Physik III Quantenphysik & Statistische Physik - Universität ...

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Physik III
                      Quantenphysik & Statistische Physik

                                       https://www.physik.uni-
                        hamburg.de/en/ilp/hemmerich/teaching-hemmerich.html

0.1   Physik III, Universität Hamburg                                     Andreas Hemmerich 2020 ©
Studienplan Physik
                                              Physik I & Physik II
                         Klassische Physik: Mechanik, Elektrodynamik, Optik, Thermodynamik

                                                     Physik III
                                          Quantenphysik und statistische Physik

                   Atomphysik                                                Kernphysik
                   Molekülphysik                 Festkörperphysik
                   Laserphysik                                               Teilchenphysik

0.2   Physik III, Universität Hamburg                                                         Andreas Hemmerich 2020 ©
Legende
       Ü           wird in einer Übung vertieft, entweder als Übungsaufgabe oder in den Übungsgruppen

       P           wird in der Vorlesung behandelt, ist aber kein Prüfungsthema

                   wird erst in den Theorievorlesungen konsequent durchgeführt

         !         wird in der Vorlesung nicht behandelt, aber zur Vervollständigung ins Skript aufgenommen

        E          wird in der Vorlesung bzw. als Video abrufbar experimentell durchgeführt

0.3   Physik III, Universität Hamburg                                                         Andreas Hemmerich 2020 ©
Inhaltsverzeichnis
                 1.                     Licht: Welle oder Teilchen?
                 2.                     Materie: Teilchen oder Welle?
                 3.                     Wellenmechanik
                 4.                     Die 1D Schrödinger Gleichung im Stufenpotential
                 5.                     Formale Grundlagen der Quantenmechanik
                 6.                     Elementare Quantensysteme
                 7.                     Bahn-Drehimpuls
                 8.                     Das Wasserstoff-Atom

0.4   Physik III, Universität Hamburg                                                     Andreas Hemmerich 2020 ©
9.                     Magnetisches Moment & Spin
                 10.                    Die Feinstruktur des Wasserstoff-Atoms      !

                 11.                    Vielteilchensysteme: Bosonen & Fermionen
                 12.                    Wahrscheinlichkeit & Entropie

                  13.                   Boltzmann-Systeme
                  14.                   Bose-Einstein – und Fermi-Dirac-Statistik
                  15.                   Bose-Systeme
                  16.                   Fermi-Systeme

0.5   Physik III, Universität Hamburg                                                   Andreas Hemmerich 2020 ©
Literatur Quantenphysik: begleitend zur Vorlesung
                                           experimentelle Ausrichtung

        M. Alonso, E. J. Finn           W. Demtröder         Haken & Wolf                 T. Mayer-Kuckuk
        Oldenbourg 2005                 Springer 2005        Springer 2003                Teubner 1997
        ISBN: 348657762X                ISBN 3-5402-1473-9   ISBN 3-540-02621-5           ISBN 3-519-43042-8
        ! 39,80                         ! 44,95              ! 44,95                      ! 29,90

        Relativ kompakte, klare  Lexikalischer Charakter     Ausgebauterer Formalismus,   Kompakte Einführung
        Darstellung, moderat                                 hohes didaktisches Niveau,   in die Atomphysik für
        ausgebauter Formalismus,                             verbindet theoretische und   Experimentalphysiker,
        als Einstieg empfeh-                                 experimentelle Aspekte       wenig formale Basis
        lenswert

0.6   Physik III, Universität Hamburg                                                                Andreas Hemmerich 2020 ©
Literatur Quantenphysik: begleitend zur Vorlesung
                                             theoretische Ausrichtung

      J.-L. Basdevant                    S. Gasiorowicz          C. Cohen-Tannoudji et al.     J. Griffith
      J. Dalibard                        Oldenbourg 2005         de Gruyter 1999               Prentice Hall 2004
      Springer 2005                      ! 44,80                 ! 54,00                       $ 111,49
      ! 96,25
      Didaktisch hervorragend,           Relativ kompakt,        Ein didaktisch hervorragen-   Kompakte Einführung,
      gute fokussierte Themen-           anwendungsorientiert,   des Lehrbuch der Quanten-     selektiver Charakter
      wahl, elegante Darstellung,        guter Einstieg          mechanik, umfangreich
      vermittelt viel Verständnis                                aber mit gutem Wegweiser-
                                                                 system ausgerüstet

0.7    Physik III, Universität Hamburg                                                                      Andreas Hemmerich 2020 ©
Literatur Quantenphysik: weiterführend

        R. Loudon                       C. Cohen-Tannoudji et al.   C. Cohen-Tannoudji et al.   P. Schmüser
        Oxford University Press         Wiley 1998                  Wiley 1989                  Springer 1995
        ! 57,31                         ! 72,90                     ! 72,90                     ! 27,95
       Ausgezeichnetes Buch             Exzellentes Buch            Exzellente Einführung in    Sehr gute Einführung in
       über Quantenoptik                über die Wechselwirkung     die Quantenelektrodynamik   die Quantenfeldtheorie,
                                        zwischen Atomen und Licht                               pragmatischer Ansatz,
                                                                                                schnörkellose Einführung
                                                                                                der Dirac-Gleichung

0.8   Physik III, Universität Hamburg                                                                       Andreas Hemmerich 2020 ©
Literatur Statistische Physik

      M. Alonso, E. J. Finn                Ch. Kittel, H. Kroemer   R. Becker                K. Huang
      Oldenbourg 2005                      Oldenbourg 1993          Springer 1985            Wiley 1987
      ISBN: 348657762X                     ISBN: 3486224786         ISBN: 3540153837         ISBN: 0471815187
      ! 39,80                              ISBN 3-4862-5716-1                                $ 107,06
                                           ! 38,90

      Guter Einstieg,                      Gute Einführung,         Ein theoretisch          Für Fortgeschrittene mit
      kompakte, klare                      akzentuiert quanten-     orientierter Klassiker   theoretischer Orientierung.
      Darstellung, das Kapitel             mechanische Aspekte                               Schließt auch neuere
      über statistische                                                                      Entwicklungen ein
      Mechanik ist besonders
      empfehlenswert

0.9   Physik III, Universität Hamburg                                                                   Andreas Hemmerich 2020 ©
Über die Quantenphysik
                            Niels Bohr:

                            “Anyone who is not shocked by the quantum theory has not understood it.”

                            Erwin Schrödinger

                            “Ich mag sie nicht, und es tut mir leid, jemals etwas damit zu tun gehabt zu haben”

                            Albert Einstein:
                           “Ich kann ["] nicht ernsthaft daran glauben, weil die Theorie mit dem Grundsatz
                           unvereinbar ist, dass die Physik eine Wirklichkeit in Zeit und Raum darstellen soll,
                           ohne spukhafte Fernwirkung”

                            Richard P. Feynman:

                            “I think I can safely say that nobody understands quantum mechanics.”
0.10   Physik III, Universität Hamburg                                                               Andreas Hemmerich 2020 ©
Unterschiede zwischen klassischer Physik und Quantenphysik:

  Klassische Physik:                     !     Erfolgreiche Beschreibung makroskopischer Phänomene
                                               Physikalische Größen (Ort, Zeit, Impuls, Energie,...) kontinuierlich
                                               Unterschiedliche Konzepte für Wellen und Teilchen

                                             x(t), p(t)                           sin(kx-"t)
                                         !     Individualität von Objekten: zwei Objekte sind niemals identisch

   Quantenphysik:                        !     Erfolgreiche Beschreibung submikroskopischer Phänomene
                                         !     Bestimmte physikalische Größen haben diskrete Wertebereiche
                                                 Erhebliche Reduktion der Komplexität
                                                 Elementare Einheiten für bestimmte physikalische Größen
                                                 Möglichkeit identischer, ununterscheidbarer Objekte

                                         ! Einheitliches Konzept für Wellen und Teilchen:
                                           Welle-Teilchen-Dualismus
                                         ! Superpositionszustände, Unschärfe, Nichtlokalität, Verschränkung
0.11   Physik III, Universität Hamburg                                                                 Andreas Hemmerich 2020 ©
Klein und Groß

                                                                  Auflösung
                                                                 Elektronen-
                                                                 mikroskop
                                                                                                      homo sapiens
                                                       Atome                 Auflösung
                      Atom-                            Kleine                  Licht-
                                                                       Viren
                      kerne                           Moleküle               Mikroskop   Haar

                                         fm          pm          Å   nm         µm          mm               m
                                     10–15 m         10–12 m         10–9 m     10–6 m      10–3 m

                                              Quantenphysik                              Klassische Physik

                                                  Unscharfe Grenze, hängt ab von Temperatur, Druck, ...
0.12   Physik III, Universität Hamburg                                                                    Andreas Hemmerich 2020 ©
Das Unbehagen an der Quantentheorie
  Superpositionsprinzip:
  Die Quantentheorie erlaubt “Überlagerungen”
  von Zuständen mit jeweils wohldefinierten
  physikalischen Eigenschaften !
  Interferenz, Unschärfe, Verschränkung, Nichtlokalität

 Messproblem:
  Die Quantentheorie erhebt den Anspruch sowohl die mikroskopische als auch die makroskopische
  Welt zu beschreiben.
 Beobachtung der Quantenwelt erfolgt mit klassischen Apparaten. Zur Operationalisierung des
 Messvorgangs benötigt die QT Aussagen über die Wechselwirkung mit (klassischen) Systemen,
 die aufgrund der zu großen Komplexität nicht durch die QT beschrieben werden.
  Die quantentheoretische Beschreibung “großer Systeme” (viele koppelnde Freiheitsgrade) ist
  ein aktuelles Forschungsgebiet rund um die offene Frage: Wie eliminiert die klassische Welt die
  Merkwürdigkeiten der Quantentheorie ?

