MELDEDATEN UND KITA-REGISTER ERGÄNZEN SICH IN DER BEWERTUNG DER DYNAMIK DER SARS-COV-2-AUSBRÜCHE IN KINDERTAGESEINRICHTUNGEN - EDOC
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Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 42 Meldedaten und KiTa-Register ergänzen sich in der Bewertung der Dynamik der SARS-CoV-2-Ausbrüche in Kindertageseinrichtungen Zusammenfassung könnte darauf zurückzuführen sein, dass Gesund- Daten zu Severe Acute Respiratory Syndrome heitsämter auftretende Fälle und ihre Zusammen- Coronavirus 2-(SARS-CoV-2-)bedingten Ausbrü- hänge epidemiologisch bewerten, diese Bewertung chen in Kindertageseinrichtungen (Kitas) können aber in den KiTa-Register-Daten nicht möglich ist. wichtige Hinweise zur Einschätzung des Infektions- Dafür spiegeln die Daten aus dem KiTa-Register geschehens im Kita-Setting liefern und sind ein möglicherweise den Infektionsdruck, d. h. das Risi- wichtiger Bestandteil in der Gesamtbewertung des ko, dass es zu Infektionsfällen kommt, besser wider, SARS-CoV-2-Infektionsgeschehens. Im vorliegen- unter dem Kitas ihre Arbeit bewältigen müssen. den Beitrag untersuchten wir daher SARS-CoV-2- Ausbrüche in Kitas für den Zeitraum von Septem- ber 2020 bis Anfang Juni 2021 und vergleichen da- Einleitung bei Daten aus zwei verschiedenen Systemen. Wir Seit Beginn der COVID-19-Pandemie herrscht Un- betrachteten zum einen die Meldedaten zu den ge- sicherheit darüber, inwiefern Kinder und insbeson- mäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) an das Robert dere junge Kinder im Alter von unter sechs Jahren Koch-Institut (RKI) übermittelten Kita-Ausbrüchen in das Gesamtinfektionsgeschehen involviert sind. und zum anderen das Infektionsgeschehen in Kitas, Junge Kinder vereinen eine Reihe von Merkmalen, welches von etwa 14 % der bundesweit registrierten die ihnen eine gewisse Sonderstellung geben: Eine Einrichtungen an das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hohe Betreuungsquote in Kitas, eine hohe Kontakt- in dem dort etablierten KiTa-Register berichtet wird. rate und -intensität aufgrund des Bedarfs an konti- Während von den Gesundheitsämtern Kita-Ausbrü- nuierlicher persönlicher Zuwendung, u. a. durch che als solche an das RKI übermittelt werden kön- den Kita-Besuch, eingeschränkte Möglichkeiten nen, melden die Einrichtungen an das KiTa-Register nicht-pharmakologischer Maßnahmen und – Stand lediglich die Zahl an bestätigten SARS-CoV-2-Infek- Dezember 2021 – keine Möglichkeit des Schutzes tionsfällen unter Kita-Personal und Kita-Kindern durch eine Impfung. Während junge Kinder bei pro Kalenderwoche (KW). Wir werteten daher min- sonstigen viralen Atemwegserkrankungen beson- destens zwei innerhalb von zwei KW über das KiTa- ders empfänglich sind, scheint die Suszeptibilität Register berichtete SARS-CoV-2-Infektionsfälle in gegenüber SARS-CoV-2 im Vergleich mit Erwachse- einer Kita als „potenziellen“ Ausbruch. Die Gesamt- nen reduziert.1 Infektionen führten bei Kindern zahl der potenziellen Ausbrüche wurde unter Kennt- nicht nur weniger häufig zu symptomatischen Er- nis des Anteils an registrierten Kitas hochgerechnet. krankungen,2 sondern verliefen – zumindest wäh- Es zeigte sich, dass der ungefähre Verlauf der Kita- rend der ersten beiden Pandemiewellen – i. d. R. Ausbrüche während der zweiten und dritten Welle auch weniger schwer.3,4 Wissenschaftliche Studien der Coronavirus Disease 19-(COVID-19-)Pandemie bezüglich der Häufigkeit und Schwere länger anhal- von beiden Systemen ähnlich beschrieben wird, die tender Beschwerden (Long-COVID) wie z. B. Auf- Zahl der potenziellen Ausbrüche (über das KiTa- merksamkeitsstörung oder Kopfschmerzen erlau- Register) aber deutlich höher ist als die Zahl der ben noch keine abschließende Bewertung.5 über das Meldesystem übermittelten Ausbrüche. Der Anteil der Ausbrüche, in denen nur Kinder be- Mit Aufkommen der besorgniserregenden SARS- troffen waren, stieg seit Beginn der COVID-19-Impf- CoV-2-Varianten (Variants of Concern; VOC) musste kampagne Anfang 2021 an und wurde von beiden neu geprüft werden, inwieweit junge Kinder am Ge- Systemen angezeigt. Die Unterschiede in der Zahl samtinfektionsgeschehen beteiligt sind. Während der übermittelten bzw. potenziellen Ausbrüche der dritten Welle im Frühjahr 2021 breitete sich die
