Molekulare Lichtblicke - Max-Planck-Gesellschaft
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ERFOLGSGESCHICHTEN_Fluoreszentmikroskopie Molekulare Lichtblicke Den Transport einzelner Proteine oder winzige Membranbläschen in lebenden Zellen, die Synapsen von Neuronen oder das Skelett von Tumorzellen in allen Details – das alles können STED-Mikroskope sichtbar machen. Die Technik erfunden hat Stefan Hell, Direktor an den Max-Planck-Instituten für biophysikalische Chemie in Göttingen und für medizinische Forschung in Heidelberg. Inzwischen vertreibt das Spin-off Abberior Instruments die Fluoreszenzmikroskope mit der besten Auflösung am Markt. Und immer wieder verschieben Forschende des Instituts und auch des Unternehmens die Grenzen des Sichtbaren. TEXT JANOSCH DEEG D ie schwarze Box misst knapp Erfunden hat die ultrascharfe Fluores- Sprossendes Neuron: Mit einem anderthalb mal anderthalb zenzmikroskopie einer der sieben Fir- solchen Wachstumskegel sucht das Axon einer Nervenzelle Meter, Höhe vielleicht 40 mengründer. Und er wurde dafür sogar sein Ziel. In der Aufnahme mit Zentimeter. In der Regel er- mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Mit einem STED-Mikroskop sind die zählt eine Blackbox die Ge- seinen Arbeiten widerlegte er alle Ex- feinen Fortsätze (grün), mit schichte einer Katastrophe – nicht so in perten, die meinten, in der Lichtmikro- denen das rundliche Ende des diesem Fall: Hier steht sie für ein erfolg- skopie sei schon im 20. Jahrhundert die Axons seine Umgebung abtastet, im Detail zu erkennen. Die roten reiches Produkt der physikalischen For- Grenze des physikalisch Machbaren er- und blauen Färbungen zeigen schung. In ihrem Innern befinden sich reicht. Kein Wunder also, dass das Un- Proteine des Zellskeletts, die Laser, Linsen, Spiegel und etliche wei- ternehmen beeindruckende Wachs- dem Wachstumskegel Struktur tere Komponenten. Zusammen bilden tumsraten zu verzeichnen hat. Und nun und Beweglichkeit verleihen. sie das neueste Mikroskop der Firma kommt MINFLUX, ein Lichtmikroskop, Abberior Instruments. MINFLUX heißt das in noch winzigere Dimensionen Foto: Abberior Instruments GmbH es, wird demnächst weltweit verfügbar vordringen soll: in die der Moleküle. sein – und die Lichtmikroskopie noch Aber der Reihe nach. Die Geschichte einmal auf eine neue Stufe heben. Da- von Abberior Instruments beginnt – bei haben schon die bisherigen Modelle wenn man so will – mit einem Fehl- der Firma neue Maßstäbe gesetzt: Sie schlag in den 1980er-Jahren. sind rund zehnmal schärfer, als es Ex- Zu dieser Zeit sitzt in Heidelberg ein perten noch vor zwanzig Jahren für Physiker an seiner Doktorarbeit. Sein möglich hielten. Name: Stefan Hell. Mit Laserrastermi 24 MaxPlanckForschung Spezial | 20
Die Auflösungsdurchbrüche in kroskopen inspiziert er Halbleiterchips kern oder andere Organellen, zu se- der Fluoreszenzmikroskopie: Die bei der Firma Heidelberg Instruments. hen. Die molekulare Maschinerie der von Stefan Hell und Mitarbeitern entwickelte STED-Mikroskopie Das Unternehmen hat sein Doktorva- Zelle lässt sich so jedoch nicht erken- (Mitte) erreichte bereits vor über ter mit Kollegen erst kurz zuvor ge- nen. Heute kann die Elektronenmikro- zehn Jahren eine etwa zehnmal gründet. Es geht bergauf, man holt sich skopie zwar auf diese Ebene vordrin- höhere Auflösung als die weit- zahlungskräftige Geldgeber ins Boot. gen, doch nur dann, wenn man Zellen verbreitete Konfokal-Mikrosko- Alles dreht sich um die neue Technik abtötet und aufwendig präpariert. Mit pie (oben). Mit MINFLUX (unten) steigerten sie nun die Detail- und zu wenig um den Kundenbedarf. einem Gerät, wie es Hell im Sinn hat- schärfe noch einmal um das Letztlich wird