0.13   Physik III, Universität Hamburg                                                 Andreas Hemmerich 2020 ©
QUANTUM   CLASSICAL

                                                                STOP
                                                               show your
                                                                classical
                                                               apparatus

0.14   Physik III, Universität Hamburg                                      Andreas Hemmerich 2020 ©
1. Licht: Welle oder Teilchen ?

1.1   Physik III, Universität Hamburg                          Andreas Hemmerich 2022 ©
Licht als Welle:
      Klassische Physik:                  !   Licht ist eine elektromagnetische Welle

                                                                                E0 ei(kx-"t) + E0* e-i(kx-"t)
                                                                            1
      Beispiel: ebene monochromatische Welle:                    E(x,t) =   2

                                              " # 2$&         Kreisfrequenz, & # Frequenz (375–750 THz sichtbar)

                                              k #  2$
                                                             Wellenzahl, % # Wellenlänge (0.4–0.8 µm sichtbar)
                                                    %
                                              I # '0c E0 E0* über eine Ozillationsperiode gemittelte Intensität
                                                               ( Strahlungsleistung pro Fläche [Watt/m2] )

  Dispersionsrelation:                        " = c k, c # 2.998 * 108 m/s Lichtgeschwindigkeit

1.2     Physik III, Universität Hamburg                                                                         Andreas Hemmerich 2022 ©
Exkurs: Komplexe Schreibweise für reelle harmonische Felder:
      Reelles elektrisches Feld:
                                                       1
      E(r,t) = A(r) 2 cos(!(r) - "t ) =                2     A(r) [ ei(!(r) - "t ) + e-i(!(r) - "t ) ]
                                                        1                             1
                                                =       2
                                                             A(r) ei!(r) e-i"t +      2
                                                                                        A(r) e-i!(r) ei"t

                                                       1
      relles Feld:                        E(r,t) =     2
                                                         (   E(r,t) + E(r,t)* )

      komplexes Feld:                     E(r,t) =     E(r) e-i"t , E(r) = A(r) ei!(r)

      Zeitgemittelte Intensität:
                                                                                        T
                                                                                1
                   T = 2#/" = Schwingungsdauer, I(r) / $0c =                                dt |E(r,t)|2 =      E(r) E(r)* = A(r)2
                                                                                T
                                                                                    0

      BSP:              ebene laufende Welle        A(r) = A0, !(r) = k r                     %          E(r,t) = A0 ei(kr-"t)
                                                                                                         I(r) = $0c A02

                        ebene stehende Welle A(r) = A0 cos(kr), !(r) = 0                      %          E(r,t) = A0 cos(kr) e-i"t
                                                                                                         I(r)   = $0c A02 cos2(kr)
1.3     Physik III, Universität Hamburg                                                                                    Andreas Hemmerich 2022 ©
Messung der Lichtgeschwindigkeit: (Foucault 1851)

                                                                                Jean Bernard Léon Foucault
                                                                                             (1819 – 1868)
                                         f
                                                        langer Weg, ca. 10 km

                                                                   Licht-
               Dreh-                                               quelle
               spiegel

                                                        Schirm

                               c ! 2.998 * 108 m/s Lichtgeschwindigkeit

1.4    Physik III, Universität Hamburg                                                         Andreas Hemmerich 2022 ©
E             Licht ist ein Wellenphänomen: Interferenz am Doppelspalt
                    (Thomas Young 1805)

      Young kollimierte Sonnenlicht mit
      Hilfe eines Spiegels und einer
      kleinen Apertur. Statt eines                                            Thomas Young
      Doppelspalts hielt er eine schmale                             n= 1
                                                                               (1773-1829)
      Barriere in den Strahl.
                                                d                    n= 0
      Modernere Variante:
                                                                     n = -1
      $     Kollimierter Strahl
            eines “Laser Pointers”                         S

                                      !
            Bedingung für Maxima: n ! = "L ≈ d sin(#), n = 0, ±1,...

                                                d
Auflösungsvermögen optischer Abbildungen
                  Für die erste Beugungsordnung n = 1 gilt: d sin(!) = #
                  Auflösung des Doppelspalts erfordert, dass 1. Ordnung die Linse trifft
                                                   ! < "   $    d = # / sin(!) > # / sin(") > #

                                        $ Auflösungsvermögen optischer Abbildungen > #

                                                               n= 1

                                             d       !
                                                     "

                                                               n = -1

                                                                        Linse              Schirm
1.6   Physik III, Universität Hamburg                                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
Beobachtung der Interferenzfähigkeit von Licht
      Unsere Überzeugung, dass Licht ein Wellenphänomen ist, leiten wir aus seiner
      Interferenzfähigkeit ab !
      FRAGE: Was sind die Voraussetzungen für Interferenz, ist jede Lichtquelle interferenzfähig,
             oder gibt es Lichtquellen mit mehr oder weniger Interferenzfähigkeit?

      BSP1: ebene monochromatische Welle besteht aus einem unendlich langen Wellenzug

                   Es besteht feste Pasenbeziehung für beliebige Abstände   "   maximal interferenzfähig

      BSP2: Lichtsstrahl zusammengesetzt aus vielen Wellenzügen endlicher Länge
            mit zufälliger relativer Phasenlage

                 partiell interferenzfähig ?

1.7     Physik III, Universität Hamburg                                                                    Andreas Hemmerich 2022 ©
beweglicher Spiegel zur Einstellung
      Michelson Interferometer                                            der Weglängendifferenz "x = c ! bzw.                    Imax(!)
                                                                          Laufzeitdifferenz !
                                                                                                                                  Imin(!)

                                     I0
                                                                                                                                                      I0
                                                                                                                                                       I0/2
                   Messung der mittleren                                                                                                               0
                   Intensität I(!)                                                                        Laufzeitdifferenz   !

                                                                 Imax(!) - Imin(!)
      Interferenzkontrast:                        K(!) #
                                                                Imax(!) + Imin(!)

                        maximale Kohärenz: Interferenzkontrast = 1 für alle !
                            partielle Kohärenz: Interferenzkontrast nimmt ab für große !

      BSP: ebene monochromatische Welle

      E(!) = ei$t [eikx + eik(x + "x(!)) ] , k"x(!) = k c ! = $ !
                                                                                                                 Imax(!) - Imin(!)   4- 0
      I(!) ~       |E(!)|2           =    |eikx   +   eik(x + "x(!)) |2   = 2(1+ cos($!)) %          K(!) #                        =      = 1
                                                                                                                 Imax(!) + Imin(!)   4+0

1.8     Physik III, Universität Hamburg                                                                                                Andreas Hemmerich 2022 ©
P      Exkurs: Die Kohärenzfunktion als Maß für Interferenzfähigkeit

      Betrachte Punktlichtquelle Q: Licht E(t) gelange auf zwei verschiedenen Pfaden zum Punkt P
                                                                                     t
                Pfad 1: Laufzeit t
                Pfad 2: Laufzeit t+!                                     xQ
                                                                                                xP
                Elektrisches Feld am Punkt P: E(xP,t) ~ E(t) + E(t+!)                 t+!

                                                                                                                   T
                        ! E(t) E(t+!)* "                                                                  1
      g(!)      "                             Kohärenzfunktion 1.ter Ordnung            !f(t)"   "    lim           f(t) dt
                          ! E(t) E(t)* "                                                             T#$ T
                                                                                                                 -T

      Mittlere Intensität am Punkt P:
      I(!) / %0c = !|E(t) + E(t+!)|2" =              !|E(t)|2" + !|E(t+!)|2" + !E(t) E(t+!)*" + !E(t)*E(t+!)"

                           = !|E|2" ( 2 + g(!) + g(!)* ) = 2!|E|2" (1 + Re[g(!)]) = 2!|E|2" [ 1 + |g(!)| cos(&(!)) ]

                                                                                             g(!)    " |g(!)| ei&(!)
                                                                                        Re[g(!)]     = |g(!)| cos(&(!))

