Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein Veröffentlichungsbericht - Im Rahmen des Forschungsprojektes Schaufenster Elektromobilität ...
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Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein Veröffentlichungsbericht Im Rahmen des Forschungsprojektes Schaufenster Elektromobilität Baden-Württemberg „LivingLab BWe mobil“
Inhaltsverzeichnis 1. Wohnen und Elektromobilität Seite 4 1.1 Beschreibung des Vorhabens Seite 4 1.2 Projektziel Seite 5 1.3 Bauprojekt Seite 6 Weitere Informationen 2. Motivation Seite 8 Neben diesem Veröffentlichungsbericht liegen folgende Gutachten und weitere 3. Fragestellungen und Planung Seite 10 Dokumente in Langfassung in der separaten Anlage des Veröffentlichungsberichts vor: 3.1 Mobilitätsbedürfnisse künftiger Seite 10 Bewohnerinnen und Bewohner des • Gutachten: Mobilitätsbedürfnisse künftiger neuen Rosensteinquartiers Stuttgart Bewohnerinnen und Bewohner des neuen 3.2 Öffentlich-rechtliche Seite 14 Rosensteinquartiers Stuttgart (Weeber+Partner, Rahmenbedingungen für das Institut für Stadtplanung und Sozialforschung) Mobilitätskonzept • Zwischenbericht: Evaluation (Weeber+Partner, 3.3 Zivilrechtliche Rahmenbedingungen Seite 17 Institut für Stadtplanung und Sozialforschung) für das Mobilitätskonzept • Bewohnerfragebogen: Entwurf (Weeber+Partner, 3.4.1 Konzept Erzeugung und Seite 18 Institut für Stadtplanung und Sozialforschung) Bereitstellung der Energie zum • Gutachten: Öffentlich-rechtliche Rahmen- Betrieb der Elektrofahrzeuge bedingungen für das Mobilitätskonzept 3.4.2 Entwurfsplanung Auslegung und Seite 20 (Eisenmann Wahle Birk & Weidner, Partner- Auswahl der Ladeinfrastruktur schaftsgesellschaft von Rechtsanwälten mbB) 3.5 Brandschutz Seite 21 • Gutachten: Zivilrechtliche Rahmen- bedingungen für das Mobilitätskonzept (Kehl Fuhrmann Hezinger & Volpp 4. Realisierung Seite 22 Rechtsanwälte) • Protokoll: Brandschutzworkshop 4.1 E-Carsharing – Kooperation mit Seite 22 Carsharing-Unternehmen • Gutachten: Konzept Erzeugung und Bereit- stellung der Energie zum Betrieb der Elektro- 4.2 Stellplätze, Bereitstellung und Seite 22 fahrzeuge (EGS-plan, Ingenieurgesellschaft für Betrieb der Ladeinfrastruktur Energie-, Gebäude- und Solartechnik mbH) 4.3 Pedelecsharing Seite 23 • Gutachten: Entwurfsplanung Auslegung und 4.4 Marketing Seite 23 Auswahl der Ladeinfrastruktur (EGS-plan, Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik mbH) 5. Evaluation Seite 24 • Flyer: Förderprojekt und E-Carsharing (Projektgruppe Visuelle Kommunikation GmbH) 6. Handlungsleitfaden Seite 25 Abrufbar unter: www.siedlungswerk.de/unternehmen/ forschungsvorhaben 7. Beteiligte Seite 26 Projektleitung Forschungsvorhaben: Impressum Seite 31 Christoph Welz, Ingrid Kellermann
Vorwort Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein Neue Mobilität für ein neues Wohnquartier Das Siedlungswerk zählt zu den großen Wohnungsbauunternehmen in Baden-Württemberg und hat die soziale und ökologische Verantwortung in seinem Leitbild formuliert. Im Rahmen seiner Bauvorhaben hat sich das Siedlungswerk zum Ziel gesetzt, wo immer es möglich ist, Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen, sowie vorbildliche Energie- konzepte zu realisieren. Als Mitglied im Schaufenster Elektromobilität konnte im Wohnbauprojekt in Stuttgart-Rosenstein nun als weiterer Bau- stein ein zukunftsweisendes Mobilitätsangebot entwickelt werden. Den Bewohnern des neuen Wohnquartiers steht damit ein elektromobiles Sharing-System zur Verfügung, welches beispielhaft für viele andere Wohnquartiere sein kann. Dieser Bericht fasst die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein“ zusammen. Vielen Dank an alle Beteiligten und alle, die uns über die Jahre bei diesem Forschungsprojekt unterstützt haben. März 2017 Siegfried Apfel Jürgen Schilbach Norbert Tobisch
1. Wohnen und Elektromobilität 1.1 Beschreibung des Vorhabens Das Projekt „Wohnen und Elektromobilität in Konzept erreicht werden. Ziel ist es, die auf dem Stuttgart-Rosenstein“ war eines von rund 40 Pro- Grundstück erzeugte Energie für E-Carsharing jekten im 2012 aufgelegten Förderprogramm und Pedelecsharing zu nutzen. Mit dieser Energie Schaufenster Elektromobilität Baden-Württem- ist eine ressourcenschonende Elektromobilität berg „LivingLab BWe mobil“ und wurde vom möglich. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infra- struktur im Rahmen der Schaufensterinitiative Neben dem Aufzeigen der Nutzungs- und Speicher- der Bundesregierung von 2012 bis 2016 gefördert. möglichkeiten der im Quartier vorhandenen Ener- gieressourcen für die Elektromobilität geht es Die Bundesregierung hat im April 2012 vier auch um die Lösung der vor allem in den Ballungs- Regionen in Deutschland als „Schaufenster räumen auftretenden Verkehrsprobleme (Luft- Elektromobilität“ ausgewählt und förderte hier verschmutzung und Lärmbelastung), die durch die auf Beschluss des Deutschen Bundestags die Nutzung von Elektrofahrzeugen verringert werden Forschung und Entwicklung von alternativen können. Den Bewohnern soll die Möglichkeit zu Antrieben. Insgesamt stellte der Bund für das einer umweltfreundlichen Neuausrichtung individu- Schaufensterprogramm Fördermittel in Höhe eller Mobilität geboten werden. von 180 Mio. € bereit. In den groß angelegten regionalen Demonstrations- und Pilotvorhaben Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden wurde Elektromobilität an der Schnittstelle von die sozialwissenschaftlichen, technischen, recht- Energiesystem, Fahrzeug und Verkehrssystem lichen und organisatorischen Fragestellungen erprobt. geklärt. Mit dem Energiecontractor ImmoTherm GmbH, Tübingen, und der stadtmobil carsharing Als eines der großen Wohnungsbauunternehmen AG, Stuttgart, wurden Kooperationen eingegangen. in Baden-Württemberg hat die Siedlungswerk Die Bewohner erhalten das Angebot zur Nutzung GmbH Wohnungs- und Städtebau in den letzten von zwei Elektroautos der stadtmobil carsharing Jahrzehnten weitreichende Erfahrungen mit AG, Stuttgart. Das E-Carsharing soll auf vom Bau- innovativen Energiekonzepten für seine Wohn- herr erstellten Stellplätzen direkt am Wohnort projekte gesammelt. Das Bauvorhaben Rosen- angeboten werden. Des Weiteren ist ein Pedelec- stein in Stuttgart soll aber darüber hinaus auch sharingangebot geplant. beim Thema Mobilität den Bewohnern neue Möglichkeiten bieten. An diesem Projekt kann nachvollzogen werden, wie ein derartiges Konzept in die Praxis umgesetzt Für das neue Wohnquartier wurde im Rahmen werden kann. des Forschungsverbundes Schaufenster Elektro- mobilität „LivingLab BWe mobil“ ein nachhaltiges Mobilitätskonzept entwickelt. Die Eigentümer und Mieter der zunächst 125 Wohneinheiten des ersten Bauabschnitts sollen mit dem elektromobilen Mitglied im Forschungsverbund Schaufenster Elektromobilität und damit auch im „LivingLab BWe mobil“ 4 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
