt deutlich, welche die zentrale Idee without taking these distinctions to be foundational or des agentiellen Realismus ist. Anders als nach holding them in place” (Barad 2012b: 32). einem klassisch realistischen Verständnis, nach Akteure oder Agentien sind demnach nicht bloß dem es inhärente Entitäten mit fixen Größen Menschen. Darüber hinaus bricht Barad mit der und festen Bedeutungen gibt, die entdeckt und Vorstellung, dass Agency im Sinne von Hand- abgelesen werden können, geht der agentielle lungs- oder Wirkmacht etwas ist, das besitzbar Realismus davon aus, dass alle Phänomene erst ist, sondern: „Agency is a matter of intra-acting; it is und immer wieder agentiell konstituiert werden. an enactment, not something that someone or something Damit ist nicht gemeint, dass durch Benennun- has. Agency cannot be designated as an attribute of gen und Diskurse Dinge erst entstehen und subjects or objects (as they do not preexist as such)” Bedeutung erhalten, sondern dass durch vieles (Barad 2007: 214). mehr als nur Sprache die Phänomene materiali- Dadurch, dass sie die Aufmerksamkeit auch auf siert sind. Ihr Zustand ist kein fester und nicht-menschliche Agencies lenkt, verbindet sie dauerhafter, sondern getrennt und ungetrennt, nicht nur eine epistemologische mit einer onto- bestimmt und unbestimmt sind auch ontolo- logischen Ebene, sondern auch eine ethische. gisch so nah beieinander, dass nie nur eines gilt. Barad thematisiert nicht nur Fragen nach der Ihre Beispiele entnimmt Barad häufig naturwis- Herstellung von Wissen und den Wirkungen senschaftlichen Forschungen; ihr agentieller von Erkenntnisprozessen, sondern sagt auch Realismus ist aber ein Gegenentwurf zu einem 34 Gender[ed] Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik etwas darüber, wie wir gemeinsam z.B. als erkennen. Dazu habe ich mir zunächst Barads Beobachtende und Beobachtetes Welt herstel- Vorgehen angeschaut und bin dann explizit den len. Kein Phänomen existiert unabhängig oder Ausführungen zu ihrem eigenen methodischen isoliert, sondern immer verschränkt und als Vorgehen gefolgt, das sie diffraktives Lesen Ergebnis von Intra-aktionen. Dies ernst zu nennt und das ich im Folgenden etwas genauer nehmen bedeutet, den onto-epistemologischen vorstellen möchte, um dann die Anwendung auf Ansatz um einen ethischen auszuweiten „ethi- umweltepigenetische Forschungsarbeiten zu co-epistem-onto-logy“ (Barad 2000: 225) und eine diskutieren. verantwortungsvolle Haltung, z.B. als For- schende, einzunehmen: „this requires a methodology that is attentive to, and responsive/responsible to, the 3. Diffraktive Methodologie specificity of material entanglements in their agential Barads Vorschlag für ein verantwortungsvolles becoming” (Barad 2007: 91). Forschen ist das diffraktive Lesen: Zentral ist nicht bloß zu sagen, dass auch nicht- „My approach is to diffractively read these important menschliche Agencies Teil der Intra-aktionen und insights from natural and social theories through one somit von Phänomenen sind, sondern das Zu- another in an effort to produce an account of naturalcul- gestehen und Anerkennen dieser Intra-aktivität tural practices and agencies” (Barad 2007: 232). in der eigenen Forschungspraxis umzusetzen. Sie nutzt gleichermaßen natur- und sozialwis- Die Herausforderung besteht dabei darin, den senschaftliche Theorien wie die von Niels Bohr, Blick von gewohnten Einteilungen und Erklä- Judith Butler, Jacques Derrida, Michel Foucault rungen zu lenken und aufmerksam zu sein für und anderen. Am physikalischen Phänomen der andere Agentien.4 Denn „agency is […] a doing, Diffraktion, dem Überlagern von Wellen, ver- it’s the very possibilites for reworking and opening up anschaulicht sie, dass wir es in der Welt mit new possibilities, for reconfiguring the apparatuses of Verschränkungen zu tun haben. Genau wie die bodily reproduction” (Barad 2012a: 17). Sich dieser sich