1.9       Physik III, Universität Hamburg                                                                     Andreas Hemmerich 2022 ©
I(") = #0c !|E(t) + E(t+")|2" = 2#0c !|E|2" (1 + Re[g(")]) = 2#0c !|E|2" [ 1 + |g(")| cos($(")) ]                                 P

   Annahme:                                                           Imax(") = 2#0c !|E|2" [ 1 + |g(")| ]
   |g(")| ändert sich kaum über eine                       %
   Oszillationsperiode von cos($("))                                  Imin(") = 2#0c !|E|2" [ 1 - |g(")| ]

                                         Imax - Imin
   Interferenzkontrast:                                =     |g(")|
                                         Imax + Imin

   Eine Lichtquelle bezeichnet man als:                        kohärent falls            |g(")] = 1     "
                                                               partiell kohärent falls   ! " : 0 < |g(")] < 1
                                                               inkohärent falls          g(") = 0     ">0

                                                                                          |g(")|, Re[g(")]
   BSP1: Laserlicht                            E(t) = E0 exp(-i(&t + '))
                                                                                         1
                                               g(") = exp(i &")
                                                |g(")| = 1                                                                            "

1.10   Physik III, Universität Hamburg                                                                          Andreas Hemmerich 2022 ©
BSP2: Thermisches Licht                                                                 $(t)                                                    P
                                                                                    2%          $1                  $4
 Ein Atom oder Molekül in einem Gas emittiert eine mono-                                              $2
 chromatische Welle                       E(t) = E0 exp( -i(#t + $(t))) mit einer         $0                 $3
                                                                                    0                                                 t
 Phase $(t) die bei jedem Stoß einen zufälligen Sprung macht

 ! E(t) E(t+&)* " = |E0|2 ei#& ! e i($(t+&) – $(t)) "

                                             ei! falls freier Flug < &
   e i($(t+&) – $(t)) =
                                                  ! ' [0,2%] zufällig
                                              1 falls freier Flug > &                                                       time
                                                                              t            t+&

       i($(t+&) – $(t))
  !e                               " =     P(&)                                          i

                    P(&) = Wahrscheinlichkeit für freien Flug länger als &                                          -i
                                                                                                                    N
                                                                                                                1
                                                                                                     ! ei!" =   N   ∑ ei!"            = 0
                                                                                                                    "=0

1.11    Physik III, Universität Hamburg                                                                                     Andreas Hemmerich 2022 ©
P
   ! E(t) E(t+!)* " = |E0|2 ei#! P(>!)

                                                           ! E(t) E(t+!)* "
        Kohärenzfunktion:                       g(!)   "                      = ei#! P(>!)
                                                            ! E(t) E(t)* "

       aus kinetischer Gastheorie, Skript 3. Teil:
                                                                                                          1 exp(-!/! )
       Wahrscheinlichkeitsverteilung für freie Flüge der Dauer t $ [!,! + d!] : p(t) =                    !0        0

                                                                                             !0 = mittlere freie Flugzeit

       Wahrscheinlichkeit für freien Flug mit Dauer größer als ! :

                           %
   P(>!)          "             p(s) ds =         exp(-!/!0)
                           !

                 &                        g(!) = ei#! exp(-!/!0)

                               Re[g(!)] = cos(#!) exp(-!/!0)

                                    |g(!)| = exp(-!/!0)

1.12    Physik III, Universität Hamburg                                                                         Andreas Hemmerich 2022 ©
Hohlraumstrahlung: (Planck’sches Strahlungs-Gesetz)
                                                    • Würfel (Kantenlänge L) mit perfekt verspiegelten Flächen im
                                                      thermischen Gleichgewicht bei der Temperatur T
                       L
                                                    • Man beobachtet die Strahlung, die durch eine kleine
                                                      Öffnung austritt

   Frage:                      Wieviel Strahlungsenergie pro Volumen und Frequenzintervall
                               ist im Hohlraum enthalten?

   Das thermische EM-Feld kann in ebene harmonische Wellen (“Elementarmoden”) zerlegt werden

                                             ei(#(k)t - k r)   , k $ |k|, #(k) = c k

   aber nur konstruktiv interferierende ebene Wellen können
   sich innerhalb des reflektierenden Würfels stabil ausbilden.
   Daher sind nur bestimmete Werte von kx,ky,kz möglich:

                                Randbedingung: ki L = 2! zi, zi " Z , i = x,y,z

1.13   Physik III, Universität Hamburg                                                                 Andreas Hemmerich 2022 ©
Anzahl " der “Moden” pro Wellenzahlraum-Volumen:

                                                           2!
                                     Randbedingung: ki =      z , zi # Z , i = x,y,z
                                                            L i

                                                       zwei mögliche Polarisationsrichtungen
                                                            Anzahl von Moden               2            2V
                                                     " =                             =             =         , V = L3
                                                            k-Raum-Volumen               (2!/L)3       (2!)3

1.14   Physik III, Universität Hamburg                                                                        Andreas Hemmerich 2022 ©
Anzahl d# von “Moden” pro Frequenzintervall [!, !+d!] = c [k, k+dk] ?
                                                         2V dS
                                      d# = % dSk =             k              ky
                                                        (2$)3
                                                                                      dk = d!/c
       k-Raum Volumen dSk der Schale mit Radius k und Dicke dk:                        k " |k|

                                                               !2                          kx
                                   dSk = 4$   k2 dk   = 4$          d!
                                                               c3

       Anzahl von Moden d# pro Volumen V in der Schale mit Radius k und Dicke dk:

                                          1 d# =       !2 d!
                                          V           $2c3

                                                          1 d#     2                          (1a)
       Spektrale Modendichte                              V d!
                                                               = !
                                                                $2c3

1.15    Physik III, Universität Hamburg                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
1 dE
   Gesucht                     = Strahlungsenergie im Frequenzinterval [!, !+d!] und Volumen V.
                          V d!

                                                 1 d"   dE            1 d"
                                         =                                 = spektrale Modendichte.
                                                 V d! * d"            V d!

                                             dE
   Berechnung von                               = mittlere Strahlungsenergie dE pro Strahlungszustand d"
                                             d"

   Annahme der klassischen statistischen Mechanik: Im thermischen Gleichgewicht ist die Wahr-
   scheinlichkeit ein System in einem Zustand mit der Energie E zu finden durch einen Boltzmann-
   Faktor gegeben: P(E) ~ exp( – E / kBT)          (aus kinetischer Gastheorie, Skript 3. Teil)

                                                                     kB= 1.38 10-23 JK-1 Boltzmann-Konstante

                                    #                                 1
   Normierung:                       dE P(E) = 1        $     P =        exp( – E / kBT)                       (2a)
                                   0                                 kBT

                                    dE            #
                         $          d"       =    dE E P(E)    =    kBT       für alle Moden gleich
                                                  0

1.16   Physik III, Universität Hamburg                                                                                Andreas Hemmerich 2022 ©
Rayleigh Jeans-Formel:
                                         dE
               Energie/Mode:                = kB T      !     spektrale Energiedichte:
                                         d&
                                                              1 dE =      1 d&                "2
                                                                               k T       =        k T
                                                              V d"        V d" B             '2c3 B             (1b)
                                                              UV-Katastrophe: Divergenz für " # $

  Planck-Formel:
  Annahme der Quantisierung: Die Energie einer Mode der Frequenz " kann nur diskrete Werte

  En = n !" + E0(") annehmen. Wir bezeichnen die Energiepakete !" als Photonen

                              ! % 1.055 * 10-34 J s   = Planck’sches Wirkungsquantum

1.17   Physik III, Universität Hamburg                                                              Andreas Hemmerich 2022 ©
Zusammen: Die Wahrscheinlichkeit n Photonen in einer Mode der Frequenz $ zu finden

                         P(E) ~ exp( – E / kBT)
                                                                         %    Pn ~ exp( – n!$ / kBT)
                                 E = n !$ + E0($)

                                         !
  Normierung:                            ∑       Pn = 1       %    Pn = (1- e-# ) e-n# ,      # " !$ / kBT > 0                  (2b)
                                     n=0
                                                                                        !
                                                                             verwende   ∑ qn =   1/(1 - q) mit q " e-#
Wahrscheinlichkeit Pn ausgedrückt mit Hilfe von !n":
                                                     !n"
       Aus (3a) erhält man e-! =
                                                   1 + !n"
                                                                                      n
                                                                      1      !n"
       Einsetzen in (2b) führt zu                  Pn     =                               = Pth(n)
                                                        (2b,3a)    1 + !n" 1 + !n"

       Wahrscheinlichkeit in einem ein-modigen thermischen EM-Feld mit einer mittleren
       Photonenzahl !n" genau n Photonen zu finden

       Spektrale Energiedichte:
       Auf das Volumen V des Hohlraums bezogene Energie pro Frequenzintervall d" :

       1 dE =                      1 d#                            "2         1
                                        !n" !"        =                                   !"     Planck (1900)           (3b)
       V d"                        V d"                           $2c3   (e!"/kBT - 1)

             spektrale                       mittlere Anzahl von         Energie pro Photon
             Modendichte                     Photonen pro Mode

                          !"
Die “spektrale Energiedichte” ist schwer zu messen. Stattdessen misst man die “spektrale
       Strahldichte”:
       Pro Fläche da, Zeitintervall dt, und Frequenzintervall d$ in den Raumwinkel d# unter dem
       Winkel ! zur Normalen auf da emittierte Strahlungsenergie dS

                                                      dS               1 1 dE
       BEH:             Es gilt:                              =               c cos(!)     ,   d# = sin(!) d! d"            (3c)
                                                  dt da d# d$         4% V d$

       Begründung (3c)

                                                        r        Volumen dV!, welches während der Zeit dt zur Abstrahlung
                               !              !
                                                            dâ   unter dem Winkel ! durch die Öffnung dâ beiträgt:
                               dV!
                                                                                 dV! = c dt dâ r = c dt cos(!) da

                                             c dt                Pro Fläche da, Zeitintervall dt, und Frequenzintervall d$ in den
                                                                 Raumwinkel d# in Richtung r emittierte Strahlungsenergie dS
                                                    r
                           z=dâ
                                                                      1 dE       1                                              d#
                                             y                   dS =              d# d$ dV! , d# = sin(!) d! d"
                                !                                     V d$      4%
                                         "     x                        1 1 dE
                                                                                                                               # = 4%

                                                                     =         d# d$ dt da c cos(!)
                                                                       4% V d$
1.20   Physik III, Universität Hamburg                                                                              Andreas Hemmerich 2022 ©
Strahlungsintensität: pro Fläche emittierte Strahlungsleistung

           dS                                  1 dE           1
                   =                                c cos(')    ,         d) = sin(') d' d(
       dt da d) d&                             V d&          4!