die Firma zerschlagen, te, wäre das nicht nötig. Es wäre daher Zehnfache – also auf insgesamt die fast 100 Mitarbeiter werden teils vor allem in der biomedizinischen For- 100-fach und damit bis in den entlassen oder von den Geldgebern auf schung sehr hilfreich. Bereich molekularer Größe. Nachfolgeunternehmen verteilt. Ste- Als Hell im Jahr 1997 Nachwuchs- fan Hells Arbeit leidet darunter nicht gruppenleiter am Max-Planck-Institut mehr. Er hat seinen Doktortitel in der für biophysikalische Chemie in Göt- Tasche und ist bereit, in der Welt der tingen wird, kann er ein Mikroskop Wissenschaft mitzumischen. Eine wich- nach seinen Vorstellungen bauen. Um tige Erfahrung nimmt er allerdings die Jahrtausendwende ist es fertig – mit: „Ich habe gesehen, was man bei und löst am Ende sogar Details auf, die einer Firmenausgründung besser nicht nur 20 bis 30 Nanometer klein sind. Die machen sollte“, erzählt der Forscher Technik ist seither als STED-Mikrosko- 50 nm mit zufriedenem Lächeln. „Man braucht pie bekannt (siehe Kasten Seite 27). Produkte, für die es schon Kunden gibt. Und man setzt nicht auf Geldge- STED GEWINNT DAS RENNEN ber, die von der Sache wenig verste- UM DIE AUFLÖSUNG hen.“ Lässig lehnt er in seinem Stuhl in einem Besprechungszimmer von Im Jahr 2004 sucht ein anderer Nach- Abberior Instruments. Er weiß, er hat wuchsphysiker ein Thema für seine es besser gemacht. Doktorarbeit. Er ist beeindruckt von Anfang der 1990er-Jahre arbeitet Hells Erfindung: „Ich war fasziniert, wie 50 nm Hell als Nachwuchswissenschaftler in man damit ein physikalisches Gesetz Finnland. Dort, im kalten Norden, ver- umgehen kann“, sagt Gerald Donnert, folgt er eine heiße Spur: Was, wenn heute Geschäftsführer von Abberior In- sich mittels eines quantenoptischen struments. 2004 kann er Stefan Hell, Effekts die Auflösungsgrenze von der mittlerweile Direktor am Max- Lichtmikroskopen durchbrechen lie- Planck-Institut für biophysikalische ße? Ein kühner Gedanke. Denn die Chemie ist und die Abteilung „Nano- Auflösungsgrenze von Lichtmikrosko- Biophotonik“ leitet, überzeugen, ihn pen war damals in Stein gemeißelt – als Doktoranden anzunehmen. 50 nm und das seit 1873, als der Physiker Seinen Chef lernt der junge Wissen- Ernst Abbe das entsprechende Gesetz schaftler als sehr fokussiert und auch formulierte: Strukturen kleiner als die fordernd kennen. Das passt gut. Don- Foto: MPI für biophysikalische Chemie halbe Wellenlänge des sichtbaren nert ist ehrgeizig und motiviert. Er soll Lichts kann ein Lichtmikroskop nicht ein STED-Mikroskop mit der weltweit darstellen. Wegen dieser Beugungs- besten Auflösung bauen. „Das war eine grenze lassen sich lichtmikroskopisch extrem spannende Zeit“, erinnert er nur Strukturen bis zu einer Größe von sich. Denn 2006 kam in den USA noch 200 Nanometern (nm) trennscharf ab- eine andere hochauflösende Form der bilden, darunter geht es nicht. Das Fluoreszenzmikroskopie auf. Ein biss- reicht, um einzelne Zellen und deren chen sei es wie ein Wettrennen auf größere Bestandteile, etwa den Zell- höchstem Niveau gewesen: „Wer hat 26 MaxPlanckForschung Spezial | 20
ERFOLGSGESCHICHTEN_Fluoreszentmikroskopie STED Die hochauflösende Fluoreszenzmikro- skopie STED steht für „Stimulated Emission Depletion“ und bezeichnet das gezielte, vorübergehende Aus- schalten von winzigen fluoreszenten Farbstoffmolekülen. Generell markiert man bei der Fluoreszenzmikroskopie im Vorfeld die interessanten Bereiche der Probe – etwa bestimmte Struktu- ren einer Zelle – mit Fluoreszenzfarb- stoffen. Diese beginnen zu leuchten, nachdem die Probe kurz mit Licht be- strahlt wurde. Allerdings lassen sich so zwei eng beieinanderliegende Farb- moleküle lediglich dann auseinander- halten, wenn