Molekülspektroskopisches Praktikum - SS 2020 Infrarot- und UV-Spektroskopie Flüssig-NMR-Spektroskopie Massenspektrometrie 1 6 20 24

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Molekülspektroskopisches Praktikum - SS 2020 Infrarot- und UV-Spektroskopie Flüssig-NMR-Spektroskopie Massenspektrometrie 1 6 20 24
Molekülspektroskopisches Praktikum

 SS 2020

Infrarot- und UV-Spektroskopie 1–6

Flüssig-NMR-Spektroskopie 7 – 19

Massenspektrometrie 20 – 24
Molekülspektroskopisches Praktikum - SS 2020 Infrarot- und UV-Spektroskopie Flüssig-NMR-Spektroskopie Massenspektrometrie 1 6 20 24
Infrarot-Spektroskopie

1. Vorbereitung

 Voraussetzung für die Durchführung des Praktikums ist die Grundlagenkenntnis von UV/Vis - und
 IR-Spektroskopie sowie von den Prinzipien der angeführten Geräte und Methoden.

 Insbesondere wird auf die folgenden Punkte Wert gelegt:
  elektromagnetische Wellen und ihre Messgrößen
  Wechselwirkung elektromagnetischer Wellen mit Materie
  praktikumsrelevante physikalische Modelle (z.B. harmonischer Oszillator, starrer Rotator)
  Herleitung und Besonderheiten des Lambert-Beerschen Gesetzes
  Aufbau und Funktionsweise eines optischen Spektrometers (dispersive Spektrometer und
 Fourier-Transform-Spektrometer mit Michelson-Interferometer)
  praktische Durchführung einer IR-Messung (Probenvorbereitung, Küvettenmaterial,
 Lösungsmittel, Messbedingungen)
  ATR-Messprinzip (Abgeschwächte Totalreflexion)
  Auswertung von Schwingungs- und Rotationsschwingungs-Spektren

 Literaturempfehlung: [1] C.N. Banwell, E. M. McCash
 "Molekülspektroskopie: Ein Grundkurs"
 R. Oldenbourg Verlag, 1999

 [2] M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh,
 "Spektroskopische Methoden in der Organischen Chemie",
 8. überarbeitete Aufl., Thieme, Stuttgart, 2011

 [3] W. Gottwald, G. Wachter
 "IR-Spektroskopie für Anwender"
 Wiley-VCH Weinheim, 1997

 u.a.

 Bitte bringen Sie zum Praktikum neben Schreibmaterial auch Schutzkleidung (Kittel, lange Hose,
 geschlossenes Schuhwerk) und Schutzbrille mit.
 Praktikumsort ist das Technikum/Analytikum Linnéstr. 3, Raum 606. Benutzen Sie bitte das
 hintere Treppenhaus am Hofeingang.

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2. Aufgabenstellungen für das Praktikum

2.1. UV/Vis-Spektren von der zu identifizierenden und von der gemeinsamen Substanz

 Nehmen Sie von der zu identifizierenden Substanz ihrer Gruppe ein UV/Vis-Spektrum im Bereich
 200 bis ca. 700 nm auf. Stellen Sie dazu eine geeignete Verdünnung der Probe her. Als Lösungs-
 mittel steht abs. Ethanol (in UV/Vis-reiner Qualität) bereit.
 Das UV/Vis-Spektrum der gemeinsamen Substanz für alle Gruppen bekommen Sie als pdf-Datei
 ausgehändigt. Berechnen Sie daran für die angegebenen Wellenlängen jeweils den molaren
 Extinktionskoeffizienten (in der Einheit L/(mol*cm). Alle benötigen Angaben finden Sie auf dem
 Spektrum.

 Beide Spektren sind bezüglich des Gehalts an Strukturinformationen zu diskutieren.

2.2. IR-Spektren von der zu identifizierenden und von der gemeinsamen Substanz

 Nehmen Sie das IR-Spektrum von ihrer zu identifizierenden Substanz im Bereich von 400 bis
 4000 cm-1 auf. Verwenden Sie die Dünnfilmtechnik (Flüssigkeitsfilm zwischen zwei KBr-Platten)
 für flüssige Proben. Von Feststoffen ist ein KBr-Pressling herzustellen.
 Das IR-Spektrum der gemeinsamen Substanz für alle Gruppen bekommen Sie als pdf-Datei aus-
 gehändigt.

 Klassifizieren Sie die Substanzen mit Hilfe von IR-Absorptionstabellen, z. B. in [2]. Diskutieren
 Sie die gefundenen Absorptionsbanden beider Spektren und geben Sie einen Strukturvorschlag
 für die zu identifizierende Substanz ihrer Gruppe an.

2.3. Wirkung von Massenänderung auf die Lage von Schwingungsbanden

 Untersuchen Sie den Einfluss der Masse auf die C-H-Valenzschwingung am Beispiel von Aceton.
  Vergleichen Sie dazu die Lagen der Schwingungsbanden der C-H- bzw. der C-D- und der
 C=O-Valenzschwingung von „normalem“ Aceton (Aceton-D0, CH3-CO-CH3) und Deuterium-
 substituierten Aceton (Aceton-D6, CD3-CO-CD3).
  Berechnen Sie die Verhältnisse der Wellenzahlen der C-H- und der C-D-Valenzschwingung
 nach dem Modell des harmonischen Oszillators (unter Annahme von gleichen Kraftkon-
 stanten).

  Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem Verhältnis der gemessenen Wellenzahlen. Ist die An-
 wendung des einfachen Modells sinnvoll?

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2.4. IR-Spektren von amorphen Feststoffen – ATR-Technik

 Messen Sie die IR-Spektren zweier Polymere. Die Proben liegen als feste Folien/Streifen vor, bei
 denen übliche Transmissionsmessungen nicht möglich sind. Die IR-Spektren sind mit der ATR-
 Technik aufzunehmen. Identifizieren Sie anhand des IR-Spektrums charakteristische Banden und
 nehmen Sie eine möglichst genaue Bestimmung der vorliegenden Kunststoffe vor (siehe auch
 Flußdiagramm im Anhang).

2.5. Rotationsschwingungsspektren von Gasen

 Es soll das Rotationsschwingungsspektrum von Kohlenmonoxid ausgewertet werden.

  Befüllen Sie eine Gasküvette mit dem Rauch einer Filterzigarette. Dazu stehen Ansatzstücke
 bereit, mit denen die brennende Zigarette und eine Saugvorrichtung an den Küvettenstutzen
 angesetzt werden können. Das Gasspektrum muss mit hoher Auflösung (1 cm-1) auf-
 genommen werden. Die Valenzschwingungsbande von CO ist aus dem Spektrum zu
 ermitteln.