Elektromobiles Fahrzeugsharing am Wohnort: Individuelle Mobilität – umweltfreundlich, flexibel, modern 1.2 Projektziel Ziel des Projekts „Wohnen und Elektromobilität Adressierung offener Fragestellungen in Stuttgart-Rosenstein“ war ein beispielhaftes (z. B. Kundenerwartungen, Infrastrukturan- elektromobiles Fahrzeugsharingmodell, unter Ein- forderungen, Umwelt- und Klimawirkungen) beziehung der auf dem Grundstück vorhandenen Energieressourcen, in die Entwicklung und Reali- Z. B. Wie können alle Bewohner des neuen sierung eines neuen Wohnquartiers zu integrieren. Wohnquartiers (Eigentümer und Mieter) mit dem elektromobilen Konzept erreicht werden? Welche Dabei fanden die grundlegenden Erwartungen Elektrofahrzeuge (Elektroautomobile, Pedeldec, aus dem Förderprogramm „Schaufenster Elektro- Elektroroller,…) und Ladeinfrastruktur sind geeig- mobilität“ Berücksichtigung: net? Wer betreibt und wartet die Fahrzeuge? Wie wird die Fahrzeugnutzung organisiert? Wie sind eventuelle Nutzungskonflikte (Ladezeiten – Fahr- Einsatz innovativer Technologien zeiten) auszuschließen? Wie kann die auf dem Grundstück erzeugte Energie für den Elektrofahr- Regenerative und örtlich vorhandene Energie- zeugpool zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung quellen sollen für nachhaltige Mobilität (Elektro- gestellt werden? Wie wird das Fahrzeugsharing- mobilität und Carsharing) genutzt werden. angebot angenommen (Nutzerakzeptanz)? Untersuchung des Zusammenspiels der Teil- (Weiter-) Entwicklung und Etablierung aspekte des Gesamtsystems Elektromobilität tragfähiger Geschäfts- und Mobilitätsmodelle (Dreiklang: Energiesystem – Elektrofahrzeug – als Grundlage für den Gesamtmarkt Verkehrssystem) Das elektromobile Fahrzeugsharingmodell soll Um ein anwenderfreundliches elektromobiles in das Wohnquartier integriert werden. Somit Fahrzeugsharingmodell zu erreichen, wurden die entsteht das Elektromobilitätsmodell in direkter Teilaspekte der Elektromobilität aufeinander Kundennähe unter Berücksichtigung der Nutzer- abgestimmt: Bereitstellung von auf dem Grund- anforderungen und rechtlichen Besonderheiten stück erzeugter Energie für die Nutzung von (z. B. Eigentumsverhältnisse der Stellplätze, Elektro- Elektrofahrzeugen, die in ein Sharingmodell ein- fahrzeuge und Ladeinfrastruktur). Die beispielhafte gebunden werden. Umsetzung eines elektromobilen Fahrzeugsharing- konzeptes in einem Wohnquartier bietet einen Handlungsleitfaden für nachfolgende Projekte. Erprobung von Rahmenbedingungen und besonderen ordnungsrechtlichen Maßnahmen innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen Der Entfall baurechtlich notwendiger Stellplätze stellt eine Finanzierungsmöglichkeit für die Elektromobilität dar. Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 5
1.3 Bauprojekt Im neuen Stadtteil Stuttgart-Rosenstein wird im Das Areal liegt direkt am parkähnlichen Pragfried- Jahr 2017 der erste Bauabschnitt des Baugebiets hof, in unmittelbarer Nähe zum neu entstehenden Rosenstein der Siedlungswerk GmbH Wohnungs- Europa-Viertel und zu der sog. Entwicklungsfläche und Städtebau auf dem Gelände des ehemaligen Rosenstein, den freiwerdenden Gleisflächen. pharmazeutischen Betriebs Haidle & Maier, dem Nach Fertigstellung der Gleisverlegungen im Zuge sogenannten „Schmidtgen-Areal“, realisiert. des Projekts Stuttgart 21 kann auf kurzem Fußweg der Schlossgarten erreicht werden. Die Stadtbahn Das Baugrundstück an der Nordbahnhof- und hält neben dem Quartier und bringt die Bewohner Eckartstraße umfasst ca. 8.600 m². Hier entstehen in 7 Minuten direkt zum Schlossplatz mitten ins 125 Wohneinheiten mit einer Gesamtwohnfläche urbane Zentrum der Landeshauptstadt. von rund 11.400 m² als KfW Effizienzhaus 55. Neben 94 Eigentumswohnungen werden 8 Wohnungen Den im Frühjahr 2012 ausgelobten Architekten- im Förderprogramm „Preiswertes Wohneigentum“ wettbewerb für den ersten Teil der Bebauung der Landeshauptstadt Stuttgart sowie 9 Wohnun- konnte das Büro Ackermann + Raff GmbH & Co. KG gen im Programm „Mietwohnungen für mittlere Architekten BDA aus Stuttgart und Tübingen für Einkommensbezieher“ realisiert. Ergänzt wird sich entscheiden. dieses Angebot durch 14 Mietwohnungen mit So- zialbindung in Kooperation mit dem Körperbehin- Alle Wohnungen des Projekts sind schwellenarm dertenverein Stuttgart e. V. und im Bereich der über Aufzüge zu erreichen. Darüber hinaus stellt Eckartstraße durch ein Bäckereicafé. Damit wird die ein Haus mit dem Konzept „Freiräume schaffen“ Strategie für ein sozial gemischtes Wohnquartier des Siedlungswerks eine Besonderheit dar: Die verfolgt. Integration und Inklusion wird als wichtig Wohnungen werden neben der schwellenarmen erachtet für eine urban offene Stadtgesellschaft. Erreichbarkeit mit größeren Bewegungsflächen, Das Projekt ist das erste, das nach dem „Stuttgarter breiteren Türen, elektrischen Rollläden und weite- Innenentwicklungsmodell“ (SIM) geplant wurde. ren Komfortmerkmalen ausgestattet. Mit der Grundsteinlegung im Juni 2015 startete somit ein besonderes Projekt, welches den Auftakt zur Bebauung des Gesamtgebiets bis hin zur Friedhofstraße beinhaltet. 6 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
