Mein Auslandsssemester (SS 2019) in Zadar, Kroatien

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Mein Auslandsssemester (SS 2019) in Zadar, Kroatien
Mein Auslandsssemester (SS 2019) in Zadar, Kroatien

Wie alles anfing...

Da im Studiengang Lehr-, Lern- und Trainingspsychologie leider nur sehr wenige Austauschplätze zur
Verfügung stehen, suchte ich von Anfang an nach Möglichkeiten und „Hintertüren“, ein
Auslandssemester absolvieren zu können. Von diesen Hintertüren gibt es tatsächlich einige – man
muss nur kräftig nach ihnen suchen. Eine Freundin hat beispielsweise Universitäten im Ausland
angeschrieben und um neue Kooperationen gebeten - erfolgreich. Da das bei mir leider nicht
funktioniert hat, habe ich recherchiert, welche der Universitäten auf der Restplatzliste, zusätzlich zu
dem Fach mit welchem die Austauschkooperation bestand, auch Psychologie als Fach anbietet. Nach
kurzer Absprache mit dem Internationalen Büro habe ich mich somit unter anderem für Zadar
beworben, und wurde angenommen. Glücklicherweise bestätigte die Uni Zadar kurz darauf auch, dass
ich tatsächlich in die psychologische Fakultät aufgenommen werden kann.

Studium an der Gasthochschule

Das Studium an der Universität Zadar (siehe Foto) gestaltete sich ganz anders als ich erwartet hatte.
Es wurden zwar einige psychologische Fächer auf Englisch angeboten, aus denen ich auswählen
komme, allerdings waren die meisten von ihnen konsultativ, was bedeutet, dass es Treffen zwischen
dem/der Professor/in und den Studierenden, welche die Veranstaltung belegt hatten (meist nur 3-6),
gab. Meist fanden diese im Büro der Lehrkraft statt und den Studierenden wurde eine Aufgabe erteilt.
Dies war eine Hausarbeit oder mehrere kurze Essays, teilweise sollten auch Texte gelesen werden
welche später in einem Test abgefragt wurden. Von daher hatte ich kaum Pflichtveranstaltungen und
war sehr flexibel in der Zeiteinteilung. Eine gute Übung um zu lernen, sich und seine Zeit zu
organisieren! Meist hab ich mich mit anderen Erasmusstudenten/innen in der Bibliothek verabredet
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um am Unikram zu arbeiten und so war mein Unialltag
                                                dann von der Bibliothek (mit Blick aufs Meer, siehe
                                                links), der Mensa (kulturell und kulinarisch eine
                                                interessante Erfahrung, aber man lernt sie bei
                                                umgerechnet einem Euro für Essen mit Salat und
                                                Nachspeise definitiv sehr zu schätzen) sowie der
                                                Gelateria Eva (schönstes Café und täglicher Treffpunkt
                                                vieler Erasmusstudenten zur nachmittäglichen Pause)
                                                sowie einem abendlichen Strandbesuch geprägt.

                                               Die fehlenden Präsenzveranstaltungen haben
                                               natürlich auch ihre Nachteile. Zum einen habe ich
                                               durch die Uni keine kroatischen Studierenden
                                               kennengelernt und weiß überhaupt nicht, wie
                                               Univeranstaltungen in Zadar normalerweise laufen.
                                               Zum anderen konnte ich mir durch die Hausarbeiten
                                               zwar sehr spezifisches Wissen aneignen, aber keinen
breiten Überblick über ein bestimmtes Fach. Was ich aber definitiv gelernt habe, ist das Schreiben und
Lesen englischer Texte, wovor ich anfangs Respekt hatte. Letztendlich können die kroatischen
Dozenten aber auch nicht perfekt Englisch und es kommt somit nicht auf den allerbesten Ausdruck an.

