Stellungnahme des Bundesverbandes Legal Tech Deutschland

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Stellungnahme des Bundesverbandes
          Legal Tech Deutschland

zum Vorschlag des Europäischen Rates vom 12. Februar 2020 für eine
Änderung der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2020

                                                                           Berlin, 5. März 2020

        Bundesverband Legal Tech Deutschland e.V. | Kurfürstendamm 53 | 10707 Berlin
                                 Tel: +49 (0) 30 284 00 201
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A. Bundesverband Legal Tech Deutschland
Der Bundesverband Legal Tech Deutschland (Legal Tech-Verband) setzt sich als Repräsentant von
Legal Tech Unternehmen in Deutschland für die Gestaltung der Zukunft des Rechtswesens in
Zeiten der Digitalisierung durch Anwendung von Legal Tech und damit auch für eine effizientere
Rechtsdurchsetzung in Deutschland und Europa ein. Die verbesserte Durchsetzung der
Fluggastrechte auf Grundlage der Verordnung (EG) 261/2004 (“Fluggastrechte-VO”) durch Legal
Tech-Portale hat die Wirksamkeit und Relevanz des Einsatzes von Legal Tech-Lösungen zur
Verbesserung der Rechtsdurchsetzung nachgewiesen.1 Der Legal Tech-Verband setzt sich deshalb
für die Gestaltung eines fortschrittlichen und innovationsfreundlichen regulatorischen Umfelds
ein, das Rechtssicherheit für Legal-Tech Unternehmungen innerhalb und außerhalb von
Rechtsanwaltskanzleien schafft. Dabei orientiert sich der Verband an dem Ziel, Rechtsuchenden,
den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu
schützen und den Rechtsstaat zu stärken. Der Legal Tech-Verband begrüßt daher Initiativen zur
Verbesserung der Fluggastrechte (insbesondere solche, die Legal Tech zur Verbesserung des
Zugangs zum Recht einbinden, wie etwa Smart Contract-Lösungen oder auch die effiziente
Rechtsdurchsetzung durch Legal Tech-Portale)2. Der Legal Tech-Verband befürwortet eine
Fluggastrechte-VO, die Rechtssicherheit bietet, einen modernen, innovativen Rechtszugang
vorsieht und den europäischen Reisenden wirklich schützt.

Der Legal Tech-Verband ist nachdrücklich besorgt, wenn die durch den Einsatz von Legal Tech-
Lösungen erzielten Verbesserungen in der Rechtsdurchsetzung3 Steigbügelhalter für eine
Absenkung (hier: faktische Abschaffung) der zu Grunde liegenden materiell-rechtlichen
Rechtsgrundlage wären. Hiervon würde das für den Rechtsstaat fatale Signal ausgehen, dass
Verbesserungen beim Zugang zum Recht zur entsprechenden Verschlechterung der Rechte selbst

1
  Study on the current level of protection of air passenger rights in the EU, DG Move 2020 (Steer-Report), S.
x: "However, claim agencies have supported increased awareness of air passenger rights (since this drives their
income), and by acting to ensure passengers’ rights are fulfilled in situations where passengers might have
encountered difficulties in doing so themselves fill a protection and enforcement gap."
2
  Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD der 19. Legislaturperiode, S. 124, Rn. 5812f. und 5825ff.
3
  Im Jahr 2018 haben laut Steer-Report 38 % aller nach der Fluggastrechte-VO anspruchsberechtigten
Fluggäste ihren Anspruch gegen die Fluggesellschaften erfolgreich durchsetzen können, wobei der
verbesserte Zugang zum Recht primär Fluggastportalen wie Flightright zuzuschreiben ist. Im Jahr 2011
betrug der Wert lediglich 8 %.

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führen, was eine Bankrotterklärung sowohl für den Rechtsstaat, als auch für den künftigen Einsatz
von Legal Tech zur Verbesserung des Zugangs zum Recht wäre4.

B. Überblick zur Revision der Fluggastrechte-VO
Das Generalsekretariat des Europäischen Rates unter der kroatischen Ratspräsidentschaft
publizierte am 12. Februar 2020 ein inter-institutionelles Dokument (“Vorschlag”), dessen Inhalt
sich an den von der Europäischen Kommission im Jahr 2013 vorgelegten Vorschlag für eine
Novellierung der Fluggastrechte-VO anlehnt und überwiegend den Empfehlungen der im Januar
2020 veröffentlichten und von der Europäischen Kommission beauftragten “Study on the current
level of protection of air passenger rights in the EU” der Beratungsagentur Steer Davis Gleave
(“Steer-Report”) folgt.