Ein Wohnquartier für alle und mit nachhaltigem Mobilitätskonzept, als wichtiges Element einer urbanen und offenen Stadtgesellschaft Die 14 Wohnungen mit Sozialbindung wurden in und der Lüftungsanlage) und den Strombedarf für Abstimmung mit dem Körperbehindertenverein ein E-Carsharing-Angebot für das Wohnquartier Stuttgart e.V. entwickelt und werden im Rahmen soll weitgehend Strom verwendet werden, welcher eines Inklusionsprojekts an Menschen mit Behinde- auf dem Grundstück erzeugt wird. Dieser Strom rung vermietet. Hierfür mussten die erforderlichen stammt größtenteils aus der Photovoltaikanlage Bewegungsflächen für Rollstuhlnutzer und Men- und auch von dem Blockheizkraftwerk. Zur Verbes- schen mit körperlichen Einschränkungen mit den serung der Eigenstrombilanz wird Strom in Batte- engen Größenvorgaben der Sozialträger in Einklang rien zwischengespeichert. In dieser integrierten gebracht werden. Der Körperbehindertenverein Kombination der dezentralen Wärme- und Strom- wird im Bereich der Wohnungen ein Büro beziehen, erzeuger zeichnen sich die Anlagenkomponenten aus dem Assistenzangebote zur Verfügung gestellt durch ihre Umweltfreundlichkeit aus und helfen werden können. wertvolle Ressourcen zu schonen. Die EGS-plan Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Auch beim Thema Energie ging man einen neuen Solartechnik mbH hat das Energiekonzept ent- Weg: Ziel war es, die Energiebilanz weiter zu ver- wickelt. Für die Errichtung und die anschließende bessern, den Einsatz fossiler Brennstoffe und damit Bewirtschaftung der Heizzentrale und der Solar- den CO2 -Ausstoß zu reduzieren. Für die Wärmever- komponenten wurde als gewerblicher Wärme- sorgung des Wohnquartiers kommt ein modernes lieferant die Firma ImmoTherm GmbH beauftragt. Blockheizkraftwerk (BHKW) nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in Kombination mit Als Mitglied im Forschungsverbund Schaufenster einer Wärmepumpe zum Einsatz. Ein moderner, Elektromobilität und damit auch im „LivingLab langlebiger, erdgasbetriebener Motor erzeugt in BWe mobil“ wurde das innovative Thema Elektro- einem gekoppelten Prozess Wärme und Strom. Der mobilität in das Bauprojekt integriert. Das Wohn- erzeugte Strom wird für den Antrieb der Wärme- projekt Rosenstein I wurde daher um Mobilitäts- pumpe verwendet. Als Energiereservoir für die komponenten erweitert: Auf dem Grundstück Wärmepumpe dient ein innovativer Eisspeicher, der werden Stellplätze für ein Carsharing-Partner ein Volumen von 800 m³ aufweist. Solarabsorber hergestellt, welcher die Möglichkeit erhält Elektro- auf einigen Gebäuden speisen überwiegend im fahrzeuge mit dem auf dem Grundstück erzeugten Sommer die von der Sonne gewonnene Wärme in Strom zu laden. den Eisspeicher ein, die anschließend für die Be- heizung der Gebäude, insbesondere im Winter, zur Für das Energie- und Mobilitätskonzept im neuen Verfügung steht. Für Spitzenlasten wird die Anlage Wohnquartier Rosenstein hat die Siedlungswerk durch eine moderne Erdgasbrennwertanlage unter- GmbH Wohnungs- und Städtebau einen 2. Preis stützt. Für die Deckung des Allgemeinstrombedarfs beim Umweltpreis der Landeshauptstadt Stuttgart (Strombedarf der Heizungsanlage, des Treppen- 2016 gewonnen. hauslichts, der Außenbeleuchtung, der Tiefgarage Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 7
2. Motivation Leben in der Stadt: Urbanität mit Infrastruktur, Kultur und kurzen Wegen Das Wohnen kehrt in die Städte zurück. Urbanität Dies reicht jedoch nicht aus um künftige Umwelt- mit kurzen Wegen, wo Arbeit, Wohnen und Frei- probleme, die sich vor allem beim Leben in der zeitgestaltung zusammenrücken, liegt im Trend. Stadt zeigen, zu lösen. Zunehmender Verkehr Nicht nur Singles und Paare, sondern auch Familien und die damit verbundenen negativen Folgen für und Senioren entdecken zunehmend die Vorteile Mensch und Umwelt haben Auswirkungen auf innerstädtischer Wohnlagen mit attraktiven Dienst- die Wohnqualität. Mobilität wurde bisher eher leistungs- und Kulturangeboten in der Nähe. Die unabhängig von der Wohnimmobilienwelt be- Zersiedelung der Landschaft wird verhindert, die trachtet. Dabei könnten beide Bereiche von- Nutzung vorhandener Infrastruktur intensiviert einander profitieren. und das soziale Gefüge in der Stadt gestärkt. Ins- gesamt wird dadurch der Flächen- und Energie- Zunächst zu den bisherigen Berührungspunkten verbrauch, Pendlerströme und Verkehr reduziert. zwischen Wohnen und Mobilität: zum einen ist Über 80 Prozent der Deutschen werden 2050 in das die Beurteilung der Lage der Wohnimmobilie Städten oder „verdichteten Räumen“ leben – aufgrund der Verkehrssituation und zum anderen 1950 waren es gerade mal 62 Prozent. ist es die Herstellung von Fahrzeugstellplätzen bei Neubauten. Auf beide Punkte konnte die Gleichzeitig werden höhere Ansprüche an das Wohnungswirtschaft bisher wenig oder keinen städtische Umfeld gestellt. Auch beim Leben in Einfluss nehmen. der Stadt ist das Bedürfnis nach Freiraum, Natur, Teilhabe und Gemeinschaft, nach Ruhe, Entschleu- Ist die Immobilie gut an den öffentlichen Personen- nigung und Ursprünglichkeit zu berücksichtigen. nahverkehr angebunden und die Fernstraßen- Der öffentliche Raum am Wohnort ist Aufenthalts- anbindung bzw. Verkehrsanbindung zur Innenstadt ort, Ort der Begegnung und der Kommunikation gut, führt dies zu einer Aufwertung der Lagemerk- für Bewohner und Besucher. Damit gewinnt der male. Immissionsbelastung und Lärm wiederum innerstädtische Ort wieder an Bedeutung. führen zu einer Lageabwertung. Hier bleibt nur eine Entscheidung für oder gegen einen Immobilien- Allerdings führt das zunehmende Gesundheits- standort und z. B. die Ergreifung von Schallschutz- bewusstsein dazu, dass Lärm und Luftverschmut- maßnahmen. zung immer mehr als störende Faktoren empfun- den werden. So auch bei den Stellplätzen. Bis April 2015 konn- ten in Baden-Württemberg Gemeinden nicht durch Da Wohnungsbauunternehmen gerade in Städten örtliche Bauvorschriften auch weniger als den verstärkt tätig sind, liegt hier die Chance aktiv zu einen notwendigen privaten Kfz-Stellplatz pro einem urbanen Leben voller Lebensqualität und Wohnung festlegen, um den Individualverkehr zu somit zu einer hohen Bewohnerzufriedenheit beschränken. beizutragen. Es lohnt also ein Blick über den Tellerrand aktuel- Doch welche Möglichkeiten gibt es? Bauweisen ler Fragestellungen hinaus. Wie können Lösungen und Bautechniken, die die Energie in Gebäuden für die Umwelt- und Mobilitätsfragen der Zukunft besser nutzen, den Anteil der erneuerbaren Ener- realisiert werden und auf welche Weise lassen gien weiter erhöhen und die Emission von Treib- sich Gebäude und Mobilität nachhaltig verbinden? hausgasen verringern sind im Wohnungsbau Darum geht es beim Thema Elektromobilität. bereits im Fokus. Das gleiche gilt für einen spar- samen Umgang mit Rohstoffen und den zur Verfügung stehenden Grundstücksressourcen. 8 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