sich die ausgesendeten Fluoreszenzlichtwellen nicht zu stark überlappen. Die Auflösung ist aus diesem Grund bestenfalls auf rund 200 Nanometer (nm) beschränkt. Der entscheidende Trick bei STED: Man stellt sicher, dass eng beieinan- derliegende Fluoreszenzmoleküle nicht gleichzeitig leuchten. Dazu knipst ein donutförmiger Laserstrahl einen Teil der Moleküle aus. Es leuchten nur noch die Moleküle im Loch des Donut- strahls. Die ausgeknipsten Moleküle in der Nachbarschaft können die leuch tenden Moleküle nicht mehr stören. Durch Abrastern der Probe erhält man Foto: Irene Böttcher-Gajewski / MPI für biophysikalische Chemie eine Fluoreszenzaufnahme mit einer Auflösung von 20 bis 100 Nanometern, je nach Einstellung. Ein Ergebnis der Grundlagenfor- schung: Das erste STED-Mikroskop baute Stefan Hell am Max-Planck- Institut für biophysikalische Chemie. Spezial | 20 MaxPlanckForschung 27
die höchste Auflösung? Wessen Verfah- Denn in der Hoffnung, das Verfahren ren setzt sich durch?“ In weniger als schnell zu verbreiten, hatte sich Hell zu- drei Jahren beendet Donnert seine Dok- nächst mit einem namhaften Unterneh- torarbeit – in einem Fach wie Physik ist men zusammengetan, das die Patentli- das ungewöhnlich schnell – und ent- zenz für die STED-Mikroskopie erworben scheidet mit seinem Mikroskop das hatte. Aber die Geräte werden nicht so Rennen für sich. nachgefragt, wie er hofft. Auch die Idee, Die amerikanische National Acade- die STED-Mikroskopie über ein kleineres my of Sciences lädt ihn nach Washing- und flexibleres Joint Venture zu ver- ton ein und zeichnet seine Arbeit aus. markten – ein Vorschlag von Dieter Trei- Doch trotz dieses Erfolgs zieht es ihn chel, Start-up- und Portfolio-Manager erst einmal fort aus der Wissenschaft: bei Max-Planck-Innovation –, fruchtete „Ich wollte noch was anderes sehen.“ nicht. „Große Unternehmen sind eher Als er von McKinsey & Company, einer daran interessiert, ihre gut etablierten Topadresse der Unternehmensbera- Produkte möglichst lange zu verkaufen“, tung, ein Angebot erhält, kann Don- sagt Treichel, „STED wurde als Sahne- nert nicht Nein sagen. Dort lernt er, häubchen gesehen und nicht als der wie die Wirtschaft funktioniert, und er- neue Maßstab in der konfokalen Fluo- kennt, dass man bereit sein muss, Ri- reszenzmikroskopie. In dieser Situation siken einzugehen, um erfolgreich zu war es sinnvoll, ein Start-up zu gründen, sein. Unterdessen bleibt der Kontakt zu auch wenn man erst einmal keine eige- Hell bestehen. Das Gefühl, man könn- nen Vertriebswege hatte.“ Spur eines in der Zellmembran te für die superscharfen Mikroskope ei- Gesagt, getan. Hell setzt sich also diffundierenden Moleküls. Etwa 10 000-mal pro Sekunde wurde nen weitaus größeren Markt finden, mit seinem ehemaligen Doktoranden dessen Position mit 20 Nano als die etablierten Mikroskophersteller Gerald Donnert zusammen, um die metern (nm) Auflösung bestimmt. glauben, teilen die beiden. schärfsten Fluoreszenzmikroskope bes- ser verfügbar zu machen. Dass Donnert bei McKinsey viel über Management- strategien gelernt hat, ist jetzt unbezahl- bar. Neben einem wasserdichten Busi- nessplan ist aber für die beiden zunächst noch etwas anderes wichtig: „Der Erfolg der Firma steht und fällt mit den Leu- ten“, lautet ihre Devise. Insgesamt fünf weitere Personen mit unterschiedlichen Kompetenzen aus Physik, Chemie und Biologie holen sie als Gründer der Ab- Foto: Stefan Hell / MPI für biophysikalische Chemie berior Instruments GmbH mit an Bord. Alle haben bei Hell promoviert und wis- sen, dass sie als Team funktionieren. Alle kennen die STED-Technik von der Pike auf, und sie glauben an deren Po- tenzial. Hell, ihr ehemaliger Mentor, wird ihnen als Berater auch weiterhin zur Seite stehen. Unterstützung bei der Gründung be- kommt das Team von Max-Planck-In- 250 nm novation. Besonders Dieter Treichel hilft dabei – sowohl am Anfang als auch 28 MaxPlanckForschung Spezial | 20