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 43 VOC Alpha (B.1.1.7) zunehmend aus. Die Häufigkeit Folgenden „Kita-Ausbrüche“). Im Rahmen von Kita- von Ausbrüchen in Kitas ist einer von mehreren In- Ausbrüchen werden auch erwachsene Personen als dikatoren in der Surveillance der COVID-19-Pande- Ausbruchsfälle übermittelt. Diese können gelegent- mie, der wichtige Hinweise über mögliche Verände- lich auch Eltern sein, wahrscheinlicher ist hier je- rungen der Bedeutung von jungen Kindern für das doch die Übermittlung eines Falles unter Kita-Per- gesamte Infektionsgeschehen geben kann. Eine sonal. In der Meldesoftware können einzelne Aus- Möglichkeit der Überwachung von Kita-Ausbrü- brüche miteinander verknüpft werden. Dies wird chen ist die Auswertung der von den Gesundheits- beispielsweise dann getan, wenn die involvierten ämtern im Rahmen des Meldesystems gemäß IfSG Fälle aus verschiedenen Kreisen stammen, von un- erhobenen Daten zu Ausbrüchen, welche an das terschiedlichen Gesundheitsämtern übermittelt RKI übermittelt werden. Neben den Meldedaten und dann zu einem Ausbruchsgeschehen zusam- bietet das im Rahmen der Corona-KiTa-Studie vom mengeführt werden. In der Analyse wurden mitei- DJI etablierte KiTa-Register, an dem im Betrach- nander verknüpfte Kita-Ausbrüche als ein Ausbruch tungszeitraum etwa 14 % der bundesweit ca. 52.870 gezählt. Es ist zu beachten, dass bei Ausbrüchen die Kitas regelmäßig teilnahmen, die Möglichkeit, In- Untersuchung vor Ort im Vordergrund steht und formationen zur Häufigkeit von SARS-CoV-2-Infek- das Meldesystem für die Gesundheitsämter auch tionen in Kitas zu sammeln.6 ein hilfreiches Werkzeug für das Ausbruchsma- nagement darstellt. Vom RKI ist auch nicht vorge- geben, wie Gesundheitsämter zusammenhängende Ziele der Untersuchung Geschehen im Rahmen der Übermittlung vonein- Ziele der Untersuchung waren es darzulegen, wel- ander trennen oder als einen Ausbruch definieren che Informationen zu SARS-CoV-2-Ausbrüchen in sollen. Zum Beispiel könnte ein Gesundheitsamt Kitas die beiden Systeme „Meldesystem nach IfSG“ zwei innerhalb einer Woche auftretende Fälle in ei- und KiTa-Register beitragen und zu untersuchen, ner Kita nicht als Ausbruch werten, wenn die Kita inwiefern sich die beiden Systeme ergänzen. Stich- eine feste Gruppenzuordnung praktizierte, die be- punktartig wird dargestellt in welcher Weise die Da- teiligten Personen unterschiedlichen Gruppen an- ten aus beiden Systemen zur Bewertung des Infek- gehörten und beide einen plausiblen Quellfall im tionsgeschehens beitragen können. familiären Umfeld hatten. Zudem können Kita-Aus- brüche z. B. auch ein Teilaspekt eines größeren Aus- bruchs sein, der Anteile in Haushalten, Gemeinden, Methoden Feiern, Arbeitsplatz etc. hat. Für solche komplexe- An das RKI übermittelte Kita-Ausbrüche ren Geschehen bietet das Meldesystem die Möglich- Im Rahmen der Meldepflicht gemäß IfSG werden keit, unterschiedliche Ausbruchsebenen anzulegen, von den Gesundheitsämtern Daten zu COVID-19- so dass ein „Überausbruch“ mehrere eigens ange- Fällen und -Ausbruchsgeschehen an die zuständi- legte Unterausbrüche zusammenfasst. Es ist aber gen Landesbehörden und von dort an das RKI über- auch möglich, dass die Gesundheitsämter zusam- mittelt. Mehrere COVID-19-Fälle können zu einem menhängende Geschehen, bei denen es keine kla- Ausbruch zusammengeführt werden. Für jeden ren Abgrenzungen bestimmter Settings gibt, als ei- Ausbruch können über die Informationen zu den nen einzigen großen Ausbruch übermitteln. Weiter- Einzelfällen hinaus zusätzliche Angaben, z. B. zum hin besteht die Möglichkeit, dass Gesundheitsämter Infektionsumfeld erfasst werden. In der vorliegen- möglicherweise Infektionsgeschehen, bei denen es den Auswertung wurden Ausbrüche analysiert, keinen gesicherten Hinweis auf einen epidemiolo- denen mindestens zwei laborbestätigte COVID-19- gischen Zusammenhang gibt, nicht als Ausbruch Fälle gemäß der Referenzdefinition des RKI (Nach- übermitteln. weis von SARS-CoV-2 mittels Nukleinsäurenach- weis oder Erregerisolierung, unabhängig vom klini- Im KiTa-Register erfasste Infektionen schen Bild7) zugeordnet wurden und die mit dem Für das KiTa-Register haben sich insgesamt rund Infektionsumfeld (Setting) „Kindergarten, Hort“ bis 20 % aller Kitas in Deutschland registriert (von bun- zum 26.07.2021 an das RKI übermittelt wurden (im desweit ca. 52.870 Einrichtungen), die Teilnahme
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 44 ist freiwillig. Die Teilnahmequoten unter den Bun- richtungen pro Woche im Betrachtungszeitraum). desländern schwanken dabei zwischen 22 % in Dadurch sollen Kitas ausgeschlossen werden, die Nordrhein-Westfalen und 7 % in Berlin und Bran- nur dann an der Befragung des KiTa-Registers teil- denburg. Prüfungen der Verteilungen nach Träger- nehmen, wenn es zu Infektionsfällen in der Ein- schaft oder Einrichtungsgröße ergeben keine größe- richtung kam. ren Unterschiede zwischen der KiTa-Register-Stich- probe und den amtlichen Daten der Kinder- und Ju- Zuordnung von Ausbrüchen zu gendhilfestatistik (Auswertung hier nicht gezeigt). Kalenderwochen Im betrachteten Zeitraum haben bundesweit durch- Sowohl die über das Meldesystem an das RKI über- schnittlich knapp 7.300 Kitas teilgenommen (rund mittelten Kita-Ausbrüche als auch die geschätzte 14 % aller Kitas in Deutschland), die seit Anfang Zahl der potenziellen Ausbrüche aus dem KiTa- September 2020 aktiv wöchentlich einen Online- Register wurden der KW zugeordnet, in der der ers- Fragebogen ausfüllen. So lautet u. a. eine Frage wie te Fall gemeldet wurde. In die Analysen wurden nur