Gesellschafts- und Unternehmensrecht 2021 - JAHRESTAGUNG Tagungsleiter Univ.-Prof. DDr. Thomas Ratka und Dr. Roman Alexander Rauter
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JAHRESTAGUNG Gesellschafts- und Unternehmensrecht 2021 Tagungsleiter Univ.-Prof. DDr. Thomas Ratka und Dr. Roman Alexander Rauter Donnerstag, 16. September 2021 Freitag 17. September 2021
Prüfung von Sachgründungen (insb Unternehmenseinbringungen) durch das Firmenbuchgericht Walter Brugger Freitag 17. September 2021
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Inhalt Einleitung: Bar- oder Sachgründung Gegenstand der Sacheinlage Prüfung durch das Firmenbuchgericht und praktische Hinweise 3
Gesellschafts- und Unternehmensrecht GmbH: Bar- oder Sachgründung? Aufbringung Varianten: Einzahlung (Leistung) max ½ Sacheinlage vollständig mind ½ in bar ("Hälfteklausel") auf bar: mind ¼ ("Viertelregel") Ausnahmen von Hälfteklausel: • Gründung ausschl zwecks vollständig, Einlagebilanz (aber Fortführung eines 5 J-Unter- ohne Prüfung=Privilegierung für nehmens (§ 6a Abs 2 GmbH), familienbetriebl "Rechtsform- nicht aber KapGes-Anteile (aA wechsel") Teil der L) Bewertung nötig? (dafür Kopp/Rüffler; ggt van Husen in WK); OGH 6 Ob 123/06s: keine Prfg weil 5 J = gewisse Vollwertigkeitsgewähr, aber qual oder Unterbewertung wäre Eintragungshindernis; § 28a Abs 2 AktG (Sacheinlagewert muss Nominale erreichen) ist nicht vom GmbHG verwiesen!! • Sacheinlagevorschriften des AktG (§ 6a Abs 4 GmbHG: in diesem Fall sind die §§ 20, 24 bis 27, 29 Abs. 2 und 4, §§ 39 bis 44 sowie § 25 Abs. 4 Vollständig 4 und 5 AktG sinngemäß anzuwenden)
Gesellschafts- und Unternehmensrecht AG: Bar- oder Sachgründung? Aufbringung Einzahlung (Leistung) Sacheinlagen möglich ohne Limit Vollständig (Bareinlage mind ¼) • Sacheinlagevorschriften des AktG (§ 20 AktG) in der Satzung: Gegenstand, Person, Aktienanzahl anzugeben 5
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Terminologische Anmerkung Gesellschaftsrecht: Sacheinlage ≈≙ Steuerrecht: Einbringung 6
Gesellschafts- und Unternehmensrecht § 6a Abs 4 GmbHG: "... sind sinngemäß "anzuwenden" § 20 Sacheinlage in Satzung § 24 Bericht der Gründer § 25 Gründungsprüfung Vorstand und AR, außerdem Gründungsprüfer (WP) § 26 Umfang der Gründungsprüfung (ua: Sacheinlagewert muss Nominale erreichen) § 27 Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern § 29 Abs 2 u 4 Beilagen zur Anmeldung § 39 Verantwortlichkeit der Gründer § 40 Verantwortlichkeit anderer Personen § 41 Verantwortlichkeit des Vorstands und des AR § 42 Verantwortlichkeit der Gründungsprüfer § 43 Verzicht und Vergleich § 44 Verjährung der Ersatzansprüche 7
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Gegenstand der Sacheinlage (§ 20 Abs 2 AktG) nur Vermögensgegenstände, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Verpflichtungen zu Dienstleistungen können nicht Sacheinlagen oder Sachübernahmen sein (Anm: wohl aber Gebrauchs- und Nutzungsrechte usw) OGH 1 Ob 253/03t: "alles, was Vermögenswert hat" (auch wenn nicht bilanzierbar? Verwertbarkeit reicht? Str) Enger aber § 12 UmgrStG: nur Betriebe/Teilbetriebe, Mitunternehmer- anteile, Kapitalanteile (ab 25%) Noch enger § 6a Abs 2 GmbHG: mind 5 J bestehendes U. 8 Keinesfalls: höchstpersönliche und unübertragbare Rechte!
