Nichtraucher-Info - Nichtraucher-Initiative Deutschland
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Nichtraucher-Info Nr. 114 – II/20 Coronavirus Tabakrauch Was haben sie gemeinsam?, Was unterscheidet sie? Für oder gegen Tabakrauch sind noch down), haben dazu beigetragen, die nirgends auf der Welt tausende Men- Neuinfektionen innerhalb von ein paar schen auf die Straße gegangen. Auch Wochen von täglich über 6000 Anfang gegen das Coronavirus hat noch nie je- April auf rund 1000 Anfang September mand demonstriert. Denn die Demos in zu drücken. Verschiedenen Repräsen- Stuttgart oder Berlin richteten sich nicht tativbefragungen zufolge hält ein kleine- gegen das Virus, sondern gegen die von rer Teil der Bevölkerung diese Maßnah- der Legislative und der Exekutive ge- men für zu weitgehend. Über 80 Pro- troffenen Maßnahmen zur Verhinde- zent der Befragten halten jedoch die rung der Weiterverbreitung des zur getroffenen Maßnahmen für angemes- Corona-Gruppe gehörenden SARS- sen oder sogar für nicht weitgehend ge- CoV-2. Diese Maßnahmen, dazu ge- nug – so zuletzt die Forsa-Umfrage von hörte auch eine Ausgangssperre (lock- Ende August im Auftrag von RTL.
Seite 2 WISSENSCHAFT/POLITIK Die beiden Abbildungen auf der Titel- anderen Ländern haben auch die spani- seite verzerren den wesentlichen Unter- schen Raucher das Rauchverbot in In- schied zwischen einem Coronavirus nenräumen von Gaststätten zu einem und Tabakrauch. Das Virus ist so klein, Happening vor den Lokalen genutzt. dass es höchstens unter einem Elektro- Dicht beieinanderstehend tauschen sie nenmikroskop zu sehen ist und es einer sich seitdem über Sport, Freund, Freun- millionenfachen Vergrößerung bedarf, din, Politik und anderes mehr aus. Mit um es für das menschliche Auge ohne der Zwei-Meter-Distanz-Regelung soll weitere Hilfsmittel erkennbar zu ma- lediglich der Virusinfektion vorgebeugt chen. Tabakrauch hingegen ist nicht nur werden. Zwei Meter, das ist ein halber sichtbar, sondern auch noch riechbar. Meter mehr als der Mindestabstand, der in Deutschland empfohlen wird. Raucher und Nichtraucher haben etwas gegen Coronaviren Schwere Krankheitsverläufe bei Rauchern häufiger Ein NID-Mitglied, das ungenannt blei- als bei Nichtrauchern ben will, weil sein Name nicht im Inter- net zu finden sein soll, verweist auf ei- Zwei große internationale Metaanaly- nen weiteren Aspekt: „Während beim sen (Zusammenfassung und Bewertung Coronavirus ein einziger Kontakt zur In- der Ergebnisse verschiedener Studien) fektion mit teilweise raschem tödlichem bestätigen die schlechtere Prognose Ausgang reicht, ist das beim Tabak- und Sterblichkeit bei Covid-19-Patien- rauch nicht der Fall, insbesondere, weil ten, die Raucher sind. Danach haben ein Nichtraucher bei der heutigen Raucher eine um den Faktor 1,4 höhere Rechtslage in der Regel nur noch im Wahrscheinlichkeit für einen schwere- Freien unfreiwillig Tabakrauch ausge- ren Verlauf von Covid-19. Die Wahr- setzt ist. (…) Auch wenn beides mit ge- scheinlichkeit, intensivmedizinische Be- sundheitlichen Risiken (beim Tabak- treuung oder Beatmung nötig zu haben rauch sowohl für den Raucher als auch oder gar zu sterben, liegt sogar um den für den Passivraucher) verbunden ist, Faktor 2,4 höher als bei Nichtrauchern. ergibt sich bei näherer Betrachtung, Die Metaanalysen stützen sich dabei dass beides nicht gleichzusetzen ist. unter anderem auf eine Auswertung von Gegen Viren haben Raucher und Nicht- Patientendaten aus China, die im März raucher etwas, d.h. alle Menschen.“ im New England Journal of Medicine er- schienen ist. In Spanien sollen Raucher im Freien zwei Meter Abstand einhalten Schwere Verläufe können zwar auch bei Im August hatte die spanische Regie- Personen ohne bekannte Vorerkran- rung verkündet, Rauchern das Rauchen kung und bei jüngeren Patienten auftre- im Freien zu verbieten. Nein, nicht völ- ten, doch bei einigen Personengruppen lig, sondern nur dann, wenn sie dabei werden schwere Krankheitsverläufe laut nicht mindestens zwei Meter Abstand zu Robert-Koch-Institut (RKI) häufiger beo- ihren Mitmenschen halten. Für die Zeit bachtet. Dazu gehören auch die Rau- des Rauchens wären sie dann von der cher – und die Ex-Raucher. Letztere Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen- werden häufig der Nichtrauchergruppe Schutzes im Freien enthoben. Wie in zugeordnet, was zu einer Verzerrung
WISSENSCHAFT/POLITIK Seite 3 der tatsächlichen Bedeutung des Rau- völkerung (28 Prozent). Das ist ein über- chens für eine Covid-19-Erkrankung zeugendes Argument: Da in den ersten führt. Denn, so der Lungenspezialist Monaten der Corona-Pandemie weitaus Prof. Dr. Norbert Suttorp, Direktor der mehr ältere als jüngere Menschen be- Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt troffen waren, zugleich aber unter den Infektiologie und Pneumologie der Cha- älteren der Raucheranteil niedriger ist rité Berlin: „Die Lunge merkt sich jede als im Durchschnitt der Bevölkerung, Zigarette“. bewegt sich der Anteil der Raucher un- ter Krankenhauspatienten wohl etwa auf Raucher weniger anfällig für der Höhe des altersgemäßen Anteils. Im Corona-Infektionen? Wissenschaftsjargon heißt diese Feh- Allerdings kam eine französische Unter- lerquelle selection bias: eine statisti- suchung im April zu dem Ergebnis, dass sche Verzerrung bei der Auswahl von der Anteil der Raucher an den Corona- Stichprobeneinheiten. Infizierten und Covid-19-Erkrankten Ekelerregend? niedriger war als der Anteil der Raucher in der Bevölkerung. Dieser positive Ef- Doch ganz abgesehen davon, dass der fekt wurde mit dem Nikotin in Verbin- Hauptautor der französischen Studie, dung gebracht, das dem Coronavirus Jean-Pierre Changeux, in der Vergan- das Eindringen in die Zellen erschweren genheit Verbindungen zur Tabakindus- und so vor Covid-19 schützen soll. trie gehabt hat, könnte eine eventuell geringere Infektionsanfälligkeit einen Hamsterkäufe von völlig anderen Grund haben: Nicht von Nikotinersatzprodukten der Hand zu weisen ist, dass die Mund- Infolge der Berichte in den Medien kam und Nasenschleimhäute der Raucher es in Frankreich plötzlich zu Hamster- durch die "Spülung" mit Tabakrauch käufen. Nicht auf Klopapier hatten es auch dem Coronavirus zu schaffen ma- die Kunden abgesehen, sondern auf Ni- chen könnten. Jedes Virus braucht zur kotinersatzprodukte. Das wiederum rief Anhaftung und Vermehrung einen guten die französische Regierung auf den Nährboden, und den könnten die stin- Plan. Sie verbot den Verkauf von Niko- kenden Raucherschleimhäute eventuell tinpflastern, -kaugummis oder anderen nicht bieten. Ersatzstoffen im Internet und schränkte den Verkauf in Apotheken ein. Diese durften nur noch Mengen abgeben wer- den, die für eine einmonatige Behand- lung der Nikotinsucht reichen. Fehlerquelle: selection bias Die französische Gesellschaft für Sucht- forschung wies darauf hin, dass wahr- scheinlich so wenige Raucher unter den Erkrankten waren, weil Menschen über 65 Jahren sowieso weniger rauchen Vor giftigem Tabakrauch könnte sich (nur 11 Prozent) als die Allgemeinbe- auch das Coronavirus ekeln
ABSTIMMUNGEN Seite 5 Abstimmung in Textform erfolgreich Das voraussichtlich länger anhaltende Ansteckungsrisiko in Verbindung mit der Ab- haltung einer Mitgliederversammlung hatte den NID-Vorstand bewogen, die per Mail erreichbaren Mitglieder im Mai 2020 zu fragen, ob sie sich an einer Abstim- mung in Textform beteiligen würden. Eine solche sei laut § 5 Abs. 3 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie unter der Voraussetzung gültig, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme abgibt. Der Rücklauf ließ erwarten, dass diese Bedingung erfüllt werden könnte. Die Alternative, eine Mitgliederversammlung mit persönlicher Anwesenheit auf ei- nen derzeit unbestimmbaren Corona-freien Zeitpunkt zu verschieben, würde unter Umständen die Arbeitsfähigkeit des Vorstands beeinträchtigen. Die Infektionszah- len können sich jederzeit erhöhen, solange kein wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht. Noch wichtiger aber ist: Die große Mehrheit der NID-Mitglieder gehört vom Durchschnittsalter her zur Hochrisikogruppe für Virus-Infektionen. Mit Schreiben/Mail vom 16. Juni 2020 informierte der Vorstand die Mitglieder dar- über, wie die Abstimmung in Textform vor sich gehen soll und welche Termine da- bei einzuhalten sind: Bewerbung der Kandidaten/Kandidatinnen bis spätestens 11. Juli 2020, Versand der Abstimmungsunterlagen bis spätestens 31. Juli 2020, Stimmabgabe bis spätestens 19. September 2020. Die Beschlussthemen Entlastung des Vorstands sowie Wahl des Vorstands und der Rechnungsprüfer/innen standen bereits in der zu Jahresanfang an alle Mitglie- der versandten Einladung zur ursprünglich für den 16. Mail 2020 vorgesehenen Mitgliederversammlung. Zudem hatten die Mitglieder nach Zusendung der Abstim- mungsunterlagen sieben Wochen lang die Möglichkeit, Fragen an den bisherigen Vorstand und die Bewerber zu stellen. Während an einer Mitgliederversammlung im Durchschnitt der letzten zehn Jahre nicht einmal zehn Personen teilnahmen, beteiligten sich an der Abstimmung in Textform 351 Mitglieder (68,3 Prozent), 188 in Papierform, 163 per Rückmail. Die Mitglieder entlasteten den bisherigen Vorstand und stimmten mit großer Mehr- heit für alle Kandidaten und die Kandidatin. Das Ergebnis im Detail: Beschlussthemen Kandidaten Ja Nein Enthaltung Entlastung des Vorstands 333 0 18 Wahl des Präsidenten Dr. Roland Guttenberger 342 0 9 Wahl der Vizepräsidenten Ernst-Günther Krause 327 9 15 Dr. Dietrich Loos 302 11 38 Wahl der Rechnungsprüfer/in Günter Feldt 316 6 29 Inge Zierer 326 3 22 Die gewählten Kandidaten und die Kandidatin nahmen die Wahl an und dankten für das Vertrauen.
Seite 6 ABSTIMMUNGEN Versammlungen in Corona-Zeiten Die Corona-Pandemie trifft viele große Rechnung. Nun soll der Parteitag im De- und kleine Vereine, Verbände, Gewerk- zember in Berlin stattfinden – in einer schaften, Genossenschaften, Gemein- Halle, die außer den 1001 Delegierten schaften der Wohnungseigentümer, Un- auch noch Platz für Medienvertreter und ternehmen verschiedenster Wirtschafts- eine Vielzahl Helfer bieten muss. zweige und auch politische Parteien recht hart. Konferenzen und Versamm- Da hatte es die SPD schon leichter. Sie lungen müssen abgesagt, auf unbe- wählte ihr Vorsitzenden-Duo bereits stimmte Zeit verschoben oder, wenn 2019. Zuerst hatte die Parteibasis – möglich, durch Telefon- und Videokon- etwa 425.000 Mitglieder – das Wort. ferenzen ersetzt werden. Rund 54 Prozent gaben dazu ihre Stimme per Brief ab. Das Ergebnis wurde dann von den Delegierten bei dem dazu einberufenen Parteitag am 6. Dezember 2019 in Berlin umgesetzt. Seitdem führen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans die Partei. Hohe Beteiligung bei der NID-Abstimmung Die Briefwahl bei der Bundestagswahl gibt es seit 1957. Das Bundesverfas- sungsgericht hat sie 1967 und 1981 als Online-Konferenzen setzen technische verfassungskonform angesehen. Beide Geräte bei allen Teilnehmern voraus Entscheidungen wurden damit begrün- Und wenn Versammlungen stattfinden, det, dass die Gefährdung des Wahlge- weil die Satzung z.B. für Vereins- und heimnisses und die mangelnde Kon- Parteiämter geheime Wahl vorschreibt, trolle durch die Öffentlichkeit durch eine dann wird es recht teuer. Denn große größere Wahlbeteiligung aufgewogen Versammlungsräume kosten häufig ein werden. Dieses Argument trifft auch auf Vielfaches dessen, was für kleinere die erstmals durchgeführte Abstimmung Räume ohne den Rundum-Abstand von in Textform durch die NID zu. Während 1,5 Metern zu zahlen ist. Was hinzu- bei Mitgliederversammlungen in der Re- kommt: Die großen Räume, Säle und gel nur 2 Prozent aller Mitglieder über Hallen sind schnell vergeben. Einen die Vereinsgeschicke bestimmen, wa- passenden Termin zu finden, erfordert ren es bei der Abstimmung, die ein- enorme Beharrlichkeit beim Suchen und schließlich aller Vorkehrungen rund vier ein Quäntchen Glück. Monate in Anspruch nahm, rund 68 Pro- zent. Und die Kosten lagen nicht höher Die CDU wollte ihren neuen Vorsitzen- als bei einer Mitgliederversammlung, den schon im April gewählt haben. bei der Tagungs- und Fahrtkosten von Corona machte einen Strich durch die insgesamt 800 bis 1200 Euro anfallen.
