Materialien "Schutzorientierte Ansätze" (SOP) - Eltern und Kinder engagieren und mit ihnen sprechen - Sicherheit für Kinder und Jugendliche ...

 
WEITER LESEN
Materialien "Schutzorientierte Ansätze" (SOP) - Eltern und Kinder engagieren und mit ihnen sprechen - Sicherheit für Kinder und Jugendliche ...
Materialien „Schutzorientierte Ansätze“ (SOP)
  - Eltern und Kinder engagieren und mit ihnen sprechen
  - Sicherheit für Kinder und Jugendliche herstellen und erhalten
  - Transparenz im Prozess herstellen
Materialien "Schutzorientierte Ansätze" (SOP) - Eltern und Kinder engagieren und mit ihnen sprechen - Sicherheit für Kinder und Jugendliche ...
Inhalt
 1       Grundlagen, Haltungen und Methoden ..................................................................................... 3
 2       Arbeit mit Visualisierungen: Genogramm und das Mapping ..................................................... 4
 3       Drei Kolonnen Mapping.............................................................................................................. 6
 -       ein kooperativer Einschätzungs- und Planungsansatz für eine Sicherheitsorientierte Praxis .... 6
 4       Wertschätzende Befragung und lösungsorientierte Fragen ..................................................... 10
 5       Traumainformierte Praxis ......................................................................................................... 12
 6       Drei Häuser ............................................................................................................................... 13
 7       Words and Pictures W&P (Worte und Bilder) .......................................................................... 14
 8       Prax Lab: Gruppensupervision und Fallberatungen ................................................................. 15
 Quellen, Literatur .............................................................................................................................. 16
 Weiterführende Informationen ......................................................................................................... 16

                                                                                                                                                     2
Materialien "Schutzorientierte Ansätze" (SOP) - Eltern und Kinder engagieren und mit ihnen sprechen - Sicherheit für Kinder und Jugendliche ...
1 Grundlagen, Haltungen und Methoden

Die hier beschriebenen und im SOP leitenden Grundlagen, Haltungen und Methoden stammen aus
einem Fundus an narrativen und schutzorientierten Ansätzen in der Kinder- und Jugendhilfe. Sie
haben das Ziel, Familien und soziale Netze zu stärken und Kinder zu schützen.

Gemeinsam ist allen diesen Ansätzen wie Signs of Safety (Turnell & Murphy 2017; Turnell & Edwards
1999), Partnering for Safety (Parker 2016), SEN1 oder SOP2 (Reaching Out, 2015), dass sie

     a. auf den Schutz der Kinder und Jugendlichen fokussiert sind,
     b. visuelle und narrative Methoden systematisch nutzen,
     c. Eltern und andere Beteiligte an den Prozessen befähigen, ihre Sichtweisen und Erfahrungen
         in der ihnen je eigenen Sprache einzubringen und
     d. mit der erweiterten Familie bzw. dem sozialen Umfeld der Kinder und Eltern arbeiten und
         dieses in die Gestaltung der Hilfeprozesse basal mit einbeziehen.

Strukturierendes und durchgängiges Element - der rote Faden - ist dabei die Frage nach der Sicherheit
und dem Wohlergehen der Kinder in ihrem jeweiligen Umfeld. Die Sicherheit der Kinder wird in Form
von Sicherheitsplänen systematisch, detailliert und verständlich beschrieben. Diese Pläne bilden die
Basis für die fortlaufende Beobachtung von Verhalten, was so evaluiert wird. Dadurch entsteht ein
kontinuierlicher Prozess der Anpassung der Hilfen und von Veränderungen an die Alltagsrealitäten
der Familien. Er stützt sich auf die systematische Beobachtung und Befragung von alltäglicher Praxis
in Form von Einschätzungen und Unterschiedsbildungen.

Es ist ein lösungsorientiertes vorgehen, das am gelingenden Alltag ausgerichtet ist. Methodische
Formate zur Arbeit mit den Kindern, wie die «3 Häuser» (Weld, 2008), «Words and Pictures» (Hiles
et al. 2008) oder die «immediate story» (Parker 2016) sind integraler Teil eines solchen
Verständnisses einer partizipativen Hilfeplanung und einer partiziaptiven Berichterstattung (Roose
u.a. 2009). Sie unterstützen das heilende und verstehende Erarbeiten von Geschichten (Narrative)
über das was geschehen ist und weiter geschieht. Sie ermöglichen das biographische Selbstverstehen
der an diesen Geschichten beteiligten Kinder und Eltern, der für die Sorge verantwortlichen
Erwachsenen.

 1
   Das Netzwerk Ost (Marianne Roessler) hat eine deutschsprachige Variante entwickelt, die sie SEN (Sicherheit entwickeln, Entwicklung
    nutzen) nennen: www.netzwerk-ost.at
 2
   SOP Safety Organiszed Practice so nennt die Universität Davies, Nord Kalifornien ihren Ansatz,
    https://www.oercommons.org/authoring/12342-safety-organized-practice-sop-resources/view

                                                                                                                                         3
Auf diese Weise wird die Not der Kinder hörbar, die Geschichten geben dieser eine Stimme.
Geschichten oder Narrative schaffen eine Verbindung zur Würde und zur Selbstwirksamkeit von
Eltern und Kindern. In den Ansätzen zu gewaltlosem Widerstand (Jakob 2018; Omer 2015) ist von
einem „wertschätzenden Bezeugen“ die Rede, das notwendig ist, um einen sicheren Raum für
Veränderung zu schaffen.

2 Arbeit mit Visualisierungen: Genogramm und das Mapping

Ein zentrales Element, was SOP von vielen anderen methodischen Zugängen zum Fallverstehen, die
auch unter sozialer Diagnostik (Buttner u.a. 2018) oder im französischsprachigen Fachdiskurs unter
Evaluation (ESOPP 2018, AIDES 2018) verhandelt werden, unterscheidet, ist die systematische
transparente, verständliche Dokumentation des Falls, der Gespräche, der Entscheidungen und
Absprachen zusammen mit den Eltern und Kindern. Es ist keine Diagnostik durch Expert*innen in
dem Sinne, dass diese sich erst einmal ein Bild machen und dann mit den Eltern und Kinder reden.
Vielmehr wird die Situationsanalyse systematisch unter Einbezug der Familie erarbeitet.
Charakteristisch ist, dass hier die fachliche Expertise der Professionellen zusammenfließt mit dem
Wissen der Eltern, der Kinder, des sozialen Netzwerkes mit dem Fokus, wie kann es gelingen,
Sicherheit für die Kinder zu schaffen.