überlagernden Wasserwellen, die entstehen, Schwierigkeit zu stellen und offen zu sein für wenn wir einen Stein in einen See schmeißen, Anderes, um Neues erkennen zu können, ist sind die Phänomene zu verstehen, die agentiell Kern eines verantwortungsvollen Forschens im auseinandergeschnitten und somit unterscheid- agentiell realistischen Sinne, das sich entfernt bar werden, aber nicht separiert, sondern immer von der Vorstellung passiver Forschungsobjek- auch Teil von Verschränkungen sind. Mit Bezug te, die es gilt richtig zu erforschen oder zu auf das physikalische Phänomen der Diffraktion messen. „Accountability and responsibility must be verdeutlicht sie, dass alles auf unübersichtliche, thought in terms of what matters and what is excluded komplexe Weise miteinander verschränkt und from mattering” (Barad 1998: 118). Menschen sind wie Wellen überlagert ist, und distanziert sich dabei nicht allein verantwortlich, sollten sich der von der Vorstellung separater, inhärenter und Verantwortung aber auch nicht entziehen. fixer Entitäten. Mein Projekt ist es dem nachzuspüren, was Mit Barads agentiellem Realismus habe ich sich in umweltepigenetischen Forschungspraxen einen Ansatz gefunden, der die Wirkung von neben dem Offensichtlichen noch zeigt und Differenzen anerkennt, binäre Einteilungen und materialisiert. Da sich Barads Arbeiten als pas- Grenzziehungen erforscht und sie dabei nicht send dafür erweisen, dies umzusetzen, geht es als gegeben und unveränderbar versteht, son- mir in diesem Artikel darum zu diskutieren, wie dern ihr Entstehen nachvollziehbar machen will es nun möglich ist neue Rekonfigurationen zu und somit ihre Temporalität und Kontextab- 4 Die Schwierigkeit dies umzusetzen zeigt sich in der hängigkeit herausarbeitet. Barad betont dabei Ambivalenz, dass das Eingestehen von Agency kein die Verschränkungen und wie durch „cuts“ Un- menschlicher Akt sein sollte, wie Barad in einem In- bestimmtheiten zu Bestimmtheiten und terview anspricht (vgl. Barad 2012a: 17). Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 35
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik Entitäten werden. Genau hier liegt aber auch naturwissenschaftlicher, poststrukturalistischer die Herausforderung, wie sie selbst schreibt, und wissenschaftstheoretischer Annahmen. wenn sie fragt: „what analytical tools might we use to Sehr plastisch macht Barad es in ihren Texten understand not merely the entanglements of phenomena Quantum Entanglements and Hauntological Relations across scales but the very iterative (re)constituting and of Inheritance (2010) und Diffracting Diffraction: sedimenting of specific configurations of space, time, and Cutting Together-Apart (2014). Im erst genannten matter?” (Barad 2017: G109, H.i.O.). reiht sie verschiedene Teile als Szenen betitelt Mit Diffraktion greift Barad nicht nur ein gro- aneinander und benennt in jeder Szene, was ßes Thema der Physik auf, sondern schließt miteinander diffraktiert. So veranschaulicht sie auch an Donna Haraways Auseinandersetzun- zum Beispiel die Verschränkungen folgender gen mit dem Begriff an und entwickelt davon Phänomene: ausgehend ihr eigenes methodisches Vorgehen: „1941 [a mysterious and risky visit by German physi- „Diffraction is also an apt metaphor for describing the cist Werner Heisenberg […] to Danish physicist Niels methodological approach that I use of reading insights Bohr […] in Nazi-occupied Denmark at the height of through one another in attending to and responding to Nazi domination during WWII)/ diffracted through the details and specifies of relations of difference and how 1998 [Michael Frayn’s Tony Award-winning play they matter” (Barad 2007: 71). Copenhagen; a ghostly play about science, politics, ethics, Ihre diffraktive Methodologie beinhaltet ein responsibility, and uncertainty]/ diffracted through Kombinieren und wie sie schreibt durcheinan- 1927 [key year in the development