Der Einsatz von Elektrofahrzeugen führt zu weniger Carsharing kann eine sinnvolle Ergänzung sein, Emissionen und weniger Lärm in der Stadt. Das wenn die Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder kommt der Wohnlage und letztendlich den Be- mit dem öffentlichen Personennahverkehr zu be- wohnern sehr zugute. Für die meisten Fahrten der schwerlich sind. Möglicherweise kann es einen Stadtbewohner ist die heutige Reichweite von Zweitwagen ersetzen. Ein weiteres Argument für Elektrofahrzeugen ausreichend. Außerdem trägt Carsharing: Teure Stellplätze können dadurch ein- die Verwendung von regenerativer Energie für die gespart werden. Stellflächen in Tiefgaragen oder Elektrofahrzeuge zum Klimaschutz und zur Res- Garagen können für andere Zwecke verwendet sourcenschonung bei. werden: Fahrrad-/Pedelecabstellflächen, mehr Kellerraum oder Abstellflächen für Kinderwagen Die Wohnungswirtschaft kann der Elektromobilität und Gehhilfen. Weniger benötigte Parkplätze im auf die Sprünge helfen durch die Bereitstellung Freien können Raum für Grünflächen, Bäume und von Stellplätzen mit Lademöglichkeiten für die Elek- Spielplätze schaffen. Die Aufenthaltsqualität wird trofahrzeuge am Wohnort. Ein weiterer wichtiger somit erhöht und weniger versiegelte Flächen Beitrag ist die Suche nach Nutzungs- und Speicher- tragen zu einem besseren Stadtklima bei. Elektro- möglichkeiten auf dem Grundstück vorhandener mobilität kann im Fahrzeugsharing einfach mal Energieressourcen für die Elektromobilität, wie ausprobiert werden, ohne ein eigenes (meist noch beispielsweise eine Photovoltaikanlage am Haus- teures) Elektroauto oder Pedelec anzuschaffen. dach, die selbst erzeugte regenerative Energie für die Elektromobilität liefert. Die Einbindung von Die Kombination aus Elektromobilität, Fahrzeug- Elektromobilität in das Energiesystem der Immo- sharing und (selbst erzeugter) regenerativer bilie und eine geeignete Speichermöglichkeit Energie ermöglicht ein Optimum an nachhaltiger erhöht die Nutzbarkeit bei selbst erzeugtem Strom. Mobilität. Sie bietet die Chance auf ein neues Überschüssiger Strom aus der eigenen Photo- Mobilitätsverhalten, das die Belastung von Um- voltaikanlage kann Elektrofahrzeuge mit Energie welt und Mensch durch den Verkehr verringert. versorgen. Mobilität ist ein Grundbedürfnis und der Wohn- Ernsthaft überlegt werden muss auch, wie dem standort Dreh- und Angelpunkt der Mobilität von hohen Verkehrsaufkommen und der damit steigen- Menschen: Die meisten Alltagswege beginnen den Nachfrage nach Parkraum im urbanen Umfeld und enden zu Hause. Unsere Motivation ist, durch begegnet werden kann. Mit zunehmender Sied- ein nachhaltiges Mobilitätsangebot am Wohnort lungsdichte sinkt zwar die Abhängigkeit vom Auto. zu lebenswerten Räumen in der Stadt beizutragen. Trotzdem gibt es Situationen, die ohne Auto schwie- rig zu bewältigen sind. Anstatt ein eigenes Auto zu unterhalten, wäre ein Lösungsansatz, von wohnort- nahen Carsharing-Angeboten zu profitieren. Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 9
3. Fragestellungen und Planung 3.1 Mobilitätsbedürfnisse künftiger Bewohnerinnen und Bewohner des neuen Rosensteinquartiers Stuttgart Eine der ersten Fragestellungen in dem Projekt und Sozialforschung, Weeber+Partner, Stuttgart, „Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosen- Gabriele Steffen und Carolin Löffler, beauftragt. stein“ war, welche Mobilitätsbedürfnisse die künf- tigen Bewohnerinnen und Bewohner des neuen Die Langfassung des Gutachtens wird in der Rosensteinquartiers in Stuttgart haben werden. separaten Anlage dieses Veröffentlichungs Für die Analyse und wissenschaftliche Aufarbeitung berichts wiedergegeben – siehe Inhaltsver- der Daten wurde das Institut für Stadtplanung zeichnis: Weitere Informationen. Nachfolgend Auszüge aus dem 2013 von Weeber+Partner erstellten Gutachten: Fuhrpark aus Elektrofahrzeugen – die Rahmenbedingungen müssen stimmen • Es ist sinnvoll und auch möglich, einen Fuhr- Nutzen der Fahrzeuge – Fahrzeugangebot park aus Elektrofahrzeugen zur gemeinsamen vor allem auf die Mobilitätsbedürfnisse bei Nutzung anzubieten. Alltagserledigungen und Freizeit ausrichten • Die Voraussetzungen im geplanten Rosenstein- viertel sind gut – viele Erledigungen können zu Fuß gemacht werden, viele Mobilitätsbedürf- • Es ist nicht zweckmäßig, Fahrzeuge zum Teilen nisse werden vom ÖPNV-Angebot abgedeckt. für den täglichen Weg zur Arbeit anzubieten. Für darüber hinausgehende Bedürfnisse können Erstens steht den Bewohnerinnen und Bewoh- Fahrzeuge aus dem Fuhrpark genutzt werden. nern dafür das reichhaltige ÖPNV-Angebot zur Verfügung, zu dem die elektrische Fahrzeugflotte • Das ökologische Konzept des Bauvorhabens mit nicht in Konkurrenz treten sollte. Zweitens wäre der auf dem Grundstück selbst erzeugten Energie das geliehene Fahrzeug dann unter der Woche spricht für das Vorhaben, denn dadurch steht tagsüber nicht vor Ort und stünde den anderen die Nutzung der Elektromobilität nicht im Wider- Bewohnerinnen und Bewohnern nicht zur Ver- spruch zur Energiewende. fügung, damit wäre es auch nicht wirtschaftlich. • Für die Bereitschaft der künftigen Bewohnerin- • Die Elektrofahrzeuge des Fuhrparks sollten vor nen und Bewohner, das Carsharing-Angebot zu allem für Alltagserledigungen und Freizeitakti- nutzen, gibt es begünstigende und hemmende vitäten genutzt werden können – vor allem zum Rahmenbedingungen. Transportieren von Waren und Einkäufen, für Begleitmobilität (z. B. von Kindern) oder für • Begünstigend wäre zum Beispiel, wenn nicht Ausflüge und Besuche. für jeden Haushalt ein eigener Stellplatz zur Verfügung gestellt würde. 10 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
Fahrzeugwahl und Platzbedarf – mit zwei Elektroautos, vier Pedelecs und zwei Anhängern beginnen, flexibel bleiben • Die oben genannten Mobilitätszwecke werden • Gut wäre, für weitere Fahrzeuge Flächen vorzu- in erster Linie von Elektroautos und Pedelecs in halten. Vorschlag: ein Parkplatz für ein weiteres Kombination mit Anhängern erfüllt. Auto im Freien sowie Flächen in der Tiefgarage, auf die neben den vorgeschlagenen vier Pedelecs • Für den Anfang ist die Bereitstellung von zwei samt zwei Anhängern noch max. zwei andere Elektroautos und vier Pedelecs sinnvoll. Für die Fahrzeuge (Roller, Twizys, Elektromobile für Pedelecs sollten zwei Anhänger zur Verfügung Senioren oder Elektrodreirad) plus zwei weitere stehen: je ein Anhänger für den Transport von Anhänger passen. Einkäufen und für die Beförderung von Kindern. Bei Bedarf kann das Angebot auf vier Anhänger • Die genaue Wahl weiterer Fahrzeuge zum Teilen ausgeweitet werden. sollte erst getroffen werden, wenn die künftige Bewohnerschaft samt ihren Mobilitätsbedürf- • Wegen der Sichtbarkeit und der Öffnung zum nissen feststeht. Interessierte Bewohnerinnen Quartier ist es wichtig, dass die geteilten Elektro- und Bewohner sollten in weitere Überlegungen autos im Straßenraum stehen. Die Pedelecs einbezogen werden – dies fördert die Identifi- können in der Tiefgarage untergebracht werden – kation, die Alltagstauglichkeit des Angebots ob in einem geschlossenen Fahrradraum oder und seine Wirksamkeit. Denkbare Ergänzungen auf einer von allen zugänglichen Fläche, ist der Fahrzeugflotte können auch Angebote wie architektonisch zu lösen. Gästeräder, Einkaufstrolleys etc. sein. • Eine flexible, ausbaufähige Fahrzeugflotte wäre auch deshalb gut, weil Angebot Nachfrage er- zeugen kann. Das Prinzip „ Angebot schafft Nach- frage“ hat sich etwa bei der Weiterentwicklung des ÖPNV bewährt. Möglicherweise kommt der Fuhrpark aus Elektrofahrzeugen so gut an, dass er bald erweitert werden muss. Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 11