Das Gesprochene wird visualisiert und für alle transparent und verstehbar dargestellt. Die
Visualisierung, also Sichtbarmachung des Gesprochenen ist gerade in Kontexten der Mehrsprachigkeit
und der unterschiedlichen Sprachkompetenz ein wichtiges Mittel zur Befähigung an einem Dialog
teilzunehmen. Es verhilft zu einer Sprache für das Geschehene, es macht unterschiedliche
Perspektiven sichtbar, es dient als Teil der Berichterstattung gegenüber Dritten, z.B. dem Gericht.

Eine Form des Sichtbarmachens sind Genogramme, die genutzt werden, um familiäre Beziehungen
und wichtige Personen darzustellen und die Familie mit ihrem Wissen von Anfang einzubeziehen.

Genogramme entwickelten sich aus der Familientherapie und systemischen Arbeitsansätzen. So
nutzte der US-amerikanischen Psychiater und Psychotherapeut Murray Bowen (1913-1990)
Genogramme und sagt, das der Fokus auf Familien statt auf Individuen sein Denken veränderte.

                “The focus on the family instead of the individual provided a completely different thinking
                dimension. …With the families living together, I could see a completely different world. Years
                of work suddenly became clear.” (Bowen, 1982, 2-3.)

                                                                                                             4
Das gemeinsame Anfertigen eines Genogramms mit der Familie bietet eine Möglichkeit, mit dieser
oder auch mit Kindern ins Gespräch zu kommen. Die Familien und Kinder fühlen sich wertgeschätzt,
weil die Professionellen sie nach etwas fragen, was nur sie wissen.

In der Hilfeplanung können Genogramme helfen, anderen Professionellen und auch Laien, die für die
Familie wichtig sind, ein Bild zu vermitteln, wer bedeutsam im Fall ist, wer zusammenlebt und welche
Beziehungen die für das Kind relevanten Menschen miteinander haben.

Im Folgenden stellen wir ein Beispiel für die allgemein genutzten Symbole für die Genogramm Arbeit
vor, der von Monika Mc Goldrick und Randy Gerson (1990; engl. 1995) anknüpfend an die Traditionen
in der systemischen Familientherapie erarbeitet wurde.

                                                                                                   5
3 Drei Kolonnen Mapping
    -   ein kooperativer Einschätzungs- und Planungsansatz für eine Sicherheitsorientierte Praxis

Grundlegend für alle Ansätze auf die wir uns mit SOP beziehen sind 3 Fragen, die aus dem
lösungsorientierten Denken stammen.
Es sind die Fragen, die in 3 Kolonnen notiert werden:

 Was geht gut?                          Was macht Sorgen?                 Was muss geschehen?

 Beschreibe genau, was gut geht,        Was ist passiert und              Was wünscht sich die Familie?
 sei so präzise wie möglich.            welche Folgen hat das für         Was will das Gericht?
                                        das Kind?                         Was wollen die
 Beispiel:
                                                                          SozialarbeiterInnen sehen,
 Was gelingt ihrem Kind momentan
                                                                          damit sie sicher sind, dass das
 besonders gut?
                                                                          Kind geschützt ist?
 Woran sehen Sie das?

Die professionelle Kunst besteht darin, über diese Fragen
    a) eine detaillierte Beschreibung der für das Kind schädigenden Situation mit der Familie, dem
        Netzwerk der Familie und den Professionellen anzufertigen und hierbei möglichst
        durchgängig eine für das Kind, die Jugendlichen, die Familie, das Netzwerk verständliche
        Sprache zu nutzen und keinen Fachjargon.
    b) In der Arbeit an den Beschreibungen, Beziehungen und Vertrauen zu der Familie und dem
        Netzwerk (dem professionellen und dem sozialen der Familie) herzustellen
    c) eine gemeinsame Sprache für das zu entwickeln, was allen Sorgen macht und
    d) die Aufmerksamkeit auf das zu fokussieren, was notwendig ist, damit sich die Situation
        verbessert.

                              In hynosystemischen Arbeit, wie z.B. in den Arbeiten von Gunther
                              Schmidt (2019: 30) wird für die Herausbildng neuer neuronaler
                              und sozialer Muster die zentrale Bedeutung der Fokussierung
                              (selektive Wahrnehmung) betont, wie auch die Art und der Inhalt
                              von Beschreibungen und der Benennung von erlebten
                              Phänomenen und deren Lokalisation im „inneren Erlebnis-Raum“
                              (Assoziation/ Dissoziation). Wichtig hierfür ist auch die “Intensität
                              des damit Assoziiert-Seins”, das “Erleben einer Meta-Position mit
                              Wahlmöglichkeiten”, wie die “Bewertung von Phänomenen”.
                              (https://www.hf.uni-koeln.de/40486 - eingesehen 20.02.2020)

                                                                                                            6
Eine Darstellung dieses Ansatzes zur Einschätzung und Planung von Sicherheit („Child Safety
Framework for Practice”) stammt von Sonja Parker (Sonja Parker 2015). Er ist in der Broschüre
„Partnering for Safety Collaborative Assessment and Planning (CAP) Framework” beschrieben und
wird im Folgenden als Modell und fallbezogen dargestellt.
Er fokussiert auf die Sicherheit des Kindes und vorhandene Ressourcen im Umfeld des Kindes. Die
Methode und Darstellung in den 3 Kolonnen wird genutzt, um zentrale Informationen in Bezug auf
das Kind und seine Familie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfassen. i

Ziele sind:
    o    eine ausgewogene und umfassende Einschätzung dessen, was in der Vergangenheit in Bezug
         auf die Sicherheit, die Zugehörigkeit und das Wohlergehen eines Kindes geschehen ist und
         aktuell geschieht
    o    gemeinsame Planung und Erhöhung der künftigen Sicherheit, Zugehörigkeit und des
         Wohlergehens des Kindes.