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Gegenstand der Sacheinlage (§ 20 Abs 2 AktG) Sacheinlage d Unternehmens = Asset Deal mit Einzelrechtsnachfolge! mit allen Konsequenzen: • § 38 UGB samt Widerspruchsrecht, § 39 UGB, • § 1409 ABGB, § 14 BAO, § 67 ASVG, § 37 BSVG • § 12a MRG, • § 3 AVRAG, § 69 VersVG, § 151 VersVG, § 11 Abs 1 MaSchG usw • § 237 AktG (auch für GmbH); Holzmüller- und Brauerei-Jud • § 3 Z 15 FBG-Eintragung auch beim Einbringenden=Veräußerer • Notwendigkeit sachenrechtlicher Übertragungsakte (modus) • Untergang höchstpersönlicher Rechte (zB Vorkaufsrechte, Optionsausübungsrechte …); ev als Ausweg eine Abspaltung überlegen (vgl 1 Ob 173/19a, Verschmelzung)?? • Übertragung/Neubegründnung öff-re Bewilligungen (Gewerbeberechtigung aber § 11 Abs 4 GewO-Übergang wenn Anzeige binnen 6 Monaten) • Prozesse? 9
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Gegenstand der Sacheinlage (§ 20 Abs 2 AktG) Punktuelle Ausnahmen von der Einzelrechtsnachfolge: • Anteilseinbringung nach § 142 UGB (ist aber bei § 6a Abs 2 GmbHG nicht möglich, nur bei Abs 4) • Steuerrechtliche Regeln Art III UmgrStG • BWG, VAG … 10
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Dem FB-Gericht vorzulegen und zu prüfen…: • GmbH-Vertrag (AG-Satzung) mit genauer und vollst Festsetzung der Sacheinlage (ev auch durch Verweis auf vorgelegte Urkunden, 7 Ob 129/07g) • Sacheinlagevertrag • Gründungsbericht der Gesellschafter (Gründer) • Gründungsprüfung GeFü (Vorstand) • Gründungsprüfung AR • Gründungsprüfung durch gerichtl bestellte Gründungsprüfer (WP)* bzw nach § 6a Abs 2 GmbHG ggf positives Verkehrswert-GA (iA nicht erforderlich, OLG Wien 28 R 305/02g) * Es wären mE krit Anm zu "flexiblen" U-Bewertungen angebracht! FB-Gericht kann nur einschreiten, wenn offensichtliche Fehler vorliegen oder anerkannte Methoden vom SV nicht eingehalten wurden. Problemfelder: Immaterialgüterbewertung, originärer Goodwill nur nach Chr. Nowotny ansetzbar 11
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Prüfung durch das FB-Gericht § 16 Abs 1 AußStrG: Untersuchungsgrundsatz, amtswegige Aufklärung; • formelle Prüfungspflicht (zB Zuständigkeit, Vollständigkeit der Urkunden, Vollmachten, abstrakte Eintragungsfähigkeit, Beglaubigungen) und • materielle Prüfungspflicht (in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht, ist tragender Grundsatz des FB-Rechts lt 6 Ob 195/10k) Beide Aspekte können sich mE überschneiden, zB wenn Sacheinlagebeschreibung in Satzung und im Sacheinlagevertrag divergieren. Schutzzweck: Richtigkeit des FB und Rechtssicherheit (6 Ob 95/15m) 12
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Prüfung durch das FB-Gericht § 31 AktG: (1) Das Gericht hat zu prüfen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. Ist dies nicht der Fall, so hat es die Eintragung abzulehnen. (2) Das Gericht hat die Eintragung auch abzulehnen, wenn die Gründungsprüfer erklären oder wenn es offensichtlich ist, dass der Gründungsbericht oder der Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht; gleiches gilt, wenn die Gründungsprüfer erklären oder wenn es offensichtlich ist, dass der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen nicht unwesentlich hinter dem Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder dem Wert der dafür zu gewährenden Leistungen zurückbleibt. Das Gericht hat den Beteiligten vorher Gelegenheit zu geben, den Beanstandungen abzuhelfen. 13