Selbstverwaltung oder carsharing – Wer organisiert den Fuhrpark? • Damit sich die Anschaffung von zwei Elektroautos • Im nächsten Schritt geht es um die Implemen- rechnet, werden mehr Nutzerinnen und Nutzer tation/Organisation des Angebots: wer leiht was benötigt, als es im geplanten Wohnquartier vor- zu welchem Zeitpunkt? Nach einer Einführungs- aussichtlich gibt. Daher ist es sinnvoll, das An- phase kann die Organisations-Aufgabe an enga- gebot nicht exklusiv für die Bewohnerschaft zur gierte Bewohnerinnen und Bewohner übergeben Verfügung zu stellen, sondern zum Quartier werden. Ob die Organisation dann über einen bzw. zur Gesamtstadt zu öffnen. Aushang, eine Internetseite und/oder eine App für mobile Endgeräte oder einen ehrenamtlichen • Auch aufgrund organisatorischer Fragen emp- Verwalter läuft, wird gemeinsam erarbeitet. Hier fiehlt sich für das Teilen der Elektroautos die ist auch auf die Erfahrungen des Siedlungswerks Kooperation mit einem erfahrenen Carsharing- mit dem geteilten Pedelec zurückzugreifen, die Anbieter. derzeit beim „Wohnen am Österberg“ in Tübingen gemacht werden. • Für die Bewohnerinnen und Bewohner hätte das ebenfalls Vorteile: Wer für längere Strecken ein • Und schließlich sollte auch eine laufende Evalua- Auto mit Benzinmotor benötigt, kann auf das tion des Angebots vorgenommen werden: Wie gesamte Auto-Angebot des Carsharing-Anbieters oft und für welche Zwecke wird das Fahrzeug- zugreifen. angebot genutzt, welche Mobilitätsbedürfnissen sind (noch) nicht berücksichtigt? • Wenn das Siedlungswerk die Ladeinfrastruktur sowie die Stellplätze zur Verfügung stellen würde • In Frage kommen hierfür jeweils ein Quartiers- und der Carsharing-Anbieter die Autos und die management, ein Mobilitätsmanagement, Organisation, entstünde eine win-win-Situation externe Partner, die Gebäudeverwaltung oder für alle Beteiligten. eine andere Abteilung des Siedlungswerks. • Das Teilen der Pedelecs und Anhänger könnte zunächst durch das Siedlungswerk, später dann evtl. von der Bewohnerschaft selbst organisiert werden. Vorstellbar wäre auch hier eine Koope- ration mit einem erfahrenen Anbieter (z. B. Call a bike) für das Anschaffen und Verwalten der Strategie – gut bewerben, Pedelecs. Nutzen von Beginn an sichtbar machen • Sinnvoll ist, das Teilen der bereitgestellten Fahr- zeuge und die Auswahl weiterer Fahrzeuge zu Beginn professionell zu begleiten. • Nach den Erfahrungen vergleichbarer Projekte von Wohnungsunternehmen wird die Bedeu- • Die Begleitung sollte auf drei Ebenen stattfinden: tung der Bewerbung der Angebote und einer zu Beginn steht die Kommunikation mit den Be- kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit für die wohnerinnen und Bewohnern und das Bewerben Akzeptanz der Projekte regelmäßig unterschätzt. des Fahrzeugangebots im Vordergrund. Dabei Sie sind ebenso wesentlich wie eine Beteiligung müssen Käufer ggf. anders angesprochen werden der Bewohnerinnen und Bewohner an der als Mieter, Ältere anders als Jüngere, Familien Weiterentwicklung des Angebots. anders als Singles. • Um das Fahrzeugangebot zum Erfolg zu führen, ist von Beginn an Öffentlichkeitsarbeit notwendig. 12 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
• Das besondere Mobilitätsangebot sollte Teil des Verkaufsprospekts der Wohnungen sein und gut beworben werden. Er kann einige Daten und Fakten zur Mobilität allgemein enthalten sowie gute Gründe, warum das Teilen von Autos, Pedelecs und Anhängern für Jedermann/-frau vorteilhaft sein kann, jedoch ohne einen per- sönlichen Rechtsanspruch. • Die beiden Autos und die vier Pedelecs mitsamt zwei Anhängern sollten bereits bei Einzug der Bewohnerschaft zur Verfügung stehen und werbe- wirksam bedruckt sein. Bei der Schlüsselüber- gabe könnte eine Probefahrt angeboten werden. Die Nutzungskonditionen und weitere Informa- tionen (z. B. Umgebungsplan mit Mobilitätsange- Strategische Orientierung, Einbindung in boten im Quartier) sollten übersichtlich und ansprechend aufbereitet zur Verfügung gestellt Kontext – Quartier, Stadt, übergreifende Trends werden. • Wichtig ist, dass die Elektroautos im Straßenraum präsent und gut sichtbar sind. • Die zu erwartende Nachfrage nach dem elektro- • Um auf Bedürfnisse reagieren zu können, bietet mobilen Carsharing hängt sehr von der strategi- sich eine begleitende Evaluation an – Befragun- schen Einbettung ab – von der Integration in die gen können einen aktivierenden Charakter haben Vermarktungsstrategie des Siedlungswerks und und Bewohnerinnen und Bewohner dazu bringen, den Rahmenbedingungen im Quartier und der sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Stadt Stuttgart. • Das Angebot sollte offensiv kommuniziert und beworben werden, das Interesse bei der Interes- senbekundung abgefragt und möglichst auch bei der Vergabeentscheidung berücksichtigt werden. Gute Argumente für die Nutzung des elektromobilen Fuhrparks • Eine große Rolle spielen die Rahmenbedingun- gen und Kooperationen im Quartier. Dabei geht es besonders um das Parkierungs- und Verkehrs- konzept im Quartier, die Fuß- und Radwege- • 70 Prozent aller zurückgelegten Wege in der verbindungen, die Nutzung von Carsharing ins- Region Stuttgart sind unter 10 km lang. gesamt im Quartier, die dort vorhandenen und ggf. neu entstehenden Dienstleistungen und • 15 Prozent aller Autos in Privatbesitz werden nur Angebote, Mobilitätsprojekte in der Nähe sowie höchstens ein bis drei Mal im Monat genutzt. die Mobilitätsstrategie des Verkehrsverbundes und der Stadt Stuttgart (u.a. Mobilitätsberatung, • Durch Carsharing-Nutzung können gegenüber Mobilitätskarte). Das Siedlungswerk sollte sich dem eigenen Auto bis zu 1000 Euro im Jahr einge- hierbei als Akteur jeweils aktiv einbringen. spart werden. • Übergreifende Trends können die Kommunikati- • Um Reparaturen und Werkstattbesuche braucht onsstrategie unterstützen: Nutzen statt besitzen, man sich nicht mehr zu kümmern. Mobilitätsdienstleistungen statt nur Autos an- bieten, intermodale, aufeinander abgestimmte • Für 74 Prozent der E-Radfahrer ersetzt das E-Rad Lösungen und Leistungsketten statt Insellösungen. zum Teil das Auto, 21 Prozent benötigen gar kein Auto mehr. • Als Carsharing-Nutzer liegt man im Trend. Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 13