Im Ergebnis führt der Vorschlag zu einer faktischen Abschaffung der durch die Fluggastrechte-VO
im Jahre 2005 geschaffenen Fluggastrechte und das durch die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs weiter entwickelte Schutzniveau von Fluggästen durch nachfolgende
gesetzgeberische Maßnahmen:

    ●   die massive (bis zu 400%) Anhebung der entschädigungsauslösenden zeitlichen
        Schwellenwerte bei Verspätungen und Annullierungen;
    ●   die Schaffung der zeitlich unbeschränkten Möglichkeit zur Annullierung von Flügen ohne
        korrespondierende Verpflichtung zu Entschädigungszahlungen;
    ●   die weitgehende Einordnung technischer Defekte (und der daraus folgenden
        Flugstörungen) als außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft liegenden Umstand und
        dem daraus folgenden Ausschluss von Entschädigungszahlungen;
    ●   den Ausschluss von Ausgleichsleistungen bei Abflug/Ankunft von oder an bestimmten
        Flughäfen;
    ●   den Ausschluss von Ausgleichsleistungen bei Annullierung und Verspätung bei einem
        außerhalb der EU durchgeführten Anschlussflug;
    ●   die Einführung einer 6-monatigen Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen.

4
  Das BMJV führt derzeit unter dem Titel “Wir sind Rechtsstaat” (www.wir-sind-rechtsstaat.de) eine
Kampagne durch, welche auf eine Stärkung der Rechtsdurchsetzung / Zugang zum Recht als eine wichtige
Säule des Rechtsstaates schließen lässt.

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C. Bedenken und Empfehlungen des Legal Tech-
  Verbandes
Wie der beigefügten Übersicht zu den Auswirkungen der geplanten gesetzgeberischen
Maßnahmen (Anlage 1) entnommen werden kann, ist mit einer eklatanten Absenkung des heutigen
Schutzniveaus zu rechnen, was faktisch einer Abschaffung der verbraucherschützenden
Fluggastrechte gleichkommen würde.

Hierbei würde es sich um eine in der Europäischen Union – in dieser Form noch nie vorgekommene
– verbraucherfeindliche Maßnahme handeln. Dies steht im klaren Gegensatz zum bisher verfolgten
Ziel der generellen Verbesserung des Schutzniveaus für Verbraucher in den letzten Jahrzehnten.

Es bestehen erhebliche Bedenken, dass das in Artikel 38 der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union (GRC) verbürgte Mindest-Verbraucherschutzniveau noch gewahrt würde,
wenn der Vorschlag des Europäischen Rates, aber auch der Vorschlag der Europäischen
Kommission aus dem Jahr 2013 angenommen werden würde. Die Absenkung des Schutzes steht
nicht im Belieben des Unionsgesetzgebers, sondern darf nicht unter den Mindeststandard
zurückfallen.

Die Zielsetzung der Fluggastrechte-VO, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen und
den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in vollem Umfang Rechnung zu
tragen, würde nur noch auf dem Papier existieren.

Der Legal Tech-Verband empfiehlt daher dringend:

   ●   Es muss an dem bisherigen Schutzniveau der Fluggastrechte-VO festgehalten werden,
       insbesondere durch eine Revision innerhalb der folgenden regulatorischen
       Rahmenbedingungen:
           ○ Beibehaltung der bisherigen (etablierten) Schwellenwerte der ausgleichsrelevanten
               Verspätungsdauer am Endziel (sowohl bei Annullierungen als auch bei
               Verspätungen);
           ○ Keine gesetzliche Ausweitung der Ausschlusstatbestände (Beibehaltung des
               bisherigen Tatbestandes des außergewöhnlichen Umstandes).
   ●   Kodifizierung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Rahmen einer
       Revision zwecks Erhöhung der Rechtsklarheit und Anwendungssicherheit;

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●   Konkretisierung der Informationspflichten der Fluggesellschaften zur Verbesserung des
          Durchsetzungssystems;
      ●   Konkretisierung der Rollen und Integration der Funktionen der an der Durchsetzung
          beteiligten Organisationen wie Fluggesellschaften / Nationale Durchsetzungsstellen /
          Schlichtungsstellen / Private Fluggast-Portale (wie z.B. Normierung von Datenformaten /
          Kommunikations-Schnittstellen).