ERFOLGSGESCHICHTEN_Fluoreszentmikroskopie MINFLUX MINFLUX (von englisch „Minimal Fluorescence Flux“, minimaler Fluoreszenzfluss) ist ge- Das MINFLUX-Mikroskop, wissermaßen eine Kombination aus den Prinzipien von STED und jeweils einer anderen das die STED-Technik mit einem anderen Mikroskopie- hochauflösenden Strategie, PALM oder STORM. Letztere schalten mit einem Lichtblitz in verfahren kombiniert, ist einem größeren Bereich der Probe zufällig einige wenige Moleküle an – gerade so viele, die jüngste Entwicklung im dass für zwei eng beieinanderliegende Farbstoffmoleküle die Wahrscheinlichkeit klein ist, Angebot von Abberior gleichzeitig zu fluoreszieren. Computeralgorithmen rekonstruieren dann aus vielen Einzel- Instruments. Es ist das erste kommerzielle Mikroskop bildern die Positionen der Fluorophore, vorausgesetzt, diese leuchten sehr hell. Doch dies mit einer Auflösung von ist oft nicht der Fall, sodass PALM und STORM in der Praxis selten eine bessere Auflösung einem Nanometer. als 20 bis 40 Nanometer liefern. MINFLUX schaltet die Moleküle ebenfalls vereinzelt an, zur endgültigen Positionsbestimmung tastet aber ein donutförmiger Laserstrahl die Farbstoffe ab. Im Gegensatz zu STED knipst der Donut-Laserstrahl die Moleküle jedoch nicht aus, sondern regt sie zum Leuchten an. Je näher seine Mitte dem Molekül kommt, desto weniger leuchtet dieses, denn im lichtschwachen Mittelpunkt des Donuts findet keine Anregung statt. Verschwindet das Fluoreszenzsignal des Moleküls, lässt sich dessen Lage am genau- esten ermitteln, denn sie muss mit der Position des Donut- Mittelpunkts fast übereinstim- men. So ergibt sich eine Ortsauflösung von etwa einem Nanometer. Darüber hinaus erlaubt MINFLUX sehr präzise Aufnahmen von Molekülbahnen, weshalb jetzt erstmals sowohl räumlich als auch zeitlich hochaufgelöste Filme etwa von schnell diffundierenden Proteinen aus dem Inneren einer Zelle möglich sind. ein paar Jahre später, als es um die nennt: ausländische Forscherkollegen, läuft nach Plan. Ein Risiko bleibt je- Gründung einer Tochter in den USA die ihm persönlich bekannt sind und doch: „Wenn ein Kunde ein bestelltes geht. Bewusst verzichten die Jungunter- hochauflösende Mikroskope für ihre Mikroskop nicht bezahlt hätte, wären nehmer auf finanzielle Unterstützung Forschung brauchen. Anfangs trifft wir in große Schwierigkeiten geraten. von außen. Das Startkapital, insgesamt sich das Team in der „Garage“ – so Das Kapital steckte zunächst vollstän- 200 000 Euro, stammt aus ihren eigenen nennen sie den rund 25 Quadratmeter dig in den Geräten“, erinnert sich Ersparnissen. Also keine externen Geld- großen Raum, den sie im Erdgeschoss Donnert. Doch die Kunden sind zufrie- geber, denn Hell will verhindern, was er eines eher unscheinbaren dreistöcki- den – und sie begleichen ihre Rech- bei Heidelberg Instruments erlebt hatte. gen Gebäudes auf dem Campus der nungen. Die junge Firma kann also Universität Göttingen angemietet ha- weitere Geräte bauen und wachsen. Foto: Abberior Instruments GmbH AB 2014 VON JAHR ZU JAHR FAST ben. Hier bauen die Forschenden die Der Erfolg spricht sich rum: Im Ja- DOPPELT SO VIELE AUFTRÄGE ersten Mikroskope. Die bieten den nuar 2014 erhält Abberior Instruments Kunden aus der Wissenschaft zwar den Innovationspreis der deutschen Im Jahr 2012 wird Abberior Instruments mehr Möglichkeiten als etablierte Ge- Wirtschaft in der Kategorie „Start-up“. ins Handelsregister eingetragen. Zwei räte, es sind allerdings noch keine Und im Frühjahr 2014 läuft die exklu- Aufträge sind mündlich bereits einge- STED-Mikroskope, weil die Patentli- sive Patentlizenz des großen Unter- gangen – von „family and friends“, wie zenzen noch exklusiv bei dem großen nehmens aus, sodass der Weg für Ab- Hell die ersten Kunden scherzhaft Unternehmen liegen. Trotzdem, alles berior Instruments frei ist, ebenfalls Spezial | 20 MaxPlanckForschung 29
