Partnerschaft schont Kapital und Nerven - mit Solarify

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Partnerschaft schont Kapital und Nerven - mit Solarify
34   WIRTSCHAFT

                                                                                                                                   Bild: Roger Langenegger

                NACHHALTIGKEIT. Die Stadtberner Schreinerei Dürig und Völkel nutzt Solarstrom vom eigenen Dach
               – dank eines Crowdinvestment-Modells. Die Fotovoltaikanlage wird durch die Start-up-Firma
                Solarify betrieben. Für Schreinermeister Xaver Dürig zahlt sich die Zusammenarbeit aus.

     Partnerschaft schont Kapital und Nerven
     Solarenergie ist die Energie der Zukunft.     war mit seinen 15 Mitarbeitenden von Thun        an der Universität Basel Mitglied der Ge-
     Davon ist Schreiner Xaver Dürig überzeugt.    nach Bern umgezogen.                             schäftsleitung von Solarify. Die Solaranlagen
     Auf dem Dach der Schreinerei, die er mit-     Für 2016 war geplant, die gesamte Gebäude-       werden jeweils dem Standort angepasst.
     ten in einer Industrie- und Gewerbezone in    fassade energetisch zu sanieren. «Für wei-       Auch bei Dürig und Völkel in Bern gab das
     Bern führt, prangen 113 Solarpanels. Sie      tere Investitionen hatte ich in diesem Mo-       bestehende Welleternitdach vor, was mög-
     versorgen das Gebäude mit sauberer Ener-      ment kein Kapital», sagt er. Fast gleichzeitig   lich war. Xaver Dürig hatte zunächst noch
     gie vom eigenen Dach. Die Anlage ist eines    war Aurel Schmid für sein neu gegründetes        über einen Ersatz des 30-jährigen Dachs
     der ersten Projekte des Berner Oberländer     Start-up Solarify auf der Suche nach nutz-       nachgedacht. Doch der Zustand des Dachs
     Start-up-Unternehmens Solarify. Kurz zu-      baren Dachflächen. Über Bekannte kamen           war immer noch genügend, und nun ver-
     sammengefasst ist die Geschäftsidee der       die beiden in Kontakt – und so entstand auf      längern die Solarpanels seine Lebensdauer,
     Solarify GmbH eine einfache: Die Firma        dem Dach der Schreinerei das zweite Pro-         «ein grosser Vorteil für die Bausubstanz»,
     sucht Dächer, die sich für die Energiege-     jekt von Solarify. Die 30-Kilowatt-Anlage        wie er sagt.
     winnung durch Fotovoltaik eignen. Auf ih-     deckt mit ihren rund 185 Quadratmetern           Solarify schliesst in der Regel mit den Ge-
     rer Website bietet sie anschliessend ein­     Fläche nahezu das ganze südlich ausgerich-       bäudeeigentümern langfristige Nutzungs-
     zelne Panels der Projekte als nachhaltige     tete Dach ab.                                    verträge ab: Mindestens 30 Jahre beträgt
     Investitionsmöglichkeit für Privatpersonen                                                     die Lebens­dauer einer Solaranlage. Um die
     an. Sobald alle Panels verkauft sind, wird    Eternit darf länger oben bleiben                 Planungs­arbeit, die Bewilligungsverfahren
     die Anlage gebaut. Mit diesem sogenannten     Zunächst begutachteten die Verantwortli-         und die Ausführung kümmerte sich Sola-
     Crowdinvestment-Modell wird nur realisiert,   chen von Solarify das Dach bezüglich Aus-        rify. «Das ist ein grosser Vorteil, denn ich
     was sich wirklich finanzieren lässt.          richtung, Neigung und Zustand. «Wir schät-       hätte nicht nur kein Kapital gehabt, sondern
                                                   zen die Machbarkeit und die Rentabilität         auch nicht die Zeit und die Nerven, mich
     Kontakt im richtigen Moment                   einer Anlage immer ab, bevor wir ein Pro-        darum zu kümmern», sagt Xaver Dürig. «Oft
     Für Xaver Dürig kam das Modell von Sola-      jekt weiterverfolgen», sagt Roger Langen-        sind gerade die Verantwortlichen von KMU
     rify genau zum richtigen Zeitpunkt. Er hat-   egger. Der 25-Jährige ist nebst seinem Mas-      im Arbeitsalltag stark ausgelastet. Für sie
     te die Schreinerei gerade erst gekauft und    terstudium in Nachhaltiger Entwicklung           kann unser Rundum-Paket interessant sein»,
Partnerschaft schont Kapital und Nerven - mit Solarify
SCHREINERZEITUNG NUMMER 35 27. August 2020                                                                                             WIRTSCHAFT   35