NICHTRAUCHERSCHUTZ Seite 7 Nichtraucherschutz bei rauchenden Nachbarn Beratung und Unterstützung von Nichtrauchern, die unter dem Tabakrauch aus Nachbarwohnungen leiden, erfordern seit ein paar Jahren einen beständig größer werdenden Arbeits- und Zeitaufwand. Immer mehr Nichtraucher nehmen die Ta- bakrauch-Immissionen ihrer Nachbarn nicht mehr stillschweigend hin. Arbeitsplatz, Gaststätten, öffentliche Gebäude und Verkehrsmittel sind rauchfrei – und ausge- rechnet dort, wo man die meisten Stunden des Tages, der Woche, des Monats und des Jahres verbringt, ist die Luft zum Atmen zumindest zeitweise ungenießbar: in der eigenen Wohnung. Balkon – Terrasse – Fenster Von überall her kann Tabakrauch das Wohnen beeinträchtigen. Seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Januar 2015, das ein Mit- gliedsehepaar mit Unterstützung der NID erstritten hatte, sind inzwischen fünf Jahre vergangen. Der von der NID im selben Jahr herausgegebene Leitfaden zum Nichtraucherschutz bei rauchenden Nachbarn hat sich in dieser Zeit sehr bewährt. Nun gilt es, den Betroffenen auf Basis der jahrelangen Erfahrungen und der ge- genwärtigen Rechtslage noch besser als bisher zu helfen, ihre Schutzbedürfnisse zu befriedigen. Dazu ist es erforderlich, die Textempfehlungen im Leitfaden leicht zu ändern, vor allem aber zu ergänzen, z.B. um das Recht auf ungestörte Nacht- ruhe und den Hinweis auf die in einigen Bundesländern bestehende gesetzliche Pflicht, vor einer Klage einen Schlichtungsversuch zu unternehmen. Wohlgemerkt: Es geht ausschließlich um Tabakrauch-Immissionen, die von außen in den Wohnbereich von Nichtrauchern eindringen. Für diese ist das Nachbar- schaftsrecht anzuwenden. Tabakrauch, der über Undichtigkeiten in die Wohnung von Nichtrauchern eindringt, geht Vermieter und Mieter bzw. die Wohnungseigen- tümer an. Im ersten Fall handelt es sich um einen Mietmangel, im anderen Fall um das Sondereigentum in Verbindung mit Miteigentumsanteil an dem gemeinschaft- lichen Eigentum (WEG).
Seite 8 NICHTRAUCHERSCHUTZ Für Schreiben an die rauchenden Nachbarn schlägt die NID folgende Texte vor: Als Betreff: Vorschlag einer außergerichtlichen Einigung – [Worum geht es?] Regelung des Rauchens auf dem Balkon Regelung der Lüftungszeiten Regelung der Rauch- und Lüftungszeiten Regelung der Rauchzeiten auf der Terrasse Anrede: „Sehr geehrte...“ Einleitender Absatz: Für das Zusammenleben der Menschen gilt nach gängiger Rechtsprechung und nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zum Rauchen auf dem Balkon vom 16. Januar 2015 unter Aktenzeichen V ZR 110/14 das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Gegenseitig heißt, dass jeder Mensch auf andere Menschen und deren Bedürfnisse Rücksicht nehmen muss. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass niemand zu jeder Tages- und Nachtzeit Kla- vier spielen oder jeden Tag auf dem Balkon grillen darf, wenn sich dadurch andere Men- schen gestört fühlen. Deshalb sind auch Sie gehalten, die Auswirkungen Ihres Rauchens in Form von hochgiftigen Schadstoffemissionen zu begrenzen. Fall Rauchen auf dem Balkon: Der Tabakrauch strömt thermischen Regeln folgend immer von unten nach oben und ge- langt so auch auf unseren Balkon. Er verursacht bei uns… Fall Rauchen auf dem Balkon und Lüften über Fenster: Der Tabakrauch strömt thermischen Regeln folgend immer von unten nach oben. Auf diese Weise gelangt Tabakrauch vom unteren auf den darüber liegenden Balkon. Densel- ben Regeln zufolge strömt Tabakrauch im oberen Teil eines geöffneten Fensters hinaus und auf dem darüber liegenden Stockwerk im unteren Teil eines geöffneten Fensters hin- ein. Der auf unseren Balkon und über geöffnete Fenster in unsere Wohnung eindringende Tabakrauch verursacht bei uns… Fall Rauchen auf der Terrasse: Der Tabakrauch strömt thermischen Regeln folgend immer von unten nach oben. Außer- dem wird er von der Luftströmung horizontal-diagonal versetzt. Aufgrund der hier vor- herrschenden Windrichtungen gelangt der Tabakrauch auch von Ihrem zu unserem Grund- stück. Er verursacht bei uns… Zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Zutreffendes auswählen): … Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindelgefühl, Heiserkeit und Augenbindehautreizungen. Wollen wir dies vermeiden, müssen wir auf die Nutzung unseres Balkons verzichten und unsere Fenster ständig geschlossen halten. Der dadurch verminderte Luftaustausch führt aber zu einer Verschlechterung der Luftqualität mit anderen gesundheitlichen Beeinträch- tigungen.
NICHTRAUCHERSCHUTZ Seite 9 Zur Unzumutbarkeit: Dass dies für uns unzumutbar ist, werden Sie sicher verstehen. Wir schlagen Ihnen des- halb und in Anlehnung an das vom BGH gutgeheißene Zeitmodell geregelte Rauchzeiten [auf dem Balkon] [auf der Terrasse] [sowie geregelte Lüftungszeiten] vor. Dabei gehen wir davon aus, dass die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr nicht berücksichtigt werden muss, da für diesen Zeitraum die 6. Verwaltungsvorschrift zum Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) anzuwenden ist. Diese sieht eine ungestörte Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr vor. Die verbleibenden 16 Stunden können so verteilt werden, dass Sie und wir hin- reichend Zeit haben, [den Balkon] [die Terrasse] [und die Wohnung] den eigenen Bedürf- nissen gemäß zu nutzen. Rauchzeiten: 06:00 Uhr bis 08:00 Uhr 12:00 Uhr bis 14:00 Uhr 16:00 Uhr bis 18:00 Uhr 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr In den anderen Stunden darf auf dem Balkon nicht geraucht und die Fenster dürfen nicht geöffnet werden. An diese Regelung sind alle Personen gebunden, die sich in Ihrer Woh- nung aufhalten. Die aufgeführten Zeiten sind nur als Beispiel gedacht Sie sollten so weit wie mög- lich dem Einzelfall (z.B. ganztägige Anwesenheit, berufliche Abwesenheit, nächtli- ches Arbeiten, Kinder, Wochenendnutzung, Urlaub, Krankheit usw.) angepasst werden. Laut BGH sind im Allgemeinen nur die strittigen Zeiträume zu regeln. Zu Folgen einer unterlassenen Antwort: Bitte haben Sie Verständnis, wenn wir Sie auffordern müssen, uns schriftlich bis spätes- tens [Tag-Monat-Jahr] mitzuteilen, ob Sie mit unseren Vorschlägen einverstanden sind. Antworten Sie nicht, werden wir [– Schlichtungsversuch, siehe unten –] auf jeden Fall einen Rechtsanwalt beauftragen, eine Klageschrift beim zuständigen Amtsgericht [xyz] einzureichen. Wir weisen Sie vorsorglich darauf hin, dass die unterlegene Partei für sämt- liche Gerichts- und Anwaltskosten, die nach dem [Tag-Monat-Jahr] entstehen, aufkom- men muss. Zur Pflicht zum Schlichtungsversuch: – falls auch der vorgeschriebene Schlichtungsversuch gemäß § 1 Niedersächsisches Ge- setz zur obligatorischen außergerichtlichen Streitschlichtung (NSchlG) erfolglos verläuft – Das NSchlG ist nur als Beispiel für Niedersachsen aufgeführt. Was in den anderen 15 Bundesländern gilt, ist u.a. im Internet zu ermitteln. In Nordrhein-Westfalen gilt z.B. das JustG NRW i.V.m. dem NachbG NRW, in Bayern das BaySchlG. In Baden- Württemberg wurde das Schlichtungsgesetz von 2000 im Jahr 2013 aufgehoben. Viele weitere Informationen sind dem Leitfaden zum Nichtraucherschutz bei rauchenden Nachbarn zu entnehmen. Die NID sendet Interessierten die Druck- ausgabe gern kostenlos zu.