  Bestimmen Sie am Spektrum die Rotationskonstante B.
  Berechnen Sie die Bindungslänge der CO-Bindung anhand des Modells des starren Rotators
 und die Kraftkonstante anhand des Modells des harmonischen Oszillators. Die Bindungs-
 länge läßt sich aus dem Trägheitsmoment bestimmen, wenn man ein einfaches Hantelmodell
 annimmt. Das Trägheitsmoment I des zweiatomigen Moleküls ist dann

 I  µ  r2

 mit r Abstand zwischen beiden (Punkt-)Massen (d. h. die gesuchte
 Bindungslänge)
 µ reduzierte Masse

 Das Trägheitsmoment I selbst kann man aus der gemessenen Rotationskonstante B
 ermitteln mit:
 h
 B
 8  c  I
 2

 mit: h PLANCKsches Wirkungsquantum
 c Lichtgeschwindigkeit

 Hinweis: Die Rechnung wird wesentlich erleichtert, wenn man konsequent SI-Einheiten ver-
 wendet und alle Zahlen in Zehnerpotenz-Schreibweise einsetzt. Protokollieren Sie Ihren Rechen-
 weg so, daß er nachvollziehbar ist.

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 Berechnen Sie die Kraftkonstante k nach folgender Gleichung:

 mit: ῦ Schwingungsübergang im CO
 µ reduzierte Masse
 Beurteilen Sie die Bindungsstärke von Kohlenmonoxid im Vergleich zu anderen linearen
 Molekülen anhand der berechneten Kraftkonstante k.
 Im Folgenden sind beispielhaft einige Moleküle und ihre Kraftkonstanten zum Vergleich
 angeführt:
 HCl 481 Nm-1
 SO2 1.001 Nm-1
 Weitere relevante Moleküle können
 O2 1.141 Nm-1
 aus eigenständiger Literaturrecherche
 N2 2.242 Nm-1
 dem Vergleich zugeführt werden.

 Bedenken Sie auch die elektronische Struktur der betrachteten Moleküle. Welche Rolle
 spielen induktive und mesomere Effekte? Wie ist hier Kohlenmonoxid einzuordnen? Zeigen
 sie mögliche Grenzstrukturen.

2.6. Quantitative IR-Spektroskopie

 Ein kommerzieller Farbverdünner besteht aus n-Hexan als Hauptkomponente. Als eine der
 Nebenkomponenten im einstelligen Vol.-%-Bereich ist auch Aceton enthalten. Bestimmen Sie
 den Volumenanteil einer Lösung von Aceton in n-Hexan.

  Stellen Sie dazu sieben Kalibrierlösungen mit Volumenanteilen von 1,0 – 4,0% (v/v) Aceton
 (in 0,5%-Schritten) in n-Hexan her, indem Sie das Aceton mit einer Bürette genau abmessen
 und dann in einem 10-ml-Messkolben mit n-Hexan auffüllen.
  Nehmen Sie die IR-Spektren mit Standardauflösung (4 cm-1) im Transmissions-Modus im
 Bereich 2000 – 1000 cm-1 auf. Das Leer-Spektrum (Background) muss gegen Luft (d.h. ganz
 ohne Küvette) aufgenommen werden, weil einerseits eine Aufnahme mit Lösungsmittel eine
 sehr starke Absorption und damit ein schwaches Signal ergibt, was Probleme bei der Quo-
 tientenbildung (I / I0) verursacht, und sich andererseits die Aufnahme einer Leerküvette
 wegen Interferenzbildung verbietet (die Schichtdicke ist hier in der Größenordnung der
 Wellenlänge des Lichtes). Damit steht allerdings für die quantitative Auswertung die benötig-
 te I0-Intensität nicht zur Verfügung.
  Die gut erkennbaren Keton-typischen Aceton-Banden liegen bei 1719 cm-1 und 1213 cm-1,
 die beide einzeln auszuwerten sind. Um die Intensität I0 zu korrigieren, legt man als Grund-

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linie eine Gerade durch den linken und rechten Fußpunkt der jeweiligen Bande. Als Mess-
 werte werden die Intensität I an der Spitze der Bande und die Intensität I0 am Schnittpunkt
 des Lots mit der Grundlinie entnommen.

  Tragen Sie für die sieben Lösungen die Extinktionen beider Banden in eine Tabelle ein und
 berechnen Sie je eine Ausgleichsgerade (lineare Regression). Aus dieser bestimmen Sie
 nach Messung des Farbverdünners dessen Acetongehalt. Schätzen Sie die Fehlergröße
 Ihrer Messung (Grösstfehler-Rechnung) und geben Sie das Messergebnis mit der richtigen
 Einheit und unter Beachtung der abgeschätzten Genauigkeit an. Diskutieren Sie mögliche
 Ursachen des Fehlers und die Auswirkung verschiedener Fehlerquellen auf die Richtigkeit
 der Kalibrierung. Inwiefern lässt sich anhand der abschätzbaren Fehler eine Aussage über
 die Richtigkeit des Ergebnisses treffen?

3. Anmerkungen zur Protokollführung

  Das Protokoll sollte durchgehend lesbar und übersichtlich formatiert sein.
 Bei Verwendung von Blocksatz ist die Aktivierung der Silbentrennung obligatorisch, um
 unnötige Leerzeichen zu vermeiden.
 Alle Betrachtungen sollten möglichst in Text ausformuliert werden.
 Resultate müssen in einem erkennbaren Abschlusssatz zu finden sein.

  Protokolle sollten eine Rekonstruktion der Experimente durch dritte Personen ermöglichen.
 Prüfen Sie bitte die Erfüllung dieser Anforderung.
 Aufgabenstellung und Durchführung sollten in Kurzform zu Beginn des jeweiligen Teilver-
 suchs wiedergegeben werden.

  Grundlegende theoretische Einführungen können vorausgesetzt werden und müssen hier
 nicht wiedergegeben werden. Die Einleitung sollte lediglich kurze physikalische und
 technische Grundlagen bereitstellen, die für Verständnis und Durchführung der jeweiligen
 Versuche notwendig sind.

  Zu allen abgespeicherten pdf-Spektren wird eine Spektrendiskussion entsprechend der
 Aufgabenstellung und im Rahmen der jeweiligen Interpretierbarkeit erwartet. Spekulationen
 sollten ggf. durch zusätzliche Informationen gestützt werden.

  Auf eine sorgfältige Kenntlichmachung von benutzten Quellen wird Wert gelegt.