Diese Darstellungs- und Arbeitsweise wird ab dem ersten Kontakt mit der Familie bis zum Abschluss
des Falls genutzt. Sie dient ebenso als Grundlage von Supervision wie Fallberatung.

WORÜBER MACHEN WIR UNS SORGEN?                        ZIEL DER BERATUNG              WAS LÄUFT GUT?
SCHADEN                                          Was erwarten Fachkraft, Team,       SCHUTZ & ZUGEHÖRIGKEIT
Situationen, in denen ein Kind in Gefahr war     Familie und/oder Netzwerk von       Handlungen des Betreuenden oder des
oder ist, erheblich durch die Handlungen/                dem Gespräch?               Netzwerkes, die das Kind vor Schaden und
Unterlassungen eines Betreuenden verletzt                                            Verletzung geschützt haben.
und/oder geschädigt zu werden oder              Genogramm                            Handlungen des Betreuenden oder Netzwerkes,
geschädigt wurde (physisch,                         Wer ist in der Familie und im    die überdauernde Verbindungen zu Familie,
entwicklungsbezogen oder emotional)              Netzwerk? Wer interessiert sich     Gemeinschaft und Kultur gefördert haben.
VERKOMPLIZIERENDE FAKTOREN                       für das Kind/die Familie? Wer ist   STÄRKEN & RESSOURCEN
Dinge, die zu den Schwierigkeiten der Familie             bereit zu helfen?          Positive Faktoren, Ressourcen oder Kompetenzen
beitragen und die es erschweren könnten,                  Zugehörigkeiten            im Leben eines Kinders oder einer Familie, die der
dass die Familie die Kinder schützen und für           Welche Mitglieder der         Familie helfen oder helfen könnten, die
sie sorgen können und/oder die                    Familie/Gemeinschaft oder von      Sicherheit, Zugehörigkeit und Wohlergehen des
Zusammenarbeit mit der Behörde erschwert.          Einrichtungen werden für eine     Kindes zu fördern.
                                                          Einschätzung und
                                                Entscheidungsfindung gebraucht?
SICHERHEIT- UND WOHLERGEHEN-SKALA
Auf einer Skala von 0 – 10, wobei 10 bedeutet die Kinder sind sicher genug, damit der Kinderschutz den Fall schließen kann und 0
bedeutet, dass momentan nicht genug Sicherheit ist, damit die Kinder Zuhause leben können, wie bewerten Sie die Situation?
(Markieren Sie die Einschätzung verschiedener Leute auf einer Skala)
 0                                                                                                        10
WAS MUSS GESCHEHEN?
SORGENSTATEMENTS (Gefährdungsstatements)                        ZIELSTATEMENTS
Worüber machen sich die Leute Sorgen, was denken sie was        Was muss über die Zeit gezeigt werden, um dem Sorgenstatement zu
passiert dem Kind, wenn sich nichts ändert?                     entgegnen und zu versichern, dass das Kind sicher, wohlauf und
                                                                verbunden zu Familie, Gemeinschaft und Kultur ist?
HANDLUNGSSCHRITTE
Was muss als nächstes geschehen, um sich dem Ziel anzunähern? Wer hat zugestimmt was zu tun, wann?

                                                                                                                         7
Kooperativer Einschätzung und Planung (Beispiel)
    Angaben zur Familie: Isabella Brown (4 Wochen), Kristy Peters (Mutter), Darren Brown (Vater)
    Wessen Sichtweisen sind untenstehend beschrieben =: Sonja (CS Fallarbeiteri), Datum: 5. Juni 2010 (Tag an dem die Überweisung erhalten wurde)