Seite 10 MOBILITÄT Carsharing mit Rauchverbot Unter Carsharing versteht der deutsche Gesetzgeber die organisierte gemein- schaftliche Nutzung eines oder mehrerer Automobile auf der Grundlage einer Rah- menvereinbarung. Nichtraucher, die in diesem Sinne ein Fahrzeug nutzen wollen, erwarten heutzutage einen Wagen, der nicht nach kaltem Tabakrauch stinkt. Und die Carsharing-Betreiber kommen diesem Wunsch auch nach. Denn ganz unab- hängig von diesem Kundenwunsch haben sie die Erfahrung gemacht, dass rau- chende Autofahrer weniger pfleglich mit ihrem Fahrzeug umgehen und mehr Schmutz hinterlassen als Nichtraucher. Hier eine Zusammenstellung der Carsha- ring-Anbieter mit Rauchverbot im Rahmenvertrag: Carsharing-Unternehmen mit vertraglichem Rauchverbot Deutsche Bahn Connect GmbH/Flinkster Mainzer Landstr. 169, 60327 Frankfurt am Main Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG Zugspitzstraße 1, 82049 Pullach SHARE NOW GmbH Brunnenstraße 19-21, 10119 Berlin Stadtmobil Berlin GmbH Bötzowstrasse 13, 10407 Berlin Stadtmobil Hannover GmbH Karmarschstraße 30–32, 30159 Hannover Stadtmobil CarSharing GmbH & Co. KG Ludwig-Wilhelm-Straße 15, 76131 Karlsruhe Stadtmobil Rhein-Main GmbH Am Hauptbahnhof 10, 60329 Frankfurt am Main Stadtmobil Rhein-Neckar AG M 1, 2, 68161 Mannheim Stadtmobil Rhein-Ruhr GmbH Girardetstraße 6, 45131 Essen Stadtmobil carsharing AG Tübinger Straße 15, 70178 Stuttgart Cambio Mobilitätsservice GmbH & Co KG Humboldtstraße 131-137, 28203 Bremen Greenwheels GmbH Huckarder Straße 12, 44147 Dortmund MILES Mobility GmbH Kemperplatz 1, 10785 Berlin
GESUNDHEITSEINRICHTUNGEN Seite 11 Deutsches Netz rauchfreier Krankenhäuser Gibt es wirklich rauchfreie Krankenhäu- auch für Einrichtungen des Gesund- ser? Ja, aber… Eine Antwort darauf ist heitswesens. Um trotzdem etwas zu be- nicht leicht zu geben, denn wer im Inter- wegen, finanzierte das Bundesministe- net surft, ganz egal mit welcher Such- rium für Gesundheit 2005 den Aufbau maschine, hat große Schwierigkeiten, in des Modellprojekts DNRfK, das einige deutschen Landen wirklich rauchfreie Jahre später um das Folgeprojekt Krankenhäuser zu finden. Krankenhäu- „Rauchfrei PLUS – Gesundheitseinrich- ser, wo weder die Ärzte noch das Pfle- tungen für Beratung und Tabakentwöh- gepersonal, noch das Verwaltungsper- nung“ erweitert wurde. sonal, noch die Patienten rauchen – we- der im Gebäude noch auf dem Gelände. Eine Auszeichnung sollte Krankenhäu- Und tatsächlich, es gibt sie höchst sel- ser bewegen, mehr zum Schutz von ten. Personal und Patienten vor Tabakrauch zu tun. Dabei setzte man auf eine Zerti- Bei der Suche im Internet landet man fizierung in Bronze, Silber und Gold auf nach einigen Versuchen bei der Web- Basis des Kodex und der Standards des seite www.dnrfk.de. Die Abkürzung Global Network for Tobacco Free Health steht für Deutsches Netz Rauchfreier Care Services (Globales Netzwerk für Krankenhäuser. Doch so richtig aussa- tabakfreie Gesundheitsdienstleistun- gekräftig ist das Logo der Webseite gen). nicht. Es zielt wohl eher auf Raucher, Mit dem Bronze-Zertifikat wird eine Einrichtung ausgezeichnet, wenn eine Arbeitsgruppe für die Implementierung der Global Standards (siehe nächste Seite) besteht, eine Strategie für die Umsetzung entwickelt wurde und die denen ein Beratungs- und Entwöh- MitarbeiterInnen über das Vorhaben in- nungsangebot gemacht wird. Von ei- formiert sind, so dass sie sich aktiv an nem rauchfreien Krankenhaus in dem der Umsetzung beteiligen können. Sinn, dass Nichtraucher weder vor der Eingangstür noch auf dem Gelände Ta- Auf Basis der Selbsteinschätzung bein- bakrauch ausgesetzt oder von nach Ta- haltet das die Umsetzung der Punkte 1 bakrauch „duftendem“ Personal behan- und 2 der Global Standards zu mehr als delt und gepflegt werden, erfährt man 75% (mind. 27 Punkte) und geplante nichts. Maßnahmen in allen Standardberei- chen. Das liegt wohl vor allem daran, dass es in einer Gesellschaft, in der drei von Das Silber-Zertifikat setzt die Umset- zehn Erwachsenen rauchen, außeror- zung der Global Standards 1 bis 8 mit dentlich schwierig ist, die Beschäftigten mindestens 108 Punkten voraus. Es eines größeren Betriebes für ein einheit- wird besonderer Wert auf die Qualität liches Verhalten zu gewinnen. Das gilt der Umsetzung der Standards
Seite 12 GESUNDHEITSEINRICHTUNGEN 1 „Führung & Engagement“, Raucherprävalenz beim Personal. 4 „Identifizierung, Diagnose und Un- terstützung der Tabakentwöhnung", Um ein Zertifikat in Gold (Excellence) 5 „Tabakfreies Umfeld“, zu erhalten, muss man sich dem GOLD 6 „Gesunder Arbeitsplatz" Forum Member des Global Network for Tobacco Free Healthcare Services stel- gelegt. Das bedeutet, dass Tabakkon- len. Zur Teilnahme an diesem internati- sum in der Diagnostik erfasst wird und onalen Verfahren ist die weitest ge- Beratung und Tabakentwöhnung als Teil hende Umsetzung der Global Standards des Behandlungsprozesses etabliert 1-8 erforderlich, die in einem nationalen sind. Rauchen und Tabakkonsum wer- Validierungsverfahren mit einem Ge- den weitestgehend eingeschränkt, und samtergebnis von mindestens 126 es gibt Programme zur Reduzierung der Punkten nachgewiesen werden muss. Die acht „Global Standards“ des globalen Netzwerks für tabakfreie Gesundheitsdienstleistungen Welche Kriterien ein rauchfreies Krankenhaus im engeren Sinn erfüllen muss, geht aus Standard 5 hervor. Auf der Webseite www.tobaccofreehealthcare.org ist dazu zu lesen: Erklärung: Die Gesundheitsorganisa- Anerkennung ihrer aktiven Rolle bei der tion verfügt über Strategien zur Errei- Verhinderung von Schäden im Zusam- chung eines tabakfreien Campus. menhang mit Tabak. Und während es eine ständige Herausforderung sein Das Engagement für einen tabakfreien kann, ein vollständig tabakfreies Um- Campus spiegelt die feste Haltung des feld zu schaffen, kann das Ziel der Gesundheitswesens in Bezug auf Rau- Denormalisierung des Tabakkonsums chen und Tabakkonsum wider und die fest im Blick bleiben.