ERFOLGSGESCHICHTEN_Fluoreszentmikroskopie » Abberior Instruments hat weltweit die beste Entwicklungsmannschaft in der Laserrastermikroskopie“, sagt Stefan Hell. STED-Mikroskope anzubieten. Und selben Räumen untergebracht, in denen Mitarbeiter daher den Kontakt zu mög- dann passiert, womit keiner zu diesem Hell ungefähr 30 Jahre vorher seine lichen Interessenten. Das machen sie Zeitpunkt wirklich rechnet: Im Herbst Doktorarbeit gemacht hat. nicht nur auf wissenschaftlichen Kon- 2014 erhält Stefan Hell den Nobelpreis Einen ungewöhnlich großen Anteil ferenzen, sie gehen vielmehr auch hier für die Erfindung der STED-Mikrosko- am Personal machen die Angestellten der neue Wege: Im Jahr 2015 begaben sich pie. Laut Donnert stieg dadurch das In- Abteilung „Research and Development“, einige Mitarbeiter für zwei Wochen auf teresse an den Geräten deutlich: „Von die neue Methoden und Geräte entwi- Deutschlandtournee. In einem Contai- nun an war das Wachstum beacht- ckeln, aus. Und sie sind gut: „Abberior ner hatten sie ein STED-Mikroskop in- lich.“ Doch Hell widerspricht: „Der Instruments hat weltweit die beste Ent- stalliert und tingelten damit quer Nobelpreis hat die Entwicklung weni- wicklungsmannschaft in der Laserras- durchs Land. Jeden Tag eine andere ger beeinflusst, als man vermuten wür- termikroskopie“, sagt Stefan Hell. Die Universität: aufbauen, Showtime, ab- de.“ Er glaubt, dass das eher an der Kunden würden das schätzen. Eine Er- bauen. „Die Leute waren ziemlich be- Leistungsfähigkeit der Mikroskope, ih- fahrung, die auch Donnert gemacht hat: eindruckt“, erzählt Donnert. rem fairen Preis und dem kompeten- „Wir werden als innovativstes Mikro Um auch in den zwei großen Märk- ten Service lag. „2014 hat sich der Preis skopieunternehmen wahrgenommen.“ ten USA und Asien besser aufgestellt zu für STED-Mikroskope dank Abberior sein, hat sich das Unternehmen mit Instruments als zweitem Anbieter na- ABBERIOR INSTRUMENTS zwei Branchenriesen zusammengetan: hezu halbiert. Das ist nicht nur gut für VERLÄSST DIE START-UP-PHASE In den USA vertreibt seit 2019 die Fir- die Forschung und ihre Förderer, son- ma Nikon das STED-Kompaktmodell dern auch für die Nachfrage. Und hat Im Angebot hat Abberior Instruments von Abberior Instruments, und in Chi- mit dem Nobelpreis nichts zu tun.“ für jeden Bedarf etwas: „Für diejeni- na tut dies die Firma Zeiss. Die beiden Wie dem auch sei: Seit 2014 verdop- gen, die so schnell wie möglich gute großen Unternehmen hätten die Gerä- peln sich die Auftragszahlen nahezu und hochaufgelöste Bilder machen te auf „Herz und Nieren geprüft“ und von Jahr zu Jahr. wollen, genauso wie für Experten, die waren sehr beeindruckt, berichtet Don- Das rasante Wachstum bedeutete das Maximale herausholen möchten“, nert nicht ohne Stolz. Spätestens seit auch, dass man räumlich erweitern erklärt Hell. Daher reicht die Produkt- der Zusammenarbeit mit solchen Platz- musste: Aus dem einzelnen Raum wur- palette von sehr einfach zu bedienen- hirschen hat Abberior Instruments die de eine komplette Etage im selben Ge- den kompakten STED-Mikroskopen Start-up-Phase verlassen. Erstaunlich, bäude. Mehrere Büros, Labore, Werk- über leistungsstärkere Modelle bis hin wie schnell sich das Unternehmen in- stätten, Showroom, Besprechungszim- zu maßgeschneiderten