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Flußdiagramm zur Polymeren-Bestimmung
 6
Einführung in die NMR-Spektroskopie

1 Übersicht

Diese Versuche behandeln die Grundlagen der Flüssig-NMR-Spektroskopie sowie praktische
Aspekte bei der Aufnahme von ein- und zweidimensionalen 1H- und 13C-Spektren. Vor der
Durchführung des Versuches findet ein Antestat statt, in dem folgende Schwerpunkte besprochen
werden:

Flüssig-NMR:
  Grundgleichung NMR, Zeeman-Aufspaltung/Energie-Niveaus, Magnetisierungs-Vektor-
 Modell, Messprinzip
  Aufnahme und Verarbeitung des FID
  Aufbau eines FT (Fourier-Transform)-NMR-Spektrometers, Durchführung der Messung
 (Probenvorbereitung, Vorbereitung und Durchführung der Messung)
  Spektrale Parameter eindimensionaler NMR-Spektren: chemische Verschiebung, skalare
 Kopplung
  Relaxationsmechanismen
  Experimente: Wie werden 90°-Pulse bestimmt? Wie funktioniert das Inversion-Recovery-
 Experiment?
  2D-NMR: allgemeiner Ablauf, Informationsgehalt von grundlegenden 2D-Spektren (COSY,
 NOESY, HSQC/HMQC, HMBC), Auswertung

Informieren Sie sich im Vorfeld bitte auch anhand der entsprechenden Literatur über die
theoretischen Sachverhalte. Hierbei wird insbesondere [1] und [2] empfohlen, falls die Antestat-
Schwerpunkte zum Zeitpunkt Ihres Praktikumstermins noch nicht oder nur teilweise in der
Vorlesung besprochen wurden. Es wird erwartet, dass Sie unabhängig vom Stand der Vorlesung
in der Lage sind, Fragen zu allen Schwerpunkten sowie die unter 4.7 (Flüssig-NMR) gestellten
Fragen zu beantworten.
Es werden alle Spektren digital zur Verfügung gestellt. Die Dateien finden Sie auf dem
Spektrenserver des Instituts für Analytische Chemie; für den Download ist ein FTP-Programm
erforderlich (Adresse des Spektrenservers: spekserv.chemie.uni-leipzig.de, die Zugangsdaten
werden Ihnen während des Praktikums mitgeteilt). Die zur Prozessierung und Darstellung der
Spektren benötigte Software MNOVA kann unter folgendem Link heruntergeladen werden:
http://research.uni-leipzig.de/nmr/MNOVA. Zur Aktivierung wird eine Lizenzdatei benötigt, die
per Uni-Mail bei Dr. Findeisen angefordert werden kann. Dieses Programm ist ebenfalls an einem
der Rechner im PC-Pool installiert.

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Literatur:
[1] M. Hesse, H. Meier, B. Zeeh, Spektroskopische Methoden in der organischen Chemie,
 8. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2012.
[2] H. Günther, NMR-Spektroskopie, 3. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1992.
[3] H. Friebolin, Ein- und zweidimensionale NMR-Spektroskopie - Eine Einführung, 5. Auflage,
 Wiley-VCH, Weinheim, 2013.
[4] M. Findeisen, S. Berger, 50 and More Essential NMR Experiments, 1. Auflage, Wiley-VCH,
 Weinheim, 2014.
[5] M. Duer, Introduction to Solid-State NMR Spectroscopy, Blackwell Publishing Ltd, Oxford,
 2004.

2 Theoretische Grundlagen

2.1 Zeeman-Effekt

Kernresonanzspektroskopie (Nuclear Magnetic Resonance) beruht auf der energetischen
Aufspaltung der sonst entarteten Kernspinniveaus in einem Magnetfeld. Dieser Effekt wird als
Zeeman-Effekt bezeichnet und tritt für alle Kerne auf, die keine gerade Anzahl an Protonen und
Neutronen besitzen. Beispiele hierfür sind 1H, 13C, 19F, 29Si oder 31P.
Die aufgespalteten Energieniveaus werden bei Kernen mit der Kernspinquantenzahl I = 1/2 als 
und bezeichnet und ihre Besetzung erfolgt gemäß der Boltzmann-Verteilung:

 ∆ (1)
 
mit
 (2)
 ∆ ℎ ℎ
 2 
Dabei ist die absolute Temperatur, die Boltzmann-Konstante, das angelegte Magnetfeld, 
das gyromagnetische Verhältnis und ℎ das Plancksche Wirkungsquantum.

2.2 Resonanzfrequenz

Die Energiedifferenz der beiden Besetzungszustände und ist laut Gleichung (2) linear vom
Magnetfeld und dem gyromagnetischen Verhältnis des Kerns abhängig. Die daraus
resultierende Frequenz wird als Larmorfrequenz bezeichnet. Diese lässt sich veranschaulicht
als diejenige Frequenz beschreiben, mit der ein Kernspin um die Richtung des Magnetfelds (z-
Richtung) präzessiert. Die Larmorfrequenz kann entsprechend in Hz oder als Kreisfrequenz 
in rad ∙ s-1 dargestellt werden.

 rad ∙ s -1 Hz ∙ 2 ∙ (3)

 8
Da das angelegte externe Magnetfeld durch die Elektronen am Atomkern abgeschirmt wird,
ergibt sich für jeden unterscheidbaren Atomkern ein spezifisches effektives Magnetfeld , was
die Resonanzfrequenz eines jeden Kernes ändert und somit zu unterschiedlichen Signalen im
Spektrum führt. Diese spezifischen Frequenzen werden gegen die Referenzfrequenz eines
Standards, für 1H und 13C meist Tetramethylsilan (TMS), referenziert und ergeben die chemische
Verschiebung mit

 (4)
 ppm ∙ 10 .
 
2.3 Das Vektormodell

Zur Veranschaulichung der Kernspins kann das Vektormodell herangezogen werden. Es gilt
allerdings zu beachten, dass es sich hierbei um eine Näherung handelt, die das Verständnis der
NMR vereinfacht, aber nicht alle beobachteten Wechselwirkungen beschreibt. Weiterführende
Literatur hierzu finden Sie unter anderem hier: [1], [2].
Das Modell vereinfacht die Gesamtheit aller gleichartigen Kernspins (zum Beispiel alle Protonen)
in einer Probe als makroskopischen Vektor. Dieser ist zunächst entlang des äußeren -Feldes
ausgerichtet und präzessiert mit der Larmorfrequenz um die z-Achse. Spin-1/2-Kerne können in
diesem Modell prinzipiell zwei Orientierungen einnehmen – parallel und antiparallel zur
z-Richtung, wobei die positive z-Richtung dominiert. Der Magnetisierungsvektor Mz des
Vektormodells ist also im thermischen Gleichgewicht in positiver z-Richtung orientiert.