of quantum phys- ics]/ diffracted through 1945 [August 6: U.S. drops der hindurch Lesen von Einsichten aus natur- atom bomb on Hiroshima” (Barad 2010: 241, und sozialwissenschaftlichen Theorien und H.i.O.). diese miteinander in Konversation bringen, um Damit bringt sie nicht nur verschiedene Texte, neue Perspektiven zu ermöglichen. Daher ori- Perspektiven und Autor_innen miteinander in entiere ich mich in den Analysen umwelt- Konversation, sondern auch unterschiedliche epigenetischer Arbeiten an Barads Arbeiten. Zeiten und Räume. Ziel ist es, ein Gefühl für Eine Herausforderung dabei ist das gleichbe- die Intra-aktivität und agentielle Trennbarkeit rechtigte Lesen der verschiedenen Quellen, die herzustellen und so Verschränkungen und mög- sich aus ganz unterschiedlichen Fachrichtungen liche neue Konfigurationen aufzuzeigen (vgl. speisen können. Das ist aber, was sie betont: Barad 2010: 243). Durch ihr durcheinander „Importantly, it is crucial that in using a diffractive hindurch Lesen unterschiedlicher Texte, zeigt methodology one is attentive to fine details of different sie beispielsweise die Resonanz zwischen Derri- disciplinary approaches. What is needed are respectful das Theorie und Quantenphysik und somit engagements with different disciplinary practices, not coarsegrained portrayals that make caricatures of another konsequent Verschränkungen, sowohl auf onto- discipline from some position outside it. My aim in de- logischer als auch auf epistemologischer Ebene. veloping a diffractive methodology is to attempt to remain Wie schon Haraway schrieb, geht es bei Dif- rigorously attentive to important details of specialized fraktion nicht nur darum Differenzen zu arguments within a given field without uncritically en- verstehen, sondern auch um eine kritische Pra- dorsing or unconditionally prioritizing one (inter-) xis „for making a difference in the world. […] a critical disciplinary approach over another” (Barad 2007: 93). practice of engagement” (Barad 2007: 90). Machen In ihrer Monographie (2007) gibt es einige Stel- wir uns unser eigenes Beteiligtsein bewusst, ist len, an denen Barad ihre diffraktive Metho- eine verantwortungsvolle Haltung möglich. dologie anspricht, explizite Beschreibungen „Diffraction is not a set pattern, but rather an iterative ihres genauen Vorgehens sind jedoch rar. Zu- (re)configuring of patterns of differentiating-entangling” gleich sind all ihre Texte Beispiele und Resultate (Barad 2014: 168). In diesem jüngeren Text geht eines diffraktiven durcheinander hindurch Le- Barad der feministischen Auseinandersetzung sens quantenphysikalischer und anderer mit Differenzen und Diffraktion nach und 36 Gender[ed] Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik bringt dafür verschiedene Autor_innen, Zeiten Astrid Schrader liest in ihren Texten nicht nur und Orte miteinander in Konversation: Trinh Barads Theorie mit naturwissenschaftlichen Minh-ha (Santa Cruz, 1988), Francesco Grimal- Forschungsgegenständen wie Algen (2010), di (Bologna, 17. Jahrhundert), Gloria Anzaldúa Käfern (2015) oder Mikroben (2017) durchei- (Santa Cruz, vor 1987) und Thomas Young nander hindurch, sondern kombiniert diese um (England, 1800), um nur einige wenige zu nen- weitere Arbeiten wie die von Jacques Derrida nen. So wird der Text selbst zum und Martin Heidegger. Dadurch werden ihre Diffraktionsexperiment und verdeutlicht, dass Texte nicht nur sehr anspruchsvoll, sondern wir es in der Welt mit Verschränkungen zu tun eröffnen mit dieser eher ungewohnten Kombi- haben. nation auch neue Einsichten, die wissen- Hinweise auf meine Frage, wie ein diffrakti- schaftlich relevante und forschungsbezogene ves Lesen anzuwenden ist, können neben Themen über Disziplingrenzen hinaus anspre- Barads eigenen Texten auch Autor_innen ge- chen. In ihrem jüngsten Text zeigt Schrader ben, die ebenfalls mit ihrer Theorie arbeiten. Es anhand von Mikroben, dass „bodies are now beco- gibt zahlreiche Personen, die von Barads agenti- ming intra-active processes“ (Schrader 2017: 2) und ellem Realismus inspiriert sind und mit ihren hinterfragt darin binäre Grenzziehungen wie die ganz unterschiedlichen Gegenständen und in zwischen Tier/Mensch und Leben/Tod. Dies verschiedenen (inter-)disziplinären Auseinan- gelingt ihr aufgrund eines durcheinander hin- dersetzungen damit arbeiten (vgl. z.B. Bath et al. durch Lesens von feministischen Wissenschafts- 2013). Da ich mich mit einer Naturwissenschaft theorien, Derridas Dekonstruktion von Heideg- beschäftige, bieten mir zunächst einmal diejeni- gers Zeitbegriff sowie Forschungen zu gen Arbeiten Orientierung, die ebenfalls Meeresmikroben in Phytoplankton. In vorheri- naturwissenschaftliche Phänomene und For- gen Arbeiten entwickelte Schrader ebenfalls schungen mit Barads Theorien verknüpfen. andere Lesarten naturwissenschaftlicher For- Zwei Beispiele möchte ich aus diesem Grund schungen, in dem sie diese vor allem mit abschließend kurz vorstellen. Barad chen nd Derrida chen Gedanken nd Rebecca Yoshizawa geht es in ihrer Disserta- Begrifflichkeiten in Konversation brachte. tionsschrift Placentations: Agential Realism and Das sind nur zwei von vielen Arbeiten, die the Science of Afterbirths (2014) darum, Bil- sich auf Barads agentiellen Realismus beziehen dung und Struktur von Plazenten und die ich hier exemplarisch anführe, um einen naturkultürlich zu begreifen und zwar nicht nur, Eindruck zu vermitteln, mit welchen anderen um dies besser zu verstehen, sondern auch weil Phänomenen und Theorien dieser in Verbin- sie davon ausgeht, dass so neue ethische, theo- dung gebracht wird und zu welchen Einsichten retische und praktische Überlegungen bezüglich das führen kann. Als nächstes werde ich versu- Schwangerschaft, Bioethik, Umweltschutz, Ge- chen ein diffraktives Lesen umwelt- sundheit und vielem mehr entstehen können epigenetischer Studien mit Barads Annahmen (vgl. Yoshizawa 2014: iii; s. auch Yoshizawa durchzuführen und in Auszügen vorstellen. 2016). Mit Hilfe von Interviews, Beobachtun- gen und Analysen naturwissenschaftlicher Sekundärliteratur und sozialwissenschaftlicher 4. Agentiell realistische Lesart Literatur arbeitet sie heraus, wie sowohl diskur- epigenetischer Studien sive als auch materielle Praktiken zusammen Placenten hervorbringen. „I analyze anthropology Mein Interesse wird besonders davon geleitet, and feminist theory in the same ways that I analyze umweltepigenetische Forschungsarbeiten da- placental science: through the diffractive tools provided by raufhin zu befragen, welche Grenzziehungen agential realism” (Yoshizawa 2014: 30). und Verschränkungen das Feld zu Tage fördert. Teile meiner Texte und Materialien stammen Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 37
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik aus der Umweltepigenetik, zugleich bringe ich wie ein diffraktives Lesen umgesetzt werden Perspektiven der Geschlechterforschung und könnte und welche neuen Konfigurationen sich der feministischen Wissenschaftsforschung ein. darin zeigen. Dafür ziehe ich drei umweltepige- Es ist der Versuch einer materiell-diskursiven netische Studien heran, die in den letzten Jahren Auseinandersetzung, in der natur- und geistes- in renommierten Fachzeitschriften erschienen wissenschaftliche Themen in Verbindung sind, sowie Gedanken aus den Arbeiten von gebracht und ihre Grenzen brüchig werden. Die Barad, Schrader und Yoshizawa. Kombination verschiedener Perspektiven kann In vielen Studien formulieren Epigeneti- einen weiteren Blick auf Differenzen und deren ker_innen, dass sie etwas nicht mit Sicherheit Verschränkungen ermöglichen und so auch sagen können und (noch) nicht genau wissen: einer gesellschaftskritischen Geschlechterfor- „How [environmental factors, L.K.] mediate their in- schung nützen. Ich hoffe mit diesem Projekt, fluence