3.2 Öffentlich-rechtliche Rahmenbedingungen für das Mobilitätskonzept Die Bedingungen, die Mobilitätsbedürfnisse künftiger Bewohnerinnen und Bewohner im Rosensteinviertel befriedigen zu können, sind sehr günstig. Zur Überprüfung der öffentlich-rechtlichen Rahmen- Zunächst wird hier das Gutachten zusammen- bedingungen für das Mobilitätskonzept wurde ein gefasst dargestellt. Im Anschluss daran wird über Gutachten beauftragt. Insbesondere sollte die Frage die 2015 in Kraft getretene Novellierung der Landes- geklärt werden ob eine Finanzierungsmöglichkeit bauordnung Baden-Württemberg berichtet, die der Elektromobilität im Quartier durch Entfall bau- nun bei den Stellplätzen mehr Handlungsspielraum rechtlich notwendiger Stellplätze möglich ist. Diese bietet. Die Langfassung des Gutachtens wird in der juristische Prüfung erfolgte 2013 durch Eisenmann, separaten Anlage dieses Veröffentlichungsberichts Wahle, Birk & Weidner Partnerschaftsgesellschaft wiedergegeben – siehe Inhaltsverzeichnis: Weitere von Rechtsanwälten mbB, Stuttgart, Dresden, Informationen. Prof. Dr. Hans Büchner. Zusammenfassung des 2013 von Eisenmann Wahle, Birk & Weidner erstellten Gutachtens: Im Rahmen des Gutachtens wurden folgende Fazit Fragestellungen erörtert: Die Bedingungen, die Mobilitätsbedürfnisse • Lassen sich die beabsichtigten Mobilitäts- künftiger Bewohnerinnen und Bewohner im angebote nach geltendem Recht realisieren? Rosensteinviertel befriedigen zu können, sind sehr günstig. Da das Siedlungswerk Eigentümer der • Welche normativen Korrekturen sind erforderlich, zu entwickelnden Fläche ist, kann es von sich aus um die E-Mobilität zu unterstützen? autonom die Angebote zur Verfügung stellen. Ernsthafte öffentlich-rechtliche Hindernisse stehen • Welche bestehenden gesetzlichen Anforderungen der Zielverwirklichung nicht entgegen. werden entbehrlich, wenn die Elektromobilität verstärkt umgesetzt und angenommen wird? Schwieriger wird es, wenn die Angebote für Dritte geöffnet werden sollen, oder wenn die Fläche in • Rechtsrahmen für die Elektromobilität (Straßen- Teil- oder Wohnungseigentum aufgeteilt wird. recht, Straßenverkehrsrecht, Energiewirtschafts- recht und Kartellrecht, Bauordnungsrecht, Diese Fragen wurden im Gutachten von Rechts- Bauplanungsrecht) anwalt Stephan Volpp vertieft. • Rechtlich relevante Bedürfnisse • Rechtliche Rahmenbedingungen (Strom- erzeugung auf dem Grundstück, Reduzierung der Zahl der notwendigen Stellplätze, Carsharing-Stellplätze) 14 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
Eingehende Betrachtung des Schwerpunkt- b) Aussetzung der Herstellungspflicht themas: Reduzierung der Zahl der notwendigen Stellplätze Nach der derzeit geltenden Landesbauordnung ist nach § 37 Abs. 1 LBO bei der Errichtung von a) Außerrechtliche Überlegungen Gebäuden mit Wohnungen für jede Wohnung 1 (ein) geeigneter Stellplatz herzustellen (notwendiger Außerrechtlich stellt sich die Frage, ob mit einer Stellplatz). Nach § 37 Abs. 3 LBO kann die Bau- Verringerung der Zahl der notwendigen Stellplätze rechtsbehörde im Wege der Ausnahme nach § 56 erreicht werden kann, dass von dem Carsharing- Abs. 3 LBO zulassen, dass notwendige Stellplätze Angebot vermehrt Gebrauch gemacht wird. Es oder Garagen erst innerhalb eines angemessenen kann nicht ausgeschlossen werden, dass diejenigen Zeitraums nach Fertigstellung der Anlage herge- Wohnungseigentümer oder Wohnungsnutzer, stellt werden. Sie hat die Herstellung auszusetzen, denen kein eigener Stellplatz zur Verfügung steht, solange und soweit nachweislich ein Bedarf an dennoch ein privates Fahrzeug nutzen und im Stellplätzen oder Garagen nicht besteht und die für öffentlichen Straßenraum abstellen. Der Vorschlag die Herstellung erforderlichen Flächen für diesen liegt jedoch auf derselben Linie wie der Referenten- Zweck durch Baulast gesichert sind. entwurf eines Gesetzes zur Änderung bauordnungs- rechtlicher Vorschriften 1 . Dort ist vorgesehen, die Auf diesem Hintergrund könnte die Baurechts- notwendigen Kfz-Stellplätze durch die Schaffung behörde z. B. auf mindestens zwei notwendige Stell- von Fahrradstellplätzen bis zu einem Viertel der plätze verzichten, wenn nachgewiesen wird, dass notwendigen Kfz-Stellplätze ersetzen zu können 2 . in zumutbarer Entfernung (vgl. § 37 Abs. 4 Nr. 2 LBO) Auch hinter dieser Regelung steckt der Gedanke, ein Carsharing-Angebot zur Verfügung steht 3 . In der Einfluss auf das Verkehrsverhalten nehmen zu kön- Praxis wird, soweit ersichtlich, dieser Zusammen- nen . An dieser Stelle sei schon darauf hingewiesen, hang zwischen Carsharing und § 37 Abs. 3 LBO nicht dass die LBO-Novelle in § 74 Abs. 2 LBO auch die hergestellt. Hier könnte ein ministerieller Erlass Möglichkeit eröffnen soll, durch örtliche Bauvor- helfen, die Vorschrift des § 37 Abs. 3 LBO für Zwecke schrift weniger als den auch künftig nach § 37 des Carsharings zu instrumentalisieren. Abs. 1 LBO vorgeschriebenen 1 (einen) notwendi- gen privaten Stellplatz pro Wohnung festzulegen. Zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Probleme (vgl. unten c). Auch mit dieser Regelung soll der können sich allerdings ergeben, wenn die Stell- Individualverkehr beschränkt werden. plätze nicht einzelnen Wohneinheiten zugeordnet sind und es sich bei dem Wohnbauvorhaben um eine WEG-Anlage handelt. In diesem Fall muss durch Baulast gem. § 37 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 71 Abs. 1 LBO sichergestellt werden, für welche Wohn- einheiten die Stellplatzpflicht ausgesetzt wurde, sonst ist eine Zuordnung nicht dauerhaft möglich. Außerdem muss in der Baulast geregelt werden, welche Carsharing-Fläche für die Herstellung des ausgesetzten Stellplatzes gesichert wird. Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 15