GESUNDHEITSEINRICHTUNGEN Seite 13 Implementierungskriterien für eine tabakfreie Umgebung 5.1 Die Gesundheitsorganisation ver- 5.5 Die Gesundheitsorganisation ver- fügt über vollständig tabakfreie Ge- fügt über ein Verfahren, mit dem si- bäude (einschließlich zugehöriger Ge- chergestellt wird, dass alle Benutzer, räte / E-Zigaretten). Mitarbeiter und Besucher des Dienstes innerhalb der Grenzen des tabakfreien 5.2 Die Gesundheitsorganisation ver- Campus niemals Passivrauch / E-Ziga- fügt über vollständig tabakfreie Gründe retten-Dampf ausgesetzt sind. und Transportsysteme (einschließlich zugehöriger Geräte / E-Zigaretten). 5.6 Alle außergewöhnlichen Umstände des Tabakkonsums durch Dienstnutzer 5.3 Die Gesundheitsorganisation ver- werden nach einem Verfahren behan- fügt über eine klare und eindeutige Be- delt, das mit der Denormalisierung von schilderung, die die verbotenen Pro- Tabak vereinbar ist. dukte definiert und Grenzen für Ge- bäude und Grundstücke des tabak- 5.7 Die Gesundheitsorganisation ver- freien Campus festlegt. fügt über ein Verfahren zur Dokumen- tation und Verwaltung von Verstößen 5.4 Die Gesundheitsorganisation ver- gegen Richtlinien, einschließlich Vorfäl- bietet den Verkauf, Vertrieb und die len, in denen Mitarbeiter, Dienstnutzer Werbung für Tabakerzeugnisse und zu- oder die Öffentlichkeit Rauch / E-Ziga- gehörige Geräte / E-Zigaretten inner- retten aus zweiter Hand ausgesetzt halb der Organisation. sind. Mitglieder des GOLD-Forums Ob die insgesamt 67 Mitglieder echt rauchfreie „Gesundheitseinrichtungen“ sind, geht aus der von ihnen erreichten Mindestpunktzahl 126 nicht hervor. Australien: 3 Mitglieder an dem Zertifizierungsverfahren ver- Österreich: 3 Mitglieder bunden ist. Das offizielle Ergebnis je- Estland: 1 Mitglieder denfalls schaut etwas mager aus. Es Deutschland: 5 Mitglieder wäre zu hoch gegriffen, von einem deut- Irland: 3 Mitglieder schen Netz rauchfreier Krankenhäuser Südkorea: 1 Mitglieder zu sprechen. Der Weg zu diesem Ziel ist Spanien: 20 Mitglieder sicher noch steinig und lang. Hier die Schweden: 1 Mitglieder deutschen GOLD-Träger: Schweiz: 1 Mitglieder Taiwan: 28 Mitglieder Klinik Bad Reichenhall USA: 1 Mitglieder Fontane-Klinik Mittenwalde Fachkrankenhaus Coswig Rauchfreie Gesundheitseinrichtungen kann es auch ohne Zertifizierung geben. Salus Klinic Lindow Vielleicht ist manchen Verwaltungen der Reha-Zentrum Todtmoos, Klinik Aufwand zu groß, der mit der Teilnahme Wehrawald
Seite 14 FILM-/FERNSEHEN Rauchen in Filmen Rauchen in Filmen gehört zu den fünf häufigsten Themen, die von empörten Nicht- rauchern an die NID herangetragen werden. Und es ist immer wieder deprimierend antworten zu müssen, dass schon Vieles versucht wurde und doch nur Weniges erreicht wurde. 2003 untersuchte die NID unter Mitwirkung vieler Mitglieder das Rauchen in Fernsehserien und Spielfilmen. Das Ergebnis ist u.a. in der Presse- mitteilung der NID vom 28. Mai 2003 festgehalten: Deutsche Fernsehserien und Spielfilme rauchbelastet "tobacco free film – tobacco free fashion: Action!" Dieses Motto hat die Weltgesundheits- organisation für den diesjährigen Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai vorgegeben, um das Rauchen aus Fernsehserien und Spielfilmen zu verbannen. In Deutschland nahm die Nichtraucher-Initiative Deutschland (NID) vom 5. bis 11. Mai 65 Fernsehserien und 20 Spielfilme in Augenschein. Das Ergebnis: In deutschen Fernsehse- rien wird viermal so häufig geraucht wie in US-Produktionen, in den Spielfilmen immerhin noch eineinhalbmal so viel. Mit schlechtem Beispiel voran gehen die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF. Ihren Zuschauern servieren die hauptsächlich durch Gebühren finanzierten Sender mehr als doppelt so häufig Fernsehserien mit rauchenden Personen wie die Privatsender, deren Etat im Wesentlichen aus Werbeeinnahmen stammt. Bei den Spielfilmen gibt es kei- nen klar erkennbaren Unterschied. Die NID fordert die Intendanten der ARD-Fernsehsender in den Bundesländern, den Inten- danten des ZDF, die Programmgestalter der privaten Fernsehsender sowie die Film- und Fernsehschaffenden auf, bei der Produktion und Auswahl der Fernsehserien und Spielfilme vor allem an ihre Verantwortung gegenüber der jungen Generation zu denken und Perso- nen rauchend nur dann zu zeigen, wenn dies entscheidend für den Handlungsablauf ist. Der Anteil der nichtrauchenden Fernsehzuschauer liegt bei über 70 Prozent. Hinzu kommt, dass der Rauchvorgang selbst bei einer Zigarettenschachtel pro Tag nur einen geringen Teil der Wachzeit einnimmt, ganz abgesehen davon, dass viele relevante Handlungen nur ohne Zigarette ablaufen können. Wer Personen rauchend zeigt, hat offensichtlich Probleme, einen Film mit substanziellen Szenen zu gestalten. Stilvoll ist ein Film nur rauchfrei! Die Ergebnisse der Fernsehbeobachtung sind in Excel-Dateien festgehalten, die allen Inte- ressenten unter http://www.nichtraucherschutz.de/doc/fw03/fw03-Ergebnisse.htm zur Ver- fügung stehen. Letztlich hat diese Untersuchung mit und sein Leiter Prof. Dr. Reiner Hane- dazu beigetragen, dass dieses Thema winkel, Medizinpsychologe und –sozio- Jahre später auch wissenschaftlich an- loge, hervorgetan. Das Ergebnis der gegangen wurde. Hier hat sich vor allem jahrelangen Studien zur Thematik ist auf das Institut für Therapie- und Gesund- der Webseite www.rauchfreiefilme.de heitsforschung Nord (IFT-NORD) in Kiel dargestellt und wird ständig ergänzt.