is poorly understood, but likely involves non- das hier nur in Auszügen vorgestellt werden genetic mechanism“ (Gapp et al. 2014: 667). Damit kann, zeigen zu können, dass wir es nicht mit verbunden ist vermutlich die Vorstellung, dass inhärenten Entitäten zu tun haben und somit wir nur die richtigen Methoden oder Instrumen- binäre Gegenüberstellungen nicht die einzige te finden müssen, um etwas mit Bestimmtheit Erklärungs- und Einteilungsmöglichkeit sind. sagen oder feststellen zu können, entsprechend Mit einem diffraktiven Lesen eröffnen sich an- eines klassisch realistischen Verständnisses. dere Lesarten und Interpretationen auch Schrader macht stark, dass es Unbestimmtes naturwissenschaftlicher Phänomene. Das wird gibt, jedoch nicht aufgrund von Unwissen oder nicht einfach möglich durch ein Aufstülpen Unfähigkeit etwas herauszufinden: „Unlike epis- einer Theorie über eine andere, sondern eröff- temological uncertainties that refer to ‘gaps‘ in or net sich durch das gleichberechtigte incompleteness of human knowledge […], this indeter- durcheinander hindurch Lesen und die dadurch minacy is an ontological notion“ (Schrader 2010: entstehenden Synergieeffekte. Dies geht von der 283).5 In einer agentiell realistischen Lesart er- Annahme aus, dass es noch mehr zu entdecken öffnet sich mit Blick auf die Epigenetik noch gibt, wenn wir aus gewohnten Begriffen und etwas anderes: Es zeigt sich in der Formulierung Verständnissen heraustreten. Vor allem das von Wissenslücken auch, dass sich Forschende gleichberechtigte durcheinander hindurch Lesen nicht alles erschließen können, und dass es Un- bleibt eine große Herausforderung, auch weil es bestimmtes gibt, das partiell bestimmt wird, insgesamt wenig Hinweise für das konkrete aber dies keineswegs schon immer in bestimm- Arbeiten mit der diffraktiven Methodologie ter Form vorliegt und daher bloß entdeckt oder gibt. erforscht werden muss. Anstatt also die Wis- Meines Erachtens ist das Zusammenbringen senslücken mit Unwissen oder Unfähigkeiten so verschiedener Disziplinen und das diffraktive der Forschenden zu erklären, kann dies darauf Lesen da möglich, wo es thematische und be- hinweisen, dass vielzählige Agencies den For- griffliche Überschneidungen gibt in meinem schungsprozess beeinflussen und gestalten. Fall zwischen dem feministisch- Gehen wir davon aus, dass es nicht bloß die materialistischen Konzept des agentiellen Rea- Forschenden sind, die die Untersuchungen be- lismus und der Umweltepigenetik. Ich habe einflussen und Forschungsobjekte vermessen, daher einige zentrale Anknüpfungspunkte zwi- kann das Unwissen stattdessen als Hinweis auf schen Barads Annahmen und epigenetischen Un/Bestimmtheiten und Verschränkungen Studien herausgearbeitet, die ich als produktiv verstanden werden und auf die Intra-aktionen für das durcheinander hindurch Lesen erachte. Drei dieser Punkte werde ich im Folgenden 5 Sie knüpft hier an Barads Anführungen des Physiker- streits zwischen Werner Heisenberg und Niels Bohr kurz vorstellen und so einen Vorschlag machen, und ihren konkurrierenden Konzepten von Unschär- fe vs. Unbestimmtheit an (vgl. z.B. Barad 2007). 38 Gender[ed] Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik hindeuten, an denen Unzählige beteiligt sind. In herstellt. Auf epigenetischer Ebene verschrän- den expliziten Verweisen von Epigeneti- ken sich jetzt traumatische Erfahrung und ker_innen auf Wissenslücken, eröffnet sich so Genaktivität. Meine Annahme ist, dass mit der auch die Möglichkeit, diese nicht auf erkennt- Be eichn ng al Mi lerin ( media or ), al e - nisbasierte Schwächen zurückzuführen, sondern was, was dazwischengeschaltet ist, eindeutige, als onto-epistemologische Un/Bestimmtheiten binäre Grenzen verwässern und im diffraktiven zu begreifen. Lesen mit einem agentiell realistischen Ver- Ein zweiter interessanter Punkt in umwelt- ständnis ihre Untrennbarkeit verdeutlicht