D. Konkrete Stellungnahme zu einzelnen Regelungen
          I. Ziel der Fluggastrechte-VO:
Ein zentrales gesetzgeberisches Anliegen der Fluggastreche-VO ist es, sicherzustellen, dass
Luftfahrtunternehmen Anreize für die rechtzeitige Beförderung von Personen erhalten sowie
ökonomische Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche Annullierungen (z.B. im Fall
unzureichender Auslastung) und Überbuchungen (z.B. Erreichung einer optimalen Auslastung) von
Flügen aus wirtschaftlichen Gründen ausschließen sollen. Daneben ist eines der grundlegenden
Ziele, das Ärgernis und die großen Unannehmlichkeiten, die Fluggästen im Fall der Annullierung,
Nichtbeförderung und bei großer Verspätung von Flügen entstehen, zu verringern. Das in Artikel
38 GRC verbürgte Recht, einen Mindestverbraucherschutz zu erhalten und die Pflicht des
Unionsgesetzgebers, diesen zu gewährleisten, werden durch Erwägungsgrund 1 der
Fluggastrechte-VO sichergestellt.5 Danach sollen die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich
des Luftverkehrs unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste
sicherzustellen. Ferner sollte den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen in
vollem Umfang Rechnung getragen werden.

Die Auswirkungen der geplanten gesetzgeberischen Maßnahmen (Anlage 1) sind faktisch
gleichzusetzen mit einer Abschaffung der Fluggastrechte-VO im Gewand einer Modernisierung.

Das gewährleistete europäische Recht auf Verbraucherschutz sowie die Verpflichtung des
Unionsgesetzgebers werden durch die vorgeschlagenen Änderungen und Neuregelungen verletzt,
ohne dass es dafür einen rechtfertigenden Grund gibt.

5
    EuGH, Urteil vom 31.01.2013, C- 12/11 (McDonagh vs. Ryanair Ltd.), Rn. 63.

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II. Ausschluss von Ausgleichsansprüchen

1. Erhöhung der Schwellenwerte zur Abschaffung der Ausgleichsansprüche
   bei Annullierung und Verspätung

a) Neuregelung des Artikels 5 Abs. 1a (ii)

In Abkehr von der bisherigen Regelung besteht kein Ausgleichsanspruch, wenn dem Fluggast eine
anderweitige Beförderung angeboten wird, die ihm ermöglicht, das Endziel seiner Flugreise nicht
später als fünf (5), neun (9) oder zwölf (12) Stunden, abhängig von der jeweiligen Distanz der
Flugstrecke, als ursprünglich gebucht zu erreichen. Der Vorschlag verabschiedet sich damit in
dreifacher Hinsicht vom Konzept eines hohen Schutzniveaus für Fluggäste:

    ●   Die Fluggesellschaft hat jederzeit - und vor allem auch sehr kurzfristig - die Befugnis, einen
        Flug zu annullieren, indem auf eine Zeitspanne zur Vorabinformation in Bezug auf die
        Annullierung verzichtet wird 6, sofern eine anderweitige Beförderung angeboten wird. Eine
        Verpflichtung zur Entschädigung entfällt dann.
    ●   Die Fluggesellschaft hat jederzeit die Möglichkeit einen Flug zu annullieren (oder ohne
        zeitliche Beschränkung vorzuverlegen), ohne eine Entschädigung leisten zu müssen, sofern
        nur eine anderweitige Beförderung angeboten wird, die die Verspätung am Endziel fünf (5),
        neun (9) oder zwölf (12) Stunden nicht überschreitet.
    ●   Die Fluggesellschaft hat die Möglichkeit einen Flug zu annullieren, sofern eine anderweitige
        Beförderung angeboten wird, wenn das Endziel nach höchstens fünf (5), neun (9) oder zwölf
        (12) Stunden erreicht wird.

b) Neuregelung des Artikels 6 Abs. 2 (i)

Eine Kodifizierung der “Sturgeon”7-Entscheidung des EuGH im Interesse der Rechtsklarheit ist zu
begrüßen. Nur wegen der mit dem Urteil „Sturgeon“ eingeführten Gleichbehandlung der
Verspätung mit der Annullierung hat die Fluggastrechte-VO gegenwärtig vor dem Primärrecht
überhaupt Bestand.

6
  In Abkehr von der bisherigen Regelung, die eine Vorlauffrist zur Information des Fluggastes von 14 bzw. 7
Tagen vorsieht.
7
  EuGH, Urteil vom 19.11.2009, C-402/07 (Sturgeon).

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Die Neuregelung sieht nun vor, dass ein Ausgleichsanspruch in Abkehr von der Entscheidung des
EuGH dann ausgeschlossen sein soll, wenn die Verspätung am Endziel fünf (5), neun (9) oder zwölf
(12) Stunden nicht überschreitet.

c) Rechtsfolgenabschätzung der vorgeschlagenen Novellierung

Primärrechtswidrigkeit

80 % aller Passagiere würden im Falle einer Anpassung der Schwellenwerte im Bereich der
Verspätungen ihre Ansprüche auf Entschädigung vollständig verlieren.8

Annullierungen können nach dem Wortlaut des Vorschlages jederzeit, also auch ohne Möglichkeit
der Umdisponierung für den Fluggast, kurzfristig von der Fluggesellschaft vorgenommen werden,
sofern lediglich eine anderweitige Beförderung angeboten wird.