Abb. 1: Ausrichtung des Magnetisierungsvektors im thermischen Gleichgewicht entlang der
z-Richtung im starken äußeren Magnetfeld.

 9
3 Experimentelle Anforderungen

3.1 Der Aufbau eines FT-NMR-Spektrometers

Ein NMR-Spektrometer ist aus den folgenden, wesentlichen Komponenten aufgebaut:
  Supraleitender Magnet
  Probenkopf (beinhaltet u.a. die Sender- und Empfängerspulen für 1H- und Heterokerne,
 wie 13C)
  HF (high-frequency)-Sender mit Synthesizer
  HF-Empfänger & Verstärker
  Steuer-, Bedien- und Ausgabeeinheiten

Abb. 2: Schematische Darstellung des Aufbaus eines NMR-Spektrometers (links) und eines
 Flüssig-NMR-Probenkopfs.

3.2 Eindimensionale NMR-Experimente

Ein einfaches eindimensionales Experiment in der NMR-Spektroskopie soll hier beispielhaft
beschrieben werden. Ausgangspunkt ist das Vektormodell mit der Gleichgewichtsmagnetisierung
entlang des äußeren Magnetfeldes in positiver z-Richtung. Um den Beitrag der Präzession
vernachlässigen zu können, bewegt sich der Beobachter ebenfalls mit derselben Frequenz. Man
spricht vom rotierenden Koordinatensystem.
Für ein NMR-Experiment werden alle Kernspins derselben Sorte (zum Beispiel alle Protonen) mit
einem Radiofrequenzpuls (rf-Puls) angeregt. Das geschieht mittels eines senkrecht zum -Feld
angelegten schwächeren Magnetfeldes . Dieses zusätzliche Feld wird für eine definierte
Dauer tp eingestrahlt, die typischerweise im Bereich von einigen Mikrosekunden liegt. Die

 10
Wechselwirkung der Kernspins mit den beiden Magnetfeldern und kann als Rotation des
Magnetisierungsvektors um die Achse der Richtung des zusätzlichen Feldes verstanden werden.
Konkret bedeutet das, dass ein Puls aus x-Richtung zur Drehung des Magnetisierungsvektors um
die x-Achse von der z-Richtung in Richtung der xy-Ebene erfolgt. Der dabei überstrichene Winkel
α berechnet sich aus der Larmorfrequenz der untersuchten Kernsorte und der Pulslänge tp.

Abb. 3: Ein Puls aus x-Richtung führt zur Rotation des Magnetisierungsvektors um die x-Achse
 in der yz-Ebene um den Winkel α.

Für die meisten NMR-Experimente sind der 90°- und der 180°-Puls von besonderer Bedeutung.

Nach Abschalten des -Feldes kehrt das Spinsystem wieder in den Gleichgewichtszustand
zurück. Dieser Vorgang heißt Relaxation (siehe Kapitel 3.3). Gleichzeitig wird in der
Empfängerspule, welche sich in der xy-Ebene befindet, durch die Präzession der Kernspins ein
Induktionsstrom gemessen. Dieses Signal wird als freier Induktionsabfall (free induction decay,
FID) bezeichnet (Abb. 4). Die Amplitude des FID beschreibt die Abnahme der Quermagnetisierung
My in Abhängigkeit von der Acquisitionszeit (aq), seine Frequenz stellt alle beobachteten
Larmorfrequenzen in der Probe dar.
Durch die Fourier-Transformation wird der FID von der Zeitdomäne in die Frequenzdomäne
umgerechnet.

Abb. 4: Schematische Darstellung des Free Induction Decay (FID).

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Zur Durchführung eines NMR-Experiments müssen die jeweiligen Messparameter (acquisition
parameters) festgelegt werden, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Die wichtigsten
Messparameter sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tab. 1: Wichtige Messparameter.
 Parameter Bedeutung
 ns Anzahl der Scans
 p1 [µs] Pulsdauer des Pulses im 1. Kanal (F1)
 pl1 [dB oder W] Leistung des HF-Pulses im 1. Kanal
 o1p [ppm] transmitter offset („Mitte“ des Spektrums)

3.3 Relaxation

Es werden zwei Mechanismen der Relaxation unterschieden. Die longitudinale Relaxation (Spin-
Gitter-Relaxation) beschreibt die Rückkehr zur Längsmagnetisierung M0 und wird anhand der T1-
Relaxationszeit charakterisiert. Dabei handelt es sich um einen thermischen Prozess, es wird
Energie in Form von Wärme an die Umgebung des Spins abgegeben. Die T1-Relaxationszeit liegt
bei Protonen üblicherweise im Bereich von wenigen Sekunden, während sie bei 13C-Kernen Werte
bis zu 100 Sekunden annehmen kann.

Abb. 5: Zeitabhängige Entwicklung der Magnetisierung in z-Richtung während der T1-
 Relaxation, aus: http://mriquestions.com/what-is-t1.html.

Die transversale Relaxation (Spin-Spin-Relaxation) beschreibt das Auffächern der Spins in der
xy-Ebene und wird durch die Relaxationszeit T2 beschrieben. Die Ursache für den Verlust der
Phasenkohärenz ist die Spin-Spin-Wechselwirkung. Die T2-Relaxationszeit liegt typischerweise in
der Größenordnung von einigen 100 Millisekunden.

 12
Abb. 6: Zeitabhängiger Phasenverlust der Spins in der xy-Ebene während der T2-Relaxation,
 aus: http://mriquestions.com/what-is-t2.html.

3.4 Zweidimensionale NMR-Spektroskopie

Zur Aufklärung unbekannter Strukturen komplexer organischer Moleküle reichen die her-
kömmlichen, eindimensionalen 1H- und 13C-Spektren häufig nicht aus, sodass die Anwendung
zweidimensionaler Techniken erforderlich ist.
Jedes zweidimensionale NMR-Spektrum beinhaltet eine direkte (horizontale Achse, F2) und eine
indirekte Dimension (vertikale Achse, F1). Die direkte Dimension ergibt sich analog zu den
eindimensionalen Experimenten aus der Aufnahme des FIDs während der Acquisitionszeit (t2).
Für die Erzeugung der indirekten Dimension wird ein variabler Zeitabschnitt in der gewählten
Pulsfolge (Evolutionszeit, t1) eingebracht. Dieser Zeitabschnitt wird während des Experiments
systematisch verändert (inkrementiert). Anschließend erfolgt eine zweidimensionale Fourier-
Transformation der Spektrenmatrix nach der Acquisitions- und der Evolutionszeit (Abb. 8), welche
das zweidimensionale Frequenzspektrum liefert. Die dritte Dimension ist die Signalintensität.