                   %                                                %                                                        %
                                         dS         c                   1 dE                             c                       1 dE
   I =          d) d&                            =                   d&             d' d( sin(')cos(') =                      d&
                          0          dt da d) d&   4!              0    V d&                             4                  0    V d&
       Halbraum                                                                   Halbraum

                                                                                                   !

               (kBT)4                     %                                        !2 kB4
                                                   "3                                                                      W
       =                                  d"                 = # T4 ,       # =                    = 5.67 $ 10-8                    (3d)
              4!2c2!3                     0      e" - 1                           60   c2   !3                            m2 K4
                                              !4/15
                                                                                   Stefan (1879), Boltzmann (1884)

                       1 dE =                    !            &3
                       V d&                     !2c3      (e!&/kBT - 1)
                       Variablentransformation " = !&/kBT
                                                                                       Josef Stefan    Ludwig Boltzmann
                                                                                       1835-1895       1844-1906

1.21    Physik III, Universität Hamburg                                                                                           Andreas Hemmerich 2022 ©
dE
            =
              dE d#
                    = -
                        2$c dE
                                                                            Ü             Kosmischer Mikrowellen-Hintergrund
         d"   d# d"      "2 d#
                              # = 2$c/"
                       2000 K

                                                                                                               – Fit mit Planck-Formel
                                                                                                                 für T = 2.76 K

                                                   Rayleigh/Jeans 2000 K
                          1800 K

                              1200 K

                              2            4       6       8       10
                                         Wellenlänge [µm]
                                                                                                    Wellenlänge [mm]

                                                        I = ! T4
                                                  2000 K

                                               1800 K

                                  1200 K

                                         1000            2000
                                Temperatur [K]                             Max Planck (1858-1947)         Robert Wilson & Arno Penzias
                                                                                  Nobelpreis 1918                      Nobelpreis 1978

1.22   Physik III, Universität Hamburg                                                                                      Andreas Hemmerich 2022 ©
Licht als Teilchen: das Photon

       Lichtquantenhypothese: A. Einstein 1905

       !       Energieaustausch mit einer Lichtwelle E(r) e-i"t der Frequenz " erfolgt in Paketen
               der Energie !"
               ! # 1.055 * 10-34 J s     = Planck’sches Wirkungsquantum

              Die Energiepakete nennt man Photonen

       man kann Photonen als Lichtteilchen bezeichnen, allerdings ist die
       Analogie zum klassischen Teilchenbild gering ausgeprägt...

       Innerhalb der räumlichen Ausdehnung der Welle ist der Aufenthaltsort eines Photons nicht
       bestimmbar. Photonen sind delokalisierte Objekte

       Das Betragsquadrat der Welle E(r)E(r)* gibt die Warscheinlichkeitsdichte für die
       Messung eines Photon an

1.23   Physik III, Universität Hamburg                                                     Andreas Hemmerich 2022 ©
E     Experimenteller Nachweis des Photons: Photo-elektrischer Effekt
 (Experiment: Entdeckung durch Becquerel 1839, Hertz &
 Hallwachs 1887, Genaue Vermessung durch Lenard 1902
 Interpretation: Einstein 1905)

                                                               Albert Einstein            Philipp Lenard
               Photokathode
               Na, K, Rb, Cs                          Anode    (Nobelpreis 1921)      (Nobelpreis 1905)
                                                               Später als Jude         Später Verfechter
                                         Elektronen            verfolgt              der arischen Physik
                                                                                   und Gegner Einsteins

                                          I    U

 Experimentelle Beobachtungen:
                                                                       I
                                                                                                   I(P2)
" Photostrom sättigt bei einem für P charakteristischen Wert
                                                                                                   I(P1)
" Photostrom verschwindet für charakteristische Gegen-
  spannung U0 . Diese hängt nur von der Frequenz ! ab,         -U0(!)                        U
  nicht aber von der Lichtleistung P.
                                                                           Lenard 1902

1.24   Physik III, Universität Hamburg                                                 Andreas Hemmerich 2022 ©
Experiment liefert unerwartetes Messergebnis:
                                                                                  Kathode                 Anode
                                                  U0(!)
                                                                                                             eU0(!)
          U0(!) =                  a ! – UA
                                                                                                               0
                                                                           !
                                                            !A= UA/a               - - - -                   - eUA
                                                    –UA
                                                                                   Situation für I=0, U = -U0(!)

   Einsteins Interpretation als Energieerhaltungsgleichung
       Multiplikation mit Elementarladung e:

         eU0(!) + eUA = e a ! = ! ! , ! = Planck Konstante

                                                  Energie eines die Kathode treffenden Lichtquants (Photon)
                                 Austrittarbeit
         kinetische Energie eines aus der Kathode ausgetretenen Elektrons

   Interpretation: Das Licht überträgt Energiepakete der Größe !! auf die Elektronen in der Kathode
   Ein Teil der Energie, nämlich eUA, wird verwendet um die Elektronen aus der Kathode zu befreien.
   Der Rest eU0(!) wird in kinetische Energie der Elektronen umgesetzt.
1.25    Physik III, Universität Hamburg                                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
Austrittsarbeit hängt vom Kathodenmaterial ab

   eUA = Austrittsarbeit, die ein Elektron leisten muß um die Kathode zu verlassen
                                                                                     eUA [eV]   !A[nm]
       "A = eUA/! = Grenzfrequenz
                                                                              Na      2.28       543
                                                                              K       2.25       551
            2$c
       !A = "                      = Grenzwellenlänge                         Cs      1.94       639
              A

   Unterhalb von "A kann die Austrittsarbeit nicht durch das eingestrahlte Licht aufgebracht werden.
   Für einen kleinen Bruchteil von Elektronen wird die Austrittarbeit jedoch immer durch thermische
   Strahlung bereitgestellt. Eine negative Gegenspannung allein (d.h. Beschleunigungsspannung)
   kann nur bei extrem hohen Feldstärkewerten den Austritt von Elektronen (d.h. Stromfluss) bewir-
   ken, indem die Potentialbarriere in der Kathode hinreichend abgesenkt wird: # Feldemission

                                                                      Potentialbarriere

                                                                               0
                                                        - - - -               - eUA
                                          Intensität
                                                                               eU0(")
                                                            Kathode       Anode

1.26    Physik III, Universität Hamburg                                                                  Andreas Hemmerich 2022 ©
Fazit: Der Austausch von Energie zwischen Elektronen der Ladung e und einem Lichtfeld
  der Frequenz ! erfolgt in Paketen der Energie !!

  Verallgemeinerung I: Dies gilt für die Wechselwirkung von Licht mit jeder Form von Materie.

  Verallgemeinerung II: Die Energie eines Lichtfelds der Frequenz ! kann nur die Werte
  n !! + E0 , n " N annehmen.

1.27   Physik III, Universität Hamburg                                                Andreas Hemmerich 2022 ©
Zählen von Photonen: Photomultiplier
                                                                       Quanteneffizienz QE

         -1500 V                            gnd

          Photokathode beschichtet zur Minimierung der Austrittsarbeit
                                         Anzahl der an der Photokathode ausgelösten Elektronen
          Quanteneffizienz QE =
                                                Anzahl der eintreffenden Photonen

          Bei 7 Sekundärelektronen pro Elektron und 10 Dynoden erhält man 710 Elektronen,
          entsprechend einer Ladung von 1 V an 10 pF

1.28   Physik III, Universität Hamburg                                                       Andreas Hemmerich 2022 ©
Zählen von Photonen mit dem Photomultiplier:

                          viel Licht                                      Photonen

                                                                          Photoelektronen

                                                                          Signal-Pulse

                                                                          Signal
                                                                          (quasi-kontinuierlich)

                        wenig Licht                                        Photonen

                                                                          Photoelektronen

                                                                          Signal
                                                                          (diskrete Pulse)

                                           Dunkelzählrate: durch Kühlung < 1 s-1
                                           Quanteneffizienz QE = 30% im sichtbaren
1.29   Physik III, Universität Hamburg                                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
Photomultiplier
       Photonenstatistik:
                                                                                      Filter [&,&+d&]
                                                                                                                          Zählelektronik
        n = Anzahl der Photonen, die während einer Zeit t gezählt werden
       !n" = mittlere Anzahl der Photonen, die während einer Zeit t gezählt werden
                                                               n
                                                            !n"
       Laserlicht:                    P(n) = exp(– !n")                      Einmodiges thermisches Licht:
                                                             n!
                                                                                                                     n
                        "             Poisson -Verteilung                                       1           !n"
                                                                              Pth(n) =
                                                                                             1 + !n"      1 + !n"
                                                      #
       Mittlere Photonenzahl: !n" =                   ∑     n P(n)            "        thermische Verteilung
                                                      n=0