viele neu „bestätigte Infektionsfälle einer SARS- Ausbrüche eingeschlossen, die von Anfang Septem- CoV-2-Infektion“ es in der jeweiligen KW gab und ber 2020 (KW 36) bis Anfang Juni 2021 (KW 22) ans ob es sich um Infektionen bei Kita-Kindern, Kita- RKI übermittelt bzw. auf Basis der KiTa-Register- Personal oder Eltern handelt. Diese Informationen Daten geschätzt wurden. Dieser Zeitraum wurde liegen aus Datenschutzgründen nur für Kitas mit gewählt, da die Erhebung des KiTa-Registers im mehr als sechs Kita-Beschäftigten vor. In der Stich- September 2020 startete und der Fragebogen bis probe des KiTa-Registers sind das 97 % aller Ein- KW 22/2021 in unveränderter Form genutzt wurde. richtungen. Bei den ans KiTa-Register gemeldeten KW 53/2020 wurde ausgeschlossen, da diese im Infektionsfällen ist zu beachten, dass nur die An- KiTa-Register nicht abgefragt wurde. zahl der Infektionsfälle berichtet wird. Es wird nicht erfasst, ob es sich bei mehreren Infektionsfällen in Berechnung des Anteils der Kita-Ausbrüche, einer Kita um ein Ausbruchsgeschehen handelt. in denen nur bestimmte Altersgruppen Wir definierten das Infektionsgeschehen in einer involviert sind Kita als „potenziellen“ Ausbruch, wenn mindestens In einem ersten Schritt unterteilten wir die Ausbrü- zwei Infektionsfälle unter Kindern oder Personal che aus beiden Systemen in die folgenden drei Ka- (Eltern ausgeschlossen) innerhalb von zwei aufein- tegorien anhand der involvierten Altersgruppen: anderfolgenden KW von der Einrichtung an das (1) Ausbrüche, in denen nur Kinder involviert wa- KiTa-Register gemeldet wurden. ren (0 bis 10 Jahre bei den Meldedaten bzw. 0 Jahre bis Schuleintritt bei den KiTa-Register- Schätzung der bundesweiten Häufigkeit Daten) von potenziellen Kita-Ausbrüchen (2) Ausbrüche, in denen nur Kita-Personal bzw. anhand der KiTa-Register-Daten Erwachsene (15 Jahre und älter) involviert wa- Pro Woche wurde die Anzahl der potenziellen Aus- ren und brüche mithilfe des Anteils der Kitas mit einer Mel- (3) Ausbrüche mit Fällen sowohl unter Kindern als dung im KiTa-Register auf alle Kitas bundesweit auch Personal/Erwachsenen. hochgerechnet (geschätzt). Die Zahl aller Kitas wur- de der Kinder- und Jugendhilfestatistik (KJH-Statis- Im zweiten Schritt berechneten wir den Anteil der tik, 2020*) entnommen. Für die Hochrechnung der Ausbrüche der jeweiligen Kategorie an allen über- potenziellen Ausbrüche wurden nur Kitas einge- mittelten bzw. potenziellen Ausbrüchen. schlossen, die an mehr als 90 % der Wochen Daten übermittelt haben (durchschnittlich etwa 4.118 Ein- Datenbasis weiterer verwendeter Parameter und Analysetools Für die Berechnung der wöchentlichen Inzidenz in * Statistisches Bundesamt. 2020. Kinder und tätige der Gesamtbevölkerung wurden die an das RKI ge- Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege am 01.03.2020. mäß Referenzdefinition übermittelten COVID-19- Wiesbaden: Statistisches Bundesamt. Fälle bezogen auf die Bevölkerungsstatistik mit
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 45 Stand vom 31.12.2020 verwendet. Der Anteil der ten gibt. Diese zeigen sich vor allem in den Hoch- Alpha-Variante (B.1.1.7) stammt aus den Gesamtge- phasen der zweiten und dritten COVID-19-Welle. nomsequenzdaten zu SARS-CoV-2-Varianten. Die Während die Ausbrüche auf Basis der Meldedaten Daten zur COVID-19-Impfquote in der Gesamtbe- zu Beginn der zweiten Welle (ab KW 40/2020) nur völkerung stammen aus dem Digitalen Impfquoten- allmählich anstiegen, stieg die anhand des KiTa- monitoring zur COVID-19-Impfung (DIM). Für die Registers geschätzte Anzahl deutlich rascher an und Darstellung des zeitlichen Verlaufs wurde der Mit- befand sich in den Herbstmonaten 2020 auf einem telwert der täglichen Impfquote pro KW verwendet. sehr viel höheren Niveau. Dieser Verlauf entspricht Neben der Meldesoftware SurvNet (Version 0.9.35.1) auch eher dem Verlauf der wöchentlichen Inzidenz verwendeten wir für die Auswertungen Stata, Ver in der Gesamtbevölkerung (graue Balken in Abb. 1). sion 17 (College Station, TX, USA) und Microsoft Die Häufigkeit der über das KiTa-Register geschätz- Excel 2019. ten potenziellen Ausbrüche stieg auch während des Anstiegs der dritten Welle etwa ab März 2021 zeit- gleich an, jedoch dieses Mal sehr viel rascher als die Ergebnisse wöchentliche Inzidenz der Gesamtbevölkerung. Zu- gleich begann der Anteil der VOC Alpha rasch an- Anzahl der übermittelten bzw. geschätzten zusteigen (hellblauer Bereich in Abb. 1). Die Anzahl potenziellen Kita-Ausbrüche und Ausbruchs- der über das Meldesystem übermittelten K ita- dauer Ausbrüche verlief von KW 5 bis 11/2021 annähernd Zwischen KW 36/2020 und KW 22/2021 wurden parallel, folgte aber nach einem Gipfel in KW 11 von den Gesundheitsämtern 3.384 Kita-Ausbrüche einem sinkenden Trend. Zu diesem Zeitpunkt be- an das RKI übermittelt. In etwa drei Viertel der an trug die wöchentliche Inzidenz der Gesamtbevölke- das RKI übermittelten Ausbrüche verteilte