wird. epigenetischen Studien ist die Bezeichnung von Auch Barad betont das Dazwischen: „reality is epigenetischen Mechanismen als Mittler und als constituted by the ‘between’, the inseparability of nature das dazwischen Geschaltete. Viele Untersu- – cultural / world – word / physical – conceptual / chungen wollen zeigen, wie äußere Einflüsse material – discursive” (Barad 1996: 181, H.i.O.). So durch epigenetische Mechanismen auf das Ge- ermöglicht das Bezeichnen epigenetischer Me- nom transportiert und dann in phänotypische chanismen als Vermittler das Verschieben des Veränderungen übersetzt werden. Sie wollen Blickes von dualistischen Polen weg hin zu ih- etwas darüber aussagen, wie Gene und Umwelt, ren un/trennbaren Verschränkungen. wie außen und innen interagieren: „These studies Insgesamt und drittens treten in umweltepi- offer an opportunity to clearly define the nature of gene- genetischen Forschungsarbeiten zahlreiche environment interactions during development“ (Weaver Verschränkungen zu Tage. So zum Beispiel in et al. 2004: 852). der Studie von Abbas Ali Gaeini et al. (2016), in Katharina Gapp u.a. untersuchen die Bedeutung der der Einfluss von körperlicher Fitness und bestimmter RNAs6 im Mäusesperma für die Ausdauertraining vor und während der Schwan- Übertragung von Effekten, die durch frühen gerschaft auf den Knochenbau des weiblichen traumatischen Stress7 ausgelöst werden. Sie Nachwuchses und auf das Risiko im erwachse- gehen davon aus, dass die RNAs als Übermittler nen Alter an Osteoporose zu erkranken dienen, durch die Signale aus der Umwelt auf untersucht wird. Dafür wurden Mäuse vor und das Genom übertragen werden, was zu Verhal- während der Schwangerschaft untersucht und tensänderungen und Veränderungen im Stoff- verschiedenem Training ausgesetzt und an- wechsel über Generationen hinweg führt: schließend die Genexpression bestimmter „sncRNA are potential mediators of gene-environment Proteine und Rezeptoren beim weiblichen interactions that can relay signals from the environment Nachwuchs untersucht, die als Hinweise für die to the genome and exert regulatory functions on gene spätere Knochengesundheit dienen. activity“ (Gapp et al. 2014: 667). Hier finden nicht nur Verschränkung von Hier wird etwas beschrieben, welches die Ver- Müttern und Föten statt, sondern auch zeitliche bindung zwischen sonst getrennten Bereichen Verschränkungen:8 Die Zeit vor der Schwanger- und Binaritäten (Außen/Innen, Gen/Umwelt) schaft sowie währenddessen und das Erwachsenenalter des Nachwuchses sind von 6 Bei der Transkription der DNA öffnet sich ihre Dop- Interesse: pelhelixstruktur und die Stränge verbinden sich mit neuen Basen zu Ribonukleinsäure (RNA). RNA- „Evidence is accruing that environmental factors in utero Moleküle erfüllen verschiedene Funktionen wie das may permanently modify the postnatal pattern of skeletal Übertragen von genetischen Informationen, z.B. in growth to peak and thus influence risk of osteoporosis in Proteine, und haben daher verschiedene Namen. In later life” (Gaeini et al. 2016: 3634, H.i.O.). dieser Studie ist die sncRNA (small non-coding RNA) von Interesse. 7 Der traumatische Stress ist in diesem Fall die unvor- 8 Zudem gibt es Hinweise darauf, dass sich die Tren- hergesehene Trennung von der Mutter sowie nung in Tier und Mensch hier verschränkt, da Gaeini unvorhergesehener mütterlicher Stress: „unpredictable et al. sich unkommentiert auf Studien und Erkennt- maternal separation combined with unpredictable maternal nisse beziehen, die sowohl Menschen als auch Tiere stress“ (Gapp 2014: 667). untersuchten und diese nicht unterscheiden. Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 39