Die Kurse, die ich in Psychologie belegt hatte, sind: „Psychology of Learning“, „Psychology of Human
Sexuality“, „Biological Basis of Behaviour“, „Personality Psychology“ und „Evolutionary Psychology“.
Im Sommer- und Wintersemester werden je andere Kurse angeboten.

                                                Innerhalb einer Woche hatte ich nur zwei reguläre
                                                Präsenzveranstaltungen: Zum einen den Sportkurs
                                                „Sport & Health“ den ich jedem ans Herz legen kann,
                                                da er inklusive einem Wanderausflug in den
                                                nahegelegenen Nationalpark Paklenica (siehe links),
                                                einem Zelttrip mit Rafting und wöchentlichem
                                                Training wirklich viel Spaß gemacht und dazu auch
                                                noch 5 Credits eingebracht hat).

                                                Zum anderen nahm ich am Kroatischkurs teil, über
                                                welchen ich allerdings nichts Gutes berichten kann,
                                                da ich vorher noch nie eine so unmotivierte Dozentin
                                                erlebt habe. Wenn ihr also kroatisch lernen wollt,
                                                kauft euch ein Lehrbuch das euch anspricht und
                                                arbeitet das lieber selbstständig durch. Den Kurs
                                                kann ich nur empfehlen, wenn ihr die zwei Credits
                                                braucht, oder wenn eine neue Dozentin diesen
                                                leitet…

Jedem Studierenden war es freigestellt, 50% der belegten Credits aus anderen Fakultäten als seiner
Hauptfakultät (in meinem Fall Psychologie) zu wählen.

Unterkunft

Da Zadar vom Tourismus lebt, stehen außerhalb der Hauptsaison wahnsinnig viele Ferienwohnungen
frei, welche für wenig Geld an Studierende vermietet werden. Ich zum Beispiel fand auf Grund eines
Tipps eines ehemaligen Austauschstudenten ein sehr schönes Apartment in der Neustadt, in dem ich
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mich sehr wohl gefühlt habe. Es hat monatlich 200 Euro gekostet und ich hatte sogar eine Terrasse.
Eine alte Dame hat sich darum gekümmert, dass der Garten stets in voller Blütenpracht stand. Für mich
war das ideal - denn in der Altstadt steht Haus an Haus und ich finde es schön, einen ruhigen Platz für
meine Hängematte und ein bisschen Natur um mich zu haben. Ich habe mir dann in einer
Fahrradvermietung ein gebrauchtes Fahrrad gekauft (empfehle ich jedem, damit kommt man einfach
am besten zu den Stränden) womit ich 10 Minuten bis zur Altstadt und zur Uni gebraucht hab. Wer viel
Party machen und mitten im Geschehen leben möchte ist mit einem Apartment in der Altstadt aber
vielleicht besser beraten. Im Übrigen darf man bei der Miete nicht auf die deutsche Bürokratie pochen
– ich zum Beispiel hatte nie einen Mietvertrag und es war auch immer sehr interessant ob und wann
der Vermieter sein Geld haben wollte.

Ich durfte in meinem Apartment bis Ende Juni bleiben, danach habe ich noch eine Woche auf der Coach
einer Freundin geschlafen. Es ist der Normalfall, dass man im Juli „rausgeschmissen“ wird, denn ab
dann bringen Touristen den Vermietern mehr Geld ein als Studierende.

Ich rate definitiv jedem vom Wohnheim ab. Auch wenn die niedrigen Mietpreise sehr verlockend
erscheinen, fühlten sich die meisten dort nicht besonders wohl. Die Zimmer werden oft zu zweit oder
zu dritt geteilt und es gibt keinen Aufenthaltsraum. Man sollte wirklich geringe Anforderungen
mitbringen, wenn man sich darauf einzulassen möchte.

Es gibt eine Hilfreiche Facebook Seite mit dem Namen „Be my roommate – Zadar“, auf welcher vor
Semesterbeginn viele Wohnungen und Zimmer angeboten werden.