Lösungen. Eine nerhalb von sieben oder acht Jahren mer, Pausenraum mit Kaffeemaschine unabhängige Schwesterfirma namens entwickelt habe, findet Hell. „Viele und Kickertisch – was man eben so Abberior vertreibt zudem die passen- überschätzen, was sie in einem Jahr er- braucht für 40 Mitarbeiter und eine ent- den Fluoreszenzfarbstoffe für die Mi- reichen können, aber unterschätzen, spannte, kreative Arbeitsatmosphäre. kroskope. Auch das ist Teil der Strate- wo sie in zehn Jahren stehen können“, Darüber hinaus gibt es mittlerweile drei gie: alles aus einer Hand, um die zitiert er in diesem Kontext Bill Gates. zusätzliche kleinere Standorte: Heidel- bestmöglichen Ergebnisse für die For- „Auch dieser Firma ging es so.“ berg, Basel und Jupiter in Florida. Dort schung zu erzielen. Dabei sind seit Gründung noch arbeiten zusammen weitere 20 Perso- Das einzige Problem: Viele poten- nicht einmal zehn Jahre vergangen. Al- nen. Eine Pointe am Rande: Die Heidel- zielle Kunden kennen Abberior Instru- les deutet darauf hin, dass die Reise wei- berger Niederlassung ist zufällig in den- ments noch nicht. Vermehrt suchen die terhin steil nach oben geht. Der Markt 30 MaxPlanckForschung Spezial | 20
Ein Teil des Göttinger Teams um Geschäftsf ührer Gerald Donnert (vordere Reihe, Vierter von links). Insgesamt beschäftigt Abberior Instruments rund 60 Mitarbeiter, viele von ihnen entwickeln die Produkte ständig weiter. für STED-Mikroskope entwickelt sich ten so weit fortgeschritten, dass daraus dung“, so Gerald Donnert. „Und weil noch weiter, und da steht schon das ein von Biologen bedienbares Mikro alle Entscheider handverlesen und von nächste High-End-Produkt in den Start- skop geworden ist. „Das geht nur, weil keinem Geldgeber abhängig sind“, fügt löchern: MINFLUX wird dicht gepack- Abberior Instruments ein feines und Stefan Hell hinzu. Damit hat sich die te einzelne Moleküle in drei Dimensio- schlankes Unternehmen ist, bei dem Entscheidung, ein Start-up zu gründen, nen auflösen können (siehe Kasten alle, die über ein Produkt entscheiden, in dem außer den Wissenschaftlern nie- Seite 29). Das schien vor nicht allzu lan- es auch im Detail verstehen. Und zwar mand etwas zu sagen hat, einmal mehr ger Zeit undenkbar, und es wird insbe- von der Technik bis hin zur Anwen- als richtig erwiesen. sondere die biomedizinische Mikrosko- pie auf ein völlig neues Level heben. Auch in diesem Fall war es Hell, der die Idee für die Methode hatte. Schon im Jahr 2011 sicherte sich die Max-Planck- GLOSSAR Gesellschaft die Patentrechte dafür. Fluoreszenzmikroskopie: Bei dieser speziellen Variante der Lichtmikroskopie werden Ende 2016 folgte dann die erste wissen- fluoreszierende Stoffe in einer Probe mit Licht zum Leuchten angeregt. Da das ab- Foto: Abberior Instruments GmbH schaftliche Publikation zu MINFLUX. gestrahlte Licht eine größere Wellenlänge aufweist als das Anregungslicht, lässt sich Abberior Instruments hat von der Max- Letzteres herausfiltern. Auf dem Bild erscheinen dann nur die fluoreszierenden Strukturen. Einzelne Strukturen wie zum Beispiel der Zellkern lassen sich auch mit Planck-Gesellschaft die Lizenzen erwor- fluoreszierenden Farbstoffen als Markern versehen. ben – mit dem Versprechen, aus dem Konfokale Laserrastermikroskopie: Bei dieser Form der Mikroskopie wird die Probe physikalischen Konzept so schnell wie nicht als Ganzes beleuchtet, sondern mit einem fokussierten Laserstrahl gescannt. möglich ein Produkt zu entwickeln. Meistens regt der Laserstrahl geeignete Marker in der Probe zur Fluoreszenz an. Und tatsächlich: Nur gut drei Jahre spä- ter ist der Prototyp im schwarzen Kas- Spezial | 20 MaxPlanckForschung 31
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