sich das rung etwa 100 Fälle pro 100.000 Einwohner. Für Meldedatum der Ausbruchsfälle auf einen Zeitraum KW 13/2021 (Ende März) schätzten wir auf Basis der von zwei KW. Basierend auf den Daten des KiTa- KiTa-Register-Daten mit 563 potenziellen Ausbrü- Registers identifizierten wir 826 potenzielle Aus- chen die höchste Zahl an Kita-Ausbrüchen pro Wo- brüche, was hochgerechnet einer Zahl von bundes- che im Betrachtungszeitraum. Die über das KiTa- weit insgesamt 10.425 geschätzten potenziellen Register geschätzte Zahl der potenziellen Ausbrü- Kita-Ausbrüchen entspricht. In ca. 77 % der poten- che befand sich von KW 11 bis 17/2021 in einer Hoch- ziellen Ausbrüche wurden die Infektionsfälle in nur phase, welche nur durch die Osterfeiertage (KW 13 − einer einzigen KW gemeldet. 14/2021) unterbrochen wurde. Ab KW 16 bzw. KW 17 war sowohl bei den Meldedaten als auch bei den Da- Zeitlicher Verlauf der über das KiTa-Register ten aus dem KiTa-Register ein rascher Rückgang der geschätzten Anzahl potenzieller SARS-CoV-2- Kita-Ausbrüche zu beobachten, einhergehend mit Kita-Ausbrüche, der an das RKI übermittelten dem rückläufigen Verlauf der wöchentlichen Inzi- Kita-Ausbrüche und der wöchentlichen denz in der Gesamtbevölkerung. Inzidenz der Gesamtbevölkerung Abbildung 1 zeigt die Anzahl der ans RKI übermit- Alter der an Kita-Ausbrüchen beteiligten Fälle telten Kita-Ausbrüche (blaue Linie) bzw. die über Werden die Ausbrüche nach involvierter Altersgrup- das KiTa-Register geschätzten Anzahl an potenziel- pe unterteilt, so zeigte sich in beiden Systemen, len Kita-Ausbrüchen (schwarze Linie) im zeitlichen dass Ausbrüche, bei denen sowohl Kinder als auch Verlauf. Zudem wird die wöchentliche Inzidenz der Erwachsen betroffen waren, den größten Anteil ein- Gesamtbevölkerung als graue Balken sowie der An- nehmen (70 % im Meldesystem bzw. 47 % im KiTa- teil der VOC Alpha als hellblauer Bereich darge- Register). Die Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung stellt. (15 % bzw. 28 %) bzw. nur mit Beteiligung von Er- wachsenen (15 % bzw. 25 %) nehmen kleinere Antei- Es wird deutlich, dass sich der Verlauf der beiden le ein. Ausbruchskurven zwar ähnelt, es aber deutliche Unterschiede in den erfassten Ausbruchshäufigkei-
20% Impfquote der min Anteil Ausbrüche Gesamtbe Ge Impfquote der mindesten Anteil Ausbr 20% 20% 10% 10% Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 46 10% 10% 0% 0% 37 39 41 43 45 47 490% 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 Kalenderwoche 37 390% 412020/2021 43 45 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 Anzahl Ausbrüche Anteil VOC Alpha 7 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 Kalenderwoche Inzidenz Inzidenz der 2020/2021 Gesamtbevölkerung der Gesamtbevölkerung Impfquote Kita‐Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung (Meldedaten) Kalenderwoche 600 600 2020/2021 250 100100% 250 % Kita‐Ausbrüche nur(KiTa-Register) alle Kita-Ausbrüche mit Kinderbeteiligung (KiTa‐Register) Impfquote Inzidenz Kita‐Ausbrüche nur mit Kita‐Ausbrüche nur(Meldedaten) alle Kita-Ausbrüche mit Kinderbeteiligung (Meldedaten) VOC Alpha (B.1.1.7) Kita‐Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung (KiTa‐Register) 500 500 beteiligung (KiTa‐Register) 200 200 8080% % 400 400 150 150 6060% % 300 300 100 100 4040% % 200 200 5050 2020% % 100 100 00 0 0 00% % 36 38 40 42 44 46 48 50 52 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 September Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Kalenderwoche 2020/21 Kalenderwoche 2020/21 Abb. 1 | Anzahl der an das RKI übermittelten SARS-CoV-2-Kita-Ausbrüche (blaue Linie) und die über das KiTa-Register geschätzte VOC Alpha (B.1.1.7) Inzidenz alle Kita-Ausbrüche (Meldedaten) alle Kita-Ausbrüche (KiTa-Register) Anzahl an Kita-Ausbrüchen (schwarze Linie) im zeitlichen Verlauf von Kalenderwoche (KW) 36/2020 bis KW 22/2021 sowie die wöchentliche COVID-19-Inzidenz der Gesamtbevölkerung (graue Balken, 1. y-Achse rechts) und der Anteil von VOC Alpha (hellblauer Bereich, 2. y-Achse rechts). Abbildung 2 zeigt den Anteil der ans RKI übermit- teils an Ausbrüchen, in denen nur Kinder involviert telten (blaue Linie) bzw. den Anteil der über das waren, an allen Ausbrüchen geht dabei mit der an- KiTa-Register geschätzten (schwarze Linie) Ausbrü- steigenden Erst-Impfquote in der Gesamtbevölke- che, an denen ausschließlich Kinder involviert wa- rung einher (Bestimmtheitsmaß: 86 %).I ren, im zeitlichen Verlauf. Zudem ist die Impfquote der mindestens einmal Geimpften in der Gesamt- bevölkerung eingezeichnet (graue Balken). Der Verlauf des Anteils der Ausbrüche ist zwar ins- I Genaue Impfquoten beim Kita-Personal liegen für den betrachteten Zeitraum nicht vor, jedoch ist anzuneh- gesamt sehr ähnlich, allerdings verzeichnet das men, dass im Zuge der geänderten Impfpriorisierung im KiTa-Register einen höheren Anteil an Ausbrüchen Februar 2021, bei der das pädagogische Personal in nur mit