Nachhaltige Kälteversorgung in der Großschlachterei
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Praxisberichte · Kältetechnik Photovoltaik und Latentwärmespeicher Nachhaltige Kälteversorgung in der Großschlachterei Die Geflügelschlachterei Gross GmbH produziert in Zusammenarbeit mit regionalen Landwirten tierschutzgerechtes und nachhaltiges Geflügelfleisch. Der Wunsch nach Nachhaltigkeit stand auch im Zentrum bei der Modernisierung der Versorgung der Produktionsstätte mit Strom und Kälte. Heute sorgt ein komplexes Großnetz für die notwendige Kälte. Quelle: kraftBoxx GmbH Die Dächer der Geflügelschlachterei Massing sind vollflächig mit Photovoltaik belegt. Strom kommt zudem von einer Freiflächen-PV- Anlage. „Neben der Verbesserung unserer CO2-Bilanz durch die Steige- rung der Energieeffizienz stand bei der Modernisierung natürlich auch die Wirtschaftlichkeit im Fokus“, erläutert Geschäftsführer Leonhard Groß, „daher war es unser Ziel, unseren konstanten Kältebedarf möglichst regenerativ zu erzeugen.“ Quelle: kraftBoxx GmbH Kälteerzeugung mit PV und PCM-Speicher Zusammen mit der Axiotherm GmbH entwickelte die kraftBoxx GmbH ein komplexes Großkältenetz zur Bereitstellung der kon- stant benötigten Kälteleistung von ca. 300 kW, in dem sowohl die regenerative Stromproduktion als auch eine Abwärmenut- zung integriert sind. über über eine PV-Anlage mit einer installierten Leistung von Im Großkältenetz wird eine Kälteanlage mit einer Leistung von 750 kWp. Der bei einem konstanten Kältebedarf von 300 kW je- 690 kW eingesetzt. Die Stromversorgung der Anlage erfolgt tags- weils resultierende Überschuss wird im Kältenetz in einen Latentwärmespeicher mit einer Speicherkapazität von 3.600 kWh einspeist. Die tagsüber regenerativ erzeugte Kälte kann so durch- Eine Information der gehend abgerufen werden. Damit wurde der Bezug aus dem kraftBoxx GmbH, Aulendorf Stromnetz auf ein Minimum reduziert. 20 Moderne Gebäudetechnik 12/2021 www.tga-praxis.de
Kältetechnik · Praxisberichte Nachhaltige Versorgung mit Strom und Kälte mit Abwärmerückgewinnung und -nutzung Quelle: kraftBoxx GmbH Im Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Bernd Boiting, Fachbereich Energie-Gebäude-Umwelt, FH Münster, RAL Gütegemeinschaft Herr Prof. Boiting, thermische Speicher sind bereits gleichbleibender Temperatur viel thermische Energie eingela- heute auch aus der Klima- und Kältetechnik nicht mehr weg- gert werden. PCM-Speicher sind daher eine effizientere Tech- zudenken. Was sind hier die weiteren Entwicklungen und nologie gegenüber herkömmlichen Wasser- bzw. Solespei- worauf müssen sich Planer und Anlagenbauer zukünftig ein- chern. Gleichzeitig steigern sie aufgrund der kleinen Arbeits- stellen, auch im Hinblick auf den weiteren Ausbau an erneu- temperaturdifferenzen die Wirkungsgrade thermischer erbaren Energien im Energiesystem? Heiz- und Kühlprozesse. Prof. Boiting: Neben der stetigen Steigerung der Energieeffi- Die Entwicklung der so genannten PCM-Hybrid-Speicher er- zienz trägt insbesondere die verstärkte Nutzung von erneuer- möglicht darüber hinaus nun auch eine einfache Integration baren Energien maßgeblich dazu bei, den Ressourcenverbrauch oder sogar noch Nachrüstung komplexer Systeme. Hier wer- und Klimawandel einzudämmen. Aufgrund der Volatilität bei den mit PCM gefüllte Kapseln in Speichertanks eingebracht deren Erzeugung und im Allgemeinen nutzungsabhängigen Be- und vom Wärmeträgermedium umströmt, was neben einem darfsprofilen im Bereich der Klima- und Kältetechnik, sind Ener- optimalen Wärmeübergang auch die einfache Regelung der giespeicher damit oft eine zwingende Voraussetzung, um hier