WORÜBER MACHEN WIR UNS SORGEN?                                                                 ZIEL DER BERATUNG                     WAS LÄUFT GUT?
SCHADEN                                                                             Die erste Einschätzung von CS zu mappen          SCHUTZ & ZUGEHÖRIGKEIT
• Der Sozialarbeiter des Princess Margaret Kinderkrankenhaus (PMH) hat               in Vorbereitung auf das Treffen mit der         • Der Sozialarbeiter des PMH hat CS erzählt, dass als Kristy 32 Wochen
  CS erzählt, dass Kristy ihr erzählt hat, dass sie illegales Subutex die                            Familie.                          schwanger war, Kristy dem KEMPH erzählt hat, dass sie illegale Drogen
  meisten Tage ihrer Schwangerschaft genommen hat bis zur 23. Woche.                              GENOGRAMM                            nimmt. Kristy blieb im KEMH für zwei Wochen für einen Entzug und
  Isabella war eine Frühgeburt (36. Woche) im King Edward Memorial                                                                     begann ein Methadonprogramm.
  Krankenhaus (KEMH), war von Geburt an drogenabhängig (neonatales                       KULTURELLE BETRACHTUNGEN                    • Kristy und Darren haben dem PMH Sozialarbeiter gesagt, dass sie in der
  Abstinenzsyndrom) und wurde auf ein Morphiumprogramm gesetzt, um                   Darrens Familie sind Aboriginies. Kristies        vergangenen Woche, wenn es Isabella nicht gut ging (nicht gut aß und gut
  ihr zu beim Entzug zu helfen und wurde für elf Tage in die speziellen             Familie sind Malaysischer Herkunft (Kristy         schlief), Kristy das KEMH anrief, um nach Rat von einer Hebamme zu
  Pflegestation für Säuglinge behandelt. Isabella schreit viel, lässt sich                                                             fragen und dass sie ein paar Tage später anrief, um die Kontaktdaten
  schwer beruhigen und hat Probleme mit der Nahrungsaufnahme und                                                                       einer Kinderkrankenschwester und eines Kinderarztes zu bekommen.
  Gewichtszunahme.                                                                                                                     Kristy hat einen Termin mit einem Hausarzt ausgemacht für den 04.05.10,
• Der PMH Sozialarbeiter hat CS gesagt, dass das Morphium-                                                                             war aber nicht in der Lage diesen wahrzunehmen, da Isabella ins
 Entzugsprogramm, dass das Krankenhaus an Kristy und Darren für                                                                        Krankenhaus kam. Der Sozialarbeiter des PMH bestätigte diese Details
 Isabella gegeben haben, am 24.05.10 aufhörte. Kristy und Darren haben                                                                 mit dem KEMH und dem Hausarzt. Kristy hat eine Ambulanz für Isabella
 Isabella nicht zu ihrem vereinbarten Nachsorgetermin im KEMH am                                                                       gerufen, als sie gesehen hatte, dass Isabella gebrochen hatte und
 25.05.19 gebracht, um Isabellas Gesundheit zu überprüfen und zu                                                                       Schwierigkeit hatte zu atmen.
 bestimmen, ob sie noch Morphium braucht. Isabella hat kein weiteres                                                                 • Der Sozialarbeiter des PMH sagte CS, dass Kristy und Darren erbringen die
 Morphium bekommen und zeigt andauernde Entzugssymptome. Vor                                                                           gesamte alltägliche Pflege von Isabella und sind sehr liebevoll und
 zwei Tagen (03.06.10) hat Kristy Isabella mit Spuren von Erbrochenem                                                                  aufmerksam und versorgen sie gut. Die Kinderkrankenschwester hat dem
                                                                                           wurde in Malaysia geboren).
 an ihrem Mund und mit Atemschwierigkeiten vorgefunden. Kristy hat                                                                     PMH Sozialarbeiter gesagt, dass sie am 19.05.10 und am 20.05.10
 die Ambulanz gerufen und Isabella wurde zum PMH gebracht, wo sie                                                                      Besuche machte und dass Kristy und Darren Isabella versorgen und ihre
 derzeit stationär verweilt.                                                                                                           Gesundheit im Blick hatten. Die Kinderkrankenschwester sagte, dass
                                                                                                                                       Isabella bei beiden besuchen munter und gut hydriert war.
VERKOMPLIZIERENDE FAKTOREN                                                                                                           STÄRKEN & RESSOURCEN
• CS weiß nicht, ob Kristy und Darren illegale Drogen konsumieren und                                                                • Kristy und Darren haben sich mit dem Sozialarbeiter des PMH zweimal
  wie dieses möglicherweise ihre Betreuung von Isabella beeinflusst. Der                                                               getroffen und haben über ihren vergangenen Drogenkonsum und über
  Sozialarbeiter vom PMH sagte CS, dass Darren am ersten Abend der                                                                     ihre Sorgen und die Sorgen des Krankenhauses bzgl. Isabella gesprochen.
  Einweisung einer Krankenschwester erzählt hat, dass er besorgt sei, dass                                                           • Kristy und Darren waren einverstanden, dass der Sozialarbeiter des PMH
  Kristy am Wochenende möglicherweise Amphetamine genommen                                                                             andere Professionelle kontaktiert, um zu diskutieren, was für Isabella
  haben könnte. Als Darren und Kristy sich mit dem Sozialarbeiter des                                                                  geschehen ist.
  PMH getroffen haben, sagten sie, dass sie keine Drogen nehmen und                                                                  • Der PMH Sozialarbeiter hat CS gesagt, dass Kristy und darren bereit seien,
  Darren hat bestritten, dass er diesen Kommentar gegenüber der                                                                        sich mit CS zu treffen um jegliche Sorgen über Isabella zu besprechen.
  Krankenschwester gemacht hat. Darren hat dem Sozialarbeiter des                                                                    • Der PMH Sozialarbeiter hat CS gesagt, dass Kristy bereit sei für
  Krankenhauses gesagt, dass er vormals ein starker Konsument von                                                                      Urinproben um zu zeigen, dass sie keine illegalen Drogen nimmt.
  Amphetaminen war, aber in den vergangenen sieben Jahren nur                                                                        • Der PMH Sozialarbeiter hat CS gesagt, das Kristy beret sei, mit
gelegentlich konsumiert habe und sein letzter Konsum ca. vier bis fünf                                                    Familienmitgliedern zusammenzuziehen, während Darren weg ist und
  Monate her war. Der Sozialarbeiter des PMH hat CS erzählt, dass beim                                                      wenn CS möchte dass sie das tut.
  Besuch von Darrens Schwester und Mutter vor zwei Abenden sie der                                                        • Der PMH Sozialarbeiter hat CS gesagt, dass Kristy und Darren sagten, dass
  Krankenschwester gesagt haben dass sie sich Sorgen machten, dass                                                          sie viel Unterstützung durch Darrens Familie erhalten und dass seine
  Kristy Drogen nehme.                                                                                                      Mutter und sein Vater, Tom und Mary, um die Ecke leben und seine
• Der Sozialarbeiter des PMH hat CS erzählt dass die geringe                                                                Schwester, Karen, gegenüber wohnt. Darrens andere Schwester, Tracy,
  Gewichtszunahme von Isabella durch ihren Morphiumentzug verursacht                                                        wohnt in der Nähe.
  sein könnte oder durch ein anderes medizinisches Problem. Dies würde
  im Krankenhaus untersucht werden.
• Darren arbeitet derzeit in den Minen (drei Wochen Arbeit, drei Wochen
  frei) und CS weiß nicht, wie das Kristys Fähigkeit sich um Isabella zu
  kümmern beeinflusst.
• Kristy nimmt am Methadonprogramm teil und CS weiß nicht, wie oft sie
  Methadon nimmt und wie es gehandhabt wird.
• Kristy hat dem PMH Sozialarbeiter gesagt, dass sie viele Konflikte mit
 ihrer Mutter und Schwester hätte.
                                                                             SICHERHEIT- UND WOHLERGEHEN-SKALA