Der von der Fluggastrechte-VO intendierte verhaltenslenkende Effekt, Annullierungen und große
Verspätungen zu vermeiden bzw. zu vermindern, fällt damit weg. Der intendierte Zweck wird
künftig nicht mehr erreicht werden.

Es bestehen zudem erhebliche Bedenken, dass das in Artikel 38 GRC verbürgte Mindest-
Verbraucherschutzniveau künftig noch gewahrt werden würde, sollte der Vorschlag in dieser Form
angenommen werden. Die Fluggastrechte-VO verstieße mit Umsetzung des Vorschlags gegen
Unionsprimärrecht. Der EuGH hat in der Entscheidung McDonagh9 selbst auf die Maßgeblichkeit
des Artikels 38 GRC hingewiesen. Auch die Erwägungsgründe der Fluggastrechte-VO selbst
betonen das Ziel eines hohen Niveaus im Bereich des Verbraucherschutzes.

Gleiches würde auch dann gelten, wenn nur für den Fall der Flugverspätung längere
Schwellenwerte für die entschädigungslose Verspätung als bisher (fünf (5) statt drei (3) Stunden bei
Flügen innerhalb der EU) festgelegt würden, wie nach dem Kommissionsvorschlag von 2013. In
diesem Fall droht Artikel 6 wegen unangemessener Ungleichbehandlung von Passagieren, die
wegen annullierter Flüge (aber womöglich mit einem Ersatzflug), und solchen, die mit der gleichen
Maschine wegen Verzögerungen im Betriebsablauf erheblich verspätet eintreffen, den im Sturgeon-
Urteil betonten Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne des Artikels 20 GRC zu verletzen.

8
    Steer-Report, S. 28.
9
    EuGH, Urteil vom 31.01.2013, C- 12/11 (McDonagh vs. Ryanair Ltd.).

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Negierung der legitimen Verbraucherinteressen

Das Interesse und die Belastung der von Flugannullierungen und -verspätungen betroffenen
Fluggäste wird künftig nicht mehr adäquat kompensiert.

Flugausfälle und auch große Verspätungen sind für Reisende mit erheblichen Unannehmlichkeiten
und Stress verbunden. Nicht nur für Familien mit kleinen Kindern oder Geschäftsreisende, die auf
einen pünktlichen Flugverkehr angewiesen sind, stellen Verspätungen und deren Folgen eine
oftmals höchst belastende Ausnahmesituation dar - und das nicht erst bei einer Verspätung von
fünf (5), neun (9) oder zwölf (12) Stunden, sondern deutlich eher.

Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov im Frühjahr 201910 unter Reisenden in
Deutschland sind 70 % der Auffassung, dass es Ausgleichszahlungen bei Verspätungen von weniger
als drei (3) Stunden geben sollte. Weitere 24 % sind der Auffassung, dass Fluggästen ab einer
Verspätung von drei (3) Stunden eine Ausgleichsleistung zustehen sollte. Lediglich 3 % sehen eine
Verspätung von mehr als fünf (5) Stunden als einen angemessenen Schwellenwert an.

Vier von fünf Europäern unterstützen die Fluggastrechte-VO und wollen nicht, dass sie sich
verschlechtert.11 Flugreisende in Europa sind seit 15 Jahren unter dem Schutzschirm der
europäischen Fluggastrechte-VO gereist und erwarten auch künftig einen vergleichbares
Schutzniveau.

Eine statistische Erhebung des Europäischen Rechnungshofes ergab, dass von zehn benannten
grundlegenden Passagierrechten, das Recht auf Entschädigung im Falle großer Verspätungen,
annullierter Reisen oder einer Nichtbeförderung das zweitwichtigste Passagierrecht (mit 39,6 %),
knapp nach dem Recht auf eine Beförderungsalternative (mit 41,7 %), darstellt.12

10
   Umfrage von YouGov Deutschland GmbH im April 2019 in Deutschland unter 1000 Personen, die in den
letzten 12 Monaten geflogen sind.
11
   Umfrage von YouGov Deutschland GmbH zwischen dem 26.06.2019 and 03.07.2019 unter mehr als 7000
Personen aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Großbritannien, Frankreich, Spanien.
12
   Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes 2018 “Die Fahr- und Fluggastrechte der EU sind
umfassend, ihre Durchsetzung ist für die Reisenden jedoch nach wie vor schwierig.”, Seite 28 Tabelle 5.