Das gegen Süden                                Eigenleistung realisieren – sozusagen als       Investoren. Die langfristigen Nutzungsver-
ausgerichtete Dach                             Auftrag auf dem eigenen Dach.                   träge schränken die Eigentümer der Liegen-
ist mit Solarpanels
                                                                                               schaft etwas ein. «Kein Problem», sagt Dü-
gedeckt. Die Panels
schützen auch die                              Zwei Drittel des Strombedarfs gedeckt           rig. Er habe aktuell nicht vor auszu­bauen.
Bausubstanz.                                   Am sinnvollsten ist eine Fotovoltaikanlage      «Und falls ich plötzlich aufstocken möchte,
                                               dort, wo der Strom auch gleich gebraucht        wäre die Anlage relativ einfach ab- und
                                               wird. Interessant sind gemäss Langenegger       wieder aufzubauen.» Zudem kann die
                                                                                               ­
                                               Gebäude mit einer Dachfläche von mindes-        Schreinerei die Solaranlage jederzeit zu-
                                               tens 100 Quadratmetern und einem Ver-           rückkaufen. Bei einem Verkauf gehen be-
                                               brauch von mindestens 15 000 Kilowatt-          stehende Verträge auf den neuen Besitzer
                                               stunden im Jahr. Xaver Dürig kann derzeit       über. «Eine bereits bestehende Fotovoltaik-
ist Langenegger überzeugt. Das Gebäude war     rund 70 Prozent seines Strombedarfs mit         anlage steigert den Wert eines Gebäudes»,
für die Fassadensanierung bereits eingerüs-    der Anlage auf dem eigenen Dach decken.         ist er überzeugt.
tet. Das vereinfachte die Arbeiten. Für die    Der dort produzierte Strom wird direkt          Für Xaver Dürig waren es aber längst nicht
Gebäudeeigentümer fallen beim Geschäfts-       über einen Wechselrichter ins Netz einge-       nur die finanziellen Aspekte, die ihn zu einer
modell von Solarify keinerlei Kosten für Er-   speist. Als Gegenleistung für das Gastrecht     Zusammenarbeit mit Solarify bewogen.
stellung oder Unterhalt an. Normalerweise      für Solarify auf dem Dach erhalten die Eigen-   «Ich stehe auch ideell absolut hinter dem
dauern die Aufbauarbeiten rund eine Wo-        tümer in der Regel einen Mietzins oder die      Projekt.» Der ökologische Aspekt sei ihm
che. Für die Ausführung sind lokale Spezi-     erzeugte Elektrizität zu einem Tarif, der 5     nicht nur privat, sondern auch im Geschäft
alisten verantwortlich. «So bleibt ein gros­   bis 10 Prozent unter dem Marktpreis liegt.      wichtig. So verwendet er in seinem Betrieb
ser Teil der Wertschöpfung vor Ort», sagt      Eigentümer Dürig erhält eine jährliche          möglichst natürliche Materialien und ver-
Langenegger. Gewisse Arbeitsschritte, etwa     Dachmiete von rund 460 Franken. Das Kos-        zichtet weitgehend auf Kunststoff. Er be-
bei der Montage der Unterkonstruktion,         tenrisiko der Anlage, etwa für Unterhalt        rücksichtigt lokale Lieferanten, seine Mit-
konnten Dürig und sein Team in bezahlter       und Reparaturen, tragen Solarify und die        arbeitenden fahren mit Zug und Velo zur

                                                                                                    Laubholz.
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                                                                                                    Service von A bis Z.
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                                                                                                             Generationen
                 1950 – 2020                                                                                 verbinden,
                                                                                                             Bewährtes erhalten
      1950 – 2020                                                                                            und neuen
                                                                                                             Zeitgeist schaffen.
   Qualität aus Erfahrung

                                                                                                             Stuhl v. l. n. r.:
                                                                                                             Tradition Modell 4555
                                                                                                             Inspiration Modell 4180
                                                                                                             Inspiration Modell 4187

   THÖNI STUHL GMBH

                                                                                               www.stuhl.it
   7536 Sta. Maria Val Müstair / Sola Nr. 3 / Schweiz
   Tel. 0041 / 081 / 8503947, thoenistuhl@bluewin.ch
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36    WIRTSCHAFT                                                                                       SCHREINERZEITUNG NUMMER 35 27. August 2020

                                                                                                                                    Bilder: Franziska Gertsch

                                                       Xaver Dürig beim                                                      Roger Langenegger,
                                                       Wechselrichter, über                                                  Co-Geschäftsleiter von
                                                       den der Strom vom                                                     Solarify, wünscht sich
                                                       Dach in den Betrieb                                                   solche Anlagen auf
                                                       eingespeist wird.                                                     mehr Schreinereien.