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik Dadurch, dass in der transgenerationellen Epi- objects are permeated through and through with their genetik auch immer schon die Lebens- entangled kin; the other is not just in one’s skin, but in bedingungen der Vorfahren, in dieser Studie die one’s bones, in one’s belly, in one’s heart, in one’s nucle- mütterliche Fitness kurz vor der Schwanger- us, in one’s past and future.” (Barad 2007: 392, 393, schaft, als relevant gelten,9 verschwimmen hier H.i.O.). zeitliche Einteilungen: Es gibt etwas, das den Fötus auch vor seiner Zeugung und Existenz beeinflusst. Wie auch Yoshizawa schreibt: Schluss „A fetus and mother, and their experiences of health Das biomedizinische Feld der Epigenetik bietet and disease are already intra-acting in their ancestors, auch für die Geschlechterforschung interessante their food, their social lives, their emotions, and their Auseinandersetzungen. Für meine Analysen exposomes” (Yoshizawa 2016: 93). umweltepigenetischer Studien sind vor allem die Im diffraktiven Lesen zeigen sich zeitliche Ver- feministisch-materialistischen Perspektiven Ba- schränkungen, denn es verschränken sich rads zentral. Auf den letzten Seiten habe ich Dinge, die für die (Groß-)Eltern sind oder ge- umrissen, welche Anknüpfungspunkte es gibt, wesen sind und für die Nachfahren nie waren, die ein diffraktives Lesen ermöglichen und so aber nun doch relevant sind oder werden kön- neue Konfigurationen sichtbar machen können. nen. Ein agentiell realistisches Verständnis Dabei habe ich jede kritische Betrachtung widerspricht hier einer konventionellen realisti- des Feldes außer Acht gelassen, wie es viele schen Logik, nach der Zeit und Raum fixe andere in ihren Arbeiten zu Epigenetik tun. Marker und Entitäten feststehende Größen Maria Hedlund etwa problematisiert die Ten- sind. Barad weist darauf hin, dass es sich auch denz des Feldes, die Verantwortung der_des bei zeitlichen Einteilungen um agentielle Schnit- Einzelnen für ein gesundes Leben zu betonen, te handelt und diese genau wie andere Entitäten was dadurch verstärkt wird, dass die eigenen immer wieder hergestellt werden (vgl. Barad Lebensweisen und Erfahrungen auch als ein- 2007: 181). Sie konzeptualisiert nicht nur die flussreich für nachfolgende Generationen gelten Natur des Seins neu, sondern auch die der Zeit. (vgl. z.B. Hedlund 2012). Einen ähnlichen Was sich somit in einer agentiell realistischen Punkt macht Sarah Richardson, die betont, dass Lesart der Studie von Gaeini et al. (2016) zeigen durch transgenerationelle epigenetische For- kann, ist, dass klare materielle und zeitliche Ein- schung die Fokussierung auf die Verantwortung teilungen verschwimmen und verschiedene für die Nachkommen besonders an die Mütter Entitäten, Ebenen, Zeiten und Einflüsse mitei- adressiert wird: nander verschränkt sind. „The maternal body in the light of […] vivid metaphors „The very nature of materiality is an entanglement. of maternal ‘capital’, ‘ghettos’, and ‘transduction’ is a Matter itself is always already open to, or rather entan- vector that converts maternal social conditions into epige- gled with, the ‘other’. […] Not only subjects but also netics marks on the infant’s genome. As an intergenerational vessel of socially inscribed resources that 9 Ein wichtiger Aspekt, der nicht direkter Bestandteil condition life outcomes, the maternal body represents the meiner Analyse ist, aber dennoch hier Erwähnung past, capable of trapping the growing fetus in somatic finden muss, ist die Tatsache, dass durch die Fokus- conditions of deprivation that reproduce social class in sierung vieler epigenetischer Studien auf den Einfluss postnatal life” (Richardson 2015: 219, H.i.O.). der Mütter, ein stereotypes und tradiertes Mutter- und Frauenbild festgeschrieben wird. Durch die Be- Während Chris Kuzawa und Elisabeth Sweet tonung des mütterlichen Einflusses lässt sich hieraus argumentieren, dass durch umweltepigenetische ihre vermeintlich besondere Verantwortlichkeit ge- Forschung ermöglicht wird den gesundheits- genüber dem Nachwuchs ableiten oder sogar naturalisieren, auch wenn es wie in diesem Fall häufig schädigenden Einfluss sexistischer und um Mäuse oder Ratten geht. Ausführlicher bin ich rassistischer Diskriminierung und Ungleichbe- darauf in Krall 2018: 12 eingegangen; vgl. auch Ken- handlung über mehrere Generationen hinweg ney, Müller 2017 dazu. 40 Gender[ed] Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1