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Mehr Verspätungen und Annullierungen

Die durch die Fluggastrechte-VO intendierten Lenkungsanreize, Annullierungen und große
Verspätungen weitgehend zu reduzieren, würden im Fall einer Erhöhung der Schwellenwerte
entfallen. Eines der grundlegenden Ziele der Fluggastrechte-VO würde künftig nicht mehr erreicht
werden.

Die Vereinigten Staaten bieten derzeit keinen Schutz und keine Entschädigung aufgrund von
Verzögerungen an. Auch deshalb haben Flüge in den USA im Durchschnitt signifikant mehr
Verspätungen als solche in Europa. Dies zeigt deutlich, dass die in der Fluggastrechte-VO
angelegten Lenkungsanreize den gewünschten Effekt erzielen und Fluggesellschaften zu mehr
Pünktlichkeit anhalten.13

2. Ausschluss von Ausgleichsansprüchen bei Annullierung und Verspätung
   bei Vorliegen von unerwarteten Flugsicherheitsmängel

Der Vorschlag enthält in Artikel 5 Abs. 1a (iii) und in Artikel 6 Abs. 2 (ii) einen neuen zusätzlichen
Tatbestand zur Exkulpation von der Entschädigungspflicht im Falle sogenannter “unerwarteter
Flugsicherheitsmängel” (“unexpected flight safety shortcomings”).

Ein Großteil aller Verspätungen wird durch technische Probleme verursacht. Der überwiegende
Anteil der heute entschädigungspflichtigen Verspätungen würde künftig entfallen.

Mit Einführung dieses Ausschlusstatbestandes wären Fluggesellschaften im Ergebnis, wenn
überhaupt, nur noch ausnahmsweise für technische Defekte ausgleichspflichtig. Und dies obwohl
die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes technische Defekte bisher grundsätzlich der
Risikosphäre der Fluggesellschaften zuordnete, da diese gerade Teil der gewöhnlichen
Vorkommnisse und von der Fluggesellschaft beherrschbar sind.14

13
   https://www.wr.de/wirtschaft/gibt-es-bei-flugverspaetungen-bald-keine-entschaedigung-mehr-
id228404025.html
14
   EuGH, Urteil vom 22.12.2008 – C-549/07.

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Durch Schaffung eines neuen unbestimmten Rechtsbegriffs wird den Fluggesellschaften ein
Schlupfloch eröffnet, um die Durchsetzung von Entschädigungen für Fluggäste zu vereiteln.
Entgegen der Intention des Unionsgesetzgebers, für Rechtssicherheit zu sorgen, würde ein neuer
offener Exkulpationstatbestand unter Ausnutzung der Informationsasymmetrie und mangelnder
Fachkenntnisse auf Seiten der Verbraucher15 zu Lasten der Fluggäste vorgeschlagen.

3. Ausschluss von Ausgleichsansprüchen bei Annullierung und Verspätung
   bei einem außerhalb der EU durchgeführten Anschlussflug

In Abkehr der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 201816
sollen sowohl nach Artikel 5 Abs. 1a (iv) als auch Artikel 6 Abs. 2 (iii) Ausgleichsansprüche dann
ausgeschlossen werden, wenn die Annullierung oder Verspätung auf dem vollständig außerhalb der
EU durchgeführten Anschlussflug erfolgt.

Ein Großteil von mehrteiligen Langstreckenflügen werden zum Nachteil und entgegen
Erwägungsgrund 1 der Fluggastrechte-VO, wonach die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich
des Luftverkehrs unter anderem darauf abzielen sollen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste
sicherzustellen, vom Anwendungsbereich ausgenommen und führen zu einer Beeinträchtigung der
Fluggäste.

4. Ausschluss von Ausgleichsansprüchen bei Annullierung und Verspätung
   bei Ankunft/Abflug von bestimmten Flughäfen

Ferner soll nach Artikel 5 Abs. 1a (v) sowie Artikel 6 Abs. 2a (iv) ein Anspruch auf Ausgleichsleistung
auch dann ausgeschlossen sein, wenn der annullierte oder verspätete Flug an einem bestimmten
Flughafen startet oder landet.

Auch hinsichtlich einer solchen Regelung bestehen erhebliche Bedenken, dass das in Artikel 38
GRC verbürgte Mindest-Verbraucherschutzniveau noch gewahrt würde.

15
   Annex 1 zu Art. 6 Abs. 2 (ii) macht die Vorlage von der IATA vorgegebener standardmäßiger technischer
Flugwartungsprotokolle gemäß IATA-Richtlinie zum Regelungsgegenstand.
16
   EuGH, Urteil vom 31.5.2018 - C- 537/17 (Wegener/Royal Air Maroc SA).