Entnahme- und Beladeleistung ermöglicht. Angebot und Nachfrage synchronisieren zu können. Die ein- fachste und letztlich auch wirtschaftlichste Lösung sind hier Neuentwicklungen schlägt ja häufig erst einmal eine ge- thermische Speicher, die z. B. auch in Kombination mit loka- wisse Skepsis entgegen. Gibt es mit PCM-Hybrid-Speichern len Solaranlagen effizient kombiniert werden können. bereits praktische Erfahrungen und was genau unterschei- Regernative Energien werden aber meist in Form von Strom det die hier vorgestellten heatSels vom Stand der Technik? gewonnen. Dieser kann in thermischen Speichern in Form von Prof. Boiting: PCM-Hybrid-Speicher, also makroverkapseltes Wärme oder Kälte viel kostengünstiger als in Stromspeichern PCM wird bereits seit Jahren in der Kältetechnik eingesetzt, gespeichert werden. Die Gebäude der Zukunft werden einen allerdings bislang meist in Kugelform, was thermodynamisch aktiven Part in der Sektorkopplung übernehmen müssen, wenn aufgrund des Oberflächen zu Volumenverhältnisses eigentlich wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Wichtig dabei ist auch die ungünstigste Geometrie darstellt. Die heatSel sind hier der die Fähigkeit dieser Systeme, regenerative Energien aufzuneh- logische Entwicklungsschritt, dabei handelt es sich um geo- men und zeitversetzt als thermische Energien wieder abzuge- metrieoptimierte Superellipsoide, wodurch nicht nur höhere ben, die außerhalb der Gebäude erzeugt und durch ein Smart Speicherdichten, sondern vor allem die in der Praxis meist be- Grid zugänglich gemacht werden können. nötigten höheren Leistungen realisiert werden können. Großskalig kamen diese erstmals 2016 im Haus der Zukunft in Als Vorsitzender der PCM RAL Gütegemeinschaft ha- Berlin (Futurium) zum Einsatz, wo die zeitlich versetzte Erzeu- ben Sie auch einen sehr guten Einblick in die jüngsten Ent- gung von Kälte und deren Bedarf durch insgesamt 50.000 l wicklungen der Latentwärmespeicherung, was genau zeich- Speichervolumen gefüllt mit 55.000 heatSels überbrückt wird. net hybride Speichertechnologien aus? Dieses Pilotprojekt wurde von Anfang an vom Fachbereich EGU Prof. Boiting: Phasenwechselmaterialien (Phase Change Ma- der FH Münster begleitet, vom Monitoring bis zu einer speziell terials – PCM) sind Materialien, die durch äußeren, meist ther- dafür gebauten Versuchsanlage. Auf Basis umfangreicher Leis- mischen, Energieein- oder -austrag, ihren Aggregatzustand re- tungsuntersuchungen konnten so grundlegende Berechnungs- versibel wechseln können. Wenn diese von fest zu flüssig wech- ansätze und Simulationsmodelle für PCM-Hybrid-Speicher ent- seln, nehmen sie sehr viel thermische Energie bei einer wickelt und inzwischen auch in ein praxistaugliches Planungs- konstanten Temperatur auf und geben diese „latent“ einge- tool überführt werden. speicherte Energie bei der Kristallisation auf dem gleichen Temperaturniveau wieder ab. So kann auf kleinerem Raum und Vielen Dank für das Gespräch. Moderne Gebäudetechnik 12/2021 www.tga-praxis.de 21
Praxisberichte · Kältetechnik 35.000 30.000 Förderung Latentspeicher 25.000 max. 30.055,- € 20.000 Förderung 15.000 Latentspeicher min. 2.120,- € 10.000 Förderung 5.000 Kaltwasserspeicher max. 1.267,- € 00 200 400 600 800 1.000 kWh 1.400 0 1.500 5.000 10.000 15.000 20.000 Liter 25.000 Quelle: kraftBoxx GmbH Quelle: kraftBoxx GmbH Kaltwasserspeicher Latentspeicher als Hybridspeicher mit heatSel XL –6 °C bei 15 K Die Kälteanlage mit einer Leistung von 690 kW wird tagsüber mit Neben den umfangreichen Förderungen für Maßnahmen zur Steige- PV-Strom betrieben. rung der Energieeffizienz sowie für den Einsatz erneuerbarer Ener- gien