Krall: Agentieller Realismus meets Epigenetik zu veranschaulichen (vgl. Kuzawa, Sweet 2009), schätzung nach durch eine ambivalente Gleich- weisen Becky Mansfield und Julie Guthman auf zeitigkeit aus (vgl. Krall 2018). Gegenstand die Gefahr hin, dass hier ebenso im Sinne einer meines Promotionsprojektes ist es trotz dieser epigene i chen Normen ickl ng po en iell problematischen Implikationen, die der Umwel- auch eine eugenische Logik anschlussfähig ist. tepigenetik auch inhärent sind, zu zeigen, dass Obwohl auch sie, wie viele andere, hier Potenzi- das Feld Potenzial hat: Wenn es gelingt heraus- al für nicht-deterministische und nicht-binäre zuarbeiten, dass epigenetische Mechanismen Erklärungsmodelle sehen, betonen sie: auch auf Verschränkungen und Intra-aktionen „We find that epigenetics is contributing to a new biolog- hinweisen und sie nicht bloß etwas über die ical (yet non-determinist) ontology of race and that the Interaktion von Genen und Umwelt, Außen fetus and reproductive women are emerging as the central und Innen aussagen, dann wird eine Perspektive figures in this new epigenetic model of race and bodily stark gemacht, die nicht von inhärenten Dua- plasticity” (Mansfield, Gutham 2015: 3). lismen ausgeht und Differenzen nicht als immer Wie ich an anderer Stelle argumentiert habe, schon gegeben versteht. zeichnet sich die Umweltepigenetik meiner Ein- Literatur Barad, Karen. 1996. Mee ing he Uni er e Half a . Reali m and Social Con r c i i m i ho Con radic ion. In: Hankin on Nel on, L nn/Jack Nel on (Hg.) Feminism, Science, and Philosophy of Science: 94 161. Dordrecht: Kluwer Academic Publishers. . 1998. Ge ing Real: Techno cien ific Prac ice and he Ma eriali a ion of Reali . differences: A Journal of Feminist Cultural Studies 10.2: 87 128. . 2007. Meeting the Universe Halfway: Quantum Physics and the Entanglement of Matter and Meaning. Durham: Duke University Press Books. . 2010. Q an m En anglemen and Ha n ological Rela ion of Inheri ance. Derrida Today 2 (3): 240 268. . 2012a. In ra-ac i e En anglemen . An In er ie i h Karen Barad. In: Chri en en, Hilda Rømer (Hg.) Kvinder, Køn og forskning (Women, Gender and Research). Feminist Materialism 1-2: 10 24. . 2012b. Na re Q eer Performa i i . In: Christensen, Hilda Rømer (Hg.) Kvinder, Køn og forskning (Women, Gender and Research). Feminist Materialism 1-2: 25 53. . 2014. Diffrac ing Diffrac ion: C ing Toge her-Apar Parallax 20 (3): 168 187. . 2017. No Small Matter. Mushroom Clouds, Ecologies of Nothingness, and Strange Topol- ogie of Space imema ering. In: T ing, A. [ .a.] (Hg.). Arts of Living on a Damaged Planet. Ghosts of the Anthropocene: G103 G120. Minneapolis, London: University of Minnesota Press. Bath, Corinna; Meißner, Hannah; Trinkaus, Stephan; Völker, S anne. 2013. Einlei ng. In: [die .] (Hg.) Geschlechter Interferenzen. Wissensformen – Subjektivierungsweisen – Materialisierungen. 7 25. Berlin, Münster: Lit. Ebeling, Smilla; Schmitz, Sigrid (Hg.) 2006. Geschlechterforschung und Naturwissenschaften. Einführung in ein komplexes Wechselspiel. Wiesbaden: VS. Gaeini, Abbas Ali; Neek, Leila Shafiei; Choobineh, Siroos; Eslaminejad, Mohamadreza Baghaban; Satarifard, Sadegh; Sayahpour, Forough Azam; Mousavi, Seyedeh Neda. 2016. Preconception endurance training with voluntary exercise during pregnancy positively influences on remodeling marker in female off pring bone . The Journal of Maternal-Fetal & Neonatal Medicine 29: 3634 3640. Gender(ed) Thoughts, Working Paper Series 2020, Volume 1 41
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