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Die Regelung ist unbestimmt. Es ist schon nicht klar, ob sowohl der Ankunfts- als auch der
Abflughafen die Voraussetzungen der gelisteten Flughäfen erfüllen müssen oder ob auch nur
ausreichend ist, dass entweder Ankunfts- oder Abflughafen die Voraussetzungen erfüllen.

Entgegen der Intention, ein hohes Schutzniveau für den Fluggast sicherzustellen und dabei
Verbraucherrechte im vollem Rahmen zu berücksichtigen, ist für den jeweiligen Fluggast in keiner
Weise klar, transparent und verständlich, wann ein Flughafen einen durchschnittlichen
Passagierverkehr von mehr oder weniger als einer Million Personen im Jahr hat oder wann es sich
um einen Flughafen in einer Region in der äußersten Randlage der EU (“situated in an outermost
region of the EU”) handelt. Basierend auf welcher Jahreszahl wird der Durchschnitt berechnet? Ab
wie vielen Kilometern befindet sich ein Flughafen am äußersten Rand der EU? Wäre der Flughafen
in Lissabon dann auch ein solcher Flughafen?

Ungeachtet dessen gibt es keinen rechtfertigenden Grund, Fluggäste, welche einen der genannten
Flughäfen in Anspruch nehmen, vom Schutzbereich auszunehmen und diese gegenüber anderen
Fluggästen, entgegen der Gebote der Gleichbehandlung nach Artikel 20 GRC, ungleich zu
behandeln.

5. Keine Rechtfertigung einer Anpassung

Die vorgeschlagenen Anpassungen verstoßen sowohl einzeln und insbesondere in der
Gesamtschau der Vielzahl der Ausschlussgründe gegen das in Artikel 38 GRC verbürgte Mindest-
Verbraucherschutzniveau. Eine Rechtfertigung besteht nicht.

a) Rückgang von Verspätungen und Annullierungen

Im Jahr 2018 haben 38 % der nach der Fluggastrechte-VO anspruchsberechtigten Fluggäste ihren
Anspruch gegen die Fluggesellschaften erfolgreich durchgesetzt. Im Jahre 2011 waren es nur 8 %.17
Die Verbesserung der Durchsetzung, also insbesondere ein verbesserter Zugang zum Recht ist
primär auf Fluggastrechte-Portale wie Flightright zurückzuführen, die für eine verbesserte
Wahrnehmung der Rechte als auch für eine effizientere Rechtsdurchsetzung gesorgt haben.

17
     Steer-Report, S. 277, 279.

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Auswertungen des Fluggastrechte-Portals Flightright haben ergeben, dass sowohl Verspätungen
als auch Annullierungen im Jahr 2019 nach dem verspätungs- und annullierungsreichen Jahr 2018
auf das Niveau aus 2017 gesunken sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Lenkungseffekte
bedingt durch erhöhte finanzielle Belastungen der Fluggesellschaften im Jahr 2018 zu
Anpassungen im Flugplan bei den Luftfahrtunternehmen geführt haben. Den Rückgang
entschädigungsrelevanter Verspätungen bestätigen auch Fluggesellschaften wie Ryanair.18

Insbesondere in Bezug auf die Annullierung bestätigt auch der Steer-Report, dass die
Fluggastrechte-VO in Bezug auf die Vermeidung kommerzieller Annullierungen effektiv war, in
Bezug auf die vom Luftfahrtunternehmen zu verantwortenden Annullierungen zumindest bis 2018
aber noch nicht effektiv genug.19 Eine Anpassung der Schwellenwerte ohne Zeitrahmen für die
Bereitstellung von Information zur anderweitigen Beförderung beseitigt jegliche Anreize, künftig
Annullierungen zu vermeiden.

Eine Anpassung ist nicht erforderlich, da die Fluggastrechte-VO geeignete Mittel zur Verfügung
stellt.

b) Finanzielle Belastungen sind für die Fluggesellschaften angemessen

Die von der Fluggastrechte-VO verursachten finanziellen Belastungen (etwa wegen der
Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung) sind angemessen. Einerseits sollen die möglichen
Kosten einer Annullierung oder Überbuchung ganz bewusst lenkend auf das Verhalten der
Fluggesellschaften einwirken, andererseits sollen Fluggäste pauschaliert für die
Unannehmlichkeiten und Belastungen, soweit diese in die Risikosphäre der Fluggesellschaft fallen,
entschädigt werden. Eine Umlage der Zahlungen der Ausgleichsleistungen auf den Ticketpreis
würde zu Mehrkosten von ca. 1 € führen. Zu diesem Ergebnis kommt im Übrigen auch der Steer-
Report.20 Kosten für Unterstützungsleistungen, anderweitige Beförderung oder Erstattung des
Preises sowie Kosten für beschädigtes Gepäck sind Faktoren, die auch ohne die Existenz der