Abb. 7: Schematischer Ablauf eines 2D-NMR-Experiments am Beispiel des COSY-Experiments.

 t1 t1
 FT (t2) FT (t1)

 F1
 t2 F2 F2

Abb. 8: Schematische Darstellung der zweidimensionalen Fourier-Transformation.

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Die in den gebräuchlichen zweidimensionalen Spektren abgebildeten Zusammenhänge basieren
auf skalaren (über die Bindung) oder räumlichen Wechselwirkungen zwischen benachbarten
Kernen einer oder verschiedener Kernsorten (z.B. 1H/1H bzw. 1H/13C). In den nachfolgenden
Tabellen sind die wichtigsten zweidimensionalen NMR-Experimente zusammengefasst.

Tab. 2: Übersicht über die wichtigsten 2D-Flüssig-NMR-Experimente
 2D-Experiment Informationsgehalt
 COSY skalare Kopplung zwischen benachbarten 1H-Kernen
 Wechselwirkung von 1H-Kernen über den Raum (KEINE skalare
 NOESY Kopplung!)
 Wechselwirkung von X-Kernen* (z. B. 13C) mit den direkt an dieses
 HSQC oder HMQC Atom gebundenen 1H-Kernen (1J- Kopplung)
 Wechselwirkung von X- mit 1H-Kernen über mehrere Bindungen (2J
 HMBC
 und 3J)

*) X-Kerne bzw. Y-Kerne können in der Sprache der NMR-Spektroskopie allgemein für alle
NMR-aktiven Spezies außer den Protonen stehen.

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4 Praktikumsversuch Flüssig-NMR

4.1 Vorbereitung des Spektrometers

Bei der NMR-Messung in Lösung werden ausschließlich deuterierte Lösungsmittel verwendet. Zur
Referenzierung der chemischen Verschiebung ist diesem Lösungsmittel ein interner Standard
zugesetzt.

Das NMR-Röhrchen wird mit einem sauberen Tuch abgewischt und in dem Spinner platziert,
wobei die korrekte Höhe mithilfe des Sample-Racks festgelegt wird. Anschließend wird das NMR-
Röhrchen im Spinner über den air-lift in den Probenkopf des Spektrometers überführt. Bevor das
gewünschte NMR-Experiment durchgeführt wird erfolgt das Locken und Shimmen des
Spektrometers, um die zeitliche bzw. örtliche Homogenität des externen -Feldes zu
gewährleisten.

4.2 Versuchsdurchführung

Nach dem Antestat erfolgt zunächst eine Einweisung in die Handhabung des Spektrometers und
die Betriebssoftware Topspin®. Anschließend wird ein 1H-NMR-Spektrum von Zimtsäure-n-
Propylester (Abb. 9) aufgenommen und es werden die Pulsdauer des 90°-1H-Pulses sowie die T1-
Relaxationszeitmessung für zwei Protonensignale dieser Substanz diskutiert.
Die restlichen Spektren des organischen Spektrensatzes bekommen Sie sowohl für Zimtsäure-n-
propylester als auch für die unbekannte Substanz als Dateien zur Verfügung gestellt.
Die Prozessierung der FID-Dateien sollen Sie für das Protokoll zu Hause mithilfe der Software
MNOVA selbständig durchführen (Hinweise zum Download der Spektren und Installation der
Software siehe Abschnitt 1).

Abb. 9: Struktur von Zimtsäure-n-propylester.
+

4.3 Pulsdauerbestimmung

Zur Bestimmung der Pulsdauer wird bei gegebener Leistung (pl1) die Dauer des Pulses (p1)
systematisch variiert, sodass man einen sinusartigen Verlauf der Signalintensitäten erhält
(Abb. 10). Aus dieser Darstellung wird die Dauer des 360°-Pulses anhand des zweiten
Nulldurchgangs der Sinuskurve bestimmt. Um den 90°-Puls zu erhalten, muss die so bestimmte
Pulsdauer durch vier dividiert werden.

 15
p1 in µs

Abb. 10: Sinusartiger Verlauf der Signalintensitäten bei der Bestimmung der Pulsdauer.

4.4 T1-Messung

Die Bestimmung der T1-Relaxationszeit erfolgt mithilfe des Inversion-Recovery-Experiments, des-
sen allgemeine Pulsfolge in Abbildung 11 dargestellt ist.

Abb. 11: Pulsfolge des Inversion-Recovery-Experiments zur Bestimmung der T1-Zeit.

Die Gleichgewichts-Magnetisierung M0 wird durch den 180°-Puls zunächst in –z-Richtung
ausgelenkt. Während der variablen Delay-Zeit relaxiert diese z-Magnetisierung mit der Ge-
schwindigkeitskonstante , wobei die nach Ende dieser Zeit noch vorhandene z-Mag-
netisierung Mz durch den 90°-Puls auf die y-Achse gedreht wird und somit ein messbares Signal
ergibt. Die Intensität des Signals ändert sich dabei mit in charakteristischer Weise. In
Abhängigkeit der Delay-Zeit ergibt sich ein exponentieller Anstieg der Signalintensitäten, welcher
mit der folgenden Gleichung beschrieben wird:

 1 (5)

Aus den bei verschiedenen -Werten bestimmten Signalintensitäten bzw. Flächen (Integrale) kann
die gesuchte Relaxationszeit mithilfe des T1/T2-Relaxationsmoduls der Software Topspin® nach
Gleichung (5) ermittelt werden.

 16
4.5 1D-Spektren-Auswertung

Für jede zu messende NMR-Probe wird ein eindimensionales NMR-Spektrum aufgenommen. Die
Signalstärke ist dabei abhängig von der natürlichen Häufigkeit, dem gyromagnetischen Verhältnis
des Kerns sowie dem Flip-Winkel. Für organische Proben werden in der Regel 1H- und 13C-
Spektren angefertigt. In beiden Spektren gibt die Position der Signale, die chemische
Verschiebung, Auskunft über die Wechselwirkung des Kerns mit dem Magnetfeld und damit über
funktionelle Gruppen oder räumliche Anordnung.
Im Falle von 1H-Spektren wird auch eine Aufspaltung beobachtet, die durch die J-Kopplung, eine
Wechselwirkung von magnetisch nicht äquivalenten Kernen über die Bindung, entsteht. Im 1H-
Spektrum tritt dabei nur die 1H-1H-Kopplung auf, da 13C-Kerne zu selten sind. Im 13C-NMR-
Spektrum wäre die 1H-13C-Kopplung sichtbar, sie wird jedoch durch die 1H-Entkopplung während
der Aufnahme ausgemittelt.
Protonen-Spektren können (fast) quantitativ über ihre Integrale ausgewertet werden. Das
Verhältnis der Peakintegrale zueinander ist dabei (fast) gleich dem Protonenverhältnis.
Zusammen mit der chemischen Verschiebung lassen sich einfach die Zahl und Art der Protonen
in der vorgelegten Substanz bestimmen.
Im organischen Spektrensatz findet sich zudem ein APT-Spektrum. Es handelt sich hierbei um
ein 1H-entkoppeltes 13C-Spektrum, in dem CH- und CH3-Gruppen positive und CH2-Gruppen
sowie quartäre Kohlenstoffe negative Signale zeigen.
Die eindimensionalen Spektren von Zimtsäure-n-propylester werden mit Ihnen im Praktikum
besprochen.