  0            1-2                                                                                                                                                                                10
          Sonja (CS)
                                                                                         WAS MUSS GESCHEHEN?
SORGENSTATEMENTS                                                                                    ZIELSTATEMENTS
• CS sorgt sich darüber, dass Kristy und Darren weiterhin Drogen nehmen wird und dann nicht         Kristy und Darren müssen mit CS und einem Netzwerk (von Familie, Freunden und Professionellen)
  gut auf Isabella aufpassen (z. B. sie füttern, schmusen, Windeln wechseln und sicherstellen,      arbeiten, um einen Plan für Isabella zu entwickeln und umzusetzen, der allen zeigt, dass:
  dass sie die Medizin und medizinische Versorgung bekommt, die sie braucht) und dass sich          - Isabella immer durch eine erwachsene Person betreut wird, die nicht unter Drogeneinfluss steht
  deshalb Isabella möglicherweise nicht angemessen wächst und sich entwickelt und dass sie im          und die gewährleistet, dass Isabella all die Betreuung bekommt, die sie braucht (inkl.
  schlimmsten Fall schwer erkranken oder gar sterben könnte.                                           ausreichend Nahrung, Liebe und Schmusen, Schlaf, Medizin und medizinische Versorgung, etc.),
                                                                                                       so dass Isabella gut gedeiht.
                                                                                                    CS muss diesen Plan sechs Monate in Umsetzung und funktionieren sehen, um zuversichtlich zu
                                                                                                    sein, dass der Plan Isabella weiterhin schützen und für ihr Wohlergehen sorgen wird, nachdem der
                                                                                                    CS sich zurückzieht.
HANDLUNGSSCHRITTE
• Sonja wird sich mit Kristy und Darren treffen, um ihre Sichtweisen zu Isabellas Sicherheit und Wohlbefinden zu „mappen“ und um ihnen die ersten Einschätzungen von CS mitzuteilen.
• Sonja wird sich mit anderen Familienmitgliedern / bedeutsamen anderen treffen (wie mit Kristy und Darren besprochen), um deren Sichtweisen zu erhalten und die Sichtweisen von CS mitzuteilen.
• Sonja wird mit Kristy und Darren sprechen, um den Planungsprozess und die Bedeutsamkeit eines Netzwerkes für Isabella zu erklären und um ein zu arrangierendes Treffen von Familienmitgliedern,
 Freunden, CS und Mitarbeitenden des Krankenhauses zu besprechen, um über die Sorgen zu sprechen und mit einer Planung für Isabellas Sicherheit, Zugehörigkeit und Wohlbefinden in der Zukunft
 zu planen.

                                                                                                                                                                                              9
4 Wertschätzende Befragung und lösungsorientierte Fragen

Wir haben oben auf die Bedeutung von Fragen verwiesen und auf deren Funktion, Geschehens
hervor zu holen, zu benennen, um dieses reflektieren zu können. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass
diese Fragen
    a) auf eine gewünschte Zukunft gerichtet sind und darauf, das Verhalten, was schon jetzt dazu
        beitragen kann. Dieses wird systematisch und detailliert beobachtet und genutzt. Es wird
        auch von der Umwandlung von Ressourcen in Kompetenzen gesprochen.
    b) nicht beschämend, sondern ermutigend und auf das Ermöglichen von Hoffnung gerichtet
        sind.

Die wertschätzende Befragung oder Erkundung (Cooperrider & Whitney 2005) wurde als Ansatz zur
Team- und Organisationsentwicklung entwickelt und wird in SOP genutzt. Sie fokussiert auf
Ressourcen und Gelungenes in der Gegenwart und der Vergangenheit, holt dies hervor und macht es
bewusst, um darüber Selbstwirksamkeit zu ermöglichen und gelingendes Tun zu verstärken. So kann
für die Zukunft auf „mehr des Guten“ und „mehr des Gelingenden“ gebaut werden.

Lösungs-, ressourcenorientierte und stärkenbasierte Fragen aus der systemischen Beratung sind auch
grundlegend (Berg 1994; Shazer 1991; Isebaert 2016).

Die Einstiegsfrage variiert nach Situation und gewünschten Fokus des Gesprächs. Beispiele:
    o Erzählen Sie mir etwas über Ihre Familie/die Schule/die Arbeit, etwas was Sie kürzlich getan
        haben und womit Sie zufrieden, worauf Sie stolz sind (Eltern, Kinder, Team).
    o Erzählen Sie mir etwas über eine Situation in der Arbeit, wo Sie dachten, dass nichts mehr
        weitergeht und wo es Ihnen doch gelungen ist, einen Fortschritt zu erzielen?

Vertiefende Fragen 1 (Vertiefung) – Beispiele:
    o Wie ist Ihnen das gelungen?
    o Was würde XY (eine andere Person) sagen, wie Sie das geschafft haben?
    o Was genau haben Sie getan?
    o Was oder wer hat dabei geholfen?
    o Wie hatten Sie die Idee, das zu tun?

Vertiefende Fragen 2 (Transfer) – Beispiele:
    o Was ist das Wichtigste, was Sie dabei erfahren, gelernt haben?
    o Was von dem, das Sie getan haben, könnte für eine andere, ähnliche Situation hilfreich sein?
    o Angenommen eine Freundin / ein Freund ist in einer ähnlichen Situation, was könnten Sie
        ihr/ihm raten?

Tipps:
   o Fragen Sie nach Details und fokussieren Sie Verhalten.
   o Lassen Sie Ihrem Gegenüber Zeit. Halten Sie Sprechpausen aus.
   o Benutzen Sie die exakten Worte der Befragten.
Materialen: „Schutzorientierte Ansätze“

    o   Verwenden Sie skalierende Fragen („Auf einer Skala von 1-10, wenn 10 bedeutet ..., wie
        würden Sie einschätzen ...?“).
    o   Verwenden Sie zirkuläre und relationale Fragen („Was würde XY sagen ...“).
    o   Wenn jemand bescheiden ist und dem Klient oder der Organisation den Erfolg zurechnet, re-
        fokussieren Sie, indem Sie fragen „Und was war Dein Anteil am Erfolg?
    o   Wenn jemand von verschiedenen Dingen berichtet, wählen Sie keine aus, sondern fragen Sie:
        Worauf sind Sie am meisten stolz?
    o   Wenn jemand erzählt, dass es ganz einfach war, fragen Sie: „Was war das Schwierigste daran
        und wie bist Du mit den Schwierigkeiten umgegangen?“

Lösungsorientiert zu arbeiten heißt, in Zusammenarbeit mit der Familie, deren Vorstellungen von
Lösungen zu ermitteln, die Sicherheit, Dauerhaftigkeit und Wohlbefinden ihres Kindes, ihrer Kinder zu
gewährleisten. Dieser Ansatz ermutigt die Familien, Teil des Entscheidungsprozesses zu werden, weil
ihre Stärken und Ressourcen anerkannt werden.