18
   https://investor.ryanair.com/wp-content/uploads/2020/02/Ryanair-Q3-FY20-Results.pdf:
 “[…] offset by falling EU261 costs due to improved punctuality.”
19
   Steer-Report, S. 15.: “Although the low proportion of commercial cancellations could suggest the Regulation has
been effective in reducing airline-attributable cancellations, the high proportion of unplanned airline-attributable
cancellations (i.e. crew shortages and technical faults) suggests the Regulation has not been sufficiently effective in
incentivising airlines to completely mitigate the risk of these types of cancellations occurring.”
20
   Steer-Report, S. 94, 98. - In die Berechnung sind auch Kosten, die ohne die Fluggastrechte-VO entstehen
würden. 65 % der einberechneten Kosten entfallen auf Unterstützungsleistungen, Ticketerstattung und

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Fluggastrechte-VO entstehen und sind daher keine maßgebliche Komponente im Rahmen der
Kostenabschätzung.21

Im Vergleich dazu steht die Luftverkehrsteuer für Flüge im Inland und in EU-Staaten von 7,50 Euro
auf 13,03 Euro pro Ticket.22 Flüge bis 6000 Kilometer verteuern sich von 23,43 Euro auf 33,01
Euro.23 Bei Langstreckenflügen über 6000 Kilometer erhöht sich die Luftverkehrsabgabe um 17,25
Euro auf nunmehr 59,43 Euro.24

Keine der in den Jahren 2017 bis 2019 eingetretenen Insolvenzen25 basiert im Übrigen auf der
Durchsetzung von Rechten aus der Fluggastrechte-VO.26

c) Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze

Eine etwaige (teilweise kolportierte) Überlastung von Schlichtungsstellen und anderen staatlichen
Stellen, die die Behandlung der Fälle vornehmen,27 kann eine faktische Abschaffung der
Fluggastrechte nicht rechtfertigen. Es ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren,
dass Verbraucherrechte abgeschafft werden sollen, weil sie wahrgenommen werden und dies zu
einer Inanspruchnahme von staatlichen Stellen führt. Zur Verdeutlichung: Wäre dies eine
Rechtfertigung, würde dies auch heißen, dass bei Überlastung der Polizeidirektionen, das
Strafgesetzbuch insoweit anzupassen wäre, dass nur noch schwerer Diebstahl bestraft würde.
Dann würde man ebenfalls einer Überlastung entgegenwirken. Eine Einschränkung bis hin zur
Abschaffung dieser Rechte würde zur Erosion des Vertrauens in den Rechtsstaat und seine
Institutionen führen, insbesondere auch deshalb, weil eben gerade die nach der Fluggastrechte-VO
verpflichteten Fluggesellschaften durch schlechte Moral bei der Regulierung von Ansprüchen und
durch die Vielzahl an Verspätungen und Annullierungen die Verursacher solch systemischer
Belastungsspitzen sind.

anderweitige Beförderung sowie Ersatz bei beschädigtem Gepäck. Lediglich 35 % der Kosten entfallen auf
die Kosten der Ausgleichsleistungen.
21
   Steer-Report, S. 277, 279.
22
    https://www.adac.de/news/klimapaket-teurer-fliegen/
23
    https://www.adac.de/news/klimapaket-teurer-fliegen/
24
   https://www.adac.de/news/klimapaket-teurer-fliegen/
25
   In Bezug genommen sind die folgenden zwischen 2017 und 2019 bekannten Airline-Insolvenzen: Adria, Air
Berlin, Peruvian, flybe, Germania, InselAir, NextJet, Small Planet, flyvlm virtual, XL Airways, Aigle Azur,
Alitalia, Cobalt, Jet Airways, fly bmi, Monarch, Primera Air, Wow Air, Thomas Cook.
26
   Pressemitteilungen der Unternehmen, allgemeine Medienberichterstattung.
27
   Steer-Report, S. 233. - Der Steer-Report schlägt dies zur Lösung des Problems vor.