FILM-/FERNSHEN Seite 15 Auf der Webseite www.rauchfreiefilme.de wird der Hintergrund zur Problematik von Rauchen in Filmen beleuchtet: Ein großes Problem und eine eine schwierige 10. Klasse übernimmt. mögliche Lösung Alle drei Filme erhielten eine Altersfrei- gabe ab 12 Jahren, sodass davon aus- Rauchen beginnt häufig im Jugendalter. gegangen werden kann, dass diese Risikofaktoren, die den Beginn des Rau- Filme auch von vielen Jugendlichen ge- chens am besten vorhersagen, sind sehen wurden. Weiterhin charakteris- häufig sozialer Natur wie beispielsweise tisch sind die vielen Rauchszenen in die soziale Schicht oder das Rauchver- dieser Filmreihe. Zeki Müller raucht al- halten der Freundesgruppe. Filme sind lerorten, sogar auf der Schultoilette… ebenfalls von großer Bedeutung für das soziale Lernen junger Menschen. Zum Filme und soziales Lernen einen können Schauspieler attraktive Rollenmodelle abgeben, deren Verhal- Filme sind von großer Bedeutung für so- ten von den Heranwachsenden imitiert ziales Lernen insbesondere für junge wird. Zum anderen trägt das Rauchen in Menschen, deren soziale Identität sich Film und Fernsehen zu dem Trug- im Jugendalter gerade erst herausbil- schluss bei, das Rauchen sei in der Ge- det. Zum einen können Schauspieler at- sellschaft weit verbreitet und akzeptiert. traktive Rollenmodelle sein, deren Ver- Wissenschaftliche Untersuchungen zei- halten von den Heranwachsenden imi- gen, dass Jugendliche, die viele Filme tiert wird. Zum anderen trägt das Rau- mit Rauchszenen gesehen haben, eher chen in Film und Fernsehen zu dem mit dem Rauchen beginnen. Durch die Trugschluss bei, das Rauchen sei in der Aufnahme des Rauchens in Filmen als Gesellschaft weit verbreitet und akzep- Kriterium für die Altersfreigabe der tiert, was sich wiederum bewusst und Filme könnte der Jugendschutz gestärkt unbewusst auf jugendliches Verhalten werden. auswirken kann. Fack ju Göhte Der Zusammenhang zwischen dem Rauchen in Filmen und dem Experimen- Fack ju Göhte war mit über 7 Millionen tieren mit dem Rauchen im Jugendalter Kinobesuchen der erfolgreichste deut- wurde sehr gut untersucht. Aufgrund der sche Kinofilm des Jahres 2013. Es folg- konsistenten Studienlage geht die Welt- ten zwei weitere Kassenschlager: Fack gesundheitsorganisation davon aus, ju Göhte 2 (2015) war noch erfolgreicher dass es eine kausale Beziehung zwi- an den Kinokassen und steht derzeit auf schen dem Kontakt mit Rauchszenen in Platz 4 der erfolgreichsten deutschen Filmen und dem Experimentieren mit Filme überhaupt. Es schloss sich ein dem Rauchen im Jugendalter gibt. dritter Teil an (2017), der wiederum von mehr als 6 Millionen Kinobesuchern ge- Die Freiwillige Selbstkontrolle der sehen wurde. Es handelt sich um Komö- Filmwirtschaft (FSK) dien, in denen der sympathische Elyas M’Barek als Bankräuber Zeki Müller Die Hauptaufgabe der Freiwilligen
Seite 16 FILM-/FERNSEHEN Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) dosis stellt das Heraufsetzen der Al- besteht in der Prüfung der Jugendge- tersfreigabe für Filme, in denen ge- fährdung von Filmen. § 14 Abs. 1 des raucht wird, dar. Eine derartige Anhe- Jugendschutzgesetzes führt dazu aus: bung der Altersfreigabe setzt allerdings eine Veränderung der Kriterien der FSK Filme und andere Trägermedien, die voraus, anhand derer Filme bewertet geeignet sind, die Entwicklung von Kin- werden. Bisher ist das Rauchen im Film dern und Jugendlichen oder ihre Erzie- überhaupt kein Kriterium für die FSK- hung zu einer eigenverantwortlichen Einstufungen, in den USA hingegen und gemeinschaftsfähigen Persönlich- werden Eltern vor Rauchszenen in Fil- keit zu beeinträchtigen, dürfen nicht zur men gewarnt. Vorführung vor oder zur Abgabe an ihre Altersstufe freigegeben werden. Eine stärkere Berücksichtigung des Rauchens in Filmen und eine Altersfrei- Die FSK prüft die Jugendgefährdung gabe ab 18 Jahren für Filme mit und vergibt Alterskennzeichen. Fol- Rauchszenen ist eine zentrale Forde- gende Altersfreigaben vergibt die FSK: rung des Aktionsbündnisses Nichtrau- chen (ABNR) an die Politik. Dabei kann FSK-0: Ohne Altersbeschränkung sich das Aktionsbündnis auf die Weltge- freigegeben. sundheitsorganisation berufen, die allen FSK-6: Ab 6 Jahren freigegeben. Mitgliedsstaaten empfiehlt, fiktionale FSK-12: Ab 12 freigegeben. Bei Beglei- Filme, in denen geraucht wird, erst ab tung durch die Eltern sind 18 Jahren freizugeben. diese Filme auch schon ab 6 Jahren freigegeben. Ziel der Seite FSK-16: Ab 16 Jahren freigegeben. Ziel dieser Seite ist ein kontinuierliches FSK-18: Keine Jugendfreigabe. Monitoring von Rauchszenen für alle Ki- nofilme, die in Deutschland zur Auffüh- Die Altersfreigaben sind beispielsweise rung kommen und von einer Mindest- auf DVD- und Blu-ray-Hüllen zu finden. zahl von Zuschauern gesehen werden. Die jeweilige Prüfung geschieht auf An- Ob und wie viele Rauchszenen in den trag. Eine gesetzliche Vorlagepflicht be- Kinofilmen auftraten, wird direkt im An- steht nicht, faktisch durchlaufen aber schluss an den Kinobesuch festgehal- alle in Deutschland im Kino vorgeführ- ten. Die Ergebnisse der Inhaltsanalyse, ten Filme eine FSK-Prüfung. d.h. vor allem die Angabe, ob in den Ki- nofilmen geraucht wurde oder nicht, Eine einfache und sehr wirksame Me- werden regelmäßig auf dieser Webseite thode zur Reduktion der Expositions- aktualisiert. Das Ergebnis der Untersuchung der Tatort-Krimis und der Krimis Polizeiruf 110, die von August bis einschließlich Juni 2020 ausgestrahlt wurden, zeigt, dass in mehr als doppelt so vielen Krimis, die im Ersten Deutschen Fernsehen neu ausge- strahlt wurden, geraucht wurde. Nur 13 von 46 Filmen blieben rauchfrei.