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Prüfung durch das FB-Gericht Für die GmbH (6 Ob 123/06s): Für eine Sachgründung nach § 6a Abs 2 GmbHG ist ein dem (nicht in barem aufgebrachten) Stammkapital entsprechender Unternehmens-wert Voraussetzung. Damit im Einklang ist nach Art III § 12 Abs 1 UmgrStG Voraussetzung für eine Einbringung im Sinne des UmgrStG, dass das Vermögen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags, für sich allein einen positiven Verkehrswert besitzt. Hat das einzubringende Unternehmen keinen positiven Verkehrswert, sind sowohl eine Sachgründung nach§ 6a GmbHG als auch eine Einbringung nach Art III UmgrStG unzulässig. 14
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Prüfung durch das FB-Gericht Anm 1: Auch bei buchmäßig negativem Vermögen ist ein positiver Verkehrswert des Unternehmens denkbar! Anm 2: Upstream-Verschmelzung ist nach Jud auch bei überschuldeter Tochtergesellschaft zulässig, wenn die aufnehmende Muttergesellschaft ausreichend Vermögen hat, so dass sie nach der Verschmelzung weder buchmäßig überschuldet noch insolvent ist (OGH 25.11.2020, 6 Ob 203/20a, Biogena Management Holding). Ähnlicher Maßstab bei gemischter Bar- und Sachgründung? 15
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Prüfung durch das FB-Gericht hA: materielle Prüfung durch FB-Gericht • nur wenn ausdr ges angeordnet (vgl § 31 Abs 1 AktG; zB auch Firmenunterscheidbarkeit) • sonst nur Plausibilitätsprüfung (vgl § 31 Abs AktG), dh nähere Prüfung nur bei begründetem "Verdacht" (= konkrete Anhaltspunkte für Unrichtigkeit), also zB • VorkaufsR übergangen (OLG Wien 28 R 84/96w, 28 R 16/06p) • Bedenken bei U-Kauf zwischen Mutter- u Tochterges • Zwingende ges-re oder kart-re Bestimmungen • Unwirksamkeit eines Rechtsaktes (6 Ob 54/05t: AuslBG) • Gläubigerbenachteiligungsabsicht (6 Ob 64/20k, Anm Brugger NZ 2021, 36 [39]) Aber: bloße Anfechtbarkeit von Beschlüssen ist nicht amtswegig wahrzunehmen (6 Ob 166/20 mwN); im einzelnen str! 16
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Prüfung durch das FB-Gericht OGH 6 Ob 93/21a, Privatstiftung: Ohne Indizien ("Verdacht") und Vorbringen ist das Gericht trotz des Untersuchungsgrundsatzes (§ 16 AußStrG) – aber angesichts der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht der Parteien (§ 16 Abs 2 AußStrG) – nicht zu Untersuchungen verpflichtet, insb wenn keine Schutzbefohlenen auftreten. Anm: § 16 Abs 2 AußStrG wird durch Haftungsnormen unterstützt: • Gründer: § 39 AktG, § 10a GmbHG; • GF u AR: § 41 AktG, • Gründungsprüfer: § 42 AktG, § 275 UGB 17
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Tipp: Vorausschauend schlüssiges Vorbringen vermeidet "Verdacht" und Vorerledigung d § 17 FBG zB bei Anteilsübertragung: "Mit Abtretungsvertrag in Notariatsaktsform hat der Gesellschafter X, FN 123404m, seinen bisher an der Gesellschaft gehaltenen Geschäftsanteil, der einer zur Gänze bar einbezahlten Stammeinlage von EUR 17.500,- entsprochen hat, an die Y GmbH, FN 5658v, übertragen. Der Mitgesellschafter Z hat bereits in Notariatsaktform sein Einverständnis zur Abtretung des Geschäftsanteils erteilt und zu dieser Anteilsübertragung auf die Ausübung des ihm nach dem Gesellschaftsvertrag vom 25.3.2010 zustehenden Aufgriffs- und Vorkaufsrechtes (einmalig) verzichtet (sodass dieses idF für beide Gesellschafter weiterhin Geltung haben wird). Die einschreitenden GF melden daher die dargestellte Übertragung …" 18