     Arbeit – und er verwendet eben sauberen           den Verbrauch abrufen. Bei ihm hat die         den eine Anlage einspielt, gehen während
     Strom vom Dach. «Mit unserem Bekenntnis           Kontrolle des Stromverbrauchs dazu ge-         des Betriebs 80 Prozent an die Investoren,
     zur ökologischen Produktion heben wir             führt, dass er eine Schwachstelle bei seinen   20 Prozent bleiben bei Solarify. «Für Inves-
     uns von den Mitbewerbern ab. Nun müss-            Geräten fand: Ein Luftkompressor ver-          toren sind die Anlagen zwar keine Goldgru-
     ten wir das nur noch etwas besser vermark-        brauchte ein Vielfaches an Elektrizität und    be, aber doch rentabel», sagt Roger Langen-
     ten», sagt er und lacht.                          wurde ersetzt.                                 egger von Solarify.
     Weil der 42-Jährige von der Idee überzeugt                                                       Doch ihm geht es um mehr als nur den Ge-
     ist, hat er selbst in Panels investiert und sie   Win-win-win-Situation                          winn, wie er sagt: «Wir möchten die Energie-
     seinen Kindern und Göttikindern geschenkt.        Bei jedem Projekt berechnet Solarify zu-       wende vorantreiben und die Gesellschaft
     «Einerseits ist das eine Wertanlage, ande-        nächst Kosten und Rendite. Daraus ergeben      daran teilhaben lassen.» Wenn der natio­
     rerseits möchte ich damit die nachfolgen-         sich anschliessend die Kosten pro Panel. Bei   nale Strommarkt bisher von wenigen gros­
     de Generation für Energiethemen sensibi-          der mittelgrossen, rund 80 000 Franken teu-    sen Akteuren dominiert war, soll sich
     lisieren», sagt er. Über eine App kann er als     ren Anlage auf Dürigs Dach etwa kostet ein     dies seiner Ansicht nach nun ändern. Der
     Panelbesitzer jederzeit die Produktion und        Panel rund 720 Franken. Vom Netto­ertrag,      Strommarkt der Zukunft solle keine rein
                                                                                                      technokratische Angelegenheit mehr sein,
                                                                                                      sondern dezentraler und inklusiver funk­
       I M K U R Z P O RT R ÄT
                                                                                                      tionieren. «Und deshalb bringen wir Dach­
       Solarify GmbH                                   Dürig und Völkel GmbH                          eigentümer ohne Zeit und finanzielle
      Das im Jahr 2016 von Aurel Schmid                Die Dürig und Völkel GmbH ist eine             ­Ressourcen mit potenziellen Geldgebern
       gegründete Start-up-Unternehmen                 inhabergeführte Schreinerei mitten in          zusammen, die ihre Rücklagen in sinnvolle
      Solarify GmbH mit Sitz im bernischen             Bern. Das Unternehmen mit 15 Mitar-            Anlagen investieren wollen», sagt Langen-
      Hilterfingen finanziert und betreibt             beiterinnen und Mitarbeitern ist spezia-       egger. Es gibt eine Warteliste mit potenziel-
       schweizweit Fotovoltaikanlagen. Dem             lisiert auf die Produktion massgefertig-       len Investoren. Solarify sucht weitere Dä-
      Geschäftsmodell des Start-ups liegt              ter Küchen und Möbel und hat grosse            cher. Aktuell stehe man in Verhandlungen
       eine Crowdinvestment-Strategie zu-              Erfahrung im Massivholzbereich.                mit zwei Schreinereien im Raum Thun BE.
       grunde. Mittlerweile hat die Firma mit          Inhaber und Geschäftsführer Xaver              «Aber wir würden uns freuen, noch mehr
       ihren sechs Mitarbeitenden landesweit           Dürig legt Wert auf qualitativ hochwer-        Schreiner ins Boot zu holen», sagt Langen-
      bereits 17 Anlagen realisiert. FG                tige und ökologische Materialien. FG           egger. «Für uns hat sich die Zusammenar-
      → www.solarify.ch                                → www.vomschreiner.ch                          beit bis jetzt auf jeden Fall sehr gelohnt»,
                                                                                                      sagt Xaver Dürig.         FRANZISKA GERTSCH
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