FILM-/FERNSHEN Seite 17 Titel Rauchfrei? Polizeiruf 110 - Der Tag wird kommen ........................................................................Nein Tatort - Lass den Mond am Himmel stehen ..................................................................Nein Tatort - Der letzte Schrey ..............................................................................................Nein Tatort - Du allein ...........................................................................................................Nein Tatort - Gefangen .............................................................................................................. Ja Tatort - Borowski und der Fluch der weißen Möwe .....................................................Nein Polizeiruf 110 - Heilig sollt ihr sein .................................................................................. Ja Tatort - National feminin .................................................................................................. Ja Tatort - Die Guten und die Bösen .................................................................................Nein Tatort - Das fleißige Lieschen .......................................................................................Nein Tatort - Die Zeit ist gekommen .....................................................................................Nein Tatort - Krieg im Kopf ...................................................................................................... Ja Tatort - Niemals ohne mich ..........................................................................................Nein Tatort - Das perfekte Verbrechen ..................................................................................Nein Tatort - Leonessa ...........................................................................................................Nein Tatort - Die Nacht gehört Dir ............................................................................................ Ja Tatort - Ich hab im Traum geweint ...............................................................................Nein Polizeiruf 110 - Totes Rennen .......................................................................................... Ja Tatort - Die goldene Zeit ...............................................................................................Nein Tatort - Monster ............................................................................................................Nein Tatort - Unklare Lage ....................................................................................................Nein Polizeiruf 110 - Söhne Rostocks ...................................................................................Nein Tatort - Kein Mitleid, keine Gnade ...............................................................................Nein Tatort - Tschill Out .......................................................................................................Nein Tatort - Das Team .........................................................................................................Nein Polizeiruf 110 - Tod einer Journalistin .............................................................................. Ja Tatort - One Way Ticket ................................................................................................... Ja Tatort - Väterchen Frost ................................................................................................Nein Tatort - Borowski und das Haus am Meer ........................................................................ Ja Polizeiruf 110 - Die Lüge, die wir Zukunft nennen .......................................................... Ja Tatort - Querschläger ........................................................................................................ Ja Tatort - Baum fällt ........................................................................................................Nein Tatort - Die Pfalz von oben ...........................................................................................Nein Tatort - Das Leben nach dem Tod .................................................................................Nein Tatort - Lakritz ..............................................................................................................Nein Tatort - Elefant im Raum .................................................................................................. Ja Tatort - Angriff auf Wache 08 ......................................................................................Nein Polizeiruf 110 - Dunkler Zwilling .................................................................................Nein Tatort - Hüter der Schwelle ............................................................................................... Ja Polizeiruf 110 - Heimatliebe .........................................................................................Nein Tatort - Die harte Kern ..................................................................................................Nein Polizeiruf 110 - Der Ort von dem die Wolken kommen ...............................................Nein Tatort - Maleficius ........................................................................................................Nein Tatort - Falscher Hase ...................................................................................................Nein Tatort - Nemesis ............................................................................................................Nein Polizeiruf 110 - Mörderische Dorfgemeinschaft ...........................................................Nein
Seite 18 WISSENSCHAFT Online-Fachtagung „Zwischenbilanz E-Zigarette“ Nichtraucher wollen weder dem Qualm der Tabakzigaretten noch dem Dampf der E-Zigaretten ausgesetzt sein. Sie fordern zurecht einen Sicherheitsabstand. Wenn sich schon Menschen dem Qualmen oder dem Dampfen verschrieben haben, dann bitte nur fern von allen, die unverschmutzte Luft atmen wollen. Rauchern hingegen bieten sich E-Zigaretten zum Umsteigen auf eine weniger gesundheitsschädliche Alternative zur Tabakzigarette an. Am 27. Mai 2020 versammelten sich einige Wis- senschaftler in Frankfurt und zogen online eine Zwischenbilanz. Hier eine Kurzfas- sung des Veranstalters auf www.presseportal.de: Chancen der E-Zigarette für Rauch- schaft Konsens, dass Raucher mit dem entwöhnung werden in Deutschland Umstieg auf die E-Zigarette die Schad- massiv unterschätzt. Wissenschaft- stoffaufnahme um bis zu 95 Prozent ler fordern: Politik muss Potenzial in senken können. Die Chancen, die die E- Blick nehmen und Forschung besser Zigarette für die Rauchentwöhnung bie- unterstützen tet, müssen auch die künftige Gesund- heitspolitik bestimmen.“ Die Gesundheitschancen der E-Ziga- rette für Raucher zur Rauchentwöhnung Stöver bezeichnete das hochkarätig be- werden in der deutschen Öffentlichkeit setzte Online-Symposium, das von über und selbst Fachöffentlichkeit weiterhin 800 Personen im Web verfolgt wurde, massiv unterschätzt. Dieses Fazit zo- als Erfolg. Er sagte: „Die Vortragenden gen die Referentinnen und Referenten haben den aktuellen Forschungsstand beim Online-Symposium „Zwischenbi- zur E-Zigarette differenziert aufbereitet lanz E-Zigarette: Was wir wissen, und die Chancen für die Rauchentwöh- müssen“ am 27.05.2020. Prof. Dr. nung in den unterschiedlichen Kontex- Heino Stöver, Initiator der Fachtagung ten klar aufgezeigt.“ Die wichtigsten und Geschäftsführender Direktor des In- Aussagen und Erkenntnisse: stituts für Suchtforschung an der Frank- furt-University of Applied Sciences Dr. med. Thomas Hering, Facharzt für (Frankfurt-Universität für Angewandte Pneumologie, Allergologie und Schlaf- Wissenschaft), resümierte: „Die Politik medizin mit dem Schwerpunkt Tabak- in Deutschland muss den nächsten entwöhnung, bezeichnete es als weit Schritt gehen und die Potenziale der E- verbreitete gravierende Fehleinschät- Zigarette bei der Rauchentwöhnung in zung, dass E-Zigaretten genauso den Blick nehmen. Dazu brauchen die schädlich seien wie Tabakzigaretten. Forschenden mehr Fördermittel. Wir Und er berichtete, dass E-Zigaretten als müssen die Aufklärungsarbeit für Rau- Ersatzprodukte bei der Rauchentwöh- chende direkt, aber auch für Ärzte und nung wesentlich besser angenommen Apotheker intensivieren. Das Kernprob- würden als beispielsweise nikotinhaltige lem beim klassischen Zigarettenrau- Kaugummis. chen ist nicht das Nikotin. Es sind die bei der Verbrennung entstehenden krebs- Prof. Dr. med. Martin Storck, Direktor erregenden Stoffe. Es ist in der Wissen- der Klinik für Gefäß- und Thorax-
WISSENSCHAFT Seite 19 chirurgie am Städtischen Klinikum sachlich-nüchternen Bewertung von Karlsruhe, stellte klar, dass Nikotin Möglichkeiten der E-Zigarette bei der selbst Krankheiten wie Arteriosklerose Rauchentwöhnung viel weiter. nicht fördere. Die schädliche Wirkung gehe vom Tabakrauch aus. Erfahrun- Daniela Jamin, wissenschaftliche Mit- gen aus Schweden und Norwegen zeig- arbeiterin am Institut für Suchtforschung ten, dass die Raucherquote in der Be- an der Frankfurt University of Applied völkerung durch die Verwendung von Sciences und Mitautorin des Ratgebers Ersatzprodukten wie Snus deutlich ge- E-Zigarette, ergänzte, dass der Irr- senkt werden könne. Storck sagte, dass glaube, dass E-Zigaretten gefährlicher Langzeitdaten zu E-Zigaretten und Ta- als klassische Zigaretten seien, selbst bakerhitzern derzeit noch ausstünden. unter Ärzten und Apothekern weit ver- Er sprach sich für eine differenzierte Ri- breitet sei. So würden 69 Prozent der sikokommunikation an Raucher aus, die Ärztinnen und Ärzte und sogar 91 Pro- die Potenziale der E-Zigarette bei der zent der Apothekerinnen und Apotheker Rauchentwöhnung explizit berücksich- das Konzept der Risikominimierung gar tige. nicht kennen und sich unzureichend über die E-Zigarette informiert fühlen. Dr. Ute Mons, Epidemiologin und Es fehle daher derzeit schlicht am Fak- Public-Health-Wissenschaftlerin am tenwissen. Außerdem verwies Jamin Deutschen Krebsforschungszentrum, auf die Chancen der E-Zigarette im sagte: „Im bestimmungsgemäßen Ge- Rahmen des betrieblichen Gesund- brauch haben E-Zigaretten nur einen heitsmanagements. Sie befürwortete Bruchteil des Krebsrisikos von Tabakzi- die Organisation von Gesundheitstagen garetten.“ Ein Umstieg sei daher auf je- und die Verstärkung entsprechender In- den Fall zu begrüßen. Sämtliche ihr be- formationsangebote in Unternehmen. kannten Studien hätten das Potenzial von E-Zigaretten bei der Tabakentwöh- Stöver kündigte das nächste Sympo- nung deutlich gezeigt. Natürlich sei eine sium zur E-Zigarette für den 15. Okto- vollständige Entwöhnung wünschens- ber 2020 an. „Uns geht es darum, dass wert, aber in der Praxis oft nicht realis- wissenschaftliche Erkenntnisse in kon- tisch. Von sogenanntem dualem Kon- kretes politisches Handeln umgesetzt sum, also dem Rauchen von Verbren- werden können. Daher werden wir wei- nungs- und E-Zigaretten, riet sie in je- ter daran arbeiten, den für Raucherin- dem Fall ab. Es sei weiterhin erstaun- nen und Raucher vielversprechenden lich, sagte Mons weiter, dass die ausge- Ansatz der Risikominimierung, englisch wogene und differenzierte Risikokom- Harm Reduction, in Deutschland noch munikation bei Rauchern in Deutsch- bekannter zu machen. Ich glaube, dass land nicht ankomme. Sie kritisierte zu- die politische Diskussion zur Rauchent- gleich, dass die politische Unterstützung wöhnung um unsere Erkenntnisse nicht für den Forschungsansatz der Risiko- herumkommt und Harm-Reduction-An- minimierung derzeit noch nicht ausrei- sätze künftig stärker fördert.“ chend vorhanden sei. Forschungsan- träge würden abgelehnt, in Großbritan- Bei Youtube gibt es eine Lang- und nien sei man in der Diskussion und der Kurzfassung des Symposiums.