beträgt insbesondere die Zusatzförderung für Latentwärme- speicher inzwischen ein Vielfaches der von klassischen Kaltwasser- bzw. Kaltsole-Speichern. Speicherspezifikationen Speichergröße: 83.000 l Anzahl heatSel XL ATS -16: 32.000 Stk. Speicherkapazität gesamt (10K): 3.600 kWh Kapazitätsfaktor zu Wasser-Glykol-Gemisch: 4,5 Speicheräquivalent: ca. 373.500 l Einsparung Glykol: ca. 38.000 l Quelle: kraftBoxx GmbH Tank entspricht jetzt real einem Äquivalent von 400.000 Litern“, Das PCM erhöht die erläutert kraftBoxx-Geschäftsführer Klaus Rauch. Speicherkapazität „Ein ganz wesentlicher Vorteil des Hybridkonzepts, bei dem die des Latentspeichers Kapseln im Speicher von der Kühlsole umströmt werden, ist um den Faktor 5. aber natürlich, dass es ganz einfach in alle wärmeträgergeführ- ten Systeme integriert werden kann. Durch die Auswahl des Kältespeicherung bei exakt –16 °C passenden PCM, unser Portfolio umfasst hier aktuell den Tem- Herzstück der Anlage ist der Latentwärmespeicher mit einer peraturbereich von –50 bis 90 °C, und die einfache Regelbar- Speicherkapazität von 3.600 kWh bei einem Volumen von nur keit über die primär- und sekundärseitigen Massenströme kann 80.000 l für die Entkopplung von Kälteerzeugung und -bedarf. der PCM-Hybrid-Speicher an die jeweiligen Anforderungen an- Das Prinzip: Ein so genanntes Phasenwechselmaterial (Phase gepasst, ja sogar noch nachträglich vorhandene Speicher auf- Change Material, PCM) ändert seinen Aggregatszustand von fest gerüstet werden.“ zu flüssig und nimmt dabei sehr viel thermische Energie bei einer konstanten Temperatur auf, und gibt diese „latent“ eingespei- Nachhaltig, flexibel und wirtschaftlich cherte Energie bei der Kristallisation wieder auf dem gleichen Die Kombination von Kälteanlagen mit anwendungsspezifischen Temperaturniveau ab. Das heißt, auf einem kleinen Raum und Latentwärmespeichern erlaubt es, regenerativ erzeugten Strom bei gleichbleibender Temperatur kann sehr viel thermische Ener- effizient zwischenzuspeichern und zu einem späteren Zeitpunkt gie gespeichert werden. zu nutzen. Gleichzeitig wird eine hohe Versorgungssicherheit Der verbaute PCM-Hybrid-Speicher unterscheidet sich von an- auch ohne Notstromaggregat gewährleistet und Lastspitzen kön- deren Systemen wie folgt: Der 80.000-l-Tank enthält über 30.000 nen einfach kompensiert werden. Kunststoffkapseln, die mit einem Phasenwechselmaterial mit Als Resultat sinken neben den CO2-Emissionen auch die Inves- einem Schmelzpunkt von –16 °C gefüllt sind. titions- und Betriebskosten erheblich. Begleitet von zahlreichen Durch Verwendung des PCM konnte die Speicherkapazität beim Förderprogrammen wird eine nachhaltige Kälteversorgung da- Betrieb des Glykol-Kältekreises mit –16/–8 °C um einen Faktor 5 mit nicht nur wirtschaftlicher, sondern sorgt für mehr Unabhän- gesteigert werden. „Das bedeutet, der vorhandene 80.000-Liter- gigkeit von steigenden Energiekosten. 22 Moderne Gebäudetechnik 12/2021 www.tga-praxis.de
NEU GEBERIT INTEGRIERTE HYGIENESPÜLUNG FORTSCHRITT STATT STAGNATION RIT 22 G E B E RE FF 20 Die neue integrierte Hygienespülung von Geberit ist die ideale Lösung, B AU T m Eve nt n zu wenn es um die sichere Ausspülung der WC-Keramik und die Einhaltung z t a n melde iligten. J et bete e B au des bestimmungsgemäßen Gebrauch der Trinkwasseranlage geht. Opti- male Raumausnutzung, kein zusätzlicher Platzbedarf, keine zusätzlichen f ü r a l l utreff Einbauteile. Der Sigma Unterputz-Spülkasten mit integrierter Hygiene- e r i t . de / b a geb w w w. spülung ist für GIS und Duofix erhältlich. www.geberit.de/trinkwasserhygiene
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