       Schrotrauschen:                                                       Thermisches Rauschen:
                          #
       !n     $          ∑        (n – !n")2 P(n)     =      !n"         Ü    !n      =     !n" + !n"2 % !n"                   Ü
                        n=0

                                          !n"                                  Pth(n)
                                                                                                  !n"

                               !n
                                                                             !n
                                                                     n                                                                    n
        0                                                                         0
1.30    Physik III, Universität Hamburg                                                                               Andreas Hemmerich 2022 ©
Das Photon trägt Impuls:
   Einstein 1916:                        # Erweiterte Lichtquantenhypothese
                                            Energieaustausch mit einer Lichtwelle ($,k) erfolgt in Paketen
                                            der Energie !$ , jedes Paket trägt den Impuls !k

   Beobachtung des Photonenimpuls: Compton-Effekt
   (Compton 1923)
                                                                  Kohlenstoff
                                                                                     p
   K% -Röntgenstrahlung
                                                                                 !
     "0 = 71.1 pm                               $,k,"                                                       Arthur H. Compton
                                                                                            $’,k’,"’        (1892 - 1962)
                                                                                                            Nobelpreis 1927

       Beobachtung des Streuspektrums in Abhängigkeit vom Streuwinkel ! : A. H. Compton, Phys. Rev. 22, 409 (1923)
       Zählrate

                                   ! = 0°               ! = 45°                          ! = 90°                      ! = 135°

                                                                                                                                     "
                            "0                 "0 "’= 71.5 pm               "0       "’= 73.1 pm       "0        "’= 74.9 pm
1.31   Physik III, Universität Hamburg                                                                               Andreas Hemmerich 2022 ©
Stoßbilanz:
       vor dem Stoß: Das Elektron ist mit wenigen eV im Festkörper gebunden. Die Energie der
       eingestrahlten Röntgenphotonen !! liegt im keV-Bereich. Daher wird das Elektron vor dem
       Stoß als frei und ruhend betrachtet.
       nach dem Stoß: Das Elektron hat den Impuls p und die kinetische Energie K. Das gestreute
       Photon hat die Energie !!’ und den Impuls !k’
       Energiebilanz:                     !! = !!’ + K                                                                             (4.1)
                                                                       k " |k|, k’ " |k’|, p " |p|
       Impulsbilanz:                      !k = !k’   + p                                                                           (4.2)

       Relativistische Geschwindigkeit des Elektrons nach dem Stoß $ Verwende
       Dispersionsrelation der speziell relativistischen Mechanik:                     K(p)   "      m2c4 + p2c2 – mc2             (4.3)

                                                            1
        E = M c2, p = M v mit                   M=m                     $     E    "   m2c4 + p2c2 ,      K   "   E - mc2
                                                       (1- v2/c2)1/2
                                                     m = Ruhemasse

       Aus (4.1) und (4.3):                 ! (! – !’) + mc2 =       m2c4 + p2c2                                                   (4.4)

       Quadriere (4.4) und löse nach p2c2 auf : p2c2 =                      !2 (! – !’)2 + 2mc2 ! (! – !’)                         (4.5)

       Multipliziere (4.2) mit c, löse nach c p auf, quadriere und verwende ! = c k und k k’ = k k’ cos(#):

                                           p2c2 =    !2!2 + !2!’2 – 2 !2 ! !’ cos(#)                                               (4.6)

1.32    Physik III, Universität Hamburg                                                                            Andreas Hemmerich 2022 ©
p2c2 =   !2 (! – !’)2 + 2mc2 ! (! – !’)                                    (4.5)

                                              p2c2 =   !2!2 + !2!’2 – 2 !2 ! !’ cos(")                                   (4.6)

       Subtraktion der Gleichung (4.6) von (4.5) ergibt unter Verwendung von ! = 2#c / $ :

                                                  $’ – $ =    $c (1 – cos("))           Gestreute Welle hat
                                                                                        größere Wellenlänge

                                                                          2# !
       Compton Wellenlänge des Elektrons:                        $c   %    mc
                                                                                 =   2.43 pm                             (4.7)

                                          (liegt im Größenbereich zwischen Kern und Atomhülle)
                                                                                                     mc + !k
                 maximal übertragener Impuls bei Rückstreuung (" = 180°) : p = 2!k
                                                                                                     mc + 2!k

       Ursache der unverschobenen Komponente des Compton-Spektrums:

       Röntgen-Photonen wechselwirken auch mit stark gebundenen Elektronen. Der dabei übertragene
       Impuls p = !k wird von den Kohlenstoffkristallen als Ganzes aufgenommen. Die dabei übertragene
       kinetische Energie p2/2M ist extrem klein aufgrund der großen Masse M.
1.33    Physik III, Universität Hamburg                                                                       Andreas Hemmerich 2022 ©
Noch ein Beweis für die Lichtquantenhypothese: Röntgenspektren
                                         UHeiz
                                                                              K#
                                            Glühkathode                             25 keV
                                                                                                Bremsspektrum
                                                                             K$
              U                                                                     15 keV

                                            Anode (Ni, Pd, Pt,...)                             5 keV
                                                                                                                   ! [Å ]
       Falls die thermische Energie > Austrittsarbeit,
       treten Elektronen aus der Kathode aus und
       können durch eine Spannung U beschleunigt
       werden. Die Elektronen treffen auf die Anode                       Grenzwellenlängen !G hängen nur
       und werden stark abgebremst. Dabei ensteht                         von der Elektronenenergie ab, nicht
       Röntgen-Strahlung mit kontinuierlichem                             vom Elektrodenmaterial
       Spektrum mit scharfer Grenzfrequenz "G

                                                          Eth = thermische Energie ( ≈ eV)
                  ! "G = eU + Eth
                                                          eU = Beschleunigungsenergie ( ≈ 1 - 100 keV)

       Bemerkung: 25 keV Röntgenstrahlung: ! = 0.5 Å                         = Atomare Größenskala
1.34   Physik III, Universität Hamburg                                                                  Andreas Hemmerich 2022 ©
2. Materie: Teilchen oder Welle ?

2.1   Physik III, Universität Hamburg                             Andreas Hemmerich 2022 ©
Leukipp, Demokrit, Epikur, Lukrez

      Leukipp                               Demokrit         Epikur                    Lukrez
      um 450–370 a.C.                       460-371 a.C.     341-271 a.C.              99/94 -55/53 a.C.
      Demokrit
      •  Es gibt kleinste unteilbare Einheiten der Materie.
      •  Diese Atome unterscheiden sich in Form und Gewicht.
      •  Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter; in
         Wirklichkeit gibt es nur Atome im leeren Raum.
      Lukrez (De rerum natura)
      •         Aus Nichts entsteht nichts.
      •         Alle Materie besteht aus kleinen Partikeln.
      •         Gibt es Körper, muss es auch Leere geben.
      •         Eigenschaften und Ereignisse, beide sind von Körpern nicht zu lösen.

2.2       Physik III, Universität Hamburg                                                     Andreas Hemmerich 2022 ©
Erkenntnisse vor 1900:
      Dalton 1802: Gesetz der multiplen Proportionen     (John Dalton, 1766-1844)
      Gewichtsverhältnisse der Elemente in verschiedenen Substanzen ganzzahlig

      Gay-Lussac 1808:                                  (Joseph-Louis Gay-Lussac, 1778-1850)
      Ganzzahlige Volumenverhältnisse bei chemischen Reaktionen von Gasen

      Avogadro 1811:                                       (Amadeo Avogadro, 1776-1856)
      Bei gleichem Druck und gleicher Temperatur enthalten gleiche Volumina von Gasen
      die gleiche Anzahl von Molekülen

      Mendelejeff & Mayer 1865:             (Dimitrij Ivanowitsch Mendelejeff, 1834-1907)
                                            (Julius Lothar Meyer, 1830-1895)
      Anordnung der Elemente nach Atommassen (Perioden) und chemischen Eigenschaften
      (Gruppen)

      FAZIT:
      Es gibt chemisch invariante Elementarbausteine (Atome) aus denen sich größere Strukturen
      (Moleküle, Festkörper) zusammensetzen

      Relative Atomgewichte (Massen): Konvention 12C ! A = 12
      1 Mol = Atom/Molekulargewicht in Gramm enthält N = 6.02214 " 1023 Teilchen
2.3     Physik III, Universität Hamburg                                               Andreas Hemmerich 2022 ©
Röntgen-Strahlung als Sonde für die sub-mikroskopische Welt
  Röntgen-Photonen haben Wellenlängen im Bereich der Größe von
  Atomen: 25 keV ! # ! 0.5 Å
  Röntgen-Mikroskop mit atomarer Auflösung ?
  Problem: keine Linsen bzw. Spiegel wie für sichtbare Strahlung
  Stattdessen: indirekte Beobachtung (im k-Raum) durch Bragg-Streuung