Alltag und Freizeit

Ein richtiger Alltag hat sich bei mir nie eingestellt, da ich sehr viel Besuch bekommen habe und somit
viel auf Achse war. Deshalb habe ich sehr viel vom Land gesehen, auch einige wunderschöne Orte die
man sich als Tourist vermutlich nicht anschauen würde.

Freizeit verbringt man im Sommersemester natürlich am liebsten am Strand, in einem der Cafès oder
entspannt zu Hause bei anderen Erasmusstudenten. Ganz im Sinne der kroatischen Mentalität
(„Pomalo!“) kann ich nur empfehlen, sich einfach treiben zu lassen und in den Tag hinein zu leben. Für
Stress ist in Deutschland ja noch genug Zeit, also genieß lieber die Gelassenheit Kroatiens und der
Kroaten. Generell scheint hier alles viel einfacher zu sein. Du kannst in jeder Bar an der du
vorbeikommst nachfragen, ob dir kurz die Trinkflasche mit Leitungswasser aufgefüllt werden kann.
Wenn du dir ein Auto ausleihst und damit über die leeren Autobahnen durch die karge Landschaft
fährst, fühlst du dich wie in einem unrealistischen Autorennspiel. Und wenn du deine Hausarbeit nicht
in der angegebenen Zeit schaffst, dann gibst du sie halt einfach später ab. Kroaten setzen andere
Prioritäten – da ist es egal wie holprig und kaputt die Straße ist, ob man Licht am Fahrrad hat oder
nicht, ob der Herr, der an der Straße Kirschen verkauft, eine Lizenz hat oder nicht – Hauptsache alles
und jeder ist „Pomalo“.

Viele der ausländischen Studierenden waren sehr oft in Bars und Clubs unterwegs, allerdings gefielen
mir viele davon nicht besonders gut. Die meisten Bars waren sehr verqualmt und die Clubs vor allem
auf Touristen ausgerichtet. Einige Male waren sehr schöne Veranstaltungen in einem Club nahe der
Stadtbibliothek. Diese waren dann etwas touristenfreier und alternativer, man konnte dort also
tatsächlich auch kroatische Studierende treffen.

Ganz in der Nähe meines Apartments befindet sich das Yoga Studio Leela, was ich allen empfehlen
kann, die sich für Yoga interessieren. Die Kurse waren echt gut und im Vergleich zu deutschen Yoga
Studios ein Schnäppchen. Man muss sich auch nicht zeitlich binden, man kauft einfach ein Kärtchen je
nachdem wie oft man kommen will, und kann kommen wann man möchte. Auch zu empfehlen ist ein
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samstäglicher Besuch im Second Hand Laden H18, in welchem man nach Gewicht zahlt und immer
etwas findet!

Fazit

Ob ich ein Auslandssemester in Zadar empfehlen kann oder nicht hängt ganz davon ab, mit welchen
Ansprüchen und Wünschen man an dieses herangeht. Macht man das Auslandssemester reinweg aus
akademischen Gründen und um einen möglichst großen Wissenszuwachs in der Psychologie zu
erhalten, dann leider eher nicht. Bei anderen Fächern sieht das aber ganz anders aus, die Germanisten
zum Beispiel waren ganz begeistert von ihren Seminaren. Steht die Auslandserfahrung an sich im
Vordergrund, das einleben in einem anderen Land, die Englischkenntnisse zu verbessern, neue
Erfahrungen und Perspektiven zu sammeln, Menschen kennenzulernen sowie eine schöne Zeit zu
haben, dann wirst du dich in Zadar sehr wohl fühlen.

Ich für meinen Teil bin sehr froh, dass ich diese Erfahrung machen konnte und hoffe, dass ich die
kroatische Mentalität immer ein Stückweit in mir tragen werde.

Mit diesen Worten wünsche ich allen zukünftigen Erasmusstudierenden eine schöne Zeit!

Rosa Brückner
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