4.6 2D-Spektren-Auswertung

Zweidimensionale NMR-Spektren ermöglichen die Aufklärung komplexer Strukturen. Über sie
lassen sich 1H-13C und 1H-1H-Paare zuordnen, welche Informationen über die Konnektivität oder
räumliche Anordnung der Atome im Molekül liefern. Es wird in homonukleare und heteronukleare
Spektren unterschieden. In homonuklearen Spektren werden die Wechselwirkungen von Kernen
gleicher Art (z. B. 1H) gemessen. Dabei werden in den Frequenzdomänen F2 (horizontal) und F1
(vertikal) die gleichen Kerne aufgetragen. In heteronuklearen Spektren werden hingegen zwei
unterschiedliche Kernarten (z. B. 1H und 13C) miteinander korreliert.
Homonukleare Spektren zeichnen sich durch eine Diagonale aus, in denen der Kern mit sich
selbst korreliert (vgl. Abb. 12). Ergibt sich eine Korrelation zu dem Signal eines anderen Kerns,
tritt ein cross-peak auf. Im organischen Spektrensatz sind das COSY- und das NOESY-Spektrum
Vertreter für homonukleare Spektren. In beiden Fällen werden Protonen-Signale miteinander
korreliert. Beim COSY-Spektrum erfolgt die Korrelation über die 2J- oder 3J-Kopplung, d. h.
magnetisch nicht äquivalente Protonen, die zwei oder drei Bindungen voneinander entfernt sind,
ergeben cross-peaks im Spektrum. Im NOESY-Spektrum erfolgt die Kopplung zweier magnetisch
nicht äquivalenter Kerne über dipolare Wechselwirkungen, d. h. über den Raum. Ein gutes Mittel
um cross-peaks zwischen zwei Protonen abschätzen zu können, ist es den Abstand sowie die
räumliche Orientierung der beiden Protonen im Molekül zu betrachten. Je größer der Abstand
zweier Protonen voneinander ist, desto schwächer ist ihr Signal im NOESY-Spektrum.

 17
Abb. 12: Beispielhafte Darstellung eines zweidimensionalen, homonuklearen Spektrums, in dem
 die Diagonale und die cross-peaks markiert wurden.

Heteronukleare Spektren zeigen keine Diagonale. Ihre Auswertung kann direkt über die
Korrelationssignale erfolgen. HSQC- und HMBC-Spektren, wie sie im organischen Spektrensatz
vorkommen, korrelieren Protonen mit den direkt gebundenen (HSQC) oder mit den über mehrere
Bindungen entfernten (HMBC) Kohlenstoffen. Im HSQC-Spektrum wird die 1J-Kopplung zwischen
1H- und 13C-Kernen genutzt, wodurch ersichtlich wird, welches Proton an welches

Kohlenstoffatom gebunden ist. Quartäre Kohlenstoffatome sind nicht sichtbar. Dahingegen wird
im HMBC-Spektrum die 2J- und 3J-Kopplung genutzt, was es auch ermöglicht quartäre
Kohlenstoffatome sichtbar zu machen und ihre C-C-Konnektivität im Molekül aufzuklären.
Im Praktikum werden Sie beispielhaft die 2D-Spektren von Zimtsäure-n-propylester auswerten.

4.7 Hinweise zur Anfertigung des Protokolls

Das Protokoll soll wie folgt aufgebaut sein:

1 Einleitung: schriftliche Beantwortung der folgenden Fragen
 1. Welche Funktion haben die einzelnen Komponenten eines NMR-Spektrometers?
 2. Wozu ist Locken und Shimmen notwendig?
 3. Bei welcher chemischen Verschiebung (in ppm) erscheinen die 1H-Signale von Methanol,
 wenn bei einem 300 MHz-Spektrometer eine Frequenzdifferenz von 693 Hz und 1134 Hz
 zu TMS gemessen wurde?
 4. Wie hängt das Signal-zu-Rausch-Verhältnis S/N von der Anzahl der Scans ab?
 5. Wie viele Signale erwarten Sie für das 1H-NMR-Spektrum von Pyridin? Warum sieht man
 keine 13C-13C-Kopplung im 13C-Spektrum der Verbindung?
 6. Welche Experimente werden zur Bestimmung von T1 bzw. T2 genutzt und wie funktionieren
 sie?
 7. Welche Größenbeziehung besteht zwischen der Dauer von T1 und T2 und warum?

 18
8. Wie ist der Unterschied der T1 Relaxation zwischen 1H-Signalen einer Methylgruppe und
 Aromaten zu erklären?
 9. Welche Informationen können aus den Experimenten APT, DEPT sowie dem 1H-
 gekoppelten 13C-NMR-Spektrum entnommen werden?
 10. Was ist der „organische Spektrensatz“ und was bedeuten die Abkürzungen der
 entsprechenden Pulssequenzen? Welche Information liefert welches Spektrum?

2 Auswertung der Spektren von Zimtsäure-n-propylester: Hinweise siehe 4.8, bitte KEIN
 zusätzlicher Text!

3 Auswertung der Spektren Ihrer unbekannten Substanz:
 Hinweise zur Angabe der Signale siehe 4.8.
 Beschreiben Sie hier zusätzlich kurz wie Sie zur Lösung der Struktur gekommen sind. Sind
 die aus den NMR-Spektren erhaltenen Informationen ausreichend? Wie müssen die
 anderen Methoden des Praktikums miteinbezogen werden?

4.8 Hinweise zur Spektreninterpretation

Jedes Spektrum sollte vollständig interpretiert werden, d. h. alle relevanten Informationen im
Spektrum (chemische Verschiebung, Signalintensität, Multiplizität, Kopplungskonstante, Zu-
ordnung) müssen aufgelistet werden.
Die korrekte Auswertung für 1D 1H- bzw. 13C-Spektren soll wie im Beispiel erfolgen:

1
 H-NMR (CDCl3, int. TMS, 300 MHz): δ= 2.95 (s, 3H, N-CH3); 3.47 (dd, 2H, 3JHH = 7.6 Hz,
2
 JHH = 8.7 Hz, CH2-NH); 3.94 (dd, 2H, 3JHH = 7.6 Hz, 2JHH = 8.7 Hz, CH2-NH); 5.48 (dd, 1H,
3J
 HH = 8.1 Hz, Ph-CH); 7.40, (m, 5H, Ph).