                                                                             William L. Bragg (1890 - 1971)
                                                                             William H. Bragg (1862 - 1942)
  Annahme: Kristalle sind periodische Gebilde. Röntgen-Strahlung                           Nobelpreis 1915
  wird an parallelen “Netzebenen” elastisch reflektiert
                                                                       !
                                                                   b–a = n#
                      ki                              kf
                                                                   b ' d/cos($)
      d                                                            a ' b sin(%) = b sin(2$ – 90°)
                                        $ $
                                              a                    b – a = (1-sin(2$ – 90°)) d /cos($)
                                                                         = 2 cos($) d
                                         $
                                                  b   %
                                                           &R            n # = 2d cos($)
                                                                          Bragg-Bedingung

2.4   Physik III, Universität Hamburg                                                       Andreas Hemmerich 2022 ©
Beobachtung der Röntgen-Beugung an Kristallen
  (von Laue 1913)    Friedrich, Knipping, v. Laue, Annalen der Physik 1913 [2a]

                                                                                      Max v. Laue
                     UHeiz                                 CuSO4 * 5 H2O              (1879 - 1960)
                                                                                    Nobelpreis 1914
                                                            Kupfer-Vitriol
                        Glühkathode

       U

                       Anode

                                                                Schirm
                weisse Röntgenstrahlung

      Was das Experiment zeigt:                         moderne Laue-Aufnahme:

      ! Kristalle sind periodische Gebilde.              ! Ausrichtung von Kristallen
      Die Netzebenenabstände d liegen im                 ! Substanzanalyse
      Å-Bereich

2.5                                                                                              Andreas Hemmerich 2022 ©
Fragen:                           ! Bedeutung der Netzebenen
                                        ! Rolle der thermischen Bewegung: Schwingungen
                                          der Ionenrümpfe um Ihre Gleichgewichtslagen

      Exkurs: Grundkurs “Gitter”
                                                                      Bravais-Gitter
                           Einheitszelle

                                                    a1
              kleinste Einheit aus der sich
              das Gitter durch Translationen
              aufbauen läßt                                  a2
                                                    ai = primitive Vektoren

                                            !   !        !        !
      Bravais-Gitter: R = { R | R = n1 a1 + n2 a2 + n3 a3, ni ( Z }
                                                                        !

                           Wigner-Seitz-
                           Einheitszelle

2.6   Physik III, Universität Hamburg                                                    Andreas Hemmerich 2022 ©
Reziprokes Gitter:
                                                                                                     ky
           y
                                                                                                          kx
                     x
                                                                                              Bragg-Ebenen

               Bravais Gitter                                                Wigner-Seitz-Einheitszelle =
               Wigner-Seitz-Einheitszelle                                    Erste Brillouin-Zone
                                                                             durch Bragg-Ebenen berandet

      Reziprokes Gitter: Wellenvektoren aller mit dem Gitter komensurablen ebenen Wellen
      = alle ebenen Wellen, die durch Translation um einen Vektor des Bravais-Gitters auf sich
      selbst abgebildet werden

                                          ! ! !          !!                         !    !!         !
                                                                 !
                                        eiK(r+R)   =   ei K r   ) R(R * K = {K|         eiKR =   1) R ( R }

         Ü          Basis des reziproken Gitters K : K = { K | K = n1 b1 + n2 b2 + n3 b3, ni (Z }

                              aj x ak
                    bi = 2+                                      mit {i,j,k} gerade Permutation von {1,2,3}
                            a1 (a2 x a3)

2.7   Physik III, Universität Hamburg                                                                          Andreas Hemmerich 2022 ©
Interpretation des reziproken Gitters                                   K:
      Behauptung:
      K = alle Wellenvektoren von ebenen Wellen, deren Flächen gleicher Phase zu einer Netz-
      ebenenklasse parallel sind mit einer Wellenlänge #K = d/n, wobei n eine natürliche Zahl und
      d den Netzebenenabstand bezeichnet.

      Begründung:
                                           ! ! !          !!         !
      Reziprokes Gitter:                 eiK(r+R)   =   ei K r   ) R ( R , gilt somit auch für primitive Vektoren ai

                                                                 !
                                                                 K                                                        !
                                                                                                                          K
                                                                 !
                                                             |K| = 2+ / #K                                                !
                                                                                                                         |K| = 2+ / #K
                a2
                                                                                        a2

                a1
                                                                                        a1

                                         d = #K                                                       d = 2 #K

                                             !
                 *            K = alle       K , Netzebenenklasse mit n #K = d                                                (*)

2.8    Physik III, Universität Hamburg                                                                           Andreas Hemmerich 2022 ©
Bragg-Streuung
                                                                    !   !
                                                            e ikeinx
                                                                                                                   !         !             !           !
      Eingestrahlte Welle:                           ei-t                       Gestreuter Wellenvektor: kaus , .k                 '       kein – kaus
                                                                        !                !                                                                 !
      Position der Streuzentren: r = R + u, R ( R , u = Abweichung vom Gitterplatz R
                                                            !                    !               !

                                                                                                                                       !
      durch thermische Bewegung. Wird durch Wahrscheinlichkeitsverteilung P(u) beschrieben.
      Annahme: einlaufende Welle induziert ein elektrisches Dipolmoment mit Phase /, welches
                                             !
               eine ebene Welle in Richtung kaus abstrahlt (Fernfeldnäherung)
                                                                                                                                   !           !   !
                                                                                                       Eaus(x) ~ Dr ei kaus( x – r )
                                         !       !                                                             !
                          !              ikeinx                                                                          !
               Eein(x) ~ e
                                                                                                                                 !!            !   !

                                                                            !                                      =    e i .k r ei kaus x
                                                                            r                                                ! !       ! !    !  !
                                                                                                                   =    e i .k R  e i .k u e aus x
                                                                                                                                            i k
                                                                            !   !
                                                            Dr ~ e ikeinr
                                                                !

                                                                                                                       &R =        P

      Gestreute Welle: Summiere Streubeiträge von allen Gitterplätzen auf
                                                                        ! !          !       !
                                                                                                                                                0
                                                                ei .k R ei kaus x e i .k u
                                                                                                 ! !
                                 Eges(x) ~
                                             !
                                                       ∑                                                   ,            f(u)
                                                                                                                               P
                                                                                                                                   '            f(u) P(u) d3u
                                                                                                       P
                                                     R(R                                                                                       -0
2.9    Physik III, Universität Hamburg                                                                                                                 Andreas Hemmerich 2022 ©
! !    !                                            !                  ! !                 ! !
                                                                                                                                                             ei .k R
                                                                                    !                                              !
                                                                 ei .k R ei kaus x e i .k u                               ei kaus x e i .k u
                                                                                                  ! !
   Gestreute Welle: Eges(x) ~
                                                !
                                                            ∑                                                     =                                   ∑
                                                                                                         P                                           R(R                        P
                                                           R(R

                                                            !!                          ! !
                                          !
                                          ik x
                                                !
                                                        i .k u                      i .k R                                                        0
                        =                e aus         e                      ∑    e                                            f(u)       '      f(u) P(u) d3u
                                                                    P         R(R                                                      P
                                                                                                                                                 -0
                                 Debye-Waller-Faktor W                         Struktur-Faktor S

                                                                                                     !
   Struktur-Faktor S: führt zu scharfen Bragg-Reflexen falls .k ( K, unabhängig von der mittleren
   Abweichung der Streuzentren von den Gitterplätzen durch thermische Bewegung ! Thermische
   Bewegung reduziert die Intensität aber nicht die Schärfe der Bragg-Reflexe.

       !                                        !!                                            !                                    !!
   .k 1 K                 * Alle              ei.k R   verschieden                       .k ( K                   *             ei.k R     = 1

       *      S ! 0                                    i                                  *         S = Anzahl der Gitterplätze

                                                                                                             i

                                           -1                   1                                   -1                1

                                                                                                             -i

                                                       -i

2.10   Physik III, Universität Hamburg                                                                                                               Andreas Hemmerich 2022 ©
Reziprokes Gitter
                                Elastische Streuung:
                                                                                                         !
                                  !          !
                                                                                                  $      kout
                               | kin | = | kout |
                                                                                 Bragg-Ebenen            !

                               Konstruktive Interferenz:                                                 kin

                                !        !       !
                               kin - kout = K ( K                                     !
                                                                                      K

                                                              !
                               Bragg Ebene: halbiert K ( K senkrecht

       Braggbedingung für maximal kohärente Braggstreuung ist erfüllt, wenn:

       Wellenvektoren des eingestrahlten und des gestreuten Lichtstrahls zeigen von einem Punkt
       des reziproken Gitters auf eine Bragg-Ebene

                                              aus Zeichnung
                                                          !
                                                         |K| /2
                                             cos($) =     !
                                                                                2+
                                                          |kin|   *   #in = 2   !     cos($) = 2 #K cos($)
                                                 !                              |K|
                                                 |kin| = 2+/#in
                                                                      Bragg-Bedingung für reziprokes Gitter

2.11   Physik III, Universität Hamburg                                                                          Andreas Hemmerich 2022 ©
P     Bragg-Ebenen und Netzebenen:

         Bragg-Bedingung für reziprokes Gitter           Aus Seite 2.8 (*) folgt
                                                                              !
                           2+                            Zu jeder durch ein K ( K festgelegten
          #in = 2                 cos($) = 2 #K cos($)
                             !
                           |K|                           Bragg-Ebene gibt es eine parallele Klasse
                                                         von Netz-Ebenen mit Abstand d und eine
                                                         natürliche Zahl n, so dass n #K = d
                 Reziprokes Gitter
                                                              *    n #in = 2d cos($)
                                             !