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d) Verbraucherschutz als maßgebliches Element

Der Europäische Gerichtshof hat in seinen in den letzten Jahren zahlreichen Entscheidungen zur
Fluggastrechte-VO vor allem darauf abgestellt, dass die Fluggastrechte-VO darauf abzielt, ein
hohes Schutzniveau für Fluggäste unabhängig davon sicherzustellen, ob sie von einer Nichtbeförderung
oder einer Annullierung oder Verspätung eines Fluges betroffen sind, da sie alle von vergleichbaren
Ärgernissen und großen Unannehmlichkeiten in Verbindung mit dem Luftverkehr betroffen sind
(Erwägungsgrund 2). Eine Abwägung zwischen den Interessen der Fluggesellschaften, der
staatlichen Durchsetzungs- und Schlichtungsstellen, die gerade für die Einhaltung und
Durchsetzung der Rechte aus der Fluggastrechte-VO sorgen sollen und den Interessen der
Verbraucher an einem hohen Schutzniveau muss zugunsten von Verbrauchern ausgehen. Denn
zum einen werden sowohl Kosten für die Fluggesellschaften als auch eine Inanspruchnahme von
Durchsetzungsstellen als geeignete Mittel zur Sicherstellung des hohen Schutzniveaus der
Fluggäste von der Fluggastrechte-VO explizit vorgesehen und zum anderen haben sie ihr Ziel,
Anreize für Fluggesellschaften zu schaffen sowie Fluggästen für die erlittenen Unannehmlichkeiten
eine Entschädigung zu gewähren, auch erreicht. Zudem ist die Inanspruchnahme staatlicher
Institutionen logische Konsequenz eines bestehenden und geschaffenen Rechts und Inbegriff eines
funktionierenden Rechtsstaats.

III. Regelungen zur Durchsetzung
Eine Verbesserung der Durchsetzungsregelungen ist grundsätzlich zu begrüßen, jedoch werden
auch hier intransparente Einschränkungen zu Lasten der Fluggäste vorgenommen.

1. Keine Einschränkung bei Wahl der Durchsetzungsmöglichkeiten

Abweichend von der bisherigen Regelung wird in Artikel 7 Abs. 3 des Vorschlags geregelt, dass
Auszahlungen auf “passenger’s request” vorzunehmen sind.

Auch wenn die Regelung lediglich der Klarstellung zu dienen scheint, dass ein Antrag des Passagiers
erforderlich ist, wenn eine Verspätung oder Annullierung eingetreten ist - abweichend von einer
unfreiwilligen Nichtbeförderung -, darf durch eine solche Regelung nicht die Vertretung durch
Dritte oder die Abtretung Dritte zum Zweck der Durchsetzung der Forderungen ausgeschlossen
werden. Es muss deutlich gemacht werden, dass der Fluggast frei in seiner Entscheidung bleibt, ob

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und wie er seine Ansprüche geltend machen möchte.28 Der Anspruch aus der Fluggastrechte-VO ist
kein höchstpersönliches Recht. Das von der Fluggastrechte-VO eröffnete hohe Schutzniveau
würde ansonsten über die Hintertür wieder geschlossen werden.

2. Keine unverhältnismäßige Ausschlussfrist

Eine einheitliche Regelung im Sinne der Rechtssicherheit in Bezug auf die Verjährungsregelung
aufgrund der Vielzahl der nationalen Regelungen erscheint sinnvoll. Artikel 16a Abs. 2 des
Vorschlags regelt indes eine Ausschlussfrist von lediglich 6 Monaten. Dabei ist schon unklar, ob eine
Anspruchsanmeldung die Verjährung hemmt, sie unterbricht oder eine anderweitige
Geltendmachung nach Erfolglosigkeit nach Ablauf der 6 Monate gänzlich ausgeschlossen ist. Auch
hier zeigt sich neuerlich, dass im Rahmen der Novellierung scheinbar das Ziel der
Rechtsbeschneidung, anstatt der kolportierten Rechtsanwendungssicherheit im Vordergrund zu
steht. Angesichts der Tatsache, dass die regelmäßige Verjährungsfrist in Deutschland bei 3 Jahren
und in Frankreich sogar bei 5 Jahren liegt, ist eine derartige Beschränkung auf 6 Monate völlig
unverhältnismäßig.

3. Kein Ausschluss von Geschäftsreisenden

Nach Artikel 16a Abs. 3 S. 3 des Vorschlags soll den Mitgliedstaaten das Recht eingeräumt werden,
zu entscheiden, ob der Zugang zu den nationalen Durchsetzungsstellen oder außergerichtlicher
Streitbeilegung nur im Verhältnis zwischen Verbraucher und Fluggesellschaft gewährt wird.
Hierdurch darf jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass auch Flugreisende, die aus
geschäftlichen Gründen einen Flug angetreten haben, vom Zugang zu derartigen
Durchsetzungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden.

28
  vgl. auch Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eines Gesetzes
für faire Verbraucherverträge.

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