c) Beschränkung durch örtliche Bauvorschriften Weitere Entwicklungen: Nach der aktuellen Rechtslage kann die Gemeinde Aktuelle Gesetzeslage: gem. § 74 Abs. 2 Nr. 1 LBO die sich aus § 37 Abs. 1 LBO BW – Novellierung LBO ergebende Stellplatzverpflichtung einschrän- ken. Ausgenommen ist jedoch die Stellplatzver- Der Landtag Baden-Württemberg hat am pflichtung für Wohnungen. Die Gemeinde ist also 05. November 2014 das Gesetz zur Änderung der Kraft eigener Satzungsautonomie nicht in der Landesbauordnung beschlossen. Das Gesetz Lage, weniger als einen Stellplatz pro Wohnung ist am 01. März 2015 in Kraft getreten. In der Neu- zuzulassen. regelung der Landesbauordnung wurden u.a. die Regelungen für Kfz- und Fahrrad-Stellplätze Wie bereits ausgeführt, sieht der Referentenentwurf verändert: eines Gesetzes zur Änderung bauordnungsrecht- licher Vorschriften insoweit eine Erweiterung des Satzungsrechtes vor. In § 74 Abs. 2 Nr. 1 LBO sollen Anreize für Carsharing-Stellplätze die Wörter „ausgenommen die Stellplatzverpflich- tung für Wohnungen“ gestrichen werden. Dann Als Verwendungsoption für die Einnahmen aus der besteht für die Gemeinde die Möglichkeit, die Stell- Ablösung von Kfz-Stellplätzen wird die Herstellung platzverpflichtung zu reduzieren. Da die Satzungs- von Parkeinrichtungen für die gemeinschaftliche ermächtigung jedoch gem. § 74 Abs. 2 LBO daran Nutzung von Kraftfahrzeugen ausdrücklich genannt, gebunden bleibt, dass „Gründe des Verkehrs“ oder um die Mittelverwendung für diesen Zweck zu „städtebauliche Gründe“ die Satzungsregelung fördern. [§ 37 Abs. 5 LBO] rechtfertigen, bedarf es der Begründung, weshalb pro Wohnung weniger als ein Stellplatz herzustellen Bisherige Regelung: Eine ausdrückliche Verwen- ist. Hier kommt in Betracht, die Reduzierung der dung der Ablöse für Carsharing-Stellplätze fehlte Stellplatzverpflichtung davon abhängig zu machen, bisher. dass eine bestimmte Anzahl von Carsharing-Plätzen tatsächlich vorhanden ist. Es sollte dann – ähnlich wie bei § 37 Abs. 3 LBO ausgeführt – sichergestellt Kommunales Satzungsrecht hinsichtlich Anzahl werden, was geschieht, wenn die Carsharing-Plätze der Kfz-Stellplätze nicht mehr zur Verfügung stehen. In der Satzung könnte geregelt werden, dass die Stellplätze durch Gemeinden werden ermächtigt, durch örtliche Baulast bestimmten Wohnungen zuzuordnen sind, Bauvorschrift auch weniger als den nach § 37 LBO für die Kraft Satzung zunächst keine Stellplatzver- vorgeschriebenen einen notwendigen privaten pflichtung besteht. Die Zuordnungsproblematik be- Kfz-Stellplatz pro Wohnung festzulegen, um den schränkt sich freilich auf Wohneigentumsanlagen. Individualverkehr zu beschränken. Die Wörter „ausgenommen die Stellplatzverpflichtung für Auch wenn künftig die Möglichkeit bestehen wird, Wohnungen“ wurden gestrichen. [§ 74 Abs. 2 LBO] die Stellplatzverpflichtung bei Wohnungen zu Bisherige Rechtslage: Bisher war nur die Erhöhung reduzieren, lässt sich dadurch nicht verhindern, auf zwei Kfz-Stellplätze je Wohnung möglich. dass der Grundstückseigentümer mehr Stellplätze herstellt, als er nach der Stellplatzverpflichtung müsste. Der gewünschte Anreiz für das Carsharing würde dadurch entfallen. Deshalb wird die Ge- meinde zusätzlich zur Einschränkung der Stellplatz- verpflichtung nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 LBO auch noch eine Regelung gem. § 74 Abs. 2 Nr. 3 LBO zu treffen haben, wonach auch die Stellplatzherstellung 1 vgl. http://beteiligungsportal.baden-württemberg.de/de/ beschränkt wird. Nur dadurch lässt sich verhindern, kommentieren/landesbauordnung. dass die tatsächlich verfügbare Zahl an Stellplätzen 2 vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung nicht reduziert wird. bauordnungsrechtlicher Vorschriften (Fn. 28), A 2 3 zu den Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 LBO vgl. Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, § 37 Rn. 45ff. 16 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
3.3 Zivilrechtliche Rahmenbedingungen für das Mobilitätskonzept Zur Entwicklung der Organisationsstruktur, d.h. Klärung der Frage nach Eigentum und Wartung so- Kooperation: wie Organisation der Nutzung der Elektrofahrzeuge wurde ein zivilrechtliches Gutachten beauftragt. Das Die Nutzung bestehender Kompetenzen Rechtsgutachten wurde 2014 von Stephan Volpp, schafft einen einfachen Zugang zum Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentums- recht, Kanzlei: Kehl Fuhrmann Hezinger & Volpp elektromobilen Carsharing Rechtsanwälte (vorher bei: Bächle Riediger Kehrer Rechtsanwälte, Stuttgart) erstellt. Die Langfassung des Gutachtens wird in der separaten Anlage dieses Veröffentlichungsberichts wiedergegeben – siehe Inhaltsverzeichnis: Weitere Gesamtergebnis und Thesen des 2014 Informationen. von Stephan Volpp erstellten Gutachtens: • Die Stellplätze mit Ladestationen sind Gemeinschaftseigentum. • Die elektrobetriebenen Fahrzeuge können zum Verbandseigentum der Wohnungs- eigentümergemeinschaft erklärt werden. • Die Einbindung des Elektromobilitätskonzepts in die Gemeinschaftsordnung erfolgt durch eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungs- charakter. • Der Mitgebrauch Dritter an den Stellplätzen sowie dem elektromobilen Fuhrpark kann grundbuchrechtlich und schuldrechtlich geregelt werden. • Bei der Stromlieferung durch die Wohnungs- eigentümergemeinschaft ist auf eine dem Interesse der Wohnungseigentümergemein- schaft Rechnung tragende steuerrechtliche Regel zu achten. • Die Verwaltung des Elektromobilitätskonzep- tes sollte nicht in der Hand des Wohnungs- eigentumsverwalters liegen. • Es soll ein Kooperationsvertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und einem professionellen Carsharing-Unter- nehmen abgeschlossen werden, der die Instandhaltung und Instandsetzung, das Abrechnungs- und Buchungsmanagement sowie sämtliche Verwaltungshandlungen auf das Carsharing-Unternehmen überträgt. Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 17
3.4.1 Konzept Erzeugung und Bereitstellung der Energie zum Betrieb der Elektrofahrzeuge Die Erstellung eines energetischen Gutachtens erfolgte 2014 durch EGS-plan, Ingenieurgesellschaft für Energie-, Gebäude- und Solartechnik mbH, Stuttgart, Dr. Ing. Boris Mahler und Helmut Seiwald. Die Langfassung des Gutachtens wird in der separaten Anlage dieses Veröffentlichungsberichts wiedergegeben – siehe Inhaltsverzeichnis: Weitere Informationen. Zusammenfassung des 2014 von EGS-Plan erstellten Gutachtens: Das in der Entwurfsplanung erarbeitete Energie- Der Strombedarf für E-Mobilität nach dem hier versorgungskonzept ermöglicht es, die selbst- gewählten Prinzip mit der Bereitstellung von weni- gesteckten Ziele des Bauherren an die ökologische gen Fahrzeugen auf Carsharing-Basis ist mit unter Qualität zu erfüllen. Der überwiegende Teil des 4 % sehr klein gegenüber dem Gesamtstrombe- Wärmebedarfs sowie der komplette Strombedarf darf von rund 210 MWh/a (für den Gebäudebetrieb für den Gebäudebetrieb, den Allgemeinstrom und Allgemeinstrom, kein Privatstrom