Bei der Angabe der H- und C-Atome ist eine entsprechende Nummerierung bzw. Kennzeichnung
der Atome in der Zielstruktur möglich (z. B. HA, CA oder H-1, C-1). Für 2D-Spektren ist die
Verwendung von Tabellen (Tab. 4) sinnvoll.

Tab. 4: Beispielhafte Auswertung von homonuklearen (COSY; links) und heteronuklearen (HSQC;
rechts) Spektren.
 H-n/H-m δ [ppm] C-n/H-m δ [ppm]
 H-1/H-2 2.3 / 2.4 C-1/H-1 10.3 / 2.3
 H-2/H-5 2.4 / 5.3 C-3/H-2 56.7 / 2.4

 19
Organische Massenspektrometrie (MS)

1 Ziel des Praktikums
(1) Kennenlernen eines Massenspektrometers, eines Sektorfeldgerätes mit Elektronenstoß-Io-
 nisation (EI)
(2) Aufnahme von EI- Massenspektren unter Anleitung
(3) Übungen zur EI- Spektreninterpretation.
Das Praktikum wird unter Zuhilfenahme Ihrer Vorlesungsmitschriften selbstständig vorbereitet.
In einem Antestat wird Ihr Wissen zu folgenden Sachverhalten geprüft:
  Grundlagen der Massenspektrometrie, Aufbau eines Massenspektrometers und ablaufende
 Prozesse, Sekundärelektronenvervielfacher
  Aussehen eines Massenspektrums, Begriffe
  Electron Impact Ionisation, Aufbau der Quelle
  (Regeln der) Spektreninterpretation, Isotopie, entstehende Spezies, Regeln der Fragmen-
 tierung
Dabei dienen die gestellten Aufgaben als Orientierung. Die Lösungen der im Skript gestellten
Übungsaufgaben sind gleichzeitig Bestandteil des Protokolls.

2 Einleitung
Das Grundprinzip der EI- Technik ist der Beschuss der im Hochvakuum (10-5-10-7 mbar) iso-
lierten, gasförmigen Moleküle mit Elektronen hoher kinetischer Energie (meist 70 eV, um eine
optimale Ionenausbeute und reproduzierbare Fragmentierung zu erzielen). Dabei wird aus dem
Molekül ein Elektron herausgeschlagen und das Molekülion M∙+ erzeugt, ein Radikalkation (o-
pen-shell ion, odd-electron ion).
EI ist eine „harte“ (energiereiche) Ionisationsmethode. Zur Erzeugung von Radikalkationen aus
organischen Molekülen reichen prinzipiell Energien von 8-14 eV. Der Energieüberschuss führt
deshalb bereits in der Ionenquelle zur Fragmentierung der Radikalkationen:
M+. → A+ + B. Fragmentierung in Ion (closed-shell) und Radikal
M+. → A. + B+
M+. → C+. + D; A+ → F+ + G Neutralverlust (open-shell ion)

Radikalische Spaltungen treten nur aus Radikalkationen auf (open-shell-Ionen), daraus entstan-
dene Kationen (closed-shell-Ionen, odd-electron) fragmentieren unter Neutralabspaltung (even-
electron rule), so dass auch Folgefragmentierungen möglich sind. Neutralabspaltungen können
aber auch direkt aus dem Molekülradikalkation auftreten.

3 Grundlagen der Spektreninterpretation
3.1 Isotopie der Elemente und Informationen aus Isotopenpeaks
Informieren Sie sich über die Einteilung der Elemente nach 1. Häufigkeit der Isotope und 2.
Isotopenabstand.

 20
Die Häufigkeit der Moleküle mit einem Molekulargewicht über dem Molekulargewicht des
monoisotopischen Moleküls hängt von der Anzahl der vorhandenen Atome und von der relati-
ven Häufigkeit der Isotope in den beteiligten Elementen ab. (Orientierungsfrage: welche Häu-
figkeit tragen 6 C-Atome auf der M+1 Stelle bei?)
Daher kann man aus der Häufigkeitsverteilung der Isotope mit entsprechenden Massenabstand
(M+1, M+2; ...) auf Art und Anzahl der im Molekül vorhandenen Elemente schließen.
Tabelle 1: Isotopenverteilung wichtiger Elemente, bezogen auf das häufigste Isotop.

 Element M M+1 M+2
 Masse % Masse % Masse %
 H 1 100 2 0.015 ‐ ‐
 C 12 100 13 1.1 ‐ ‐
 N 14 100 15 0.37 ‐ ‐
 O 16 100 17 0.04 18 0.21
 F 19 100 ‐ ‐ ‐ ‐
 Si 28 100 29 5.1 30 3.4
 S 32 100 33 0.8 34 4.5
 Cl 35 100 ‐ ‐ 37 32.0
 Br 79 100 ‐ ‐ 81 98
 I 127 100 ‐ ‐ ‐ ‐

Berechnung der Isotopenverteilung
Die Isotopenverteilung eines Moleküls kann nach einem vereinfachten Ausdruck berechnet
werden: (a + b)n
a ist die relative Häufigkeit des leichten Isotops
b ist die relative Häufigkeit des schweren Isotops
n ist die Anzahl der Atome des betrachteten Elements im Molekül
Die Verteilung ergibt sich dabei aus den Summanden. Bei Si und S können Überlagerungen
mit dem 13C- oder anderen Mustern leicht zum Verwischen führen.
Aufgabe 1:
Berechnen Sie das Isotopenmuster von CS2.