Kinderbeteiligung. Seit Jahresbeginn 2021 Kitas von Priorisierungsgruppe 3 in Gruppe 2 hochge- stuft wurde, sich vermehrt Kita-Personal impfen ließ. nahmen die Anteile in den beiden Systemen konti- Das KiTa-Register erhebt Informationen zur Impfung des nuierlich zu und erreichten Ende Mai 2021 etwa Kita-Personals seit KW 23/2021, in der bundesweit 40 % bzw. 50 % aller übermittelten Kita-Ausbrüche bereits 77 % der Kita-Mitarbeitenden mindestens eine Impfung gegen COVID-19 erhalten hatten.12 Diese Daten bzw. aller auf Basis des KiTa-Registers angenomme- ähneln den Befragungsergebnissen der COVIMO-Studie, nen Ausbrüche (über 3 Wochen geglättete Werte). die für den Erhebungszeitraum vom 17.05.21 – 09.06.21 Die Größe der Ausbrüche nur mit Kinderbeteili- (KW 20 – 23) eine Quote von 84,5 % für mindestens einmal geimpfte und eine Quote von 37,2 % für gung betrug in beiden Systemen im Median zwei vollständig geimpfte Lehrkräfte und Erzieherinnen und Fälle pro Ausbruch. Der zeitliche Anstieg des An- Erzieher angeben.15
20% Anteil Ausbr Impfquote der mi Anteil Ausbrüch Gesamtb G Impfquote der mindeste 20% 20% 10% 10% Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 47 10% 10% 0% 0% 37 39 41 43 45 47 49 51 1 30% 5 7 9 11 13 15 17 19 21 Kalenderwoche 0% 2020/2021 37 39 41 43 45 47 49 51 1 3 5 7 Anteil Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung Impfquote der mindestens einmal Geimpften in der Gesamtbevölkerung 47 49 51 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 Kalenderwoche 2020/20 Impfquote Kita‐Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung (Meldedaten) Kalenderwoche 60% 60 % 2020/2021 50% 50 % Impfquote der mindestens einmal Geimpften in der Kita‐Ausbrüche nurmit Kita-Ausbrüche nur mitKinderbeteiligung Kinderbeteiligung (KiTa‐Register) (KiTa-Register) Impfquote Impfquote Kita Anteil Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung Kita‐Ausbrüche nurmit Kita-Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung Kinderbeteiligung (Meldedaten) (Meldedaten) Kita‐Ausbrüche nur mit Kinderbeteiligung (KiTa‐Register) 50% 50 % derbeteiligung (KiTa‐Register) 40% 40 % 40% 40 % Gesamtbevölkerung 30% 30 % 30% 30 % 20% 20 % 20% 20 % 10% 10 % 10% 10 % 0% 0% 0% 0% 37 39 41 43 45 47 49 51 37 39 41 43 45 47 49 51 11 33 55 77 99 11 11 13 13 15 15 17 17 19 19 21 21 Kalenderwoche 2020/2021 Kalenderwoche 2020/21 Abb. 2 | Anteil der Kita-Ausbrüche, in denen nur Infektionsfälle unter Kindern übermittelt bzw. gemeldet wurden, an allen übermittelten bzw. geschätzten Kita-Ausbrüchen im zeitlichen Verlauf (geglättet Impfquote über 3 Wochen; Kita‐Ausbrüche nur mitblaue Linie = ans RKI Kinderbeteiligung übermittel- (Meldedaten) te Ausbrüche; schwarze Linie = auf Basis der KiTa-Register-Daten geschätzte Ausbrüche). Zudem ist die Impfquote der mindes- Kita‐Ausbrüche tens einmal Geimpften in nur der mit Kinderbeteiligungeingezeichnet Gesamtbevölkerung (KiTa‐Register) (Balken; Daten aus dem Digitalen Impfquotenmonitoring (DIM)). Diskussion schließlich einzelfallbasierter klinischer und epide- Die Daten aus den beiden Systemen zur Ausbruchs- miologischer Informationen, unterlagen bereits häufigkeit haben über die Zeit betrachtet zwar einen einer fachlichen Bewertung durch die Gesundheits- ähnlichen Verlauf, unterscheiden sich jedoch vor al- ämter. Diese kann einerseits dazu führen, dass nach lem in der Amplitude. Im Folgenden soll dargestellt Durchführung der Ermittlungen das Gesundheits- werden, wie diese Unterschiede interpretiert wer- amt zum Schluss kommt, dass z. B. zwei zeitgleich den können. auftretende Fälle unter Kita-Kindern oder Kita-Per- sonal in keinem epidemiologischen Zusammen- Die aus dem KiTa-Register geschätzte Anzahl poten- hang zur Kita stehen und deshalb auch keinen Kita- zieller Kita-Ausbrüche stimmt im Verlauf recht gut Ausbruch anlegen. Andererseits ist es aber auch – und auch deutlicher als die Meldedaten – mit dem möglich, dass in einer Kita auftretende Fälle in ein Verlauf der wöchentlichen Inzidenz der Gesamtbe- größeres Geschehen eingegliedert werden und völkerung überein (Abb. 1). Der höhere Grad an ebenfalls nicht als eigenständiger Kita-Ausbruch Übereinstimmung könnte sich dadurch erklären, übermittelt werden. Dieses Vorgehen könnte auch dass die Kitas aufgetretene Infektionen an das KiTa- die beobachteten Unterschiede im Verlauf der bei- Register übermittelten, völlig unabhängig von deren den Systeme ab etwa KW 11/2021 erklären, als die Einordnung in einen epidemiologischen Zusam- wöchentliche Inzidenz in der Gesamtbevölkerung menhang. In diesem Sinne sind die Daten des KiTa- auf über 100 Fälle pro 100.000 Einwohner anstieg. Registers wertvoll, weil sie den Grad des Infektions- Diese Unterschiede stellen somit nicht notwendiger- drucks widerspiegeln, den Kitas bewältigen müs- weise einen Widerspruch dar, sondern lediglich zwei sen. Die ans RKI übermittelten Meldedaten, ein- Aspekte aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln.