in den (Beleuchtung, Aufzüge, Lüftungsanlagen) und die Wohnungen). Elektromobilität (Projekt LivingLab BWe mobil) kann im Quartier selbst erzeugt werden, ein Teil Berücksichtigt man darüber hinaus den privaten davon rein regenerativ. Stromverbrauch in den Wohnungen mit ca. 3 MWh/a je WE, dann beträgt der Gesamtbedarf Dadurch lässt sich der Primärenergieaufwand im Quartier rund 580 MWh/a. Der Anteil des Car- gegenüber einer konventionellen Versorgung sharing-Stroms sinkt dann in den Bereich 1 bis (Wärmeerzeugung durch Erdgas, Strombezug aus 1,5 %. Allerdings sollte dann auch von zukünftig dem Netz nach deutschem Strommix) auf rund zunehmender privater Nutzung von Elektrofahr- ein Drittel reduzieren. zeugen ausgegangen werden. Unter der Annahme von 25 privaten elektrischen Fahrzeugen (Bedarf Die Eigenstromerzeugung erfolgt zu rund ¾ durch jeweils ca. 2 MWh/a) ergibt sich ein Gesamtstrom- das BHKW (Blockheizkraftwerk) und zu ¼ von der bedarf von 630 MWh/a, wovon rund 60 MWh/a PV-Anlage (Photovoltaik-Anlage). Bei einer Brutto- für die gesamte E-Mobilität benötigt werden. dachfläche von rund 1.700 m² können voraussicht- lich nur knapp 500 m² PV-Modulfläche realisiert Damit entfallen selbst bei optimistischer Zukunfts- werden. Eine Vergrößerung der PV-Anlage ist aus perspektive nur knapp 10 % des Gesamtstrom- baulichen bzw. planungsrechtlichen Gegeben- bedarfs auf die Elektromobilität, was durch ent- heiten nicht möglich. sprechende Auslegung der Stromerzeuger in fast allen Fällen gedeckt werden kann. Hier sollte bei künftigen Projekten eine Verbesse- rung angestrebt werden, so dass mehr PV-Fläche Der mögliche Ausbau des Fahrzeugbestands ist realisiert werden kann. Dies kann z. B. durch die allerdings bei der Anschlussleistung an das öffent- Ausbildung von vollflächig belegbaren Pultdach- liche Netz zu berücksichtigen, da insbesondere flächen erfolgen. beim gleichzeitigen Schnellladen der Fahrzeuge Leistungen erforderlich sind, die in der Größen- ordnung des Anschlusswertes konventionell dimensionierter Quartierswerte liegen. 18 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
Lokal erzeugt – lokal genutzt Der Strombedarf für die Elektromobilität kann vor Ort erzeugt werden Da sowohl hinsichtlich der zukünftigen Verbrei- sorgt durch einen Ausgleich des Bedarfs- und tung der Elektrofahrzeuge und auch zur zeitlichen Angebotsprofils für eine merkliche Erhöhung des Verteilung der Ladevorgänge noch Erfahrungen Eigenverbrauchs des im Quartier erzeugten Stroms fehlen, wird empfohlen, die in der Evaluierungs- und damit zur Reduzierung des Netzbezugs. Dies phase gesammelten Daten sorgfältig auszuwerten, gilt nicht nur für die Strommenge, sondern der um gesicherte Auslegungswerte für zukünftige Speicher reduziert auch den Leistungsbedarf am Projekte zu erhalten. Netzanschlusspunkt. Da es sich bei der Stromspei- cherung noch um eine neue Technik handelt, sind Weiterhin wird der Einsatz eines stationären die praktischen Erfahrungen im Projekt Rosenstein- Strom-Zwischenspeichers empfohlen. Dieser viertel für künftige Bauvorhaben sehr wertvoll. Energiekonzept Absorber Photovoltaik Gebäude Allgemein- Lüftung Aufzug strom Fußbodenheizung Puffer- Spitzen- speicher lastkessel Batterie Eisspeicher Blockheiz- kraftwerk E-PKW E-Bike/Pedelec (Car-Sharing) (Bike-Sharing) Wärme- Netz E-Mobil pumpe Wärme Strom Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein 19
3.4.2 Entwurfsplanung Auslegung und Auswahl der Ladeinfrastruktur Die Entwurfsplanung für die Auslegung und Aus- Die Langfassung des Gutachtens wird in der wahl der Ladeinfrastruktur erfolgte 2014 durch separaten Anlage dieses Veröffentlichungs- EGS-plan, Ingenieurgesellschaft für Energie-, berichts wiedergegeben – siehe Inhaltsver- Gebäude- und Solartechnik mbH, Stuttgart, zeichnis: Weitere Informationen. Dr. Ing. Boris Mahler und Helmut Seiwald. Zusammenfassung des 2014 von EGS-Plan erstellten Gutachtens: Anforderungen an die Ladestationen bzw. den möglichst schnell zu laden um auch für kurzfristig Ladevorgang gebuchte Fahrten wieder zur Verfügung zu stehen. Hinsichtlich der Energiebereitstellung für die Beim Carsharing-Anbieter Stadtmobil, der beim E-Fahrzeuge wird ein möglichst hoher regenerati- Projekt Rosensteinquartier als Betreiber auftreten ver Anteil angestrebt. Damit sollte möglichst viel wird, liegen bislang nur Anfangserfahrungen mit Strom von der PV-Anlage genutzt werden und nur Elektrofahrzeugen vor. Seit etwa 1,5 Jahren werden bei nicht ausreichender PV-Erzeugung das BHKW zwei Renault Zoe am Standort Waiblingen gemein- verwendet werden. sam mit den dortigen Stadtwerken betrieben. Der Verfahrensablauf ist so, dass zwischen zwei Buchun- Bei maximaler Ladung der PKWs wird häufig der gen eines Fahrzeuges immer eine Zeitspanne von Fall auftreten, dass die momentane PV-Leistung zwei Stunden liegen muss, da diese Zeit ausreicht, nicht ausreicht, insbesondere wenn mehrere Fahr- um das Fahrzeug auch bei leerem Akku wieder zeuge gleichzeitig laden bzw. bei trüber Witterung. komplett aufladen zu können (Ladung AC 22 kWp). Neben dem Einsatz eines Batterie-Zwischen- Die Fahrzeuge selbst werden mit den bei Stadt- speichers bietet sich die Nutzung einer PV-Über- mobil einheitlich verwendeten RFID-Karten geöff- schussladung an. Hierbei wird die Ladeleistung net, für die Freischaltung der Ladesäulen werden der verfügbaren PV-Strommenge nachgeführt, wo- separate Ladekarten verwendet (EnBW bzw. durch sich allerdings die Ladedauer erhöht und Ladenetz), die in den Fahrzeugen deponiert sind. der Zeitpunkt der Fertigladung nicht sicher vorher- gesagt werden kann. Die vorstehend beschriebene Strategie ist nicht mit dem üblichen Verfahrens- Technische Möglichkeiten zur Umsetzung von ablauf im Fahrzeug-Mietgeschäft verträglich. Hier Ladestrategien erwartet der Mieter, dass ihm ein Fahrzeug zum vereinbarten Termin vollständig geladen zur Verfü- Um alle Anforderungen zu erfüllen, sind integrierte gung steht. Aus dieser Sicht ist das Fahrzeug immer Regelsysteme erforderlich, die aus den Komponen- ten Energiemanagementsystem (Gebäude), Bu- chungssystem (Carsharing) und der Rückmeldung aus dem Fahrzeug (Ladezustand) bestehen. Solche Systeme sind derzeit noch nicht kommerziell ver- fügbar, lediglich Teilbereiche sind funktionsfähig und erhältlich. Es laufen jedoch derzeit mehrere Forschungsprojekte zu diesem Themenfeld. Elektromobilität ist am umweltfreundlichsten mit regenerativer Energie 20 Wohnen und Elektromobilität in Stuttgart-Rosenstein
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