Die lösungsorientierte und wertschätzende Befragung nutzt eine Reihe verschiedener Arten von
Fragen, dazu gehören:

    •   die drei basalen Fragen: was funktioniert gut, worüber machen wir uns Sorgen, was muss als
        nächstes passieren)
    •   Fragen zu Ausnahmen: wann tritt ein bestimmtes Verhalten nicht auf? “Was hat es heute,
        oder in den letzten paar Tagen, schon gegeben, worüber Sie zufrieden waren?” “Was hat Ihre
        Frau/Mann, Vater/Mutter, Kind, Freundin/Freund usw. heute oder in den letzten Tagen schon
        gemacht, worüber Sie zufrieden sind? Oder wofür Sie dankbar sind? Und wie haben Sie
        darauf reagiert?” (Isebaert, 2017)
    •   Fragen zur Skalierung: wo befinden wir uns aktuell in Bezug auf einen bestimmten Aspekt?
    •   Wunder-Fragen: wie wäre es, wenn das Problem nicht mehr da wäre? Was wäre anders?
        “Wenn wir es zusammen so machen können, dass Sie so weit sind, dass Sie sagen können: so
        ist es mir schon recht, so kann mein Leben weiter gehen, was wäre dann anders?“ (Isebaert,
        2018)
    •   Fragen zur Bewältigung, zum Aushalten, Klarkommen (Coping): Wie gelingt es, damit zu
        Rande zu kommen?
    •   Gewünschte Zukunft: Wie sieht das Leben in einem Jahr aus?

Luc Isebaert nennt das auch Fragen, die sich auf eine existentielle Wahl, eine existentielle
Positionierung beziehen: Welche Art von Mutter, welcher Vater, welche Freundin möchte ich sein?
Für ihn war die Selbstbeobachtung der KlientInnen zentral, deshalb gibt er Ihnen diese Art von
Hausaufgaben:

        “Jedes Mal, wo Sie etwas gemacht haben, das in die gute Richtung geht, worüber Sie also
        zufrieden sein können, merken Sie sich das. Oder wenn jemand anders etwas gemacht hat,
        das in die gute Richtung geht. Und nächstes Mal erzählen Sie mir das.”
                                                                                                  11
Materialen: „Schutzorientierte Ansätze“

       “Sie haben mir gesagt, Sie stehen auf 3. Es wird Momente gehen, wo Sie auf 2 oder gar auf 1
       hinuntergehen. Wenn Sie dann aber wieder auf 3 hinaufkommen, könnten Sie sich merken,
       wie Sie das geschafft haben?”
       Quelle: https://arltsymposium.fhstp.ac.at/wp-content/uploads/sites/9/2017/12/Luc-Isebaert-Wien_fin.pdf

Ein auf Stärken basierender Ansatz konzentriert sich auf die Identifizierung und den Aufbau von
Stärken, Kapazitäten und Ressourcen innerhalb des Familiensystems und des sozialen Netzes der
Familie, die zur Gewährleistung der Sicherheit und des Wohlergehens des Kindes (der Kinder) genutzt
werden könnten. Zu den Stärken können vergangene und aktuelle Bemühungen zum Schutz der
Kinder vor Schaden, zur Aufrechterhaltung liebevoller Eltern-Kind-Beziehungen, zum Zugang zur
Großfamilie und zu anderen Unterstützungssystemen sowie zur Bewältigung vergangener und
aktueller Stressbedingungen wie Drogenkonsum, Gewalt in der Familie, psychische Probleme,
Arbeitslosigkeit usw. gehören. Ziel der Beratung und der Unterstützung ist es aus vorhandenen
Ressourcen eine Kompetenz zu machen, d.h. daraus eine schützende Handlung in Bezug auf die
Kinder zu entwickeln.

5 Traumainformierte Praxis
Traumainformierte Praxis bedeutet ein wissen um Traumata und deren vielfältige Folgen auf
Menschen und deren Lebensqualität zu haben und dies z.B. in Befragungen zu berücksichtigen. Auch
hier geht es um – wie oben beschreiben – ein wertschätzendes Bezeugen und die Anerkennung der
gemachten Erfahrungen.

Eine solche Praxis versucht, den Zusammenhang zwischen der Darstellung von Verhalten, Gedanken,
Einstellungen und Bewältigungsstrategien zu verstehen. Trauminformiert zu arbeiten kann hilfreich
sein, um sich auf das Verhalten einer Person zu konzentrieren und zu erkennen, was dieses Verhalten
im Zusammenhang mit der Frage, wie sich Traumata auf die Bewältigungsweisen einer Person
auswirken kann, motivieren könnte. Dies kann helfen, Wege zu entwickeln, um mit Kindern und
Familien auf eine Weise zu interagieren, die Engagement, Sicherheit, Wachstum und Vertrauen
fördert und Beschämung, Wut, sekundäre Traumatisierungen und Gegenübertragungen verringert

Grundprinzipien einer traumainformierten Praxis sind:
   • ein Trauma-Bewusstsein und Wissen über Traumata und ihre Folgen
   • eine Befähigung damit zu arbeiten
   • physische und emotionale Sicherheit
   • die Vertrauenswürdigkeit
   • auf Stärken und Fähigkeiten aufbauen.