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 48 Schließlich ist es auch möglich, dass bei entspre- sich hierbei eher um kleinere Geschehen handelt chend hoher Inzidenz die Arbeitsbelastung in den (mediane Ausbruchsgröße = 2 Fälle pro Ausbruch Gesundheitsämtern im Sinne der unmittelbaren in beiden Systemen). Der Anteil der Ausbrüche, in Gefahrenabwehr so priorisiert werden musste, dass denen nur Kinder involviert waren, nahm seit An- Ausbrüche möglicherweise noch ermittelt, aber fang 2021 kontinuierlich zu und erreichte Ende Mai nicht immer im Meldesystem angelegt und über- 2021 – je nach Datenbasis – 40 bis 50 % aller über- mittelt wurden. mittelten Kita-Ausbrüche bzw. aller auf Basis des KiTa-Registers angenommenen Ausbrüche (über Zu Beginn und im Verlauf der dritten Pandemiewel- 3 Wochen geglättete Werte). Der Anstieg dieses An- le (ab KW 9/2021; Anfang März) konnten anhand teils ist wahrscheinlich mit der ansteigenden Impf- der Daten aus beiden Systemen zwei Unterschiede quote unter Betreuungspersonal assoziiert, welche im Vergleich zur zweiten Welle beobachtet werden. laut den KiTa-Register-Daten Ende Juli 2021 in allen Zum einen zeigen die KiTa-Register-Daten, dass die Bundesländern Werte zwischen etwa 60 % und Zunahme der Häufigkeit der geschätzten potenziel- 90 % (bundesweit: etwa 80 %) erreichte und damit len Kita-Ausbrüche ab Anfang März 2021 rascher deutlich höher lag als diejenige der 18 – 59-jährigen verlief, als die der wöchentlichen Inzidenz in der Bevölkerung.12 Gesamtbevölkerung. Bei den ans RKI übermittelten Kita-Ausbrüchen überstieg die Zahl der Ausbrüche Der konkrete Beitrag für Public Health-Maßnah- während der dritten Welle deutlich das Niveau der men unterscheidet sich bei den Meldedaten und zweiten Welle. Hierbei ist zu beachten, dass wäh- den Daten des KiTa-Registers. Die Erfassung von rend der zweiten Welle die Auslastung in den Ein- Daten zu Ausbrüchen auf der Basis namentlicher richtungen hoch war und die Inanspruchnahme Meldungen sind gemäß Infektionsschutzgesetz zwischen September und Dezember 2020 konstant eine integrale Aufgabe der Gesundheitsämter, die bei etwa 80 % gelegen hatte. Zu Beginn der dritten die Ergreifung angemessener und zeitnaher Maß- Welle (Anfang März 2021) war die Betreuungskapa- nahmen in der individuellen Einrichtung ermögli- zität jedoch reduziert und die Inanspruchnahme chen, welche auch individuelle Personen betreffen. niedriger als während der zweiten Welle.8 Beides Die Daten des KiTa-Registers können dabei helfen, hätte zur Vermeidung von Ausbrüchen beitragen ein übergeordnetes Bild zu gewinnen, welches – in können. Daher liegt es nahe, dass der beobachtete Zusammenschau mit den Meldedaten – die Ent- Anstieg vor allem auf die zunehmende Ausbreitung scheidungsfindung für Maßnahmen auf Bevölke- der VOC Alpha und ihrem erhöhten Übertragungs- rungsebene unterstützen kann. potenzial bei jungen Kindern9 – 11 zurückzuführen ist, möglicherweise „unterstützt“ durch den Anstieg Das KiTa-Register beschränkt den Blick auf die Ein- der Kita-Inanspruchnahme, die von etwa 45 % (Fe- richtungen an sich und könnte somit den Infek bruar 2021) auf 65 − 75 % (März − Mai 2021) anstieg.8 tionsdruck in Hochinzidenzphasen relativ gut wie- dergeben. Zudem liefert es auch unabhängig von Die vorliegende Analyse zeigt ebenfalls, dass beide Ausbrüchen detaillierte Informationen zum Infek- Systeme hinsichtlich der Altersverteilung der in tionsgeschehen in Kitas. Ein wesentlicher Aspekt Kita-Ausbrüchen involvierten Fälle eine ähnliche hierbei ist auch die prospektive und regelmäßig ak- Beobachtung liefern. So stützt z. B. der hohe Anteil tualisierte Erfassung von infektionspräventiven an Ausbrüchen mit Fällen aus Betreuungspersonal Maßnahmen und die Möglichkeit der Analyse einer und Kindern die Empfehlung strenger Kontaktbe- Assoziation mit der Häufigkeit des Auftretens von schränkungen, z. B. durch strikte Gruppentrennung Fällen. So konnte z. B. festgestellt werden, dass eine in Kitas. Hinsichtlich der Rolle von Kindern im Kita- strikte Trennung der Kitagruppen und eine feste Infektionsgeschehen legen die Auswertungen der Zuweisung des Kita-Personals das Infektionsrisiko Daten beider Systeme nahe, dass bei Ausbrüchen, für Kinder und Beschäftigte reduzieren. Eine weite- bei denen nur Infektionsfälle unter Kindern über- re Beobachtung war, dass in Einrichtungen, die vie- mittelt bzw. berichtet wurden, auch Kinder unter le sozioökonomisch benachteiligte Kinder betreuen, einander das Virus übertragen können, wobei es ein erhöhtes Infektionsrisiko für Kita-Kinder und