3.2 Fragmentierungsreaktionen
Ein Massenspektrum ist die Ergebnisanalyse einer Reihe von Zerfallsreaktionen eines Ions. In
der nachfolgenden Aufgabe werden wichtige Fragmentierungs- und Umlagerungsreaktionen
genannt, die nach der Elektronenstoß- Ionisation auftreten.
Aufgabe 2:
Formulieren Sie Reaktionsgleichungen für die aufgeführten Fragmentierungsreaktionen mit den in
Klammern gegebenen Verbindungen und geben Sie möglichst alle mesomeren Grenzstrukturen der ent-
stehenden Produkte an (stabilstes Produkt). Identifizieren Sie die wahrscheinlichste Stelle der Ionisie-
rung im Molekül. Verwenden Sie für die Formulierung des Ionisationsprozesses und der Fragmentie-
rung das Konzept der lokalisierten Ladung und charakterisieren Sie jede der Fragmentierungen als Ra-
dikal- oder Neutralabspaltung:
Radikal induzierte Spaltungen
 - (Alkyl-) Spaltung (2-Methylpentan)
 - α-Spaltung aktivierter Bindungen:
 Heteroatom (4-Phenylbutan-2-on)
 Allylspaltung (4-Phenylpent-1-en)
 Benzylspaltung (Phenylbutan-2-on)

 21
- McLafferty-Umlagerung, McL (Trimethylsilylacetat)
 - Retro-Diels-Alder-Reaktion, RDA (Cyclohexen)
Ladungsinduzierte Spaltungen
 - Induktive Spaltung (3-Fluoroiodobenzol)
 - Eliminierung, H-Umlagerung (4-Chlorhexen)
 - Neutralverlust (Phenol)
Aufgabe 3:
Welche Fragmentierungen sind für dieses Molekül möglich? Geben Sie die ausführlichen Reaktions-
gleichungen an, verwenden Sie das Konzept der lokalisierten Ladung und benennen Sie die entspre-
chende Fragmentierung.

3.3 Herangehensweise an die Spektreninterpretation
Im Nachfolgenden wird die allgemeine Herangehensweise bei der Interpretation eines Massen-
spektrums skizziert. Eine korrekte Zuordnung charakteristischer Ionen im Spektrum ist zur Ab-
sicherung des Strukturvorschlags und der Summenformel unerlässlich. Bei der Spektreninter-
pretation wird bereits vorhandenes Wissen über den Analyten immer mit einbezogen.
1. Charakterisieren Sie den Molekülionenpeak. Welche Heteroatome vermuten Sie bzw. kön-
 nen Sie ausschließen (Isotopenmuster!)?
2. Erstellen Sie einen oder mehrere Strukturvorschläge durch Interpretation großer und cha-
 rakteristischer Schlüsselbruchstücke bzw. Massendifferenzen, besonders für den Ba-
 sispeak. Überlegen Sie sich mögliche Fragmentierungen dieser Strukturvorschläge, ver-
 gleichen Sie diese mit dem Spektrum und achten Sie dabei auf „fehlende“ Ionen.

Regeln für die EI- Spektreninterpretation
Regel 1: Zwischen Molekülion und Fragmentionen müssen als Folge der Fragmentierung des
 Molekülions chemisch sinnvolle Massendifferenzen bestehen.
Regel 2: Einmal gebildete closed-shell- Ionen A+ oder B+ gehen keine erneute Radikalspaltung
 mehr ein, sondern zeigen nur noch Neutralabspaltungen. (even electron rule)
Regel 3: Bei konkurrierenden Homolysen bestimmt meist die Produktstabilität den bevorzug-
 ten Reaktionsweg, der größere Alkylrest wird abgespalten.
Regel 4: Enthält ein Molekül 1, 3, 5, ... Stickstoffatome, ist seine Molmasse ungeradzahlig.
 Enthält ein Molekül 0, 2, 4,... Stickstoffatome, ist seine Molmasse geradzahlig (Stickstoff-
 regel).

 22
Regel 5: Homolysen (Radikalabspaltungen) führen zur Bildung von Primärfragmenten mit
 nicht geradzahliger Massendifferenz zum Ausgangsion. Verluste intakter Moleküle (Um-
 lagerungen, Neutralabspaltungen) führen zu geradzahligen Massendifferenzen zum Mole-
 külion. Zusammen mit einer ungeradzahligen Anzahl Stickstoff im abgespaltenen,
 elektrisch neutralen Fragment kann eine Umkehrung dieser Regel eintreten (durch H2NR.
 bzw. NH3- Verluste).

Aufgabe 4:
Es sind relative Intensitäten aus dem Peaklisting zweier EI-Massenspektren gezeigt. Welches Molekül
könnte sich hinter dem Spektrum verbergen? Erklären und zeigen Sie das Zustandekommen der charak-
teristischen Fragmente (mind. 2 davon anhand einer ausführlichen Gleichung)!

 m/z rel. Int. [%] m/z rel. Int. [%]
 64 43.3 29 12.4
 66 ~0.4 43 100
 67 15.4 45 14.6
 69 5.8 61 15.3
 99 100 70 11.8
 101 42.2 73 4.9
 103 ~0.3 88 7.0
 134 69.4 89 0.51
 135
- Einführen der Schubstange
 - Beobachtung der Peakintensitäten - gegebenenfalls manuelles Heizen der Schubstange
 unter Kontrolle der Signalintensitäten (zwischen 1 und 10 Mill. counts)
 - Herausziehen der Schubstange, Schließen des HV-Ventils
 - „Stop“ und „Close Acquisition“
 - Entfernen der Schubstange, Entfernung des Probentiegels

Hinweise zur Anfertigung des Versuchsprotokolls
Erstellen Sie bitte in jeder Gruppe ein Protokoll über den durchgeführten Versuch. Beginnen
Sie mit einer kurzen Darstellung der Aufgabe, keine theoretische Einleitung. Achten Sie auf
eine systematische und übersichtliche Formatierung (Inhaltsverzeichnis, Legenden, Überschrif-
tenhierarchie).
- Lösen Sie schriftlich die im Skript gestellten und im Antestat besprochenen Aufgaben.
- Interpretieren Sie ausführlich das Spektrum, das vom Zimtsäurepropylester aufgenommen
 wurde (Sie erhalten von jedem erzeugten Spektrum ein pdf). Orientieren Sie sich an Punkt
 3.3., Herangehensweise an die Spektreninterpretation. Ordnen Sie prägnante Fragmentionen
 anhand von ausführlichen Zerfallsgleichungen (mind. 4) entsprechenden Strukturen zu. Für
 das Zeichnen chemischer Strukturen können Sie neben ChemDraw auch z.B. die im Netz
 frei herunterladbaren Programme Accelrys Draw, Marvin Sketch, ACD/ChemSketch oder
 BKChem benutzen.
- Diskutieren Sie ebenso ausführlich das Massenspektrum Ihrer Verbindung. Nutzen Sie
 dazu den Strukturvorschlag, den Sie sich aus allen Analysen (IR, UV, NMR) abgeleitet ha-
 ben. Ordnen Sie prägnante Fragmentionen anhand von ausführlichen Zerfallsgleichungen
 (mind. 3) entsprechenden Strukturen zu. Nutzen Sie auch die Information, die Sie aus den
 Isotopenmustern gewinnen können. Waren die mit der Massenspektrometrie erhaltenen In-
 formationen zur Strukturaufklärung ausreichend oder benötigten Sie weitere Methoden, und
 wenn ja, welche?

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