                                                                                                                12
Materialen: „Schutzorientierte Ansätze“

Wichtige Aspekte sind dabei Selbstsorge – Achtsamkeit – Mindfulness, die Hedi Gies das ABC der
traumainformierten Selbstsorge nennt
    A - Achtsamkeit, B – Balance, C- Connection (Hedi Gies 2011)
    https://www.erev.de/auto/Downloads/Skripte_2011/Traumatechniken_und_sekundare_Traumati
    sierungen_Hedi_Gies.pdf

Es geht darum, auf sich selbst, die eigenen Bedürfnisse, Grenzen und Ressourcen zu achten und die
Aufmerksamkeit auf sich selbst zu richten, Verwicklungen zu vermeiden und die eigene
Ausgeglichenheit erhalten.

6 Drei Häuser
Kinder und Jugendliche werden gezielt nach ihren Sichtweisen, ihrem Erleben, ihren Erfahrungen und
Wünschen gefragt und dies wird systematisch in der Hilfeplanung genutzt.

Das „Drei Häuser“- Modell wurde von Nicki Weld und Maggie Greening erdacht (Weld, 2008). Sie
stellten ihre Arbeit mit der Methode 2005 bei einer Zusammenkunft von Signs of Safety in England
vor. Seitdem wird die Methode weltweit genutzt, weiter vertieft und es gibt viele positive
Erfahrungen damit.

Die Methode wird mit Kindern und Jugendlichen verwendet. Sie kann auch für die Arbeit mit Eltern
mit Teams und mit anderen Professionellen genutzt werden.

Drei Häuser – Drei Fragen:
    • Was gelingt? Haus der guten Dinge (Maison des bonnes choses)
    • Was bereitet Sorgen? Haus der Sorgen (Maison des inquiétudes)
    • Wo geht die Reise hin, was soll erreicht werden? Haus der Träume und Hoffnung (Maison
       des souhaits)

Beispiel aus Turnell (2010). Briefing Paper (Übersetzung Peters et. al. 2013)
Turnell, A. (2010). The Signs of Safety. A Comprehensive Briefing Paper. www.signsofsafety.net

                                                                                                        13
Materialen: „Schutzorientierte Ansätze“

7 Words and Pictures W&P (Worte und Bilder)

Words and Pictures ist eine kreative Methode, ein „Bilder- und Erzählverfahren“, die von Susie Essex
und dem Team, in dem sie arbeitete entwickelt wurde (Essex et al. 2008). Kinder sollen altersgerecht
verstehen können, was passiert bzw. passiert ist. Sie werden beteiligt und gleichzeitig werden ihre
Ängste und Wünsche erst genommen.

Unten ist ein Beispiel für ein Bild eines W&P, das in einem Prax Lab3 gemeinsam von den
Professionellen für ein Kind erarbeitet wurde.

W&P wird in der Regel mit den Eltern gemacht, es ist ein Geschenk der Eltern an
die Kinder, damit diese eine Geschichte haben, die ihre Situation für sie verständlich
macht und die von allen geteilt wird.

             Eine Geschichte für Jay von den Professionellen des Praxis Labors geschrieben und gezeichnet

                                                                                                                                    haben
                                                                               Als Jay 2 Monate alt war ist er vom Krankenhaus ins Foyer .
                                                                               gekommen., wo viele Kinder auf ihn warteten. Seine Oma und
                                                                               seine Mama haben ihn ins Foyer gebracht mit einer Frau vom
                                                                               Foyer. Das war Paula, die auch danach lange nach Jay geguckt
                                                                               hat.

                                      Drei Jahre lang hat die Oma ganz viel mit Jay
                                      unternommen, Ferien, Wandern im Wald. Sie waren
                                      glücklich und froh miteinander – es gab auch mal
                                      Streit, aber der war nie für lange Zeit.
                                      Dann mußte die Oma ins Spital gehen, weil sie krank
                                      war. Jay hat bei seiner Oma im Spital geschlafen und
                                      war sehr traurig, er hat viel geweint und ihm hat der
                                      Kopf weh getan, weil er Angst hatte, die Oma zu
                                      verlieren.
                                      Die Oma hat keine Kraft mehr, zuhause alles in
                                      Ordnung zu halten, sie kümmert sich nicht mehr richtig
                                      um Jay; Jay hat lange Haare und sieht nicht mehr
aus einem Prax Lab vom März 2016      richtig aus den Augen. Er hat auch Läuse in den
                                      Haaren, die nicht weg gehen.
                                      Jay ist oft alleine.

                                                                                                                                              14
                                                                                   42
Materialen: „Schutzorientierte Ansätze“

8 Prax Lab: Gruppensupervision und Fallberatungen
Mit Bezug auf die Arbeiten von Andrew Turnell kann der Rahmen und Ablauf einer
Gruppensupervision oder Fallberatung so gestaltet werden (Peters 2017):

Leitfragen in der Fallbearbeitung
Warum reden wir heute über einen Fall? Welche aktuelle Frage leitet die Fallarbeit?
Was muss man wissen, um die Frage angemessen bearbeiten zu können?
Wie gelingt es, die nächsten Schritte, deutlich und nachvollziehbar zu machen?

Aufträge an die Moderation, die das Mapping leitet
    1. Auf den Punkt kommen – fokussieren, was los ist (zeitliche Restriktionen, Verstrickungen,
       Transparenz, Risiken beachten)
    2. Das vorhandene Wissen nutzen, um einen nächsten Schritt zu tun (Adressierung
       unterschiedlicher Expertise)
    3. Wissen, wo man im Prozess steht (Prozessreflektion)

Anforderungen an die Steuerung des Prozesses (die Komplexität der Prozesse verstehen und
pragmatisch wenden)
    1. Situationskompetenz – Routinen (Spezifisches vs. Allgemeines)
    2. Verständnis von Dynamiken – Musterunterbrechung (Grenzverschiebungen, Anschlüsse,
       Verzweigungen)
    3. Subjektivierung (Subjektpositionen stärken: Resilienz, Agency, unterschiedliches Wissen und
       unterschiedliche Zugänge zum Problem und Problemverständnis nutzbar machen)

Fallwerkstatt – Gruppensupervision
    - Mapping (Visualisierung) (FalleinbringerIn, Facilitator, Advisor)
    - Fragen der Falleinbringerin (EARS)
    - Review Prozess in der Gesamtgruppe (Was war hilfreich?)