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 49 Kita-Personal besteht.13 Darüber hinaus können die Unterschätzung der Ausbrüche in den Wochen im Rahmen des KiTa-Registers erhobenen Daten vor Ferienbeginn geben könnte. zur Impfung beim Kita-Personal auch regionale Un- terschiede in den Impfquoten aufzeigen.12 Es ist möglich, dass Gesundheitsämter beim Auftre- ten von mehreren Fällen, die einer Kita zugehörig Die hier gezeigten Analysen machen deutlich, dass sind, aus verschiedenen Gründen keinen eigenen insbesondere in Pandemiezeiten, in denen politi- Kita-Ausbruch anlegen. Dazu gehören: sche Entscheidungen unter Zeitdruck und schwie- ▶▶ Bei größeren und komplexeren Geschehen rigen Bedingungen getroffen werden müssen, es können mehrere kleinere Ausbrüche miteinan- von großem Vorteil ist, mehr als eine Datenquelle der zusammenhängen. Wie die Gesundheits- zur Beschreibung des pandemischen Geschehens ämter damit umgehen, kann sehr unterschied- heranziehen zu können. Im Kontext des lich sein. Möglich wäre es, dass alle involvierten SARS-CoV-2-Infektionsgeschehens in Kitas bietet Fälle einem einzigen großen Ausbruch z. B. mit das KiTa-Register hierfür eine umfangreiche Daten- dem Setting „Freizeit“ zugeordnet werden und basis und stellt eine wertvolle Ergänzung zu den Satellitenausbrüche, wie z. B. in einer Kita, Meldedaten dar. nicht separat angelegt werden. ▶▶ Bei Ausbrüchen mit Fällen aus verschiedenen Limitationen der vorliegenden Analyse ergeben sich Kreisen sind die außerhalb des eigenen Kreises aus verschiedenen Faktoren, die zu einer Überschät- wohnenden Fälle manchmal nicht bekannt bzw. zung der Ausbrüche auf Basis der KiTa-Register- werden als Einzelfälle im jeweiligen Kreis er- Daten als auch zu einer Unterschätzung der ans fasst und nicht zu einem kreisübergreifenden RKI übermittelten Ausbrüche führen könnten. Eini- Ausbruch zusammengeführt. ge wurden bereits in den Methoden ausführlich be- ▶▶ In der Meldesoftware stehen insgesamt rund schrieben, daher werden diese hier nur kurz darge- 40 verschiedene Kategorien an Infektionsum- stellt. feldern zur Auswahl. Es könnte sein, dass die Gesundheitsämter bei Kita-Ausbrüchen die Aufgrund fehlender weiterer epidemiologischer übergeordnete Kategorie „Betreuungseinrich- Daten im KiTa-Register könnte die Anzahl an Kita- tung“ als Setting ausgewählt haben. Eine Ana- Ausbrüchen zu hoch geschätzt worden sein. Dafür lyse der Altersstruktur der Fälle in Ausbrüchen spricht: mit Infektionsumfeld „Betreuungseinrichtung“ ▶▶ Die potenziellen Ausbrüche wurden nicht als (n = 580) zeigte, dass 5 % der involvierten Fälle solche ans KiTa-Register gemeldet, sondern im im Alter von 0 bis 5 Jahren sind und ein Groß- Nachhinein als Ausbruch definiert. Es erfolgte teil der Fälle über 65 Jahre alt (41 %). Dies lässt keine weitere fachliche Bewertung bzgl. eines vermuten, dass es sich bei diesen Ausbrüchen epidemiologischen Zusammenhangs. eher um Betreuungseinrichtungen für Ältere ▶▶ Die potenziellen Ausbrüche beschränken sich handelt (z. B. Seniorentagesstätten) und höchs- nur auf das Kita-Setting, bei einigen Gesche- tens sehr wenige Kita-Ausbrüche dem Infek hen können auch mehrere Settings in Frage tionsumfeld „Betreuungseinrichtung“ zugeord- kommen. net wurden. ▶▶ Auf Basis der KiTa-Register-Daten kann nicht ▶▶ Kita-Ausbrüche werden zwar übermittelt, je- geklärt werden, ob die gemeldeten Infektions- doch ohne das Infektionsumfeld „Kindergar- fälle auch in der Kita exponiert waren. Vor al- ten, Hort“ und werden dann auch nicht als sol- lem in Ferienzeiten könnte dies zu einer Über- che gezählt. Neben dem Infektionsumfeld kön- schätzung der angenommenen Ausbrüche füh- nen die Gesundheitsämter auch Freitext über- ren. Andererseits kann es aber auch sein, dass mitteln, z. B. in Form von Kommentaren oder Infektionen kurz vor Beginn der Ferienzeit indem sie dem Ausbruch einen Namen geben. nicht mehr der Einrichtung gemeldet werden, Eine Stichwortsuche in diesen Variablen hatte auch wenn diese mit einem Besuch in der Kita ergeben, dass einige Ausbrüche z. B. die Wörter im Zusammenhang stehen, sodass es auch eine „Kita“ oder „Kindergarten“ enthielten, jedoch
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 50 ohne, dass in der Variable „Infektionsumfeld“ lokalen Gegebenheiten der Kitas in Verbindung ge- das Setting „Kindergarten, Hort“ explizit über- bracht werden können. Im Meldesystem können mittelt wurde. Für einige Situationen kam nach Kita-Ausbrüche hingegen im Vergleich zu Ausbrü- Betrachtung der einzelnen Ausbrüche und den chen anderer Settings ausgewertet und bewertet weiteren Ausbruchsdaten das Kita-Setting in werden.14 Weiterhin können z. B. im Rahmen der Frage und konnte auch stichprobenartig bestä- Ermittlungen Vernetzungen zwischen einzelnen tigt werden. Ausbrüchen erkannt werden, die dann als zusam- mengehöriges Ausbruchsgeschehen übermittelt Insgesamt hat sich gezeigt, dass die beiden Systeme werden können. Schließlich werden neben den Aus- sowohl übereinstimmende (und sich damit gegen- bruchsinformationen noch viele weitere klinische seitig validierende) als auch sich ergänzende Infor- und epidemiologische Angaben zu den bei Ausbrü- mationen erzeugen können. Beide Systeme haben chen betroffenen Personen übermittelt, die für die ihre eigenen Stärken. Das KiTa-Register liefert Da- epidemiologische Einschätzung relevant sind. ten, die direkt von den Kitas kommen und mit den Literatur 4 Lou L, Zhang H, Tang B, Li M, Li Z, Cao H, et al. 1 Madewell ZJ, Yang Y, Longini Jr IM, Halloran ME, Clinical characteristics of COVID-19 in children and Dean NE. Household Transmission of SARS-CoV-2: adolescents: a systematic review and meta-analysis. A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA medRxiv. 