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Verschärfte Prüfungspflicht? (nicht nur Plausibilität?) • bei Sachgründungen wegen Kapitalerhaltungsvorschriften, 6 Ob 226/09t • Gläubigerschutz, 6 Ob 165/16g • bei Einbringung von Betrieben iSv § 6a Abs 2 GmbHG • 6 Ob 123/06s: Gericht prüft mangels aktienrechtlicher Gründungsprüfung (nur?) die vorgelegten Bilanzen ob Zweifel an der korrekten Bewertung iSv "qualifizierter Unterkapitalisierung" bestehen; • zB bei Aktivierung von Firmenwerten oder Umgründungsmehrwerten (6 Ob 81/02h, 6 Ob 103/03s; aA Nowotny, NZ 1988, 250) oder negativem Verkehrswert des U. • Kohärenz des GmbH-Unternehmensgegenstands mit dem gem § 6a Abs 2 GmbHG eingebrachten Unternehmen (arg "zum ausschließlichen Zwecke der Fortführung") 6 Ob 196/03x: Gericht holt amtswegig Bewertungs-GA ein (?????) 19
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Gericht prüft Vorbringen – präventiv vorbringen! § 10 GmbHG-Erklärung im FB-Antrag: "GF geben die Erklärung ab, dass … und dass die eingezahlten Beträge sowie die Vermögensgegenstände, die nicht in barem Geld auf die Stammeinlagen zu leisten sind, zur freien Verfügung der Geschäftsführer stehen (oder: sich die Vermögensgegenstände in ihrer freien Verfügung als GF befinden)". Bei § 6a Abs 2 GmbHG: "GF erklären, dass sie das eingebrachte, seit über fünf Jahren bestehende Unternehmen auf Werthaltigkeit geprüft haben und dessen Wert dem Nominale der dafür ausgegebenen Ge- schäftsanteile entspricht, insbesondere dass ein positiver Verkehrswert vorliegt." Anm: Unterbewertung widerspricht § 202 Abs 1 UGB (ausg BW-Fortf) Überbewertung widerspricht Unterpariemissionsverbot 20
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Gericht prüft Vorbringen – präventiv vorbringen! § 10 GmbHG-Erklärung im FB-Antrag bei Liegenschaften? Wohl: Aufsandungserklärung samt Rangordnung an GF vor FB- Antrag. Andere Unternehmensteile? Physische Übergabe, soorymbolische Übergabe 21
Gesellschafts- und Unternehmensrecht Fall: GmbH als Gründungs-Gft bringt U ein FB-Gericht wird bei Zweifeln die Rechtswirksamkeit hinterfragen, zB ob auf die jüngere Jud (OGH 6 Ob 38/18h, asiatisches Restaurant ON; s a 6 Ob 96/21t, ON II) vergessen wurde: Vorsorgliches Vorbringen: "Die im Gesellschaftsvertrag (in der Satzung) definierte Sacheinlage ist ein Unternehmen des Gesellschafters A GmbH. Die notariell beur- kundete Generalversammlung der A GmbH hat analog § 237 AktG (OGH 6 Ob 38/18h) mit (zumindest) Dreiviertelmehrheit der Unter- nehmensveräußerung zugestimmt und der Einbringungsvertrag wurde in Notariatsaktsform errichtet." 22
Gesellschafts- und Unternehmensrecht FB-Gericht prüft nicht nach Art III UmgrStG Abgabenrechtliche Konsequenzen der Sacheinlage/Einbringung sind ges-re irrelevant. Anwendbarkeit des Art III UmgrStG ist ausschließlich Frage für Abgabenbehörde. Aber: Die dem FB-Gericht vorgelegten Urkunden sind alle (insgesamt) zu prüfen und es könnten dabei gesre Bedenken (Werthaltigkeit, Unterkapitalisierung, inhaltliche Widersprüche) hervorkommen. Hinweis: Eine Einbringung gem § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG ohne Gegenleistung (also unentgeltlich) ist keine Sacheinlage! 23
Vielen Dank!
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