                                         $   kout
                                                         Bragg-Bedingung für Netzebenen

           Bragg-Ebenen                      !
                                             kin             Bravais-Gitter

                                                                                             2+
                  !
                  K( K                                                                 d=n   !
                                                                                             |K|

                                                           Netz-Ebenen

2.12   Physik III, Universität Hamburg                                                       Andreas Hemmerich 2022 ©
P       Quantitative Form des Strukturfaktors S

                                                          Ni                    2                              Ni              2
                  i .k R 2
                     ! !                                              ! !                                             ! !
                                                                   i .k ai ni                 ∏         sin(        (.k ai))
       ∑         e         =                   ∏         ∑     e                        =                      2
       R(R                                   i = 1,2,3   ni = 0                             i = 1,2,3          1      ! !
                                                                                                        sin(        (.k ai))
                                                                                                               2

                                                                                                               !
  Ni = Anzahl der Gitterplätze in Richtung des primitiven Vektors ai , i = 1,2,3

                                                                                    2+
                                                                                    Ni

                                                                                                 ! !
                                                                                               .k ai
                                                                         n 2+

   Die Schärfe der Bragg-Reflexe wird allein durch die Größe des Gitters bestimmt

                                                                                    N
                                                                                                     sin((N+1)z/2)
                                                                                         einz = eiNz
                                                   !           !         !                                                     ! !
       Ü         verwende R = n1 a1 + n2 a2 + n3 a3 , ∑                                                  sin(z/2)
                                                                                                                       mit z = .k ai
                                                                                n=0

2.13       Physik III, Universität Hamburg                                                                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
P        Debye-Waller-Faktor für harmonische Vibrationen:
   Harmonische Oszillationen * Gauss-verteilte Abweichungen u, P(u):

                                                                                                      (2a)
                                                                        1 m -2 u2
                                                           V(u) =                       *    P(u) 2 exp( –V(u)/ kBT )
                                                                        2
                                                                                                                       3/2
                                                                                                               m -2
                                                               1 =       P(u)   d3u     *    P(u) =                          exp(- m -2u2 / 2kBT)
                                                                                                              + 2kBT

       Für Gauss-verteilte Abweichungen u, P(u):                                                              längere Rechnung
                                                                                                           (verwende Gauߑsches Momententheorem)
                                                !!                                      !!
                                              i .k u       2                                  2                     2
                                                                                    i .k u
                                             e                 '        d3u   P(u) e              =      exp – .k !u2"
                                                       P                                                          3     P

                                                                                 3kBT
                                  !u2" =             u2    P(u)   d3u     =
                                      P                                          m -2
                                                                  Variablentransformation x2 = m -2u2 / 2kBT

                                                !!
                                          i .k u           2                   2 3kBT
                *                        e                     =      exp – .k                          (8)
                                                       P                     3 m -2
                                                                                                                               Peter Debye       Ivar Waller
                                                                                                                              (1884 - 1966)    (1898-1991)
       Intensität der Bragg-Reflexe nimmt mit der Temperatur exponentiell ab.
                                                                                                                             Nobelpreis 1936

2.14       Physik III, Universität Hamburg                                                                                              Andreas Hemmerich 2022 ©
E       Entdeckung des Elektrons: Experiment von Thomson (1897)

                                                     U2
                                         Anode mit
UHeiz                                    Apertur
                                                                ""
                                                              " " """"
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                                                               ""
          Glühkathode                                           B-Feld
                                                                         Schirm        Joseph John Thomson
                            U1                                                         (1856-1940)
                                                                                       Nobelpreis 1906

       • Ablenkung durch elektrisches Feld: Kathodenstrahlen sind elektrisch negativ geladen
       • Kompensation der Ablenkung durch magnetisches Feld: Bestimmung von e/m
        Annahme: Kathodenstrahlen bestehen aus Teilchen der Ladung e und der Masse m:

                                             !            !   !
                                         0 = F = - e (v! " B + E)                    E2
                                                                             e
                                         1                               *        =
                                           mv2 = e U1                        m      2U1 B2
                                         2

2.15   Physik III, Universität Hamburg                                                              Andreas Hemmerich 2022 ©
E       Millikan Experiment (1911): Gibt es eine Elementarladung?
        R. A. Millikan, Phys. Rev., 2:109-143, 1913.

                                                                    Öl-Dispenser

                                                                                        Robert Andrews Millikan
                                                                                                   (1868-1953)
                                                                                               Nobelpreis 1923

                                                                        U
     Die Flugbahnen einzelne Tröpfchen werden beobachtet:
                                                                                   mg
     • Kompensation der Gravitation durch ein elektrisches Feld  * e =
                                                                            E
     • Aus Flugbahn-Beobachtungen bei E = 0 ( 6+3r v = mg, v = Geschwindigkeit, r = Radius,
       3 = Viskosität von Luft) bestimmt man die Masse m
                                          *   e = 1,592±0,0017 · 10-19 As

       Aktueller Wert:                        e = 1,602192 · 10-19 As
       Differenz aufgrund systematischer Fehler bei der Berechnung der Viskosität von Luft
2.16    Physik III, Universität Hamburg                                                       Andreas Hemmerich 2022 ©
Rutherford Experiment (1911): Wie ist die innere Struktur der Atome?

       %-Teilchen = Kerne des Helium-Atoms:
       2 Protonen + 2 Neutronen
                                                       Goldfolie

                                                                                     Ernest Rutherford
                                                                                           (1871-1937)
                                                                              Nobelpreis (Chemie) 1908
       %-Strahler: 226Ra “Radium”
                           Fluoreszenz-Schirm

   • Nahezu alle %-Teilchen gingen durch die Goldfolie hindurch so als wäre sie nicht da. Diese %-
   Teilchen bewegten sich geradlinig weiter.

   • Einige wenige %-Teilchen wurden geringfügig abgelenkt, üblicherweise um einen Winkel von
   2° und weniger. Die wahrscheinlichste Ablenkung an der ganzen Goldfolie lag unter einem
   Grad (Rutherford benannte sie in seiner Veröffentlichung von 1911 mit 0,87°).

   • Ganz wenige %-Teilchen wurden um einen Winkel von mehr als 90° abgelenkt. Rutherford
   nannte in seiner Veröffentlichung von 1911, dass es 1 von 20 000 bei der verwendeten
   Goldfolie sind.
2.17    Physik III, Universität Hamburg                                                  Andreas Hemmerich 2022 ©
Rutherford Experiment:

       Rutherfords Hypothese                                                   Thomsons Hypothese

       • Masse und positive Ladung des Atoms sind in einem Kern konzentriert
       • Zwischen %-Teilchen und Kern wirkt die Coulomb-Kraft
       *          Differentieller Streu-Wirkungsquerschnitt:
                                                         2
                               1 d2n         z Z e2             1
        6(/,$) '                       =                                 104
                               J dt d5     16+ 40 Ekin       sin4($/2)            Ekin = 5 MeV

                Z = Kernladung
                                                                         102            Rutherford
                z = Ladung der Projektile
           Ekin = kinetische Energie der Projektile                                    Thomson
                J = Fluss der eintreffenden Projektile
                n = Anzahl gestreuter Projektile                                  80    160       $ [deg]
2.18   Physik III, Universität Hamburg                                                           Andreas Hemmerich 2022 ©
E        Das Wasserstoff Spektrum
       Mit H2 gefüllte Entladungsröhre
                                                                 656.3                 486.133           434.0 410.2

                                                                  n=3                     n=4             n=5     n=6
                                                               Erste Vermessung durch Anders Jonas Angström (1814-1874)

                                                                                           n2
                                                           Balmer (1885):     # = Bm
                                                                                         n2 – m2 für m = 2, B2 = 364.56 nm
                                                           Balmer schlug vor, auch nach Linien für andere Werte von
                                                           m, n und Bm zu suchen, die nicht im sichtbaren Spektrum liegen
       Johann Jakob Balmer                                    ! Lyman-Serie: m = 1, n = 2,3,4,... liegt im UV
       (1825-1898)                                           ! Paschen-Serie: m = 3, n = 4,5,6,...liegt im IR
       Mathematiklehrer
       in Basel                                              ! Bracket-Serie: m = 4, n = 5,6,7,...liegt im IR

                                                                                 1              1   1
                                                           Rydberg (1888):         = RH           –
                                                                                 #              m2 n2

                                                                              RH = 1.09677 " 107 m-1
                                 Johannes Robert Rydberg
                                 (1854-1919)
2.19    Physik III, Universität Hamburg                                                                            Andreas Hemmerich 2022 ©
Bohr’sches Atommodell (1913):

       Ausgangspunkt:
       Rutherford-Modell: Elektronen bewegen sich um einen Kern
       Lichtquanten-Hypothese: E = !-
       Rydberg-Formel interpretiert als Energieerhaltung:                                      Niels Bohr (1885-1962)
                                                                                                      Nobelpreis 1922

                 1 = R                    1 –1               2+ !c RH       2+ !c RH
                                                  *   !- =              –              = Em – En
                 #     H                  m2 n2                m2             n2

       Bohrs Hypothesen:
              1. Das Elektron kann sich nur auf bestimmten stabilen Kreisbahnen um den Kern bewegen.
                 Die innere Energie eines Atoms kann daher nur diskrete Werte En annehmen.