Seite 20 PERSONEN Dieter Mennekes gestorben seinem Ausscheiden gründete Dieter Mennekes Forstbetriebe in Südwestfa- len und Brandenburg sowie 1999 die Umweltstiftung. Der Nichtraucherschutz war eines seiner wichtigsten Anliegen. Davon profitierte nicht nur die NID, son- dern in den folgenden Jahren auch noch andere Nichtraucher-Initiativen und -Or- ganisationen. Über seine Umweltstif- tung finanzierte er per Zuschuss Bro- schüren, Plakate, Aufkleber, Räume Den ersten persönlichen Kontakt mit und auch Arbeits- und Dienstleistungen. Dieter Mennekes hatte ich im Juni 2001. Die damalige Leiterin der Stabsstelle Er besuchte mich in meiner Wohnung in Krebsprävention des Deutschen Krebs- Unterschleißheim. Warum? Nun, ich forschungszentrums, Martina Pötschke- hatte auf seine halbseitige Anzeige in Langer, überzeugte Dieter Mennekes, der Süddeutschen Zeitung reagiert. Da- einen Teil der Stiftungsmittel auch für rin wies er auf die Schädlichkeit des Ak- die Finanzierung von Repräsentativstu- tiv- und Passivrauchens hin und forderte dien bereitzustellen, deren Ergebnisse wirksame Maßnahmen sowohl gegen dann vom DKFZ veröffentlicht wurden. das Rauchen als auch für den Schutz der Nichtraucher – in völliger Überein- Auch beim Volksbegehren Nichtraucher- stimmung mit den Zielen der NID. Bei schutz in Bayern spielte Dieter Menne- Kaffee und Kuchen lernten wir uns ein kes eine gut erkennbare Rolle. Auf dem wenig näher kennen. Von der NID hatte Bild unten steht er links vorne am Abend er noch nie etwas gehört und ich ebenso des erfolgreichen Volksentscheids in- wenig von der Dieter Mennekes-Um- mitten des engeren Kreises der Initiato- weltstiftung. Doch das änderte sich ren. Dieter Mennekes ist am 30. April beim Meinungsaustausch sehr schnell. 2020 nach einem schweren Krebsleiden Nach wenigen Tagen trat Dieter Menne- im Alter von 79 Jahren selbstbestimmt kes der NID bei. verstorben. Ernst-Günther Krause Der diplomierte Wirtschaftsingenieur hatte nach dem Tod des Vaters gemein- sam mit seinem Bruder 1976 die Leitung der 1935 gegründeten MENNEKES Elektrotechnik GmbH & Co. KG in Kirchhundem im Südosten Nordrhein- Westfalens übernommen. Das Unter- nehmen ist Entwickler des europäi- schen Ladestecker-Standards für Elek- trofahrzeuge sowie führender Hersteller von Industriesteckvorrichtungen. Nach
X Seite 21 Fakten, Fakes und was nicht sein darf Fakes (Schwindeleien, Fälschungen) entsprechen. Fakes hingegen haben mit gab es schon lange vor Trump und Wissenschaft nichts zu tun. Sie sind in Corona. Raucher und Nichtraucher hat- manipulativer Absicht verbreitete Lü- ten viele Jahrzehnte damit zu tun, dass gengeschichten. Die meisten Schöpfer die von der Tabakindustrie bezahlten und Verbreiter dieser Fake News verfol- „wissenschaftlichen“ Handlanger sich gen politische Ziele. Sie haben erkannt, nicht scheuten, Fakes in die Welt zu set- dass sich Themen, die sehr emotional zen. Zuerst ging es darum, die Gesund- diskutiert werden, besonders gut dafür heitsschädlichkeit des Rauchens zu eignen, Stimmung zu erzeugen. leugnen. Als nur noch wenige Men- schen bereit waren, diese Mär für wahr Fakes greifen vor allem jene Menschen zu halten, verlegte sich derselbe Kreis gern auf, die eine Meinung bestätigt be- darauf, das Passivrauchen zu verharm- kommen wollen, die ihrem bisherigen losen. Diese interessengeleitete Fehlin- Weltbild entspricht. Was nicht anders terpretation der Fakten verhinderte sein darf, kann auch nicht anders sein. mehr als zwei Jahrzehnte lang die Ver- Das ist evolutionär gesehen verständ- abschiedung von Gesetzen zum Schutz lich. Denn bewusst Neues zu denken, der Menschen vor dem hochgiftigen ist anstrengender als sich auf bekann- Schadstoffgemisch Tabakrauch. ten Bahnen zu bewegen. Doch das hilft uns nicht weiter, wenn es gilt, Lösungen Schokolade essen für neue Probleme zu finden. hilft beim Abnehmen! Ich denke, wenn wir uns erfolgreich für So etwas hören vor allem diejenigen eine Welt einsetzen wollen, in der nie- gern, denen ihr Körpergewicht zu mand mehr zwangsweise mitrauchen schaffen macht. Deshalb verbreitete oder mitdampfen muss, dann dürfen wir sich diese Nachricht im Mai 2015 ra- nicht auf Fakes zurückgreifen, sondern send schnell rund um die Welt. Doch ausschließlich auf Fakten – Fakten nicht die Studie ist ein Fake, ein Schwin- nur aus der Medizin, sondern aus allen del. Die Autoren wollten dokumen- relevanten Wissenschaftsbereichen. tieren, wie "einfach wir uns von dubi- Wir müssen das Wissen nutzen, das osen Studien manipulieren lassen“. u.a. die Rechtswissenschaft, die Politik- wissenschaft, die Erziehungswissen- Woher kommen die Fakten, schaft und die Sozialwissenschaft be- woher die Fakes? reitstellen, um unsere Maßnahmen ef- Es gibt wissenschaftlich gesicherte Fak- fektiv gestalten zu können. Vorausset- ten. Darunter versteht man Erkennt- zung dafür ist, dass wir unvoreingenom- nisse auf Basis vieler – und nicht nur men akzeptieren, was gegenwärtig Fakt einzelner – wissenschaftlicher Studien, ist. Keinesfalls dürfen wir Fakten so die so angelegt und durchgeführt wor- lange verbiegen, bis sie uns passen. den sind, dass sie anerkannten qualita- Denn dann unterscheiden sie sich nicht tiven und quantitativen Gütekriterien von Fakes. Ernst-Günther Krause
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