        Prozess Gruppensupervision

                                                Moderator/in: leitet das Mapping, stellt Fragen,
                                                schreibt, nutzt die Sprache des/der Fallgeber/in

                                                                                                              Fallgeber/in
                              Leitung Mapping

                                                                Fallbgeber/in, die eine Frage bearbeiten
                                                                und einen Fall vorstellen möchte. Gibt
                                                                Informationen und beantwortet Fragen
                                                                der Moderation

                                                Gruppe denkt mit, lernt, überlegt eigene Fragen und
                                                Möglichkeiten zur Skalierung, beobachet,
                                                schreibt Gefährdungsstatements und Sicherheitsziele,
                                                reflektiert relevantes fachliches Wissen in Bezug auf die Frage
                                                     geschützter, schützender und sicherer Rahmen
                                                                                                       „Die ganze Gruppe und der/die Moderator/in fokussieren
                          Elemente des Mapping
                                                                                                       den Prozess und verfangen sich nicht im Inhalt oder
                          Genogramm, Frage, 3-Felder Mapping,                                          Detail des Falles. Sie priorisiere das Ziel, die
                          Exploration, Gefährdungsmatrix
                          Skalierung, Bottom Line, Sicherheitsziele                                    Kompetenzen des Teams zu entwickeln, gemeinsam
                                                                                                       einen schnellen Prozess der Fallbesprechung zu schaffen.
                                                                                                       Generell gilt: Alle effektiven Besprechungen im
                                                                                                       Kinderschutz werden kompetent geleitet.“ (Turnell 2014)

                                                                                                                                                  15
Materialen: „Schutzorientierte Ansätze“

Quellen, Literatur
Berg, Insoo, Kim (1994). Family based service: a solution-focused approach. New York: Norton
Bowen, M. (1982). “Subjectivity, Homo Sapiens, and Science,” in Family Center Report, Vol. 4, No. 2,
    Georgetown Family Center
Brennan, L. and Robson, S. (2010). Creative communication with children and young people in Gateshead,
    Gateshead: Gateshead Children’s Services Authority.
Buttner, Peter; Gahleitner, Silke Brigitta, Hochuli Freund, Ursula & Röh, Dieter (Hrsg.) 2018. Handbuch Soziale
    Diagnostik. Perspektiven und Konzepte für die Soziale Arbeit. Lambertus Verlag: Freiburg
Cooperrider, D. & Whitney, D. (2005). Appreciative Inquiry: A Positive Revolution in Change. San Francisco, CA:
    Berrett-Koehler, 2005
Department of Communities, Child Safety and Disability Services: Practice Tools and Processes.
    https://www.communities.qld.gov.au/resources/childsafety/practice-manual/framework-pr-tools.pdf
De Shazer, Steve (1991). Putting difference to work. New York: Norton
Fryszer A & Schwing R (2006): Systemisches Handwerk. Werkzeug für die Praxis. Göttingen: Vandenhoeck &
    Ruprecht
Isebaert, Luc (2016). Solution-Focused Cognitive and Systemic Therapy. The Bruges Model. New York: Routledge
McGoldrick, M. & Gerson, R. (1990). Genogramme in der Familienberatung. Bern: Huber.
Parker, Sonja (2015). Partnering for Safety Collaborative Assessment and Planning (CAP) Framework.
    https://www.partneringforsafety.com
Roose, R., Mottart, A., Dejonckheere, N., Van Nijnatten, C. &De Bie, M. (2009) Participatory social work and
    reportwriting. Child & Family SocialWork,14(3),322–330.
Turnell, A. (2012). The Signs of Safety. Comprehensive Briefing Paper. Version 2.1. Resolutions Consultancy. (1.
    Ausgabe: 2010): Deutsche Übersetzung: https://portal.education.lu/Portals/66/Mesures/Qualite/12-signs-
    safety.pdf (eingesehen: 20.02.2020)
Turnell, A. & Edwards, S. (1997). Aspiring to partnership: the Signs of Safety approach to child protection. Child
    Abuse Review, 6: 179–190.
Turnell, Andrew & Edwards, Steve (1999). Signs of Safety: A Solution and Safety Oriented Approach to Child
    Protection Casework. New York: W.W. Norton.
Turnell, Andrew & Essex, Susie (2006). Working with “Denied” Child Abuse: The Resolutions Approach.
    Buckingham: Open University Press.
Turnell, Andrew & Murphy, Terry (2017). Briefing Paper 4. Resolutions Consultancy: East Perth
Weld, Nicki, & Greening, Maggie (2004). ‘The Three Houses’, Social Work Now, 29 (December): 34–37.
Weld, N. (2008). The three houses tool: building safety and positive change. In M. Calder (Ed.) Contemporary
    risk assessment in safeguarding children, Lyme Regis: Russell House Publishing.
Weiterführende Informationen
Northern California Training Academy (2015). Reaching Out. Current Issues for Child Welfare Practice. Winter
    2015. Center for Human Services, UC Davis Extension. University of California.
    www.humanservices.ucdavis.edu/academy (eingesehen 20.02.20)
SEN (Sicherheit Entwickeln – Entwicklung nutzen)
http://www.netzwerk-ost.at/publikationen_materialien.html (eingesehen 20.02.2020)
Trauma: https://www.institut-trauma-paedagogik.de/fachliches-vom-institut/buecher-und-fachartikel)
eingesehen 20.02.2020)

i
 Das Schema wurde leicht vereinfacht, indem weiterführende Methoden (mittlere Spalte) herausgenommen wurde. Grundlagen des
Ansatzes sind: Signs of Safety Assessment and Planning Framework (Turnell & Edwards 1999), Department of Child Protection 2011), dem
Consultation and Information sharing Framework (Lohrbach 2000), dem Partnering for Safety Assessment and Planning Framework (Parker
& Decter 2012) und der Massachusetts Safety Map (Chin, Decter, Madsen & Vogel 2010).

                                                                                                                                  16
Sie können auch lesen