2021 Jan 1;2021.03.12.21253472. Netw Open. 2020 Dec 14;3(12):e2031756–e2031756. 5 World Health Organization. Interim statement on 2 Sah P, Fitzpatrick MC, Zimmer CF, Abdollahi E, COVID-19 vaccination for children and adolescents. Juden-Kelly L, Moghadas SM, et al. Asymptomatic 24. November 2021. Verfügbar unter: https://www. SARS-CoV-2 infection: A systematic review and who.int/news/item/24-11-2021-interim-statem- meta-analysis. Proc Natl Acad Sci. 2021 Aug ent-on-covid-19-vaccination-for-children-and-adole- 24;118(34):e2109229118. scents, abgerufen am: 26.11.2021 3 Mantovani A, Rinaldi E, Zusi C, Beatrice G, 6 Autorengruppe Corona-KiTa-Studie. 4. Quartals Saccomani MD, Dalbeni A. Coronavirus disease bericht der Corona-KiTa-Studie (II/2021). München 2019 (COVID-19) in children and/or adolescents: 2021: DJI, verfügbar unter: https://corona-kita-stu- a meta-analysis. Pediatr Res. 2021 Mar die.de/monatsberichte-der-corona-kita-studie, ab- 17;89(4):733–7. gerufen am: 15.09.2021
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 51 7 Robert Koch-Institut. Falldefinition Coronavirus Autorinnen und Autoren Disease2019 (COVID-19) (SARS-CoV-2), Stand: a) Ann-Sophie Lehfeld | a) Dr. Udo Buchholz | b) Mariana 23.12.2020. Verfügbar unter: https://www.rki.de/ Grgic | b) Dr. Franz Neuberger | c) PD Dr. Susanne Kuger | DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/ a) Michaela Diercke | a) Dr. Ute Rexroth | a) Dr. Osamah Falldefinition.pdf, abgerufen am: 15.06.2021 Hamouda | Prof. a) Dr. Walter Haas 8 Autorengruppe Corona-KiTa-Studie. Monatsbericht a) Robert Koch-Institut, Abt. 3 Infektionsepidemiologie Juni der Corona-KiTa-Studie (Ausgabe 04/2021). b) Deutsches Jugendinstitut, Abteilung Kinder und München 2021: DJI, verfügbar unter: https://coro- Kinderbetreuung na-kita-studie.de/monatsberichte-der-corona-ki- c) Deutsches Jugendinstitut, Abteilung Zentrum ta-studie, abgerufen am 15.10.2021 für Dauerbeobachtung und Methoden 9 Public Health England. Investigation of novel Korrespondenz: LehfeldA@rki.de SARS-CoV-2-variant-Variant of Concern 202012/01-Variant of Concern 202012/01-Technical Briefing 3. Verfügbar unter: https://www.gov.uk/go- Vorgeschlagene Zitierweise vernment/publications/phe-investigation-of-novel- Lehfeld AS, Buchholz U, Grgic M, Neuberger F, sars-cov-2-variant-of-concern-20201201-technical- Kuger S, Diercke M, Rexroth U, Hamouda O, Haas W: briefing-3-6-january-2021, abgerufen am: 15.06.2021 Meldedaten und KiTa-Register ergänzen sich in der Bewertung der Dynamik der SARS-CoV-2-Ausbrüche 10 Loenenbach A, Markus I, Lehfeld A-S, an der in Kindertageseinrichtungen Heiden M, Haas W, Kiegele M. SARS-CoV-2 variant B.1.1.7 susceptibility and infectiousness of children Epid Bull 2022;3:42-51 | DOI 10.25646/9514 and adults deduced from investigations of child care centre outbreaks, Germany, 2021. Eurosurveil- Interessenkonflikt lance. 2021;26(21):1–4. Die Autorinnen und Autoren erklären, dass keine 11 Lyngse FP, Mølbak K, Skov RL, Christiansen LE, Interessenkonflikte vorliegen. Mortensen LH, Albertsen MP, et al. Increased Transmissibility of SARS-CoV-2 Lineage B.1.1.7 by Danksagung Age and Viral Load: Evidence from Danish House- Ein großer Dank gilt den Gesundheitsämtern und den holds. medRxiv. 2021;2021.04.16.21255459. zuständigen Landesgesundheitsbehörden, die diese 12 Autorengruppe Corona-KiTa-Studie. Monatsbericht wichtigen Informationen zu Ausbrüchen im Kita- Juli der Corona-KiTa-Studie (Ausgabe 05/2021). Setting erhoben, lokal validiert und bewertet an das München 2021: DJI, verfügbar unter: https://coro- RKI übermittelt haben. Weiterhin bedanken wir uns na-kita-studie.de/monatsberichte-der-corona-ki- bei den am KiTa-Register teilnehmenden Einrichtun- ta-studie, abgerufen am 15.10.2021. gen, die durch ihre wöchentlichen Angaben dazu bei- 13 Neuberger F, Grgic M, Diefenbacher S, Spensberger tragen, die Situation der Kindertagesbetreuung unter F, Lehfeld A-S, Buchholz U, et al. COVID-19 infec- Pandemiebedingungen zu dokumentieren. tions in day care centres in Germany: Social and or- ganizational determinants of infections in children and staff in the second and third wave of the pande- Finanzierung mic. medRxiv. 2021;(June):2021.06.07.21257958. Die Corona-KiTa-Studie wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und vom 14 Buda S, an der Heiden M, Altmann D, Diercke M, Bundesministerium für Gesundheit finanziell gefördert. Hamouda O, Rexroth U. Infektionsumfeld von erfassten COVID-19-Ausbrüchen in Deutschland. Epid Bull. 2020;38:3–12. 15 Robert Koch-Institut. COVID-19 Impfquoten-Moni- toring in Deutschland (COVIMO): Report 5 – Fokuserhebung Impfquoten. 29. Juni 2021. Verfüg- bar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfA- Z/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/COVI- MO_Reports/covimo_studie_bericht_5.pdf?__ blob=publicationFile, abgerufen am: 15.10.2021
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