              2. Beim Übergang zwischen zwei Kreisbahnen Em > En wird die Energiedifferenz in Form
                 eines Photons der Energie !- = Em – En abgegeben

              3. Die erlaubten Bahnen sind durch quantisierte Werte des Bahn-Drehimpuls L = n !
                gekennzeichnet

2.20    Physik III, Universität Hamburg                                                              Andreas Hemmerich 2022 ©
Folgerungen aus den Bohr-Postulaten
  Annahme:                    Kernmasse unendlich, Kernladung = Ze
                                                                                                     Epot(r) =    -1 Ze2
                              Elektron bewegt sich im Coulomb-Potential des Kerns
                                                                                                                 4+40 r

                                                              n2
        L = r me v = n !                               rn   =    a               4+40!2
                                                              Z 0        a0 =                    =   0.529177 " 10-10 m
       me     v2                  1          Ze2                                 me    e2
        r
                       =
                                 4+40                  pn = Z !                                        Bohr-Radius
                                             r2             n a0
                                                                         pn2                             1
                                         –             En = Epot(rn) +          =          – R0 2+ ! c Z2 2
                                                                         2me                             n
                            +
                                                             1 #c               me e4
                                                       R0 =              =                      = 1.0973731534 " 107 m-1
                                                            8+2 a02            8c 40   2   h3

  Korrektur durch endliche Kernmasse mK
  Betrachte das Zwei-Körper-Problem in Schwerpunktskoordinaten:
                              me
  me         !                                reduzierte Masse , für Wasserstoff: mK = mp = 1836.153 me
                     1 + me/mK

                                                               R0        1
                                 En = – 2+ ! c         Z2                        stimmt gut mit Beobachtung überein!       (9)
                                                            1 + me/mK    n2
2.21   Physik III, Universität Hamburg                                                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
E[eV]                        1   Ze2
                                         Epot =   –
                                                    4+40 r
                         0                        r            n=3
                                                                                       Paschen
                                          n=3                  n=2
                                       n=2                                   Balmer
                                                     1
                                             En 2 – 2
                                                     n
                  -13.6              n=1     E1 = -13.6 eV
                                                               n=1
                                                                     Lyman %,7,8,...

                     Sonne
         Wasserstoff
            Helium
                        Neon
                    Argon
                  Lithium
                  Natrium
                   Kalium
                 Indium
                Thallium
         Quecksilber
2.22   Physik III, Universität Hamburg                                                           Andreas Hemmerich 2022 ©
Franck/Hertz Experiment (1914)

 UHeiz                           Hg-Dampf 1 Torr

                                                                                               James Franck Gustav Hertz
                                                                                               (1882 -1964) (1887-1975)
                                                         I                                     Nobelpreis 1925
                         –        +                + –
                              U                     V
                                               3         FAZIT:
          I                               2              • Elektronen werden beschleunigt bis ihre kinetische Energie
                                                         den Wert E* besitzt, den die Anregung eines Atoms kostet.
                                                         Danach sind sie nahezu in Ruhe und werden erneut
                             1
                                                         beschleunigt. Die Gegenspannung V sorgt dafür, dass
                                                         die Elektronen eine Mindestenergie brauchen um zum Strom I
                                                         beizutragen. Falls eU = n E* , n = 1,2,... ensteht ein
                                                         Minimum in der beobachteten U-I Kennlinie.
                                                         • Die für eine Anregung nötige Beschleunigungsspannung
                                                   U     hängt nur von der Atomsorte ab (z.B. 4.89 eV für Hg)
              0           5              10   15
                                                         • Falls   eU 9 E* wird Licht der Frequenz !- = E* emittiert.
2.23   Physik III, Universität Hamburg                                                                     Andreas Hemmerich 2022 ©
Grenzen des Bohr’schen Atommodells
       • Die beobachtete Substruktur der Emissionslinien bleibt im Dunklen. Auch die Erweiterung
          auf elliptische Bahnen durch Sommerfeld löst das Problem nicht

       • Die Bohr’sche Drehimpuls-Quantisierung kann nicht die Spektren von Mehr-Elektronen-
          Atomen erklären

       • Die beobachteten Lebensdauern & Emissionslinienstärken bleiben unerklärt
       • Die Frage der Stabilität des Grundzustands bleibt offen
       • Das Modell ist begrifflich inkonsistent. Es verwendet die Quantisierung der Energie
         zusammen mit dem klassischen Bahnbegriff

       • Experimente zeigen: Auch massive Teilchen wie etwa Elektronen haben gleichzeitig
          Wellen – und Teilchen-Charakter

2.24   Physik III, Universität Hamburg                                                    Andreas Hemmerich 2022 ©
Beugung von Elektronen an einem Nickel-Kristall
   (Davisson, Germer 1927)

                                                           Glühkathode
                                                                                                 Clinton J. Davisson
                                                                                   Ampere-       (1881 –1958)
                                                                                   meter
                                              Anode

                                                                                                 Lester H. Germer
                                                                                                 (1896 - 1971)
                                                               Ni-Einkristall
   Polardiagramme der
   Streuintensität:

                                                                                                 Nobelpreis 1937
                                          C. Davisson and L. Germer, Phys. Rev. 30, 705 (1927)
2.25    Physik III, Universität Hamburg                                                                Andreas Hemmerich 2022 ©
Elektronen zeigen gleichzeitig Wellen – und Teilchen-Charakter
                                Youngs Doppelspalt-Experiment mit Elektronen:
                                 Quelle ist so schwach, daß immer nur ein Elektron unterwegs ist
                                 * Jedes Elektron interferiert mit sich selbst !

                                 Akira Tonomura, Hitachi Advanced Research Laboratory 1994

2.26   Physik III, Universität Hamburg                                                             Andreas Hemmerich 2022 ©
C60 interference pattern
                                         diffraction grating: 50 nm slits at 100 nm period

                                                                          with grating

                                                                           no grating

                                              Markus Arndt, et al., Nature 401, 680-682 (1999)
2.27   Physik III, Universität Hamburg                                                           Andreas Hemmerich 2022 ©
Teilchen durch Wellen beschreiben?
   Wellenpakete können immer durch ebene Wellen ei [kr - -(k)t] superponiert werden.

   Damit Wellenpakete (Teilchen) mit verschiedenen Geschwindigkeiten möglich sind benötigt man
   ebene Wellen mit verschiedenen Phasengeschwindigkeiten: v = -(k)/k # konstant.
   Dies führt zu Dispersion: Wellenpakete ändern bei der Propagation ihre räumliche Ausdehnung
   Typische Dispersion: -(k)/k wächst monoton mit k.

                     x,v
                                    &x klein, &v groß                &x groß, &v klein

                                                                                 &x = Ortsunschärfe
                                                                                 &v = Geschwindigkeitsunschärfe

                                         &x ! ", &v ! 0

                                                          ein scharfer Wert der Geschwindigkeit, i.e. &v ! 0,
                                                          und somit der kinetischen Energie, i.e. &E ! m v &v ! 0,
                                                          erfordert &x ! "

2.28   Physik III, Universität Hamburg                                                               Andreas Hemmerich 2022 ©
Auch massive Teilchen haben Wellencharakter: de Broglie 1924
  Comptes rendus de l‘Académie des Sciences, vol. 177, pp. 507-510 (1923)
  Recherches sur la théorie des Quanta (University of Paris, 1924)

 Freie Teilchen mit Impuls p und kinetischer Energie E werden durch eine ebene
 laufende Welle ei(-t - kr) der Frequenz - und der Wellenzahl k beschrieben,
 sodass
             Ekin = !-
 (10)                              ! ' Planck’sches Wirkungsquantum
              p = !k
                                                                                       Luis Victor de Broglie
  Wir bezeichnen die materiellen Teilchen zugeordneten Wellen als
                                                                                       (1892-1987)
  Materiewellen bzw. de Broglie Wellen                                                 Nobelpreis 1929

  Energie und Impuls sind von einander abhängig. Für ein klassisches (relativistisches)
  Teilchen gilt
                              Ekin = m2c4 + p2c2 - mc2

  Für nicht-relativistische Teilchen ist         m2c4 + p2c2 ! mc2 + p2/2m und somit

                                         Ekin = p2/2m

2.29   Physik III, Universität Hamburg                                                      Andreas Hemmerich 2022 ©
Dispersionsrelation für de Broglie Wellen:
   verwende Energie-Impuls-Beziehung der relativistischen Mechanik (4.3):        Ekin    =      m2c4 + p2c2 - mc2

   Für ein Teilchen der Masse m: - = -(k) =                        -c2 + c2k2 – -c

                                    2+                 2+ !   Compton-Wellenlänge
   -c = c kc = c                        ' mc2/! , #c '
                                     #c                 mc    für Teilchen mit Masse m

   Für ein nicht-relativistisches Teilchen                               !k2             nicht-relativistische Materiewellen
   der Masse m (p  mc):                                                                        propagieren wie Licht

2.30   Physik III, Universität Hamburg                                                                                Andreas Hemmerich 2022 ©
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